Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
S 5 AS 403/16
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 7 AS 1476/17 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Kläger wird der Beschluss des Sozialgerichts Münster vom 04.07.2017 aufgehoben.
Gründe:
I.
Die Kläger wenden sich gegen einen Beschluss über die Ablehnung eines Antrags auf mündliche Verhandlung.
Mit Bescheid vom 22.09.2015 bewilligte der Beklagte den Klägern für die Zeit vom 01.10.2015 bis zum 31.03.2016 vorläufig Leistungen nach dem SGB II. Hiergegen legten die Kläger mit Schreiben vom 19.10.2015 Widerspruch ein und führten zur Begründung aus, der Bescheid sehe eine Rückforderung in Höhe von 97,38 EUR vor, über die ein Rückforderungsbescheid nicht ergangen sei. Zudem hätten die Kläger Einkommen aus einer Tätigkeit bei Herrn I, das der Beklagte mit 50 EUR angesetzt hatte, nicht erzielt. Mit den Bescheiden vom 09.12.2015, 13.01.2016, 21.06.2016, 11.03.2016 und 29.04.2016 setzte der Beklagte die Leistungen endgültig fest. Mit Widerspruchsbescheid stellte der Landrat des Kreises Steinfurt den Widerspruch ein, da dieser sich iSd § 39 Abs. 2 SGB X erledigt habe. Kosten des Verfahrens würden nicht übernommen. Der Widerspruch hätte keinen Erfolg gehabt. Die Rückforderung iHv 97,38 EUR sei auf den bestandskräftigen Bescheid vom 28.08.2015 zurückzuführen. Über das Einkommen aus der Tätigkeit bei Herrn I lägen Kontoauszüge und eine Verdienstabrechnung vom 25.03.2015 vor.
Die Kläger haben am 13.06.2016 "wegen Kosten des Widerspruches vom 19.10.2015" Klage erhoben und zunächst beantragt, den Beklagten unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 04.05.2016 neu zu bescheiden. Mit weiterem Schreiben vom 10.02.2017 haben die Kläger mitgeteilt, dass im Ergebnis eine Kostentragung seitens des Beklagten für das Widerspruchsverfahren begehrt wird.
Mit Gerichtsbescheid vom 20.04.2017, den Klägern zugestellt am 26.04.2017 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Klage genüge den Anforderungen des § 92 SGG nicht. Der konkrete Streitgegenstand sei vollkommen unklar. Trotz mehrfacher Aufforderungen sei der Klageantrag nicht präzisiert worden. Es sei nicht Aufgabe des Gerichts, anwaltlich vertretenen und damit als rechtskundig anzusehenden Klägern Hinweise zur sinnvollsten Vorgehensweise zu erteilen. Der Gerichtsbescheid enthält die Rechtsmittelbelehrung, dass dieser mit Berufung angefochten werden kann.
Der Kläger hat am 26.03.2017 den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gem. § 105 SGG gestellt. Auf den Hinweis des Sozialgerichts, dass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht möglich sei, da der Rechtsstreit in der ersten Instanz abgeschlossen sei, haben die Kläger mitgeteilt, der Rechtsstreit sei durch Erlass des Gerichtsbescheids nicht beendet. Entgegen der Rechtsmittelbelehrung habe die Beschwer 750 EUR nicht erreicht.
Mit Beschluss vom 04.07.2017 hat das Sozialgericht den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgelehnt. Der Antrag sei unstatthaft, denn der Gerichtsbescheid könne mit der Berufung angefochten werden.
Gegen den am 10.07.2017 zugestellten Beschluss haben die Kläger am 26.07.2017 Beschwerde eingelegt. Der Antrag auf Durchführung der mündlichen Verhandlung sei statthaft. Der Beschwerdewert von 750 EUR sei nicht erreicht.
II.
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Münster vom 04.07.2017 ist gem. § 172 Abs. 1, 173 SGG zulässig und begründet, weil der Antrag der Kläger auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung statthaft und auch im Übrigen zulässig war.
