S 54 SB 806/13

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Dortmund (NRW)
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
54
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 54 SB 806/13
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 10 SB 247/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der im Jahre XXXX geborene Kläger begehrt mit seiner Klage die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von mindestens 50 im Wege der Neufeststellung nach § 48 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuch (§ 48 SGB X).

Durch Bescheid vom 20.04.2007 stellte das Versorgungsamt E bei dem Kläger einen GdB von 40 unter Zugrundelegung der folgenden Funktionsbeeinträchtigungen fest:

1. Verschleiß der Wirbelsäule, Bandscheibenschaden, Beinlängendifferenz (Einzel-GdB 30) 2. Ohrgeräusche (Einzel-GdB 20) 3. Funktionsstörung der Ellenbogengelenke beidseits, Schultergelenksleiden rechts (Einzel-GdB 20) 4. Hüft- und Kniegelenksverschleiß (Einzel-GdB 10) 5. Stoffwechselstörungen (Einzel-GdB 10) 6. Psychovegetative Beschwerden (Einzel-GdB 10).

Am 31.10.2012 stellte der Kläger einen Änderungsantrag, mit dem er Beschwerden im Bereich der Halswirbelsäule und der Lendenwirbelsäule, ein Augenleiden sowie Depressionen geltend machte.

Die Beklagte holte einen Befundbericht von dem Augenarzt Dr. T ein, in dem als Diagnose ein Glaukom sowie ein Visus rechts mit Korrektur von 1,0 und links von 0,63 angegeben wurden. Dem Bericht war ein Entlassungsbericht der Universitätsaugenklinik C vom 19.08.2012 nebst Anlagen beigefügt. Desweiteren holte die Beklagte Befundberichte ein von dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Herrn C sowie dem Hausarzt des Klägers Herrn K, der weitere fachärztliche Unterlagen beifügte. In einer hierzu auf Veranlassung der Beklagten erstatteten gutachterlichen Stellungnahme vom 02.12.2012 gelangte die ärztliche Beraterin Dr. C-N zu der Einschätzung, dass zu den bisher berücksichtigten psycho-vegetativen Beschwerden eine Konzentrationsstörung sowie depressive Grundstimmung hinzugetreten seien und das psychische Leiden nunmehr mit einem Einzel-GdB von 20 zu berücksichtigen sei. Unter Einbeziehung eines Lugenleidens mit einem Einzel-GdB von 10 sowie eines Augenleidens mit einem Einzel-GdB von 10 bewertete sie den Gesamt-GdB weiterhin unverändert mit 40.

Unter Zugrundelegung des Ergebnisses der gutachterlichen Stellungnahme lehnte die Beklagte sodann durch Bescheid vom 12.12.2012 den Antrag auf Feststellung eines höheren GdB ab.

Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch vertrat der Kläger die Auffassung, dass ein Gesamt-GdB von 50 angemessen sei und bat um eine nochmalige Überprüfung.

Anschließend holte die Beklagte einen Befundbericht von dem Arzt für Orthopädie Dr. V ein und veranlasste eine nochmalige gutachterliche Stellungnahme durch die ärztliche Beraterin Frau Dr. X. Diese hielt die bisher vorgenommene Bewertung der Einzel-GdB sowie des Gesamt-GdB mit weiterhin 40 für zutreffend und führte zur Begründung aus, dass das Wirbelsäulenleiden mit einem Einzel-GdB von 30 bei leichtgradigen degenerativen Halswirbelsäulenveränderungen und höchstens mittelgradigen funktionellen Einschränkungen im Bereich der Lendenwirbelsäule im obersten Ermessensspielraum bewertet sei. Außerdem komme es zu einer Überlagerung mit den Auswirkungen des psychischen Leidens.

Durch Widerspruchsbescheid vom 26.02.2013 wies die Bezirksregierung Münster den Widerspruch des Klägers sodann als unbegründet zurück.

