S 6 SO 162/05

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
6
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 6 SO 162/05
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 20 SO 92/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Entscheidung der Schiedsstelle nach § 80 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) für das Land Niedersachsen (Schiedsstelle) vom 20.09.2005 bezüglich der Ablehnung des Abschlusses einer neuen Vergütungsvereinbarung.

Die Klägerin ist durch die Diakonie G in Niedersachsen u. a. im Bereich der ambulanten nachgehenden Hilfen der Wohnungslosenhilfe tätig und führt Maßnahmen der ambulanten Betreuung und persönlichen Unterstützung nach § 67 SGB XII durch. Sie ist zudem Mitglied des Diakonischen Werkes der F. Landeskirche e. V. Das Diakonische Werk seinerseits ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege in Niedersachsen (LAG Freie Wohlfahrtspflege).

Zwischen den Beteiligten wurde im Mai 2004 eine Vereinbarung zum Leistungstyp 4.3 der Anlage zum Niedersächsischen Landesrahmenvertrag nach § 93 d Abs. 2 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) geschlossen. In der dazu vereinbarten Vergütungsvereinbarung für die Leistung Ambulante Betreuung und persönliche Unterstützung im Rahmen der Hilfe gem. § 72 BSHG i. V. m. § 3 Abs. 1 Nds. AG BSHG - Leistungstyp 4.3 - wurde für die Zeit vom 01.06.2004 bis zum 31.12.2004 eine Vergütung in Höhe von 138.746,56 Euro vereinbart (Jahresbetrag 237.851,26 Euro). Diese Vergütung basierte auf der Vergütung des Jahres 2003 plus eines Erhöhungsbetrages für die aufgrund der Belegung notwendigen Anpassung des Personalvolumens von 3,0 auf 3,75 Stellen Sozialarbeiter (pro Stelle Sozialarbeiter 63.427 Euro). Die Vergütung für die zusätzlichen Stellenanteile beruhte dabei auf einer Pauschale in Höhe von 77.640 Euro pro Stelle Sozialarbeiter, die in Anlehnung an den KGSt-Wert für Sozialarbeiter in den Verhandlungen mit den Vertretern der LAG Freie Wohlfahrtspflege erarbeitet worden war.

Im Oktober 2004 wurden zwischen dem Land Niedersachsen und der LAG Freie Wohlfahrtspflege Regelungen bezüglich der zukünftigen Finanzierung aller gleichartigen Einrichtungen im Bereich der Ambulanten nachgehenden Hilfen für den Zeitraum von 2005 bis 2008 getroffen. Hintergrund war, dass es in den zurückliegenden Jahren zu unterschiedlichen Budgets pro Planstelle in den verschiedenen Einrichtungen gekommen war. Einige Einrichtungen erhielten gemessen an den durchschnittlichen Personalkosten pro Stelle nach den KGSt-Werten zu hohe Beträge, während vier Einrichtungen, zu denen auch die Klägerin gehörte, zu wenig Mittel bekommen hatten. Um diese unterschiedliche Vergütung anzugleichen, wurde vereinbart, in einem Zeitraum von vier Jahren unter dem Gesichtspunkt der Kostenneutralität für das Land Niedersachsen diese Ungleichgewichte auszugleichen und alle Vergütungen bis zum Jahre 2008 auf das Niveau der KGSt-Werte anzugleichen. Diese Angleichung sollte in gleichen Schritten erfolgen. Zwischen dem Land Niedersachsen und der LAG Freie Wohlfahrtspflege bestand insofern Einigkeit, dass die entsprechenden Schritte der Vergütungsangleichung bis zum Jahre 2008 ausdrücklich Bestandteil der zum 01.01.2005 zu schließenden Vereinbarungen werden sollte. Der in die einzelnen Vergütungsvereinbarungen aufzunehmender Vereinbarungstext wurde wie folgt formuliert: 1. Grundlage der Vergütung sind die der Vergütung 2004 zu Grunde liegenden Kosten des Arbeitsplatzes eines Sozialarbeiters / einer Sozialarbeiterin. 2. Dieser Betrag wird bis zum 01.01.2008 an die in Anlehnung an den KGSt-Wert entwickelte Pauschale jährlich in gleichen Schritten angepasst. 3. Die Pauschale je Sozialarbeiter verändert sich, nachdem die Anpassung gem. Nr. 2 erfolgt ist entsprechend den Empfehlungen der Gemeinsamen Kommission gem. § 19 Abs. 2 LRV I.

