Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 2 SB 429/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 2008/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 29.04.2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung eines höheren Grades der Behinderung (GdB).
Der 1963 geborene Kläger beantragte am 20.04.2014 (Blatt 4 VA) bei dem Landratsamt N. (LRA) erstmals die Feststellung eines GdB. Das LRA zog Befundunterlagen bei dem Hals-Nasen-Ohrenarzt Dr. St. (Blatt 7 bis 9 VA) und von den Fachärzten für Innere Medizin Dres. H. u. Kollegen (Bl. 11 bis 24) bei, zu denen Dr. R. die versorgungsärztliche Stellungnahme vom 18.08.2014 erstattete und die Feststellung eines GdB von 40 ab dem 20.05.2014 unter Berücksichtigung folgender Funktionsbeeinträchtigungen empfahl: - Schwerhörigkeit beidseits (Teil-GdB 20) - Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Schulter-Arm-Syndrom, Fibromyalgiesyndrom (Teil-GdB 20) - Hyperreagibles Bronchialsystem, Schlafapnoesyndrom (Teil-GdB 20) - Prostatavergrößerung, Entleerungsstörung der Harnblase (Teil-GdB 10) Gestützt auf die versorgungsärztliche Stellungnahme stellte das LRA mit Bescheid vom 25.08.2014 (Blatt 27 VA) einen GdB von 40 seit dem 20.05.2014 fest.
Gegen den Bescheid erhob der Kläger am 15.09.2014 Widerspruch (Blatt 30 VA) und machte geltend, dass die Funktionseinschränkungen auf orthopädischem Gebiet mit einem GdB von 20 nicht hinreichend berücksichtigt seien, hier sei ein Teil-GdB von 30 anzunehmen, daneben müsse die Schwerhörigkeit und die Lungenfunktionseinschränkung mit jeweils 20 berücksichtigt werden, sodass sich ein Gesamt-GdB von 50 ergebe. Dr. M. erstattete die versorgungsärztliche Stellungnahme vom 12.01.2015 (Blatt 37 VA) und führte aus, dass leichtgradige degenerative Veränderungen der Wirbelsäule sowie unspezifische Schmerzen im Sinne eines chronischen Schmerzsyndroms gegeben seien. Die vorgenommene Bewertung sei daher ausreichend.
Den Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27.01.2015 (Blatt 41 VA) zurück.
Am 13.02.2015 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG). Das SG holte die sachverständigen Zeugenauskünfte des Hals-Nasen-Ohrenarztes Dr. St. vom 01.07.2015 (Blatt 26/30 SG-Akte) sowie des Arztes für Orthopädie Dr. L. vom 23.07.2015 (Blatt 31/76 SG-Akte) ein, zu denen der Beklagte die versorgungsärztliche Stellungnahme des Dr. V. vom 02.09.2015 (Blatt 79 SG-Akte) vorlegte, der ausführte, dass ein einseitiger Hörverlust von 50% einen GdB von 10 bedinge, der Tinnitus sei weitreichend im oberen Bereich mit anerkannt worden. Die Kniebeschwerden seien nach den Angaben des Orthopäden durch einen operativen Eingriff behoben worden, ein GdB relevanter Schaden bestehe nicht. Der festgestellte GdB von 40 liege bereits im obersten Bereich. Die Klage wies das SG mit Urteil vom 29.04.2016 ab und führte zur Begründung aus, dass bei dem Kläger leichtgradige chronisch-degenerative Wirbelsäulensyndrome an HWS und LWS vorliegen würden, die zusammengefasst mit den unspezifischen Schmerzen im Sinne eines chronischen Schmerzsyndroms, das gemäß Nr. 18.4 VG im Einzelfall entsprechend den funktionellen Auswirkungen zu beurteilen sei, zu einem Teil-GdB von 20 führe. Bewegungseinschränkungen der Knie bestünden nicht, nach dem Befund der diagnostischen Arthroskopie des rechten Knie seien Knorpelschäden 2. – 3. Grades gegeben, anhaltende Reizerscheinungen habe der behandelnde Orthopäde jedoch nicht angegeben. Das Funktionssystem Atmung sei mit einem Teil-GdB von 20 zu bewerten, da bei dem Kläger ein obstruktives Schlafapnoe-Syndrom bestehe, welches mittels einer CPAP-Therapie behandelt werde. Die Behinderungen im Funktionssystem Hör- und Gleichgewichtsorgan seien mit einem Teil-GdB von 20 zu bewerten. Es bestehe eine geringgradige Schwerhörigkeit rechts von 0% und eine mittel- bis hochgradige Schwerhörigkeit links mit 50%. Hieraus folge nach der Tabelle ein GdB von 10, das linksseitige Ohrgeräusch sei mit einem GdB von 0 – 10 zu bewerten, sodass ein Teil-GdB von 20 nicht zu niedrig bemessen sei.
Gegen das am 13.05.2016 zugestellte Urteil hat der Kläger am 31.05.2016 Berufung zum Landessozialgericht Baden- Württemberg eingelegt. Er macht geltend, dass sich sein Hörvermögen verschlechtert habe und bei ihm eine Borreliose diagnostiziert worden sei, auf die die von ihm seit Jahren geklagten Beschwerden zurückzuführen seien. Ergänzend hat er den Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik Bad W. vom 15.05.2017 über die stationäre Rehabilitation vom 19.04.2017 bis 10.05.2017, die Arztbriefe des Chirurgen Dr. S. vom 01.09.2017 und 06.04.2018, der Orthopädin Dr. A. vom 16.10.2017, des Orthopäden Dr. G. vom 16.10.2017, des Radiologen Dr. H. vom 26.03.2018, des Neurochirurgen Dr. H. vom 11.04.2018 und des Dr. L. vom 12.03.2018 vorgelegt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 29.04.2016 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 25.08.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.01.2015 zu verpflichten, einen GdB von 50 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Der Senat hat die sachverständigen Zeugenauskünfte des Dr. St. vom 28.10.2016 (Facharzt für HNO-Heilkunde, Blatt 34/36 Senatsakte), des Dr. H. vom 11.11.2016 (Innere Medizin, Blatt 37/59 Senatsakte), des Dr. B. vom 27.12.2016 (Neurologie/Psychiatrie, Blatt 62/63 Senatsakte) und des Dr. L. vom 08.12.2017 (Orthopädie, Blatt 99/127 Senatsakte) eingeholt. Die Beklagte hat u. a. die versorgungsärztliche Stellungnahme des Dr. K. vom 02.11.2017 (Blatt 95 Senatsakte) vorgelegt, der ausgeführt hat, dass der GdB für die Hörstörung weiterhin maximal 20 betrage. Aufgrund des Entlassungsberichtes vom 15.05.2017 könne ein höherer GdB als 20 für die gesamte Wirbelsäule nicht festgestellt werden, bei der dokumentierten geringgradigen Einschränkung der Beweglichkeit der rechten Schulter sei die bisherige Einstufung mit einem GdB von 10 aufrecht zu erhalten. Zusätzlich könne eine Funktionsbehinderung beider Kniegelenke mit einem Teil-GdB von 20 berücksichtigt werden, woraus keine Änderung des Gesamt-GdB folge.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Erklärungen vom 24.04.2018, Blatt 150/151 Senatsakte).