Hiergegen richtet sich die am 14.03.2013 erhobene Klage, mit der der Kläger die Feststellung eines Grades der Behinderung von mindestens 50 anstrebt. Zur Begründung seiner Klage trägt er im Wesentlichen vor: Bereits unter Berücksichtigung der von der Beklagten zugrunde gelegten Einzelgrade der Behinderungen sei die Bildung eines Gesamt-GdB von 50 gerechtfertigt. Darüber hinaus seien die Beeinträchtigungen und Schmerzen in zwei Abschnitten der Wirbelsäule sowie die Bewegungseinschränkungen in beiden Schulter- und Ellenbogengelenken und die zusätzlich bestehenden Schmerzen im rechten Schultergelenk und beiden Ellenbogengelenken sowie auch die Schmerzen im Bereich der rechten Hüfte nicht ausreichend berücksichtigt worden. Durch die starken Beschwerden im Bereich des Stütz- und Bewegungsapparates leide er unter psychischen Problemen, die mit einem Einzel-GdB von 20 nicht ausreichend berücksichtigt würden.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 12.12.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.02.2013 zu verurteilen, bei ihm ab 31.10.2012 einen GdB von mindestens 50 festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig.

Das Gericht hat Befundberichte eingeholt von dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie C vom 18.09.2013, dem Arzt für Orthopädie Dr. V vom 19.09.2013, dem Hausarzt K vom 29.09.2013, der HNO-Ärztin Dr. Q vom 09.10.2013 sowie dem HNO-Arzt Dr. T1 vom 14.10.2013, auf deren Inhalt verwiesen wird.

Sodann hat das Gericht weiteren Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens von dem Sachverständigen Dr. T2, Arzt für Orthopädie, Rheumatologie und Sozialmedizin, vom 26.09.2014 sowie eines Zusatzgutachtens von dem Sachverständigen Dr. L, Arzt für Neurologie und Psychiatrie, vom 31.03.2014. Der Sachverständige Dr. L hat für sein Fachgebiet eine subdepressive Dauerstörung im Sinne einer Dysthymie und Somatisierungsstörung mit einem Einzel-GdB von 20 festgestellt. Der Sachverständige Dr. T2 hat das Wirbelsäulenleiden des Klägers mit einem Einzel-GdB von 30 (schwacher Wert) und die Funktionsstörungen im Bereich der oberen Extremitäten mit einem Einzel-GdB von 10 bewertet. Für den Funktionsbereich der unteren Extremitäten (Knie und Hüften) hat er einen Einzel-GdB von 10 in Ansatz gebracht. Unter Einbeziehung der Ohrgeräusche mit einem Einzel-GdB von 20, des von dem Sachverständigen Dr. L festgestellten psychischen Leidens mit einem Einzel-GdB von 20 sowie weiterer Funktionsbeeinträchtigungen mit einem Einzel-GdB von jeweils 10 (Stoffwechselstörung, Lungenleiden sowie ein Glaukom mit Sehstörungen) hat der Sachverständige Dr. T2 einen Gesamt-GdB von 40 für weiterhin zutreffend erachtet. Hinsichtlich aller weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gutachten vom 31.03.2014 und vom 26.09.2014 verwiesen.

Anschließend hat sich der Kläger mit Schriftsatz vom 10.11.2014 kritisch zu den Gutachten der Sachverständigen Dr. T2 und Dr. L geäußert. Dabei wendet er sich vorrangig gegen die Bewertung der Funktionsbeeinträchtigung im Bereich der oberen Extremitäten und hält diese unter Berücksichtigung der Vorgaben in Teil B, Ziffer 18.13 der versorgungsmedizinischen Grundsätze (VmG) für falsch. Abweichend von der von dem Sachverständigen Dr. L vorgenommenen Bewertung des psychischen Leidens mit einem Einzel-GdB von 20 hält der Kläger eine höhere Bewertung mit einem Einzel-GdB von 40 für angemessen. Wegen aller weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt des Schriftsatzes vom 10.11.2014 Bezug genommen.

Das Gericht hat sodann zu den kritischen Ausführungen des Klägers ergänzende Stellungnahmen von dem Sachverständigen Dr. L vom 01.12.2014 sowie von dem Sachverständigen Dr. T2 vom 19.12.2014 eingeholt, auf deren Inhalt verwiesen wird.

Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid vom 12.12.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.02.2013 nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), weil dieser nicht rechtswidrig ist.

Ein Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 40 steht dem Kläger nicht zu.

Nach § 48 Abs. 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Eine derartige wesentliche Änderung, die zu Gunsten des Klägers die Feststellung des angestrebten GdB von mindestens 50 rechtfertigen würde, ist gegenüber den Verhältnissen, die dem bindend gewordenen Bescheid vom 20.04.2007 zugrunde gelegen haben, nicht eingetreten.

