Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 20 AL 196/04 ER
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 B 59/04 AL-ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Betreuungsunterhalt und Barunterhalt können von ein- und derselben Person erbracht werden. Der tatsächlich gewährte Barunterhalt ist dann in voller Höhe freibetragserhöhend.
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 4. Februar 2004 wird zurückgewiesen.
II. Die Beschwerdeführerin hat dem Beschwerdegegner auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten für das Beschwerdeverfahren zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten im Wege vorläufigen Rechtsschutzes über die Gewährung von Arbeitslosenhilfe (Alhi.) für die Zeit ab 31. Dezember 2003.
Der am ... 1976 geborene Antragsteller und Beschwerdegegner (im Folgenden: Bg.) bezog bis zur Anspruchserschöpfung am 30. Dezember 2003 von der Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf.) Arbeitslosengeld (Alg.) nach einem gerundeten wöchentlichen Bemessungsentgelt von 305 EUR. Unter Zuordnung zur Leistungsgruppe A betrug die Höhe des Arbeitslosengeldes nach dem allgemeinen Leistungssatz 130,41 EUR wöchentlich.
Im Anschluss daran beantragte der Bg. am 12. Dezember 2003 ab dem 31. Dezember 2003 die Zahlung von Arbeitslosenhilfe. Dabei gab der ledige Bg. an, mit Frau A ... R ... (R.) in einer eheähnlichen Gemeinschaft zusammenzuleben. Seine Lebenspartnerin hat zwei Töchter, die am ... 1989 und am ... 1990 geboren sind. Frau R. verfügt über ein monatliches Bruttoeinkommen von 2.278,24 EUR (= 1458,96 EUR netto). Der Vater ihrer beiden Kinder zahlt für diese monatlichen Unterhalt in Höhe von jeweils 145,90 EUR. Er ist darüber hinaus noch gegenüber einem dritten Kind unterhaltspflichtig, sein monatlicher Nettolohn beträgt 1.150,00 EUR.
Mit Bescheid vom 08. Januar 2004 lehnte die Bf. den Antrag des Bg. auf Arbeitslosenhilfe ab.
Den hiergegen gerichteten Widerspruch vom 12. Januar 2004 wies die Bf. durch Widerspruchsbescheid vom 19. Januar 2004 zurück. Dem Bg. stünde - ungeachtet der Erwerbsbezüge seiner Lebensgefährtin - ab 31. Dezember 2003 Arbeitslosenhilfe in Höhe von 112,56 EUR wöchentlich zu (Leistungsgruppe A, allgemeiner Leistungssatz, gerundetes Bemessungsentgelt von 295 EUR wöchentlich nach Herausrechnung der Einmalzahlungen und Dynamisierung). Das Einkommen seiner Lebensgefährtin müsse allerdings gemäß § 194 SGB III berücksichtigt werden. Deren monatlicher Freibetrag in Höhe der hypothetischen Arbeitslosenhilfe belaufe sich auf 823,85 EUR monatlich. Vom Einkommen seien außerdem Beiträge zu Versicherungen in Höhe von 68,35 EUR monatlich (§ 194 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB III) sowie Fahrtkosten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte in Höhe von 76,00 EUR monatlich (§ 194 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III) abzusetzen. Für ihre beiden Kinder könne kein Freibetrag gewährt werden, weil sie Betreuungsunterhalt leiste (§ 194 Abs. 1 Satz 3 SGB III). Der zu berücksichtigende Anrechnungsbetrag von ([1.458,96 EUR - 823,85 EUR - 68,35 EUR - 76,00 EUR] x 3: 13 =) 113,26 EUR übersteige aber die dem Bg. zustehende Arbeitslosenhilfe.
Dagegen hat der Bg. am 20. Januar 2004 Klage beim Sozialgericht Dresden erhoben.
Am 28. Januar 2004 hat er beantragt, die Bf. im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm "Arbeitslosenhilfe in Höhe von zum Zeitpunkt der Antragstellung 59,82 EUR wöchentlich - unter Berücksichtigung der Unterhaltsleistungen der Lebensgefährtin des Antragstellers an ihre beiden Kinder von je 131,10 EUR - ab Antragstellung zu gewähren".
Zur Begründung hat seine Prozessbevollmächtigte vorgetragen, nach der sächsischen Unterhaltstabelle betrage das Existenzminimum eines Kindes 135 Prozent des Regelbetrages. Beide Kinder der Lebensgefährtin des Bg. seien in die dritte Altersstufe einzuordnen; der Regelbetrag sei hier 262,00 EUR; daraus errechne sich als Existenzminimum für ein Kind ein Betrag von 354,00 EUR. Davon sei das hälftige Kindergeld in Abzug zu bringen, sodass der Lebensgefährtin des Bg. theoretisch ein Unterhaltsbetrag von 277,00 EUR pro Kind zu zahlen wäre. Tatsächlich erhalte sie jedoch lediglich 145,90 EUR. Den Differenzbetrag von 131,10 EUR pro Kind müsse sie selbst für den Unterhalt ihrer Kinder aufbringen. Der Kindesvater sei zu einer über den Betrag von 145,90 EUR hinausgehenden Unterhaltszahlung nicht in der Lage. Folglich müsse die Lebensgefährtin des Bg. neben dem Betreuungsunterhalt auch Barunterhalt leisten.