Das Diakonische Werk als der Spitzenverband der Klägerin hat an dieser Vereinbarung mitgewirkt.

Mit Schreiben vom 22.12.2004 legte der Beklagte entsprechend den mit der LAG Freie Wohlfahrtspflege getroffenen Absprachen den Vorschlag für die Vergütungsvereinbarung für das Jahr 2005 vor. Inhalt dieses Vorschlags war für den Zeitraum vom 01.01.2005 bis zum 31.12.2005 eine Gesamtvergütung in Höhe von 234.430,87 Euro entsprechend 3,5 Stellen zu je 66.980,25 Euro. In der Vereinbarung war des Weiteren ausgeführt: 1. Grundlage der Vergütung sind die der Vergütung 2004 zu Grunde liegenden Kosten des Arbeitsplatzes eines Sozialarbeiters / einer Sozialarbeiterin.

2. Dieser Betrag wird bis zum 01.01.2008 an die in Anlehnung an den KGSt-Wert entwickelte Pauschale jährlich in gleichen Schritten angepasst. 3. Die Pauschale je Arbeitsplatz eines Sozialarbeiters / einer Sozialarbeiterin verändert sich entsprechend den Empfehlungen der Gemeinsamen Kommission gem. § 19 Abs. 2 LRV I.

Die Klägerin sandte zunächst ein Exemplar der Vergütungsvereinbarung unterschrieben an den Beklagten zurück, allerdings mit dem Hinweis, dass das endgültige Zustandekommen der Vereinbarung unter dem Vorbehalt einer erneuten Überprüfung der Belegungstage im Zeitraum vom 01.07.2003 bis zum 30.06.2004 stehe.

Nachdem die Klägerin eine Überprüfung anhand ihrer Beleglisten vorgenommen hatte, teilte sie dem Beklagten am 07.01.2005 mit, dass die bestehende Leistungsvereinbarung mit der angebotenen Vergütung nicht zu erfüllen sei. Sie forderte den Beklagten innerhalb von sechs Wochen zur Aufnahme von Verhandlungen auf. Ihrer Vergütungsforderung lag nach Ablauf der Sechs-Wochen-Frist eine Vergütung für die Zeit vom 21.02.2005 bis zum 31.12.2005 in Höhe von 233.770,85 Euro zugrunde (Jahresbetrag 271.740,00 Euro ent¬sprechend 3,5 Stellen je KGSt-Wert in Höhe von 77.640,00 Euro).

Der Beklagte lehnte mit Schriftsatz vom 25.01.2005 den Abschluss einer Vergütungsvereinbarung auf dieser Grundlage mit der Begründung ab, die geforderte Vergütung sei zu hoch. Die Überprüfung der Belegungstage, die der Vergütung für 2005 zugrunde lägen, habe unstreitig einen Bedarf von 3,5 Stellen Sozialarbeiter ergeben. Die Vergütung für das Jahr 2004 habe pro Stelle 63.427 Euro betragen, im Jahre 2003 im Vergleich dazu 59.873,75 Euro. Die Modalitäten der Anpassung und Fortentwicklung der Vergütungen sei gemeinsam mit den Vertretern der LAG Freie Wohlfahrtspflege verhandelt worden, die auch Bestandteil der Vergütungsvereinbarung werden sollten. Unter Einhaltung dieses abgestimmten Verfahrens werde die Vergütung pro Stelle Sozialarbeiter in einem ersten Schritt von 63.427,00 Euro auf 66.980,25 Euro in 2005 angehoben. Der KGSt-Wert werde erst im Jahre 2008 der Vergütung aller vergleichbaren Hilfeangebote entsprechen.

