L 1 KR 399/17

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 8 KR 543/16
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KR 399/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 7. August 2017 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander auch im Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Beitragserhebung der Beklagten zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung.

Der Kläger ist erwerbslos; er ist bei der Beklagten freiwillig kranken- und bei der Beigeladenen pflegeversichert. Die Beklagte forderte den Kläger im Jahre 2015 mehrmals, zuletzt im Mai 2015, im Rahmen der jährlichen Einkommensprüfung auf, Angaben zu seinem Einkommen zu machen. Dem kam der Kläger nicht nach. Daher setzte die Beklagte - auch im Namen der Beigeladenen - den Beitrag auf der Basis der Beitragsbemessungsgrenze durch Bescheid vom 19. Oktober 2015 ab dem 1. November 2015 wie folgt fest:

Krankenversicherung 614,63 EUR
Pflegeversicherung 107,25 EUR
Gesamtbeitrag 721,88 EUR

Der Kläger legte Widerspruch ein. Er führte aus, dass der Bescheid nichtig sei. Denn er sei bei der AOK Ulm-Biberach versichert. Außerdem gebe es keine Rechtsgrundlage dafür, dass die Beklagte sein Einkommen auf der Basis der Beitragsbemessungsgrundlage geschätzt habe. Die Beklagte teilte dem Kläger teilte, dass Rechtsgrundlage für die Schätzung auf den Höchstbeitrag die Vorschrift des § 240 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) sei. Wenn der Kläger seiner Verpflichtung nachkomme, den Einkommensfragebogen auszufüllen und an die Beklagte zu senden, wäre die Schätzung "hinfällig". Der Kläger erwiderte, dass § 240 SGB V eine Schätzung nur bei freiwillig Versicherten ermögliche, die hauptberuflich gewerbetreibend seien. Er sei jedoch kein gewerbetreibendes Mitglied. Dass diese Regelung nun für alle freiwillig Versicherten gelten solle, sei nicht zu verstehen und verstoße gegen die "soziale Gesetzgebung". Schätzungen müssten nach dem "gruppenspezifisch entsprechendem finanziellen Potenzial" erfolgen und dies sei keinesfalls immer die Beitragsbemessungsgrenze. Die Regelung des § 240 SGB V verstoße gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip. Er sei bereit, diesbezüglich einen Rechtsstreit zu führen. Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 28. Dezember 2015 den Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag ab 1. Januar 2016 weiterhin auf der Basis der Beitragsbemessungsgrenze auf insgesamt 745,81 EUR pro Monat fest. Am 6. April 2016 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sowohl die Bezirksdirektion Ulm-Biberach als auch die Bezirksdirektion Rhein-Neckar-Odenwald zur Gesamtorganisation der AOK Baden-Württemberg gehörten. Aufgrund seines Wohnortwechsels nach A-Stadt sei der Kläger nunmehr von der Bezirksdirektion Rhein-Neckar-Odenwald zu betreuen. Es wurde noch einmal um Vorlage des ausgefüllten Einkommensfragebogens gebeten. Die Bezirksdirektion Rhein-Neckar-Odenwald kam dem Wunsch des Klägers schließlich nach, von der Bezirksdirektion Ulm-Biberach betreut zu werden und gab die Sache dahin ab. Der Kläger nahm noch einmal Stellung und teilte mit, dass die Regelung des § 240 SGB unsinnig und verfassungswidrig sei und aus dem SGB V entfernt gehöre. Er beantragte, die Beiträge auf den Mindestbeitragssatz zu reduzieren. Die Beklagte sandte dem Kläger noch einmal einen Einkommensfragebogen zu und bat erneut um Rücksendung des ausgefüllten Fragebogens. Wenn der Kläger diesen ausfülle und zurücksende, wäre man bereit die Beitragsschätzung rückwirkend aufzuheben. Dem kam der Kläger wiederum nicht nach. Mit Widerspruchsbescheid vom 15. August 2016 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass der Kläger seiner Verpflichtung nicht nachgekommen sei, Angaben auf die Einkommensanfrage zu machen. Daher habe man zu Recht ab 1. November 2015 Beiträge auf der Basis der Beitragsbemessungsgrenze erhoben.

