Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 34 AS 515/11
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 2 AS 604/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 16. Juli 2013 wird aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Höhe der Ansprüche des Klägers auf Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) für die Zeit vom 1. Januar bis zum 31. März 2011. Der Kläger begehrt höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung. Es geht ihm um die Berücksichtigung einer mietvertraglichen Vereinbarung mit seinen Großeltern.
Der am ... 1989 geborene Kläger lebte im verfahrensgegenständlichen Zeitraum in der T. str ... in S ... In dem Haus wohnten auch seine beiden Großeltern, K. und E. V. (letztere im weiteren Verlauf: die Zeugin).
Bereits Rahmen der Erstantragstellung auf Leistungen nach dem SGB II vom 3. Dezember 2008 hatte der Kläger angegeben, er lebe in einem Raum im Haus seiner Großeltern. Das Haus werde mit Strom, Holz und Kohle geheizt. Die Aufbereitung des Warmwassers erfolge ebenfalls über Strom. Ein Mitarbeiter/eine Mitarbeiterin des Beklagten hatte zu den Angaben des Klägers ergänzt, die Unterkunft sei insgesamt 18,50 qm groß. Küche und Bad würden gemeinsam genutzt. Der Kläger hatte die erste, zweite und letzte Seite eines Mietvertrags vom 28. November 2007 vorgelegt, in dem die Wohnfläche des gesamten Hauses mit 120 qm beziffert ist. Das Mietverhältnis sollte am 1. Dezember 2007 beginnen. Die Nettokaltmiete war mit 200 EUR angegeben. Hinsichtlich der Betriebs- und Heizkosten ist der Betrag von 236,03 EUR vermerkt und dazu ergänzt: "Diese 236,03 EUR werden durch 3 Personen gerechnet also pro Person 78,67 EUR". In einer undatierten Mietbescheinigung hatte der Großvater des Klägers erklärt, der Kläger sei am 1. Dezember 2007 eingezogen. Bad und Dusche würden mitgenutzt. Der Wohnraum werde vollmöbliert vermietet. Die Gesamtwohnfläche betrage 48,50 qm. Neben der Grundmiete von 200 EUR würden für die Heizung 63,05 EUR und für die Betriebskosten 60,62 EUR verlangt (insgesamt 323,67 EUR). In den Heizkosten seien keine Kosten der Aufbereitung des Warmwassers enthalten, weil die Beheizung über Nachspeicheröfen erfolge.
Mit einem Fortzahlungsantrag vom 23. November 2009 hatte der Kläger eine Mahnung seiner Großeltern vom 14. November 2009 vorgelegt. In dieser war ausgeführt: "Sollten wir bis zum 31.12.2009 keine volle Bezahlung der Miete bekommen sehen wir uns gezwungen den Mietvertrag mit dir zu beenden und bitten dich bis zum 15.01.2010 aus der von uns gestellten Wohnung auszuziehen.". Der Beklagte bewilligte auch in den Folgezeiträumen dem Kläger Leistungen für Unterkunft und Heizung nur in Höhe von jeweils einem Drittel der in der Mietbescheinigung dargestellten Betriebs- und Heizkosten (also anteilig 41,22 EUR) und ohne Ansatz der Grundmiete.
Am 30. Dezember 2009 hatte der Kläger dem Beklagten eine an ihn gerichtete Betriebs- und Heizkostenabrechnung seiner Großeltern für das Kalenderjahr 2008 vorgelegt. Danach sollte sich bei erfolgten Vorauszahlungen von 1.440 EUR und entstandenen Kosten in Höhe von 1.481,25 EUR eine Nachzahlung in Höhe von 41,25 EUR ergeben. In den Kosten von 1.481,25 EUR waren 250 EUR für die Position "Hauswart" enthalten. Auf Nachfrage des Beklagten nach einem Hauswartvertrag hatte der Kläger mitgeteilt, er könne nicht sagen, ob ein solcher vorliege und werde zu Hause nochmal nachschauen. In der Folgezeit äußerte er sich zu dieser Anfrage nicht mehr.
Am 11. Februar 2010 hatte sich der Kläger mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung an das Sozialgericht Halle gewandt, gerichtet auf die Übernahme von Mietrückständen in Höhe von 3.752 EUR (S 6 AS 649/10 ER, dann im Beschwerdeverfahren L 2 AS 168/10 B ER). Mit dem Antrag hatte er eine "Kündigung des Mietvertrages!" vom 15. Januar 2010 vorgelegt, nach der er aus dem von den Großeltern zur Verfügung gestellten Wohnraum bis zum 15. Februar 2010 ausziehen sollte und ansonsten Räumungsklage erhoben werde. Als Kündigungsgrund ist der "Mietrückstand mehrere Monate" aufgeführt, im Januar 2009 in Höhe von 199 EUR, von Februar bis Dezember 2010 in Höhe von 323 EUR und im Januar 2010 in Höhe von 323 EUR. Die Mietschulden sollten sich auf 3.752 EUR belaufen. In dem Verfahren einigten sich die Beteiligten am 22. Juni 2010 auf die vorläufige Zahlung von monatlich 123,67 EUR (63,05 EUR + 60,62 EUR Gesamtnebenkosten aus dem 2. Mietvertrag) für die Bedarfe für Unterkunft und Heizung (ab Januar 2009 bis Juni 2010 zu insgesamt 1.484,28 EUR an die Großeltern sowie ab Juli 2010 monatlich laufend).
Wegen des in dem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vor dem Sozialgericht Halle (S 17 AS 1119/09 ER) vorgelegten Mietvertrags vom 28. November 2007, der zwar weiterhin die Grundmiete von 200 EUR sowie den Passus "Diese 236,03 EUR werden durch 3 Personen gerechnet also pro Person 78,67 EUR" enthielt, in den aber als Vorauszahlungen für die Betriebskosten der Betrag von 60,62 EUR und für die Heizkosten der Betrag von 63,05 EUR eingefügt worden war, hatte der Beklagte zu einem für den Zeitraum vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2009 geführten Widerspruchsverfahren vermerkt, es bestünden erhebliche Zweifel an der Durchführung des Mietverhältnisses. Der Kläger habe diese Mietvertragsfassung im Verfahren S 17 AS 1119/09 ER vorgelegt, und im Erörterungstermin nicht erklären können, wieso zwei Mietverträge existierten. Im Verfahren S 6 AS 649/10 ER (L 2 AS 168/10 B ER) habe er angegeben, dass der Großvater erst den Mietvertrag aus der Verwaltungsakte geschlossen habe, ihm dann aber sein Vater gesagt habe, dass dies so nicht korrekt sei. Deshalb sei der zweite Mietvertrag vom selben Tag geschlossen worden. Er – der Beklagte – halte es nicht für nachvollziehbar, weshalb die fehlerhafte Vertragsfassung nicht vernichtet worden sei. Außerdem hege er Zweifel an der Durchführung des angeblichen Mietvertrags. Die Großeltern hätten zum Verfahren S 17 AS 1119/09 ER erklärt, monatlich von Dezember 2007 bis August 160 EUR erhalten zu haben. Dann erscheine aber die im Verfahren S 6 AS 649/10 ER (L 2 AS 168/10 B ER) eingereichte Kündigung wegen Mietrückständen in Höhe von 3.752 EUR nicht nachvollziehbar. Das gelte auch für die in der Betriebskostenabrechnung dargestellten Zahlungen.
Auf den Fortzahlungsantrag des Klägers vom 19. November 2010 bewilligte der Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 3. Dezember 2010 Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Januar bis zum 30. Juni 2011 in Höhe von monatlich 482,67 EUR. Er berücksichtigte den aus dem Vergleich im Verfahren L 2 AS 168/10 B ER festgelegten Bedarf für Unterkunft und Heizung in Höhe von 123,67 EUR, nahm aber weder Bezug auf diesen Vergleich, noch entschied er vorläufig über die Leistungshöhe. Gegen den Bescheid vom 3. Dezember 2010 legte der Kläger am 21. Dezember 2010 Widerspruch ein, weil die Kosten für die Unterkunft (Miete, Nebenkosten und Heizung) nicht in angemessener Höhe berechnet worden seien. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 30. Dezember 2010 zurück: Der angefochtene Bescheid berücksichtige die am 22. Juni 2010 im Verfahren L 2 AS 168/10 B ER ausgehandelten Unterkunftskosten. Eine abschließende Klärung erfolge nach Erledigung der beim Sozialgericht Halle anhängigen Verfahren von Amts wegen.
Am 14. März 2011 nahm der Kläger eine Beschäftigung auf. Das Einkommen aus dieser Beschäftigung sollte im Folgemonat fällig sein, dabei für März 2011 in Höhe von 1.031,54 EUR brutto/848,05 EUR netto. Der Beklagte hob seinen Bescheid vom 3. Dezember 2010 mit Bescheid vom 15. Juni 2011 für die Zeit ab dem 1. April 2011 ganz auf.
In einem erneuten Antrag auf Leistungen nach dem SGB II vom 13. September 2011 erklärte der Kläger, er wohne nach wie vor bei seinen Großeltern. Miete zahle er nicht. Von 108,50 qm des Hauses bewohne er 48,50 qm.
Bereits am 28. Januar 2011 hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Halle erhoben und mit der Klagebegründung zunächst die Verurteilung des Beklagten zur Abänderung des Bescheids vom 3. Dezember 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Dezember 2010 sowie zur Gewährung weiterer Kosten der Unterkunft in Höhe von 200 EUR beantragt. In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht Halle hat der Kläger die Klage für die Monate April bis Juni 2011 zurückgenommen.