Mit Schriftsatz vom 28.02.2005, eingegangen am 01.03.2005, rief die Klägerin die Schiedsstelle wegen nicht beizulegender Differenzen über die Vergütung für die Zeit vom 21.02.2005 bis zum 31.12.2005 beim Zustandekommen einer Vergütungsvereinbarung an. Die vom Beklagten angebotene Vergütung sei nicht auskömmlich. Bereits im Jahre 2004 sei offensichtlich gewesen, dass die vom Beklagten angebotene Finanzierung nicht ausreichend gewesen sei, da sie hinter dem KGSt-Wert von 77.640,00 Euro zurückgeblieben war. An der im Jahre 2004 erfolgten Vereinbarung über eine 5jährige Anpassungszeit für die auf den KGSt-Wert basierende Finanzierung der nachgehenden Hilfen sei die Klägerin nicht beteiligt gewesen und auch durch ihren Verband nicht informiert worden. Dies möge auf dem Umstand beruhen, dass nur wenige Anbieter in der Vergangenheit zu wenig Geld bekommen hätten und die anderen Einrichtungen, die betroffen seien, mit einer Anpassungszeit an den KGSt-Wert gut leben könnten. Der Beklagte trug im Schiedsstellenverfahren vor, zwischen dem Land Niedersachsen und der LAG Freie Wohlfahrtspflege seien Regelungen über die Finanzierung aller gleichartigen Einrichtungen für den Zeitraum von 2005 bis 2008 getroffen worden. Das Diakonische Werk als der Spitzenverband der Klägerin habe maßgeblich an dieser Vereinbarung mitgewirkt. An diese Verhandlungsergebnisse sehe sich der Beklagte gebunden.

Am 20.09.2005 hat die Schiedsstelle den Antrag der Klägerin auf Abschluss einer neuen Vergütungsvereinbarung abgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Beklagte habe davon ausgehen müssen, dass die Vereinbarung zwischen dem Land Nie-dersachsen und der LAG Freie Wohlfahrtspflege hinsichtlich der Angleichung der Vergütungen aller Beratungsstellen an den KGSt-Wert Bestand habe. Da diese Vereinbarung ohne Vorbehalt der Verbände hinsichtlich einer ggf. erforderlichen Zustimmung der einzelnen Träger der Einrichtungen getroffen worden sei, habe der Beklagte davon ausgehen können, dass ein Einvernehmen innerhalb der jeweiligen Verbände bestehe. Dass es innerhalb des Diakonischen Werks Kommunikationsprobleme gegeben habe, die dazu geführt hätten, dass die Klägerin von den Absprachen nichts erfahren habe, könne keinen Grund darstellen, die getroffenen Vereinbarungen im Nachhinein in Frage zu stellen. Im Übrigen war die Schiedsstelle der Auffassung, dass seitens der Klägerin nichts Sub-stantielles vorgetragen worden sei, dass es dem Träger nicht möglich und zumutbar sein solle, die für ihn negativen Folgen der Vereinbarung für den Übergangszeitraum zu tragen.

