Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 2888/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 240/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 15. Dezember 2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1954 in der Türkei geborene Klägerin lebt seit 1971 in Deutschland. Sie hat keinen Beruf erlernt und war zuletzt bis Ende 2010 über Zeitarbeitsfirmen als Maschinenbedienerin in der Kunststoffherstellung beschäftigt.
Bei der Klägerin wurde am 25. Oktober 2004 im Krankenhaus E. in R. ein Hämangioblastom (gutartiger Tumor) im Kleinhirn und am 17. Januar 2012 in der neurologischen Klinik der W.-Kliniken ein Rezidivhämangioblastom der hinteren Schädelgrube operativ entfernt. In der Zeit vom 24. Februar 2012 bis 16. März 2012 befand die Klägerin sich in einem neurologisch ausgerichteten stationären Heilverfahren in der Schl. in B. Sie wurde als noch arbeitsunfähig für die zuletzt verrichtete Montagearbeit aber nach adäquater Behandlung und erneuter stationärer Reha-Behandlung vollschichtig leistungsfähig für leichte Tätigkeiten ohne besondere Anforderungen an die Stand- und Gangsicherheit, ohne Zeitdruck und ohne Wechselschicht entlassen.
Am 30. April 2014 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung und legte ihren Schwerbehindertenausweis vom 26. März 2013 vor, nach dem bei ihr seit Januar 2012 ein Grad der Behinderung (GdB) von 60 festgestellt war. Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung der Klägerin durch Dr. We., Facharzt für Innere Medizin und psychotherapeutische Medizin. Dieser kam im Gutachten vom 23. Juni 2014 zum Ergebnis, bei der Klägerin bestünden ein operiertes Rezidiv eines Hämangioblastoms im Kleinhirnbereich (Januar 2012, Voroperation Oktober 2004), eine leichte chronische Anpassungsstörung mit geringer Dysthymie und Somatisierung, eine medikamentös unzureichend eingestellt wirkende essentielle Hypertonie, funktionelle Magen-Darm-Beschwerden, chronische Obstipation, Hormonsubstitution nach Schilddrüsenoperation wegen Struma, vorbeschriebene initiale Katarakt, initiale Kniegelenksarthrose links und Gonalgie. Die Klägerin könne sowohl ihre letzte Tätigkeit als Montagearbeiterin als auch sonstige leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes täglich sechs und mehr Stunden verrichten. Die Beklagte lehnte den Rentenantrag mit Bescheid vom 26. Juni 2014 ab.
Der am 6. Juli 2014 eingelegte Widerspruch wurde nicht begründet und von der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 21. Oktober 2014 zurückgewiesen.
Hiergegen hat die Klägerin am 13. November 2014 Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben (S 4 R 2888/14) und vorgetragen, sie könne wegen starker Gelenkbeschwerden, Bluthochdruck, Diabetes und starken Depressionen keine Arbeitsleistung mehr erbringen.
Das SG hat zunächst die behandelnden Ärzte der Klägerin als sachverständige Zeugen angehört. Der Hausarzt Dr. Di. hat angegeben, seit der ersten neurochirurgischen Operation sei es zu einer depressiven Entwicklung, später auch zu internistischen und orthopädischen Problemen und zu einer schrittweisen Verschlechterung der physischen und psychischen Verfassung gekommen. Die Klägerin sei nicht mehr dazu in der Lage, einer geregelten beruflichen Tätigkeit nachzugehen. Der Neurologe Dr. Kr. hat mitgeteilt, bei der Klägerin stehe eine somatoforme Depression im Vordergrund der Beschwerden. Aus neurologischer Sicht könne die Klägerin Tätigkeiten bis zu sechs Stunden täglich verrichten. Hinsichtlich der Depression müsse eine psychiatrische Beurteilung erfolgen. Der Dermatologe Dr. Ku. hat angegeben, bei der Klägerin ab 15. Juni 2014 wegen eines Plattenephitelkarzinoms (Hauttumor) eine Röntgenweichteilbestrahlung begonnen zu haben, die die Patientin jedoch abgebrochen habe. Aus dermatologischer Sicht könne die Klägerin ohne Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich arbeiten. Der Internist Dr. Da. hat angegeben, er habe bei der Klägerin eine hypertensive Herzerkrankung diagnostiziert. Aufgrund der kardialen Untersuchungsbefunde bestünden keine Bedenken gegen leichte Tätigkeiten von mindestens sechs Stunden täglich. Der Internist Dr. Ta. hat mitgeteilt, im Vordergrund der glaubhaften Beschwerden der Klägerin seien die Ausfallsymptome nach zweifacher Hirnoperation. Bezüglich des Diabetes mellitus sei die Klägerin in laufender Kontrolle. Die letzte Langzeitmessung habe ein suboptimales Ergebnis mit therapeutischem Anpassungsbedarf ergeben. Die depressiven Tendenzen hätten sich deutlich verstärkt. Auch leichte körperliche Arbeiten seien der Klägerin nach seiner Einschätzung nicht mehr zumutbar.
Auf Nachfrage des SG hat die Klägerin mitgeteilt, sie befinde sich nicht in psychiatrischer Behandlung.
