Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 6 SB 4067/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 694/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 25.01.2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung eines höheren Grades der Behinderung (GdB).
Der 1961 geborene Kläger beantragte bei dem Landratsamt C. (LRA) am 22.04.2010 (Blatt 1 VA) erstmals die Feststellung eines GdB.
Das LRA holte den Befundschein des Orthopäden Dr. H. vom 26.03.2010 (Blatt 7 VA) ein, Dr. Z. erstattete die versorgungsärztliche Stellungnahme vom 28.06.2010 (Blatt 9 VA) und empfahl für ein Wirbelsäulenleiden bei Bandscheibenvorfall ohne sensible und motorische Ausfälle die Feststellung eines GdB von 20 ab dem 22.04.2010. Gestützt auf die versorgungsärztliche Stellungnahme des Dr. Z. vom 28.06.2010 (Bandscheibenleiden bei Bandscheibenvorfall ohne sensible oder neurologische Ausfälle, Blatt 8 VA) stellte das LRA mit Bescheid vom 14.07.2010 einen GdB von 20 ab dem 22.04.2010 fest.
Gegen den Bescheid erhob der Kläger am 29.07.2010 Widerspruch (Blatt 13 VA) und machte geltend, dass unter Berücksichtigung des Entlassungsberichtes über die stationäre Rehabilitation ein GdB von 20 völlig inakzeptabel sei. Das LRA zog den Entlassungsbericht über die in der Zeit vom 03.05.2010 bis 29.05.2010 in der R.klinik durchgeführte stationäre Rehabilitation bei (Blatt 30 VA), zu dem Dr. K. die versorgungsärztliche Stellungnahme vom 01.10.2010 (Blatt 31 VA) erstattete und weiterhin einen GdB von 20 empfahl. Den Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28.10.2010 zurück (Blatt 36 VA).
Am 28.06.2013 (Blatt 38 VA) beantragte der Kläger die Neufeststellung des GdB. Vorgelegt wurden die Befundberichte des Facharztes für Neurochirurgie Dr. K. vom 18.04.2013 (Blatt 40 VA) und 25.04.2013 (Blatt 43 VA). Dr. F. wies in ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 19.07.2013 darauf hin, dass die Operation der LWS erst am 24.04.2013 stattgefunden habe, sodass bleibende Schäden erst im Oktober beurteilt werden könnten. Das LRA stellte den Antrag zunächst zurück (Schreiben vom 29.07.2013, Blatt 45 VA) und zog sodann den Entlassungsbericht über die in der Zeit vom 31.07.2013 bis 28.08.2013 in der R.klinik durchgeführte stationäre Rehabilitation bei (Blatt 55 VA), zu dem Dr. Z. die versorgungsärztliche Stellungnahme vom 20.09.2013 (Blatt 56 VA) erstattete, in der er ausführte, dass das Wirbelsäulenleiden nach der Reha mit leichten Hypästhesien am gesamten linken Unterschenkel und Fuß bestehe. Der Diabetes sei mit Metformin eingestellt und ohne GdB, die Adipositas diabetisch behandelbar. Mit Bescheid vom 07.11.2013 (Blatt 60 VA) stellte das LRA einen GdB von 30 ab dem 20.06.2013 fest und berücksichtigte zusätzlich eine Spinalkanalstenose. Die Adipositas und der Diabetes mellitus bedingten keinen Einzel-GdB von wenigstens 10.
Mit Schreiben vom 13.06.2014 (Blatt 63 VA) erinnerte der Kläger an die Verbescheidung des Widerspruchs, auf den (telefonischen) Hinweis des LRA, dass kein Widerspruch vorliege, wurde mit Telefax vom 16.06.2014 das Widerspruchsschreiben vom 16.11.2013 (Blatt 66 VA) übermittelt. Das LRA holte den Befundschein des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. B. vom 24.06.2014 (Blatt 78 VA) ein, der unter anderem Laborbefunde und die Befundberichte des Dr. K. vom 17.03.2014 (Blatt 72 VA) und 18.12.2013 (Blatt 71 VA) vorlegte. Weiterhin holte das LRA den Befundbescheid des Dr. K. vom 30.07.2014 (Blatt 84 VA) sowie den Befundbericht vom 09.10.2014 (Facharzt für Neurochirurgie H. – Blatt 102 VA) ein. Dr. W. erstattete die versorgungsärztliche Stellungnahme vom 10.11.2014 (Blatt 104 VA) und führte aus, dass auch nach dem neuesten Befund vom 09.10.2014 kein GdB von mehr als 30 erreicht werde. Im Mai 2014 sei der Kläger komplett beschwerdefrei gewesen, die jetzigen Beschwerden würden erst seit drei Monaten vorliegen, eine operative Korrektur sei vor Ende der 6-Monats-Frist beabsichtigt. Den Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20.11.2014 (Blatt 108 VA) zurück.
Am 02.12.2014 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) und legte den Operationsbericht des Dr. T. vom 12.05.2014 (Blatt 15 SG-Akte) vor. Er leide an erheblichen Bewegungseinschränkungen, daneben bestünden ein Diabetes mellitus und Bluthochdruck. Ergänzende legte er den Befundbericht des Dr. K. vom 24.09.2015 (Blatt 135 SG-Akte) vor. Das SG holte die sachverständigen Zeugenauskünfte des Dr. J. B. (Allgemeinmedizin, Blatt 29/90 SG-Akte), der Dr. A. B. (Allgemeinmedizin, Blatt 91/96 SG-Akte) und des Dr. K. (Neurochirurgie, Blatt 97/128 SG-Akte), der auch den Entlassungsbericht über die in der Zeit vom 29.12.2014 bis 19.01.2015 in der m. Fachklinik H. durchgeführte stationäre Rehabilitation vorlegte (Blatt 124 SG-Akte), ein. Der Beklagte legte die Stellungnahme des Versorgungsarztes D. vom 10.11.2015 vor, der ausführte, dass eine Bewertung des Wirbelsäulenleidens mit einem GdB von 50 einer weitgehenden Versteifung der Wirbelsäule entspräche, wobei ein solcher Zustand bei dem Kläger nicht gegeben sei. Berufliche Gesichtspunkte beträfen ein anderes Rechtsgebiet und seien nicht zu berücksichtigen. Auch der günstige Verlauf der stationären Rehabilitation würde keinen höheren GdB als 30 begründen, der GdB von 30 berücksichtige schwere funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt. Die erfolgreich durchgeführte Laser- Diskusdekompression am 23.09.2015 ändere an der Bewertung des Wirbelsäulenleidens nichts. Ein Teil-GdB von 10 für die depressive Verstimmung stütze das Klagebegehren im Ergebnis nicht. Auch ein Teil-GdB von 20 führe zu keiner anderen Beurteilung, da wegen der Überschneidungen mit den ohnehin berücksichtigten üblichen seelischen Begleiterscheinungen keine Erhöhung des Gesamt-GdB bedingt werde. Die Klage wies das SG mit Urteil vom 25.01.2016 ab, da eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen eingetreten sei, die mit einem GdB von 30 zu berücksichtigen sei. Für die Wirbelsäule rechtfertige sich ein Teil-GdB von 30, soweit es aufgrund des im September 2015 aufgetretenen Bandscheibenvorfalls zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes gekommen sein sollte, sei der weitere Verlauf abzuwarten. Die leichte Depression führe zu einem Teil-GdB von allenfalls 20, aufgrund der fehlenden engmaschigen psychiatrischen Behandlung könne nicht von einem höheren Leidensdruck ausgegangen werden. Im Übrigen komme es zu Überschneidungen zwischen dem orthopädischen und nervenärztlichen Fachgebiet. Die übrigen geltend gemachten Störungen (Bluthochdruck, Diabetes mellitus und Beinverkürzung) rechtfertigten keinen Teil-GdB von wenigstens 10, da es an relevanten Funktionseinschränkungen fehle. Ein höherer Gesamt-GdB als 30 sei nicht zu begründen, die gegenteilige Einschätzung des Dr. B. in der schriftlichen Zeugenauskunft mit einem Gesamt-GdB von 50 überzeuge nicht, da diese nicht den Vorgaben der VersMedV entspreche.
Gegen das am 03.02.2016 zugestellte Urteil hat der Kläger am 23.02.2016 Berufung zum Landessozialgericht Baden- Württemberg (LSG) eingelegt. Er macht geltend, dass die Schwere der Funktionseinschränkungen an der Wirbelsäule verkannt worden sei. Die Hyperuricämie, die Hypertonie, die Hyperlipidämie sowie der Diabetes mellitus seien unberücksichtigt geblieben.
Der Kläger beantragt – sachdienlich gefasst –,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 25.01.2016 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, unter Abänderung des Bescheides vom 07.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.11.2014 ab 28.06.2013 bis August 2015 einen GdB von 50 sowie ab September 2015 einen GdB von 60 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Der Senat hat die sachverständige Zeugenauskunft des Dr. T. vom 17.08.2016 (Blatt 32/36 Senatsakte), des Orthopäden Dr. A. vom 23.02.2018 (Blatt 107/114 Senatsakte) und des Facharztes für Allgemeinmedizin E. vom 31.05.2017 und 08.02.2018 (Blatt 78/86 sowie 102/106 Senatsakte) sowie das orthopädische Sachverständigengutachten des Dr. D. vom 04.05.2017 (Blatt 55/73 Senatsakte) eingeholt. Dieser hat ausgeführt, dass die Wirbelsäulenbeeinträchtigungen einen Teil-GdB von 30 bedingen würden, unter Berücksichtigung eines Teil-GdB von 20 für eine seelische Störung sei ein Gesamt-GdB von 30 anzunehmen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Blatt 117/118 Senatsakte).