Nach § 2 Abs. 1 des Neunten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB IX) sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als 6 Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen, und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird nach § 69 Abs. 3 SGB IX der Grad der Behinderung nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Zur Ermittlung eines Gesamt-GdB ist in diesem Fall zunächst für jede einzelne Funktionsstörung ein Einzel-GdB zu bilden.

Bei der Feststellung des GdB ist gem. § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX seit dem 01.01.2009 die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Verteidigung nach § 30 Abs. 17 Bundesversorgungsgesetz erlassene Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizinverordnung vom 10.12.2008 (versorgungsmedizinische Grundsätze – VmG -) zu beachten. Die VmG haben die in den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbindertenrecht (AhP) enthaltenen Bewertungsmaßstäbe nahezu vollständig übernommen und sind insbesondere hinsichtlich der Regelungen zur Bewertung der hier streitgegenständlichen Funktionsbeeinträchtigungen identisch.

Die bei dem Kläger vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen rechtfertigen nach ihren Auswirkungen in ihrer Gesamtheit weiterhin keinen höheren Gesamt-GdB als 40. Zu diesem Ergebnis gelangt die Kammer nach eingehender Würdigung aller aktenkundigen Unterlagen, insbesondere nach Auswertung der von den Sachverständigen Dr. T2 und Dr. L eingeholten Gutachten unter Heranziehung der VmG.

Der Gesundheitszustand des Klägers wird weiterhin durch das im Vordergrund stehende Wirbelsäulenleiden beeinträchtigt, das nach Einschätzung des Sachverständigen Dr. T2 unverändert mit einem Einzel-GdB von 30 zu bewerten ist. Nach den Feststellungen des Sachverständigen handelt es sich um ein Halswirbelsäulensyndrom mit geringfügiger Bewegungseinschränkung vor dem Hintergrund altersgemäßer degenerativer Veränderungen sowie Bandscheibenschäden im Bereich der Lendenwirbelsäule im Sinne von Bandscheibenprotrusionen mit geringgradiger Bewegungseinschränkung und wiederkehrenden pseudoradikulären Reizungen an den Beinen. Bei der Untersuchung fand sich kein Anhalt für Nervenwurzelreizerscheinungen oder eine Nervenwurzelkompression. Auch anlässlich der Untersuchung durch den Sachverständigen Dr. L wurden neurologische Ausfallerscheinungen nicht festgestellt. Bei der Untersuchung durch den Sachverständigen Dr. T2 fand sich eine annähernd freie Beweglichkeit der Halswirbelsäule nach allen Seiten mit Schmerzangabe bei der Seitenneigung rechts sowie der Rotation nach rechts. Die Lendenwirbelsäule war in der Rotation und in der Seitenneigung endgradig unter Angabe von Schmerzen eingeschränkt. Unter Zugrundelegung dieser Befunde sowie nach Auswertung der beigezogenen Röntgenbefunde der Halswirbelsäule sowie der eigenen Röntgenaufnahmen der Lendenwirbelsäule und unter Berücksichtigung der aktenkundigen Befundberichte sowie Arztbriefe des behandelnden Arztes für Orthopädie Dr. V geht der Sachverständige Dr. T2 von einer leicht- bis mittelgradigen Einschränkung der Lendenwirbelsäulenfunktion und einer leichtgradigen Funktionsbeeinträchtigung im Bereich der Halswirbelsäule aus. Vor diesem Hintergrund liegt die von dem Sachverständigen Dr. T2 vorgenommene Bewertung des Wirbelsäulenleidens mit einem Einzel-GdB von 30 zur Überzeugung der Kammer unter Berücksichtigung der in den VmG enthaltenen Vorgaben im obersten Ermessensspielraum, so dass ein lediglich "schwacher" Wert zu Grunde zu legen ist. Nach Teil B Ziffer 18.9 VmG sind Wirbelsäulenschäden mit geringen funktionellen Auswirkungen mit einem Einzel-GdB von 10 sowie Wirbelsäulenschäden mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewerten. Wirbelsäulenschäden mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten sind mit einem Einzel-GdB von 30 bis 40 in Ansatz zu bringen. Da durchgehend mittelgradige Funktionsbeeinträchtigungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten, die mit einem Einzel-GdB von 30 zu bewerten wären, bei dem Kläger nicht vorliegen, ist hier nach Auffassung der Kammer in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen Dr. T2 ein lediglich "schwacher" Einzel-GdB von 30 angemessen. Der Sachverständige Dr. T2 weist insoweit in seinem Gutachten ausdrücklich darauf hin, dass der Einzel-GdB von 30 für das Wirbelsäulenleiden an der obersten Grenze des Vertretbaren liege.