Das SG hat von Amts wegen eine fachinternistische Begutachtung der Klägerin durch Dr. Me. veranlasst. Der Sachverständige ist im Gutachten vom 23. Juli 2016 zum Ergebnis gekommen, bei der Klägerin bestünden ein metabolisches Syndrom mit schlecht eingestelltem insulinpflichtigem Diabetes mellitus Typ II, arteriellem Bluthochdruck mit symmetrischer linksventrikulärer Hypertrophie, Adipositas Grad II, Proteinurie und Hyperlipidämie, eine leichte somatoforme depressive Störung nach operativer Entfernung eines Rezidivs eines zystischen Tumors (Hämangioblastom) im Kleinhirn 01/2012 (Erstdiagnose und Operation 10/2004) mit chronischen Kopfschmerzen, rezidivierendem Schwindel und Tinnitus, eine Gonarthrose Grad eins beidseits, Lumbalgien bei Wirbelsäulenfehlhaltung, eine medikamentös kompensierte Hypothyreose nach Strumaresektion, Entfernung eines Plattenepithelkarzinom mit Röntgenweichstrahltherapie, Gebärmutterentfernung 2003 und Kataraktoperation links mit Kunstlinsenimplantation 2016. Aufgrund des metabolischen Syndroms mit schlecht eingestelltem insulinpflichtigem Diabetes mellitus Typ II, dem Bluthochdruck mit linksventrikulärer Hypertrophie als auch der Adipositas Grad II könne die Klägerin nur noch leichte Tätigkeit ohne Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten über 7,5 kg ohne Hilfsmittel verrichten. Die Tätigkeiten sollten in wechselnder Körperhaltung, überwiegend im Sitzen ausgeübt werden. Zwangshaltungen seien zu vermeiden. Insbesondere wegen des Diabetes mellitus seien ihr Arbeiten in Nachtschicht nicht zumutbar. Auch sollte häufiger Schichtwechsel vermieden werden. Arbeiten an gefährdenden Maschinen, Akkord- und Fließbandarbeit sowie das Ersteigen von Leitern und Gerüsten sei nicht zumutbar. Ebenso müssten Tätigkeiten in Hitze, Kälte, Zugluft und Nässe vermieden werden. Arbeiten mit erhöhten Anforderungen an das Konzentrationsvermögen und Verantwortung für Personen könne die Klägerin nicht verrichten. Bei Berücksichtigung dieser qualitativen Einschränkungen könne die Klägerin Tätigkeiten als Montagearbeiterin oder leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt durchaus mindestens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten. Die Klägerin könne arbeitstäglich viermal eine Gehstrecke von über 500 m in weniger als 20 Minuten zurücklegen. Sie habe eine Fahrerlaubnis und habe beim Gutachter angegeben, sie würde keine langen Strecken sondern nur innerstädtische Strecken fahren.
Das SG hat dann von Amts wegen ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten eingeholt, das Prof. Dr. Be. am 8. November 2016 erstellt hat. Der Sachverständige ist zum Ergebnis gelangt, bei der Klägerin bestünden ein Hämangioblastom des Kleinhirns, operiert 10/2004, Rezidivoperation 01/2012, ein Verdacht auf Dysthymie, ein metabolisches Syndrom (Adipositas, Diabetes mellitus Typ II insulinpflichtig, arterielle Hypertonie medikamentös gut behandelt, Hypercholesterinämie), ein Zustand nach Spinaliom eines Nasenflügels links (operiert 07/2014) , ein Zustand nach Hysterektomie und Kataraktoperation linkes Auge (Implantation einer Kunstlinse). Seit der operativen Entfernung des Hämangioblastoms im Jahr 2004 und der Rezidivoperation 2012 habe die Klägerin sich wieder sehr gut erholt. Anfangs hätten Störungen des Gleichgewichts, der Gehfähigkeit und der Koordination sowie klinisch-neurologische Auffälligkeiten bestanden, die zum Zeitpunkt der Begutachtung durch Prof. Dr. Be. nicht mehr nachweisbar gewesen seien. Das Gehen sei ohne Benutzung von Hilfsmitteln sicher und ohne gerichtete Fallneigung gewesen. Auch bei der differenzierten Untersuchung der Feinmotorik sowie des cerebrellären Systems (Kleinhirn und dessen nervliche Verbindungen) hätten sich keine relevanten Auffälligkeiten ergeben. Augenmobilitätsstörungen, die zu Schwindelsymptomatik führen könnten, hätten sich nicht gefunden. Ebenso wie der von der Beklagten beauftragte Sachverständige Dr. We. habe auch Prof. Dr. Be. keine depressive Störung und keine anderweitige psychoorganische Symptomatik bei der Klägerin feststellen können. Bereits nach der zweiten Operation im Jahr 2012 sei ein sehr guter Rehabilitationserfolg in Bezug auf die körperlichen Symptome verzeichnet und dokumentiert. Der Einschätzung der Rehabilitationsärzte, die vom Wiedererlangen eines vollschichtigen Leistungsvermögen ausgegangen seien, habe die Klägerin jedoch schon zum damaligen Zeitpunkt widersprochen. In der Gesamtschau aller klinischen und psychischen Befunde ist Prof. Dr. Be. dann zur Einschätzung gekommen, dass die Klägerin, die fahrtauglich sei und sämtliche Tätigkeiten im Alltag sowie die zusätzliche Unterstützung und Versorgung ihres kranken Ehemannes bewältige, für leichte Tätigkeiten am allgemeinen Arbeitsmarkt ein vollschichtiges Leistungsvermögen besitze. Schwere und mittelschwere Tätigkeiten seien nicht mehr möglich. Es bestünden keine Symptome, die eine quantitative Einschränkung für leichte Tätigkeiten am allgemeinen Arbeitsmarkt begründen würden. Auch eine in der Vergangenheit von Dr. Kr. beschriebene somatoforme Depression liege bei der sehr redseligen und lebhaften, durchaus selbstbewusst auftretenden Klägerin nicht mehr vor.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 15. Dezember 2016 abgewiesen. Die – näher dargelegten – Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung auch bei Berufsunfähigkeit seien nicht erfüllt, da die Klägerin ihr zumutbare Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten könne. Hierbei hat sich das SG insbesondere auf die für überzeugend gehalten Sachverständigengutachten des Dr. Me. und des Prof. Dr. Be. gestützt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Gerichtsbescheid verwiesen.
Gegen den ihr am 21. Dezember 2016 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 20. Januar 2017 eingelegte Berufung der Klägerin, zu deren Begründung sie vorträgt, sie leide seit Jahren an starken Depressionen und befinde sich deshalb in Behandlung. Sie sei dadurch phasenweise erheblich erschöpft, was zu einer Erwerbsminderung führe. Außerdem leide sie auch schon ohne Belastung unter ständigen starken Schmerzen, die in Beine und Arme ausstrahlten und zu Taubheit und Missempfindungen und führten. Außerdem habe sie starke Kopfschmerzen. Dies sei von den Gutachtern und vom SG nicht beachtet worden. Kein Arbeitgeber würde eine solch gesundheitlich angeschlagene Bewerberin einstellen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 15. Dezember 2016 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 26. Juni 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Oktober 2014 zu verurteilen, der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung auch bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen
und verweist auf ihren Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren sowie auf die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid.
Der Senat hat auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein neurologisch- psychiatrisches Gutachten eingeholt, das Dr. Wi. am 1. August 2017 erstellt hat. Der Sachverständige ist zum Ergebnis gekommen, bei der Klägerin bestünden auf seinem Fachgebiet Schwindel, Hemihypästhesie links, leichte Gangunsicherheit nach zweimaliger Operation eines cerebellären Hämangioblastoms und eine Dysthymie. Bei der gutachterlichen Untersuchung sei ein sozialer Rückzug nicht eruierbar gewesen. Die Klägerin stehe morgens gegen 8:00 Uhr auf, frühstücke, nehme Medikamente und messe Blutdruck und Zucker. Nach dem Duschen mache sie den Haushalt (Spülmaschine, Staubsaugen, Betten machen, Kochen, Wäsche machen, Einkaufen). Diese Arbeiten mache sie langsam und bekomme manchmal Hilfe durch ihre Schwester oder eine Nachbarin. Zu ihrem früheren Hobby Stricken habe sie jetzt keine Lust mehr. Sie werde dann nervös und ungeduldig. Manchmal gehe sie mit ihrer Freundin spazieren, mache sonst aber keinen Sport. Bei der körperlichen neurologischen Untersuchung hätten sich bis auf eine Gefühlsstörung im Bereich der linken Körperhälfte keine relevanten Auffälligkeiten bezüglich Hirnnerven, Reflexion, Sensibilität, Motorik und Koordination ergeben. In psychischer Hinsicht sei die Klägerin in der Stimmungslage über weite Strecken ausgeglichen, streckenweise etwas gedrückt gewesen, dabei jedoch normal schwingungsfähig. Aufmerksamkeit und Konzentration seien ungestört gewesen, Antrieb und Psychomotorik leichtgradig reduziert. Testpsychologisch habe sich ein Befund einer leichten depressiven Verstimmung ergeben, wobei sich jedoch Auffälligkeiten im strukturierten Fragebogen simulierter Symptome gezeigt hätten. Auf rein neurologischem Fachgebiet bestünden bei der Klägerin keine Auffälligkeiten, die zu einer Einschränkung der Leistungsfähigkeit führen könnten. Glaubhaft bestehe jedoch nach Hämangioblastom eine vermehrte Schwindelneigung, so dass Tätigkeiten, die überwiegend im Gehen und Stehen verrichtet werden müssten, nicht durchgeführt werden könnten sowie keine Tätigkeiten auf Treppen, Leitern und Gerüsten. Trotz der subjektiven Beeinträchtigung der Gehfähigkeit mit Schwindel sei die Klägerin in der Lage, viermal täglich eine Wegstrecke von über 500 m zu Fuß zurückzulegen, wofür sie jeweils weniger als 15 Minuten benötige. Sie könne auch täglich zweimal öffentliche Verkehrsmittel oder ein Kraftfahrzeug benutzen. Unter Berücksichtigung der Schmerzsymptomatik könne die Klägerin dauerhaft keine mittelschweren und schweren Tätigkeiten verrichten. In psychischer Hinsicht bestehe eine chronifizierte leichtgradige depressive Verstimmung im Sinne einer Dysthymie, so dass die psychische Belastbarkeit dergestalt herabgesetzt sei, dass Tätigkeiten unter Zeitdruck wie Akkord- oder Fließbandarbeit sowie Tätigkeiten im Schichtbetrieb oder mit vermehrtem Publikumsverkehr nicht mehr ausgeübt werden könnten. Es sei jedoch kein Grund erkennbar, warum die Klägerin nicht in der Lage sein sollte, die noch möglichen Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sechs Stunden und mehr werktäglich zu verrichten. Der Sachverständige Dr. Wi. hat abschließend erklärt, mit den Befunden und Einschätzungen der Vorgutachter im Verwaltungs- und Sozialgerichtsverfahren übereinzustimmen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Gerichtsentscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten sowie die Prozessakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung der Klägerin, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs. 2 SGG), ist nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die von der Klägerin beanspruchte Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung - § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) - sowie für Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit - § 240 Abs.1 SGB VI i.V.m. § 43 SGB VI - dargelegt und zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung hat, weil sie in der Lage ist, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, die ihr unter Berücksichtigung ihres bisherigen beruflichen Werdegangs als Ungelernte bzw. Angelernte des unteren Bereichs sozial zumutbar sind, bei Beachtung näher aufgeführter qualitativer Einschränkungen wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten. Ebenso wie das SG hält auch der Senat nach eigener Überprüfung und unter Würdigung des gesamten Akteninhalts die im Klageverfahren von Amts wegen eingeholten Sachverständigengutachten des Dr. Me. und des Prof. Dr. Be. für fundiert begründet, schlüssig und nachvollziehbar sowie hinsichtlich der Einschätzung des beruflichen Leistungsvermögens der Klägerin für überzeugend. Soweit das SG dargelegt und begründet hat, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung oder auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit hat, schließt sich der Senat dem nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung des gesamten Vorbringens der Klägerin auch im Berufungsverfahren uneingeschränkt an und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung gemäß § 153 Abs. 2 SGG zurück.
Ergänzend ist noch anzumerken, dass eine rentenberechtigende Leistungsminderung im Wege des Vollbeweises festgestellt sein muss, mithin vernünftige Zweifel am Bestehen der Einschränkungen nicht vorliegen dürfen. Insoweit ist die Klägerin objektiv beweisbelastet. Gemessen daran vermag der Senat auch unter Berücksichtigung des klägerischen Vortrags sowie der weiteren Beweisaufnahme im Berufungsverfahren nicht mit der erforderlichen an Gewissheit grenzenden Wahrscheinlichkeit festzustellen, dass die Klägerin außerstande ist, zumutbare Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in einem Umfang von weniger als sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten.
Dies ergibt sich für den Senat – ebenso wie bereits für das SG – aus den Gutachten des Dr. Me. und des Prof. Dr. Be., die übereinstimmend ein sechsstündiges Leistungsvermögen bestätigt haben. Auch der im Berufungsverfahren auf Antrag und Kostenrisiko der Klägerin gemäß § 109 SGG beauftragte Sachverständige Dr. Wi. hat schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass bei der Klägerin bereits unter Berücksichtigung des von ihr geschilderten Tagesablaufs und der von ihr im Alltag bewältigten Aufgaben (Haushalt und Unterstützung ihres erkrankten und bereits vorzeitig berenteten Ehemannes) sowie des bei der gutachterlichen Untersuchung erhobenen psychischen Befundes keine über eine chronifizierte leichtgradige depressive Verstimmung im Sinne einer Dysthymie hinausgehende psychische Symptomatik festgestellt werden konnte. Zum Zeitpunkt der Rehabilitationsbehandlung in Bad Buchau kurz nach der Operation im Kleinhirnbereich habe bei der Klägerin offensichtlich eine deutlicher ausgeprägte depressive Verstimmung vorgelegen, was jedoch jetzt nicht mehr der Fall sei. Der Schlussfolgerung des Sachverständigen, dass dieser leichtgradigen depressiven Verstimmung durch den Ausschluss von Tätigkeiten mit Zeitdruck (Akkord- oder Fließbandarbeiten), Schichtbetrieb und vermehrtem Publikumsverkehr hinreichend Rechnung getragen werden kann, schließt sich der Senat an. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des 5. Senats des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (Urteil vom 25. Mai 2016 - L 5 R 4194/13) psychische Erkrankungen grundsätzlich erst dann von rentenrechtlicher Relevanz sind, wenn trotz adäquater Behandlung (medikamentös, therapeutisch, ambulant und stationär) davon auszugehen ist, dass ein Versicherter die psychischen Einschränkungen dauerhaft nicht überwinden kann – weder aus eigener Kraft, noch mit ärztlicher oder therapeutischer Hilfe. Der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsprechung ausdrücklich an. Da die Klägerin nicht ambulant psychotherapeutisch oder psychiatrisch behandelt wird und keine entsprechenden Medikamente einnimmt, ist bezüglich der von Prof. Dr. Be. und Dr. Wi. diagnostizierten Dysthymie die notwendige rentenrechtliche Relevanz nicht feststellbar. Dr. Wi. hat auch ausführlich und überzeugend dargelegt, dass die körperlichen Beschwerden (Stand- und Gangataxie), die nach der Rezidivoperation im Jahr 2012 noch bestanden haben, bei der jetzigen Untersuchung abgesehen von einer Gefühlsstörung im Bereich der linken Körperhälfte nicht mehr feststellbar waren. Auch insoweit ist es für den Senat schlüssig und nachvollziehbar, dass Dr. Wi. diesbezüglich qualitative Einschränkungen (keine Tätigkeiten dauerhaft im Stehen oder Gehen oder auf Treppen, Leitern und Gerüsten) für geboten, quantitative Leistungseinschränkungen jedoch nicht für erforderlich gehalten hat. Insgesamt sind also nur qualitative Einschränkungen bedingt, die jedoch nicht geeignet sind, Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes leichter Art auszuschließen. Eine quantitative Einschränkung des Leistungsvermögens ist hingegen nicht mit der erforderlichen Gewissheit feststellbar, sie wird vielmehr von den Sachverständigen Dr. Me., Prof. Dr. Be. und Dr. Wi. ausgeschlossen.
Die Tatsache, dass bei der Klägerin ein GdB von 60 festgestellt ist, rechtfertigt keine für sie günstigere Entscheidung. Die Feststellungen der Versorgungsverwaltung über bestehende Behinderungen und die Höhe des Grades der Behinderung erfolgen nach den besonderen Vorschriften des Sozialgesetzbuches Neuntes Buch - SGB IX - (§§ 2, 69 SGB IX) und haben keine unmittelbaren Auswirkungen auf die hier im Streit stehende Entscheidung der Beklagten über das Vorliegen von Erwerbsminderung im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung
Da das SG somit zu Recht die Klage abgewiesen hat, weist der Senat die Berufung zurück.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass die Klägerin mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 193 SGG Rdnr. 8; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 12. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1954 in der Türkei geborene Klägerin lebt seit 1971 in Deutschland. Sie hat keinen Beruf erlernt und war zuletzt bis Ende 2010 über Zeitarbeitsfirmen als Maschinenbedienerin in der Kunststoffherstellung beschäftigt.
Bei der Klägerin wurde am 25. Oktober 2004 im Krankenhaus E. in R. ein Hämangioblastom (gutartiger Tumor) im Kleinhirn und am 17. Januar 2012 in der neurologischen Klinik der W.-Kliniken ein Rezidivhämangioblastom der hinteren Schädelgrube operativ entfernt. In der Zeit vom 24. Februar 2012 bis 16. März 2012 befand die Klägerin sich in einem neurologisch ausgerichteten stationären Heilverfahren in der Schl. in B. Sie wurde als noch arbeitsunfähig für die zuletzt verrichtete Montagearbeit aber nach adäquater Behandlung und erneuter stationärer Reha-Behandlung vollschichtig leistungsfähig für leichte Tätigkeiten ohne besondere Anforderungen an die Stand- und Gangsicherheit, ohne Zeitdruck und ohne Wechselschicht entlassen.
Am 30. April 2014 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung und legte ihren Schwerbehindertenausweis vom 26. März 2013 vor, nach dem bei ihr seit Januar 2012 ein Grad der Behinderung (GdB) von 60 festgestellt war. Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung der Klägerin durch Dr. We., Facharzt für Innere Medizin und psychotherapeutische Medizin. Dieser kam im Gutachten vom 23. Juni 2014 zum Ergebnis, bei der Klägerin bestünden ein operiertes Rezidiv eines Hämangioblastoms im Kleinhirnbereich (Januar 2012, Voroperation Oktober 2004), eine leichte chronische Anpassungsstörung mit geringer Dysthymie und Somatisierung, eine medikamentös unzureichend eingestellt wirkende essentielle Hypertonie, funktionelle Magen-Darm-Beschwerden, chronische Obstipation, Hormonsubstitution nach Schilddrüsenoperation wegen Struma, vorbeschriebene initiale Katarakt, initiale Kniegelenksarthrose links und Gonalgie. Die Klägerin könne sowohl ihre letzte Tätigkeit als Montagearbeiterin als auch sonstige leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes täglich sechs und mehr Stunden verrichten. Die Beklagte lehnte den Rentenantrag mit Bescheid vom 26. Juni 2014 ab.
Der am 6. Juli 2014 eingelegte Widerspruch wurde nicht begründet und von der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 21. Oktober 2014 zurückgewiesen.
Hiergegen hat die Klägerin am 13. November 2014 Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben (S 4 R 2888/14) und vorgetragen, sie könne wegen starker Gelenkbeschwerden, Bluthochdruck, Diabetes und starken Depressionen keine Arbeitsleistung mehr erbringen.
Das SG hat zunächst die behandelnden Ärzte der Klägerin als sachverständige Zeugen angehört. Der Hausarzt Dr. Di. hat angegeben, seit der ersten neurochirurgischen Operation sei es zu einer depressiven Entwicklung, später auch zu internistischen und orthopädischen Problemen und zu einer schrittweisen Verschlechterung der physischen und psychischen Verfassung gekommen. Die Klägerin sei nicht mehr dazu in der Lage, einer geregelten beruflichen Tätigkeit nachzugehen. Der Neurologe Dr. Kr. hat mitgeteilt, bei der Klägerin stehe eine somatoforme Depression im Vordergrund der Beschwerden. Aus neurologischer Sicht könne die Klägerin Tätigkeiten bis zu sechs Stunden täglich verrichten. Hinsichtlich der Depression müsse eine psychiatrische Beurteilung erfolgen. Der Dermatologe Dr. Ku. hat angegeben, bei der Klägerin ab 15. Juni 2014 wegen eines Plattenephitelkarzinoms (Hauttumor) eine Röntgenweichteilbestrahlung begonnen zu haben, die die Patientin jedoch abgebrochen habe. Aus dermatologischer Sicht könne die Klägerin ohne Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich arbeiten. Der Internist Dr. Da. hat angegeben, er habe bei der Klägerin eine hypertensive Herzerkrankung diagnostiziert. Aufgrund der kardialen Untersuchungsbefunde bestünden keine Bedenken gegen leichte Tätigkeiten von mindestens sechs Stunden täglich. Der Internist Dr. Ta. hat mitgeteilt, im Vordergrund der glaubhaften Beschwerden der Klägerin seien die Ausfallsymptome nach zweifacher Hirnoperation. Bezüglich des Diabetes mellitus sei die Klägerin in laufender Kontrolle. Die letzte Langzeitmessung habe ein suboptimales Ergebnis mit therapeutischem Anpassungsbedarf ergeben. Die depressiven Tendenzen hätten sich deutlich verstärkt. Auch leichte körperliche Arbeiten seien der Klägerin nach seiner Einschätzung nicht mehr zumutbar.
Auf Nachfrage des SG hat die Klägerin mitgeteilt, sie befinde sich nicht in psychiatrischer Behandlung.
Das SG hat von Amts wegen eine fachinternistische Begutachtung der Klägerin durch Dr. Me. veranlasst. Der Sachverständige ist im Gutachten vom 23. Juli 2016 zum Ergebnis gekommen, bei der Klägerin bestünden ein metabolisches Syndrom mit schlecht eingestelltem insulinpflichtigem Diabetes mellitus Typ II, arteriellem Bluthochdruck mit symmetrischer linksventrikulärer Hypertrophie, Adipositas Grad II, Proteinurie und Hyperlipidämie, eine leichte somatoforme depressive Störung nach operativer Entfernung eines Rezidivs eines zystischen Tumors (Hämangioblastom) im Kleinhirn 01/2012 (Erstdiagnose und Operation 10/2004) mit chronischen Kopfschmerzen, rezidivierendem Schwindel und Tinnitus, eine Gonarthrose Grad eins beidseits, Lumbalgien bei Wirbelsäulenfehlhaltung, eine medikamentös kompensierte Hypothyreose nach Strumaresektion, Entfernung eines Plattenepithelkarzinom mit Röntgenweichstrahltherapie, Gebärmutterentfernung 2003 und Kataraktoperation links mit Kunstlinsenimplantation 2016. Aufgrund des metabolischen Syndroms mit schlecht eingestelltem insulinpflichtigem Diabetes mellitus Typ II, dem Bluthochdruck mit linksventrikulärer Hypertrophie als auch der Adipositas Grad II könne die Klägerin nur noch leichte Tätigkeit ohne Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten über 7,5 kg ohne Hilfsmittel verrichten. Die Tätigkeiten sollten in wechselnder Körperhaltung, überwiegend im Sitzen ausgeübt werden. Zwangshaltungen seien zu vermeiden. Insbesondere wegen des Diabetes mellitus seien ihr Arbeiten in Nachtschicht nicht zumutbar. Auch sollte häufiger Schichtwechsel vermieden werden. Arbeiten an gefährdenden Maschinen, Akkord- und Fließbandarbeit sowie das Ersteigen von Leitern und Gerüsten sei nicht zumutbar. Ebenso müssten Tätigkeiten in Hitze, Kälte, Zugluft und Nässe vermieden werden. Arbeiten mit erhöhten Anforderungen an das Konzentrationsvermögen und Verantwortung für Personen könne die Klägerin nicht verrichten. Bei Berücksichtigung dieser qualitativen Einschränkungen könne die Klägerin Tätigkeiten als Montagearbeiterin oder leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt durchaus mindestens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten. Die Klägerin könne arbeitstäglich viermal eine Gehstrecke von über 500 m in weniger als 20 Minuten zurücklegen. Sie habe eine Fahrerlaubnis und habe beim Gutachter angegeben, sie würde keine langen Strecken sondern nur innerstädtische Strecken fahren.
Das SG hat dann von Amts wegen ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten eingeholt, das Prof. Dr. Be. am 8. November 2016 erstellt hat. Der Sachverständige ist zum Ergebnis gelangt, bei der Klägerin bestünden ein Hämangioblastom des Kleinhirns, operiert 10/2004, Rezidivoperation 01/2012, ein Verdacht auf Dysthymie, ein metabolisches Syndrom (Adipositas, Diabetes mellitus Typ II insulinpflichtig, arterielle Hypertonie medikamentös gut behandelt, Hypercholesterinämie), ein Zustand nach Spinaliom eines Nasenflügels links (operiert 07/2014) , ein Zustand nach Hysterektomie und Kataraktoperation linkes Auge (Implantation einer Kunstlinse). Seit der operativen Entfernung des Hämangioblastoms im Jahr 2004 und der Rezidivoperation 2012 habe die Klägerin sich wieder sehr gut erholt. Anfangs hätten Störungen des Gleichgewichts, der Gehfähigkeit und der Koordination sowie klinisch-neurologische Auffälligkeiten bestanden, die zum Zeitpunkt der Begutachtung durch Prof. Dr. Be. nicht mehr nachweisbar gewesen seien. Das Gehen sei ohne Benutzung von Hilfsmitteln sicher und ohne gerichtete Fallneigung gewesen. Auch bei der differenzierten Untersuchung der Feinmotorik sowie des cerebrellären Systems (Kleinhirn und dessen nervliche Verbindungen) hätten sich keine relevanten Auffälligkeiten ergeben. Augenmobilitätsstörungen, die zu Schwindelsymptomatik führen könnten, hätten sich nicht gefunden. Ebenso wie der von der Beklagten beauftragte Sachverständige Dr. We. habe auch Prof. Dr. Be. keine depressive Störung und keine anderweitige psychoorganische Symptomatik bei der Klägerin feststellen können. Bereits nach der zweiten Operation im Jahr 2012 sei ein sehr guter Rehabilitationserfolg in Bezug auf die körperlichen Symptome verzeichnet und dokumentiert. Der Einschätzung der Rehabilitationsärzte, die vom Wiedererlangen eines vollschichtigen Leistungsvermögen ausgegangen seien, habe die Klägerin jedoch schon zum damaligen Zeitpunkt widersprochen. In der Gesamtschau aller klinischen und psychischen Befunde ist Prof. Dr. Be. dann zur Einschätzung gekommen, dass die Klägerin, die fahrtauglich sei und sämtliche Tätigkeiten im Alltag sowie die zusätzliche Unterstützung und Versorgung ihres kranken Ehemannes bewältige, für leichte Tätigkeiten am allgemeinen Arbeitsmarkt ein vollschichtiges Leistungsvermögen besitze. Schwere und mittelschwere Tätigkeiten seien nicht mehr möglich. Es bestünden keine Symptome, die eine quantitative Einschränkung für leichte Tätigkeiten am allgemeinen Arbeitsmarkt begründen würden. Auch eine in der Vergangenheit von Dr. Kr. beschriebene somatoforme Depression liege bei der sehr redseligen und lebhaften, durchaus selbstbewusst auftretenden Klägerin nicht mehr vor.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 15. Dezember 2016 abgewiesen. Die – näher dargelegten – Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung auch bei Berufsunfähigkeit seien nicht erfüllt, da die Klägerin ihr zumutbare Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten könne. Hierbei hat sich das SG insbesondere auf die für überzeugend gehalten Sachverständigengutachten des Dr. Me. und des Prof. Dr. Be. gestützt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Gerichtsbescheid verwiesen.
Gegen den ihr am 21. Dezember 2016 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 20. Januar 2017 eingelegte Berufung der Klägerin, zu deren Begründung sie vorträgt, sie leide seit Jahren an starken Depressionen und befinde sich deshalb in Behandlung. Sie sei dadurch phasenweise erheblich erschöpft, was zu einer Erwerbsminderung führe. Außerdem leide sie auch schon ohne Belastung unter ständigen starken Schmerzen, die in Beine und Arme ausstrahlten und zu Taubheit und Missempfindungen und führten. Außerdem habe sie starke Kopfschmerzen. Dies sei von den Gutachtern und vom SG nicht beachtet worden. Kein Arbeitgeber würde eine solch gesundheitlich angeschlagene Bewerberin einstellen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 15. Dezember 2016 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 26. Juni 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Oktober 2014 zu verurteilen, der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung auch bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen
und verweist auf ihren Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren sowie auf die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid.
Der Senat hat auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein neurologisch- psychiatrisches Gutachten eingeholt, das Dr. Wi. am 1. August 2017 erstellt hat. Der Sachverständige ist zum Ergebnis gekommen, bei der Klägerin bestünden auf seinem Fachgebiet Schwindel, Hemihypästhesie links, leichte Gangunsicherheit nach zweimaliger Operation eines cerebellären Hämangioblastoms und eine Dysthymie. Bei der gutachterlichen Untersuchung sei ein sozialer Rückzug nicht eruierbar gewesen. Die Klägerin stehe morgens gegen 8:00 Uhr auf, frühstücke, nehme Medikamente und messe Blutdruck und Zucker. Nach dem Duschen mache sie den Haushalt (Spülmaschine, Staubsaugen, Betten machen, Kochen, Wäsche machen, Einkaufen). Diese Arbeiten mache sie langsam und bekomme manchmal Hilfe durch ihre Schwester oder eine Nachbarin. Zu ihrem früheren Hobby Stricken habe sie jetzt keine Lust mehr. Sie werde dann nervös und ungeduldig. Manchmal gehe sie mit ihrer Freundin spazieren, mache sonst aber keinen Sport. Bei der körperlichen neurologischen Untersuchung hätten sich bis auf eine Gefühlsstörung im Bereich der linken Körperhälfte keine relevanten Auffälligkeiten bezüglich Hirnnerven, Reflexion, Sensibilität, Motorik und Koordination ergeben. In psychischer Hinsicht sei die Klägerin in der Stimmungslage über weite Strecken ausgeglichen, streckenweise etwas gedrückt gewesen, dabei jedoch normal schwingungsfähig. Aufmerksamkeit und Konzentration seien ungestört gewesen, Antrieb und Psychomotorik leichtgradig reduziert. Testpsychologisch habe sich ein Befund einer leichten depressiven Verstimmung ergeben, wobei sich jedoch Auffälligkeiten im strukturierten Fragebogen simulierter Symptome gezeigt hätten. Auf rein neurologischem Fachgebiet bestünden bei der Klägerin keine Auffälligkeiten, die zu einer Einschränkung der Leistungsfähigkeit führen könnten. Glaubhaft bestehe jedoch nach Hämangioblastom eine vermehrte Schwindelneigung, so dass Tätigkeiten, die überwiegend im Gehen und Stehen verrichtet werden müssten, nicht durchgeführt werden könnten sowie keine Tätigkeiten auf Treppen, Leitern und Gerüsten. Trotz der subjektiven Beeinträchtigung der Gehfähigkeit mit Schwindel sei die Klägerin in der Lage, viermal täglich eine Wegstrecke von über 500 m zu Fuß zurückzulegen, wofür sie jeweils weniger als 15 Minuten benötige. Sie könne auch täglich zweimal öffentliche Verkehrsmittel oder ein Kraftfahrzeug benutzen. Unter Berücksichtigung der Schmerzsymptomatik könne die Klägerin dauerhaft keine mittelschweren und schweren Tätigkeiten verrichten. In psychischer Hinsicht bestehe eine chronifizierte leichtgradige depressive Verstimmung im Sinne einer Dysthymie, so dass die psychische Belastbarkeit dergestalt herabgesetzt sei, dass Tätigkeiten unter Zeitdruck wie Akkord- oder Fließbandarbeit sowie Tätigkeiten im Schichtbetrieb oder mit vermehrtem Publikumsverkehr nicht mehr ausgeübt werden könnten. Es sei jedoch kein Grund erkennbar, warum die Klägerin nicht in der Lage sein sollte, die noch möglichen Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sechs Stunden und mehr werktäglich zu verrichten. Der Sachverständige Dr. Wi. hat abschließend erklärt, mit den Befunden und Einschätzungen der Vorgutachter im Verwaltungs- und Sozialgerichtsverfahren übereinzustimmen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Gerichtsentscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten sowie die Prozessakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung der Klägerin, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs. 2 SGG), ist nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die von der Klägerin beanspruchte Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung - § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) - sowie für Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit - § 240 Abs.1 SGB VI i.V.m. § 43 SGB VI - dargelegt und zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung hat, weil sie in der Lage ist, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, die ihr unter Berücksichtigung ihres bisherigen beruflichen Werdegangs als Ungelernte bzw. Angelernte des unteren Bereichs sozial zumutbar sind, bei Beachtung näher aufgeführter qualitativer Einschränkungen wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten. Ebenso wie das SG hält auch der Senat nach eigener Überprüfung und unter Würdigung des gesamten Akteninhalts die im Klageverfahren von Amts wegen eingeholten Sachverständigengutachten des Dr. Me. und des Prof. Dr. Be. für fundiert begründet, schlüssig und nachvollziehbar sowie hinsichtlich der Einschätzung des beruflichen Leistungsvermögens der Klägerin für überzeugend. Soweit das SG dargelegt und begründet hat, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung oder auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit hat, schließt sich der Senat dem nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung des gesamten Vorbringens der Klägerin auch im Berufungsverfahren uneingeschränkt an und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung gemäß § 153 Abs. 2 SGG zurück.
Ergänzend ist noch anzumerken, dass eine rentenberechtigende Leistungsminderung im Wege des Vollbeweises festgestellt sein muss, mithin vernünftige Zweifel am Bestehen der Einschränkungen nicht vorliegen dürfen. Insoweit ist die Klägerin objektiv beweisbelastet. Gemessen daran vermag der Senat auch unter Berücksichtigung des klägerischen Vortrags sowie der weiteren Beweisaufnahme im Berufungsverfahren nicht mit der erforderlichen an Gewissheit grenzenden Wahrscheinlichkeit festzustellen, dass die Klägerin außerstande ist, zumutbare Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in einem Umfang von weniger als sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten.
Dies ergibt sich für den Senat – ebenso wie bereits für das SG – aus den Gutachten des Dr. Me. und des Prof. Dr. Be., die übereinstimmend ein sechsstündiges Leistungsvermögen bestätigt haben. Auch der im Berufungsverfahren auf Antrag und Kostenrisiko der Klägerin gemäß § 109 SGG beauftragte Sachverständige Dr. Wi. hat schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass bei der Klägerin bereits unter Berücksichtigung des von ihr geschilderten Tagesablaufs und der von ihr im Alltag bewältigten Aufgaben (Haushalt und Unterstützung ihres erkrankten und bereits vorzeitig berenteten Ehemannes) sowie des bei der gutachterlichen Untersuchung erhobenen psychischen Befundes keine über eine chronifizierte leichtgradige depressive Verstimmung im Sinne einer Dysthymie hinausgehende psychische Symptomatik festgestellt werden konnte. Zum Zeitpunkt der Rehabilitationsbehandlung in Bad Buchau kurz nach der Operation im Kleinhirnbereich habe bei der Klägerin offensichtlich eine deutlicher ausgeprägte depressive Verstimmung vorgelegen, was jedoch jetzt nicht mehr der Fall sei. Der Schlussfolgerung des Sachverständigen, dass dieser leichtgradigen depressiven Verstimmung durch den Ausschluss von Tätigkeiten mit Zeitdruck (Akkord- oder Fließbandarbeiten), Schichtbetrieb und vermehrtem Publikumsverkehr hinreichend Rechnung getragen werden kann, schließt sich der Senat an. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des 5. Senats des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (Urteil vom 25. Mai 2016 - L 5 R 4194/13) psychische Erkrankungen grundsätzlich erst dann von rentenrechtlicher Relevanz sind, wenn trotz adäquater Behandlung (medikamentös, therapeutisch, ambulant und stationär) davon auszugehen ist, dass ein Versicherter die psychischen Einschränkungen dauerhaft nicht überwinden kann – weder aus eigener Kraft, noch mit ärztlicher oder therapeutischer Hilfe. Der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsprechung ausdrücklich an. Da die Klägerin nicht ambulant psychotherapeutisch oder psychiatrisch behandelt wird und keine entsprechenden Medikamente einnimmt, ist bezüglich der von Prof. Dr. Be. und Dr. Wi. diagnostizierten Dysthymie die notwendige rentenrechtliche Relevanz nicht feststellbar. Dr. Wi. hat auch ausführlich und überzeugend dargelegt, dass die körperlichen Beschwerden (Stand- und Gangataxie), die nach der Rezidivoperation im Jahr 2012 noch bestanden haben, bei der jetzigen Untersuchung abgesehen von einer Gefühlsstörung im Bereich der linken Körperhälfte nicht mehr feststellbar waren. Auch insoweit ist es für den Senat schlüssig und nachvollziehbar, dass Dr. Wi. diesbezüglich qualitative Einschränkungen (keine Tätigkeiten dauerhaft im Stehen oder Gehen oder auf Treppen, Leitern und Gerüsten) für geboten, quantitative Leistungseinschränkungen jedoch nicht für erforderlich gehalten hat. Insgesamt sind also nur qualitative Einschränkungen bedingt, die jedoch nicht geeignet sind, Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes leichter Art auszuschließen. Eine quantitative Einschränkung des Leistungsvermögens ist hingegen nicht mit der erforderlichen Gewissheit feststellbar, sie wird vielmehr von den Sachverständigen Dr. Me., Prof. Dr. Be. und Dr. Wi. ausgeschlossen.
Die Tatsache, dass bei der Klägerin ein GdB von 60 festgestellt ist, rechtfertigt keine für sie günstigere Entscheidung. Die Feststellungen der Versorgungsverwaltung über bestehende Behinderungen und die Höhe des Grades der Behinderung erfolgen nach den besonderen Vorschriften des Sozialgesetzbuches Neuntes Buch - SGB IX - (§§ 2, 69 SGB IX) und haben keine unmittelbaren Auswirkungen auf die hier im Streit stehende Entscheidung der Beklagten über das Vorliegen von Erwerbsminderung im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung
Da das SG somit zu Recht die Klage abgewiesen hat, weist der Senat die Berufung zurück.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass die Klägerin mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 193 SGG Rdnr. 8; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 12. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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