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungs- und Gerichtsakte ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Absatz 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet. Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 07.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.11.2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger kann die Feststellung eines höheren GdB als 30 nicht beanspruchen, da eine weitergehende Verschlechterung nicht eingetreten ist.
Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides ist § 48 Absatz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) der bestimmt, dass der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung für die GdB-Feststellung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen, welche ihrerseits nicht zum sogenannten Verfügungssatz des Bescheides gehören, zugrunde gelegten Teil-GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG Urteil vom 10.09.1997 – 9 RVs 15/96, BSGE 81, 50). Hierbei handelt es sich nämlich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustands mit dem bindend festgestellten früheren Behinderungszustand ermittelt werden. Eine wesentliche Änderung der Verhältnisse, die dem Bescheid vom 14.07.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.10.2010 zu Grunde lagen, und die einen höheren Gesamt-GdB als 30 bedingen, wie ihn der Beklagte zuerkannt hat, konnte der Senat nicht feststellen.
Rechtsgrundlage für die GdB-Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX (§ 152 SGB IX) in der ab dem 01.01.2018 geltenden Fassung des Bundesteilhabegesetzes vom 23.12.2016 (BGBl. I 2016, 3234), da maßgeblicher Zeitpunkt bei Verpflichtungs- und Leistungsklagen der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung der Tatsacheninstanz ist, wobei es für laufende Leistungen auf die Sach- und Rechtslage in dem jeweiligen Zeitraum ankommt, für den die Leistungen begehrt werden; das anzuwendende Recht richtet sich nach der materiellen Rechtslage (Keller in: Meyer- Ladewig, SGG, 12. Auflage, § 54 RdNr. 34). Nachdem § 241 Abs. 2 SGB IX lediglich eine (Übergangs-)Vorschrift im Hinblick auf Feststellungen nach dem Schwerbehindertengesetz enthält, ist materiell-rechtlich das SGB IX in seiner derzeitigen Fassung anzuwenden.
Nach dessen § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX sind Menschen mit Behinderung solche Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung in diesem Sinne liegt nach § 2 Abs.1 Satz 2 SGB IX liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht.
Auf Antrag des behinderten Menschen stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB zum Zeitpunkt der Antragstellung fest (§ 152 Abs. 1 Satz 1 SGB IX).
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze aufzustellen, die für die Bewertung des Grades der Behinderung, die Kriterien für die Bewertung der Hilflosigkeit und die Voraussetzungen für die Vergabe von Merkzeichen maßgebend sind, die nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind. Soweit noch keine Verordnung nach § 153 Abs. 2 SGB IX erlassen ist, gelten die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der auf Grund des § 30 Abs. 16 BVG erlassenen Rechtsverordnungen entsprechend. Damit gilt weiterhin die Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10.12.2009 (BGBl. I, 2412), deren Anlage zu § 2 die "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" (VG) beinhalten. Diese stellen – wie auch die zuvor geltenden Anhaltspunkte (AHP) - auf funktionelle Beeinträchtigungen ab, die im Allgemeinen zunächst nach Funktionssystemen zusammenfassend (dazu vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG) und die hieraus gebildeten Einzel-GdB (vgl. A Nr. 3a) VG) nach § 152 Abs. 3 SGB IX (zuvor: § 69 Abs. 3 SGB IX) anschließend in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen sind. Die Feststellung der jeweiligen Einzel-GdB folgt dabei nicht einzelnen Erkrankungen sondern den funktionellen Auswirkungen aller derjenigen Erkrankungen, die ein einzelnes Funktionssystem betreffen.
Die Bemessung des Gesamt-GdB (dazu s. unten) erfolgt nach § 152 Abs. 3 SGB IX (zuvor: § 69 Abs. 3 SGB IX). Danach ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. Insoweit scheiden dahingehende Rechtsgrundsätze, auch solche, dass ein Einzel-GdB nie mehr als die Hälfte seines Wertes den Gesamt-GdB erhöhen kann, aus. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. Teil A Nr. 3 VG). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3 3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten und ob die Behinderungen in ihrer Gesamtheit ein Ausmaß erreichen, das die Schwerbehinderung bedingt. Insoweit ist für die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft – gleiches gilt für alle Feststellungsstufen des GdB - nach den allgemeinen Beschreibungen in den einleitenden Teilen der VG als Maßstab der Vergleich zu den Teilhabebeeinträchtigungen anderer Behinderungen anzustellen, für die im Tabellenteil ein Wert von 50 – oder anderer Werte - fest vorgegeben ist (BSG 16.12.2014 – B 9 SB 2/13 R – SozR 4-3250 § 69 Nr. 18 = juris). Damit entscheidet nicht die Anzahl einzelner Einzel-GdB oder deren Höhe die Höhe des festzustellenden Gesamt-GdB, sondern der Gesamt-GdB ist durch einen Vergleich der im zu beurteilenden Einzelfall bestehenden Funktionsbehinderungen mit den vom Verordnungsgeber in den VG für die Erreichung einer bestimmten Feststellungsstufe des GdB bestimmten Funktionsbehinderungen – bei Feststellung der Schwerbehinderung ist der Vergleich mit den für einen GdB von 50 in den VG vorgesehenen Funktionsbehinderungen, bei Feststellung eines GdB von 60 ist der Vergleich mit den für einen GdB von 60 in den VG vorgesehenen Funktionsbehinderungen usw. vorzunehmen – zu bestimmen. Maßgeblich sind damit grundsätzlich weder Erkrankungen oder deren Schlüsselung in Diagnosemanualen an sich noch ob eine Beeinträchtigung der beruflichen Leistungsfähigkeit aufgetreten ist, sondern ob und wie stark die funktionellen Auswirkungen der tatsächlich vorhandenen bzw. ärztlich objektivierten Erkrankungen die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX) anhand eines abstrakten Bemessungsrahmens (Senatsurteil 26.09.2014 – L 8 SB 5215/13 – juris RdNr. 31) beeinträchtigen. Dies ist – wie dargestellt – anhand eines Vergleichs mit den in den VG gelisteten Fällen z.B. eines GdB von 50 festzustellen. Letztlich handelt es sich bei der GdB-Bewertung nämlich nicht um eine soziale Bewertung von Krankheit und Leid, sondern um eine anhand rechtlicher Rahmenbedingungen vorzunehmende, funktionell ausgerichtete Feststellung.
Nach diesen Maßstäben ist für die Wirbelsäule ein Einzel-GdB von 30 zu berücksichtigen.
Nach den VG Teil B 18.9 ist bei Wirbelsäulenschäden mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurz dauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) ein Teil-GdB von 10, mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) ein Teil-GdB von 20, mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) ein Teil-GdB von 30 und mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten ein Teil-GdB von 30 bis 40 gerechtfertigt. Maßgebend ist dabei, dass die Bewertungsstufe GdB 30 bis 40 erst erreicht wird, wenn mittelgradige bis schwere funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vorliegen. Die Obergrenze des GdB 40 ist danach erreicht bei schweren Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten (Senatsurteil vom 24.01.2014 - L 8 SB 2497/11 -, veröffentlicht in juris und im Internet sozialgerichtsbarkeit.de). Erst bei Wirbelsäulenschäden mit besonders schweren Auswirkungen (z. B. Versteifung großer Teile der Wirbelsäule; anhaltende Ruhigstellung durch Rumpforthese, die drei Wirbelsäulenabschnitte umfasst (z. B. Milwaukee-Korsett); schwere Skoliose (ab ca. 70° nach Cobb) ist eine GdB von 50 bis 70 und bei schwerster Belastungsinsuffizienz bis zur Geh- und Stehunfähigkeit ein GdB von 80 bis 100 gerechtfertigt, die jedoch beim Kläger nicht vorliegen und auch nicht geltend gemacht werden. Anhaltende Funktionsstörungen infolge Wurzelkompression mit motorischen Ausfallerscheinungen oder auch die intermittierenden Störungen bei der Spinalkanalstenose sowie Auswirkungen auf die inneren Organe sind zusätzlich zu berücksichtigen. Gestützt auf das Sachverständigengutachten des Dr. D. stellt der Senat fest, dass die Wirbelsäulenbeeinträchtigung des Klägers einen Einzel-GdB von 30 bedingt. Die gleichlautende GdB-Einschätzung von Dr. D. steht insoweit im Einklang mit der Bewertung der Versorgungsärzte Dr. Z. vom 20.09.2013, Dr. W. vom 10.11.2014 und Dr. W. vom 07.02.2017. Zwar beschreibt Dr. D. anhand seiner Untersuchung des Klägers am 31.03.2017 nur gering bis mittelgradige Bewegungseinschränkungen in der Wirbelsäule. Die Beweglichkeit der Halswirbelsäule ist beim Kopfvorwärtsneigen bis 50 Grad und beim Kopfrückwärtsneigen bis 45 Grad möglich, das Seitwärtsdrehen des Kopfes ist beidseits bis 60 Grad möglich gewesen, das Neigen des Kopfes bis 35 Grad. Dementsprechend liegen im Bereich der Halswirbelsäule nur leichte Einschränkungen vor, entsprechendes gilt für die Brustwirbelsäule. Die Oberkörperrotation war bis 25 Grad möglich, das Neigen des Oberkörpers nach rechts bis 25 Grad und nach links bis 30 Grad, sodass auch hier nur endgradige Einschränkungen gegeben sind. Die Lendenwirbelsäule entfaltete sich beim Vorwärtsneigen zu 70%, wobei das Schober’sche Zeichen bei 10/13,5 cm lag, der Finger-Boden-Abstand wird mit 37 cm angegeben. Ein Ischias Dehnungsschmerz konnte rechts wie links nicht ausgelöst werden, ein Hinweis auf ein aktuelles motorisches oder sensibles Nervenwurzelreizsyndrom seitens lumbaler Spinalnerven bestand nicht. Die Gesamtbeweglichkeit der Wirbelsäule gibt der Sachverständige mit 110 Grad und damit unterhalb der Norm liegend (120 bis 150 Grad) an. Die distale S1-Symptomatik wertet der Sachverständige als Irritation durch Narbengewebe nach Bandscheibenoperation und Wirbelsäulensegmentversteifung, wobei die Röntgenaufnahmen der Lendenwirbelsäule eine regelrechte Implantatlage der instrumentierten Wirbelsäulensegmentversteifung zeigten und eine Instabilität aufgrund der Funktionsaufnahmen der Lendenwirbelsäule ausgeschlossen ist.