Der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung beim Sozialgericht ist statthaft, wenn ein Gerichtsbescheid ergangen ist, der nicht mit der Berufung anfechtbar ist (§ 105 Abs. 2 Satz 2 SGG). Das Sozialgericht hat die Berufung nicht zugelassen, es sind nicht Leistungen für mehr als ein Jahr betroffen (vgl. § 144 Abs. 1 SGG) und der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 750 EUR nicht. Ausweislich der Klageschrift vom 13.06.2016 und der weiteren Einlassung der Kläger (vgl. Schreiben vom 10.02.2017) ist Streitgegenstand des Verfahrens der Kostenerstattungsanspruch nach § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X. Die Kläger begehren die Verpflichtung des Beklagten zur Übernahme der notwendigen Aufwendungen - vorliegend des Gebührenanspruchs ihres Bevollmächtigten für ihre Vertretung im Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 04.05.2016. Bei einer Klage auf Gewährung einer Geldleistung bestimmt sich der Beschwerdewert iSv § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG allein nach dem Geldbetrag, den das erstinstanzliche Gericht versagt hat und der vom Beschwerdeführer weiter verfolgt wird. Maßgebend ist die Leistung, die im Streit ist. Bei einem unbezifferten Klageantrag hat das Berufungsgericht den Beschwerdewert zu ermitteln. Dabei ist eine überschlägige Berechnung unter Berücksichtigung des klägerischen Vorbringens ausreichend (LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 11.03.2015 - L 19 AS 240/15 NZB mwN). Der Gebührenanspruch des Bevollmächtigten beläuft sich selbst unter Zugrundelegung der Schwellengebühr von 300 EUR (Nr. 2302 VV RVG), der Erhöhung für mehrere Auftraggeber (Nr. 1009 VV RVG), der Post- und Telekompauschale (Nr. 7002 VV RVG) und der Umsatzsteuer (Nr. 7008 VV RVG) auf weniger als 750,00 EUR.
Die Kläger haben die Durchführung der mündlichen Verhandlung rechtzeig innerhalb von einem Monat (vgl. zur Fristbindung: B. Schmidt, Meyer-Ladewig, SGG, 12. Aufl. 2017, § 105 Rn 20) beantragt.
Auf die Beschwerde der Kläger war deshalb der angefochtene Beschluss aufzuheben. Das Sozialgericht ist verpflichtet, die beantragte mündliche Verhandlung durchzuführen. Der Gerichtsbescheid gilt dann als nicht ergangen (§ 105 Abs. 3 SGG).
Eine Kostenentscheidung hat nicht zu ergehen. Das Beschwerdeverfahren gegen den Beschluss über die Ablehnung einer mündlichen Verhandlung ist kein eigenes Verfahren oder ein eigener Verfahrensabschnitt, sondern nur ein Zwischenstreit im noch anhängigen Rechtsstreit (LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 27.05.2016 - L 9 AS 1782/14 B).
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Die Kläger wenden sich gegen einen Beschluss über die Ablehnung eines Antrags auf mündliche Verhandlung.
Mit Bescheid vom 22.09.2015 bewilligte der Beklagte den Klägern für die Zeit vom 01.10.2015 bis zum 31.03.2016 vorläufig Leistungen nach dem SGB II. Hiergegen legten die Kläger mit Schreiben vom 19.10.2015 Widerspruch ein und führten zur Begründung aus, der Bescheid sehe eine Rückforderung in Höhe von 97,38 EUR vor, über die ein Rückforderungsbescheid nicht ergangen sei. Zudem hätten die Kläger Einkommen aus einer Tätigkeit bei Herrn I, das der Beklagte mit 50 EUR angesetzt hatte, nicht erzielt. Mit den Bescheiden vom 09.12.2015, 13.01.2016, 21.06.2016, 11.03.2016 und 29.04.2016 setzte der Beklagte die Leistungen endgültig fest. Mit Widerspruchsbescheid stellte der Landrat des Kreises Steinfurt den Widerspruch ein, da dieser sich iSd § 39 Abs. 2 SGB X erledigt habe. Kosten des Verfahrens würden nicht übernommen. Der Widerspruch hätte keinen Erfolg gehabt. Die Rückforderung iHv 97,38 EUR sei auf den bestandskräftigen Bescheid vom 28.08.2015 zurückzuführen. Über das Einkommen aus der Tätigkeit bei Herrn I lägen Kontoauszüge und eine Verdienstabrechnung vom 25.03.2015 vor.
Die Kläger haben am 13.06.2016 "wegen Kosten des Widerspruches vom 19.10.2015" Klage erhoben und zunächst beantragt, den Beklagten unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 04.05.2016 neu zu bescheiden. Mit weiterem Schreiben vom 10.02.2017 haben die Kläger mitgeteilt, dass im Ergebnis eine Kostentragung seitens des Beklagten für das Widerspruchsverfahren begehrt wird.