Mit Beschluss vom 04. Februar 2004 hat das Sozialgericht Dresden (SG) dem Antrag des Bg. stattgegeben. Die Voraussetzungen von § 86 b Abs. 2 SGG lägen vor.
Ein Anordnungsgrund liege in dem Umstand, dass der Bg. ohne jegliches Einkommen und Vermögen sei und er auf Grund der Tatsache, dass die Bf. ihm wegen der Anrechnung des Einkommens seiner Lebenspartnerin keine Arbeitslosenhilfe gewähre, weder kranken- noch pflegeversichert sei. Eilbedürftigkeit sei deshalb anzunehmen.
Auch ein Anordnungsanspruch sei zu bejahen, weil der Antrag auf einstweilige "Verurteilung" zur Zahlung von Arbeitslosenhilfe in Höhe von wöchentlich 59,82 EUR in der Hauptsache Aussicht auf Erfolg habe. Gemäß § 194 Abs. 1 Satz 3 SGB III erhöhe sich der Freibetrag um Unterhaltsleistungen, die der Lebenspartner, der mit dem Arbeitslosen in eheähnlicher Gemeinschaft lebe, Dritten auf Grund einer rechtlichen Pflicht zu erbringen habe. Die Rechtsauffassung der Bf., dass die von der Lebenspartnerin gewährten Sachleistungen, insbesondere Unterkunft und Verpflegung, bei der Ermittlung des Freibetrages nicht zu berücksichtigen seien, sei unzutreffend. Sachleistungen seien entsprechend der Verordnung über den Wert der Sachbezüge in der Sozialversicherung vom 19. Dezember 1994 (BGBl. I 3849, zuletzt geändert durch Verordnung vom 05. November 2001, BGBl. I 2945) zu bewerten. Bei Anwendung dieser Grundsätze verbleibe lediglich ein wöchentlicher Anrechnungsbetrag in Höhe von 32,87 EUR. Es ergebe sich somit ein Anspruch des Bg. auf Arbeitslosenhilfe in Höhe von 79,69 EUR wöchentlich.
Nach summarischer Prüfung stehe zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Bg. ab 31. Dezember 2003 einen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe mindestens in Höhe von wöchentlich 59,82 EUR habe.
Dagegen hat die Bf. am 03. März 2004 Beschwerde beim SG eingelegt. Dieses hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie an das Sächsische Landessozialgericht weitergeleitet.
Die Bf. trägt vor, die Berücksichtigung eines erhöhten Freibetrages gemäß § 194 Abs. 1 Satz 3 SGB III für den von der Lebensgefährtin des Bg. gegenüber ihren Kindern geleisteten Betreuungsunterhalt komme nicht in Betracht. Die insoweit vom SG vertretene Auffassung widerspreche dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 10. Juli 2003 mit dem Aktenzeichen B 11 AL 71/02 R. Darüber hinaus stehe einer Berücksichtigung eines erhöhten Freibetrages entgegen, dass der Lebensgefährtin des Bg. im Rahmen der Berücksichtigung eines hypothetischen Arbeitslosenhilfe-Anspruchs ein erhöhter Leistungssatz angerechnet worden sei. Nach der gesetzgeberischen Intention solle über die hypothetische Arbeitslosenhilfe mit einem erhöhten Leistungssatz ein (pauschalierter) finanzieller Aufwand für ein Kind berücksichtigt werden (Hinweis auf LSG Brandenburg, Urteil vom 20. September 2002, Az.: L 10 AL 161/00). Keinesfalls könne die Berechnung eines eventuell zu leistenden Barunterhalts nach dem Schema "festgesetzter Unterhalt des Vaters./. tatsächlich geleisteter Unterhalt des Vaters = neben dem Betreuungsunterhalt zu leistender Barunterhalt der Mutter (Lebensgefährtin des Arbeitslosen)" erfolgen. Schließlich müsse die Bf., die die Aufgaben einer Massenverwaltung wahrnehme, von dem Grundsatz ausgehen, dass derjenige, der Betreuungsunterhalt leiste, nicht zu einem zusätzlichen Barunterhalt verpflichtet sei.
Sie beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 04. Febru ar 2004 aufzuheben und den Antrag des Bg. abzulehnen.
Die Prozessbevollmächtigte des Bg. beantragt sinngemäß,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie trägt vor, das von der Gegenseite zitierte Urteil des BSG sei nicht einschlägig, weil nicht die Erhöhung des Freibetrages durch Berücksichtigung von Betreuungsunterhalt, sondern durch ergänzenden Barunterhalt geltend gemacht werde. Das Barexistenzminimum für ihre beiden Kinder sei von der Lebensgefährtin des Bg. sicherzustellen. Gerade im Bereich der Arbeitslosenhilfe sei stets eine individuelle Bedürftigkeitsprüfung vorzunehmen, so dass die Annahme der Bg., wer Betreuungsunterhalt leiste, leiste grundsätzlich keinen Barunterhalt, fehlgehe.
