L 9 R 4352/17

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 14 R 1383/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 4352/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 26. Oktober 2017 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.

Die 1968 geborene Klägerin lebt seit 1980 in Deutschland und hat 1987 die deutsche Staatsangehörigkeit erworben. Sie beantragte beim Beklagten am 22.10.2015 eine Rente wegen Erwerbsminderung. Sie bezieht seit 08.05.2006 Arbeitslosengeld II. Zuvor sind nach Zeiten versicherungspflichtiger Beschäftigung vom 06.10.1986 bis 18.09.1987, vom 23.11.1987 bis 04.12.1987 und vom 25.01.1988 bis 25.08.1988 Zeiten des Bezuges von Arbeitslosengeld sowie vom 01.09.1999 bis 05.01.2004 Zeiten geringfügiger Beschäftigungen ohne Versicherungspflicht im Versicherungsverlauf der Beklagten gespeichert. Am 08.12.1990, 15.02.1992, 05.02.1996, 01.09.2005 und 20.02.2008 wurden ihre fünf Kinder geboren.

Aufgrund einer gutachterlichen Äußerung des Dr. R. für die Bundesagentur für Arbeit vom 16.02.2015, der nach Auswertung übermittelter Befundunterlagen (Bericht des Facharztes für Allgemeinmedizin E. vom 03.02.2015 und Gutachten der Agentur für Arbeit K. vom 12.07.2014) von einer unter dreistündigen Belastbarkeit der Klägerin mit einer voraussichtlichen Dauer von bis zu sechs Monaten ausging, einem weiteren Gutachten von Dr. A. für die Agentur für Arbeit vom 16.09.2015, welcher unter Berücksichtigung eines Befundes des Psychiaters S. vom 20.08.2015 davon ausging, dass die Arbeitsunfähigkeit länger als sechs Monaten andauern werde, wurde die Klägerin auf Veranlassung der Beklagten im sozialmedizinischen Zentrum Karlsruhe untersucht und begutachtet. Dabei stellte der Facharzt für Innere Medizin und Rheumatologe Dr. L. aufgrund eines Ruhe-EKG vom 13.01.2016 eine Tachykardie bei sonst unauffälligem EKG fest. Die Fachärztin für Innere Medizin Dr. P. schloss unter Berücksichtigung einer durchgeführten Lungenfunktionsprüfung am 13.01.2016 eine respiratorische Insuffizienz und eine höhergradige Lungenfunktionsstörung (bei schlechter Mitarbeit) aus. Ferner ging sie von einem erhöhten Lungenwiderstand aus, eine Bronchospasmolyse sei aufgrund einer Tachykardie nicht möglich gewesen. Dr. D., Fachärztin für psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Fachärztin für Laboratoriumsmedizin (Zusatzbezeichnung Sozialmedizin) stellte in ihrem Gutachten vom 25.01.2016 aufgrund ihrer Untersuchung der Klägerin am 13.01.2016 eine Dysthymia ohne wesentliche Einschränkung des Lebensradius und einen chronischen, von der Klägerin kompensierbaren Tinnitus auris rechts, ebenfalls ohne wesentliche Einschränkung des Lebensradius fest. Ferner bestehen nach diesen gutachterlichen Feststellungen eine Adipositas, Grad III, episodische Spannungskopfschmerzen (DD Migräne mit Aura), Bluthochdruck (medikamentös ausreichend eingestellt), intermittierende Finger- und Handgelenkschmerzen, ohne wesentliche Funktionseinschränkungen, Rückenschmerzen im unteren muskulären Lendenwirbelsäulenbereich, belastungsabhängig und ohne wesentliche Funktionseinschränkungen, gelegentliche Knieschmerzen beidseits bei leichtem Streckdefizit des rechten Kniegelenkes, ohne wesentliche Funktionseinschränkungen sowie belastungsabhängige, nicht regelmäßig auftretende Schmerzen an beiden Fußsohlen, ohne Funktionseinschränkungen. Hieraus leitete sie in der Gesamtbetrachtung ein quantitatives Leistungsvermögen von arbeitstäglich sechs Stunden und mehr für eine leichte Tätigkeit, überwiegend im Stehen, überwiegend im Gehen, überwiegend im Sitzen, in Tagesschicht ab. Es sei der Klägerin unter Berücksichtigung einer zumutbaren Willensanstrengung möglich, die erforderlichen täglichen Arbeitswege zurückzulegen. Qualitative Leistungseinschränkungen bestünden für Tätigkeiten mit erhöhten Anforderungen an das Umstellungs-, Anpassungs- und Reaktionsvermögen sowie für Tätigkeiten unter Zeitdruck. Des Weiteren sollten Tätigkeiten, die dauernde Wirbelsäulenzwangshaltungen und eine hohe Kniebelastbarkeit beidseits erforderten sowie hohe Anforderungen an die Feinmotorik der Hände stellten, vermieden werden. Die Klägerin solle darüber hinaus nicht in einer deutlich geräuscharmen Umgebung arbeiten, weil eine Geräuschkulisse es ermögliche, von den rechtsseitigen Ohrgeräuschen abzulenken. Tätigkeiten mit erhöhter Unfallgefahr und Tätigkeiten auf Leitern seien ebenfalls nicht leidensgerecht.