Der Annahme des Dr. D. , dass den GdB 30 rechtfertigende, sehr schwere Beeinträchtigungen im Bereich der Wirbelsäule bestehen, vermag der Senat trotz Berücksichtigung der erhobenen Bewegungsbefunde zu folgen, obgleich der Sachverständige in der Gesamtschau die Bewegungseinschränkungen der drei Wirbelsäulenabschnitten mit mittelgradigen funktionellen Einschränkungen eines Wirbelsäulenabschnitts gleichsetzt und hieraus einen – gedachten – Teil-GdB von 20 ableitet. Denn zutreffend wird im Hinblick auf den Beschwerdeverlauf und den angewandten Therapieoptionen von einer schweren funktionellen Auswirkung ausgegangen im Hinblick auf häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome. Seit Antragstellung des Klägers am 28.06.2013 leidet der Kläger an behandlungsbedürftigen und häufig auch arbeitsunfähigkeitsverursachenden Wirbelsäulensyndromen. So wurde der Kläger bereits vor seiner Antragstellung am 28.06.2013 im November und Dezember 2012 bis Anfang Januar 2013 an der Lendenwirbelsäule mit Computertomographie(CT)-gesteuerten Infiltrationen behandelt (Dr. K. , Operationsbericht vom 24.04.2013 und Bericht vom 18.04.2013), am 24.04.2013 erfolgte eine operative Laser-Diskusdekompression (Operationsbericht vom 24.04.2013) und schließlich wurde der Kläger vom 31.07.2013 bis 28.08.2013 stationär behandelt (Entlassungsbericht der R.klinik, Bad K. , vom 28.08.2013). Die Entlassung erfolgte als arbeitsunfähig mit stufenweiser Wiedereingliederung bis 30.09.2013 (Entlassungsbericht vom 28.08.2013). Bereits im Dezember 2013 stellte sich der Kläger erneut mit Schmerzen in der Lendenwirbelsäule bei Dr. K. vor (Arztbrief vom 18.12.2013), wobei er eine Schmerzlinderung angab und Dr. K. von einem stabilisierten Zustand ausging. Bereits im März 2014 werden aber erneut rezidivierende, im S1-Dermatom verlaufende Schmerzen geklagt, die für Dr. K. eine Operationsindikation eröffneten; die letzte Infiltrationstherapie habe nur für drei Monate Linderung gebracht (Arztbrief von Dr. K. vom 17.03.2014). Am 12.05.2014 wurde erneut eine Wurzeldekompression bei diagnostizierter Spinalkanalstenose bei L 5/S1 vorgenommen (Operationsbericht von Dr. T. vom 12.05.2014). Erneut traten im Juli 2014 Schmerzen auf, die mit Facettengelenksinfiltrationen bei L4/5 und L5/S1 am 30.07.2014 um 29.08.2014 bei fortbestehender Arbeitsfähigkeit behandelt wurden (Arztbriefe von Dr. K. vom 15.07.2014 und 30.07.2014). Bei weiter fortbestehender Arbeitsfähigkeit kam es ab September 2014 zu brennenden Schmerzen, wobei Lumbalbeschwerden nur mäßiggradig bestanden. Die Infiltrationen halfen dem Patienten nur vorübergehend (Arztbrief von Dr. K. vom 01.09.2014). Bei therapieresistenten Beschwerden sah Dr. H. erneut die Indikation für eine mikrochirurgische Dekompression beidseits von L4/5 (Arztbrief von Dr. K. vom 01.09.2014 und von Dr. H. vom 09.10.2014). Der Kläger wurde vom 08.12.2014 bis 11.12.2014 stationär mit erneuter operativer mikrochirurgischen Dekompression behandelt (vorläufiger Entlassungsbericht von Dr. T. vom 11.12.2014) und befand sich vom 29.12.2014 bis 19.01.2015 in stationärer Behandlung in den Fachkliniken H. , wo er als arbeitsunfähig entlassen wurde (Klinikbescheinigung vom 15.01.2015). Am 23.09.2015 erfolgte wiederum eine Laser-Diskusdekompression (Operationsbericht von Dr. K. vom 23.09.2015). Einen (zeitweilig) höheren GdB zwischen dem Verschlechterungsantrag und der Begutachtung durch Dr. D. konnte der Senat ebenfalls nicht feststellen. Der Versorgungsarzt Dr. W. hat in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 10.11.2014 (Blatt 104 VA) überzeugend dargelegt, dass der Kläger im Mai 2014 komplett beschwerdefrei gewesen ist (Befundbericht des Dr. T. vom 14.05.2014, Blatt 102 SG-Akte) und aus dem Befund vom 09.10.2014 kein höherer GdB als 30 resultiert, was durch das Ergebnis der in der Zeit vom 26.05.2014 bis 19.06.2014 in der R.klinik durchgeführten stationären Rehabilitation bestätigt wird (Entlassungsbericht vom 23.06.2014, Blatt 52 ff. SG-Akte). Aus der im Dezember 2014 durchgeführten mikrochirurgischen Dekompression folgt nichts anderes, da der Senat dem vorläufigen Entlassungsbericht des Dr. T. vom 11.12.2014 (Blatt 70 SG-Akte) entnimmt, dass der Eingriff komplikationslos verlaufen ist und der Kläger im Verlauf vollständig mobil und bezüglich der radikulären Symptomatik schmerzfrei gewesen ist.
Für Bewegungseinschränkungen an der rechten Schulter rechtfertigt sich ein Teil-GdB von 10. Nach VG 18.13 bedingen Bewegungseinschränkungen des Schultergelenks bei einer möglichen Armhebung nur bis 120° mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit einen GdB von 10, ein GdB von 20 ist bei einer nur möglichen Armhebung bis zu 90° mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit anzunehmen. Zwar kann der Senat dem Sachverständigengutachten des Dr. D. entnehmen, dass bei dessen Untersuchung (31.03.2017) die Armhebung nur bis 80° möglich gewesen ist, jedoch kann nicht festgestellt werden, dass es sich um eine dauerhafte Bewegungseinschränkung handelt, da Dr. A. in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 23.02.2018 (Blatt 107 Senatsakte) Werte für die rechte Schulter für die Flexion vom 170°(09.05.2017), 160° (20.06.2017), 100° (05.09.2017) und 110° (14.11.2017) mitgeteilt hat, sodass der Ansatz eines höheren Teil-GdB als 10 nicht in Betracht kommt.
Für Bewegungseinschränkungen im Bereich der Hüfte ist kein Teil-GdB zu berücksichtigen. VG 18.14 bestimmt hinsichtlich Bewegungseinschränkungen der Hüftgelenke:
geringen Grades (z.B. Streckung/Beugung bis zu 0-10-90 mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit) einseitig 10 – 20 beidseitig 20 – 30
mittleren Grades (z.B. Streckung/Beugung bis zu 0-30-90 mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit) einseitig 30 beidseitig 50
Diesbezüglich entnimmt der Senat dem Befundbericht des Dr. Ha. vom 29.11.2016 (Blatt 45 Senatsakte), dass bei nicht eingebrochener Hüftkopfnekrose links keine ausgeprägte Begleitreaktion bestanden hat, die Beweglichkeit wurde mit 100-0-0° angegeben und keine OP-Indikation gesehen. Eine mögliche Beugung der linken Hüfte bis 100° ergibt sich weiter aus dem Sachverständigengutachten des Dr. D. (Blatt 66 Senatsakte) und der sachverständigen Zeugenauskunft des Dr. A. vom 23.02.2018 (Werte vom 29.11.2016, 19.01.2017 und 16.01.2018 – Blatt 108/109 Senatsakte).