Dem Senat haben die Verwaltungsakte der Bf. sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig. Insbesondere wurde sie form- und fristgerecht eingelegt (§ 173 SGG).
Sie ist auch begründet.
Die Voraussetzungen für eine Regelungsanordnung im Sinne von § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG liegen vor.
Da der Bg. sein Begehren in der Hauptsache im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage geltend machen muss, steht sein Anliegen auf Verpflichtung der Bf. im Vordergrund, ihm vorläufig Arbeitslosenhilfe zu gewähren. Ein Fall der Anordnung der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung, deren Anwendungsbereich sich nur auf die Anfechtungsklage erstreckt (vgl. zu dieser Problematik Meyer-Ladewig, SGG, Kommentar, 7. Aufl., § 86 b, Rdnr. 24), liegt daher nicht vor.
Soweit aber kein Fall der Anordnung der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung im Sinne von § 86 b Abs. 1 SGG vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache nach § 86 b Abs. 2 Satz 1 SGG auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (so genannte Sicherungsanordnung). Nach Satz 2 dieser Vorschrift sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (so genannte Regelungsanordnung). Gemäß Satz 4 dieser Bestimmung gelten die §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung (ZPO) entsprechend.
Nach § 920 Abs. 2 in Verbindung mit den §§ 936, 294 ZPO setzt der Erlass einer einstweiligen Anordnung die Glaubhaftmachung von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund voraus.
Eine Tatsache ist dann als glaubhaft anzusehen, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist (so der allgemein gültige Rechtsgedanke in § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB X).
Anders als in der Hauptsache hat das Gericht - trotz Amtsermittlungsgrundsatz - in der Regel hierbei lediglich die Möglichkeit, eine summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage sowie der wesentlichen Interessen vorzunehmen (s. Meyer- Ladewig, SGG, Kommentar, 7. Aufl., § 86 b, Rdnr. 16, 36, 40; vgl. auch LSG Niedersachsen, Beschluss vom 25. Juli 1990, Az.: L 7 S[Ar] 112/90, info also 1991, S. 143 [143]).
Hinsichtlich des Anordnungsgrundes kann auf die zutreffenden Ausführungen der erstinstanzlichen Entscheidung verwiesen und von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden (§ 153 Abs. 2 SGG analog).
Ein Anordnungsanspruch ist ebenfalls zu bejahen.
Rechtsgrundlage des in der Hauptsache verfolgten Anspruchs sind §§ 190 ff. SGB III. Nach § 190 Abs. 1 SGB III haben Anspruch auf Arbeitslosenhilfe Arbeitnehmer, 1. die arbeitslos sind, 2. sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet haben, 3. einen Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht haben, weil sie die Anwartschaftszeit nicht erfüllt haben, 4. in der Vorfrist Arbeitslosengeld bezogen haben, ohne dass der Anspruch wegen des Eintritts von Sperrzeiten mit einer Dauer von insgesamt 24 Wochen erloschen ist und 5. bedürftig sind. Bedürftig ist ein Arbeitsloser, soweit er seinen Lebensunterhalt nicht auf andere Weise als durch Arbeitslosenhilfe bestreitet oder bestreiten kann und das zu berücksichtigende Einkommen die Arbeitslosenhilfe nicht erreicht (§ 193 Abs. 1 SGB III). Das zu berücksichtigende Einkommen richtet sich nach § 194 SGB III. Insofern wird hinsichtlich der Einzelheiten der gesetzlichen Bestimmungen und deren Umsetzung auf den vorliegenden Fall auf die zutreffenden Ausführungen im Widerspruchsbescheid der Bf. vom 19. Januar 2004 verwiesen und von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen (§ 153 Abs. 1 in Verbindung mit § 136 Abs. 3 SGG analog), soweit es sich nicht um die für den Rechtsstreit ausschlaggebende Bestimmung des § 194 Abs. 1 Satz 3 SGB III handelt. Sie lautet: "Der Freibetrag erhöht sich um Unterhaltsleistungen, die der Ehegatte, der Lebenspartner oder die Person, die mit dem Arbeitslosen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt, Dritten auf Grund einer rechtlichen Pflicht zu erbringen hat."
Der tatsächlich geleistete Betreuungsunterhalt stellt keine Unterhaltsleistung im Sinne von § 194 Abs. 1 Satz 3 SGB III dar. Hierzu hat das Bundessozialgericht ausgeführt:
"Dem LSG ist darin zuzustimmen, dass es sich bei dem von der Ehefrau des Klägers geleisteten "Betreuungsunterhalt" nicht um eine Unterhaltsleistung i. S. des § 194 Abs. 1 Satz 3 SGB III handelt, die zur Erhöhung des Selbstbehaltes führt. Mit der Formulierung "Unterhaltsleistung" deutet bereits der Wortlaut der Vorschrift darauf hin, dass lediglich der "Barunterhalt" zur Erhöhung des Freibetrags zuzulassen ist. Diese Sichtweise entspricht der Bedürftigkeitsprüfung bei der Anrechnung von Einkommen des Ehegatten, weil jeweils auf die tatsächlichen Verhältnisse im konkreten Zahlungszeitraum abzustellen ist. Entscheidend ist jeweils, ob der Lebensunterhalt während des Zeitraums gesichert ist, für den Alhi beansprucht wird (BSGE 84, 48, 50 = SozR 3-4220 § 6 Nr. 7; BSG SozR 3-4100 § 138 Nr. 17). Kommt es nach der Struktur der Bedürftigkeitsprüfung auf die tatsächlich zu ermittelnden Einkommensverhältnisse an, so können fiktive Ausgaben nicht in Ansatz gebracht werden, es sei denn, das Gesetz sieht dies ausdrücklich vor.