Mit Bescheid vom 03.02.2016 lehnte der Beklagte den Antrag auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente ab, weil die medizinischen Voraussetzungen für die Anerkennung der begehrten Rente nicht vorlagen. Den hiergegen erhobenen Widerspruch, den die Klägerin unter anderem mit seit langer Zeit bestehenden somatischen Beschwerden und starken Depressionen begründete, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11.04.2016 zurück.

Hiergegen hat die Klägerin am 26.04.2016 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben und dabei auf die wegen der psychischen Erkrankung bestehenden Beeinträchtigungen sowie die Einschätzung des medizinischen Dienstes der Bundesagentur für Arbeit verwiesen. Das SG hat Beweis erhoben durch das Einholen sachverständiger Zeugenaussagen beim Facharzt für Allgemeinmedizin Erdogan, der Ärztin für Allgemeinmedizin K. und dem Arzt für Psychiatrie S ... Ferner hat es bei Prof. Dr. G. und – auf Antrag und Kostenrisiko der Klägerin – bei Dr. K. nervenärztliche Gutachten in Auftrag gegeben. Für den Beklagten haben Dr. W.-H. und Dr. N. den Sachverhalt im Rahmen von sozialmedizinischen Stellungnahmen gewürdigt.

Der Allgemeinmediziner E. hat in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 20.06.2016 wegen u. a. chronisch anhaltender Kopfschmerzen mit generalisierter Symptomatik im ganzen Körper, mehr an BWS und HWS, paravertebraler Myalgien im Bereich der LWS mit einem FBA von 10 cm und ohne neurologische Ausfälle, wegen einer Adipositas, einer essenziellen Hypertonie, ohne Arrhythmie, psychologischer Schwankungen, psychosomatischer Depressionen mit Einschränkung und Minderung der seelischen Kräfte, mit Insomnie und langen tiefen Schüben eine wenigstens sechsstündige Tätigkeit ausgeschlossen, eine Tätigkeit drei bis unter sechs Stunden aber für möglich gehalten. Die Allgemeinmedizinerin K. hat die Auffassung vertreten, dass die von ihr erhobenen Befunde (Verspannung der Rückenmuskulatur, Eisenmangel, Vitamin-D-Mangel, zunehmende Adipositas, Hypertonie, Diabetes mellitus Typ II, Hypercholesterinämie) einer leichten beruflichen Tätigkeit nicht entgegenstehen (sachverständige Zeugenaussage vom 15.07.2016). Der Psychiater S. hat unter dem 08.08.2016 mitgeteilt, die Klägerin zuletzt dreimal im Jahr 2015 behandelt zu haben, bei insgesamt sieben Kontakten. Die Klägerin könne wegen einer "affektiven depressiven Beschwerdestellung, anhaltend bei chronischer Überforderung" maximal bis drei Stunden am Tag unter Voraussetzung einer Besserung der psychisch-psychosomatischen Beschwerden arbeiten.

Prof. Dr. G., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, hat in seinem Gutachten vom 20.01.2017 eine Dysthymia mit wiederkehrender leicht depressiver Verstimmung, leicht erhöhter Erschöpfbarkeit, leicht vermindertem Antrieb und Schlafstörungen festgestellt. Zu vermeiden seien mittelschwere und schwere körperliche Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten über 6 kg, dauerndes Stehen, Gehen oder Sitzen, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, Arbeiten mit oder an laufenden Maschinen mit Verletzungsgefahr, Arbeiten in Nacht- oder Wechselschicht, Arbeiten mit besonderen Anforderungen an das Reaktions- oder Konzentrationsvermögen, mit besonderer Verantwortung für Menschen und Maschinen sowie Arbeiten unter besonderer nervlicher Belastung. Leichte körperliche Arbeiten mit Heben (max. 60 Minuten pro Schicht) oder Tragen (max. 30 Minuten pro Schicht) von Lasten bis zu 6 kg, das Handhaben leichter Werkstücke und Handwerkzeuge bis zu 10 kg, das Bedienen leichtgängiger Steuerhebel und Controller sowie Arbeiten im Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen seien der Klägerin im Rahmen einer Fünftagewoche acht Stunden täglich möglich. Unter Berücksichtigung der Aggravations-/Simulationsdiagnostik sei davon auszugehen, dass die Klägerin täglich viermal einen Fußweg von 500 Metern in jeweils unter 20 Minuten als Arbeitsweg zurücklegen und öffentliche Verkehrsmittel benutzen könne.

Der auf Antrag und Kostenrisiko der Klägerin gehörte Psychiater Dr. K. hat unter dem 14.07.2017 die Auffassung vertreten, dass der Klägerin Tätigkeiten im Rahmen einer Fünftagewoche nur noch unter drei Stunden täglich zumutbar sind. Er beschrieb eine rezidivierende depressive Störung mit somatischem Syndrom seit mindestens 2004. Die Klägerin habe eine depressive Symptomatik mit gedrückter Grundstimmung, verminderter Konzentration und Mnestik, die Unfähigkeit Freude und Lust zu empfinden, Schlafstörungen, ein frühes Erwachen und Insuffizienzgefühle mit innerlicher Fokussierung auf chronifizierte Rückenschmerzen, die einen gewissen psychischen und somatischen Anteil haben, gezeigt. Mittelschwere und schwere Tätigkeiten mit dauerndem Stehen, dauerndem Gehen und dauerndem Sitzen sowie körperliche Zwangshaltungen mit häufigem Bücken, wie auch das Tragen und Heben von Lasten über 6 kg seien zu vermeiden. Aufgrund der depressiven Stimmungslage sollten Tätigkeiten, die eine Verantwortung für Personen und Maschinen, Überwachung und Steuerung von komplexen Arbeitsvorgängen, Tätigkeiten mit erhöhtem Gefährdungspotenzial und erhöhten Belastungsfaktoren und auch Tätigkeiten in Nachtschicht vermieden werden.

Die Fachärztin für Urologie Dr. W.-H. hat in Auswertung der vorgelegten sachverständigen Zeugenaussagen die Auffassung vertreten, dass das Gutachten von Dr. D. in sich schlüssig und nachvollziehbar sei, sodass unter der Diagnose einer Dysthymia weiterhin ein sechs- und mehrstündiges Leistungsvermögen für leichte körperliche Arbeiten gegeben sei.

Dr. N. hat in seiner sozialmedizinischen Stellungnahme vom 01.08.2017 darauf hingewiesen, dass die mitgeteilte Anamnese der Versicherten bzw. die von ihr mitgeteilten Beschwerden nicht zu einer Depression passen würden. Darüber hinaus sei in dem Gutachten von Dr. K. keine wesentliche Affektstörung beschrieben worden. Insgesamt ergebe sich nach wie vor kein überzeugender Beleg dafür, dass das quantitative Leistungsvermögen der Klägerin gemindert sei.

Mit Urteil vom 26.10.2017 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin leide im Wesentlichen an einer Dysthymia, an Schlafstörungen, einem chronischen Tinnitus sowie intermittierend an Finger- und Handgelenksschmerzen sowie belastungsabhängigen Rücken- und Knieschmerzen, die allesamt nicht zu wesentlichen Einschränkungen des Lebensradius bzw. der Alltagskompetenz führten. Aufgrund der Beschwerden ergäben sich nachvollziehbar Leistungseinschränkungen qualitativer Art, wonach der Klägerin aufgrund der Schmerzen körperliche Tätigkeiten in schwerer oder mittelschwerer Arbeitsschwere, verbunden mit Heben und Tragen von Lasten über 6 kg, dauerndem Stehen, Gehen oder Sitzen sowie Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, an laufenden Maschinen oder verbunden mit Verletzungsgefahr nicht mehr zumutbar seien. Aufgrund der Schlafstörungen seien außerdem nachvollziehbar Arbeiten in Nacht- und Wechselschicht, mit besonderer Anforderung an das Reaktions- und Konzentrationsvermögen oder besonderer Verantwortung für Menschen und Maschinen sowie Arbeiten, die mit übermäßiger geistiger Beanspruchung, erhöhter Stressbelastung oder erhöhter nervlicher Belastung einhergehen, ausgeschlossen. Hierdurch werde aber nach Überzeugung der Kammer das quantitative Leistungsvermögen der Klägerin bezogen auf leichte Tätigkeiten nicht auf unter sechs Stunden pro Arbeitstag im Rahmen einer Fünftagewoche vermindert. Die Kammer stütze sich hierbei auf das schlüssige und nachvollziehbare Gutachten von Prof. Dr. G., insbesondere auf den mitgeteilten Befund sowie die Erhebungen zum Tagesablauf. Weder der mitgeteilte psychiatrische Befund noch der von der Klägerin mitgeteilte Tagesablauf ließen erhebliche Einschränkungen der Alltagskompetenz oder Funktionsstörungen erkennen, die ein zeitlich herabgesunkenes Leistungsvermögen begründen könnten. Sprechverhalten, Sprache, Bewusstsein, Orientierung, Aufmerksamkeit, Konzentration und Gedächtnis seien ungestört, Denkstörungen, Sinnestäuschungen oder Ich-Störungen nicht ersichtlich. Während der mehrstündigen Begutachtung habe die Klägerin ohne Unterbrechung und ohne Schmerz- oder Entlastungsbewegung auf ihrem Stuhl sitzen können. Die Klägerin sei in der Lage, ihren Tag ausreichend zu strukturieren, den Haushalt der fünfköpfigen Familie im Wesentlichen alleine zu bewältigen und ihr soziales Netz zu pflegen. Sie stehe regelmäßig morgens auf, versorge ihre Kinder, bereite zweimal täglich Essen zu, sei in der Lage, über mehrere Stunden hinweg zu putzen (zweieinhalb Stunden pro Tag), vier bis fünf Maschinen Wäsche pro Woche zu waschen, ein bis zwei Stunden täglich zu kochen, zweimal pro Woche alleine einzukaufen. Sie gehe zudem mit ihren Kindern eine Stunde auf den Spielplatz, treffe einmal wöchentlich ihre Freundinnen zum Kaffee- oder Teetrinken und sitze auch mit ihrer Familie täglich ein oder zwei Stunden zusammen beim Kaffee oder Tee. Ihre übrige Freizeit gestalte sie mit Fernsehen, Zeitung lesen und ausruhen/schlafen. Auch unter Berücksichtigung des Gutachtens von Dr. K. habe sich die Kammer nicht von einem herabgesunkenen Leistungsvermögen der Klägerin überzeugen können. Dieser habe im Wesentlichen einen vergleichbaren psychiatrischen Befund und Tagesablauf erhoben. Er habe mitgeteilt, eine Beeinträchtigung der Vigilanz sei nicht gegeben, Konzentration und Gedächtnis seien lediglich leicht beeinträchtigt, wohingegen keine Defizite der Auffassung bestünden. Im Kontakt habe sich die Klägerin offen und höflich erwidernd gezeigt. Für die Kammer sei nicht nachvollziehbar, wie der Gutachter dann auf ein unter dreistündiges Leistungsvermögen komme. Er habe seine Einschätzung zudem mit keinem Wort begründet. Soweit er am Ende seiner Ausführungen auf eine Unvermittelbarkeit der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt abstelle, begründe diese Problematik keine verminderte Erwerbsfähigkeit. Weitere Ermittlungen von Amts wegen seien nicht erforderlich gewesen.

Gegen das der Klägerin am 09.11.2017 zugestellte Urteil hat diese am 16.11.2017 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg erhoben und zur Begründung auf die Feststellungen in den Gutachten der Agentur für Arbeit vom 16.02.2015 und 16.09.2015, des Hausarztes E., des Arztes für Psychiatrie S. und des Sachverständigen Dr. K. verwiesen. Dem stehe allein das Gutachten von Prof. Dr. G. sowie die von der Beklagten beauftragten Ärzte Dr. D., Dr. W.-H. und Dr. N. gegenüber. Das SG habe sich im Wesentlichen von der von Dr. D. latent unterstellten und von Prof. Dr. G. erhobenen Aggravations- und Simulationsdiagnostik leiten lassen, obwohl diese lediglich auf nicht näher behaupteten und insbesondere nicht näher untersuchten Vermutungen und Unterstellungen basierten. Insbesondere sei diese Diagnostik nicht objektiviert worden und es sei im Gutachten von Prof. Dr. G. auch nicht der transkulturelle und ethnomedizinische Hintergrund sowie die persönliche und familiäre Situation der Klägerin ermittelt worden. Jedenfalls sei es vor diesem Hintergrund einer derart schwierigen Sachlage Aufgabe des SG gewesen, von Amts wegen zu diesem Punkt weiter zu ermitteln und ein Obergutachten einzuholen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 26. Oktober 2017 sowie den Bescheid der Beklagten vom 3. Februar 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. April 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr eine Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung seit Antragstellung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist zur Begründung auf ihren Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren sowie auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§ 151 Sozialgerichtsgesetz [SGG]), über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs. 2 SGG), ist zulässig, in der Sache jedoch unbegründet.

Die Beklagte und das SG haben den geltend gemachten Anspruch der Klägerin zu Recht abgelehnt. Sie wird hierdurch nicht in ihren Rechten verletzt.

Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier von der Klägerin beanspruchte Rente wegen Erwerbsminderung – § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) – dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass ein Anspruch auf Rente wegen voller und teilweiser Erwerbsminderung nicht besteht, weil die Klägerin noch wenigstens sechs Stunden täglich leistungsfähig ist. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren uneingeschränkt an, sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Urteils zurück.

Ergänzend zur Begründung im Berufungsverfahren weist der Senat darauf hin, dass das auf Antrag und Kostenrisiko der Klägerin eingeholte Gutachten nicht geeignet ist, eine Leistungsminderung für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auf weniger als sechs Stunden zu begründen. Denn Dr. K. hat nicht dargestellt, aus welchem Befund er ableitet, die Klägerin sei selbst unter Berücksichtigung der von ihm dargestellten qualitativen Einschränkungen nicht mehr in der Lage, im Rahmen einer Fünftagewoche sechs Stunden und mehr einer Beschäftigung nachzugehen. Der (in beiden Gutachten) dargestellte Tagesablauf spricht gegen diese Einschätzung, worauf das SG zu Recht abgestellt hat. Denn hiernach verrichtet die Klägerin Tätigkeiten in einem erheblichen zeitlichen Umfang, die von den Sachverständigen schon nicht mehr abverlangt werden. Allein die Haushaltsführung stellt eine nicht durchgängig nur leichte Tätigkeit, begrenzt auf ein Heben und Tragen von Lasten bis 6 kg dar. Soweit die Klägerin im Laufe der gutachterlichen Anamneseerhebungen die verbliebene Leistungsfähigkeit zunehmend eingeschränkt beschreibt, ist dies für den Senat bei unverändertem Befund nicht nachvollziehbar. So hat die Klägerin bei Dr. D. den eigenen Tagesablauf noch deutlich weniger beeinträchtigt beschrieben als zuletzt bei Dr. K. und gab im Januar 2016 noch an, im Haushalt noch zu kochen (jeden Abend, teilweise für bis zu 11 Personen, wenn die älteren Söhne mit deren Freundinnen zum Essen kämen), zu bügeln, Staub zu saugen, Wäsche zu waschen, Zimmer aufzuräumen und Küche und Bad zu putzen. Sie gab an, manchmal alleine 10 oder 30 Minuten, im Sommer bis zu zwei Stunden im Park spazieren zu gehen. Ferner, dass sie alleine zum Einkaufen gehe. Bei Dr. K. gab sie an, bei den Hausarbeiten halfen die Kinder, einkaufen sei aufgrund der Rückenschmerzen alleine nicht möglich, sie könne nicht tragen. Für solche Einschränkungen fehlt es aber an einer nachvollziehbaren Diagnose. Dr. D. beschrieb eine aufrechte Haltung, ein unauffälliges Gangbild, flüssige Bewegungsabläufe beim Ent- und Bekleiden sowie beim Hinlegen und Wiederaufrichten von der Untersuchungsliege, ohne dass Schmerzreaktionen bemerkbar waren. Wirbelsäulenform und -beweglichkeiten waren unauffällig, der Fingerbodenabstand betrug 19 cm bei einem freien Aufrichten. Sämtliche Gelenke der oberen und unteren Extremitäten waren zudem frei beweglich, mit Ausnahme eines Streckdefizits des rechten Kniegelenkes um ca. 10°. Die Klägerin hat die tiefe Hocke einnehmen und sich frei aus dieser wieder aufrichten können. Der Nacken- und Schürzengriff war durchführbar, die Greif- und Spreizfunktionen sowie der beidseitige Faustschluss waren ungestört, Druckschmerz bestand auf allen PIP der Hände beidseits, die Muskulatur war seitengleich normal entwickelt, Zehen- und Fersengang gelangen problemlos, orthopädische Hilfsmittel wurden nicht verwendet. Die Klägerin äußerte einen belastungsabhängigen Rückenschmerz im unteren muskulären Lendenwirbelsäulenbereich, ohne dass wesentliche Funktionseinschränkungen festgestellt werden konnten. Dasselbe ergab sich für die, dort noch als gelegentlich und belastungsabhängig angegebenen Knieschmerzen beidseits bei einem leichten Streckdefizit des rechten Kniegelenkes. Ohne wesentliche nachweisbare Funktionseinschränkungen sind zudem nicht regelmäßig auftretende Schmerzen an beiden Fußsohlen und die intermittierend an den Finger- und Handgelenken auftretenden Schmerzen befundet worden. Im Klageverfahren gab die Klägerin an, wegen der Gelenkschmerzen bei ihren Hausärzten in Behandlung zu sein. Orthopädische Diagnosen haben aber weder der Facharzt für Allgemeinmedizin E. in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 20.06.2016 (neben Kopfschmerzen generalisierte Symptomatik im ganzen Körper, mehr an BWS und LWS bei BWS-Kyphose) noch die Allgemeinärztin K. in der sachverständigen Zeugenaussage vom 15.07.2016 (Rücken- und Nackenschmerzen) bezeichnet. Letztere beschrieb eine "Verspannung der Rückenmuskulatur", ersterer führte zumindest aus, dass neurologische Ausfälle nicht bestehen. Angesichts dessen und der fehlenden, offensichtlich auch nicht erforderlichen orthopädischen Behandlung sind gravierende Einschränkungen der Leistungsfähigkeit auf orthopädischem Fachgebiet nicht nachvollziehbar. Dementsprechend ist für den Senat auch die Einschätzung der Allgemeinmedizinerin K. nachvollziehbar, dass leichte berufliche Tätigkeiten nicht ausgeschlossen sind. Soweit die Klägerin im Gutachten von Prof. Dr. G. nunmehr eine Schmerzintensität von 10, dem oberen Ende der Schmerzskala (im Sinne von "ausgeprägteste vorstellbare Schmerzen") sowohl im Sitzen und Stehen als auch im Gehen und Liegen (diese hatte sie gegenüber Prof. Dr. G. zuvor noch als gering ausgeprägt angegeben) behauptet, vermag dies den Senat angesichts der offensichtlich widersprüchlichen Angaben und des geschilderten Tagesablaufes nicht zu überzeugen. Gleiches gilt umso mehr für die Angabe gegenüber Dr. K., die Rückenschmerzen seien "so vernichtend", dass sie nicht in der Lage sei, längere Strecken zurückzulegen. Denn auch insoweit stehen die Angaben der Klägerin in den Vorgutachten entgegen und eine entsprechende Schmerzintensität konnte weder bei Dr. D. noch bei Prof. Dr. G. ("Während der hiesigen Begutachtung sitzt sie jedoch ohne Unterbrechung zweieinhalb Stunden und weist dabei kein Schmerz- oder Entlastungsverhalten auf") nachvollzogen werden. Das auf Kosten und Risiko der Klägerin eingeholte Gutachten von Dr. K. setzte sich mit diesen Angaben im Übrigen noch nicht einmal auseinander. Er verzichtete vielmehr ganz auf Feststellungen zum Ausmaß geklagter Schmerzen.

Damit fehlt es streng genommen am Nachweis einer Erkrankung, die die von den Sachverständigen angenommene Einschränkung auf nur leichte Tätigkeiten begründen könnte. Denn auch auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet haben weder Dr. D. noch Prof. Dr. G. oder Dr. K. eine eigenständige Schmerzerkrankung diagnostiziert, die eine solche Einschränkung rechtfertigen könnte. Unter Berücksichtigung dessen vermochte der Senat auch den von Prof. Dr. G. angenommenen Einschränkungen im Bereich leichter Tätigkeiten für Heben und Tragen nicht näherzutreten. Denn dafür, dass die Klägerin nur maximal 60 Minuten pro Schicht in der Lage sein soll, Lasten bis 6 kg zu heben, bzw. solche nur maximal 30 Minuten pro Schicht zu tragen, fehlt es an einem nachvollziehbaren orthopädischen oder einem neurologisch-psychiatrischen Befund, der aus einer entsprechenden Diagnose schlüssig abgeleitet werden könnte. Denn mit Dr. D. und Prof. Dr. G. ist nur eine Dysthymia nachgewiesen. Dies ergibt sich überzeugend und nachvollziehbar aus dem mitgeteilten Befund, den Dr. D. mit einem guten Umstellungs-, Anpassungs- und Reaktionsvermögen auf die verschiedenen Anforderungen, ohne Anzeichen von Erschöpfung und damit mit einem guten Durchhaltevermögen, ohne Hinweise auf Störungen des Bewusstseins, der Orientierung oder der Aufmerksamkeit und des Gedächtnisses beschrieben hat, mit ungestörtem formalen und inhaltlichen Denken, ohne Hinweis auf spezifische Ängste, Zwänge, Sinnestäuschungen oder Ich-Störungen. Erwartungsängste bestanden demnach (nur) beim Einschlafen, nächtliche Albträume zu bekommen, an die sie sich jedoch morgens nicht mehr erinnere und diesbezüglich nur von ihrem Ehemann mitgeteilt bekomme, dass sie geschrien habe, weswegen keine spezifische Angststörung bestehe. Ferner könne sie sich tagsüber von den rechtsseitigen Ohrgeräuschen ablenken, Antrieb und Psychomotorik waren ungestört. Wesentlich Abweichendes wurde auch von Prof. Dr. G. nicht beschrieben, der das Sprechverhalten, die Sprache, das Bewusstsein, die Orientierung, die Aufmerksamkeit, die Konzentration und das Gedächtnis als ungestört beschrieb und Denkstörungen, Sinnestäuschungen oder Ich-Störungen ebenfalls nicht feststellen konnte. Insbesondere vermochte er nur eine leicht erhöhte Erschöpfbarkeit, einen leicht verminderten Antrieb und Schlafstörungen festzustellen. Auch Dr. K. konnte während der Untersuchung keine Beeinträchtigung der Vigilanz feststellen. Er beschrieb eine leichte Beeinträchtigung von Konzentration und Gedächtnis, ohne Defizite in der Auffassung. Soweit er von einer Anhedonie ausgeht, lassen sich dem Gutachten Befunderhebungen diesbezüglich nicht entnehmen und stehen im Widerspruch dazu, dass die Klägerin angegeben hat, die einzige Freude seien ihre Kinder. Ein kritisches Nachfragen etwa in Bezug auf den von der Klägerin bewirtschafteten Garten, auf die Treffen mit den Freundinnen, die familiären Kontakte in der Türkei fehlen jedenfalls und lassen daher keinen eindeutigen Schluss zu. Gleiches gilt für die vom Sachverständigen beschriebene gedrückte Grundstimmung und den reduzierten Antrieb, deren Auswirkungen offenbleiben, weswegen der Senat sich auch von der gestellten Diagnose rezidivierende depressive Störung mit somatischem Syndrom nicht zu überzeugen vermochte. Qualitative Einschränkungen ergeben sich dabei – und insoweit unterscheiden sich die Gutachten nicht wesentlich – im Hinblick auf ein Vermeiden von Tätigkeiten, die eine Verantwortung für Personen und Maschinen, ein Überwachen und die Steuerung komplexer Arbeitsvorgänge, mit erhöhtem Gefährdungspotenzial und mit erhöhten Belastungsfaktoren oder Schichtarbeit erfordern. Aufgrund der fehlenden Einschränkungen in Bezug auf die Umstellungsfähigkeit, den Antrieb und das Durchhaltevermögen lässt sich eine zeitliche Leistungsminderung hiermit aber nicht begründen.

Unter Berücksichtigung dessen vermögen auch die vom Bevollmächtigten der Klägerin benannten Gutachten der Agentur für Arbeit sowie die Äußerungen der sachverständigen Zeugen eine andere Beurteilung nicht zu rechtfertigen, da auch diese eine Begründung für eine zeitliche Leistungsminderung auf zumindest weniger als sechs Stunden schuldig bleiben. Die beiden Gutachten für die Agentur für Arbeit (Dr. R. und Dr. A.) beruhen zudem offensichtlich nicht auf einer eigenen Untersuchung, sondern auf der Auswertung von Befundberichten der behandelnden Ärzte, die nicht im Rahmen einer kritischen Prüfung der Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erstellt werden. Der Senat sieht diese Äußerungen damit durch die Gutachten von Prof. Dr. G. und Dr. D., welches er im Wege des Urkundenbeweises verwertet, als widerlegt an.

Weitere Ermittlungen von Amts wegen sind zudem nicht erforderlich. Soweit die Klägerin die Notwendigkeit der Klärung des Einflusses eines transkulturellen und ethnomedizinischen Hintergrundes im Zusammenhang mit behaupteten Aggravations- und Simulationshinweisen geltend macht, sieht der Senat deswegen keine Veranlassung für weitere Ermittlungen von Amts wegen. Denn diesbezüglich ist zunächst darauf hinzuweisen, dass diese Einschätzung im Gutachten von Prof. Dr. G. nicht auf psychologischen Testverfahren beruhte, sondern allein auf der Auswertung der Akten bzw. des Antwortverhaltens der Klägerin. Der Sachverständige hat entgegen den Ausführungen der Klägerin Inkonsistenzen im Antwortverhalten ausführlich dargelegt und belegt. Der Senat vermag dabei weder Vermutungen zu erkennen noch Unterstellungen. So beschreibt Prof. Dr. G. auf Seite 8 und 9 seines Gutachtens mehrere, insgesamt vier näher ausgeführte Inkonsistenzen des Antwortverhaltens der Klägerin bezogen auf das Schmerzempfinden, einen Pharmakospiegel, auf Angaben, schnell zu ermüden und in der Konzentration eingeschränkt zu sein (obwohl im Rahmen einer über zweistündigen Begutachtung solche Einschränkungen nicht zu verifizieren waren) und bezogen auf die Tendenz zu vagen Antworten mit verringerter Bereitschaft, angebliche Leistungseinschränkungen im Alltag zu konkretisieren. Damit beschreibt der Sachverständige offensichtlich Widersprüche, die sich anhand des Gutachtens und nach Aktenlage festmachen lassen, ohne dass soziokulturelle Einflüsse einer Beschwerdeschilderung zu bewerten waren. Die Klägerin hingegen erläutert nicht substantiiert, welche unzutreffenden Schlussfolgerungen der Sachverständige hieraus gezogen haben soll. Soweit die Klägerin bei Dr. D. erst auf Nachfragen einräumte, dass sie entgegen ihrer zunächst gemachten Angaben durchaus die Wohnung allein verlassen könne und außerdem, dass sie regelmäßig Gartenarbeit in einem gemieteten Schrebergarten durchführe, hat dies mit einem soziokulturellen Hintergrund nichts zu tun, sondern belegt lediglich die Tendenz der Klägerin, durch von ihr gemachte Angaben eine ihr günstige Beurteilung zu erreichen. Dies mag angesichts der finanziellen und persönlichen Umstände der Klägerin nachvollziehbar sein, rechtfertigt jedoch nicht, die vorliegenden Leistungseinschätzungen von Dr. D. und Prof. Dr. G. in Zweifel zu ziehen.

Soweit Dr. K. bei der Beantwortung der Beweisfrage 8) zu erkennen gibt, Zweifel an der Vermittelbarkeit der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu haben, verkennt er, dass dies nicht das entscheidende Kriterium für die Anerkennung der hier geltend gemachten Rente ist. Entscheidend ist allein, ob die Klägerin unter Berücksichtigung der vorliegenden gesundheitlichen Einschränkungen noch in der Lage ist, eine wenigstens leichte Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch wenigstens sechs Stunden ausführen zu können. Ob der Klägerin ein entsprechender Arbeitsplatz tatsächlich vermittelt werden kann, ist rechtlich unerheblich, da bei vollschichtig einsatzfähigen Versicherten der Arbeitsmarkt als offen anzusehen ist und das Risiko der Arbeitsvermittlung von der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung und nicht von der gesetzlichen Rentenversicherung zu tragen ist; dementsprechend bestimmt § 43 Abs. 3 SGB VI, dass nicht erwerbsgemindert ist, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (vgl. zum Vorstehenden zusammenfassend den Beschluss des Großen Senats des BSG vom 19.12.1996 – GS 2/95 –, SozR 3-2600 § 44 Nr.8).

Der Vollständigkeit halber weist der Senat ergänzend darauf hin, dass auch weder die Voraussetzungen für die Annahme einer spezifischen Leistungseinschränkung noch für eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vorliegen. Die Klägerin ist nach Überzeugung des Senats noch in der Lage, vollschichtig körperlich leichte Arbeiten ohne Heben und Tragen von Gegenständen über 6 kg, ohne überwiegendes Stehen und Gehen oder ständiges Sitzen, nicht in Nässe, Kälte oder Zugluft, ohne häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen, ohne besondere Anforderungen an die Fingerfertigkeit und nicht unter besonderen Unfallgefahren zu verrichten. Der Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit bedarf es nicht, wenn Tätigkeiten wie das Verpacken leichter Gegenstände, einfache Prüfarbeiten oder die leichte Bedienung von Maschinen noch uneingeschränkt möglich ist. In diesen Fällen liegt eine spezifische Leistungseinschränkung nach der Rechtsprechung des BSG (BSG, Urteil vom 27.04.1982 – 1 RJ 132/80 –, SozR 2200 § 1246 Nr. 90) nicht vor.

Insbesondere besteht auch keine rentenrechtlich relevante Einschränkung der Wegefähigkeit. Dafür, dass die Klägerin nicht mehr in der Lage sein könnte, viermal am Tag eine Wegstrecke von über 500 m mit zumutbarem Zeitaufwand (also jeweils innerhalb von 20 Minuten) zu Fuß zu bewältigen und ferner nicht mehr zweimal täglich während der Hauptverkehrszeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren, ist nichts ersichtlich. Weder die Streckhemmung am rechten Knie, die Kniebeschwerden oder die muskulär bedingten Rückenbeschwerden vermögen eine solche Einschränkung zu begründen. Auch auf internistischem Fachgebiet liegen mit dem mit oralen Antidiabetika gut eingestellten Diabetes mellitus Typ II, dem ebenfalls medikamentös gut eingestellten Bluthochdruck (so die Angaben der Allgemeinmedizinerin K.), der Adipositas, der Tachykardie oder einem erhöhten Lungenwiderstand (bei Ausschluss einer respiratorischen Insuffizienz und Ausschluss einer höhergradigen Lungenfunktionsstörung) keine Befunde vor, die solche Einschränkungen begründen könnten. Von den vom SG gehörten Ärzten werden entsprechende Einschränkungen auch nicht mitgeteilt. Gegen eine solche gravierende Einschränkung spricht zudem, dass die Klägerin gegenüber Dr. D. bestätigt hat, bis zu zwei Stunden spazieren gehen zu können. Unabhängig davon, dass es am Nachweis einer sich auf die Gehfähigkeit auswirkenden Erkrankung fehlt, haben auch die vorliegenden Gutachten eine solche Einschränkung nicht positiv festgestellt. Auch hierfür ist jedoch der Vollbeweis erforderlich, der nicht deshalb obsolet wird, weil sich der nach § 109 SGG gehörte Sachverständige, ohne seine Zweifel zu begründen, nicht festlegen will.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und trägt dem Unterliegen der Klägerin auch im Berufungsverfahren Rechnung.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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