Mit der am 25.10.2005 erhobenen Klage begehrt die Klägerin die Aufhebung der Schiedsstellenentscheidung. Sie ist der Ansicht, der Beklagte sei zur Entrichtung einer angemessenen Vergütung verpflichtet. Der Abschluss einer Vergütungsvereinbarung im Sinne des SGB XII erfolge im Rahmen eines Individualvertrages zwischen dem Träger der Sozialhilfe und dem Träger der Einrichtung. Die Vereinbarung, die zwischen dem Beklagten und den Verbänden der Leistungsanbieter über die Festlegung der Vergütung bis zum Jahre 2008 geschlossen worden sei, sei für den Abschluss der Vergütungsvereinbarung nicht bindend, da sie keine Rechtsgrundlage im SGB XII habe. Bei dem Abschluss der Verträge seien die Träger der Sozialhilfe verpflichtet, die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit zu beachten. Die mit der Leistungsvereinbarung getroffene Leistung und das geforderte Entgelt müssten in Relation gebracht werden und seien Grundlage für eine angemessene Vergütung. Die hier vom Beklagten angebotene Vergütung stelle jedoch keine angemessene dar, da sie hinter dem KGSt-Wert zurück bleibe. Dies habe auch der Beklagte eingestanden, in dem er die in 2004 zusätzlich finanzierte Stelle unter Berücksichtigung des KGSt-Wertes berechnet habe. Im Gegensatz dazu erhielten einige Mitbewerber eine zu hohe Vergütung, was gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoße. Die Erfüllung der Leistungen entsprechend der Leistungsvereinbarung zur gezahlten Ver¬gütung sei der Klägerin nur unter Einsatz eines nicht refinanzierten Eigenanteils möglich.

Die Klägerin beantragt,

die Entscheidung der Schiedsstelle nach § 80 SGB XII für das Land Nie-dersachsen beim Niedersächsischen Ministerium für Soziales, Frauen, Fa-milie und Gesundheit, Geschäftsstelle beim Niedersächsischen Landesamt für Soziales, Jugend und Familie - Außenstelle Hannover- vom 20.09.2005 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Ansicht, die Entscheidung der Schiedsstelle sei rechtmäßig. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf eine Vergütung unter Berücksichtigung einer Stelle eines Sozial-arbeiters in Höhe von 77.640,00 Euro.

Der Beklagte führt aus, er sehe sich an die Verhandlungsergebnisse mit den Vertretern der LAG Freie Wohlfahrtspflege gebunden und sei nicht in der Lage, mit der Klägerin eine anderslautende Vergütungsvereinbarung abzuschließen. Im Rahmen der Verhandlungen sei ein einvernehmliches Ergebnis bezüglich der Vergütungsanpassung der Einrichtungen bis 2008 erzielt worden, das nach dem Willen aller Beteiligten Bestandteil der Vergütungsvereinbarungen für 2005 werden sollte. Mit dieser Regelung solle in einem angemessenen zeitlichen Rahmen die Angleichung der Vergütungen für vergleichbare Hilfeangebote vorgenommen werden. Dabei würden Vergütungen gesenkt und auch angehoben, wie es im Falle der Klägerin der Fall sei. Der KGSt-Wert solle den Einstieg in die marktgerechte Entlohnung der Leistung erleichtern. Die Vergütung, die die Klägerin in der Vergangenheit erhalten habe, habe mangels fehlender Hinweise auf das Gegenteil als auskömmlich betrachtet werden müssen. Im Übrigen seien der Klägerin seit dem Jahre 2004 Vergütungserhöhungen zugeflossen und auch die Vergütung für 2005 sei nicht mit negativen Folgen behaftet, da sie verglichen mit einem Großteil der Mitbewerber Vergütungserhöhungen verzeichne, auch wenn der KGSt-Wert noch nicht erreicht werde.

Hinsichtlich der weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die Gerichtsakte sowie den Verwaltungsvorgang der Beklagten und die Akte der Schiedsstelle Bezug genommen, die das Gericht beigezogen hat und deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist gemäß § 77 Abs. 1 SGB XII zulässig. Insbesondere bedurfte es keiner Nachprüfung der angefochtenen Schiedsstellenentscheidung in einem Vorverfahren.

Die zulässige Klage ist jedoch unbegründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Aufhebung der Schiedsstellenentscheidung vom 20.09.2005, denn diese ist rechtmäßig.

Gemäß § 77 Abs. 1 Satz 2 SGB XII entscheidet die Schiedsstelle nach § 80 SGB XII auf Antrag einer Partei unverzüglich über die Gegenstände, über die keine Einigung erreicht werden konnte, wenn eine Vergütungsvereinbarung nach § 76 Abs. 2 SGB XII innerhalb von sechs Wochen nicht zustande kommt, nachdem eine Partei schriftlich zu Verhandlungen aufgefordert hat.