Auch wenn § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB ausspricht, dass derjenige Elternteil, der ein minderjähriges unverheiratetes Kind betreut, seiner Verpflichtung, zum Unterhalt beizutragen, in der Regel durch die Pflege und Erziehung des Kindes entspricht, führt dies nicht zu einer anderen Beurteilung. Zwar wird damit zum Ausdruck gebracht, dass die Kindesbetreuung dem Barunterhalt regelmäßig gleichwertig ist. Dies ändert jedoch nichts daran, dass das gesetzliche Merkmal "Pflege und Erziehung" sich auf grundsätzlich persönlich zu erbringende Dienstleistungen erstreckt (vgl. zum Begriff der Betreuung Luthin in Münchner Kommentar BGB, 4. Aufl. 2002, § 1606 RdNr 19; Holzhauer in Erman, BGB, 10. Aufl. 2002, § 1606 RdNr 6). Damit führt der Betreuungsunterhalt zwar zu einer faktischen Belastung des Unterhaltsverpflichteten, kann jedoch dem Barunterhalt in Bezug auf die Bedürftigkeitsprüfung nicht gleichgesetzt werden" (BSG, Urteil vom 10. Juli 2003, Az.: B 11 AL 71/02 R, JURIS, Rdnr. 17 f.). Diesen überzeugenden Ausführungen schließt sich der Senat in vollem Umfang an.
Vor diesem Hintergrund ist der Ausgangspunkt des SG, Sachbezüge seien entsprechend der Sachbezugsverordnung bei der Ermittlung des maßgeblichen Freibetrages als erhöhend zu berücksichtigen (so allerdings auch Brandts, in: Niesel, SGB III, Kommentar, 2. Auflage, 2002, § 194, Rdnr. 27), nicht haltbar (vgl. hierzu außer der zitierten Entscheidung des BSGs auch LSG Brandenburg, Urteil vom 20. September 2002, Az.: L 10 AL 161/00, JURIS, S. 8.
Genauso unzutreffend ist es nach der gebotenen summarischen Prüfung aber, wenn die Bf. meint, wer Betreuungsunterhalt leiste, leiste grundsätzlich keinen Barunterhalt. Vielmehr können beide Unterhaltsleistungen auch durch ein- und dieselbe Person erbracht werden. Der tatsächlich gewährte Barunterhalt ist dann in voller Höhe freibetragserhöhend (vgl. Spellbrink, in: Spellbrink/Eicher, Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, 2003, § 13, Rdnr. 166).
So liegt es hier: Die Lebenspartnerin des Bg. erbringt sowohl tatsächliche Betreuungsleistungen als auch den geltend gemachten Barunterhalt in Höhe von 131,10 EUR pro Kind. Der monatliche Freibetrag gemäß § 194 Abs. 1 Satz 3 SGB III ist folglich um 262,20 EUR zu erhöhen. Der Anrechnungsbetrag für die dem Bg. zustehende Arbeitslosenhilfe beträgt somit (1.458,96 EUR 823,85 EUR 68,35 EUR 76,00 EUR 262,20 EUR] x 3: 13 =) 52,74 EUR wöchentlich; die ihm zustehende Arbeitslosenhilfe beläuft sich folglich auf (112,56 EUR - 52,74 EUR =) 59,82 EUR wöchentlich.
Die von der Bf. zitierte Argumentation des Landessozialgerichts Brandenburg (Urteil vom 20. September 2002, Az.: L 10 AL 161/00, JURIS, S. 8) steht diesen Besonderheiten nicht entgegen. Insofern verkennt die Bf. zweierlei: zum einen, dass die Lebenspartnerin für die tatsächlich ausbleibenden Unterhaltsleistungen des Kindesvaters für beide Kinder einspringen muss; zum anderen, dass sich die vom Bg. begehrte Erhöhung des Freibetrages im Sinne von § 194 Abs. 1 Satz 3 SGG hier ausschließlich an den geringstmöglichen Werten der Unterhaltsleitlinien des Oberlandesgerichts Dresden, die mit denjenigen der Berliner Tabelle übereinstimmen, orientiert.
Dem Argument der Bf., eine Massenverwaltung könne derart einzelfallbezogene Prüfungen nicht leisten, steht entgegen, dass die Bedürftigkeitsprüfung im Rahmen der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe stets individuell zu erfolgen hat (für die Anwendbarkeit der familienrechtlichen Unterhaltstabellen in diesem Zusammenhang auch Brandts, in: Niesel, SGB III, Kommentar, 2. Auflage, 2002, § 194, Rdnr. 27).