Der Kläger hat am 14. September 2016 Klage zum Sozialgericht Darmstadt erhoben.

Der Beklagte hat mit Bescheid vom 15. Dezember 2016 die Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung angepasst und ab dem 1. Januar 2017 auf monatlich 774,30 EUR festgesetzt.

Mit seiner Klage hat der Kläger die Rechtmäßigkeit des § 240 Abs. 1 S. 2 SGB V beanstandet. Nach dem Klageverfahren werde er seiner Pflicht zur Angabe seiner finanziellen Situation nachkommen. Er mache keine Angaben zu seinem Einkommen, um die Möglichkeit zu erhalten, § 240 Abs. 1 S. 2 SGBV gerichtlich überprüfen zu können. § 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V verstoße gegen Rechtsprinzipien, nämlich gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, den Gleichheitsgrundsatz und das Willkürverbot. Vor diesem Hintergrund sei es ohne Belang, dass § 240 Abs. 1 S. 2 SGB V derzeit noch existiere. Diese Regelung sei nichtig und alle Handlungen, die auf dieser Rechtsgrundlage beruhen würden, seien ebenfalls nichtig. Die Beklagte hat auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid verwiesen.

Das Sozialgericht hat die Klage aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 7. August 2017 mit Urteil vom gleichen Tage abgewiesen. Die Beitragsbescheide der Beklagten seien nicht zu beanstanden, denn die Beklagte habe zu Recht die Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung auf der Basis der Beitragsbemessungsgrenze festgesetzt. Es gebe keinen Anhalt dafür, dass die Vorschrift des § 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V nichtig sei. Ebenso sei nicht ersichtlich, dass die Bescheide der Beklagten aus formellen oder materiellen Gründen rechtswidrig sein könnten. Auch ein Verstoß gegen höherrangiges Recht sei nicht erkennbar. Das Sozialgericht führt in den Entscheidungsgründen aus:

"Die Beitragseinschätzung der Beklagten beruht auf § 240 Abs. 1 S. 2 SGB V und ist nach Auffassung der Kammer zutreffend. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, die Beiträge auf der Basis des Mindestbeitragssatzes festzusetzen. Nach § 240 Abs. 1 S. 2 SGBV gilt:

Für freiwillige Mitglieder wird die Beitragsbemessung einheitlich durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen geregelt. Dabei ist sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt; sofern und solange Mitglieder Nachweise über die beitragspflichtigen Einnahmen auf Verlangen der Krankenkasse nicht vorlegen, gilt als beitragspflichtige Einnahmen für den Kalendertag der dreißigste Teil der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze (§ 223). (Hervorhebung in Fettdruck durch das Gericht)

Diese Vorschrift hat die Beklagte in nicht zu beanstandender Art und Weise angewendet, da der Kläger sich weigert den Fragebogen zu seinem Einkommen auszufüllen und an die Beklagte zu senden. Der Kläger kommt also - bewusst - seinen Mitwirkungspflichten bei der Ermittlung der beitragspflichtigen Einnahmen nicht nach. Daher war und ist die Beklagte verpflichtet den Höchstbeitragssetz zu erheben. Soweit der Kläger meint, dass die Bescheide der Beklagten bzw. die Regelung des § 240 Abs. 1 S. 2 SGB V gegen höherrangige Rechtsprinzipien verstoßen würden, nämlich insbesondere gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, den Gleichheitsgrundsatz und das Willkürverbot, vermag die Kammer dem nicht zu folgen. Der Gesetzgeber verfolgte mit der Einführung dieser Regelung folgende Zwecke:

‚Bislang sieht § 240 Absatz 4 allein bei freiwillig versicherten Selbständigen vor, dass die Beitragsbemessungsgrenze als beitragspflichtige Einnahmen anzusetzen ist, sofern das Mitglied nicht geringere Einnahmen nachweist. Nunmehr wird rechtssicher geregelt, dass die Beitragsbemessungsgrenze auch bei anderen freiwilligen Mitgliedern als beitragspflichtige Einnahmen anzusetzen ist, sofern und solange Mitglieder Nachweise über ihre Einnahmen auf Verlangen der Krankenkasse nicht vorlegen. Die Regelung trägt zur Beitragsgerechtigkeit bei, weil sich kein Mitglied mehr einer ordnungsgemäßen Beitragseinstufung durch Unterlassung von Angaben entziehen kann.‘

Vor diesem Hintergrund ist ein Verstoß gegen höherrangige Rechtsprinzipien nicht ersichtlich. Alle freiwillig Versicherten werden aus sachlich gerechtfertigten Gründen zum Zwecke der Beitragseinstufung und der Beitragsgerechtigkeit gleich behandelt, zumal der Anknüpfungspunkt für die Beitragserhebung auf Basis der Beitragsbemessungsgrundlage die fehlende Mitwirkung ist. Dies verstößt auch nicht gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip. Die Versicherten - so auch der Kläger - können eine Beitragsfestsetzung auf der Basis der Beitragsbemessungsgrenze ganz einfach vermeiden, indem sie nämlich ihren Pflichten zur Angabe ihrer Einkommensverhältnisse auf einem Fragebogen nachkommen. Dies ist in keinster Weise unverhältnismäßig. Dem verweigert sich der Kläger jedoch aus nicht nachvollziehbaren Gründen. Im Übrigen hatte auch das Bundessozialgericht in dem Urteil vom 18.12.2013 (Az. B 12 KR 15/11 R) nur beanstandet, dass es für die frühere inhaltsgleiche Regelung in § 6 Abs. 5 Beitragsverfahrensgrundätze Selbstzahler lediglich an einer gesetzlichen Rechtsgrundlage fehle, die der Gesetzgeber jedoch seit dem 1.8.2014 mit § 240 Abs. 1 S. 2 SGB V ausdrücklich geschaffen hat. Weitere Verstöße gegen höherrangiges Recht hat auch das Bundessozialgericht nicht gesehen. Dem schließt sich die Kammer an. Die Einwände des Klägers gegen § 240 Abs. 1 S. 2 SGB V sind aus den dargelegten Gründen nicht überzeugend. Die diesbezüglichen Anträge sind unbegründet.

Die Bescheide der Beklagten sind auch nicht nichtig. Nach § 40 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist. Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 40 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt nichtig,

1. der schriftlich oder elektronisch erlassen worden ist, die erlassende Behörde aber nicht erkennen lässt,
2. der nach einer Rechtsvorschrift nur durch die Aushändigung einer Urkunde erlassen werden kann, aber dieser Form nicht genügt,
3. den aus tatsächlichen Gründen niemand ausführen kann,
4. der die Begehung einer rechtswidrigen Tat verlangt, die einen Straf- oder vor Bußgeldtatbestand verwirklicht,
5. der gegen die guten Sitten verstößt.

Ein Verwaltungsakt ist nicht aber schon deshalb nichtig, weil etwa Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit nicht eingehalten worden sind (vgl. § 40 Abs. 3 mit weiteren Regelungen). Diese Voraussetzungen des § 40 Abs. 1 bis 2 SGB X liegen hier ersichtlich nicht vor. Keines der in § 40 Abs. 2 Nr. 1 - 5 SGB X genannten Regelbeispiele ist vorgetragen noch ist ersichtlich, dass diese vorliegen könnten. Auch ein offensichtlich besonders schwerwiegender Fehler im Sinne des § 40 Abs. 1 SGB X ist nicht gegeben. Die Beklagte hat lediglich eine gesetzliche Regelung angewandt. Darin ist kein offensichtlich besonders schwerwiegender Fehler zu sehen.

Auch ist die Regelung des § 240 Abs. 1 S. 2 SGB V in der Fassung seit dem 21.7.2014 nicht nichtig. Zunächst weist die Kammer darauf hin, dass keine Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit dieser Vorschrift bestehen. Ein Verstoß gegen höherrangiges Recht ist nicht ersichtlich. Außerdem kann ausschließlich das Bundesverfassungsgericht feststellen, dass eine Vorschrift mit dem Grundgesetz unvereinbar ist und welche Rechtsfolge sich daraus ergibt. Wenn ein Richter die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes verneinen will, muss er unmittelbar das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Grundgesetz anrufen (vgl. Leibholz/Rinck, Grundgesetz, Art. 100 GG, Rn. 19). Die Voraussetzungen des Art. 100 GG liegen hier jedoch nicht vor, da die Kammer § 240 Abs. 1 S. 2 SGB V nicht für verfassungswidrig hält.

Abschließend weist die Kammer darauf hin, dass die Beitragsbescheide der Beklagten auch nicht aus formellen Gründen rechtswidrig sind. Insbesondere hat stets der richtige Rechtsträger - nämlich die Beklagte - gehandelt. Lediglich ergänzend verweist die Kammer auf § 42 S. 1 SGB X, wonach die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 40 SGB X nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden kann, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat."

Der Kläger hat gegen das ihm am 16. September 2017 zugestellte Urteil am 13. Oktober 2017 Berufung zum Hessischen Landessozialgericht erhoben und gleichzeitig Eilrechtsschutz zum Abwehr der Vollstreckung beantragt.

Der Senat hat mit Beschluss 14. November 2017 die (sinngemäßen) Anträge, die aufschiebende Wirkung der Klage vom 14. September 2016 gegen die Bescheide der Antragsgegnerin vom 19. Oktober 2015 und vom 28. Dezember 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. August 2016 und den Bescheid vom 15. Dezember 2016 anzuordnen und die Vollziehung aufzuheben, als unbegründet abgelehnt (L 1 KR 414/17 ER).

Zur Berufungsbegründung wiederholt der Kläger sein erstinstanzliches Vorbringen und trägt ergänzend vor: § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB V sei rechtswidrig; die Beitragsbescheide seien daher aufzuheben und der zuständige Ortsverband der Beklagten sei zu verpflichten, einen Beitragsfestsetzung entsprechend der Gruppenzugehörigkeit des Klägers vorzunehmen. Durch eine Änderung im Melderegister und die fehlerhafte Zuständigkeit eines anderen Ortsverbandes sei er aus der Mitgliedergruppe der Erwerbslosen herausgenommen worden. Denn bei Verbleiben in dieser Gruppe der Erwerbslosen wäre er auch bei Versäumen entsprechender Angaben zu seiner Einkommenssituation auf den geringsten Beitragssatz festgelegt worden. Die Beklagte habe zu ermitteln, welcher Gruppe er angehöre; auf dieser Basis sei das Einkommen gegebenenfalls zu schätzen. Die vorgenommene "Umgruppierung" sei zu Unrecht erfolgt. Die Festsetzung auf der Basis der Beitragsbemessungsgrenze sei unverhältnismäßig. Bei säumigen und/oder finanzschwachen selbstständigen freiwilligen Mitgliedern werde nach Abhängigkeit von der finanziellen Situation - das Einkommen auf 75% der Bezugsgröße festgelegt; eine solche Vorgehensweise auch bei anderen Mitgliedergruppen entspräche dem Gleichbehandlungsgrundsatz. Der Kläger kenne seine Verpflichtung, Angaben zu seinem Einkommen zu machen. Allerdings stehe nicht das Verhalten des Klägers, sondern § 240 SGB V "auf dem Prüfstein". Die Vorgehensweise der Beklagte auf der Grundlage des § 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V verstoße gegen das Willkürverbot, zumal Mitglieder mit unterschiedlichsten Einkommen nicht nachvollziehbar auf die Beitragsbemessungsgrenze festgelegt würden. Er empfinde die Beitragsbescheide auf der Basis der Beitragsbemessungsgrenze als Sanktion bzw. Erziehungsmaßnahme und fühle sich diskriminiert.

Der Kläger beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 7. August 2017 sowie die Bescheide der Beklagten vom 19. Oktober 2015 und vom 28. Dezember 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. August 2016 und den Bescheid vom 15. Dezember 2016 aufzuheben,
festzustellen, dass § 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V rechtswidrig und nichtig ist und
die Beklagte zu verpflichten, den monatlichen Beitrag des Klägers zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung auf der Basis des Mindestbeitrages festzusetzen.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verweist auf ihre Bescheide und das erstinstanzliche Urteil.

Die Beigeladene hat keinen eigenen Antrag gestellt.

Die Beteiligten sind mit Verfügung vom 16. November 2017 zur Möglichkeit der Entscheidung durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) angehört worden.

Die Akte des Verfahrens L 1 KR 414/17 ER wurde beigezogen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Verwaltungsvorgänge der Beklagten und der Gerichtsakten Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidung waren.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte durch Beschluss ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter entscheiden, da er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, § 153 Abs. 4 SGG. Die Beteiligten wurden gehört.

Das Sozialgericht Darmstadt hat die Klage mit Urteil vom 7. August 2017 zu Recht abgewiesen. Die Beitragsbescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Mangels Angaben des Kläger legt die Beklagte der Beitragsfestsetzung zutreffend die Beitragsbemessungsgrenze gemäß § 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V zugrunde. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Vorschrift des § 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V nichtig ist. Ebenso ist nicht ersichtlich, dass die Bescheide der Beklagten aus formellen oder materiellen Gründen rechtswidrig sein könnten. Auch ein Verstoß gegen höherrangiges Recht ist nicht erkennbar.

Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat gemäß § 153 Abs. 2 SGG vollumfänglich Bezug auf die Ausführungen des Sozialgerichts Darmstadt im Urteil vom 7. August 2017; diese sind überzeugend und würdigen alle fallentscheidenden Aspekte vollständig.

Lediglich ergänzend ist anzumerken:

Die Auffassung des Klägers, § 240 SGB differenziere im Falle fehlender Angaben zur Einkommenssituation zwischen einzelnen Mitgliedergruppen, ist unzutreffend und entbehrt jeder Rechtsgrundlage. Die Vorschrift des § 240 Abs. 1 Satz 2, 2. Halbsatz SGB V gilt für alle freiwillig in der Gesetzlichen Krankenversicherung Versicherten, auch für Erwerbslose und auch für hauptberuflich Selbstständige. Der Halbsatz 2 ist dem Satz 2 des § 240 Abs. 1 SGB V mit Wirkung vom 1. August 2014 durch Art. 1 Nr. 16 Buchstabe a) des GKV-FQWG vom 21. Juli 2014 (BGBl. I S. 1153) angefügt worden. Er bestimmt, dass, sofern und solange Mitglieder Nachweise über die beitragspflichtigen Einnahmen auf Verlangen der Krankenkasse nicht vorlegen, als beitragspflichtige Einnahme die Beitragsbemessungsgrenze in der Gesetzlichen Krankenversicherung im Sinne des § 223 SGB V gilt. Das führt für den Zeitraum fehlender Angaben zu Höchstbeiträgen - für alle freiwillig versicherten Mitglieder. Hintergrund für die gesetzliche Ergänzung war, dass nach Auffassung der Rechtsprechung für eine Bestimmung in den Grundsätzen des Spitzenverbandes zur Beitragsfestsetzung, wonach die Beitragsbemessungsgrenze anzusetzen war, sofern und solange Mitglieder ihrer Mitwirkungspflicht bei der Ermittlung der beitragspflichtigen Einnahmen nicht nachkamen, die Ermächtigungsgrundlage fehle (BT-Drucks. 18/1307 S. 12 mit Begründung S. 41, jeweils zu Nr. 16a). Für hauptberuflich Selbstständige war und ist die Festsetzung der Höchstbeiträge (auf Grundlage der Beitragsbemessungsgrenze) bereits als Regelfall in § 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V vorgesehen und sollte unter Berücksichtigung der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 18. Dezember 2013 (B 12 KR 15/11 R) nunmehr rechtssicher für alle (anderen) freiwilligen Mitglieder geregelt werden. Erst bei tatsächlichem Nachweis des Einkommens unterscheidet das Gesetz bei der Festsetzung des Beitrages nach einzelnen Mitgliedergruppen bzw. Einkommensarten: Während der allgemeine Mindestbeitrag gemäß § 240 Abs. 4 Satz 1 SGB V Mindesteinnahmen in Höhe von 1/90 der monatlichen Bezugsgröße pro Kalendertag fingiert, zahlen hauptberuflich selbstständig Erwerbstätig einen Mindestbeitrag von (sogar) 1/40 der monatlichen Bezugsgröße. Für Existenzgründer, Berufsfachschüler und "Kleinrentner" gibt es Sonderregelungen. Mindestbeiträge dürfen aber bei allen Mitgliedergruppen erst festgesetzt werden, wenn der Versicherte seiner Mitwirkungspflicht bei der Ermittlung der beitragspflichtigen Einnahmen nachgekommen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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