Die bei dem Kläger daneben bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen im Bereich der oberen Extremitäten sind unter Berücksichtigung der von dem Sachverständigen Dr. T2 erhobenen Untersuchungsbefunde mit einem Einzel-GdB von 10 zu bewerten. Die Kammer schließt sich insoweit nach eigener Prüfung und Meinungsbildung der von dem Sachverständigen Dr. T2 vorgenommenen Bewertung an und hält die hierzu ergangenen kritischen Ausführungen des Klägers (mit Schriftsatz vom 10.11.2014) für nicht überzeugend. Bei der Untersuchung durch den Sachverständigen fand sich eine Bewegungsbeeinträchtigung im Bereich beider Schultern. Die Armhebung war mit 40/0/140 Grad bzw. 40/0/150 Grad lediglich geringgradig eingeschränkt und lag deutlich über dem Wert bis 120 Grad. Die Abspreizfähigkeit (Abduktion/Adduktion) war mit 90/0/40 Grad beiderseits eingeschränkt, wobei die Drehfähigkeit bei angelegten Armen mit 60/0/90 Grad beiderseits in der Innenrotation nur geringgradig eingeschränkt war. Nach Teil B Ziffer 18.13 VmG ist bei einer eingeschränkten Armhebung nur bis zu 120 Grad mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit ein Einzel-GdB von 10 in Ansatz zu bringen. Beträgt die Armhebung nur bis zu 90 Grad mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit ist ein Einzel-GdB von 20 zu berücksichtigen. Zutreffend weist der Sachverständige Dr. T2 in der von ihm erstatteten ergänzenden Stellungnahme vom 19.12.2014 darauf hin, dass die Hebefähigkeit der Schultergelenke noch deutlich über dem Wert bis 120 Grad liegt, so dass unter Berücksichtigung der bis auf 90 Grad eingeschränkten Abspreizfähigkeit der von dem Sachverständigen vorgeschlagene Einzel-GdB von 10 den Bewertungsvorgaben in Teil B Ziffer 18.13 VmG zur Überzeugung der Kammer entspricht. Zusätzlich fand sich bei dem Kläger eine lediglich geringgradig eingeschränkte Beweglichkeit der Ellenbogengelenke mit rechts 0/10/140 Grad und links 0/10/150 Grad und eine ebenfalls lediglich geringgradig um 10 Grad eingeschränkte Unterarmdrehung rechts. Zutreffend weist der Sachverständige Dr. T2 darauf hin, dass die von ihm gefundenen Bewegungseinschränkungen in den Ellenbogengelenken so geringfügig sind, dass sie nach Teil B Ziffer 18.13 VmG nicht mit einem Einzel-GdB von mindestens 10 in Ansatz zu bringen sind und es somit bei einem Einzel-GdB von 10 für den Bereich der oberen Extremitäten verbleibt.

Zusätzlich bestehen bei dem Kläger weiterhin unverändert geringgradige Verschleißerscheinungen im Bereich der Hüft- und Kniegelenke, die unverändert mit einem Einzel-GdB von 10 zu bewerten sind. Bei der Untersuchung durch den Sachverständigen Dr. T2 waren die Hüftgelenke nach allen Seiten hin annähernd frei beweglich und die Kniegelenke ebenfalls frei beweglich. Es fand sich keine Ergussbildung im Bereich der Kniegelenke und keine einseitige Kniegelenksverdickung sowie keine Minderung der Muskulatur. Da eine maßgebliche Bewegungseinschränkung der Hüftgelenke bzw. der Kniegelenke nicht festzustellen war und auch keine anhaltenden Reizerscheinungen im Bereich der Kniegelenke nachgewiesen sind, kommt nach Teil B Ziffer 18.14 VmG ein höherer Einzel-GdB als 10 für den Bereich der unteren Extremitäten ersichtlich nicht in Betracht.