Bezüglich der Vergütung für die Leistung ambulante Beratung und persönliche Unterstützung im Rahmen der Hilfe gemäß §§ 67 - 69 SGB XII i. V. m. § 6 Abs. 2 Ziff. 4 b Nds. AG SGB XII war nach der Ablehnung der angebotenen Vergütungsvereinbarung nach § 76 Abs. 2 SGB XII durch die Klägerin keine Einigung über die Höhe der Vergütung erfolgt. Mit Schriftsatz vom 07.01.2005 hat die Klägerin den Beklagten dann innerhalb von sechs Wochen zu Verhandlungen aufgefordert. Nachdem auch innerhalb dieser Frist keine Einigung über die Vergütung erzielt wurde, hat die Klägerin am 01.03.2005 die Schiedsstelle angerufen. Diese hat den Antrag der Klägerin auf Abschluss einer Vergütungsvereinbarung unter Berücksichtigung einer Vergütung pro Stelle eines Sozialarbeiters in Höhe von 77.640,00 Euro mit Beschluss vom 20.09.2005 abgewiesen.

Diese Entscheidung der Schiedsstelle, gegen die gemäß § 77 Abs. 1 SGB XII der Rechtsweg zu den Sozialgerichten gegeben ist, ist jedoch gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar (Grube/Wahrendorf/Schoenfeld, SGB XII, § 80 Rn. 22). Die Entscheidung der Schiedsstelle stellt eine Schlichtungsmaßnahme eines weisungsfreien, mit Vertretern der Interessen der betroffenen Gruppen besetzten Gremiums dar. Das Gesetz sieht die Mitglieder der Schiedsstelle als mit der zu regelnden Materie vertraute und zu einer vermittelnden Zusammenführung von gegenläufigen Interessen der Beteiligten berufene Personen an. Diese vom Gesetz gerade ihnen zugetraute Kompetenz gebietet es, die gerichtliche Überprüfung auf die der Schiedsstelle gesetzten rechtlichen Vorgaben zu beschränken und ihr für ihre Bewertungen und Beurteilungen im Rahmen der unbestimmten Rechtsbegriffe eine Einschätzungsprärogative zu belassen (Grube/Wahrendorf/Schoenfeld, SGB XII, § 80 Rn. 22). Das Gericht hat sich bei der Überprüfung des Schiedsspruchs darauf zu beschränken, ob die Schiedsstelle die widerstreitenden Interessen der Vertragsparteien ermittelt, alle für die Abwägung erforderlichen tatsächlichen Erkenntnisse gewonnen und die Abwägung frei von Einseitigkeit in einem den gesetzlichen Vorgaben entsprechenden fairen und willkürfreien Verfahren vorgenommen hat (BVerwG, Urteil vom 01.12.1998, Az.: 5 C 17/97).

Unter Berücksichtigung dieses eingeschränkten Beurteilungsspielraums ist die Schiedsstellenentscheidung nicht zu beanstanden.