Weitere Einschränkungen auf orthopädischem Fachgebiet kann der Senat auf Grundlage des Sachverständigengutachtens des Dr. D. nicht feststellen, insbesondere ist eine Versteifung des linken Fußes (Schriftsatz des Klägers vom 29.10.2015 – Blatt 134 SG-Akte) nicht nachgewiesen. Dr. D. konnte lediglich eine endgradig eingeschränkte Beweglichkeit im linken oberen und unteren Sprunggelenk feststellen, die nicht GdB-relevant ist (Blatt 66 Senatsakte). Die vom Kläger geltend gemachte Beinverkürzung von 1 cm ist nicht GdB-relevant, da nach VG 18.14 Beinverkürzungen bis 2,4 cm mit einem GdB von 0 zu bewerten sind und erst solche von über 2,5 cm bis 4 cm einen GdB von 10 ergeben.
Für den Diabetes Mellitus kann kein Teil-GdB berücksichtigt werden. Nach VG 15.1 erleiden die an Diabetes erkrankten Menschen, deren Therapie regelhaft keine Hypoglykämie auslösen kann und die somit in der Lebensführung kaum beeinträchtigt sind, durch den Therapieaufwand keine Teilhabebeeinträchtigung, die die Feststellung eines GdS rechtfertigt, der GdS beträgt 0. Die an Diabetes erkrankten Menschen, deren Therapie eine Hypoglykämie auslösen kann und die durch Einschnitte in der Lebensführung beeinträchtigt sind, erleiden durch den Therapieaufwand eine signifikante Teilhabebeeinträchtigung, der GdS beträgt 20. Die an Diabetes erkrankten Menschen, deren Therapie eine Hypoglykämie auslösen kann, die mindestens einmal täglich eine dokumentierte Überprüfung des Blutzuckers selbst durchführen müssen und durch weitere Einschnitte in der Lebensführung beeinträchtigt sind, erleiden je nach Ausmaß des Therapieaufwandes und der Güte der Stoffwechseleinstellung eine stärkere Teilhabebeeinträchtigung, der GdS beträgt 30 bis 40. Nach diesen Maßstäben kann der Senat, gestützt auf die sachverständige Zeugenauskunft des Arztes für Allgemeinmedizin E. vom 08.02.2018 (Blatt 102 ff. Senatsakte), feststellen, dass bei dem Kläger ein medikamentös mit Januvia und Jardiance behandelter Diabetes Mellitus besteht. Hinsichtlich dieser Präparate hat der behandelnde Arzt für den Senat überzeugend dargelegt, dass unter Januvia Hypoglykämien nur bei Kombinationsanwendung mit Insulin oder Sulfunylharnstoffen beschrieben werden, derartige Substanzen dem Kläger jedoch nicht verabreicht werden und es nach den Fachinformationen zu Jardiance keine Hinweise auf ein erhöhtes Hypoglykämierisiko unter gleichzeitiger Einnahme von Januvia gibt. Ergänzend hat Dr. R. in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 09.08.2017 (Blatt 91 Senatsakte) dargelegt, dass es sich bei Januvia um ein Gliptid handelt, das eine glukoseabhängige Stimulation der Insulinfreisetzung bewirkt, wobei Präparate mit blutzuckerabhängiger insulinotroper Wirkung nicht zu Hypoglykämien führen. Letztlich weist der behandelnde Arzt darauf hin, dass der Kläger zu keinem Zeitpunkt über typische Symptome einer Hypoglykämie oder zu niedrige Blutzuckerwerte geklagt hat. Eine relevante Teilhabebeeinträchtigung liegt daher nicht vor.
Weitere Erkrankungen auf internistischem Fachgebiet, die einen Teil-GdB bedingen, konnte der Senat nicht feststellen. Soweit der Kläger auf einen Bluthochdruck verweist, bestimmt VG 9.3, dass eine leichte Hypertonie ohne oder mit geringen Leistungsbeeinträchtigungen (höchstens leichte Augenhintergrundveränderungen) einen GdB von 0 – 10 ergibt, eine mittelschwere Form mit Organbeteiligung leichten bis mittleren Grades und einem diastolischen Blutdruck mehrfach über 100 mm Hg trotz Behandlung je nach Leistungsbeeinträchtigung einen GdB von 20 bis 40. Diesbezüglich entnimmt der Senat dem Entlassungsbericht der m. Fachkliniken H. vom 20.04.2016 (Blatt 81 Senatsakte), dass der Blutdruck mit 150/90 mmHg (so auch im Entlassungsbericht der R.klinik vom 23.06.2014 – Blatt 52 SG-Akte) beschrieben ist und als Medikation Metoprolol 100 1-0-0 (so schon der Reha-Entlassungsbericht vom 28.08.2013 – Blatt 38 SG-Akte) angegeben wird, wie dies auch der Facharzt für Allgemeinmedizin E. angegeben hat (Blatt 86 Senatsakte). Anhaltpunkte für eine Organbeteiligung bestehen keine, sodass der Ansatz eines Teil-GdB für den Bluthochdruck nicht in Betracht kommt. Hinsichtlich der Hyperurikämie (erhöhte Konzentration von Harnsäure, vgl. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, Seite 968) und der Hyperlipidämie (Vermehrung des Fettgehalts, insbesondere der Neutralfette im Serum, vgl. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, Seite 957) kann der Senat keine relevante Teilhabebeeinträchtigung feststellen, sodass auch diese nicht GdB-relevant sind.
Letztlich kann sich der Senat nicht davon überzeugen, dass auf psychiatrischem Fachgebiet Einschränkungen vorliegen, die einen höheren Einzel-GdB als 10 bedingen. Nach den VG Teil B 3.7 ist bei Neurosen, Persönlichkeitsstörungen oder Folgen psychischer Traumen mit leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen der GdB mit 0 bis 20, bei stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z. B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) der GdB mit 30 bis 40 und bei schweren Störungen (z. B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten der GdB mit 50 bis 70 und mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten der GdB mit 80 bis 100 zu bewerten. Der Senat konnte feststellen, dass erstmals im Rehaentlassungsbericht vom 23.06.2014 (Blatt 57 SG-Akte) ausgeführt wird, dass sich der Kläger gereizt und erschöpft gefühlt habe, sodass diagnostisch von einer depressiven Episode auszugehen sei. Dementsprechend ergibt sich aus der sachverständigen Zeugenauskunft der Allgemeinmedizinerin Dr. A. B. vom 18.03.2015 (Blatt 91 SG-Akte), dass erst der Verlauf über die Schwere der Erkrankung entscheiden könne und derzeit ihrer Einschätzung nach von einer leichten Depression auszugehen sei. Über den Verlauf der depressiven Stimmungslage nach der letzten Vorstellung des Klägers bei Dr. B. im März 2015 sind keine weiteren Arztbriefe aktenkundig geworden. Für eine weitergehende oder intensivierte Behandlung bestehen keine Anhaltspunkte. Der nach wie vor berufstätige Kläger hatte bei Dr. B. angegeben, er sei leicht gereizt. Wenn viele Leute bei ihm zu Hause seien, werde es ihm schnell zu viel, er brauche seine Ruhe. Neben der damit deutlich werdenden herabgestimmten Gemütslage, letztlich als Reaktion auf die fortbestehenden Schmerzen, ergeben sich hieraus keine weiteren ernsthaften Einschränkungen in der Alltagsbewältigung und Lebensgestaltung. Die nur geringgradige affektive Beeinträchtigung ist als leichte psychische Störung mit einem GdB von 10 ausreichend bewertet. Aufgrund der fehlenden ärztlichen Behandlung kann nicht davon ausgegangen werden, dass das diagnostizierte seelische Leiden des Klägers über eine leichtere psychische Störung hinausgegangen ist und bereits eine stärker behindernde Störung im Sinne der GdB-Bewertungsgrundsätze darstellte (dazu vgl. Senatsurteil vom 17.12.2010 - L 8 SB 1549/10, juris RdNr. 31). Ein entsprechender Leidensdruck des Klägers, der bei einer stärker behindernden psychischen Störung zu erwarten wäre, findet sich nicht. Umstände, die der fehlenden Behandlung eine andere Indizwirkung zukommen lassen, wie z. B. die Nichtgenehmigung der Behandlung seitens der Krankenkasse oder eine lange Wartezeit vor der Behandlung, sind nicht ersichtlich.
Aus den Einzel-GdB Werten von 30 für die Wirbelsäule, 10 für die Psyche und 10 für die Schulter ergibt sich jedenfalls kein höherer als der von dem Beklagten festgestellte GdB 30. Die Schmerzsymptomatik ist im Einzel-GdB von 30 für die Wirbelsäulenbeeinträchtigung weitgehend berücksichtigt, so dass selbst dann, wenn mit der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. W. vom 07.02.2017 von einem Einzel-GdB von 20 für die psychische Beeinträchtigung ausgegangen würde, sich dieser nicht erhöhend auf den Einzel-GdB 30 auswirken würde. Die Berufung konnte daher keinen Erfolg haben und war zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung eines höheren Grades der Behinderung (GdB).
