L 8 KR 406/16

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 14 KR 160/15
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8 KR 406/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 KR 89/17 B
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Marburg vom 18. Juli 2016 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Berücksichtigung des Einkommens des privat versicherten Ehegatten der Klägerin bei der Festsetzung ihrer Beiträge zur Krankenversicherung streitig.

Die Klägerin, geboren 1952, bezieht als ehemalige Beamtin (Besoldungsgruppe A8) seit April 1997 Versorgungsbezüge des Landes Hessen. Sie ist seit dem 1. Januar 2012 bei der Beklagten freiwillig krankenversichert.

Der Ehemann der Klägerin bezieht ebenfalls als ehemaliger Beamter (Besoldungsgruppe A13) Versorgungsbezüge des Landes Hessen und ist privat krankenversichert.

Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 9. Januar 2015 die von der Kläger ab 1. Januar 2015 zu zahlenden monatlichen Beiträge u.a. zur Krankenversicherung auf 358,48 EUR fest. Bei dieser Beitragsfestsetzung berücksichtigte die Beklagte erstmals zusätzlich zu den Versorgungsbezügen der Klägerin in Höhe von 1.558,28 EUR die Einnahmen des Ehemanns in Form des Familieneinkommens in Höhe von 784,85 EUR. Zuvor zahlte die Klägerin im Jahr 2014 nach der Beitragsfestsetzung auf der Grundlage ihrer Versorgungsbezüge (Bescheid vom 9. Januar 2014) Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von 231,59 EUR.

Auf den Widerspruch der Klägerin reduzierte die Beklagte mit Bescheid vom 9. Februar 2015 die Beiträge der Klägern ab 1. Januar 2015 zur Krankenversicherung auf 316,66 EUR, dabei legte die Beklagte der Beitragsfestsetzung nunmehr ein zusätzliches Familieneinkommen in Höhe von 504,22 EUR zugrunde.

Auch dagegen erhob die Klägerin Widerspruch. Es sei zweifelhaft, ob die einheitlichen Grundsätze zur Beitragsbemessung freiwillig versicherter Mitglieder durch die Regelungen des GKV-Spitzenverbandes rechtmäßig seien. Auch habe der Spitzenverband mit diesen Grundsätzen ausschließlich zu Gunsten der gesetzlichen Krankenkassen entschieden. Dies sei weder gerecht noch sozial und könne nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprechen. Wenn die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwillig versicherten Mitglieds zu berücksichtigen sei, müsse für den Fall, dass die Einkünfte des freiwillig versicherten Mitglieds höher seien als die Einnahmen seines Ehegatten ebenfalls ein Familieneinkommen gebildet werden. Davon wäre dann ebenfalls nur die Hälfte beitragspflichtig und führe zu niedrigen Einnahmen des freiwillig versicherten Mitglieds. Es könne auch nicht rechtens sein, dass vom Einkommen des Ehegatten für jedes gemeinsame Kind ein Abzug erfolge, für einen Ehegatten jedoch kein Abzugsbetrag zugestanden werde. Ebenfalls sei nicht berücksichtigt worden, in welcher Höhe ihr Ehegatte Beiträge zur seiner Krankenversicherung zahle. Zudem zahle ihr Ehemann für sie zusätzliche Beiträge.

Die Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 18. November 2015 zurück. Die Klägerin sei verpflichtet, monatliche Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung in Höhe von 316,66 EUR zu entrichten. Auf der Grundlage von § 240 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Krankenversicherung (SGB V) habe der GKV-Spitzenverband die "Einheitlichen Grundsätze zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder in der gesetzlichen Krankenversicherung und weiterer Mitgliedsgruppen sowie zur Zahlung und Fälligkeit der von Mitgliedern selbst zu entrichtenden Beiträge" (Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler) erlassen. Danach seien bei der Einstufung auch die Einnahmen des Ehegatten zu berücksichtigten, wenn dieser nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sei. Der Beitragsfestsetzung werde in diesem Fall die Hälfte der nachgewiesenen monatlichen Einnahmen beider Ehegatten bis zur Hälfte der jeweiligen monatlichen Beitragsbemessungsgrenze (2015: 4.125,00 EUR: 2 = 2.062,50 EUR) zugrunde gelegt, es sei denn, die beitragspflichtigen Einnahmen des Mitglieds lägen über diesem Betrag. Da die monatlichen Einnahmen der Klägerin mit 1.558,28 EUR die Hälfte der für 2015 geltenden monatlichen Beitragsbemessungsgrenze nicht erreiche, sei die Beitragsfestsetzung unter Berücksichtigung des Einkommens des Ehemanns (3.127,98 EUR) vorzunehmen. Die Summe der Einkünfte beider Ehegatten ergebe 4.686,26 EUR und somit die Hälfte 2.343,13 EUR. Das Einkommen des Ehegatten sei daher in Höhe von 504,22 EUR (2.062,50 EUR./. 1.558.28 EUR) zu berücksichtigen. Die Rechtmäßigkeit der Anrechnung von Einnahmen des nicht gesetzlich krankenversicherten Ehegatten habe das Bundessozialgericht (BSG) mehrfach bestätigt. Sie sei berechtigt, bei Änderungen der Höhe der Versorgungsbezüge rechtswidrig begünstigende Regelungen aus Vorbescheiden korrigieren.

Dagegen hat die Klägerin am 2. Dezember 2015 vor dem Sozialgericht Marburg Klage erhoben.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, selbst wenn aufgrund der höchstrichterlichen Rechtsprechung von der Rechtmäßigkeit des Zustandekommens der Beitragsverfahrensgrundsätzen Selbstzahler ausgehen sei, bestünden gegen deren Regelungen die von ihr bereits aufgeführten verfassungsrechtlichen Bedenken. Es bestehe ein Verstoß gegen den Schutz von Ehe und Familie nach Art. 6 GG und gegen das Verbot der Ungleichbehandlung des Art. 3 GG. Ergänzend hat die Klägerin dazu ausgeführt, es werde innerhalb der homogenen Gruppe der freiwillig Versicherten eine ungerechte Differenzierung vorgenommen. Gerade diejenigen, die über ein vergleichsweise geringes Einkommen verfügten, hätten über die Zurechnung von Familieneinkommen einen überproportional hohen Beitrag zu entrichten. Der im Sozialrecht anerkannte Grundsatz des Zuflussprinzips werde durch die Anrechnung eines fiktiven Anteils des Einkommens des Ehegatten durchbrochen. Da das fiktiv errechnete Familieneinkommen dem versicherten Mitglied nicht zufließe, müsse es ggf. gerichtlich durchgesetzt werden und führe zum Unfrieden innerhalb der Familie. Auf der anderen Seite fehle für diejenigen, die über vergleichsweise hohe Einkünfte verfügten und ihren gering verdienenden Ehegatten unterhaltspflichtig seien, eine notwendige Entlastung. Diese sei zu gewährleisten, in dem in diesen Fällen ein die Beitragslast des freiwilligen Mitglieds verringerndes Familieneinkommen berücksichtigt werde.

Das Sozialgericht hat nach Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 18. Juli 2016 die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig und die Klägerin besäße keinen Anspruch auf Festsetzung ihrer Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ohne Anrechnung eines Familieneinkommens. Die Beiträge seien gem. § 223 Abs. 2 Satz 1 SGB V nach den beitragspflichtigen Einnahmen des Mitglieds zu bemessen. Die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder werde einheitlich durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen geregelt. Dabei sei gem. § 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitgliedes berücksichtigt werde. Der GKV-Spitzenverband sei dem Regelungsauftrag (§ 240 Abs. 1 Satz 1 SGB V) nachgekommen durch die Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler vom 27. Oktober 2008 mit Wirkung ab 1. Januar 2009. Die Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler seien als untergesetzliche Normen eine hinreichende Rechtsgrundlage für die Beitragsfestsetzung ab 1. Januar 2009 (BSG, Urteil 15. Oktober 2014 – B 12 KR 10/12 R; Urteil vom 18. Dezember 2013 – B 12 KR 3/12 R, beide juris). Die Beiträge seien nach den beitragspflichtigen Einnahmen des Mitglieds zu bemessen. Die Beitragsbemessung habe die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds zu berücksichtigen. Für die Beitragsbemessung seien mindestens die Einnahmen des Mitglieds zu berücksichtigen, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrunde zu legen seien (§ 2 Abs. 2 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler). Als beitragspflichtige Einnahmen seien das Arbeitsentgelt, das Arbeitseinkommen, der Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, der Zahlbetrag der Versorgungsbezüge sowie alle Einnahmen und Geldmittel zugrunde zu legen, die für den Lebensunterhalt verbraucht werden oder verbraucht werden können, ohne Rücksicht auf die steuerliche Behandlung (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler). Bei Mitgliedern, deren Ehegatten nicht einer gesetzlichen Krankenkasse angehörten (§ 4 Abs. 2 SGB V) setzten sich die beitragspflichtigen Einnahmen des Versicherten aus den eigenen Einnahmen und den Einnahmen des Ehegatten oder Lebenspartners zusammen (§ 2 Abs. 4 Satz 1 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler). Von den Einnahmen des Ehegatten oder Lebenspartners sei für jedes gemeinsame unterhaltsberechtigte Kind ein nach Nr. 1 bzw. Nr. 2 zu berechnender Betrag abzusetzen (§ 2 Abs. 4 Satz 2 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler). Gem. § 2 Abs. 4 Satz 3 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler werde für die Beitragsbemessung nacheinander die eigenen Einnahmen des Mitglieds und die Einnahmen des Ehegatten oder Lebenspartners bis zur Hälfte der sich aus der nach Satz 1 und 2 ergebenden Summe der Einnahmen, höchstens bis zu einem Betrag in Höhe der halben Beitragsbemessungsgrenze, berücksichtigt. Die Sätze 1 bis 3 besäßen gem. § 2 Abs. 4 Satz 4 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler) keine Geltung, 1. wenn die Einnahmen des Mitglieds die halbe Beitragsbemessungsgrenze oder die Einnahmen des Ehegatten oder Lebenspartners übersteigen, 2. wenn der Ehegatte oder Lebenspartner dauernd getrennt leben (§ 1361 BGB) 3. bei Rentenantragstellern für die Beitragsbemessung in der Zeit der Rentenantragstellung bis zum Beginn der Rente, 4. bei Personen, bei denen die Rentenzahlung eingestellt wird, bis zum Ablauf des Monats, in dem die Entscheidung über Wegfall und Entzug der Rente unanfechtbar geworden ist, 5. bei Schwangeren, deren Mitgliedschaft nach § 192 Abs. 2 SGB V erhalten bleibt. Nach diesen Vorgaben habe die Beklagte die Beiträge der Klägerin zutreffend festgesetzt. Soweit die Klägerin verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Beitrags Bemessungsgrundsätze äußere, sei dem nicht zu folgen. Das Bundessozialgericht (BSG) habe § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB V und die hierauf gestützten Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler verfassungsrechtlich bewertet und insgesamt mit mehreren Urteilen (Urteil vom 19. Dezember 2012 -B 12 KR 20/11 R; Urteile vom 18. Dezember 2013 -B 12 KR 24/12 R und B 12 KR 15/11 R und B 12 KR 3/12 R und B 12 KR 8/12 R; Urteil vom 15. Oktober 2014 -B 12 KR 10/12 R) entschieden, dass und warum die genannten Grundsätze als untergesetzliche Norm für sich genommen ab 1. Januar 2009 eine hinreichende Rechtsgrundlage für die Beitragsfestsetzung gegenüber freiwillig krankenversicherten darstellten. Dabei sei das BSG auf die in der Literatur und Rechtsprechung geäußerten Bedenken eingegangen und es habe zuletzt in diesen Regelungen keinen Verstoß gegen Art. 3 oder Art. 6 GG gesehen (Urteil vom 18. November 2015 - B 12 KR 21/14 R und Urteil vom 28. Mai 2015 - B 12 KR 15/13 R).

Gegen den am 28. Juli 2016 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am Montag, den 29. August 2016, Berufung beim Hessischen Landessozialgericht eingelegt.

Die Klägerin vertritt weiterhin die Auffassung, die Regelungen des Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler seien verfassungswidrig. Ergänzend trägt sie dazu vor, da eine Berücksichtigung eines Familieneinkommens nur verheiratete Mitglieder treffe, nicht dagegen Ledige, die eine Lebensgemeinschaft bildeten, beinhalteten die Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler eine Abstufung nach dem Familienstand.

Die Klägerin beantragt,
die Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Marburg vom 18. Juli 2016 und den Bescheid vom 9. Januar 2015, abgeändert durch Bescheid vom 9. Februar 2015 beide in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. November 2015, sowie die Bescheide vom 13. Januar 2016, vom 22. Februar 2016, vom 4. Januar 2017 und vom 26. Januar 2017 aufzuheben, soweit darin ein Familieneinkommen bei der Beitragsfestsetzung berücksichtigt wurde.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte vertritt die Auffassung, das Sozialgericht habe mit dem angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend entschieden. Sie legte die weiteren Beitragsbescheide vom 13. Januar 2016, vom 22. Februar 2016, vom 4. Januar 2017 und vom 26. Januar 2017 vor und führte dazu aus, in diesen sei nach den Grundsätzen der vorhergehenden Bescheide ein Familieneinkommen berechnet und berücksichtigt worden. Die unterschiedliche Höhe des Familieneinkommens ergebe sich aus den Veränderungen der Einnahmen der Ehepartner und denen der jährlich festgesetzten Beitragsbemessungsgrenze. Mit Schreiben vom 23. Oktober 2015 teilte sie der Klägerin mit, sie werde eine bestandskräftige Entscheidung auch auf die Beitragsfestsetzung zur Pflegeversicherung anwenden.

Der Senat hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 12. Januar 2017 nach § 153 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf die Berichterstatterin des Senats übertragen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten ergänzend Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte über die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Marburg vom 18. Juli 2016 auf der Grundlage des Beschlusses vom 12. Januar 2017 gemäß § 153 Abs. 5 SGG abweichend von § 33 Satz 1 SGG auf die mündliche Verhandlung vom 10. August 2017 in der Besetzung der Berichterstatterin als Vorsitzende und zwei ehrenamtlichen Richtern entscheiden.

Die gemäß. § 151 Abs. 1 und 2 SGG form- und fristgerecht erhobene Berufung ist zulässig, konnte in der Sache jedoch keinen Erfolg haben.

Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Marburg vom 18. Juli 2016 ist nicht zu beanstanden. Auch wenn es zur nicht streitgegenständlichen Festsetzung der Beiträge zur Pflegeversicherung entschieden hat, so ist es zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, dass der Bescheid der Beklagten vom 9. Januar 2015, abgeändert durch Bescheid vom 9. Februar 2015 beide in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. November 2015 auch in Bezug auf die Beitragsfestsetzung zur Krankenversicherung rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt. Denn die Frage der Berücksichtigung eines Familieneinkommens betrifft gem. § 57 Abs. 4 Satz 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch - Soziale Pflegeversicherung (SGB XI), § 1 Abs. 2 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler) sowohl die Festsetzung der Beiträge zur Kranken- als auch zur Pflegeversicherung. Dem entsprechend hat die Beklagte mit Schreiben vom 23. Oktober 2015 ausgeführt, sie werde eine bestandskräftige Entscheidung auch auf die Beitragsfestsetzung zur Pflegeversicherung anwenden.

Die Beklagte setzte die von der Klägerin ab 1. Januar 2015 zu entrichtenden Beiträge zur Krankenversicherung mit Bescheid vom 9. Januar 2015, abgeändert durch Bescheid vom 9. Februar 2015 beide in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. November 2015 zutreffend unter Berücksichtigung eines Familieneinkommens fest.

Das Sozialgericht hat in dem angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend und ausführlich die vorliegend maßgeblichen Regelungen der Beitragsfestsetzung für freiwillig in der GKV Versicherte nach § 240 SGB V und § 2 Abs. 1 bis 3 und § 3 Abs. 1 Satz 1 Beitragsverfahrensgrundsätzen Selbstzahler dargelegt sowie das Vorliegen dieser Voraussetzungen im Fall der Klägerin. Der Senat macht sich die zutreffende, widerspruchsfreie und ausführliche Begründung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Marburg zu Eigen und weist die Berufung aus den dort niedergelegten Entscheidungsgründen zurück. Er sieht angesichts dessen und um Wiederholungen zu vermeiden, von einer erneuten Darstellung der Entscheidungsgründe insoweit ab (§ 153 Abs. 2 SGG).

Soweit die Klägerin der Auffassung ist, die Beitragsfestsetzung unter Berücksichtigung eines fiktiven Familieneinkommens verstoße gegen den im Sozialrecht geltenden Grundsatz der Beitragsfestsetzung nach tatsächlich erzielten Einnahmen, so verkennt sie, dass das vorliegend berücksichtigte Familieneinkommen nicht fiktiv sind. Es handelt sich hierbei um tatsächliche Zahlungen des Landes Hessen an den Ehegatten der Klägerin, die die Haushaltsgemeinschaft der Eheleute und damit deren Lebensstandard beeinflusst und damit Teil ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sind. Das vorliegend streitige Familieneinkommen kann somit nicht mit fiktiven Einnahmen gleichgestellt werden, deren Berücksichtigung als echte fiktive Einnahmen nur innerhalb der engen Grenzen der Regelungen der Beitragsfestsetzung nach Mindesteinnahmen (§ 240 Abs. 4 SGB V und dem folgend in § 7 Abs. 3 Satz 2, Abs. 4, Abs. 5 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler) zulässig ist (BSG, Urteil vom 15. September 1992 – 12 RK 51/91, juris).

Auch stellt die Anrechnung eines Familieneinkommens – entgegen der Auffassung der Klägerin – keine Abstufung nach Familienstand dar, die gem. § 240 Abs. 2 Satz 2 SGB V, § 2 Abs. 1 Satz 3 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler unzulässig wäre. Denn diese Regelung ist vorliegend nicht einschlägig. Diese Regelung verbietet eine Abstufung der Beiträge des freiwillig versicherten Mitglieds nach der Zahl der familienversicherten Angehörigen unterschiedlich hoch zu bemessen und entspricht der solidarischen Finanzierung der GKV nach § 3 SGB V (Baier in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung - Pflegeversicherung, § 240 SGB V, Rn. 25). Die mit Aufnahme der Regelung in § 240 Abs. 2 Satz 2 SGB V zum 1. Januar 2009 durch das GKV-WSG vom 26.03.2007 (BGBl. I S. 378) wurde dieser Grundsatz auch für die freiwillig Versicherten festgeschrieben (Peters in KassKomm. Stand 2015, § 240 SGB V Rnr. 39). Da die Berücksichtigung eines Familieneinkommens – wie vorliegend – nur dann in Betracht kommt, der Ehepartner des freiwillig versicherten Mitglieds gerade nicht also auch familienversichertes Mitglied der GKV ist, verstößt dies nicht gegen das Abstufungsverbot des § 240 Abs. 2 Satz 2 SGB V, § 2 Abs. 1 Satz 3 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler.

Soweit die Klägerin im Berufungsverfahren wiederholend und vertiefend verfassungsrechtliche Bedenken geltend macht, kann der Senat sich dem nicht anschließen.

Der Senat sieht in der Berücksichtigung eines Familieneinkommens § 2 Abs. 4 Satz 1, 3 und 4 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler keinen Verstoß gegen den in Art. 6 GG verankerten Schutz von Familie und Ehe. Dazu hat das BSG (Urteil vom 28. Mai 2015 B 12 KR 15/13 R –, BSGE 119, 107-119, SozR 4-2500 § 240 Nr. 25, Rn. 31) ausgeführt: "Art. 6 Abs. 1 GG gebietet als verbindliche Wertentscheidung für den gesamten Bereich des Ehe und Familie betreffenden privaten und öffentlichen Rechts einen besonderen Schutz durch die staatliche Ordnung (vgl. BVerfGE 105, 313, 346; stRspr.). Als Grundsatznorm lässt sich ihm eine allgemeine Pflicht des Staates zur Förderung der Familie durch geeignete Maßnahmen entnehmen (vgl. BVerfGE 103, 242, 259 = SozR 3-3300 § 54 Nr. 2 S 13). Dem Gesetzgeber steht aber Gestaltungsfreiheit bei der Entscheidung darüber zu, auf welche Weise er den ihm aufgetragenen Schutz verwirklichen will. Aus Art 6 Abs. 1 GG i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip lässt sich zwar die allgemeine Pflicht des Staates zu einem Familienlastenausgleich entnehmen, nicht aber die Entscheidung darüber, in welchem Umfang und in welcher Weise ein solcher sozialer Ausgleich vorzunehmen ist. Konkrete Ansprüche auf bestimmte staatliche Leistungen können aus dem Förderungsgebot des Art 6 Abs. 1 GG nicht hergeleitet werden (vgl. BVerfGE 82, 60, 81 = SozR 3-5870 § 10 Nr. 1 S. 6; ferner BVerfGE 107, 205, 212 f = SozR 4-2500 § 10 Nr. 1 RdNr. 28). Dies gilt auch für die Ausgestaltung des Beitragsrechts in der freiwilligen Krankenversicherung." Dem schließt sich der Senat an. Der Schutz von Ehe und Familie aus Art. 6 Abs. 1 GG begründet keine konkrete Verpflichtung des Normgebers, das höhere Einkommen des privat krankenversicherten Ehegatten, eines freiwillig versicherten Mitglieds der GKV außer Acht zu lassen bzw. eine Entlastung des freiwillig versicherten Mitglieds der GKV in der von der Klägerin gewünschten Berücksichtigung der Beitragsleistung des privat versicherten Ehegatten zu privaten Versicherungen vorzusehen.

Auch kann – entgegen der Auffassung der Klägerin - aus Art. 6 Abs. 1 GG kein Gebot der materiellen Besserstellung eines Ehegatten gegenüber nicht ehelich gebundenen Personen hergeleitet werden (so auch Burghart in Leitholz/Rink, Grundgesetz, 74. Aufl. 07.2017, Art. 6 Rn. 88). Mangels einer gesetzlichen Unterhaltsverpflichtung kann eine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwillig versicherten Mitglieds durch die Einnahmen des Partners einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft nicht bestimmt werden (BSG, Urteil vom 10. Mai 1990 – 12 RK 41/87, juris).

Soweit die Klägerin die Auffassung vertritt, die Beitragsfestsetzung unter Berücksichtigung eines Familieneinkommens verstoße gegen den Schutz der Ehe und Familie nach Art. 6 Abs. 1 GG, da dies zu Streitigkeiten bis zu Rechtsstreiten zwischen den Ehegatten führen könne, sieht der Senat in dieser Möglichkeit ebenfalls keinen verfassungsrechtlichen Verstoß des Gesetzgebers. Denn diese Möglichkeit ist nicht unmittelbar in den Regelungen der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler angelegt, sondern beruht allein auf das persönliche Verhältnis der Ehegatten zueinander. Der Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG beinhaltet nicht, dass jede Vorschrift des einfachen Rechts, welche für den betroffenen Familienangehörigen nachteilige Auswirkungen besitzt, verfassungswidrig ist (so ähnlich, Burghart in Leitholz/Rink, Grundgesetz, 74. Aufl. 07.2017, Art. 6 Rn. 86).

Soweit die Klägerin ausführt, in diesen Regelungen der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler liege ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG, geht er davon aus, dass es sich bei der Gruppe der freiwillig versicherten Mitglieder der GKV um eine homogene Gruppe handele, die ungleich behandelt werde. Auch dem kann sich der Senat nicht anschließen. Diese Gruppe ist vielmehr im großen Maße nicht homogen wie die Aufzählung des § 9 Abs. 1 Nr. 1 bis 9 SGB V zeigt. Zudem unterliegen den die Regelungen der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler auch die freiwillig Versicherten, deren Mitgliedschaft auf einer obligatorischen Anschlussversicherung nach § 188 Abs. 4 SGB V oder auf einer Auffangversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V beruht.

Ungeachtet dessen kann der Senat eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung innerhalb der Gruppe der freiwillig Versicherten nicht darin erkennen, dass der Klägerin, anders als freiwillig Versicherten mit unterhaltsberechtigten Kindern kein Abschlag ähnlich der Regelung des § 4 Abs. 2 Satz 2 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler gewährt wird. Denn nach Überzeugung des Senats besteht ein erheblicher Unterschied, ob unterhaltsberechtigte Kinder vorhanden sind oder ein Ehegatte – wie vorliegend, der nicht in der GKV versichert ist. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (z.B. Urteil vom 18. November 2015 – B 12 KR 21/14 R, Rn. 30, juris), der sich der Senat anschließt, gebietet Art 3 Abs. 1 GG "dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Er verwehrt dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Der Gleichheitssatz ist dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können. Die Grenzen, die der allgemeine Gleichheitssatz dem Gesetzgeber vorgibt, können sich von lediglich auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen erstrecken. Es gilt ein am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz orientierter, stufenloser Prüfungsmaßstab, der nicht abstrakt, sondern nur nach dem jeweils betroffenen Sach- und Regelungsbereich näher bestimmbar ist. Der Gesetzgeber unterliegt insbesondere dann einer strengeren Bindung, wenn die Differenzierung an Persönlichkeitsmerkmale anknüpft, die für den Einzelnen nicht verfügbar sind. Relevant für das Maß der Bindung ist zudem die Möglichkeit der Betroffenen, durch ihr Verhalten die Verwirklichung der Differenzierungskriterien zu beeinflussen (stRspr. des BVerfG, vgl. z.B. BVerfGE 129, 49, 68 f m.w.N. und BVerfGE 113, 167, 214 f = SozR 4-2500 § 266 Nr. 8 RdNr. 83). Maßgebend ist, ob für die vorgesehene Differenzierung Gründe von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleichen Rechtsfolgen rechtfertigen können (vgl. z.B. BVerfGE 82, 126, 146; 88, 87, 97). Jedoch muss auch in diesem Kontext der weite sozialpolitische Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der Ausgestaltung der sozialstaatlichen Ordnung berücksichtigt werden; sozialpolitische Entscheidungen des Gesetzgebers sind anzuerkennen, solange seine Erwägungen weder offensichtlich fehlsam noch mit der Wertordnung des GG unvereinbar sind (vgl. BVerfGE 113, 167, 215 = SozR 4-2500 § 266 Nr. 8 RdNr. 84 ff. m.w.N.)."

Der Senat kann dahingestellt sein lassen, ob im umgekehrten Fall – wie von der Klägerin vorgetragen – eine Ungleichbehandlung in der Beitragsfestsetzung besteht, wenn die Einnahmen des freiwillig Versicherten höher sind, als die des privatversicherten Ehegatten. Da ein solcher Fall erkennbar nicht gegeben ist, kann die Klägerin ihr Begehren der Beitragsfestsetzung ohne Anrechnung eines Familieneinkommens, nicht auf eine solche vermeintliche Ungleichbehandlung stützen.

Die Klägerin kann auch nicht mit dem Argument gehört werden, eine Ungleichbehandlung liege darin, dass entgegen der sonstigen Beitragsgrundsätze bei ihr nicht ihre tatsächlichen Einnahmen sondern fiktive Einnahmen in Form des Familieneinkommens berücksichtigt werden. Ungeachtet dessen, dass die Pensionseinnahmen des Ehemannes, nicht wirklich fiktiv für die Klägerin sind, selbst wenn diese ihr nicht direkt zufließen, so dienen auch diese dem Erhalt des gemeinsamen Lebensstandards der Ehegatten im Alter und dem gemeinsamen Wirtschaften; dies entspricht auch dem späteren Anspruch des Überlebenden auf Versorgung. Denn die Beitragsfestsetzung freiwillig Versicherter deren Beiträge nach Mindesteinnahmen festzusetzen sind (§ 7 Abs. 3 bis 5 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler), erfolgt nicht nach der Höhe der tatsächlich nachgewiesenen Einnahmen, sondern nach einen Bruchteil festgelegten der monatlichen Bezugsgröße (§ 18 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch - SGB IV) unabhängig davon, ob die tatsächlichen Einnahmen diesen Wert erreichen.

Soweit die Klägerin einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz darin sieht, dass die Regelung des § 4 Abs. 2 Satz 1 und 3 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler nur Ehegatten und Lebenspartnern trifft, rechtfertigt dies nicht den geltend gemachten Anspruch, das Einkommen ihres privat versicherten Ehegatten sei bei ihrer Beitragsfestsetzung nicht zu berücksichtigen.

Entsprechendes gilt für die folgenden Bescheide der Beklagten vom 13. Januar 2016, vom 22. Februar 2016, vom 4. Januar 2017 und vom 26. Januar 2017 die nach den gleichen hier streitigen Grundsätzen ergangen sind.

Die Berechnungen der Beklagten sind zwischen den Beteiligten nicht streitig und bieten keinen Anlass für die Annahme der Unrichtigkeit.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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