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungs- und Gerichtsakte ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Absatz 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig, aber unbegründet. Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 25.08.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.01.2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger kann die Feststellung eines höheren GdB als 40 nicht beanspruchen, das Urteil des SG ist nicht zu beanstanden.
Rechtsgrundlage für die GdB-Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX (§ 152 SGB IX) in der ab dem 01.01.2018 geltenden Fassung des Bundesteilhabegesetzes vom 23.12.2016 (BGBl. I 2016, 3234), da maßgeblicher Zeitpunkt bei Verpflichtungs- und Leistungsklagen der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung der Tatsacheninstanz ist, wobei es für laufende Leistungen auf die Sach- und Rechtslage in dem jeweiligen Zeitraum ankommt, für den die Leistungen begehrt werden; das anzuwendende Recht richtet sich nach der materiellen Rechtslage (Keller in: Meyer- Ladewig, SGG, 12. Auflage, § 54 RdNr. 34). Nachdem § 241 Abs. 2 SGB IX lediglich eine (Übergangs-)Vorschrift im Hinblick auf Feststellungen nach dem Schwerbehindertengesetz enthält, ist materiell-rechtlich das SGB IX in seiner derzeitigen Fassung anzuwenden.
Nach dessen § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX sind Menschen mit Behinderung solche Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung in diesem Sinne liegt nach § 2 Abs.1 Satz 2 SGB IX liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht.
Auf Antrag des behinderten Menschen stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB zum Zeitpunkt der Antragstellung fest (§ 152 Abs. 1 Satz 1 SGB IX).
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze aufzustellen, die für die Bewertung des Grades der Behinderung, die Kriterien für die Bewertung der Hilflosigkeit und die Voraussetzungen für die Vergabe von Merkzeichen maßgebend sind, die nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind. Soweit noch keine Verordnung nach § 153 Abs. 2 SGB IX erlassen ist, gelten die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der auf Grund des § 30 Abs. 16 BVG erlassenen Rechtsverordnungen entsprechend. Damit gilt weiterhin die Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10.12.2009 (BGBl. I, 2412), deren Anlage zu § 2 die "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" (VG) beinhalten. Diese stellen – wie auch die zuvor geltenden Anhaltspunkte (AHP) - auf funktionelle Beeinträchtigungen ab, die im Allgemeinen zunächst nach Funktionssystemen zusammenfassend (dazu vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG) und die hieraus gebildeten Einzel-GdB (vgl. A Nr. 3a) VG) nach § 152 Abs. 3 SGB IX (zuvor: § 69 Abs. 3 SGB IX) anschließend in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen sind. Die Feststellung der jeweiligen Einzel-GdB folgt dabei nicht einzelnen Erkrankungen sondern den funktionellen Auswirkungen aller derjenigen Erkrankungen, die ein einzelnes Funktionssystem betreffen.
Die Bemessung des Gesamt-GdB (dazu s. unten) erfolgt nach § 152 Abs. 3 SGB IX (zuvor: § 69 Abs. 3 SGB IX). Danach ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. Insoweit scheiden dahingehende Rechtsgrundsätze, auch solche, dass ein Einzel-GdB nie mehr als die Hälfte seines Wertes den Gesamt-GdB erhöhen kann, aus. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. Teil A Nr. 3 VG). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3 3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten und ob die Behinderungen in ihrer Gesamtheit ein Ausmaß erreichen, das die Schwerbehinderung bedingt. Insoweit ist für die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft – gleiches gilt für alle Feststellungsstufen des GdB - nach den allgemeinen Beschreibungen in den einleitenden Teilen der VG als Maßstab der Vergleich zu den Teilhabebeeinträchtigungen anderer Behinderungen anzustellen, für die im Tabellenteil ein Wert von 50 – oder anderer Werte - fest vorgegeben ist (BSG 16.12.2014 – B 9 SB 2/13 R – SozR 4-3250 § 69 Nr. 18 = juris). Damit entscheidet nicht die Anzahl einzelner Einzel-GdB oder deren Höhe die Höhe des festzustellenden Gesamt-GdB, sondern der Gesamt-GdB ist durch einen Vergleich der im zu beurteilenden Einzelfall bestehenden Funktionsbehinderungen mit den vom Verordnungsgeber in den VG für die Erreichung einer bestimmten Feststellungsstufe des GdB bestimmten Funktionsbehinderungen – bei Feststellung der Schwerbehinderung ist der Vergleich mit den für einen GdB von 50 in den VG vorgesehenen Funktionsbehinderungen, bei Feststellung eines GdB von 60 ist der Vergleich mit den für einen GdB von 60 in den VG vorgesehenen Funktionsbehinderungen usw. vorzunehmen – zu bestimmen. Maßgeblich sind damit grundsätzlich weder Erkrankungen oder deren Schlüsselung in Diagnosemanualen an sich noch ob eine Beeinträchtigung der beruflichen Leistungsfähigkeit aufgetreten ist, sondern ob und wie stark die funktionellen Auswirkungen der tatsächlich vorhandenen bzw. ärztlich objektivierten Erkrankungen die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX) anhand eines abstrakten Bemessungsrahmens (Senatsurteil 26.09.2014 – L 8 SB 5215/13 – juris RdNr. 31) beeinträchtigen. Dies ist – wie dargestellt – anhand eines Vergleichs mit den in den VG gelisteten Fällen z.B. eines GdB von 50 festzustellen. Letztlich handelt es sich bei der GdB-Bewertung nämlich nicht um eine soziale Bewertung von Krankheit und Leid, sondern um eine anhand rechtlicher Rahmenbedingungen vorzunehmende, funktionell ausgerichtete Feststellung.