Der 1961 geborene Kläger beantragte bei dem Landratsamt C. (LRA) am 22.04.2010 (Blatt 1 VA) erstmals die Feststellung eines GdB.
Das LRA holte den Befundschein des Orthopäden Dr. H. vom 26.03.2010 (Blatt 7 VA) ein, Dr. Z. erstattete die versorgungsärztliche Stellungnahme vom 28.06.2010 (Blatt 9 VA) und empfahl für ein Wirbelsäulenleiden bei Bandscheibenvorfall ohne sensible und motorische Ausfälle die Feststellung eines GdB von 20 ab dem 22.04.2010. Gestützt auf die versorgungsärztliche Stellungnahme des Dr. Z. vom 28.06.2010 (Bandscheibenleiden bei Bandscheibenvorfall ohne sensible oder neurologische Ausfälle, Blatt 8 VA) stellte das LRA mit Bescheid vom 14.07.2010 einen GdB von 20 ab dem 22.04.2010 fest.
Gegen den Bescheid erhob der Kläger am 29.07.2010 Widerspruch (Blatt 13 VA) und machte geltend, dass unter Berücksichtigung des Entlassungsberichtes über die stationäre Rehabilitation ein GdB von 20 völlig inakzeptabel sei. Das LRA zog den Entlassungsbericht über die in der Zeit vom 03.05.2010 bis 29.05.2010 in der R.klinik durchgeführte stationäre Rehabilitation bei (Blatt 30 VA), zu dem Dr. K. die versorgungsärztliche Stellungnahme vom 01.10.2010 (Blatt 31 VA) erstattete und weiterhin einen GdB von 20 empfahl. Den Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28.10.2010 zurück (Blatt 36 VA).
Am 28.06.2013 (Blatt 38 VA) beantragte der Kläger die Neufeststellung des GdB. Vorgelegt wurden die Befundberichte des Facharztes für Neurochirurgie Dr. K. vom 18.04.2013 (Blatt 40 VA) und 25.04.2013 (Blatt 43 VA). Dr. F. wies in ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 19.07.2013 darauf hin, dass die Operation der LWS erst am 24.04.2013 stattgefunden habe, sodass bleibende Schäden erst im Oktober beurteilt werden könnten. Das LRA stellte den Antrag zunächst zurück (Schreiben vom 29.07.2013, Blatt 45 VA) und zog sodann den Entlassungsbericht über die in der Zeit vom 31.07.2013 bis 28.08.2013 in der R.klinik durchgeführte stationäre Rehabilitation bei (Blatt 55 VA), zu dem Dr. Z. die versorgungsärztliche Stellungnahme vom 20.09.2013 (Blatt 56 VA) erstattete, in der er ausführte, dass das Wirbelsäulenleiden nach der Reha mit leichten Hypästhesien am gesamten linken Unterschenkel und Fuß bestehe. Der Diabetes sei mit Metformin eingestellt und ohne GdB, die Adipositas diabetisch behandelbar. Mit Bescheid vom 07.11.2013 (Blatt 60 VA) stellte das LRA einen GdB von 30 ab dem 20.06.2013 fest und berücksichtigte zusätzlich eine Spinalkanalstenose. Die Adipositas und der Diabetes mellitus bedingten keinen Einzel-GdB von wenigstens 10.
Mit Schreiben vom 13.06.2014 (Blatt 63 VA) erinnerte der Kläger an die Verbescheidung des Widerspruchs, auf den (telefonischen) Hinweis des LRA, dass kein Widerspruch vorliege, wurde mit Telefax vom 16.06.2014 das Widerspruchsschreiben vom 16.11.2013 (Blatt 66 VA) übermittelt. Das LRA holte den Befundschein des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. B. vom 24.06.2014 (Blatt 78 VA) ein, der unter anderem Laborbefunde und die Befundberichte des Dr. K. vom 17.03.2014 (Blatt 72 VA) und 18.12.2013 (Blatt 71 VA) vorlegte. Weiterhin holte das LRA den Befundbescheid des Dr. K. vom 30.07.2014 (Blatt 84 VA) sowie den Befundbericht vom 09.10.2014 (Facharzt für Neurochirurgie H. – Blatt 102 VA) ein. Dr. W. erstattete die versorgungsärztliche Stellungnahme vom 10.11.2014 (Blatt 104 VA) und führte aus, dass auch nach dem neuesten Befund vom 09.10.2014 kein GdB von mehr als 30 erreicht werde. Im Mai 2014 sei der Kläger komplett beschwerdefrei gewesen, die jetzigen Beschwerden würden erst seit drei Monaten vorliegen, eine operative Korrektur sei vor Ende der 6-Monats-Frist beabsichtigt. Den Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20.11.2014 (Blatt 108 VA) zurück.
Am 02.12.2014 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) und legte den Operationsbericht des Dr. T. vom 12.05.2014 (Blatt 15 SG-Akte) vor. Er leide an erheblichen Bewegungseinschränkungen, daneben bestünden ein Diabetes mellitus und Bluthochdruck. Ergänzende legte er den Befundbericht des Dr. K. vom 24.09.2015 (Blatt 135 SG-Akte) vor. Das SG holte die sachverständigen Zeugenauskünfte des Dr. J. B. (Allgemeinmedizin, Blatt 29/90 SG-Akte), der Dr. A. B. (Allgemeinmedizin, Blatt 91/96 SG-Akte) und des Dr. K. (Neurochirurgie, Blatt 97/128 SG-Akte), der auch den Entlassungsbericht über die in der Zeit vom 29.12.2014 bis 19.01.2015 in der m. Fachklinik H. durchgeführte stationäre Rehabilitation vorlegte (Blatt 124 SG-Akte), ein. Der Beklagte legte die Stellungnahme des Versorgungsarztes D. vom 10.11.2015 vor, der ausführte, dass eine Bewertung des Wirbelsäulenleidens mit einem GdB von 50 einer weitgehenden Versteifung der Wirbelsäule entspräche, wobei ein solcher Zustand bei dem Kläger nicht gegeben sei. Berufliche Gesichtspunkte beträfen ein anderes Rechtsgebiet und seien nicht zu berücksichtigen. Auch der günstige Verlauf der stationären Rehabilitation würde keinen höheren GdB als 30 begründen, der GdB von 30 berücksichtige schwere funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt. Die erfolgreich durchgeführte Laser- Diskusdekompression am 23.09.2015 ändere an der Bewertung des Wirbelsäulenleidens nichts. Ein Teil-GdB von 10 für die depressive Verstimmung stütze das Klagebegehren im Ergebnis nicht. Auch ein Teil-GdB von 20 führe zu keiner anderen Beurteilung, da wegen der Überschneidungen mit den ohnehin berücksichtigten üblichen seelischen Begleiterscheinungen keine Erhöhung des Gesamt-GdB bedingt werde. Die Klage wies das SG mit Urteil vom 25.01.2016 ab, da eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen eingetreten sei, die mit einem GdB von 30 zu berücksichtigen sei. Für die Wirbelsäule rechtfertige sich ein Teil-GdB von 30, soweit es aufgrund des im September 2015 aufgetretenen Bandscheibenvorfalls zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes gekommen sein sollte, sei der weitere Verlauf abzuwarten. Die leichte Depression führe zu einem Teil-GdB von allenfalls 20, aufgrund der fehlenden engmaschigen psychiatrischen Behandlung könne nicht von einem höheren Leidensdruck ausgegangen werden. Im Übrigen komme es zu Überschneidungen zwischen dem orthopädischen und nervenärztlichen Fachgebiet. Die übrigen geltend gemachten Störungen (Bluthochdruck, Diabetes mellitus und Beinverkürzung) rechtfertigten keinen Teil-GdB von wenigstens 10, da es an relevanten Funktionseinschränkungen fehle. Ein höherer Gesamt-GdB als 30 sei nicht zu begründen, die gegenteilige Einschätzung des Dr. B. in der schriftlichen Zeugenauskunft mit einem Gesamt-GdB von 50 überzeuge nicht, da diese nicht den Vorgaben der VersMedV entspreche.
Gegen das am 03.02.2016 zugestellte Urteil hat der Kläger am 23.02.2016 Berufung zum Landessozialgericht Baden- Württemberg (LSG) eingelegt. Er macht geltend, dass die Schwere der Funktionseinschränkungen an der Wirbelsäule verkannt worden sei. Die Hyperuricämie, die Hypertonie, die Hyperlipidämie sowie der Diabetes mellitus seien unberücksichtigt geblieben.
Der Kläger beantragt – sachdienlich gefasst –,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 25.01.2016 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, unter Abänderung des Bescheides vom 07.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.11.2014 ab 28.06.2013 bis August 2015 einen GdB von 50 sowie ab September 2015 einen GdB von 60 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Der Senat hat die sachverständige Zeugenauskunft des Dr. T. vom 17.08.2016 (Blatt 32/36 Senatsakte), des Orthopäden Dr. A. vom 23.02.2018 (Blatt 107/114 Senatsakte) und des Facharztes für Allgemeinmedizin E. vom 31.05.2017 und 08.02.2018 (Blatt 78/86 sowie 102/106 Senatsakte) sowie das orthopädische Sachverständigengutachten des Dr. D. vom 04.05.2017 (Blatt 55/73 Senatsakte) eingeholt. Dieser hat ausgeführt, dass die Wirbelsäulenbeeinträchtigungen einen Teil-GdB von 30 bedingen würden, unter Berücksichtigung eines Teil-GdB von 20 für eine seelische Störung sei ein Gesamt-GdB von 30 anzunehmen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Blatt 117/118 Senatsakte).