Bei Abschluss der Vergütungsvereinbarungen stehen sich die Beteiligten zunächst als gleichgeordnete Vertragspartner gegenüber, die die entsprechenden Vereinbarungen aushandeln. Nach § 75 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 SGB XII müssen die Vergütungsvereinbarungen den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit entsprechen. Durch die Aufnahme dieser Grundsätze in die gesetzlichen Vorgaben für die Ausgestaltung der Vereinbarungen wollte der Gesetzgeber den Trägern der Sozialhilfe ersichtlich die Möglichkeit einräumen, auf die Höhe und Ausgestaltung der zu übernehmenden Kosten Einfluss zu nehmen und dadurch eine Entlastung der öffentlichen Haushalte herbeizuführen (Grube/Wahrendorf/Schoenfeld, SGB XII, § 75 Rn. 18). Die Schiedsstelle sah sich bei ihrer Entscheidung den widerstreitenden Interessen der Beteiligten dahingehend gegenüber, dass die Klägerin eine höhere Vergütung mit der Begründung begehrte, die angebotene sei nicht auskömmlich, insbesondere unter Berücksichtigung des KGSt-Wertes in Höhe von 77.640,00 Euro pro Sozialarbeiterstelle. Auch hat sie eine Ungleichbehandlung gegenüber anderen Einrichtungen moniert, die eine Vergütung in Anlehnung an den KGSt-Wert bzw. darüber erhalten. Des Weiteren sah sich die Klägerin nicht an die Vereinbarungen zwischen dem Beklagten und der LAG Freie Wohlfahrtspflege gebunden, da sie durch das Diakonische Werk nicht darüber informiert worden war. Der Beklagte hingegen sieht sich an die Verhandlungsergebnisse der Vereinbarung mit den Verbänden gebunden. Das einvernehmliche Ergebnis bezüglich der Vergütungsanpassung aller Einrichtungen bis zum Jahre 2008 habe zum Ziel, in einem angemessenen zeitlichen Rahmen die Angleichung der Vergütungen für vergleichbare Hilfsangebote vorzunehmen.

Unter Berücksichtigung dieser entgegenstehenden Interessen hat die Schiedsstelle in nicht zu beanstandender Weise den Abschluss einer höheren Vergütungsvereinbarung zugunsten der Klägerin abgelehnt. Sie hat ausgeführt, der Beklagte habe davon ausgehen müssen, dass die Vereinbarung zwischen dem Land Niedersachsen und der LAG Freie Wohlfahrtspflege bezüglich der Höhe der Vergütungen Bestand habe und maßgeblich für den Abschluss der Vergütungsvereinbarungen mit den einzelnen Trägern sei. Da diese Vereinbarung ohne den Vorbehalt der Verbände hinsichtlich einer ggf. erforderlichen Zustimmung getroffen wurde, habe der Beklagte davon ausgehen können, dass Einvernehmen innerhalb der jeweiligen Verbände bestehe.

Diese Einschätzung ist sachgerecht, um in der angemessenen Zeit bis zum Jahre 2008 das angestrebte Ziel, eine Angleichung der Vergütung für gleiche Leistungen, zu errei-chen. Auch wenn die Vereinbarung zwischen dem Land Niedersachsen und der LAG Freie Wohlfahrtspflege keine rechtlich zu beachtende Grundlage im Sinne eines Rahmenvertrages darstellt, so wird jedoch durch die einvernehmliche Vereinbarung zwischen den Verbänden und dem Beklagten, den Inhalt der Regelung in die einzelnen Vergütungsvereinbarungen mit den Einrichtungen, also den Mitgliedern der Verbände, einzubeziehen, der Ermessensspielraum des Beklagten eingeschränkt. Diese Einschränkung gilt auch gegenüber der Klägerin, da diese Mitglied des Diakonischen Werkes ist, welches ebenfalls an der Vereinbarung beteiligt war. Dass die Klägerin davon nicht informiert wurde, ist unerheblich, da die Vereinbarung zwischen der LAG Freie Wohlfahrtspflege und dem Land Niedersachsen nicht von der Zustimmung der einzelnen Mitglieder der Verbände abhängig war. Nach Auffassung des Gerichts hat die Schiedsstelle zu Recht ihre Entscheidung auf diese Vereinbarung geschützt. Es ist nicht ersichtlich, dass der Inhalt dieser in die einzelnen Vergütungsvereinbarungen zu übernehmenden Regelung rechtswidrig ist. Das Land Niedersachsen und die LAG Freie Wohlfahrtspflege haben einrichtungsübergreifende Regelungen auf Landesebene vereinbart, um zu erreichen, dass nach einer Übergangszeit für die gleiche Leistung auch landesweit die gleiche Vergütung gezahlt werden soll, was in der Vergangenheit nicht der Fall war. Dadurch sollen Ungleichbehandlungen bezüglich der Vergütung abgebaut werden, denn in den zurückliegenden Jahren wurden unterschiedlich hohe Vergütungen an die einzelnen Träger gezahlt. Die Vereinbarung zur schrittweisen Vergütungsanpassung soll gerade dazu dienen, diese Ungleichbehandlung zu beenden. Dass die Angleichung der Vergütung unterschiedlicher Träger eines angemessenen Zeitraums bedarf, ist nachvollziehbar. Auch wenn Folge dieser Regelung ist, dass in der Übergangszeit weiterhin einigen Einrichtungen eine über dem KGSt-Wert angesetzte Vergütung gezahlt wird, so muss berücksichtigt werden, dass auch in den Einrichtungen, die über dem KGSt-Wert liegen, als Folge der Kürzung der Vergütung Umstrukturierungen und Personalmaßnahmen vorgenommen werden, die einer Übergangszeit bedürfen.

Im Sinne einer wirtschaftlichen Vorgehensweise, auch unter Berücksichtigung der Kostenneutralität des Landes Niedersachsen ist es geboten, diese Vereinbarung über die Vergütungsangleichung durchzusetzen und damit das Ziel bis 2008 zu erreichen. Dafür ist jedoch Voraussetzung, dass die zwischen dem Land und der LAG Freie Wohlfahrtspflege getroffenen Regelungen zur Vergütungsanpassung auch in die Individualverträge der Mitglieder der in der LAG Freie Wohlfahrtspflege zusammengeschlossenen Verbände einfließen. Sofern für einzelne Anbieter abweichende Verträge geschlossen würden, fällt das Gesamtkonzept auseinander und ist nicht mehr durchsetzbar.

Bezüglich des Vortrages der Klägerin im Schiedsstellenverfahren, die Vergütung sei nicht auskömmlich, hat die Schiedsstelle zutreffend darauf hingewiesen, dass die Klägerin nicht Sustantielles vorgetragen hat, wonach es ihr nicht möglich und zumutbar sein sollte, die negativen Folgen der Vereinbarung für den Übergangszeitraum zu tragen. Im Schiedsstellenverfahren hat die Klägerin lediglich vorgetragen, der Umstand, dass die Vergütung nicht auskömmlich sei, ergebe sich bereits dadurch, dass sie unter dem KGSt-Wert liege. Allein daraus ergibt sich aber noch nicht, dass die Klägerin mit der Vergütung nicht zur Leistungserbringung im Stande ist. Im Gegensatz zur Vergütung des Jahres 2003 ist diese im Jahre 2004 gestiegen und auch das vorgelegte Angebot des Beklagten enthält eine Steigerung im Jahre 2005. Aus dem Umstand, dass die Klägerin die Leistung in den vergangenen Jahren zu einer Vergütung in Höhe von 59.873,75 Euro pro Stelle Sozialarbeiter im Jahre 2003 und 63.427,00 Euro im Jahre 2004 tatsächlich erbracht hat, durfte die Schiedsstelle schließen, dass nicht ersichtlich ist, aus welchem Grund die Leistung im Jahre 2005 nicht mit der erhöhten angebotenen Vergütung in Höhe von 66.980,25 Euro zu erbringen sein sollte. Erst im Klageverfahren hat die Klägerin angeboten, Belege über die Finanzierungslücken vorzulegen. Im Schiedsstellenverfahren ist diesbezüglich jedoch kein erheblicher Vortrag erfolgt, den die Schiedsstelle bei ihrer Entscheidung hätte berücksichtigen müssen. Allein der Vortrag, es ergebe sich bereits daraus, dass der KGSt-Wert nicht erreicht werde, dass die Vergütung nicht auskömmlich sei, musste die Schieds¬stelle nicht zu weiteren Ermittlungen veranlassen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Sozialgerichtsgesetz i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Rechtskraft
Aus
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