Das Sozialgericht Halle hat mit Urteil vom 16. Juli 2013 den Bescheid vom 3. Dezember 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Dezember 2010 dahingehend abgeändert, dass dem Kläger für die Monate Januar bis März 2011 jeweils monatlich 359 EUR Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und 278,67 EUR Kosten der Unterkunft und Heizung gewährt werden. Im Urteil ist ausgeführt: Die Großeltern des Klägers seien tatsächlich von einer zu zahlenden Mietforderung ausgegangen und hätten diese auch durchsetzen gewollt. Jedenfalls seien ein schriftlicher Mietvertrag, eine schriftliche Mahnung und eine Kündigung verfasst worden. Damit sei ein Zahlungsverlangen hinreichend zum Ausdruck gebracht. Dieses beziehe sich auf den Betrag von 278,67 EUR (200 EUR Grundmiete und 1/3 Nebenkosten aus dem Gesamtbetrag von 236,03 EUR). Soweit höhere Zahlungspflichten in Höhe von 323,67 EUR geltend gemacht würden, stehe nicht fest, ob und ab wann eine entsprechende Vereinbarung tatsächlich gewollt gewesen sei und unabhängig von einer Kostentragung durch den Beklagten habe durchgesetzt werden sollen.
Gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 12. Dezember 2013 zugestellte Urteil haben diese für den Beklagten am 13. Januar 2014 (einem Montag) Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Der Senat hat die Berufung mit Beschluss vom 18. Oktober 2016 zugelassen.
Der Beklagte ist der Ansicht, der Kläger habe keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung von Bedarfen für Unterkunft und Heizung. Er sei keiner wirksamen und nicht dauerhaft gestundeten Mietzinsforderung ausgesetzt gewesen. Vielmehr seien weder tatsächliche Zahlungen an die Vermieter erfolgt, noch sei das Mietverhältnis so durchgeführt worden, wie es auf dem Papier gestanden habe und schließlich sei zwar eine Kündigung des Mietvertrags, aber keine Räumung erfolgt. Nach alledem sei nicht von der Durchführung eines Mietverhältnisses auszugehen.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 16. Juli 2013 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 3. Dezember 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Dezember 2010 abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Berichterstatterin hat die Kontoauszüge für das Girokonto des Klägers und die Monate Januar bis März 2011 angefordert. Aus diesem ergibt sich der Eingang von Lohnabschlagszahlungen für März 2011 am 17. März 2011 (200 EUR) und 23. März 2011 (150 EUR). Wegen der Kopien der Kontoauszüge wird auf Blatt 116 bis 119 verwiesen. Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung am 28. September 2017 den Kläger wegen der Einzelheiten einer mietvertraglichen Vereinbarung befragt und die Zeugin im Hinblick auf die Unterkunftskosten des Klägers und deren Zahlung im Zeitraum Januar 2009 bis März 2011 vernommen. Hinsichtlich der Einzelheiten der Angaben des Kläger und der Aussage der Zeugin wird auf die Sitzungsniederschrift Blatt 138 bis 141 verwiesen.
Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte des Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Beklagten form- und fristgerecht gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erhoben worden. Sie ist auch statthaft, weil der Senat sie mit Beschluss vom 18. Oktober 2016 zugelassen hat.
Gegenstand der Entscheidung im Berufungsverfahren ist zum einen das Urteil des Sozialgerichts Halle, soweit der Beklagte hierdurch beschwert ist. Der Kläger hat keine Berufung eingelegt, so dass es nicht mehr darum geht, ob er entsprechend seines erstinstanzlichen Klageantrags höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung als vom Sozialgericht Halle zugesprochen geltend machen kann. Denn sinngemäß hat er die Zahlung von Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich insgesamt 323,67 EUR geltend gemacht. Weil der Betrag von monatlich 123,67 EUR aufgrund des Bescheids des Beklagten vom 3. Dezember 2010 bereits bewilligt und geleistet worden war, ging es ihm nur noch um weitere 200 EUR.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist außerdem der Bescheid des Beklagten vom 3. Dezember 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Dezember 2010, die das Sozialgericht Halle in seinem Urteil abgeändert hat. Zutreffend gehen die Beteiligten in diesem Zusammenhang davon aus, dass der Beklagte mit Bescheid vom 3. Dezember 2010 Leistungen nach dem SGB II endgültig und nicht etwa vorläufig bewilligt hat. Angesichts des nur mit vorläufiger Wirkung abgeschlossenen Vergleichs im Verfahren L 2 AS 168/10 B ER stand ihm zwar die Möglichkeit offen, Leistungen für Unterkunft und Heizung wegen einer ausstehenden abschließenden Klärung der Anspruchshöhe nur vorläufig zu bewilligen (vgl. § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1a SGB II in der im Bewilligungszeitpunkt geltenden Fassung). Diese Möglichkeit hat er aber nicht genutzt, so dass der Bescheid vom 3. Dezember 2010 einen Rechtsgrund für das Behaltendürfen der bisher gewährten monatlichen 123,67 EUR darstellt.
Nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Aufhebungsbescheid vom 15. Juni 2011. Dieser betrifft den Zeitraum von April bis Juni 2011, zu dem der Kläger seine Klage in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht Halle zurückgenommen hat.
Das Begehren auf höhere Leistungen hat der Kläger erstinstanzlich zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG) verfolgt. Er hat sein Klageziel bereits vor dem Sozialgericht Halle auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung beschränkt, was zulässig ist (vgl. zur Abtrennbarkeit des auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung bezogenen Verfügungssatzes: BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 8/06 R - juris, Rn. 19 f.; Urteil vom 19. Februar 2009 - B 4 AS 48/08 R - juris, Rn. 11). Hierzu hat er im Schriftsatz vom 19. Februar 2013 ausgeführt, es gehe ausschließlich um die laufenden Kosten der Unterkunft.
Die Berufung des Beklagten ist begründet. Zu Unrecht ist das Sozialgericht Halle davon ausgegangen, dass der Kläger in der Zeit von Januar bis März 2011 bezogen auf die von ihm genutzte Unterkunft einem Zahlungsverlangen seiner Großeltern ausgesetzt war, welches im Rahmen der Leistungsgewährung nach dem SGB II berücksichtigt werden musste. Der Kläger schuldete seinen Großeltern für die Deckung des eigenen Wohnbedürfnisses keine "Miete" oder anderweitige Beteiligung an den diesen für die Unterkunftsnutzung entstehenden Kosten. Er hat damit im verfahrensgegenständlichen Zeitraum keine Ansprüche auf Leistungen für Unterkunft und Heizung.
Der Kläger ist dem Grunde nach leistungsberechtigt nach den §§ 7 ff. SGB II. Nach § 19 Abs. 1 Satz 1, Satz 3 SGB II in der im verfahrensgegenständlichen Zeitraum maßgeblichen Fassung erhielten erwerbsfähige Hilfebedürftige Arbeitslosengeld II. Diese Leistungen umfassten den Regelbedarf, Mehrbedarfe und den Bedarf für Unterkunft und Heizung. Berechtigt, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu erhalten, waren nach § 7 Abs. 1 SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht hatten, erwerbsfähig und hilfebedürftig waren sowie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland hatten. Erwerbsfähig ist nach § 8 Abs. 1 SGB II, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Der Kläger hatte im verfahrensgegenständlichen Zeitraum das 15. Lebensjahr vollendet, die Altersgrenze des § 7a SGB II noch nicht erreicht und seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Er war auch erwerbsfähig.
Der Kläger war auch hilfebedürftig im Sinne des § 9 SGB II. Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Hier hat der Kläger zwar bereits im März 2011 bereits Einnahmen aus seiner Beschäftigung in Höhe von 350 EUR erzielt. Dieser Betrag liegt aber unter dem Regelbedarf von 364 EUR, so dass sich die Einkommenserzielung nicht auf den hinsichtlich des Anspruchs auf Leistungen für Unterkunft und Heizung beschränkten Streitgegenstand auswirkt (vgl. § 19 Abs. 3 Satz 2 SGB II).
Der Kläger hat aber schon dem Grunde nach keinen Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung: Diese Leistungen setzten entsprechende Bedarfe (und mit der Bedarfsfeststellung verbundene Aufwendungen) voraus, die der Kläger nicht hatte.
Gemäß § 22 Abs. 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind.
Bereits aus dem Gesetzeswortlaut ergibt sich, dass der Grundsicherungsträger nur solche Kosten zu berücksichtigen hat, die dem Hilfebedürftigen tatsächlich entstanden sind und für deren Deckung ein Bedarf entsteht. Dies sind in erster Linie Kosten, die durch einen Mietvertrag begründet sind, wie sie der Kläger vorliegend geltend macht. Für die Berücksichtigung als Bedarf bei der Ermittlung des Leistungsanspruchs reicht es aus, dass der Leistungsempfänger im jeweiligen Bewilligungszeitraum einer wirksamen und nicht dauerhaft gestundeten Mietzinsforderung ausgesetzt ist (vgl. BSG, Urteil vom 3. März 2009 - B 4 AS 37/08 R - juris, Rn. 24; Urteil vom 7. Mai 2009 - B 14 AS 31/07 R - juris, Rn. 16). Ausgangspunkt für die Frage, ob eine wirksame Mietzinsverpflichtung vorliegt, ist primär der Mietvertrag, mit dem der geschuldete Mietzins vertraglich vereinbart worden ist. Entscheidend ist der entsprechende rechtliche Bindungswille der beteiligten Vertragsparteien. So ist ein Mietverhältnis auch dann anzunehmen, wenn nur eine geringfügige "Gefälligkeitsmiete" vereinbart ist oder wenn der Mieter etwa lediglich die Betriebskosten oder sonstige Lasten zu tragen hat. Die Umstände des behaupteten Mietverhältnisses sind im Einzelnen zu ermitteln und zu würdigen. Bei dieser Gesamtwürdigung und bei der Auslegung der Vereinbarungen muss jedoch die tatsächliche Übung der Parteien, mithin der tatsächliche Vollzug des Vertragsinhalts, berücksichtigt werden. Im Übrigen sind die Kriterien, die der Bundesfinanzhof im Hinblick auf den so genannten Fremdvergleich entwickelt hat, nach der Rechtsprechung des BSG im Grundsicherungsrecht nicht relevant (BSG, a. a. O.).