Auf hals-nasen-ohrenärztlichem Gebiet stellt der Senat gestützt auf die sachverständige Zeugenauskunft des Dr. St. vom 28.10.2016 einen prozentualen Hörverlust auf dem rechten Ohr von 0% und von 60% für das linke Ohr fest (so auch die sachverständige Zeugenauskunft des Dr. St. vom 01.07.2015, Blatt 26 SG-Akte), sodass sich nach der Tabelle VG 5.2.4. eine Normalhörigkeit rechts und eine mittelgradige Schwerhörigkeit links ergibt, woraus ein Teil-GdB von 10 folgt. Weiterhin ist das Bestehen eines bei 1 kHz vertäubbaren Tinnitus festzustellen, hinsichtlich dessen VG 5.3. bestimmt: Ohrgeräusche (Tinnitus) ohne nennenswerte psychischen Begleiterscheinungen 0 – 10 mit erheblichen psychovegetativen Begleiterscheinungen 20 mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit 30 – 40 mit schweren psychischen Störungen und sozialen Anpassungsschwierigkeiten mind. 50 Nachdem der sachverständigen Zeugenauskunft des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. vom 27.12.2016 nur die Diagnose eines chronischen Schmerzsyndroms zu entnehmen ist und der Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik Bad W. vom 15.05.2017 eine psychosomatische Grunderkrankung verneint sowie keine Orientierungsstörungen, keine Einschränkungen der Aufmerksamkeit und des Gedächtnisses beschreibt und Antrieb und Psychomotorik als unauffällig angibt, kann der Senat erhebliche psychovegetative Begleiterscheinungen nicht feststellen, sodass ein Tinnitus ohne nennenswerte psychische Begleiterscheinungen vorliegt, der mit einem Teil-GdB von 10 zu bewerten ist. Die Einschätzung des Dr. St. auf einen Teil-GdB von 35 steht mit den Vorgaben der VersMedV nicht in Einklang und überzeugt daher nicht.
Die Bewegungseinschränkungen im Bereich der Wirbelsäule bedingen einen Teil-GdB von 20. Nach den VG Teil B 18.9 ist bei Wirbelsäulenschäden mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurz dauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) ein Teil-GdB von 10, mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) ein Teil-GdB von 20, mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) ein Teil-GdB von 30 und mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten ein Teil-GdB von 30 bis 40 gerechtfertigt. Maßgebend ist dabei, dass die Bewertungsstufe GdB 30 bis 40 erst erreicht wird, wenn mittelgradige bis schwere funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vorliegen. Die Obergrenze des GdB 40 ist danach erreicht bei schweren Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten (Urteil des erkennenden Senats vom 24.01.2014 - L 8 SB 2497/11 -, veröffentlicht in juris und im Internet sozialgerichtsbarkeit.de). Erst bei Wirbelsäulenschäden mit besonders schweren Auswirkungen (z. B. Versteifung großer Teile der Wirbelsäule; anhaltende Ruhigstellung durch Rumpforthese, die drei Wirbelsäulenabschnitte umfasst (z. B. Milwaukee-Korsett); schwere Skoliose (ab ca. 70° nach Cobb) ist eine GdB von 50 bis 70 und bei schwerster Belastungsinsuffizienz bis zur Geh- und Stehunfähigkeit ein GdB von 80 bis 100 gerechtfertigt, die jedoch beim Kläger nicht vorliegen und auch nicht geltend gemacht werden.
Bei dem Kläger bestehen degenerative Veränderungen in allen drei Wirbelsäulenabschnitten, wie der Senat der sachverständigen Zeugenauskunft des Dr. L. vom 08.12.2017 entnimmt, die zu einer endgradig schmerzhaft eingeschränkten Beweglichkeit der gesamten Wirbelsäule führen, wie sich aus dem Rehaentlassungsbericht vom 15.05.2017 ergibt. Weiter folgt aus dem Bericht, dass die Kopfrotation mit 60-0-60° möglich gewesen ist, die Seitneigung mit 10-0-10° und sich ein mäßiger Funktionsschmerz bei Reklination zeigte. Der Finger-Boden-Abstand wird mit 30 cm angegeben, der Schober lumbalis mit 10/14 cm und das Zeichen nach Ott mit 30/31 cm. Über den Dornfortsätzen zeigte sich ein Klopfschmerz im Bereich der gesamten Wirbelsäule. In Übereinstimmung mit der Versorgungsärztin Dr. M. (Blatt 37 VA) sind daher leichtgradige degenerative Veränderungen festzustellen, die unter Berücksichtigung des chronischen Schmerzsyndroms (VG 18.4 – jeweils im Einzelfall entsprechend der funktionellen Auswirkungen analog zu beurteilen) die Annahme eines Teil-GdB von 20 rechtfertigen. Neurologische Ausfallerscheinungen sind von dem Orthopäden Dr. L. verneint worden (Befundberichte vom 14.08.2013 – Blatt 14 VA – und 26.05.2014 – Blatt 23 VA, sachverständige Zeugenauskünfte vom 23.07.2015 und vom 08.12.2017 – Blatt 31 SG-Akte und 99 Senatsakte). Eine wesentliche Befundänderung gegenüber dem Rehaentlassungsbericht ist nicht eingetreten, wie der Senat dem radiologischen Befundbericht des Dr. H. vom 26.03.2018 (Blatt 141 Senatsakte) entnimmt, in dem ausgeführt ist, dass sich keine richtungsgebende Befundänderung gegenüber den Voraufnahmen von 2015 zeigte, eine Spinalkanalstenose war nicht festzustellen, das Altersmaß überschreitende Spondylarthrosen zeigten sich nicht. Auch Dr. H. (Befundbericht vom 11.04.2018, Blatt 143 Senatsakte) hat sensomotorische Defizite ausgeschlossen (so auch Dr. L. im Befundbericht vom 12.03.2018, Blatt 146 Senatsakte) und eine Wurzelreizung als mit den Bildern nicht erklärbar beschrieben. Hinsichtlich des massiven Druckschmerzes über dem ISG gibt Dr. H. an, dass seit vier Wochen lumbosacrale Schmerzen bestünden und daher einiges auf ein ISG-Syndrom hindeute, sodass eine Blockierung und Röntgenkontrolle veranlasst worden ist. Insoweit liegt schon keine Einschränkung vor, die länger als sechs Monate besteht und im Übrigen sind Diagnostik und Therapie (vgl. die ab 23.04.2018 geplante Spritzenbehandlung, Blatt 147 Senatsakte) noch nicht abgeschlossen, sodass sich keine GdB-Relevanz ergibt.
Hinsichtlich der unteren Gliedmaßen entnimmt der Senat dem Rehaentlassungsbericht, dass der Gang des Klägers kleinschrittig mit Schonhinken beidseits gewesen ist, Fersen- und Zehenstand waren ohne Absinktendenz möglich, jedoch erheblich erschwert aufgrund der Schmerzen im Bereich der Sprunggelenke. Die Hüftgelenksbeweglichkeit war beidseits frei, die Beweglichkeit in den Kniegelenken lag für Extension/Flexion bei 0-0-130°, es zeigte sich ein retropatellar-arthrotisches Reiben beidseits, die Beweglichkeit beider Sprunggelenke war endgradig schmerzhaft eingeschränkt, es bestanden diskrete Schwellungen in beiden Sprunggelenken. Ergänzend ergibt sich aus der sachverständigen Zeugenauskunft des Dr. L. vom 08.12.2017 (Blatt 99 Senatsakte), dass durch die MRT des linken Kniegelenkes vom 11.08.2017 eine Innenmeniskusrissbildung ausgeschlossen werden konnte und die MRT des linken Sprunggelenkes allenfalls eine geringe Arthrose im oberen Sprunggelenk ohne Hinweis für eine relevante Knorpelläsion zeigte. Bei der Untersuchung durch Dr. L. am 06.12.2017 waren die Hüft-, Knie- und Sprunggelenke frei beweglich. Der Senat kann daher weder eine Bewegungseinschränkung der Hüftgelenke noch eine solche der Kniegelenke feststellen. Sowohl in der Rehaklinik als auch bei der Untersuchung des Dr. L. war die Kniegelenksbeweglichkeit frei, ein Teil-GdB von 0 – 10 rechtfertigt sich nach VG 18.14 hingegen erst bei einer Bewegungseinschränkung geringen Grades (0-0-90°), wobei der Senat gestützt auf den Rehaentlassungsbericht eine Beweglichkeit von 0-0-130° feststellen konnte. Auch der Befundbericht des Facharztes für Chirurgie Dr. S. vom 01.09.2017 weist aus (Blatt 138 Senatsakte), dass das Knie links reizlos gewesen ist, kein Erguss festzustellen war, bei freier Extension/Flexion und stabilen Seitenbändern. Die Meniskuszeichen waren negativ. Im Bereich des oberen Sprunggelenkes stellt der Senat, gestützt auf die sachverständige Zeugenauskunft des Dr. L. vom 08.12.2017, eine Bewegungseinschränkung geringen Grades fest, die nach VG 18.14 einen GdB von 0 bedingt.
Im Bereich der rechten Schulter stellt der Senat eine arthroskopisch am 30.10.2015 operativ versorgte periarthritis humeroscapularis calcarea fest (Befundbericht des Dr. L. vom 10.11.2015, Blatt 103 Senatsakte), in deren Folge zunächst eine Schultersteife bestand (Befundbericht des Dr. L. vom 05.01.2016, Blatt 104 Senatsakte). Dieser Befund lag nur zeitweise vor, wie der Beschwerdeverlauf zeigt, und ist daher als eine therapeutischen Maßnahmen zugängliche Erkrankung zu beurteilen, die keinen Dauerzustand begründet und nicht dem Behinderungszustand zuzurechnen ist. Hinsichtlich der linken Schulter wird im Befundbericht des Dr. L. vom 04.04.2017 (Blatt 107 Senatsakte) nämlich die Abduktion der Schulter bis 105° angegeben, der Rehaentlassungsbericht vom 15.05.2017 beschreibt die Beweglichkeit im rechten Schultergelenk jetzt als nur endgradig eingeschränkt, ohne Schmerzangabe und im linken Schultergelenk als endgradig eingeschränkt mit Schmerzangabe. Nackengriff und Schürzengriff waren links zwar mühsam, aber durchführbar (Blatt 81 Senatsakte). Nach VG 18.13 bedingt eine Bewegungseinschränkung des Schultergelenks bei einer Armhebung nur bis zu 120° mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit einen GdB von 10, ein GdB von 20 ist bei einer nur bis 90° möglichen Armhebung mit Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit anzunehmen. Die bei dem Kläger festzustellenden endgradigen Bewegungseinschränkungen führen daher zu keinem höheren Teil-GdB als 10 für die Schulter.
Für das mittels CPAP-Therapie behandelte Schlafapnoesyndrom ist nach VG 8.7 aufgrund der Notwendigkeit einer kontinuierlichen nasalen Überdruckbeatmung ein Teil-GdB von 20 zu berücksichtigen.
Die Blasenentleerungsstörung (Befundbericht des Facharztes für Urologie O. vom 29.04.2013, Blatt 13 VA, Ambulanzbrief der Medizinischen Fakultät M. vom 14.09.2015, Blatt 53 Senatsakte) ist als leichtgradig zu beurteilen, nachdem keine Notwendigkeit zur manuellen Entleerung beschrieben wird, sodass nach VG 12.2.2. ein Teil-GdB von 10 anzusetzen ist.
Ein weiterer Teil-GdB für internistische Beschwerden ist nicht gegeben, nachdem eine koronare Herzerkrankung ausgeschlossen werden konnte (Befundberichte des Internisten Dr. L. vom 03.10.2013 und 08.10.2013 – Blatt 16 und 19 VA, Entlassungsbrief der S.-Kliniken vom 04.1.2013 – Blatt 18 VA, Befundbericht des Dr. H. vom 20.03.2014 – Blatt 21 VA).
Soweit der Kläger in der Berufungsbegründung auf eine Borreliose verweist, ergibt sich hieraus keine andere Beurteilung. Der Internist Dr. H. hat eine solche in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 11.11.2016 nicht beschrieben, aus seiner Behandlungsdokumentation ist lediglich der Verdacht auf eine Lyme-Borreliose zu entnehmen (Blatt 38 Senatsakte), und das Klinikum D. hat in dem Arztbericht vom 19.08.2016 (Blatt 43 Senatsakte) mitgeteilt, dass die Lumbalpunktion keinen Hinweis auf ein entzündliches ZNS-Geschehen ergab, in der zerebralen Bildgebung mittels CCT und CMRT zeigten sich ebenfalls keine wegweisenden Auffälligkeiten.
Das von Psychiater Dr. B. angenommene chronische Schmerzsyndrom "unbekannter Ursache mit Verdacht auf entzündliche Komponenten" (sachverständige Zeugenaussage vom 27.12.2016, Blatt 62 Senatsakte) ist danach keine psychiatrische Diagnose. Vielmehr zeigte sich in der Folge während der Reha-Maßnahme im April/Mai 2017, dass die Beschwerden unter rein somatischer Betrachtungsweise nachvollziehbar sind (Reha-Entlassungsbericht vom 15.05.2017, Blatt 76ff Senatsakte).
Selbst wenn der Hörverlust und der Tinnitus zu einem Teil-GdB von 20 zusammengefasst werden, ergibt sich unter Berücksichtigung eines Teil-GdB von 20 für die Wirbelsäule und eines Teil-GdB von 20 für das Schlafapnoesyndrom kein höherer Gesamt-GdB als 40, die mit einem Teil-GdB von 10 zu berücksichtigenden Gesundheitsstörungen wirken sich nicht erhöhend aus. Die Feststellung des Beklagten ist daher nicht zu beanstanden, sodass die Berufung keinen Erfolg haben konnte und zurückzuweisen war.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung eines höheren Grades der Behinderung (GdB).
Der 1963 geborene Kläger beantragte am 20.04.2014 (Blatt 4 VA) bei dem Landratsamt N. (LRA) erstmals die Feststellung eines GdB. Das LRA zog Befundunterlagen bei dem Hals-Nasen-Ohrenarzt Dr. St. (Blatt 7 bis 9 VA) und von den Fachärzten für Innere Medizin Dres. H. u. Kollegen (Bl. 11 bis 24) bei, zu denen Dr. R. die versorgungsärztliche Stellungnahme vom 18.08.2014 erstattete und die Feststellung eines GdB von 40 ab dem 20.05.2014 unter Berücksichtigung folgender Funktionsbeeinträchtigungen empfahl: - Schwerhörigkeit beidseits (Teil-GdB 20) - Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Schulter-Arm-Syndrom, Fibromyalgiesyndrom (Teil-GdB 20) - Hyperreagibles Bronchialsystem, Schlafapnoesyndrom (Teil-GdB 20) - Prostatavergrößerung, Entleerungsstörung der Harnblase (Teil-GdB 10) Gestützt auf die versorgungsärztliche Stellungnahme stellte das LRA mit Bescheid vom 25.08.2014 (Blatt 27 VA) einen GdB von 40 seit dem 20.05.2014 fest.
Gegen den Bescheid erhob der Kläger am 15.09.2014 Widerspruch (Blatt 30 VA) und machte geltend, dass die Funktionseinschränkungen auf orthopädischem Gebiet mit einem GdB von 20 nicht hinreichend berücksichtigt seien, hier sei ein Teil-GdB von 30 anzunehmen, daneben müsse die Schwerhörigkeit und die Lungenfunktionseinschränkung mit jeweils 20 berücksichtigt werden, sodass sich ein Gesamt-GdB von 50 ergebe. Dr. M. erstattete die versorgungsärztliche Stellungnahme vom 12.01.2015 (Blatt 37 VA) und führte aus, dass leichtgradige degenerative Veränderungen der Wirbelsäule sowie unspezifische Schmerzen im Sinne eines chronischen Schmerzsyndroms gegeben seien. Die vorgenommene Bewertung sei daher ausreichend.
Den Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27.01.2015 (Blatt 41 VA) zurück.
Am 13.02.2015 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG). Das SG holte die sachverständigen Zeugenauskünfte des Hals-Nasen-Ohrenarztes Dr. St. vom 01.07.2015 (Blatt 26/30 SG-Akte) sowie des Arztes für Orthopädie Dr. L. vom 23.07.2015 (Blatt 31/76 SG-Akte) ein, zu denen der Beklagte die versorgungsärztliche Stellungnahme des Dr. V. vom 02.09.2015 (Blatt 79 SG-Akte) vorlegte, der ausführte, dass ein einseitiger Hörverlust von 50% einen GdB von 10 bedinge, der Tinnitus sei weitreichend im oberen Bereich mit anerkannt worden. Die Kniebeschwerden seien nach den Angaben des Orthopäden durch einen operativen Eingriff behoben worden, ein GdB relevanter Schaden bestehe nicht. Der festgestellte GdB von 40 liege bereits im obersten Bereich. Die Klage wies das SG mit Urteil vom 29.04.2016 ab und führte zur Begründung aus, dass bei dem Kläger leichtgradige chronisch-degenerative Wirbelsäulensyndrome an HWS und LWS vorliegen würden, die zusammengefasst mit den unspezifischen Schmerzen im Sinne eines chronischen Schmerzsyndroms, das gemäß Nr. 18.4 VG im Einzelfall entsprechend den funktionellen Auswirkungen zu beurteilen sei, zu einem Teil-GdB von 20 führe. Bewegungseinschränkungen der Knie bestünden nicht, nach dem Befund der diagnostischen Arthroskopie des rechten Knie seien Knorpelschäden 2. – 3. Grades gegeben, anhaltende Reizerscheinungen habe der behandelnde Orthopäde jedoch nicht angegeben. Das Funktionssystem Atmung sei mit einem Teil-GdB von 20 zu bewerten, da bei dem Kläger ein obstruktives Schlafapnoe-Syndrom bestehe, welches mittels einer CPAP-Therapie behandelt werde. Die Behinderungen im Funktionssystem Hör- und Gleichgewichtsorgan seien mit einem Teil-GdB von 20 zu bewerten. Es bestehe eine geringgradige Schwerhörigkeit rechts von 0% und eine mittel- bis hochgradige Schwerhörigkeit links mit 50%. Hieraus folge nach der Tabelle ein GdB von 10, das linksseitige Ohrgeräusch sei mit einem GdB von 0 – 10 zu bewerten, sodass ein Teil-GdB von 20 nicht zu niedrig bemessen sei.
Gegen das am 13.05.2016 zugestellte Urteil hat der Kläger am 31.05.2016 Berufung zum Landessozialgericht Baden- Württemberg eingelegt. Er macht geltend, dass sich sein Hörvermögen verschlechtert habe und bei ihm eine Borreliose diagnostiziert worden sei, auf die die von ihm seit Jahren geklagten Beschwerden zurückzuführen seien. Ergänzend hat er den Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik Bad W. vom 15.05.2017 über die stationäre Rehabilitation vom 19.04.2017 bis 10.05.2017, die Arztbriefe des Chirurgen Dr. S. vom 01.09.2017 und 06.04.2018, der Orthopädin Dr. A. vom 16.10.2017, des Orthopäden Dr. G. vom 16.10.2017, des Radiologen Dr. H. vom 26.03.2018, des Neurochirurgen Dr. H. vom 11.04.2018 und des Dr. L. vom 12.03.2018 vorgelegt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 29.04.2016 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 25.08.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.01.2015 zu verpflichten, einen GdB von 50 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Der Senat hat die sachverständigen Zeugenauskünfte des Dr. St. vom 28.10.2016 (Facharzt für HNO-Heilkunde, Blatt 34/36 Senatsakte), des Dr. H. vom 11.11.2016 (Innere Medizin, Blatt 37/59 Senatsakte), des Dr. B. vom 27.12.2016 (Neurologie/Psychiatrie, Blatt 62/63 Senatsakte) und des Dr. L. vom 08.12.2017 (Orthopädie, Blatt 99/127 Senatsakte) eingeholt. Die Beklagte hat u. a. die versorgungsärztliche Stellungnahme des Dr. K. vom 02.11.2017 (Blatt 95 Senatsakte) vorgelegt, der ausgeführt hat, dass der GdB für die Hörstörung weiterhin maximal 20 betrage. Aufgrund des Entlassungsberichtes vom 15.05.2017 könne ein höherer GdB als 20 für die gesamte Wirbelsäule nicht festgestellt werden, bei der dokumentierten geringgradigen Einschränkung der Beweglichkeit der rechten Schulter sei die bisherige Einstufung mit einem GdB von 10 aufrecht zu erhalten. Zusätzlich könne eine Funktionsbehinderung beider Kniegelenke mit einem Teil-GdB von 20 berücksichtigt werden, woraus keine Änderung des Gesamt-GdB folge.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Erklärungen vom 24.04.2018, Blatt 150/151 Senatsakte).
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungs- und Gerichtsakte ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Absatz 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig, aber unbegründet. Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 25.08.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.01.2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger kann die Feststellung eines höheren GdB als 40 nicht beanspruchen, das Urteil des SG ist nicht zu beanstanden.
Rechtsgrundlage für die GdB-Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX (§ 152 SGB IX) in der ab dem 01.01.2018 geltenden Fassung des Bundesteilhabegesetzes vom 23.12.2016 (BGBl. I 2016, 3234), da maßgeblicher Zeitpunkt bei Verpflichtungs- und Leistungsklagen der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung der Tatsacheninstanz ist, wobei es für laufende Leistungen auf die Sach- und Rechtslage in dem jeweiligen Zeitraum ankommt, für den die Leistungen begehrt werden; das anzuwendende Recht richtet sich nach der materiellen Rechtslage (Keller in: Meyer- Ladewig, SGG, 12. Auflage, § 54 RdNr. 34). Nachdem § 241 Abs. 2 SGB IX lediglich eine (Übergangs-)Vorschrift im Hinblick auf Feststellungen nach dem Schwerbehindertengesetz enthält, ist materiell-rechtlich das SGB IX in seiner derzeitigen Fassung anzuwenden.
Nach dessen § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX sind Menschen mit Behinderung solche Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung in diesem Sinne liegt nach § 2 Abs.1 Satz 2 SGB IX liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht.
Auf Antrag des behinderten Menschen stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB zum Zeitpunkt der Antragstellung fest (§ 152 Abs. 1 Satz 1 SGB IX).
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze aufzustellen, die für die Bewertung des Grades der Behinderung, die Kriterien für die Bewertung der Hilflosigkeit und die Voraussetzungen für die Vergabe von Merkzeichen maßgebend sind, die nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind. Soweit noch keine Verordnung nach § 153 Abs. 2 SGB IX erlassen ist, gelten die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der auf Grund des § 30 Abs. 16 BVG erlassenen Rechtsverordnungen entsprechend. Damit gilt weiterhin die Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10.12.2009 (BGBl. I, 2412), deren Anlage zu § 2 die "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" (VG) beinhalten. Diese stellen – wie auch die zuvor geltenden Anhaltspunkte (AHP) - auf funktionelle Beeinträchtigungen ab, die im Allgemeinen zunächst nach Funktionssystemen zusammenfassend (dazu vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG) und die hieraus gebildeten Einzel-GdB (vgl. A Nr. 3a) VG) nach § 152 Abs. 3 SGB IX (zuvor: § 69 Abs. 3 SGB IX) anschließend in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen sind. Die Feststellung der jeweiligen Einzel-GdB folgt dabei nicht einzelnen Erkrankungen sondern den funktionellen Auswirkungen aller derjenigen Erkrankungen, die ein einzelnes Funktionssystem betreffen.
Die Bemessung des Gesamt-GdB (dazu s. unten) erfolgt nach § 152 Abs. 3 SGB IX (zuvor: § 69 Abs. 3 SGB IX). Danach ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. Insoweit scheiden dahingehende Rechtsgrundsätze, auch solche, dass ein Einzel-GdB nie mehr als die Hälfte seines Wertes den Gesamt-GdB erhöhen kann, aus. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. Teil A Nr. 3 VG). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3 3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten und ob die Behinderungen in ihrer Gesamtheit ein Ausmaß erreichen, das die Schwerbehinderung bedingt. Insoweit ist für die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft – gleiches gilt für alle Feststellungsstufen des GdB - nach den allgemeinen Beschreibungen in den einleitenden Teilen der VG als Maßstab der Vergleich zu den Teilhabebeeinträchtigungen anderer Behinderungen anzustellen, für die im Tabellenteil ein Wert von 50 – oder anderer Werte - fest vorgegeben ist (BSG 16.12.2014 – B 9 SB 2/13 R – SozR 4-3250 § 69 Nr. 18 = juris). Damit entscheidet nicht die Anzahl einzelner Einzel-GdB oder deren Höhe die Höhe des festzustellenden Gesamt-GdB, sondern der Gesamt-GdB ist durch einen Vergleich der im zu beurteilenden Einzelfall bestehenden Funktionsbehinderungen mit den vom Verordnungsgeber in den VG für die Erreichung einer bestimmten Feststellungsstufe des GdB bestimmten Funktionsbehinderungen – bei Feststellung der Schwerbehinderung ist der Vergleich mit den für einen GdB von 50 in den VG vorgesehenen Funktionsbehinderungen, bei Feststellung eines GdB von 60 ist der Vergleich mit den für einen GdB von 60 in den VG vorgesehenen Funktionsbehinderungen usw. vorzunehmen – zu bestimmen. Maßgeblich sind damit grundsätzlich weder Erkrankungen oder deren Schlüsselung in Diagnosemanualen an sich noch ob eine Beeinträchtigung der beruflichen Leistungsfähigkeit aufgetreten ist, sondern ob und wie stark die funktionellen Auswirkungen der tatsächlich vorhandenen bzw. ärztlich objektivierten Erkrankungen die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX) anhand eines abstrakten Bemessungsrahmens (Senatsurteil 26.09.2014 – L 8 SB 5215/13 – juris RdNr. 31) beeinträchtigen. Dies ist – wie dargestellt – anhand eines Vergleichs mit den in den VG gelisteten Fällen z.B. eines GdB von 50 festzustellen. Letztlich handelt es sich bei der GdB-Bewertung nämlich nicht um eine soziale Bewertung von Krankheit und Leid, sondern um eine anhand rechtlicher Rahmenbedingungen vorzunehmende, funktionell ausgerichtete Feststellung.
Auf hals-nasen-ohrenärztlichem Gebiet stellt der Senat gestützt auf die sachverständige Zeugenauskunft des Dr. St. vom 28.10.2016 einen prozentualen Hörverlust auf dem rechten Ohr von 0% und von 60% für das linke Ohr fest (so auch die sachverständige Zeugenauskunft des Dr. St. vom 01.07.2015, Blatt 26 SG-Akte), sodass sich nach der Tabelle VG 5.2.4. eine Normalhörigkeit rechts und eine mittelgradige Schwerhörigkeit links ergibt, woraus ein Teil-GdB von 10 folgt. Weiterhin ist das Bestehen eines bei 1 kHz vertäubbaren Tinnitus festzustellen, hinsichtlich dessen VG 5.3. bestimmt: Ohrgeräusche (Tinnitus) ohne nennenswerte psychischen Begleiterscheinungen 0 – 10 mit erheblichen psychovegetativen Begleiterscheinungen 20 mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit 30 – 40 mit schweren psychischen Störungen und sozialen Anpassungsschwierigkeiten mind. 50 Nachdem der sachverständigen Zeugenauskunft des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. vom 27.12.2016 nur die Diagnose eines chronischen Schmerzsyndroms zu entnehmen ist und der Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik Bad W. vom 15.05.2017 eine psychosomatische Grunderkrankung verneint sowie keine Orientierungsstörungen, keine Einschränkungen der Aufmerksamkeit und des Gedächtnisses beschreibt und Antrieb und Psychomotorik als unauffällig angibt, kann der Senat erhebliche psychovegetative Begleiterscheinungen nicht feststellen, sodass ein Tinnitus ohne nennenswerte psychische Begleiterscheinungen vorliegt, der mit einem Teil-GdB von 10 zu bewerten ist. Die Einschätzung des Dr. St. auf einen Teil-GdB von 35 steht mit den Vorgaben der VersMedV nicht in Einklang und überzeugt daher nicht.
Die Bewegungseinschränkungen im Bereich der Wirbelsäule bedingen einen Teil-GdB von 20. Nach den VG Teil B 18.9 ist bei Wirbelsäulenschäden mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurz dauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) ein Teil-GdB von 10, mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) ein Teil-GdB von 20, mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) ein Teil-GdB von 30 und mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten ein Teil-GdB von 30 bis 40 gerechtfertigt. Maßgebend ist dabei, dass die Bewertungsstufe GdB 30 bis 40 erst erreicht wird, wenn mittelgradige bis schwere funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vorliegen. Die Obergrenze des GdB 40 ist danach erreicht bei schweren Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten (Urteil des erkennenden Senats vom 24.01.2014 - L 8 SB 2497/11 -, veröffentlicht in juris und im Internet sozialgerichtsbarkeit.de). Erst bei Wirbelsäulenschäden mit besonders schweren Auswirkungen (z. B. Versteifung großer Teile der Wirbelsäule; anhaltende Ruhigstellung durch Rumpforthese, die drei Wirbelsäulenabschnitte umfasst (z. B. Milwaukee-Korsett); schwere Skoliose (ab ca. 70° nach Cobb) ist eine GdB von 50 bis 70 und bei schwerster Belastungsinsuffizienz bis zur Geh- und Stehunfähigkeit ein GdB von 80 bis 100 gerechtfertigt, die jedoch beim Kläger nicht vorliegen und auch nicht geltend gemacht werden.
Bei dem Kläger bestehen degenerative Veränderungen in allen drei Wirbelsäulenabschnitten, wie der Senat der sachverständigen Zeugenauskunft des Dr. L. vom 08.12.2017 entnimmt, die zu einer endgradig schmerzhaft eingeschränkten Beweglichkeit der gesamten Wirbelsäule führen, wie sich aus dem Rehaentlassungsbericht vom 15.05.2017 ergibt. Weiter folgt aus dem Bericht, dass die Kopfrotation mit 60-0-60° möglich gewesen ist, die Seitneigung mit 10-0-10° und sich ein mäßiger Funktionsschmerz bei Reklination zeigte. Der Finger-Boden-Abstand wird mit 30 cm angegeben, der Schober lumbalis mit 10/14 cm und das Zeichen nach Ott mit 30/31 cm. Über den Dornfortsätzen zeigte sich ein Klopfschmerz im Bereich der gesamten Wirbelsäule. In Übereinstimmung mit der Versorgungsärztin Dr. M. (Blatt 37 VA) sind daher leichtgradige degenerative Veränderungen festzustellen, die unter Berücksichtigung des chronischen Schmerzsyndroms (VG 18.4 – jeweils im Einzelfall entsprechend der funktionellen Auswirkungen analog zu beurteilen) die Annahme eines Teil-GdB von 20 rechtfertigen. Neurologische Ausfallerscheinungen sind von dem Orthopäden Dr. L. verneint worden (Befundberichte vom 14.08.2013 – Blatt 14 VA – und 26.05.2014 – Blatt 23 VA, sachverständige Zeugenauskünfte vom 23.07.2015 und vom 08.12.2017 – Blatt 31 SG-Akte und 99 Senatsakte). Eine wesentliche Befundänderung gegenüber dem Rehaentlassungsbericht ist nicht eingetreten, wie der Senat dem radiologischen Befundbericht des Dr. H. vom 26.03.2018 (Blatt 141 Senatsakte) entnimmt, in dem ausgeführt ist, dass sich keine richtungsgebende Befundänderung gegenüber den Voraufnahmen von 2015 zeigte, eine Spinalkanalstenose war nicht festzustellen, das Altersmaß überschreitende Spondylarthrosen zeigten sich nicht. Auch Dr. H. (Befundbericht vom 11.04.2018, Blatt 143 Senatsakte) hat sensomotorische Defizite ausgeschlossen (so auch Dr. L. im Befundbericht vom 12.03.2018, Blatt 146 Senatsakte) und eine Wurzelreizung als mit den Bildern nicht erklärbar beschrieben. Hinsichtlich des massiven Druckschmerzes über dem ISG gibt Dr. H. an, dass seit vier Wochen lumbosacrale Schmerzen bestünden und daher einiges auf ein ISG-Syndrom hindeute, sodass eine Blockierung und Röntgenkontrolle veranlasst worden ist. Insoweit liegt schon keine Einschränkung vor, die länger als sechs Monate besteht und im Übrigen sind Diagnostik und Therapie (vgl. die ab 23.04.2018 geplante Spritzenbehandlung, Blatt 147 Senatsakte) noch nicht abgeschlossen, sodass sich keine GdB-Relevanz ergibt.
Hinsichtlich der unteren Gliedmaßen entnimmt der Senat dem Rehaentlassungsbericht, dass der Gang des Klägers kleinschrittig mit Schonhinken beidseits gewesen ist, Fersen- und Zehenstand waren ohne Absinktendenz möglich, jedoch erheblich erschwert aufgrund der Schmerzen im Bereich der Sprunggelenke. Die Hüftgelenksbeweglichkeit war beidseits frei, die Beweglichkeit in den Kniegelenken lag für Extension/Flexion bei 0-0-130°, es zeigte sich ein retropatellar-arthrotisches Reiben beidseits, die Beweglichkeit beider Sprunggelenke war endgradig schmerzhaft eingeschränkt, es bestanden diskrete Schwellungen in beiden Sprunggelenken. Ergänzend ergibt sich aus der sachverständigen Zeugenauskunft des Dr. L. vom 08.12.2017 (Blatt 99 Senatsakte), dass durch die MRT des linken Kniegelenkes vom 11.08.2017 eine Innenmeniskusrissbildung ausgeschlossen werden konnte und die MRT des linken Sprunggelenkes allenfalls eine geringe Arthrose im oberen Sprunggelenk ohne Hinweis für eine relevante Knorpelläsion zeigte. Bei der Untersuchung durch Dr. L. am 06.12.2017 waren die Hüft-, Knie- und Sprunggelenke frei beweglich. Der Senat kann daher weder eine Bewegungseinschränkung der Hüftgelenke noch eine solche der Kniegelenke feststellen. Sowohl in der Rehaklinik als auch bei der Untersuchung des Dr. L. war die Kniegelenksbeweglichkeit frei, ein Teil-GdB von 0 – 10 rechtfertigt sich nach VG 18.14 hingegen erst bei einer Bewegungseinschränkung geringen Grades (0-0-90°), wobei der Senat gestützt auf den Rehaentlassungsbericht eine Beweglichkeit von 0-0-130° feststellen konnte. Auch der Befundbericht des Facharztes für Chirurgie Dr. S. vom 01.09.2017 weist aus (Blatt 138 Senatsakte), dass das Knie links reizlos gewesen ist, kein Erguss festzustellen war, bei freier Extension/Flexion und stabilen Seitenbändern. Die Meniskuszeichen waren negativ. Im Bereich des oberen Sprunggelenkes stellt der Senat, gestützt auf die sachverständige Zeugenauskunft des Dr. L. vom 08.12.2017, eine Bewegungseinschränkung geringen Grades fest, die nach VG 18.14 einen GdB von 0 bedingt.
Im Bereich der rechten Schulter stellt der Senat eine arthroskopisch am 30.10.2015 operativ versorgte periarthritis humeroscapularis calcarea fest (Befundbericht des Dr. L. vom 10.11.2015, Blatt 103 Senatsakte), in deren Folge zunächst eine Schultersteife bestand (Befundbericht des Dr. L. vom 05.01.2016, Blatt 104 Senatsakte). Dieser Befund lag nur zeitweise vor, wie der Beschwerdeverlauf zeigt, und ist daher als eine therapeutischen Maßnahmen zugängliche Erkrankung zu beurteilen, die keinen Dauerzustand begründet und nicht dem Behinderungszustand zuzurechnen ist. Hinsichtlich der linken Schulter wird im Befundbericht des Dr. L. vom 04.04.2017 (Blatt 107 Senatsakte) nämlich die Abduktion der Schulter bis 105° angegeben, der Rehaentlassungsbericht vom 15.05.2017 beschreibt die Beweglichkeit im rechten Schultergelenk jetzt als nur endgradig eingeschränkt, ohne Schmerzangabe und im linken Schultergelenk als endgradig eingeschränkt mit Schmerzangabe. Nackengriff und Schürzengriff waren links zwar mühsam, aber durchführbar (Blatt 81 Senatsakte). Nach VG 18.13 bedingt eine Bewegungseinschränkung des Schultergelenks bei einer Armhebung nur bis zu 120° mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit einen GdB von 10, ein GdB von 20 ist bei einer nur bis 90° möglichen Armhebung mit Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit anzunehmen. Die bei dem Kläger festzustellenden endgradigen Bewegungseinschränkungen führen daher zu keinem höheren Teil-GdB als 10 für die Schulter.
Für das mittels CPAP-Therapie behandelte Schlafapnoesyndrom ist nach VG 8.7 aufgrund der Notwendigkeit einer kontinuierlichen nasalen Überdruckbeatmung ein Teil-GdB von 20 zu berücksichtigen.
Die Blasenentleerungsstörung (Befundbericht des Facharztes für Urologie O. vom 29.04.2013, Blatt 13 VA, Ambulanzbrief der Medizinischen Fakultät M. vom 14.09.2015, Blatt 53 Senatsakte) ist als leichtgradig zu beurteilen, nachdem keine Notwendigkeit zur manuellen Entleerung beschrieben wird, sodass nach VG 12.2.2. ein Teil-GdB von 10 anzusetzen ist.
Ein weiterer Teil-GdB für internistische Beschwerden ist nicht gegeben, nachdem eine koronare Herzerkrankung ausgeschlossen werden konnte (Befundberichte des Internisten Dr. L. vom 03.10.2013 und 08.10.2013 – Blatt 16 und 19 VA, Entlassungsbrief der S.-Kliniken vom 04.1.2013 – Blatt 18 VA, Befundbericht des Dr. H. vom 20.03.2014 – Blatt 21 VA).
Soweit der Kläger in der Berufungsbegründung auf eine Borreliose verweist, ergibt sich hieraus keine andere Beurteilung. Der Internist Dr. H. hat eine solche in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 11.11.2016 nicht beschrieben, aus seiner Behandlungsdokumentation ist lediglich der Verdacht auf eine Lyme-Borreliose zu entnehmen (Blatt 38 Senatsakte), und das Klinikum D. hat in dem Arztbericht vom 19.08.2016 (Blatt 43 Senatsakte) mitgeteilt, dass die Lumbalpunktion keinen Hinweis auf ein entzündliches ZNS-Geschehen ergab, in der zerebralen Bildgebung mittels CCT und CMRT zeigten sich ebenfalls keine wegweisenden Auffälligkeiten.
Das von Psychiater Dr. B. angenommene chronische Schmerzsyndrom "unbekannter Ursache mit Verdacht auf entzündliche Komponenten" (sachverständige Zeugenaussage vom 27.12.2016, Blatt 62 Senatsakte) ist danach keine psychiatrische Diagnose. Vielmehr zeigte sich in der Folge während der Reha-Maßnahme im April/Mai 2017, dass die Beschwerden unter rein somatischer Betrachtungsweise nachvollziehbar sind (Reha-Entlassungsbericht vom 15.05.2017, Blatt 76ff Senatsakte).
Selbst wenn der Hörverlust und der Tinnitus zu einem Teil-GdB von 20 zusammengefasst werden, ergibt sich unter Berücksichtigung eines Teil-GdB von 20 für die Wirbelsäule und eines Teil-GdB von 20 für das Schlafapnoesyndrom kein höherer Gesamt-GdB als 40, die mit einem Teil-GdB von 10 zu berücksichtigenden Gesundheitsstörungen wirken sich nicht erhöhend aus. Die Feststellung des Beklagten ist daher nicht zu beanstanden, sodass die Berufung keinen Erfolg haben konnte und zurückzuweisen war.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben.
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