Der Gesundheitszustand des Klägers wird zusätzlich durch ein psychisches Leiden im Sinne einer Dysthymie und einer Somatisierungsstörung beeinträchtigt, die unter Berücksichtigung der Vorgaben in Teil B Ziffer 3.7 VmG mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewerten sind. Nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. L leidet der Kläger an Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen sowie Besorgnis und Ängsten hinsichtlich seiner gesundheitlichen und beruflichen Situation. Desweiteren beklagt der Kläger multilokoläre Schmerzen, die einer organischen Ursache nicht zuzuordnen sind. Der Kläger befindet sich in nervenärztlicher Behandlung bei Herrn C, die sich auf Gespräche und die Gabe von Mirtazapin beschränkt. Eine regelmäßige Psychotherapie findet nicht statt. Nach Einschätzung des Sachverständigen Dr. L ist die psychische Störung als leichtgradig zu bezeichnen und führt zu keiner wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit. Der Sachverständige ist nach eingehender Anamnese und aufgrund des von dem Kläger gewonnenen persönlichen Eindrucks zu der Einschätzung gelangt, dass die Ausübung und Bewältigung des beruflichen und persönlichen Alltags nicht dauernd und signifikant gestört und beeinträchtigt sind. Die Kammer hält die von dem Sachverständigen vorgenommene Beurteilung, wonach es sich um eine leichtere Form einer psychischen Störung handelt, die mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewerten ist, unter Berücksichtigung der Vorgaben in Teil B Ziffer 3.7 VmG für nachvollziehbar und angemessen. Die Kammer hat dabei berücksichtigt, dass sich auch den Befundberichten des behandelnden Arztes für Neurologie und Psychiatrie Herrn C neben einer verringerten psychophysischen Belastbarkeit und erheblichen Minderung der Problemstrukturierung sowie Einschränkung der Handlungsplanung keine höhergradigen Einschränkungen in der Alltagsbewältigung oder im sozialen Zusammenleben entnehmen lassen und eine psychotherapeutische Behandlung bisher offenbar nicht für erforderlich gehalten wurde. Die kritischen Ausführungen des Klägers zu der von dem Sachverständigen Dr. L vorgenommenen Bewertung des psychischen Leidens vermochten die Kammer dagegen nicht zu überzeugen. Die Auffassung, dass allein bereits aufgrund der Diagnose einer somatoformen Schmerzstörung nach Teil B Ziffer 3.7 ein Einzel-GdB von 30 in Ansatz zu bringen sei, hält die Kammer in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen Dr. L für nicht zutreffend. Maßgeblich für die Zuerkennung eines GdB von mindestens 30 ist das Vorliegen einer stärker behindernden Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit, wofür somatoforme Störungen neben anderen psychischen Erkrankungen dazu in Klammern lediglich als Beispiele aufgeführt sind. Eine derartige wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit liegt aber bei dem Kläger unter Zugrundelegung der insoweit eindeutigen Feststellungen des Sachverständigen Dr. L nicht vor.

Als weiterer ungünstiger Faktor für die psychische Belastbarkeit des Klägers sind die dauerhaft vorliegenden Ohrgeräusche (Tinnitus) zu berücksichtigen, die (bei isolierter Betrachtung) aufgrund des von dem HNO-Arzt Dr. T1 im Befundbericht vom 14.10.2013 bescheinigten erheblichen Leidensdrucks mit Ein- und Durchschlafstörungen sowie Konzentrationsstörungen nach Teil B Ziffer 5.3. VmG mit einem Einzel-GdB von unverändert 20 (wie bereits bei Erlass des Bescheides vom 20.04.2007) zu berücksichtigen sind.

Das von dem Kläger mit seinem Änderungsantrag geltend gemachte Augenleiden im Sinne eines Glaukoms und einer Sehminderung ist mit einem Einzel-GdB von allenfalls 10 zu bewerten. Die Kammer schließt sich auch insoweit der nachvollziehbaren Einschätzung des Sachverständigen Dr. T2 an. Zu berücksichtigen ist dabei, dass sich ausweislich des im Verwaltungsverfahren eingeholten Befundberichtes des behandelnden Arztes für Augenheilkunde Dr. T ein Visus rechts mit Korrektur von 1,0 und links mit Korrektur von 0,63 ergibt, für den nach der Tabelle in Teil B Ziffer 4.3 VmG ein Einzel-GdB von 0 in Ansatz zu bringen ist. Dauerhafte Funktionsbeeinträchtigungen aufgrund des Glaukoms lassen sich weder dem augenärztlichen Befundbericht noch den beigefügten Berichten der Universitätsaugenklinik C entnehmen, so dass sich die Kammer der Einschätzung des Sachverständigen Dr. T2 anschließt, wonach das Augenleiden mit einem Einzel-GdB von 10 wohlwollend beurteilt ist.

Die daneben bei dem Kläger bestehenden leichtgradigen Funktionsstörungen auf internistischem Fachgebiet, nämlich Stoffwechselstörungen sowie ein Lungenleiden (bei normaler Lungenfunktion) mit diversen Allergien sind mangels entgegenstehender Anhaltspunkte in Übereinstimmung mit der Auffassung des Sachverständigen Dr. T2 mit einem Einzel-GdB von jeweils allenfalls 10 zu Grunde zu legen. Höherwertige funktionelle Auswirkungen dieser Leiden lassen sich insbesondere den Befundberichten des Hausarztes Dr. K nicht entnehmen.

Die Kammer folgt mit den vorstehenden Feststellungen und Bewertungen den schlüssig und überzeugend begründeten Ausführungen der Sachverständigen Dr. T2 und Dr. L. Die Sachverständigen haben ihre Gutachten nach sorgfältiger Anamneseerhebung sowie Vornahme umfangreicher klinischer Untersuchungen sowie unter Auswertung der in den Akten enthaltenen ärztlichen Unterlagen erstattet. Eine unvollständige Befunderhebung oder unzutreffende Schlussfolgerungen durch die Sachverständigen sind nicht zu erkennen. Die von dem Kläger gegen die Gutachten erhobenen Einwendungen vermochten die Kammer – wie vorstehend bereits ausgeführt – nicht zu überzeugen. Die Kammer hatte nach allem keine Bedenken, die Ausführungen der Sachverständigen zur medizinischen Grundlage ihrer Entscheidung zu machen.

Unter Zugrundelegung der vorstehend festgestellten Einzel-Grade für die bei dem Kläger vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen hält die Kammer in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen Dr. T2 einen Gesamt-GdB von weiterhin 40 für angemessen. Bei der Bildung des Gesamt-GdB ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Einzel-GdB bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird (vgl. Teil A, Ziffer 3 c VmG). Insoweit ist zu berücksichtigen, ob sich die Auswirkungen einzelner Funktionsstörungen gegenseitig verstärken, sich überschneiden oder auch gänzlich voneinander unabhängig sind. Grundsätzlich führen leichte Gesundheitsstörungen mit einem Einzel-GdB von 10 nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamt-Behinderung (vgl. Teil A, Ziffer 3 d) ee) VmG).

Bei der Bildung des Gesamt-GdB von 40 hat sich die Kammer von folgenden Erwägungen leiten lassen: Der Gesundheitszustand des Klägers wird vorrangig durch das Wirbelsäulenleiden mit einem Einzel-GdB von 30 beeinträchtigt. Durch das psychische Leiden im Sinne einer Dysthymie und Somatisierungsstörung wird der Kläger zusätzlich in seiner psychophysischen Belastbarkeit beeinträchtigt und die Wahrnehmung der organisch begründeten Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule wird hierdurch weiter verstärkt, so dass eine Erhöhung des höchsten Einzel-GdB von 30 auf insgesamt 40 angemessen erscheint. Die daneben bestehenden Ohrgeräusche mit einem Einzel-GdB von 20 führen nach Auffassung der Kammer zu keiner weiteren Erhöhung des Gesamt-GdB, da sich die psychischen Auswirkungen dieses Leidens mit den Auswirkungen der Dystymie und Somatisierungsstörung überschneiden. Desweiteren kann im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung auch nicht außer Acht gelassen werden, dass es sich bei dem höchsten Einzel-GdB von 30 für das Wirbelsäulenleiden um einen lediglich schwachen Wert handelt, so dass auch unter diesem Gesichtspunkt in der Gesamtschau eine Anhebung des Gesamt-GdB auf 50 nicht gerechtfertigt erscheint. Nach Auffassung der Kammer besteht auch kein Anlass dafür, von dem Grundsatz abzuweichen, dass Funktionsbeeinträchtigungen mit einem Einzel-GdB von 10 regelmäßig keinen Einfluss auf den Gesamt-GdB haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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