Von einem Rechtsbindungswillen ist auszugehen, wenn die vertragsbegründenden Erklärungen beider Vertragsparteien aus Sicht eines verständigen Adressaten den Willen des Erklärenden erkennen lassen, mit der Erklärung jeweils eine rechtliche Bindung zu bewirken. Dies führt dazu, dass die Erklärung nicht mehr einseitig widerrufen oder geändert werden kann. Beiden Willenserklärungen muss also ein Geltungswille entnommen werden können. Sie sind insoweit abzugrenzen von der bloßen Erklärung der Vertragsbereitschaft, die als solche unverbindlich ist. Hierbei ist für den Fall des Mietvertrags unter nahen Angehörigen im Grundsicherungsrecht zu berücksichtigen, dass einem Missbrauch auch dann vorgebeugt werden muss, wenn die Vertragsparteien Mietpreise unterhalb der Angemessenheitsgrenze vereinbaren (LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 9. März 2017 - L 4 AS 818/13- juris, Rn. 44; Urteil vom 21. Juni 2012 - L 5 AS 67/09 - juris, Rn. 27).
Nach diesen Grundsätzen ergibt sich zur Überzeugung des Senats keine rechtliche Verpflichtung des Klägers zur Zahlung des Mietzinses aus dem mit seinen Großeltern geschlossenen Mietvertrag vom 28. November 2007.
Bereits der Umstand, dass der Kläger keine konkreten Angaben zum Einzug in das Haus und dem Abschluss des Mietvertrags machen konnte, spricht gegen eine mietvertragliche Verpflichtung. So hat er in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zunächst einen zeitlichen Zusammenhang mit seinem siebzehnten Lebensjahr und dem Auszugsentschluss bei seinen Eltern sowie dem Einzug bei seinen Großeltern geschildert. Erst auf den Hinweis des Senats, dass der Kläger – legte man seine Angaben im Erstantrag vom 3. Dezember 2008 zugrunde – beim Abschluss des Mietvertrags und Einzug bei seinem Großeltern schon 18 Jahre alt gewesen sein müsse, hat er erklärt, das sei so gewesen. Nachfolgend hat der Kläger beschrieben, er sei zum Zeitpunkt des Einzugs bei seinen Großeltern schon mit der Ausbildung fertig gewesen. Das wiederum widerspricht den Festlegungen im Mietvertrag zu einem Mietbeginn am 1. Dezember 2007 – einem ganzen Jahr vor Beendigung der Ausbildung am 2. Dezember 2008.
Der Senat geht außerdem davon aus, dass sich ein Rechtsbindungswillen im Regelfall nur auf eine einzige vertragliche Gestaltung beziehen kann. Insbesondere bei den sog. essentialia negotii, also den Vereinbarungen, die für den Abschluss eines konkreten Vertrags getroffen sein müssen, führen abweichende Angebots- und Annahmeerklärungen dazu, dass ein Vertrag nicht zustande gekommen ist. Bei einem Mietvertrag gehört zu diesen unabdingbaren Vertragsbestandteilen die Vereinbarung über den Mietpreis. Halten beide Vertragsparteien sich an eine von mehreren Vertragsfassungen gebunden, liegt es nahe, dass auch im Verhältnis zu Dritten nur diejenige verwendet wird, die die Vertragsparteien zwischen sich gelten lassen wollen. Die Vorlage anderer Fassungen hingegen deutet darauf hin, dass zwischen den vermeintlichen Vertragsparteien eine Einigung über den Inhalt gegenseitiger Rechte und Pflichten nicht ernsthaft beabsichtigt war und ein scheinbar dokumentierter Vertragsinhalt nur im Verhältnis zu Dritten wirken soll.
Zutreffend hat der Beklagte darauf hingewiesen, dass es zwei unterschiedliche Mietverträge gibt. Wenn insoweit nur die 2. Fassung des Mietvertrags (Gesamtmiete: 323,67 EUR) und nicht die 1. Fassung (Gesamtmiete: 278,67 EUR) gelten sollte, bedarf es einer näheren Erläuterung, warum der Kläger dem Beklagten im Rahmen des Leistungsantrags vom 3. Dezember 2008 die Erstfassung vorgelegt hat. Diese hätte bei einem Mietvertragsbeginn am 1. Dezember 2007 schon über ein Jahr lang keine Rechtswirkungen zwischen den Mietvertragsparteien entfalten können. Ebenso ist unklar, aus welchem Grund die 1. Fassung durch die 2. Fassung "überschrieben" worden ist. Dass eine solche Korrektur auf dem ursprünglichen (ersten) Mietvertragsformular erfolgt ist, ergibt sich für den Senat aus dem unverändert vorhandenen Zusatz zur Aufteilung der Nebenkosten von 263,03 EUR auf pro Person 78,67 EUR, obschon nach dem zweiten Mietvertrag 123,67 EUR Nebenkostenvorauszahlungen geschuldet sein sollten. Die veränderten Eintragungen auf demselben Mietvertragsformular müssen also zwischen dem 3. Dezember 2008 und dem 10. Februar 2009 – dem Datum des Eingangs des Formantrags beim Beklagten - vorgenommen worden sein. Das widerspricht der Darstellung des Klägers zum Abschluss des Mietvertrags als einem einheitlichen Abschlussvorgang zwischen den Vertragsparteien.
Die im Verfahren S 17 AS 1119/09 ER vorgelegte Bescheinigung der Großeltern zu Teilzahlungen "des Mietbetrags (323,67 EUR) in Höhe von 160,00 EUR" schon ab dem 1. Dezember 2007 konnte nicht dazu beitragen, die Ingangsetzung eines Mietvertragsverhältnisses sowie entsprechende vertraglich vereinbarte Zahlungspflichten des Klägers auch nur wahrscheinlich erscheinen zu lassen. Von Zahlungen vor dem Eintritt einer vermeintlichen Leistungspflicht des Beklagten hat der Kläger nicht berichtet, obschon dies angesichts der im Verfahren S 17 AS 1119/09 ER vorgelegte Teilzahlungsbescheinigung der Großeltern nahe gelegen hätte. Vielmehr hat er erklärt, als vom Beklagten der Mietvertrag nicht anerkannt worden und nichts gezahlt worden sei, habe er nicht die eigentlich von ihm geschuldete Mietsumme, sondern nur die Abschläge gezahlt. Dem Beginn des Leistungsbezugs durch den Beklagten vorangegangene Mietzahlungen sind nicht geschildert worden. Dass sich der Kläger an solche Zahlungen (in voller Höhe oder in Abschlägen) hätte erinnern müssen, liegt indes angesichts der finanziellen Ausstattung vor Beginn des Leistungsbezugs durch den Beklagten (362,74 EUR Nettoausbildungsvergütung) nahe. Wenn nahezu die Hälfte des geringen verfügbaren Einkommens für die Nutzung einer Unterkunft weitergeleitet wird, bedeutet dies einen merklichen Einschnitt in die Lebensführung.
Dass der Kläger vor dem Vergleich beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt am 22. Juni 2010 die von ihm behauptete geschuldete Miete oder auch nur Anteile hiervon an seine Großeltern geleistet hat, konnte auch durch die Zeugin nicht bestätigt werden. Diese hat erklärt, der Kläger habe nach seinem Einzug nur einen Unkostenbeitrag in Höhe von 123,67 EUR geleistet. Das ist genau der Betrag, auf dessen vorläufige Zahlung sich die Beteiligten im Verfahren L 2 AS 168/10 B ER verglichen haben. Auf Nachfrage hat die Zeugin dann auch erläutern können, dass die Zahlungseingänge nicht durch den Kläger, sondern durch den Beklagten veranlasst worden seien. An vorangegangene Zahlungen durch die Kläger selbst hat sie sich nicht erinnern können.
Auch die durchgehend fehlende Orientierung über vorgeblich geschuldete und gezahlte (Teil-)Mieten spricht gegen eine wirksame vertragliche Verpflichtung des Klägers zur Zahlung einer Miete für die von seinen Großeltern gestellte Unterkunft. Die Forderungsaufstellung in der Kündigung vom 15. Januar 2010 ist im Vergleich zur Teilzahlungsbestätigung vom 27. August 2009 nicht schlüssig. Während der Kläger nach der Teilzahlungsbestätigung vom 27. August 2009 im verfahrensgegenständlichen Zeitraum monatlich 160 EUR gezahlt haben soll, ist er seinen Großeltern nach der Aufstellung im Kündigungsschreiben im Januar 2009 124,67 EUR sowie in den nachfolgenden Monaten 323,00 EUR schuldig geblieben, hätte also im Januar 2009 199 EUR und in den nachfolgenden Monaten jeweils 0,67 EUR gezahlt. Ähnliches ergibt sich für die beiden in den Verfahren L 2 AS 32/14 (Januar bis Juni 2009) und L 2 AS 33/14 (Juli bis Dezember 2009) verfahrensgegenständlichen Zeiträume. Umso weniger nachvollziehbar ist sein schriftsätzliches Vorbringen im Berufungsverfahren, aus den überreichten Kontoauszügen sei ersichtlich, dass er von seinen Großeltern beschriebene monatliche Zahlungen vorgenommen habe. Abgesehen davon, dass der Kläger dieses Vorbringen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht aufrechterhalten hat, kann den Kontoauszügen keinerlei Hinweis auf entsprechende Zahlungsanweisungen des Klägers an seine Bank zugunsten eines Kontos seiner Großeltern entnommen werden. Vielmehr hat der Kläger nicht einmal die vom Beklagten in die Leistungsberechnung eingestellten Werte für die Kosten der Unterkunft und Heizung an seine Großeltern weitergeleitet. Auch im Hinblick auf erfolgte Barabhebungen wegen im Anschluss erfolgender Mietzahlungen liegen tatsächliche Zahlungen des Klägers wegen der Wohnkosten an seine Großeltern fern. Die Abhebungen erfolgten jeweils in kleineren Summen und nicht in Höhe bestätigter Mietzahlungen. Dass mehrere Abhebungen "angespart" werden, um die Beträge anlässlich einer Zahlung wieder zusammenzuführen, entspricht wegen des damit verbundenen zusätzlichen Aufwands keinem erwartbaren typischen Geschehensablauf. Solche Vorgehensweise hat im Übrigen auch der Kläger nicht behauptet.
Der Senat verkennt nicht, dass eine fehlende tatsächliche Mietzahlung (auch in der Vergangenheit) nicht mit der Annahme verbunden sein muss, es werde keine Miete geschuldet. Vielmehr reicht es für die Berücksichtigung von Kosten für Unterkunft und Heizung als Bedarf im Rahmen des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II aus, dass der Hilfebedürftige im jeweiligen Leistungszeitraum einer wirksamen und nicht dauerhaft gestundeten Mietzinsforderung ausgesetzt ist. Denn bei Nichtzahlung der Miete droht regelmäßig Kündigung und Räumung der Unterkunft. Zweck der Regelung über die Erstattung der Kosten für die Unterkunft ist es aber gerade, existentielle Notlagen zu beseitigen und den Eintritt von Wohnungslosigkeit zu verhindern. Ein im Sinne des SGB II Hilfebedürftiger wird zumeist auf die Übernahme der Unterkunftskosten durch den Grundsicherungsträger angewiesen sein. Insoweit kann es für die Feststellung, ob tatsächlich Aufwendungen für Unterkunft entstanden sind, nicht darauf ankommen, ob der Hilfebedürftige der Verpflichtung aus eigenen Mitteln wird nachkommen können oder in der Vergangenheit nachkommen konnte, auch nicht, ob die Aufwendungen bisher durch andere Sozialleistungen gedeckt wurden. Ausgangspunkt für die Frage, ob eine wirksame Mietzinsverpflichtung des Hilfebedürftigen vorliegt, ist in erster Linie der Mietvertrag mit dem der geschuldete Mietzins vertraglich vereinbart worden ist (BSG, Urteil vom 3. März 2009 - B 4 AS 37/08 R - juris, Rn. 24). Es spricht aber gegen eine wirksame Zahlungsverpflichtung, wenn in der Vergangenheit behauptete Zahlungspflichten trotz zur Verfügung stehender finanzieller Mittel nicht erfüllt wurden und dies im Verhältnis der Mietvertragsparteien keine Folgen gehabt hat. Daher widerspricht eine fehlende Mietzahlung zu Zeiten der Ausbildung des Klägers wegen der Höhe der Ausbildungsvergütung der Zahlungspflicht des Klägers gegenüber seinen Großeltern nicht. Wenn allerdings – wie hier – erhebliche Nachzahlungen von Berufsausbildungsbeihilfe Ende des Monats Juni 2008 (2.454 EUR) und am 9. Dezember 2008 (2.045 EUR) nicht – nach dem Bekunden der Zeugin auch nicht anteilig – zum Ausgleich aufgelaufener Mietschulden verwendet werden, spricht dies gegen die Annahme eines Rechtsbindungswillens zwischen den Mietvertragsparteien. In diesem Fall musste offenkundig eine wegen rückständiger Mietzahlungen drohende Wohnungslosigkeit nicht abgewendet werden, weil mit ihr nicht zu rechnen war und ist.
Nichts anderes hat die Zeugin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt: Vor dem Termin im Verfahren L 2 AS 168/10 B ER habe es keine Zahlungen des Klägers an seine Großeltern gegeben und das sei folgenlos geblieben. Mögliche Erinnerungslücken der Zeugin zu der geschilderten Folgenlosigkeit konnte der Senat zwar nicht ausschließen. Insoweit hat der Kläger im Verwaltungsverfahren und in vorangegangenen gerichtlichen Verfahren eine Mahnung seiner Großeltern vom 14. November 2009 sowie eine Kündigung vom 15. Januar 2010 vorgelegt. Die Kündigung ist von den Großeltern aber tatsächlich nicht weiter verfolgt worden. Vielmehr haben der Kläger und seine Großeltern nach einer Unterbrechung des Leistungsbezugs durch fehlende Hilfebedürftigkeit an ihrem vorherigen Vorbringen gegenüber dem Beklagten, es bestehe eine mietvertragliche Verpflichtung, nicht festgehalten. Im Fortzahlungsantrag aus September 2011 hat der Kläger erklärt, keine Miete zu schulden. Gegenüber der hier verfahrensgegenständlichen Zeit sind keine Änderungen in den Wohnverhältnissen erfolgt, die eine nachvollziehbare Grundlage einer Änderung des Rechtsbindungswillens des Klägers und seiner Großeltern gebildet haben könnten. Dass ab September 2011 bei unveränderten Wohnverhältnissen gegenüber dem Beklagten keine Aufwendungen für Unterkunft und Heizung wegen vermeintlicher Mietzahlungspflichten geltend gemacht wurden, spricht für eine von Anfang an fehlende Zahlungspflicht des Klägers.
Nachdem der Kläger zur Überzeugung des Senats keinen mietvertraglichen Zahlungspflichten gegenüber seinen Großeltern ausgesetzt war, musste noch geprüft werden, ob der Kläger im Innenverhältnis zu seinen Großeltern gleichwohl verpflichtet war, sich in irgend einer Weise an den Wohnkosten zu beteiligen.
Grundsätzlich sind anfallenden Kosten für Unterkunft und Heizung unabhängig vom Alter der Bewohner und der jeweiligen Nutzungsintensität anteilig pro Kopf aufzuteilen, wenn Leistungsempfänger eine Unterkunft (hier: ein Grundstück mit mehreren Gebäuden) gemeinsam mit anderen Personen, insbesondere anderen Familienangehörigen, nutzen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Personen Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft sind oder nicht. Hintergrund für dieses sog. "Kopfteilprinzip" sind Gründe der Verwaltungsvereinfachung sowie die Überlegung, dass die gemeinsame Nutzung einer Wohnung durch mehrere Personen deren Unterkunftsbedarf dem Grunde nach abdeckt und in aller Regel einer an der unterschiedlichen Intensität der Nutzung ausgerichtete Aufteilung der Aufwendungen für die Erfüllung des Grundbedürfnisses des Wohnens nicht zulasse (vgl. BSG, Urteil vom 29. November 2012
- B 14 AS 36/12 R - juris, Rn. 26). Etwas anderes kann sich aber etwa dann ergeben, wenn der Nutzung der Unterkunft durch mehrere Personen vertragliche Regelungen zu Grunde liegen, auf deren Grundlage eine andere Aufteilung bei objektiver Betrachtung angezeigt ist (BSG, a. a. O.).
Auch bei der kopfanteiligen Aufteilung von Kosten für Unterkunft und Heizung ist – werden diese Kosten einem Mitglied der Haushaltsgemeinschaft oder einem nicht im Haushalt lebenden Eigentümer der Unterkunft zur Verfügung gestellt – zu prüfen, ob unabhängig von einem Mietvertrag eine Vereinbarung zwischen dem Leistungsberechtigten als Nutzer der Räume und dem Mitglied der Haushaltsgemeinschaft oder Eigentümer des Anwesens besteht, aufgrund der der Leistungsberechtigte verpflichtet war, eigene Beiträge zur Finanzierung der Unterkunftskosten zu übernehmen (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 9. März 2017 - L 4 AS 818/13 - juris, Rn. 61).
Insoweit müsste die Forderung der Großeltern bestanden haben, der Kläger müsse zumindest die von ihm verursachten (zusätzlichen) Kosten (für Wasser, Abwasser, Abfallentsorgung etc.) tragen. Hiervon konnte sich der Senat nicht überzeugen. Auch bei einer solchen Vereinbarung zwischen den Beteiligten hätte es nahe gelegen, wenn der Kläger sich jedenfalls mit den ihm vom Beklagten zur Verfügung gestellten Mitteln für die Kosten der Unterkunft und Heizung (im verfahrensgegenständlichen Zeitraum: monatlich 41,22 EUR) an den für die Unterkunft anfallenden Kosten beteiligt oder bestehende Defizite durch die Nachzahlungen aus dem BAB ausglichen hätte. Das war indes nicht der Fall.
Schließlich kann auch die Aufnahme von laufenden Zahlungen ab Juli 2010 aufgrund des gerichtlichen Vergleichs in der Sache L 2 AS 168/10 B ER nicht dazu führen, dass der Senat von einer Aufwendungen für Unterkunft und Heizung umfassenden Hilfebedürftigkeit des Klägers überzeugt ist. Die Zahlungen an die Großeltern sind nämlich nicht durch den Kläger, sondern aufgrund eines gerichtlichen Vergleichs durch den Beklagten vorgenommen worden. Sie sprechen damit weder für noch gegen eine zwischen dem Kläger und seinen Großeltern tatsächlich vereinbarte Kostenbeteiligung oder gar Mietzahlung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Ein Grund für die Zulassung der Revision nach § 160 SGG liegt nicht vor.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Höhe der Ansprüche des Klägers auf Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) für die Zeit vom 1. Januar bis zum 31. März 2011. Der Kläger begehrt höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung. Es geht ihm um die Berücksichtigung einer mietvertraglichen Vereinbarung mit seinen Großeltern.
Der am ... 1989 geborene Kläger lebte im verfahrensgegenständlichen Zeitraum in der T. str ... in S ... In dem Haus wohnten auch seine beiden Großeltern, K. und E. V. (letztere im weiteren Verlauf: die Zeugin).
Bereits Rahmen der Erstantragstellung auf Leistungen nach dem SGB II vom 3. Dezember 2008 hatte der Kläger angegeben, er lebe in einem Raum im Haus seiner Großeltern. Das Haus werde mit Strom, Holz und Kohle geheizt. Die Aufbereitung des Warmwassers erfolge ebenfalls über Strom. Ein Mitarbeiter/eine Mitarbeiterin des Beklagten hatte zu den Angaben des Klägers ergänzt, die Unterkunft sei insgesamt 18,50 qm groß. Küche und Bad würden gemeinsam genutzt. Der Kläger hatte die erste, zweite und letzte Seite eines Mietvertrags vom 28. November 2007 vorgelegt, in dem die Wohnfläche des gesamten Hauses mit 120 qm beziffert ist. Das Mietverhältnis sollte am 1. Dezember 2007 beginnen. Die Nettokaltmiete war mit 200 EUR angegeben. Hinsichtlich der Betriebs- und Heizkosten ist der Betrag von 236,03 EUR vermerkt und dazu ergänzt: "Diese 236,03 EUR werden durch 3 Personen gerechnet also pro Person 78,67 EUR". In einer undatierten Mietbescheinigung hatte der Großvater des Klägers erklärt, der Kläger sei am 1. Dezember 2007 eingezogen. Bad und Dusche würden mitgenutzt. Der Wohnraum werde vollmöbliert vermietet. Die Gesamtwohnfläche betrage 48,50 qm. Neben der Grundmiete von 200 EUR würden für die Heizung 63,05 EUR und für die Betriebskosten 60,62 EUR verlangt (insgesamt 323,67 EUR). In den Heizkosten seien keine Kosten der Aufbereitung des Warmwassers enthalten, weil die Beheizung über Nachspeicheröfen erfolge.
Mit einem Fortzahlungsantrag vom 23. November 2009 hatte der Kläger eine Mahnung seiner Großeltern vom 14. November 2009 vorgelegt. In dieser war ausgeführt: "Sollten wir bis zum 31.12.2009 keine volle Bezahlung der Miete bekommen sehen wir uns gezwungen den Mietvertrag mit dir zu beenden und bitten dich bis zum 15.01.2010 aus der von uns gestellten Wohnung auszuziehen.". Der Beklagte bewilligte auch in den Folgezeiträumen dem Kläger Leistungen für Unterkunft und Heizung nur in Höhe von jeweils einem Drittel der in der Mietbescheinigung dargestellten Betriebs- und Heizkosten (also anteilig 41,22 EUR) und ohne Ansatz der Grundmiete.
Am 30. Dezember 2009 hatte der Kläger dem Beklagten eine an ihn gerichtete Betriebs- und Heizkostenabrechnung seiner Großeltern für das Kalenderjahr 2008 vorgelegt. Danach sollte sich bei erfolgten Vorauszahlungen von 1.440 EUR und entstandenen Kosten in Höhe von 1.481,25 EUR eine Nachzahlung in Höhe von 41,25 EUR ergeben. In den Kosten von 1.481,25 EUR waren 250 EUR für die Position "Hauswart" enthalten. Auf Nachfrage des Beklagten nach einem Hauswartvertrag hatte der Kläger mitgeteilt, er könne nicht sagen, ob ein solcher vorliege und werde zu Hause nochmal nachschauen. In der Folgezeit äußerte er sich zu dieser Anfrage nicht mehr.
Am 11. Februar 2010 hatte sich der Kläger mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung an das Sozialgericht Halle gewandt, gerichtet auf die Übernahme von Mietrückständen in Höhe von 3.752 EUR (S 6 AS 649/10 ER, dann im Beschwerdeverfahren L 2 AS 168/10 B ER). Mit dem Antrag hatte er eine "Kündigung des Mietvertrages!" vom 15. Januar 2010 vorgelegt, nach der er aus dem von den Großeltern zur Verfügung gestellten Wohnraum bis zum 15. Februar 2010 ausziehen sollte und ansonsten Räumungsklage erhoben werde. Als Kündigungsgrund ist der "Mietrückstand mehrere Monate" aufgeführt, im Januar 2009 in Höhe von 199 EUR, von Februar bis Dezember 2010 in Höhe von 323 EUR und im Januar 2010 in Höhe von 323 EUR. Die Mietschulden sollten sich auf 3.752 EUR belaufen. In dem Verfahren einigten sich die Beteiligten am 22. Juni 2010 auf die vorläufige Zahlung von monatlich 123,67 EUR (63,05 EUR + 60,62 EUR Gesamtnebenkosten aus dem 2. Mietvertrag) für die Bedarfe für Unterkunft und Heizung (ab Januar 2009 bis Juni 2010 zu insgesamt 1.484,28 EUR an die Großeltern sowie ab Juli 2010 monatlich laufend).
Wegen des in dem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vor dem Sozialgericht Halle (S 17 AS 1119/09 ER) vorgelegten Mietvertrags vom 28. November 2007, der zwar weiterhin die Grundmiete von 200 EUR sowie den Passus "Diese 236,03 EUR werden durch 3 Personen gerechnet also pro Person 78,67 EUR" enthielt, in den aber als Vorauszahlungen für die Betriebskosten der Betrag von 60,62 EUR und für die Heizkosten der Betrag von 63,05 EUR eingefügt worden war, hatte der Beklagte zu einem für den Zeitraum vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2009 geführten Widerspruchsverfahren vermerkt, es bestünden erhebliche Zweifel an der Durchführung des Mietverhältnisses. Der Kläger habe diese Mietvertragsfassung im Verfahren S 17 AS 1119/09 ER vorgelegt, und im Erörterungstermin nicht erklären können, wieso zwei Mietverträge existierten. Im Verfahren S 6 AS 649/10 ER (L 2 AS 168/10 B ER) habe er angegeben, dass der Großvater erst den Mietvertrag aus der Verwaltungsakte geschlossen habe, ihm dann aber sein Vater gesagt habe, dass dies so nicht korrekt sei. Deshalb sei der zweite Mietvertrag vom selben Tag geschlossen worden. Er – der Beklagte – halte es nicht für nachvollziehbar, weshalb die fehlerhafte Vertragsfassung nicht vernichtet worden sei. Außerdem hege er Zweifel an der Durchführung des angeblichen Mietvertrags. Die Großeltern hätten zum Verfahren S 17 AS 1119/09 ER erklärt, monatlich von Dezember 2007 bis August 160 EUR erhalten zu haben. Dann erscheine aber die im Verfahren S 6 AS 649/10 ER (L 2 AS 168/10 B ER) eingereichte Kündigung wegen Mietrückständen in Höhe von 3.752 EUR nicht nachvollziehbar. Das gelte auch für die in der Betriebskostenabrechnung dargestellten Zahlungen.
Auf den Fortzahlungsantrag des Klägers vom 19. November 2010 bewilligte der Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 3. Dezember 2010 Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Januar bis zum 30. Juni 2011 in Höhe von monatlich 482,67 EUR. Er berücksichtigte den aus dem Vergleich im Verfahren L 2 AS 168/10 B ER festgelegten Bedarf für Unterkunft und Heizung in Höhe von 123,67 EUR, nahm aber weder Bezug auf diesen Vergleich, noch entschied er vorläufig über die Leistungshöhe. Gegen den Bescheid vom 3. Dezember 2010 legte der Kläger am 21. Dezember 2010 Widerspruch ein, weil die Kosten für die Unterkunft (Miete, Nebenkosten und Heizung) nicht in angemessener Höhe berechnet worden seien. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 30. Dezember 2010 zurück: Der angefochtene Bescheid berücksichtige die am 22. Juni 2010 im Verfahren L 2 AS 168/10 B ER ausgehandelten Unterkunftskosten. Eine abschließende Klärung erfolge nach Erledigung der beim Sozialgericht Halle anhängigen Verfahren von Amts wegen.
Am 14. März 2011 nahm der Kläger eine Beschäftigung auf. Das Einkommen aus dieser Beschäftigung sollte im Folgemonat fällig sein, dabei für März 2011 in Höhe von 1.031,54 EUR brutto/848,05 EUR netto. Der Beklagte hob seinen Bescheid vom 3. Dezember 2010 mit Bescheid vom 15. Juni 2011 für die Zeit ab dem 1. April 2011 ganz auf.
In einem erneuten Antrag auf Leistungen nach dem SGB II vom 13. September 2011 erklärte der Kläger, er wohne nach wie vor bei seinen Großeltern. Miete zahle er nicht. Von 108,50 qm des Hauses bewohne er 48,50 qm.
Bereits am 28. Januar 2011 hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Halle erhoben und mit der Klagebegründung zunächst die Verurteilung des Beklagten zur Abänderung des Bescheids vom 3. Dezember 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Dezember 2010 sowie zur Gewährung weiterer Kosten der Unterkunft in Höhe von 200 EUR beantragt. In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht Halle hat der Kläger die Klage für die Monate April bis Juni 2011 zurückgenommen.
Das Sozialgericht Halle hat mit Urteil vom 16. Juli 2013 den Bescheid vom 3. Dezember 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Dezember 2010 dahingehend abgeändert, dass dem Kläger für die Monate Januar bis März 2011 jeweils monatlich 359 EUR Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und 278,67 EUR Kosten der Unterkunft und Heizung gewährt werden. Im Urteil ist ausgeführt: Die Großeltern des Klägers seien tatsächlich von einer zu zahlenden Mietforderung ausgegangen und hätten diese auch durchsetzen gewollt. Jedenfalls seien ein schriftlicher Mietvertrag, eine schriftliche Mahnung und eine Kündigung verfasst worden. Damit sei ein Zahlungsverlangen hinreichend zum Ausdruck gebracht. Dieses beziehe sich auf den Betrag von 278,67 EUR (200 EUR Grundmiete und 1/3 Nebenkosten aus dem Gesamtbetrag von 236,03 EUR). Soweit höhere Zahlungspflichten in Höhe von 323,67 EUR geltend gemacht würden, stehe nicht fest, ob und ab wann eine entsprechende Vereinbarung tatsächlich gewollt gewesen sei und unabhängig von einer Kostentragung durch den Beklagten habe durchgesetzt werden sollen.
Gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 12. Dezember 2013 zugestellte Urteil haben diese für den Beklagten am 13. Januar 2014 (einem Montag) Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Der Senat hat die Berufung mit Beschluss vom 18. Oktober 2016 zugelassen.
Der Beklagte ist der Ansicht, der Kläger habe keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung von Bedarfen für Unterkunft und Heizung. Er sei keiner wirksamen und nicht dauerhaft gestundeten Mietzinsforderung ausgesetzt gewesen. Vielmehr seien weder tatsächliche Zahlungen an die Vermieter erfolgt, noch sei das Mietverhältnis so durchgeführt worden, wie es auf dem Papier gestanden habe und schließlich sei zwar eine Kündigung des Mietvertrags, aber keine Räumung erfolgt. Nach alledem sei nicht von der Durchführung eines Mietverhältnisses auszugehen.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 16. Juli 2013 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 3. Dezember 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Dezember 2010 abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Berichterstatterin hat die Kontoauszüge für das Girokonto des Klägers und die Monate Januar bis März 2011 angefordert. Aus diesem ergibt sich der Eingang von Lohnabschlagszahlungen für März 2011 am 17. März 2011 (200 EUR) und 23. März 2011 (150 EUR). Wegen der Kopien der Kontoauszüge wird auf Blatt 116 bis 119 verwiesen. Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung am 28. September 2017 den Kläger wegen der Einzelheiten einer mietvertraglichen Vereinbarung befragt und die Zeugin im Hinblick auf die Unterkunftskosten des Klägers und deren Zahlung im Zeitraum Januar 2009 bis März 2011 vernommen. Hinsichtlich der Einzelheiten der Angaben des Kläger und der Aussage der Zeugin wird auf die Sitzungsniederschrift Blatt 138 bis 141 verwiesen.
Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte des Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Beklagten form- und fristgerecht gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erhoben worden. Sie ist auch statthaft, weil der Senat sie mit Beschluss vom 18. Oktober 2016 zugelassen hat.
Gegenstand der Entscheidung im Berufungsverfahren ist zum einen das Urteil des Sozialgerichts Halle, soweit der Beklagte hierdurch beschwert ist. Der Kläger hat keine Berufung eingelegt, so dass es nicht mehr darum geht, ob er entsprechend seines erstinstanzlichen Klageantrags höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung als vom Sozialgericht Halle zugesprochen geltend machen kann. Denn sinngemäß hat er die Zahlung von Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich insgesamt 323,67 EUR geltend gemacht. Weil der Betrag von monatlich 123,67 EUR aufgrund des Bescheids des Beklagten vom 3. Dezember 2010 bereits bewilligt und geleistet worden war, ging es ihm nur noch um weitere 200 EUR.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist außerdem der Bescheid des Beklagten vom 3. Dezember 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Dezember 2010, die das Sozialgericht Halle in seinem Urteil abgeändert hat. Zutreffend gehen die Beteiligten in diesem Zusammenhang davon aus, dass der Beklagte mit Bescheid vom 3. Dezember 2010 Leistungen nach dem SGB II endgültig und nicht etwa vorläufig bewilligt hat. Angesichts des nur mit vorläufiger Wirkung abgeschlossenen Vergleichs im Verfahren L 2 AS 168/10 B ER stand ihm zwar die Möglichkeit offen, Leistungen für Unterkunft und Heizung wegen einer ausstehenden abschließenden Klärung der Anspruchshöhe nur vorläufig zu bewilligen (vgl. § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1a SGB II in der im Bewilligungszeitpunkt geltenden Fassung). Diese Möglichkeit hat er aber nicht genutzt, so dass der Bescheid vom 3. Dezember 2010 einen Rechtsgrund für das Behaltendürfen der bisher gewährten monatlichen 123,67 EUR darstellt.
Nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Aufhebungsbescheid vom 15. Juni 2011. Dieser betrifft den Zeitraum von April bis Juni 2011, zu dem der Kläger seine Klage in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht Halle zurückgenommen hat.
Das Begehren auf höhere Leistungen hat der Kläger erstinstanzlich zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG) verfolgt. Er hat sein Klageziel bereits vor dem Sozialgericht Halle auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung beschränkt, was zulässig ist (vgl. zur Abtrennbarkeit des auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung bezogenen Verfügungssatzes: BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 8/06 R - juris, Rn. 19 f.; Urteil vom 19. Februar 2009 - B 4 AS 48/08 R - juris, Rn. 11). Hierzu hat er im Schriftsatz vom 19. Februar 2013 ausgeführt, es gehe ausschließlich um die laufenden Kosten der Unterkunft.
Die Berufung des Beklagten ist begründet. Zu Unrecht ist das Sozialgericht Halle davon ausgegangen, dass der Kläger in der Zeit von Januar bis März 2011 bezogen auf die von ihm genutzte Unterkunft einem Zahlungsverlangen seiner Großeltern ausgesetzt war, welches im Rahmen der Leistungsgewährung nach dem SGB II berücksichtigt werden musste. Der Kläger schuldete seinen Großeltern für die Deckung des eigenen Wohnbedürfnisses keine "Miete" oder anderweitige Beteiligung an den diesen für die Unterkunftsnutzung entstehenden Kosten. Er hat damit im verfahrensgegenständlichen Zeitraum keine Ansprüche auf Leistungen für Unterkunft und Heizung.
Der Kläger ist dem Grunde nach leistungsberechtigt nach den §§ 7 ff. SGB II. Nach § 19 Abs. 1 Satz 1, Satz 3 SGB II in der im verfahrensgegenständlichen Zeitraum maßgeblichen Fassung erhielten erwerbsfähige Hilfebedürftige Arbeitslosengeld II. Diese Leistungen umfassten den Regelbedarf, Mehrbedarfe und den Bedarf für Unterkunft und Heizung. Berechtigt, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu erhalten, waren nach § 7 Abs. 1 SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht hatten, erwerbsfähig und hilfebedürftig waren sowie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland hatten. Erwerbsfähig ist nach § 8 Abs. 1 SGB II, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Der Kläger hatte im verfahrensgegenständlichen Zeitraum das 15. Lebensjahr vollendet, die Altersgrenze des § 7a SGB II noch nicht erreicht und seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Er war auch erwerbsfähig.
Der Kläger war auch hilfebedürftig im Sinne des § 9 SGB II. Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Hier hat der Kläger zwar bereits im März 2011 bereits Einnahmen aus seiner Beschäftigung in Höhe von 350 EUR erzielt. Dieser Betrag liegt aber unter dem Regelbedarf von 364 EUR, so dass sich die Einkommenserzielung nicht auf den hinsichtlich des Anspruchs auf Leistungen für Unterkunft und Heizung beschränkten Streitgegenstand auswirkt (vgl. § 19 Abs. 3 Satz 2 SGB II).
Der Kläger hat aber schon dem Grunde nach keinen Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung: Diese Leistungen setzten entsprechende Bedarfe (und mit der Bedarfsfeststellung verbundene Aufwendungen) voraus, die der Kläger nicht hatte.
Gemäß § 22 Abs. 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind.
Bereits aus dem Gesetzeswortlaut ergibt sich, dass der Grundsicherungsträger nur solche Kosten zu berücksichtigen hat, die dem Hilfebedürftigen tatsächlich entstanden sind und für deren Deckung ein Bedarf entsteht. Dies sind in erster Linie Kosten, die durch einen Mietvertrag begründet sind, wie sie der Kläger vorliegend geltend macht. Für die Berücksichtigung als Bedarf bei der Ermittlung des Leistungsanspruchs reicht es aus, dass der Leistungsempfänger im jeweiligen Bewilligungszeitraum einer wirksamen und nicht dauerhaft gestundeten Mietzinsforderung ausgesetzt ist (vgl. BSG, Urteil vom 3. März 2009 - B 4 AS 37/08 R - juris, Rn. 24; Urteil vom 7. Mai 2009 - B 14 AS 31/07 R - juris, Rn. 16). Ausgangspunkt für die Frage, ob eine wirksame Mietzinsverpflichtung vorliegt, ist primär der Mietvertrag, mit dem der geschuldete Mietzins vertraglich vereinbart worden ist. Entscheidend ist der entsprechende rechtliche Bindungswille der beteiligten Vertragsparteien. So ist ein Mietverhältnis auch dann anzunehmen, wenn nur eine geringfügige "Gefälligkeitsmiete" vereinbart ist oder wenn der Mieter etwa lediglich die Betriebskosten oder sonstige Lasten zu tragen hat. Die Umstände des behaupteten Mietverhältnisses sind im Einzelnen zu ermitteln und zu würdigen. Bei dieser Gesamtwürdigung und bei der Auslegung der Vereinbarungen muss jedoch die tatsächliche Übung der Parteien, mithin der tatsächliche Vollzug des Vertragsinhalts, berücksichtigt werden. Im Übrigen sind die Kriterien, die der Bundesfinanzhof im Hinblick auf den so genannten Fremdvergleich entwickelt hat, nach der Rechtsprechung des BSG im Grundsicherungsrecht nicht relevant (BSG, a. a. O.).
Von einem Rechtsbindungswillen ist auszugehen, wenn die vertragsbegründenden Erklärungen beider Vertragsparteien aus Sicht eines verständigen Adressaten den Willen des Erklärenden erkennen lassen, mit der Erklärung jeweils eine rechtliche Bindung zu bewirken. Dies führt dazu, dass die Erklärung nicht mehr einseitig widerrufen oder geändert werden kann. Beiden Willenserklärungen muss also ein Geltungswille entnommen werden können. Sie sind insoweit abzugrenzen von der bloßen Erklärung der Vertragsbereitschaft, die als solche unverbindlich ist. Hierbei ist für den Fall des Mietvertrags unter nahen Angehörigen im Grundsicherungsrecht zu berücksichtigen, dass einem Missbrauch auch dann vorgebeugt werden muss, wenn die Vertragsparteien Mietpreise unterhalb der Angemessenheitsgrenze vereinbaren (LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 9. März 2017 - L 4 AS 818/13- juris, Rn. 44; Urteil vom 21. Juni 2012 - L 5 AS 67/09 - juris, Rn. 27).
Nach diesen Grundsätzen ergibt sich zur Überzeugung des Senats keine rechtliche Verpflichtung des Klägers zur Zahlung des Mietzinses aus dem mit seinen Großeltern geschlossenen Mietvertrag vom 28. November 2007.
Bereits der Umstand, dass der Kläger keine konkreten Angaben zum Einzug in das Haus und dem Abschluss des Mietvertrags machen konnte, spricht gegen eine mietvertragliche Verpflichtung. So hat er in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zunächst einen zeitlichen Zusammenhang mit seinem siebzehnten Lebensjahr und dem Auszugsentschluss bei seinen Eltern sowie dem Einzug bei seinen Großeltern geschildert. Erst auf den Hinweis des Senats, dass der Kläger – legte man seine Angaben im Erstantrag vom 3. Dezember 2008 zugrunde – beim Abschluss des Mietvertrags und Einzug bei seinem Großeltern schon 18 Jahre alt gewesen sein müsse, hat er erklärt, das sei so gewesen. Nachfolgend hat der Kläger beschrieben, er sei zum Zeitpunkt des Einzugs bei seinen Großeltern schon mit der Ausbildung fertig gewesen. Das wiederum widerspricht den Festlegungen im Mietvertrag zu einem Mietbeginn am 1. Dezember 2007 – einem ganzen Jahr vor Beendigung der Ausbildung am 2. Dezember 2008.
Der Senat geht außerdem davon aus, dass sich ein Rechtsbindungswillen im Regelfall nur auf eine einzige vertragliche Gestaltung beziehen kann. Insbesondere bei den sog. essentialia negotii, also den Vereinbarungen, die für den Abschluss eines konkreten Vertrags getroffen sein müssen, führen abweichende Angebots- und Annahmeerklärungen dazu, dass ein Vertrag nicht zustande gekommen ist. Bei einem Mietvertrag gehört zu diesen unabdingbaren Vertragsbestandteilen die Vereinbarung über den Mietpreis. Halten beide Vertragsparteien sich an eine von mehreren Vertragsfassungen gebunden, liegt es nahe, dass auch im Verhältnis zu Dritten nur diejenige verwendet wird, die die Vertragsparteien zwischen sich gelten lassen wollen. Die Vorlage anderer Fassungen hingegen deutet darauf hin, dass zwischen den vermeintlichen Vertragsparteien eine Einigung über den Inhalt gegenseitiger Rechte und Pflichten nicht ernsthaft beabsichtigt war und ein scheinbar dokumentierter Vertragsinhalt nur im Verhältnis zu Dritten wirken soll.
Zutreffend hat der Beklagte darauf hingewiesen, dass es zwei unterschiedliche Mietverträge gibt. Wenn insoweit nur die 2. Fassung des Mietvertrags (Gesamtmiete: 323,67 EUR) und nicht die 1. Fassung (Gesamtmiete: 278,67 EUR) gelten sollte, bedarf es einer näheren Erläuterung, warum der Kläger dem Beklagten im Rahmen des Leistungsantrags vom 3. Dezember 2008 die Erstfassung vorgelegt hat. Diese hätte bei einem Mietvertragsbeginn am 1. Dezember 2007 schon über ein Jahr lang keine Rechtswirkungen zwischen den Mietvertragsparteien entfalten können. Ebenso ist unklar, aus welchem Grund die 1. Fassung durch die 2. Fassung "überschrieben" worden ist. Dass eine solche Korrektur auf dem ursprünglichen (ersten) Mietvertragsformular erfolgt ist, ergibt sich für den Senat aus dem unverändert vorhandenen Zusatz zur Aufteilung der Nebenkosten von 263,03 EUR auf pro Person 78,67 EUR, obschon nach dem zweiten Mietvertrag 123,67 EUR Nebenkostenvorauszahlungen geschuldet sein sollten. Die veränderten Eintragungen auf demselben Mietvertragsformular müssen also zwischen dem 3. Dezember 2008 und dem 10. Februar 2009 – dem Datum des Eingangs des Formantrags beim Beklagten - vorgenommen worden sein. Das widerspricht der Darstellung des Klägers zum Abschluss des Mietvertrags als einem einheitlichen Abschlussvorgang zwischen den Vertragsparteien.
Die im Verfahren S 17 AS 1119/09 ER vorgelegte Bescheinigung der Großeltern zu Teilzahlungen "des Mietbetrags (323,67 EUR) in Höhe von 160,00 EUR" schon ab dem 1. Dezember 2007 konnte nicht dazu beitragen, die Ingangsetzung eines Mietvertragsverhältnisses sowie entsprechende vertraglich vereinbarte Zahlungspflichten des Klägers auch nur wahrscheinlich erscheinen zu lassen. Von Zahlungen vor dem Eintritt einer vermeintlichen Leistungspflicht des Beklagten hat der Kläger nicht berichtet, obschon dies angesichts der im Verfahren S 17 AS 1119/09 ER vorgelegte Teilzahlungsbescheinigung der Großeltern nahe gelegen hätte. Vielmehr hat er erklärt, als vom Beklagten der Mietvertrag nicht anerkannt worden und nichts gezahlt worden sei, habe er nicht die eigentlich von ihm geschuldete Mietsumme, sondern nur die Abschläge gezahlt. Dem Beginn des Leistungsbezugs durch den Beklagten vorangegangene Mietzahlungen sind nicht geschildert worden. Dass sich der Kläger an solche Zahlungen (in voller Höhe oder in Abschlägen) hätte erinnern müssen, liegt indes angesichts der finanziellen Ausstattung vor Beginn des Leistungsbezugs durch den Beklagten (362,74 EUR Nettoausbildungsvergütung) nahe. Wenn nahezu die Hälfte des geringen verfügbaren Einkommens für die Nutzung einer Unterkunft weitergeleitet wird, bedeutet dies einen merklichen Einschnitt in die Lebensführung.
Dass der Kläger vor dem Vergleich beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt am 22. Juni 2010 die von ihm behauptete geschuldete Miete oder auch nur Anteile hiervon an seine Großeltern geleistet hat, konnte auch durch die Zeugin nicht bestätigt werden. Diese hat erklärt, der Kläger habe nach seinem Einzug nur einen Unkostenbeitrag in Höhe von 123,67 EUR geleistet. Das ist genau der Betrag, auf dessen vorläufige Zahlung sich die Beteiligten im Verfahren L 2 AS 168/10 B ER verglichen haben. Auf Nachfrage hat die Zeugin dann auch erläutern können, dass die Zahlungseingänge nicht durch den Kläger, sondern durch den Beklagten veranlasst worden seien. An vorangegangene Zahlungen durch die Kläger selbst hat sie sich nicht erinnern können.
Auch die durchgehend fehlende Orientierung über vorgeblich geschuldete und gezahlte (Teil-)Mieten spricht gegen eine wirksame vertragliche Verpflichtung des Klägers zur Zahlung einer Miete für die von seinen Großeltern gestellte Unterkunft. Die Forderungsaufstellung in der Kündigung vom 15. Januar 2010 ist im Vergleich zur Teilzahlungsbestätigung vom 27. August 2009 nicht schlüssig. Während der Kläger nach der Teilzahlungsbestätigung vom 27. August 2009 im verfahrensgegenständlichen Zeitraum monatlich 160 EUR gezahlt haben soll, ist er seinen Großeltern nach der Aufstellung im Kündigungsschreiben im Januar 2009 124,67 EUR sowie in den nachfolgenden Monaten 323,00 EUR schuldig geblieben, hätte also im Januar 2009 199 EUR und in den nachfolgenden Monaten jeweils 0,67 EUR gezahlt. Ähnliches ergibt sich für die beiden in den Verfahren L 2 AS 32/14 (Januar bis Juni 2009) und L 2 AS 33/14 (Juli bis Dezember 2009) verfahrensgegenständlichen Zeiträume. Umso weniger nachvollziehbar ist sein schriftsätzliches Vorbringen im Berufungsverfahren, aus den überreichten Kontoauszügen sei ersichtlich, dass er von seinen Großeltern beschriebene monatliche Zahlungen vorgenommen habe. Abgesehen davon, dass der Kläger dieses Vorbringen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht aufrechterhalten hat, kann den Kontoauszügen keinerlei Hinweis auf entsprechende Zahlungsanweisungen des Klägers an seine Bank zugunsten eines Kontos seiner Großeltern entnommen werden. Vielmehr hat der Kläger nicht einmal die vom Beklagten in die Leistungsberechnung eingestellten Werte für die Kosten der Unterkunft und Heizung an seine Großeltern weitergeleitet. Auch im Hinblick auf erfolgte Barabhebungen wegen im Anschluss erfolgender Mietzahlungen liegen tatsächliche Zahlungen des Klägers wegen der Wohnkosten an seine Großeltern fern. Die Abhebungen erfolgten jeweils in kleineren Summen und nicht in Höhe bestätigter Mietzahlungen. Dass mehrere Abhebungen "angespart" werden, um die Beträge anlässlich einer Zahlung wieder zusammenzuführen, entspricht wegen des damit verbundenen zusätzlichen Aufwands keinem erwartbaren typischen Geschehensablauf. Solche Vorgehensweise hat im Übrigen auch der Kläger nicht behauptet.
Der Senat verkennt nicht, dass eine fehlende tatsächliche Mietzahlung (auch in der Vergangenheit) nicht mit der Annahme verbunden sein muss, es werde keine Miete geschuldet. Vielmehr reicht es für die Berücksichtigung von Kosten für Unterkunft und Heizung als Bedarf im Rahmen des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II aus, dass der Hilfebedürftige im jeweiligen Leistungszeitraum einer wirksamen und nicht dauerhaft gestundeten Mietzinsforderung ausgesetzt ist. Denn bei Nichtzahlung der Miete droht regelmäßig Kündigung und Räumung der Unterkunft. Zweck der Regelung über die Erstattung der Kosten für die Unterkunft ist es aber gerade, existentielle Notlagen zu beseitigen und den Eintritt von Wohnungslosigkeit zu verhindern. Ein im Sinne des SGB II Hilfebedürftiger wird zumeist auf die Übernahme der Unterkunftskosten durch den Grundsicherungsträger angewiesen sein. Insoweit kann es für die Feststellung, ob tatsächlich Aufwendungen für Unterkunft entstanden sind, nicht darauf ankommen, ob der Hilfebedürftige der Verpflichtung aus eigenen Mitteln wird nachkommen können oder in der Vergangenheit nachkommen konnte, auch nicht, ob die Aufwendungen bisher durch andere Sozialleistungen gedeckt wurden. Ausgangspunkt für die Frage, ob eine wirksame Mietzinsverpflichtung des Hilfebedürftigen vorliegt, ist in erster Linie der Mietvertrag mit dem der geschuldete Mietzins vertraglich vereinbart worden ist (BSG, Urteil vom 3. März 2009 - B 4 AS 37/08 R - juris, Rn. 24). Es spricht aber gegen eine wirksame Zahlungsverpflichtung, wenn in der Vergangenheit behauptete Zahlungspflichten trotz zur Verfügung stehender finanzieller Mittel nicht erfüllt wurden und dies im Verhältnis der Mietvertragsparteien keine Folgen gehabt hat. Daher widerspricht eine fehlende Mietzahlung zu Zeiten der Ausbildung des Klägers wegen der Höhe der Ausbildungsvergütung der Zahlungspflicht des Klägers gegenüber seinen Großeltern nicht. Wenn allerdings – wie hier – erhebliche Nachzahlungen von Berufsausbildungsbeihilfe Ende des Monats Juni 2008 (2.454 EUR) und am 9. Dezember 2008 (2.045 EUR) nicht – nach dem Bekunden der Zeugin auch nicht anteilig – zum Ausgleich aufgelaufener Mietschulden verwendet werden, spricht dies gegen die Annahme eines Rechtsbindungswillens zwischen den Mietvertragsparteien. In diesem Fall musste offenkundig eine wegen rückständiger Mietzahlungen drohende Wohnungslosigkeit nicht abgewendet werden, weil mit ihr nicht zu rechnen war und ist.
Nichts anderes hat die Zeugin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt: Vor dem Termin im Verfahren L 2 AS 168/10 B ER habe es keine Zahlungen des Klägers an seine Großeltern gegeben und das sei folgenlos geblieben. Mögliche Erinnerungslücken der Zeugin zu der geschilderten Folgenlosigkeit konnte der Senat zwar nicht ausschließen. Insoweit hat der Kläger im Verwaltungsverfahren und in vorangegangenen gerichtlichen Verfahren eine Mahnung seiner Großeltern vom 14. November 2009 sowie eine Kündigung vom 15. Januar 2010 vorgelegt. Die Kündigung ist von den Großeltern aber tatsächlich nicht weiter verfolgt worden. Vielmehr haben der Kläger und seine Großeltern nach einer Unterbrechung des Leistungsbezugs durch fehlende Hilfebedürftigkeit an ihrem vorherigen Vorbringen gegenüber dem Beklagten, es bestehe eine mietvertragliche Verpflichtung, nicht festgehalten. Im Fortzahlungsantrag aus September 2011 hat der Kläger erklärt, keine Miete zu schulden. Gegenüber der hier verfahrensgegenständlichen Zeit sind keine Änderungen in den Wohnverhältnissen erfolgt, die eine nachvollziehbare Grundlage einer Änderung des Rechtsbindungswillens des Klägers und seiner Großeltern gebildet haben könnten. Dass ab September 2011 bei unveränderten Wohnverhältnissen gegenüber dem Beklagten keine Aufwendungen für Unterkunft und Heizung wegen vermeintlicher Mietzahlungspflichten geltend gemacht wurden, spricht für eine von Anfang an fehlende Zahlungspflicht des Klägers.
Nachdem der Kläger zur Überzeugung des Senats keinen mietvertraglichen Zahlungspflichten gegenüber seinen Großeltern ausgesetzt war, musste noch geprüft werden, ob der Kläger im Innenverhältnis zu seinen Großeltern gleichwohl verpflichtet war, sich in irgend einer Weise an den Wohnkosten zu beteiligen.
Grundsätzlich sind anfallenden Kosten für Unterkunft und Heizung unabhängig vom Alter der Bewohner und der jeweiligen Nutzungsintensität anteilig pro Kopf aufzuteilen, wenn Leistungsempfänger eine Unterkunft (hier: ein Grundstück mit mehreren Gebäuden) gemeinsam mit anderen Personen, insbesondere anderen Familienangehörigen, nutzen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Personen Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft sind oder nicht. Hintergrund für dieses sog. "Kopfteilprinzip" sind Gründe der Verwaltungsvereinfachung sowie die Überlegung, dass die gemeinsame Nutzung einer Wohnung durch mehrere Personen deren Unterkunftsbedarf dem Grunde nach abdeckt und in aller Regel einer an der unterschiedlichen Intensität der Nutzung ausgerichtete Aufteilung der Aufwendungen für die Erfüllung des Grundbedürfnisses des Wohnens nicht zulasse (vgl. BSG, Urteil vom 29. November 2012
- B 14 AS 36/12 R - juris, Rn. 26). Etwas anderes kann sich aber etwa dann ergeben, wenn der Nutzung der Unterkunft durch mehrere Personen vertragliche Regelungen zu Grunde liegen, auf deren Grundlage eine andere Aufteilung bei objektiver Betrachtung angezeigt ist (BSG, a. a. O.).
Auch bei der kopfanteiligen Aufteilung von Kosten für Unterkunft und Heizung ist – werden diese Kosten einem Mitglied der Haushaltsgemeinschaft oder einem nicht im Haushalt lebenden Eigentümer der Unterkunft zur Verfügung gestellt – zu prüfen, ob unabhängig von einem Mietvertrag eine Vereinbarung zwischen dem Leistungsberechtigten als Nutzer der Räume und dem Mitglied der Haushaltsgemeinschaft oder Eigentümer des Anwesens besteht, aufgrund der der Leistungsberechtigte verpflichtet war, eigene Beiträge zur Finanzierung der Unterkunftskosten zu übernehmen (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 9. März 2017 - L 4 AS 818/13 - juris, Rn. 61).
Insoweit müsste die Forderung der Großeltern bestanden haben, der Kläger müsse zumindest die von ihm verursachten (zusätzlichen) Kosten (für Wasser, Abwasser, Abfallentsorgung etc.) tragen. Hiervon konnte sich der Senat nicht überzeugen. Auch bei einer solchen Vereinbarung zwischen den Beteiligten hätte es nahe gelegen, wenn der Kläger sich jedenfalls mit den ihm vom Beklagten zur Verfügung gestellten Mitteln für die Kosten der Unterkunft und Heizung (im verfahrensgegenständlichen Zeitraum: monatlich 41,22 EUR) an den für die Unterkunft anfallenden Kosten beteiligt oder bestehende Defizite durch die Nachzahlungen aus dem BAB ausglichen hätte. Das war indes nicht der Fall.
Schließlich kann auch die Aufnahme von laufenden Zahlungen ab Juli 2010 aufgrund des gerichtlichen Vergleichs in der Sache L 2 AS 168/10 B ER nicht dazu führen, dass der Senat von einer Aufwendungen für Unterkunft und Heizung umfassenden Hilfebedürftigkeit des Klägers überzeugt ist. Die Zahlungen an die Großeltern sind nämlich nicht durch den Kläger, sondern aufgrund eines gerichtlichen Vergleichs durch den Beklagten vorgenommen worden. Sie sprechen damit weder für noch gegen eine zwischen dem Kläger und seinen Großeltern tatsächlich vereinbarte Kostenbeteiligung oder gar Mietzahlung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Ein Grund für die Zulassung der Revision nach § 160 SGG liegt nicht vor.
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