Mit Gerichtsbescheid vom 20.04.2017, den Klägern zugestellt am 26.04.2017 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Klage genüge den Anforderungen des § 92 SGG nicht. Der konkrete Streitgegenstand sei vollkommen unklar. Trotz mehrfacher Aufforderungen sei der Klageantrag nicht präzisiert worden. Es sei nicht Aufgabe des Gerichts, anwaltlich vertretenen und damit als rechtskundig anzusehenden Klägern Hinweise zur sinnvollsten Vorgehensweise zu erteilen. Der Gerichtsbescheid enthält die Rechtsmittelbelehrung, dass dieser mit Berufung angefochten werden kann.
Der Kläger hat am 26.03.2017 den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gem. § 105 SGG gestellt. Auf den Hinweis des Sozialgerichts, dass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht möglich sei, da der Rechtsstreit in der ersten Instanz abgeschlossen sei, haben die Kläger mitgeteilt, der Rechtsstreit sei durch Erlass des Gerichtsbescheids nicht beendet. Entgegen der Rechtsmittelbelehrung habe die Beschwer 750 EUR nicht erreicht.
Mit Beschluss vom 04.07.2017 hat das Sozialgericht den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgelehnt. Der Antrag sei unstatthaft, denn der Gerichtsbescheid könne mit der Berufung angefochten werden.
Gegen den am 10.07.2017 zugestellten Beschluss haben die Kläger am 26.07.2017 Beschwerde eingelegt. Der Antrag auf Durchführung der mündlichen Verhandlung sei statthaft. Der Beschwerdewert von 750 EUR sei nicht erreicht.
II.
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Münster vom 04.07.2017 ist gem. § 172 Abs. 1, 173 SGG zulässig und begründet, weil der Antrag der Kläger auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung statthaft und auch im Übrigen zulässig war.
Der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung beim Sozialgericht ist statthaft, wenn ein Gerichtsbescheid ergangen ist, der nicht mit der Berufung anfechtbar ist (§ 105 Abs. 2 Satz 2 SGG). Das Sozialgericht hat die Berufung nicht zugelassen, es sind nicht Leistungen für mehr als ein Jahr betroffen (vgl. § 144 Abs. 1 SGG) und der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 750 EUR nicht. Ausweislich der Klageschrift vom 13.06.2016 und der weiteren Einlassung der Kläger (vgl. Schreiben vom 10.02.2017) ist Streitgegenstand des Verfahrens der Kostenerstattungsanspruch nach § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X. Die Kläger begehren die Verpflichtung des Beklagten zur Übernahme der notwendigen Aufwendungen - vorliegend des Gebührenanspruchs ihres Bevollmächtigten für ihre Vertretung im Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 04.05.2016. Bei einer Klage auf Gewährung einer Geldleistung bestimmt sich der Beschwerdewert iSv § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG allein nach dem Geldbetrag, den das erstinstanzliche Gericht versagt hat und der vom Beschwerdeführer weiter verfolgt wird. Maßgebend ist die Leistung, die im Streit ist. Bei einem unbezifferten Klageantrag hat das Berufungsgericht den Beschwerdewert zu ermitteln. Dabei ist eine überschlägige Berechnung unter Berücksichtigung des klägerischen Vorbringens ausreichend (LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 11.03.2015 - L 19 AS 240/15 NZB mwN). Der Gebührenanspruch des Bevollmächtigten beläuft sich selbst unter Zugrundelegung der Schwellengebühr von 300 EUR (Nr. 2302 VV RVG), der Erhöhung für mehrere Auftraggeber (Nr. 1009 VV RVG), der Post- und Telekompauschale (Nr. 7002 VV RVG) und der Umsatzsteuer (Nr. 7008 VV RVG) auf weniger als 750,00 EUR.
Die Kläger haben die Durchführung der mündlichen Verhandlung rechtzeig innerhalb von einem Monat (vgl. zur Fristbindung: B. Schmidt, Meyer-Ladewig, SGG, 12. Aufl. 2017, § 105 Rn 20) beantragt.
Auf die Beschwerde der Kläger war deshalb der angefochtene Beschluss aufzuheben. Das Sozialgericht ist verpflichtet, die beantragte mündliche Verhandlung durchzuführen. Der Gerichtsbescheid gilt dann als nicht ergangen (§ 105 Abs. 3 SGG).
Eine Kostenentscheidung hat nicht zu ergehen. Das Beschwerdeverfahren gegen den Beschluss über die Ablehnung einer mündlichen Verhandlung ist kein eigenes Verfahren oder ein eigener Verfahrensabschnitt, sondern nur ein Zwischenstreit im noch anhängigen Rechtsstreit (LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 27.05.2016 - L 9 AS 1782/14 B).
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
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