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungs- und Gerichtsakte ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Absatz 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet. Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 07.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.11.2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger kann die Feststellung eines höheren GdB als 30 nicht beanspruchen, da eine weitergehende Verschlechterung nicht eingetreten ist.
Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides ist § 48 Absatz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) der bestimmt, dass der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung für die GdB-Feststellung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen, welche ihrerseits nicht zum sogenannten Verfügungssatz des Bescheides gehören, zugrunde gelegten Teil-GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG Urteil vom 10.09.1997 – 9 RVs 15/96, BSGE 81, 50). Hierbei handelt es sich nämlich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustands mit dem bindend festgestellten früheren Behinderungszustand ermittelt werden. Eine wesentliche Änderung der Verhältnisse, die dem Bescheid vom 14.07.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.10.2010 zu Grunde lagen, und die einen höheren Gesamt-GdB als 30 bedingen, wie ihn der Beklagte zuerkannt hat, konnte der Senat nicht feststellen.
Rechtsgrundlage für die GdB-Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX (§ 152 SGB IX) in der ab dem 01.01.2018 geltenden Fassung des Bundesteilhabegesetzes vom 23.12.2016 (BGBl. I 2016, 3234), da maßgeblicher Zeitpunkt bei Verpflichtungs- und Leistungsklagen der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung der Tatsacheninstanz ist, wobei es für laufende Leistungen auf die Sach- und Rechtslage in dem jeweiligen Zeitraum ankommt, für den die Leistungen begehrt werden; das anzuwendende Recht richtet sich nach der materiellen Rechtslage (Keller in: Meyer- Ladewig, SGG, 12. Auflage, § 54 RdNr. 34). Nachdem § 241 Abs. 2 SGB IX lediglich eine (Übergangs-)Vorschrift im Hinblick auf Feststellungen nach dem Schwerbehindertengesetz enthält, ist materiell-rechtlich das SGB IX in seiner derzeitigen Fassung anzuwenden.
Nach dessen § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX sind Menschen mit Behinderung solche Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung in diesem Sinne liegt nach § 2 Abs.1 Satz 2 SGB IX liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht.
Auf Antrag des behinderten Menschen stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB zum Zeitpunkt der Antragstellung fest (§ 152 Abs. 1 Satz 1 SGB IX).
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze aufzustellen, die für die Bewertung des Grades der Behinderung, die Kriterien für die Bewertung der Hilflosigkeit und die Voraussetzungen für die Vergabe von Merkzeichen maßgebend sind, die nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind. Soweit noch keine Verordnung nach § 153 Abs. 2 SGB IX erlassen ist, gelten die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der auf Grund des § 30 Abs. 16 BVG erlassenen Rechtsverordnungen entsprechend. Damit gilt weiterhin die Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10.12.2009 (BGBl. I, 2412), deren Anlage zu § 2 die "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" (VG) beinhalten. Diese stellen – wie auch die zuvor geltenden Anhaltspunkte (AHP) - auf funktionelle Beeinträchtigungen ab, die im Allgemeinen zunächst nach Funktionssystemen zusammenfassend (dazu vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG) und die hieraus gebildeten Einzel-GdB (vgl. A Nr. 3a) VG) nach § 152 Abs. 3 SGB IX (zuvor: § 69 Abs. 3 SGB IX) anschließend in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen sind. Die Feststellung der jeweiligen Einzel-GdB folgt dabei nicht einzelnen Erkrankungen sondern den funktionellen Auswirkungen aller derjenigen Erkrankungen, die ein einzelnes Funktionssystem betreffen.
Die Bemessung des Gesamt-GdB (dazu s. unten) erfolgt nach § 152 Abs. 3 SGB IX (zuvor: § 69 Abs. 3 SGB IX). Danach ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. Insoweit scheiden dahingehende Rechtsgrundsätze, auch solche, dass ein Einzel-GdB nie mehr als die Hälfte seines Wertes den Gesamt-GdB erhöhen kann, aus. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. Teil A Nr. 3 VG). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3 3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten und ob die Behinderungen in ihrer Gesamtheit ein Ausmaß erreichen, das die Schwerbehinderung bedingt. Insoweit ist für die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft – gleiches gilt für alle Feststellungsstufen des GdB - nach den allgemeinen Beschreibungen in den einleitenden Teilen der VG als Maßstab der Vergleich zu den Teilhabebeeinträchtigungen anderer Behinderungen anzustellen, für die im Tabellenteil ein Wert von 50 – oder anderer Werte - fest vorgegeben ist (BSG 16.12.2014 – B 9 SB 2/13 R – SozR 4-3250 § 69 Nr. 18 = juris). Damit entscheidet nicht die Anzahl einzelner Einzel-GdB oder deren Höhe die Höhe des festzustellenden Gesamt-GdB, sondern der Gesamt-GdB ist durch einen Vergleich der im zu beurteilenden Einzelfall bestehenden Funktionsbehinderungen mit den vom Verordnungsgeber in den VG für die Erreichung einer bestimmten Feststellungsstufe des GdB bestimmten Funktionsbehinderungen – bei Feststellung der Schwerbehinderung ist der Vergleich mit den für einen GdB von 50 in den VG vorgesehenen Funktionsbehinderungen, bei Feststellung eines GdB von 60 ist der Vergleich mit den für einen GdB von 60 in den VG vorgesehenen Funktionsbehinderungen usw. vorzunehmen – zu bestimmen. Maßgeblich sind damit grundsätzlich weder Erkrankungen oder deren Schlüsselung in Diagnosemanualen an sich noch ob eine Beeinträchtigung der beruflichen Leistungsfähigkeit aufgetreten ist, sondern ob und wie stark die funktionellen Auswirkungen der tatsächlich vorhandenen bzw. ärztlich objektivierten Erkrankungen die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX) anhand eines abstrakten Bemessungsrahmens (Senatsurteil 26.09.2014 – L 8 SB 5215/13 – juris RdNr. 31) beeinträchtigen. Dies ist – wie dargestellt – anhand eines Vergleichs mit den in den VG gelisteten Fällen z.B. eines GdB von 50 festzustellen. Letztlich handelt es sich bei der GdB-Bewertung nämlich nicht um eine soziale Bewertung von Krankheit und Leid, sondern um eine anhand rechtlicher Rahmenbedingungen vorzunehmende, funktionell ausgerichtete Feststellung.
Nach diesen Maßstäben ist für die Wirbelsäule ein Einzel-GdB von 30 zu berücksichtigen.
Nach den VG Teil B 18.9 ist bei Wirbelsäulenschäden mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurz dauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) ein Teil-GdB von 10, mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) ein Teil-GdB von 20, mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) ein Teil-GdB von 30 und mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten ein Teil-GdB von 30 bis 40 gerechtfertigt. Maßgebend ist dabei, dass die Bewertungsstufe GdB 30 bis 40 erst erreicht wird, wenn mittelgradige bis schwere funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vorliegen. Die Obergrenze des GdB 40 ist danach erreicht bei schweren Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten (Senatsurteil vom 24.01.2014 - L 8 SB 2497/11 -, veröffentlicht in juris und im Internet sozialgerichtsbarkeit.de). Erst bei Wirbelsäulenschäden mit besonders schweren Auswirkungen (z. B. Versteifung großer Teile der Wirbelsäule; anhaltende Ruhigstellung durch Rumpforthese, die drei Wirbelsäulenabschnitte umfasst (z. B. Milwaukee-Korsett); schwere Skoliose (ab ca. 70° nach Cobb) ist eine GdB von 50 bis 70 und bei schwerster Belastungsinsuffizienz bis zur Geh- und Stehunfähigkeit ein GdB von 80 bis 100 gerechtfertigt, die jedoch beim Kläger nicht vorliegen und auch nicht geltend gemacht werden. Anhaltende Funktionsstörungen infolge Wurzelkompression mit motorischen Ausfallerscheinungen oder auch die intermittierenden Störungen bei der Spinalkanalstenose sowie Auswirkungen auf die inneren Organe sind zusätzlich zu berücksichtigen. Gestützt auf das Sachverständigengutachten des Dr. D. stellt der Senat fest, dass die Wirbelsäulenbeeinträchtigung des Klägers einen Einzel-GdB von 30 bedingt. Die gleichlautende GdB-Einschätzung von Dr. D. steht insoweit im Einklang mit der Bewertung der Versorgungsärzte Dr. Z. vom 20.09.2013, Dr. W. vom 10.11.2014 und Dr. W. vom 07.02.2017. Zwar beschreibt Dr. D. anhand seiner Untersuchung des Klägers am 31.03.2017 nur gering bis mittelgradige Bewegungseinschränkungen in der Wirbelsäule. Die Beweglichkeit der Halswirbelsäule ist beim Kopfvorwärtsneigen bis 50 Grad und beim Kopfrückwärtsneigen bis 45 Grad möglich, das Seitwärtsdrehen des Kopfes ist beidseits bis 60 Grad möglich gewesen, das Neigen des Kopfes bis 35 Grad. Dementsprechend liegen im Bereich der Halswirbelsäule nur leichte Einschränkungen vor, entsprechendes gilt für die Brustwirbelsäule. Die Oberkörperrotation war bis 25 Grad möglich, das Neigen des Oberkörpers nach rechts bis 25 Grad und nach links bis 30 Grad, sodass auch hier nur endgradige Einschränkungen gegeben sind. Die Lendenwirbelsäule entfaltete sich beim Vorwärtsneigen zu 70%, wobei das Schober’sche Zeichen bei 10/13,5 cm lag, der Finger-Boden-Abstand wird mit 37 cm angegeben. Ein Ischias Dehnungsschmerz konnte rechts wie links nicht ausgelöst werden, ein Hinweis auf ein aktuelles motorisches oder sensibles Nervenwurzelreizsyndrom seitens lumbaler Spinalnerven bestand nicht. Die Gesamtbeweglichkeit der Wirbelsäule gibt der Sachverständige mit 110 Grad und damit unterhalb der Norm liegend (120 bis 150 Grad) an. Die distale S1-Symptomatik wertet der Sachverständige als Irritation durch Narbengewebe nach Bandscheibenoperation und Wirbelsäulensegmentversteifung, wobei die Röntgenaufnahmen der Lendenwirbelsäule eine regelrechte Implantatlage der instrumentierten Wirbelsäulensegmentversteifung zeigten und eine Instabilität aufgrund der Funktionsaufnahmen der Lendenwirbelsäule ausgeschlossen ist.
Der Annahme des Dr. D. , dass den GdB 30 rechtfertigende, sehr schwere Beeinträchtigungen im Bereich der Wirbelsäule bestehen, vermag der Senat trotz Berücksichtigung der erhobenen Bewegungsbefunde zu folgen, obgleich der Sachverständige in der Gesamtschau die Bewegungseinschränkungen der drei Wirbelsäulenabschnitten mit mittelgradigen funktionellen Einschränkungen eines Wirbelsäulenabschnitts gleichsetzt und hieraus einen – gedachten – Teil-GdB von 20 ableitet. Denn zutreffend wird im Hinblick auf den Beschwerdeverlauf und den angewandten Therapieoptionen von einer schweren funktionellen Auswirkung ausgegangen im Hinblick auf häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome. Seit Antragstellung des Klägers am 28.06.2013 leidet der Kläger an behandlungsbedürftigen und häufig auch arbeitsunfähigkeitsverursachenden Wirbelsäulensyndromen. So wurde der Kläger bereits vor seiner Antragstellung am 28.06.2013 im November und Dezember 2012 bis Anfang Januar 2013 an der Lendenwirbelsäule mit Computertomographie(CT)-gesteuerten Infiltrationen behandelt (Dr. K. , Operationsbericht vom 24.04.2013 und Bericht vom 18.04.2013), am 24.04.2013 erfolgte eine operative Laser-Diskusdekompression (Operationsbericht vom 24.04.2013) und schließlich wurde der Kläger vom 31.07.2013 bis 28.08.2013 stationär behandelt (Entlassungsbericht der R.klinik, Bad K. , vom 28.08.2013). Die Entlassung erfolgte als arbeitsunfähig mit stufenweiser Wiedereingliederung bis 30.09.2013 (Entlassungsbericht vom 28.08.2013). Bereits im Dezember 2013 stellte sich der Kläger erneut mit Schmerzen in der Lendenwirbelsäule bei Dr. K. vor (Arztbrief vom 18.12.2013), wobei er eine Schmerzlinderung angab und Dr. K. von einem stabilisierten Zustand ausging. Bereits im März 2014 werden aber erneut rezidivierende, im S1-Dermatom verlaufende Schmerzen geklagt, die für Dr. K. eine Operationsindikation eröffneten; die letzte Infiltrationstherapie habe nur für drei Monate Linderung gebracht (Arztbrief von Dr. K. vom 17.03.2014). Am 12.05.2014 wurde erneut eine Wurzeldekompression bei diagnostizierter Spinalkanalstenose bei L 5/S1 vorgenommen (Operationsbericht von Dr. T. vom 12.05.2014). Erneut traten im Juli 2014 Schmerzen auf, die mit Facettengelenksinfiltrationen bei L4/5 und L5/S1 am 30.07.2014 um 29.08.2014 bei fortbestehender Arbeitsfähigkeit behandelt wurden (Arztbriefe von Dr. K. vom 15.07.2014 und 30.07.2014). Bei weiter fortbestehender Arbeitsfähigkeit kam es ab September 2014 zu brennenden Schmerzen, wobei Lumbalbeschwerden nur mäßiggradig bestanden. Die Infiltrationen halfen dem Patienten nur vorübergehend (Arztbrief von Dr. K. vom 01.09.2014). Bei therapieresistenten Beschwerden sah Dr. H. erneut die Indikation für eine mikrochirurgische Dekompression beidseits von L4/5 (Arztbrief von Dr. K. vom 01.09.2014 und von Dr. H. vom 09.10.2014). Der Kläger wurde vom 08.12.2014 bis 11.12.2014 stationär mit erneuter operativer mikrochirurgischen Dekompression behandelt (vorläufiger Entlassungsbericht von Dr. T. vom 11.12.2014) und befand sich vom 29.12.2014 bis 19.01.2015 in stationärer Behandlung in den Fachkliniken H. , wo er als arbeitsunfähig entlassen wurde (Klinikbescheinigung vom 15.01.2015). Am 23.09.2015 erfolgte wiederum eine Laser-Diskusdekompression (Operationsbericht von Dr. K. vom 23.09.2015). Einen (zeitweilig) höheren GdB zwischen dem Verschlechterungsantrag und der Begutachtung durch Dr. D. konnte der Senat ebenfalls nicht feststellen. Der Versorgungsarzt Dr. W. hat in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 10.11.2014 (Blatt 104 VA) überzeugend dargelegt, dass der Kläger im Mai 2014 komplett beschwerdefrei gewesen ist (Befundbericht des Dr. T. vom 14.05.2014, Blatt 102 SG-Akte) und aus dem Befund vom 09.10.2014 kein höherer GdB als 30 resultiert, was durch das Ergebnis der in der Zeit vom 26.05.2014 bis 19.06.2014 in der R.klinik durchgeführten stationären Rehabilitation bestätigt wird (Entlassungsbericht vom 23.06.2014, Blatt 52 ff. SG-Akte). Aus der im Dezember 2014 durchgeführten mikrochirurgischen Dekompression folgt nichts anderes, da der Senat dem vorläufigen Entlassungsbericht des Dr. T. vom 11.12.2014 (Blatt 70 SG-Akte) entnimmt, dass der Eingriff komplikationslos verlaufen ist und der Kläger im Verlauf vollständig mobil und bezüglich der radikulären Symptomatik schmerzfrei gewesen ist.
Für Bewegungseinschränkungen an der rechten Schulter rechtfertigt sich ein Teil-GdB von 10. Nach VG 18.13 bedingen Bewegungseinschränkungen des Schultergelenks bei einer möglichen Armhebung nur bis 120° mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit einen GdB von 10, ein GdB von 20 ist bei einer nur möglichen Armhebung bis zu 90° mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit anzunehmen. Zwar kann der Senat dem Sachverständigengutachten des Dr. D. entnehmen, dass bei dessen Untersuchung (31.03.2017) die Armhebung nur bis 80° möglich gewesen ist, jedoch kann nicht festgestellt werden, dass es sich um eine dauerhafte Bewegungseinschränkung handelt, da Dr. A. in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 23.02.2018 (Blatt 107 Senatsakte) Werte für die rechte Schulter für die Flexion vom 170°(09.05.2017), 160° (20.06.2017), 100° (05.09.2017) und 110° (14.11.2017) mitgeteilt hat, sodass der Ansatz eines höheren Teil-GdB als 10 nicht in Betracht kommt.
Für Bewegungseinschränkungen im Bereich der Hüfte ist kein Teil-GdB zu berücksichtigen. VG 18.14 bestimmt hinsichtlich Bewegungseinschränkungen der Hüftgelenke:
geringen Grades (z.B. Streckung/Beugung bis zu 0-10-90 mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit) einseitig 10 – 20 beidseitig 20 – 30
mittleren Grades (z.B. Streckung/Beugung bis zu 0-30-90 mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit) einseitig 30 beidseitig 50
Diesbezüglich entnimmt der Senat dem Befundbericht des Dr. Ha. vom 29.11.2016 (Blatt 45 Senatsakte), dass bei nicht eingebrochener Hüftkopfnekrose links keine ausgeprägte Begleitreaktion bestanden hat, die Beweglichkeit wurde mit 100-0-0° angegeben und keine OP-Indikation gesehen. Eine mögliche Beugung der linken Hüfte bis 100° ergibt sich weiter aus dem Sachverständigengutachten des Dr. D. (Blatt 66 Senatsakte) und der sachverständigen Zeugenauskunft des Dr. A. vom 23.02.2018 (Werte vom 29.11.2016, 19.01.2017 und 16.01.2018 – Blatt 108/109 Senatsakte).
Weitere Einschränkungen auf orthopädischem Fachgebiet kann der Senat auf Grundlage des Sachverständigengutachtens des Dr. D. nicht feststellen, insbesondere ist eine Versteifung des linken Fußes (Schriftsatz des Klägers vom 29.10.2015 – Blatt 134 SG-Akte) nicht nachgewiesen. Dr. D. konnte lediglich eine endgradig eingeschränkte Beweglichkeit im linken oberen und unteren Sprunggelenk feststellen, die nicht GdB-relevant ist (Blatt 66 Senatsakte). Die vom Kläger geltend gemachte Beinverkürzung von 1 cm ist nicht GdB-relevant, da nach VG 18.14 Beinverkürzungen bis 2,4 cm mit einem GdB von 0 zu bewerten sind und erst solche von über 2,5 cm bis 4 cm einen GdB von 10 ergeben.
Für den Diabetes Mellitus kann kein Teil-GdB berücksichtigt werden. Nach VG 15.1 erleiden die an Diabetes erkrankten Menschen, deren Therapie regelhaft keine Hypoglykämie auslösen kann und die somit in der Lebensführung kaum beeinträchtigt sind, durch den Therapieaufwand keine Teilhabebeeinträchtigung, die die Feststellung eines GdS rechtfertigt, der GdS beträgt 0. Die an Diabetes erkrankten Menschen, deren Therapie eine Hypoglykämie auslösen kann und die durch Einschnitte in der Lebensführung beeinträchtigt sind, erleiden durch den Therapieaufwand eine signifikante Teilhabebeeinträchtigung, der GdS beträgt 20. Die an Diabetes erkrankten Menschen, deren Therapie eine Hypoglykämie auslösen kann, die mindestens einmal täglich eine dokumentierte Überprüfung des Blutzuckers selbst durchführen müssen und durch weitere Einschnitte in der Lebensführung beeinträchtigt sind, erleiden je nach Ausmaß des Therapieaufwandes und der Güte der Stoffwechseleinstellung eine stärkere Teilhabebeeinträchtigung, der GdS beträgt 30 bis 40. Nach diesen Maßstäben kann der Senat, gestützt auf die sachverständige Zeugenauskunft des Arztes für Allgemeinmedizin E. vom 08.02.2018 (Blatt 102 ff. Senatsakte), feststellen, dass bei dem Kläger ein medikamentös mit Januvia und Jardiance behandelter Diabetes Mellitus besteht. Hinsichtlich dieser Präparate hat der behandelnde Arzt für den Senat überzeugend dargelegt, dass unter Januvia Hypoglykämien nur bei Kombinationsanwendung mit Insulin oder Sulfunylharnstoffen beschrieben werden, derartige Substanzen dem Kläger jedoch nicht verabreicht werden und es nach den Fachinformationen zu Jardiance keine Hinweise auf ein erhöhtes Hypoglykämierisiko unter gleichzeitiger Einnahme von Januvia gibt. Ergänzend hat Dr. R. in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 09.08.2017 (Blatt 91 Senatsakte) dargelegt, dass es sich bei Januvia um ein Gliptid handelt, das eine glukoseabhängige Stimulation der Insulinfreisetzung bewirkt, wobei Präparate mit blutzuckerabhängiger insulinotroper Wirkung nicht zu Hypoglykämien führen. Letztlich weist der behandelnde Arzt darauf hin, dass der Kläger zu keinem Zeitpunkt über typische Symptome einer Hypoglykämie oder zu niedrige Blutzuckerwerte geklagt hat. Eine relevante Teilhabebeeinträchtigung liegt daher nicht vor.
Weitere Erkrankungen auf internistischem Fachgebiet, die einen Teil-GdB bedingen, konnte der Senat nicht feststellen. Soweit der Kläger auf einen Bluthochdruck verweist, bestimmt VG 9.3, dass eine leichte Hypertonie ohne oder mit geringen Leistungsbeeinträchtigungen (höchstens leichte Augenhintergrundveränderungen) einen GdB von 0 – 10 ergibt, eine mittelschwere Form mit Organbeteiligung leichten bis mittleren Grades und einem diastolischen Blutdruck mehrfach über 100 mm Hg trotz Behandlung je nach Leistungsbeeinträchtigung einen GdB von 20 bis 40. Diesbezüglich entnimmt der Senat dem Entlassungsbericht der m. Fachkliniken H. vom 20.04.2016 (Blatt 81 Senatsakte), dass der Blutdruck mit 150/90 mmHg (so auch im Entlassungsbericht der R.klinik vom 23.06.2014 – Blatt 52 SG-Akte) beschrieben ist und als Medikation Metoprolol 100 1-0-0 (so schon der Reha-Entlassungsbericht vom 28.08.2013 – Blatt 38 SG-Akte) angegeben wird, wie dies auch der Facharzt für Allgemeinmedizin E. angegeben hat (Blatt 86 Senatsakte). Anhaltpunkte für eine Organbeteiligung bestehen keine, sodass der Ansatz eines Teil-GdB für den Bluthochdruck nicht in Betracht kommt. Hinsichtlich der Hyperurikämie (erhöhte Konzentration von Harnsäure, vgl. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, Seite 968) und der Hyperlipidämie (Vermehrung des Fettgehalts, insbesondere der Neutralfette im Serum, vgl. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, Seite 957) kann der Senat keine relevante Teilhabebeeinträchtigung feststellen, sodass auch diese nicht GdB-relevant sind.
Letztlich kann sich der Senat nicht davon überzeugen, dass auf psychiatrischem Fachgebiet Einschränkungen vorliegen, die einen höheren Einzel-GdB als 10 bedingen. Nach den VG Teil B 3.7 ist bei Neurosen, Persönlichkeitsstörungen oder Folgen psychischer Traumen mit leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen der GdB mit 0 bis 20, bei stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z. B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) der GdB mit 30 bis 40 und bei schweren Störungen (z. B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten der GdB mit 50 bis 70 und mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten der GdB mit 80 bis 100 zu bewerten. Der Senat konnte feststellen, dass erstmals im Rehaentlassungsbericht vom 23.06.2014 (Blatt 57 SG-Akte) ausgeführt wird, dass sich der Kläger gereizt und erschöpft gefühlt habe, sodass diagnostisch von einer depressiven Episode auszugehen sei. Dementsprechend ergibt sich aus der sachverständigen Zeugenauskunft der Allgemeinmedizinerin Dr. A. B. vom 18.03.2015 (Blatt 91 SG-Akte), dass erst der Verlauf über die Schwere der Erkrankung entscheiden könne und derzeit ihrer Einschätzung nach von einer leichten Depression auszugehen sei. Über den Verlauf der depressiven Stimmungslage nach der letzten Vorstellung des Klägers bei Dr. B. im März 2015 sind keine weiteren Arztbriefe aktenkundig geworden. Für eine weitergehende oder intensivierte Behandlung bestehen keine Anhaltspunkte. Der nach wie vor berufstätige Kläger hatte bei Dr. B. angegeben, er sei leicht gereizt. Wenn viele Leute bei ihm zu Hause seien, werde es ihm schnell zu viel, er brauche seine Ruhe. Neben der damit deutlich werdenden herabgestimmten Gemütslage, letztlich als Reaktion auf die fortbestehenden Schmerzen, ergeben sich hieraus keine weiteren ernsthaften Einschränkungen in der Alltagsbewältigung und Lebensgestaltung. Die nur geringgradige affektive Beeinträchtigung ist als leichte psychische Störung mit einem GdB von 10 ausreichend bewertet. Aufgrund der fehlenden ärztlichen Behandlung kann nicht davon ausgegangen werden, dass das diagnostizierte seelische Leiden des Klägers über eine leichtere psychische Störung hinausgegangen ist und bereits eine stärker behindernde Störung im Sinne der GdB-Bewertungsgrundsätze darstellte (dazu vgl. Senatsurteil vom 17.12.2010 - L 8 SB 1549/10, juris RdNr. 31). Ein entsprechender Leidensdruck des Klägers, der bei einer stärker behindernden psychischen Störung zu erwarten wäre, findet sich nicht. Umstände, die der fehlenden Behandlung eine andere Indizwirkung zukommen lassen, wie z. B. die Nichtgenehmigung der Behandlung seitens der Krankenkasse oder eine lange Wartezeit vor der Behandlung, sind nicht ersichtlich.
Aus den Einzel-GdB Werten von 30 für die Wirbelsäule, 10 für die Psyche und 10 für die Schulter ergibt sich jedenfalls kein höherer als der von dem Beklagten festgestellte GdB 30. Die Schmerzsymptomatik ist im Einzel-GdB von 30 für die Wirbelsäulenbeeinträchtigung weitgehend berücksichtigt, so dass selbst dann, wenn mit der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. W. vom 07.02.2017 von einem Einzel-GdB von 20 für die psychische Beeinträchtigung ausgegangen würde, sich dieser nicht erhöhend auf den Einzel-GdB 30 auswirken würde. Die Berufung konnte daher keinen Erfolg haben und war zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved