L 8 KR 530/16

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 34 KR 256/16
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8 KR 530/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 1 KR 1/18 B
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 28. November 2016 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten

Die Revision wird nicht zugelassen

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist der Anspruch des Klägers auf eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme (Reha-Maßnahme) streitig.

Der Kläger, geb. 1947, ist bei der Beklagten krankenversichert und leidet u.a. an Psoriasis vulgaris. Er bezieht seit 2012 eine Altersrente.

Die Beklagte gewährte dem Kläger medizinische Reha-Leistungen in den Jahren 2005, 2008, 2010, 2012 und zuletzt 2014.

Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 7. Februar 2016 die erneute Gewährung einer stationären Reha-Maßnahme. In der Vergangenheit sei ein guter Heilungserfolg sichtbar gewesen. Diesem Antrag legte der Kläger ein ausgefülltes Antragsformular der Beklagten "Stationäre Rehabilitation Leistungen" nebst einer Verordnung durch die Fachärztin für Haut- und Geschlechtskrankheiten Dr. med. B. vom 5. Februar 2016 nebst einen Auszug aus einem ärztlichen Entlassungsberichts (ohne Angabe von Datum bzw. der ausstellenden Reha-Einrichtung).

Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 15. Februar 2016 den Antrag ab. Grundsätzlich sei eine erneute stationäre Reha-Maßnahme erst nach Ablauf von vier Jahren möglich. Aus den eingereichten Unterlagen seien keine dringenden gesundheitlichen Gründe erkennbar, die eine vorzeitige Leistung erforderten.

Dagegen erhob der Kläger am 18. Februar 2016 Widerspruch und setzte der Beklagten eine Frist bis zum 24. Februar 2016 zum Erlass eines positiven Bescheids. Die Rechtsauffassung der Beklagten sei falsch und sie nehme einen verminderten Gesundheitszustand billigend in Kauf um seine weitere Berufsausübung zu behindern. Er sei im Lebensmittelbereich tätig und benötige die Reha-Maßnahme zur Behandlung seine Erkrankung, um weiter seiner Berufsausübung nachzugehen.

Der Kläger hat am 25. Februar 2016 beim Sozialgericht Frankfurt am Main Klage (S 25 KR 108/16) erhoben, die das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 5. April 2016 als unzulässige Untätigkeitsklage abgewiesen hat. Die Frist für die Erhebung einer Untätigkeitsklage nach § 88 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von drei Monaten seit Einlegung des Widerspruchs sei nicht erfüllt.

Am 26. April 2016 hat der Kläger erneut Untätigkeitsklage beim Sozialgericht Frankfurt am Main erhoben.

Die Beklagte hat mit Widerspruchsbescheid vom 6. Juni 2016 den Widerspruch des Klägers zurückgewiesen. Gegen diesen Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 6. Juni 2016 Klage vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main (S 34 KR 367/16) erhoben.

Das Sozialgericht hat nach Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 28. November 2016 die Klage abgewiesen. Zwar sei die am 26. April 2016 (erneute) erhobene Untätigkeitsklage mit Ablauf der dreimonatigen Sperrfrist am 18.05.2016 zulässig geworden. Dem Kläger fehle es jedoch an einem Rechtsschutzinteresse für die erhobene Untätigkeitsklage. Die Untätigkeitsklage habe sich durch Erlass des Widerspruchsbescheids vom 2. Juni 2016 erledigt. Der Kläger habe damit sein Klagebegehren erreicht, ohne das Verfahren für erledigt zu erklären. Da der Kläger gegen den Widerspruchsbescheid vom 2. Juni 2016 Klage erhoben habe (Az. S 34 KR 367/16) könne nicht von einer Klageänderung nach § 99 SGG in eine Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ausgegangen werden. Im Übrigen sei die Untätigkeitsklage unbegründet. Die Untätigkeitsklage sei begründet, wenn kein zureichender Grund für die Nichtbescheidung des Widerspruchs vorliege (Leitherer, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG Kommentar, 11. Auflage 2014, Rn. 9 ff.). Ein solcher zureichender Grund könne eine vorübergehende besondere Belastung, organisatorische Änderungen, besondere Schwierigkeit insbesondere hinsichtlich des Sachverhalts und Umstände sein, oder wenn der Kläger die Behörde mit einer Vielzahl von Widersprüchen, Anträgen auf einstweilige Anordnung und Klageverfahren überziehe (Leitherer, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG Kommentar, § 88 Rn. 7a; LSG Hessen, Beschluss vom 15.07.2008 – L 9 B 39/08 SO – juris). Unter Würdigung der Umstände des Einzelfalls sei die Kammer der Ansicht, dass die Beklagte einen zureichenden Grund für die Bescheidung des Widerspruchs des Klägers erst nach Ablauf der 3-Monats-Frist besessen habe. Alleine zu seinem Antrag vom 7. Februar 2016 habe der Kläger zwei einstweilige Rechtsschutzverfahren (S 25 KR 107/16 ER und S 25 KR 255/16 ER), zwei Beschwerdeverfahren am Hessischen Landessozialgericht (Az. L 8 KR 68/16 ER und L 8 KR 189/16 ER) sowie ein Hauptsacheverfahren anhängig gemacht.

Gegen den am 30. November 2016 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 3. Dezember 2016 Berufung beim Hessischen Landessozialgericht eingelegt.

Der Senat hat den Antrag des Klägers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 3. Juni 2017 wegen fehlender hinreichender Aussicht auf Erfolg der Rechtsverfolgung des Klägers abgelehnt. Die am 26. April 2016 erhobene Untätigkeitsklage habe sich durch Erlass des Widerspruchsbescheides vom 6. Juni 2016 erledigt. Ein berechtigtes Interesse des Klägers an der Weiterführung des Verfahrens sei nicht erkennbar. Der Kläger habe mit Erlass des Widerspruchsbescheides vom 6. Juni 2016 das erreicht, was er mit einer Untätigkeitsklage hätte erreichen können. Das fehlende Rechtsschutzinteresse des Klägers für das vorliegende Verfahren zeige sich auch in seiner Klageerhebung gegen den Widerspruchsbescheid vom 6. Juni 2016 vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main (S 34 KR 367/16). Der Senat hat des Weiteren mit Beschluss vom 12. Juni 2017 den Rechtsstreit gem. § 153 Abs. 5 SGG auf die Berichterstatterin des Senats übertragen. Die dagegen erhobene Anhörungsrüge des Klägers hat der Senat mit Beschluss vom 18. Juli 2017 als unzulässig verworfen.

Der Kläger hat ohne einen Antrag den Rechtsstreit fortgeführt.

Die Beklagte hat keinen Antrag gestellt.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten und der Gerichtsakte verwiesen, der Gegenstand der Beratung des Senats gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte über die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 28. November 2016 auf der Grundlage des Beschlusses vom 12. Juni 2017 gemäß § 153 Abs. 5 SGG abweichend von § 33 Satz 1 SGG auf die mündliche Verhandlung vom 14. Dezember 2017 in der Besetzung der Berichterstatterin als Vorsitzende und zwei ehrenamtlichen Richter und in Abwesenheit des Klägers und der Beklagten entscheiden. Die Beteiligten wurden mit der Terminsmitteilung vom 18. September 2017 gem. § 110 Abs. 1 Satz 2 SGG darüber informiert, dass der Senat auch in ihrer Abwesenheit Beweis erheben, verhandeln und entscheiden kann.

Die gem. § 151 Abs. 1 und 2 SGG form- und fristgerecht erhobene Berufung ist zulässig, konnte in der Sache jedoch keinen Erfolg haben. Streitgegenstand ist weiterhin die vom Kläger am 26. April 2016 erhobene Untätigkeitsklage.

Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 28. November 2016 ist nicht zu beanstanden. Das Sozialgericht hat zutreffend entschieden, dass dem Kläger für die Fortführung seiner am 26. April 2016 nach § 88 Abs. 2 SGG erhobenen Untätigkeitsklage nach Erlass des Widerspruchsbescheides vom 2. Juni 2016 das Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Das Sozialgericht hat die Voraussetzungen einer zulässigen Untätigkeitsklage nach § 88 Abs. 2 SGG ausführlich und zutreffend dargestellt, dass die Untätigkeitsklage erst nach Ablauf einer dreimonatigen Sperrfrist nach Einlegung des Widerspruchs erhoben werden kann und vorliegend diese Frist erst mit Ablauf des 18. Mai 2016 abgelaufen ist, dass der Kläger für die Fortführung der nunmehr zulässigen Untätigkeitsklage mit Erlass des Widerspruchsbescheides vom 2. Juni 2016 kein Rechtsschutzinteresse besitzt, da die Untätigkeitsklage mit Erlass des Widerspruchsbescheids seine Erledigung gefunden hat, denn der Kläger konnte mit der erhobene Untätigkeitsklage nicht mehr als die Bescheidung seines Widerspruchs gegen den Bescheid vom 15. Februar 2016 verlangen und dies ist mit Erlass des Widerspruchsbescheides vom 2. Juni 2016 geschehen. Der Senat macht sich die zutreffende, widerspruchsfreie und ausführliche Begründung des angefochtenen Gerichtsbescheids zu Eigen und weist die Berufung aus den dort niedergelegten Entscheidungsgründen zurück. Er sieht angesichts dessen und um Wiederholungen zu vermeiden, von einer erneuten Darstellung der Entscheidungsgründe insoweit ab (§ 153 Abs. 2, § 105 Abs. 1 Satz 3 SGG). Im Übrigen verweist der Senat auf die Begründung seines Beschusses vom 3. Juni 2017.

Eine Umdeutung der Untätigkeitsklage des Klägers in eine Anfechtungs- und Leistungsklage nach Erlass des Widerspruchsbescheides vom 2. Juni 2016 verbietet sich vorliegend, da der Kläger bereits am 6. Juni 2016 unter dem Aktenzeichen S 34 KR 367/16 Klage erhoben hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzung des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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