Der Bg. hat seinen Vortrag im Hinblick auf den Anordnungsanspruch durch Beifügung der Anlagen zum Schreiben vom 27. Januar 2004 auch glaubhaft gemacht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
II. Die Beschwerdeführerin hat dem Beschwerdegegner auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten für das Beschwerdeverfahren zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten im Wege vorläufigen Rechtsschutzes über die Gewährung von Arbeitslosenhilfe (Alhi.) für die Zeit ab 31. Dezember 2003.
Der am ... 1976 geborene Antragsteller und Beschwerdegegner (im Folgenden: Bg.) bezog bis zur Anspruchserschöpfung am 30. Dezember 2003 von der Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf.) Arbeitslosengeld (Alg.) nach einem gerundeten wöchentlichen Bemessungsentgelt von 305 EUR. Unter Zuordnung zur Leistungsgruppe A betrug die Höhe des Arbeitslosengeldes nach dem allgemeinen Leistungssatz 130,41 EUR wöchentlich.
Im Anschluss daran beantragte der Bg. am 12. Dezember 2003 ab dem 31. Dezember 2003 die Zahlung von Arbeitslosenhilfe. Dabei gab der ledige Bg. an, mit Frau A ... R ... (R.) in einer eheähnlichen Gemeinschaft zusammenzuleben. Seine Lebenspartnerin hat zwei Töchter, die am ... 1989 und am ... 1990 geboren sind. Frau R. verfügt über ein monatliches Bruttoeinkommen von 2.278,24 EUR (= 1458,96 EUR netto). Der Vater ihrer beiden Kinder zahlt für diese monatlichen Unterhalt in Höhe von jeweils 145,90 EUR. Er ist darüber hinaus noch gegenüber einem dritten Kind unterhaltspflichtig, sein monatlicher Nettolohn beträgt 1.150,00 EUR.
Mit Bescheid vom 08. Januar 2004 lehnte die Bf. den Antrag des Bg. auf Arbeitslosenhilfe ab.
Den hiergegen gerichteten Widerspruch vom 12. Januar 2004 wies die Bf. durch Widerspruchsbescheid vom 19. Januar 2004 zurück. Dem Bg. stünde - ungeachtet der Erwerbsbezüge seiner Lebensgefährtin - ab 31. Dezember 2003 Arbeitslosenhilfe in Höhe von 112,56 EUR wöchentlich zu (Leistungsgruppe A, allgemeiner Leistungssatz, gerundetes Bemessungsentgelt von 295 EUR wöchentlich nach Herausrechnung der Einmalzahlungen und Dynamisierung). Das Einkommen seiner Lebensgefährtin müsse allerdings gemäß § 194 SGB III berücksichtigt werden. Deren monatlicher Freibetrag in Höhe der hypothetischen Arbeitslosenhilfe belaufe sich auf 823,85 EUR monatlich. Vom Einkommen seien außerdem Beiträge zu Versicherungen in Höhe von 68,35 EUR monatlich (§ 194 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB III) sowie Fahrtkosten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte in Höhe von 76,00 EUR monatlich (§ 194 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III) abzusetzen. Für ihre beiden Kinder könne kein Freibetrag gewährt werden, weil sie Betreuungsunterhalt leiste (§ 194 Abs. 1 Satz 3 SGB III). Der zu berücksichtigende Anrechnungsbetrag von ([1.458,96 EUR - 823,85 EUR - 68,35 EUR - 76,00 EUR] x 3: 13 =) 113,26 EUR übersteige aber die dem Bg. zustehende Arbeitslosenhilfe.
Dagegen hat der Bg. am 20. Januar 2004 Klage beim Sozialgericht Dresden erhoben.
Am 28. Januar 2004 hat er beantragt, die Bf. im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm "Arbeitslosenhilfe in Höhe von zum Zeitpunkt der Antragstellung 59,82 EUR wöchentlich - unter Berücksichtigung der Unterhaltsleistungen der Lebensgefährtin des Antragstellers an ihre beiden Kinder von je 131,10 EUR - ab Antragstellung zu gewähren".
Zur Begründung hat seine Prozessbevollmächtigte vorgetragen, nach der sächsischen Unterhaltstabelle betrage das Existenzminimum eines Kindes 135 Prozent des Regelbetrages. Beide Kinder der Lebensgefährtin des Bg. seien in die dritte Altersstufe einzuordnen; der Regelbetrag sei hier 262,00 EUR; daraus errechne sich als Existenzminimum für ein Kind ein Betrag von 354,00 EUR. Davon sei das hälftige Kindergeld in Abzug zu bringen, sodass der Lebensgefährtin des Bg. theoretisch ein Unterhaltsbetrag von 277,00 EUR pro Kind zu zahlen wäre. Tatsächlich erhalte sie jedoch lediglich 145,90 EUR. Den Differenzbetrag von 131,10 EUR pro Kind müsse sie selbst für den Unterhalt ihrer Kinder aufbringen. Der Kindesvater sei zu einer über den Betrag von 145,90 EUR hinausgehenden Unterhaltszahlung nicht in der Lage. Folglich müsse die Lebensgefährtin des Bg. neben dem Betreuungsunterhalt auch Barunterhalt leisten.
Mit Beschluss vom 04. Februar 2004 hat das Sozialgericht Dresden (SG) dem Antrag des Bg. stattgegeben. Die Voraussetzungen von § 86 b Abs. 2 SGG lägen vor.
Ein Anordnungsgrund liege in dem Umstand, dass der Bg. ohne jegliches Einkommen und Vermögen sei und er auf Grund der Tatsache, dass die Bf. ihm wegen der Anrechnung des Einkommens seiner Lebenspartnerin keine Arbeitslosenhilfe gewähre, weder kranken- noch pflegeversichert sei. Eilbedürftigkeit sei deshalb anzunehmen.
Auch ein Anordnungsanspruch sei zu bejahen, weil der Antrag auf einstweilige "Verurteilung" zur Zahlung von Arbeitslosenhilfe in Höhe von wöchentlich 59,82 EUR in der Hauptsache Aussicht auf Erfolg habe. Gemäß § 194 Abs. 1 Satz 3 SGB III erhöhe sich der Freibetrag um Unterhaltsleistungen, die der Lebenspartner, der mit dem Arbeitslosen in eheähnlicher Gemeinschaft lebe, Dritten auf Grund einer rechtlichen Pflicht zu erbringen habe. Die Rechtsauffassung der Bf., dass die von der Lebenspartnerin gewährten Sachleistungen, insbesondere Unterkunft und Verpflegung, bei der Ermittlung des Freibetrages nicht zu berücksichtigen seien, sei unzutreffend. Sachleistungen seien entsprechend der Verordnung über den Wert der Sachbezüge in der Sozialversicherung vom 19. Dezember 1994 (BGBl. I 3849, zuletzt geändert durch Verordnung vom 05. November 2001, BGBl. I 2945) zu bewerten. Bei Anwendung dieser Grundsätze verbleibe lediglich ein wöchentlicher Anrechnungsbetrag in Höhe von 32,87 EUR. Es ergebe sich somit ein Anspruch des Bg. auf Arbeitslosenhilfe in Höhe von 79,69 EUR wöchentlich.
Nach summarischer Prüfung stehe zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Bg. ab 31. Dezember 2003 einen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe mindestens in Höhe von wöchentlich 59,82 EUR habe.
Dagegen hat die Bf. am 03. März 2004 Beschwerde beim SG eingelegt. Dieses hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie an das Sächsische Landessozialgericht weitergeleitet.
Die Bf. trägt vor, die Berücksichtigung eines erhöhten Freibetrages gemäß § 194 Abs. 1 Satz 3 SGB III für den von der Lebensgefährtin des Bg. gegenüber ihren Kindern geleisteten Betreuungsunterhalt komme nicht in Betracht. Die insoweit vom SG vertretene Auffassung widerspreche dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 10. Juli 2003 mit dem Aktenzeichen B 11 AL 71/02 R. Darüber hinaus stehe einer Berücksichtigung eines erhöhten Freibetrages entgegen, dass der Lebensgefährtin des Bg. im Rahmen der Berücksichtigung eines hypothetischen Arbeitslosenhilfe-Anspruchs ein erhöhter Leistungssatz angerechnet worden sei. Nach der gesetzgeberischen Intention solle über die hypothetische Arbeitslosenhilfe mit einem erhöhten Leistungssatz ein (pauschalierter) finanzieller Aufwand für ein Kind berücksichtigt werden (Hinweis auf LSG Brandenburg, Urteil vom 20. September 2002, Az.: L 10 AL 161/00). Keinesfalls könne die Berechnung eines eventuell zu leistenden Barunterhalts nach dem Schema "festgesetzter Unterhalt des Vaters./. tatsächlich geleisteter Unterhalt des Vaters = neben dem Betreuungsunterhalt zu leistender Barunterhalt der Mutter (Lebensgefährtin des Arbeitslosen)" erfolgen. Schließlich müsse die Bf., die die Aufgaben einer Massenverwaltung wahrnehme, von dem Grundsatz ausgehen, dass derjenige, der Betreuungsunterhalt leiste, nicht zu einem zusätzlichen Barunterhalt verpflichtet sei.
Sie beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 04. Febru ar 2004 aufzuheben und den Antrag des Bg. abzulehnen.
Die Prozessbevollmächtigte des Bg. beantragt sinngemäß,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie trägt vor, das von der Gegenseite zitierte Urteil des BSG sei nicht einschlägig, weil nicht die Erhöhung des Freibetrages durch Berücksichtigung von Betreuungsunterhalt, sondern durch ergänzenden Barunterhalt geltend gemacht werde. Das Barexistenzminimum für ihre beiden Kinder sei von der Lebensgefährtin des Bg. sicherzustellen. Gerade im Bereich der Arbeitslosenhilfe sei stets eine individuelle Bedürftigkeitsprüfung vorzunehmen, so dass die Annahme der Bg., wer Betreuungsunterhalt leiste, leiste grundsätzlich keinen Barunterhalt, fehlgehe.
Dem Senat haben die Verwaltungsakte der Bf. sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig. Insbesondere wurde sie form- und fristgerecht eingelegt (§ 173 SGG).
Sie ist auch begründet.
Die Voraussetzungen für eine Regelungsanordnung im Sinne von § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG liegen vor.
Da der Bg. sein Begehren in der Hauptsache im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage geltend machen muss, steht sein Anliegen auf Verpflichtung der Bf. im Vordergrund, ihm vorläufig Arbeitslosenhilfe zu gewähren. Ein Fall der Anordnung der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung, deren Anwendungsbereich sich nur auf die Anfechtungsklage erstreckt (vgl. zu dieser Problematik Meyer-Ladewig, SGG, Kommentar, 7. Aufl., § 86 b, Rdnr. 24), liegt daher nicht vor.
Soweit aber kein Fall der Anordnung der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung im Sinne von § 86 b Abs. 1 SGG vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache nach § 86 b Abs. 2 Satz 1 SGG auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (so genannte Sicherungsanordnung). Nach Satz 2 dieser Vorschrift sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (so genannte Regelungsanordnung). Gemäß Satz 4 dieser Bestimmung gelten die §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung (ZPO) entsprechend.
Nach § 920 Abs. 2 in Verbindung mit den §§ 936, 294 ZPO setzt der Erlass einer einstweiligen Anordnung die Glaubhaftmachung von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund voraus.
Eine Tatsache ist dann als glaubhaft anzusehen, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist (so der allgemein gültige Rechtsgedanke in § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB X).
Anders als in der Hauptsache hat das Gericht - trotz Amtsermittlungsgrundsatz - in der Regel hierbei lediglich die Möglichkeit, eine summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage sowie der wesentlichen Interessen vorzunehmen (s. Meyer- Ladewig, SGG, Kommentar, 7. Aufl., § 86 b, Rdnr. 16, 36, 40; vgl. auch LSG Niedersachsen, Beschluss vom 25. Juli 1990, Az.: L 7 S[Ar] 112/90, info also 1991, S. 143 [143]).
Hinsichtlich des Anordnungsgrundes kann auf die zutreffenden Ausführungen der erstinstanzlichen Entscheidung verwiesen und von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden (§ 153 Abs. 2 SGG analog).
Ein Anordnungsanspruch ist ebenfalls zu bejahen.
Rechtsgrundlage des in der Hauptsache verfolgten Anspruchs sind §§ 190 ff. SGB III. Nach § 190 Abs. 1 SGB III haben Anspruch auf Arbeitslosenhilfe Arbeitnehmer, 1. die arbeitslos sind, 2. sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet haben, 3. einen Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht haben, weil sie die Anwartschaftszeit nicht erfüllt haben, 4. in der Vorfrist Arbeitslosengeld bezogen haben, ohne dass der Anspruch wegen des Eintritts von Sperrzeiten mit einer Dauer von insgesamt 24 Wochen erloschen ist und 5. bedürftig sind. Bedürftig ist ein Arbeitsloser, soweit er seinen Lebensunterhalt nicht auf andere Weise als durch Arbeitslosenhilfe bestreitet oder bestreiten kann und das zu berücksichtigende Einkommen die Arbeitslosenhilfe nicht erreicht (§ 193 Abs. 1 SGB III). Das zu berücksichtigende Einkommen richtet sich nach § 194 SGB III. Insofern wird hinsichtlich der Einzelheiten der gesetzlichen Bestimmungen und deren Umsetzung auf den vorliegenden Fall auf die zutreffenden Ausführungen im Widerspruchsbescheid der Bf. vom 19. Januar 2004 verwiesen und von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen (§ 153 Abs. 1 in Verbindung mit § 136 Abs. 3 SGG analog), soweit es sich nicht um die für den Rechtsstreit ausschlaggebende Bestimmung des § 194 Abs. 1 Satz 3 SGB III handelt. Sie lautet: "Der Freibetrag erhöht sich um Unterhaltsleistungen, die der Ehegatte, der Lebenspartner oder die Person, die mit dem Arbeitslosen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt, Dritten auf Grund einer rechtlichen Pflicht zu erbringen hat."
Der tatsächlich geleistete Betreuungsunterhalt stellt keine Unterhaltsleistung im Sinne von § 194 Abs. 1 Satz 3 SGB III dar. Hierzu hat das Bundessozialgericht ausgeführt:
"Dem LSG ist darin zuzustimmen, dass es sich bei dem von der Ehefrau des Klägers geleisteten "Betreuungsunterhalt" nicht um eine Unterhaltsleistung i. S. des § 194 Abs. 1 Satz 3 SGB III handelt, die zur Erhöhung des Selbstbehaltes führt. Mit der Formulierung "Unterhaltsleistung" deutet bereits der Wortlaut der Vorschrift darauf hin, dass lediglich der "Barunterhalt" zur Erhöhung des Freibetrags zuzulassen ist. Diese Sichtweise entspricht der Bedürftigkeitsprüfung bei der Anrechnung von Einkommen des Ehegatten, weil jeweils auf die tatsächlichen Verhältnisse im konkreten Zahlungszeitraum abzustellen ist. Entscheidend ist jeweils, ob der Lebensunterhalt während des Zeitraums gesichert ist, für den Alhi beansprucht wird (BSGE 84, 48, 50 = SozR 3-4220 § 6 Nr. 7; BSG SozR 3-4100 § 138 Nr. 17). Kommt es nach der Struktur der Bedürftigkeitsprüfung auf die tatsächlich zu ermittelnden Einkommensverhältnisse an, so können fiktive Ausgaben nicht in Ansatz gebracht werden, es sei denn, das Gesetz sieht dies ausdrücklich vor.
Auch wenn § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB ausspricht, dass derjenige Elternteil, der ein minderjähriges unverheiratetes Kind betreut, seiner Verpflichtung, zum Unterhalt beizutragen, in der Regel durch die Pflege und Erziehung des Kindes entspricht, führt dies nicht zu einer anderen Beurteilung. Zwar wird damit zum Ausdruck gebracht, dass die Kindesbetreuung dem Barunterhalt regelmäßig gleichwertig ist. Dies ändert jedoch nichts daran, dass das gesetzliche Merkmal "Pflege und Erziehung" sich auf grundsätzlich persönlich zu erbringende Dienstleistungen erstreckt (vgl. zum Begriff der Betreuung Luthin in Münchner Kommentar BGB, 4. Aufl. 2002, § 1606 RdNr 19; Holzhauer in Erman, BGB, 10. Aufl. 2002, § 1606 RdNr 6). Damit führt der Betreuungsunterhalt zwar zu einer faktischen Belastung des Unterhaltsverpflichteten, kann jedoch dem Barunterhalt in Bezug auf die Bedürftigkeitsprüfung nicht gleichgesetzt werden" (BSG, Urteil vom 10. Juli 2003, Az.: B 11 AL 71/02 R, JURIS, Rdnr. 17 f.). Diesen überzeugenden Ausführungen schließt sich der Senat in vollem Umfang an.
Vor diesem Hintergrund ist der Ausgangspunkt des SG, Sachbezüge seien entsprechend der Sachbezugsverordnung bei der Ermittlung des maßgeblichen Freibetrages als erhöhend zu berücksichtigen (so allerdings auch Brandts, in: Niesel, SGB III, Kommentar, 2. Auflage, 2002, § 194, Rdnr. 27), nicht haltbar (vgl. hierzu außer der zitierten Entscheidung des BSGs auch LSG Brandenburg, Urteil vom 20. September 2002, Az.: L 10 AL 161/00, JURIS, S. 8.
Genauso unzutreffend ist es nach der gebotenen summarischen Prüfung aber, wenn die Bf. meint, wer Betreuungsunterhalt leiste, leiste grundsätzlich keinen Barunterhalt. Vielmehr können beide Unterhaltsleistungen auch durch ein- und dieselbe Person erbracht werden. Der tatsächlich gewährte Barunterhalt ist dann in voller Höhe freibetragserhöhend (vgl. Spellbrink, in: Spellbrink/Eicher, Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, 2003, § 13, Rdnr. 166).
So liegt es hier: Die Lebenspartnerin des Bg. erbringt sowohl tatsächliche Betreuungsleistungen als auch den geltend gemachten Barunterhalt in Höhe von 131,10 EUR pro Kind. Der monatliche Freibetrag gemäß § 194 Abs. 1 Satz 3 SGB III ist folglich um 262,20 EUR zu erhöhen. Der Anrechnungsbetrag für die dem Bg. zustehende Arbeitslosenhilfe beträgt somit (1.458,96 EUR 823,85 EUR 68,35 EUR 76,00 EUR 262,20 EUR] x 3: 13 =) 52,74 EUR wöchentlich; die ihm zustehende Arbeitslosenhilfe beläuft sich folglich auf (112,56 EUR - 52,74 EUR =) 59,82 EUR wöchentlich.
Die von der Bf. zitierte Argumentation des Landessozialgerichts Brandenburg (Urteil vom 20. September 2002, Az.: L 10 AL 161/00, JURIS, S. 8) steht diesen Besonderheiten nicht entgegen. Insofern verkennt die Bf. zweierlei: zum einen, dass die Lebenspartnerin für die tatsächlich ausbleibenden Unterhaltsleistungen des Kindesvaters für beide Kinder einspringen muss; zum anderen, dass sich die vom Bg. begehrte Erhöhung des Freibetrages im Sinne von § 194 Abs. 1 Satz 3 SGG hier ausschließlich an den geringstmöglichen Werten der Unterhaltsleitlinien des Oberlandesgerichts Dresden, die mit denjenigen der Berliner Tabelle übereinstimmen, orientiert.
Dem Argument der Bf., eine Massenverwaltung könne derart einzelfallbezogene Prüfungen nicht leisten, steht entgegen, dass die Bedürftigkeitsprüfung im Rahmen der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe stets individuell zu erfolgen hat (für die Anwendbarkeit der familienrechtlichen Unterhaltstabellen in diesem Zusammenhang auch Brandts, in: Niesel, SGB III, Kommentar, 2. Auflage, 2002, § 194, Rdnr. 27).
Der Bg. hat seinen Vortrag im Hinblick auf den Anordnungsanspruch durch Beifügung der Anlagen zum Schreiben vom 27. Januar 2004 auch glaubhaft gemacht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved