L 4 SO 62/17

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
4
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 28 SO 370/16
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 4 SO 62/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufungen gegen die Gerichtsbescheide des Sozialgerichts Hamburg vom 16. August 2017 (S 28 SO 370/16, S 28 SO 372/16) werden zurückgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) für die Zeit vom 1. Dezember 2015 bis zum 31. Dezember 2016.

Der Kläger ist 1942 geboren, schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 80 sowie den Merkzeichen G, RF und B.

Die Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 13. November 2015 Leistungen für die Zeit vom 1. Dezember 2015 bis 30. November 2016 in Höhe von 622,03 Euro monatlich. Sie legte dabei einen Regelbedarf von 399 Euro, einen Mehrbedarf für ältere Menschen nach § 30 Abs. 1 SGB XII von 67,83 Euro sowie Unterkunftskosten i.H.v. 369,40 Euro zugrunde und rechnete die Altersrente des Klägers i.H.v. 214,20 Euro als Einkommen an.

Mit weiterem Bescheid vom 21. Dezember 2015 bewilligte die Beklagte dem Kläger sodann Leistungen für die Zeit vom 1. Januar 2016 bis zum 31. Dezember 2016 in Höhe von 627,99 Euro monatlich wegen der Anerkennung eines Regelbedarfs von nunmehr 404 Euro und eines Mehrbedarfs von nunmehr 68,68 Euro.

Der Kläger legte gegen beide Bescheide – am 23. November 2015 bzw. am 5. Januar 2016 – Widerspruch ein, den er sinngemäß damit begründete, dass die gewährten Leistungen nicht auskömmlich seien.

Mit zwei Widerspruchsbescheiden vom 9. März 2016 (M/RA 3-2087/15 und M/RA 3-150/16) wies die Beklagte die Widersprüche zurück, da der Regelsatz in gesetzlicher Höhe gewährt worden und der Sozialhilfeträger an diese Entscheidung des Gesetzgebers gebunden sei.

Der Kläger hat dagegen jeweils am 26. Juli 2016 Klage zum Sozialgericht Hamburg erhoben (S 28 SO 370/16 und S 28 SO 372/16). Er hat vorgetragen, die Grundsicherung sei zu gering bemessen, und es bedürfe einer Anpassung der Regelsätze. Er überweise u.a. 200 Euro monatlich an seine in Indien lebende Ehefrau.

Nach Anhörung der Beteiligten hat das Sozialgericht die Klagen mit Gerichtsbescheiden vom 16. August 2017 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte habe die Leistungshöhe zutreffend ermittelt. Die Anpassung der Regelsätze erfolge nach der gesetzlichen Vorgabe des § 28a Abs. 2 SGB XII entsprechend den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) nach Maßgabe des Urteils vom 9. Februar 2010 (1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09; 1 BvL 4/09) und § 20 des Gesetzes zur Ermittlung der Regelbedarfe nach § 28 SGB XII (Regelbedarfsermittlungsgesetz – RBEG) vom 24. März 2011, welches rückwirkend zum 1. Januar 2011 in Kraft getreten sei. Danach würden die Regelleistungen jedes Jahr überprüft und festgelegt. Sie errechneten sich aus einem sog. Mischindex, der sich zu 70 vom Hundert aus der relevanten Preisentwicklung und zu 30 vom Hundert aus der Nettolohnentwicklung zusammensetze. Das BVerfG habe diese Art der Berechnung in seinem Beschluss vom 23. Juli 2014 (1 BvL 10/12; 1 BvL 12/12; 1 BvL 1691/13) grundsätzlich nicht beanstandet. Das Gericht könne deshalb weder eine unrichtige Berechnung der Regelsätze noch eine grundgesetzliche Benachteiligung des Klägers erkennen. Auch die Anrechnung der Altersrente als Einkommen nach § 82 Abs. 1 SGB XII sei nicht zu beanstanden. Sie entspreche dem Grundsatz des Nachranges der Sozialhilfe gemäß § 2 Abs. 1 SGB XII. Dass der Kläger hier – freiwillige – Unterhaltszahlungen an seine Ehefrau in Indien erbringe, könne im Übrigen keine Berücksichtigung finden.

Der Kläger hat am 11. September 2017 Berufung gegen beide Urteile eingelegt (L 4 SO 62/17 und L 4 SO 66/17). Er wiederholt im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen.

Der Kläger beantragt,

die Gerichtsbescheide vom 16. August 2017 (S 28 SO 370/16 und S 28 SO 372/16) aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 13. November 2015 in der Fassung des Bescheides vom 21. Dezember 2015 und in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 9. März 2017 (M/RA 3-2087/15 und M/RA 3-150/16) zu verurteilen, ihm höhere Leistungen der Grundsicherung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufungen zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angegriffenen Entscheidungen.

Mit Beschlüssen vom 5. Dezember 2017 hat der Senat die Berufungen gegen die Gerichtsbescheide nach § 153 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

Am 15. Januar 2018 hat ein Termin zur mündlichen Verhandlung stattgefunden. Der Senat hat darin die Berufungsverfahren L 4 SO 62/17 und L 4 SO 66/17 gemäß § 113 Abs. 1 SGG zur gemeinsamen Entscheidung und Verhandlung unter dem Aktenzeichen L 4 SO 62/17 verbunden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll, die Prozessakte und die Leistungsakte der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung des Senats waren.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht konnte durch den Berichterstatter und die ehrenamtlichen Richter entscheiden, da der Senat das Verfahren nach § 153 Abs. 5 SGG übertragen hatte.

Die Berufung ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg. Das Sozialgericht hat die auf höhere Leistungen der Grundsicherung im Zeitraum vom 1. Dezember 2015 bis 31. Dezember 2016 gerichteten Klagen zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Der insoweit ergangene Bewilligungsbescheid der Beklagten vom 13. November 2015 in der Fassung des Bewilligungsbescheides vom 21. Dezember 2015 und in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 9. März 2016 (M/RA 3-2087/15 und M/RA 3-150/16) ist rechtmäßig.

Die Regelsätze im Sinne des § 27a Abs. 1 bis 4 SGB XII werden gemäß § 28 SGB XII und dem RBEG neu ermittelt oder, soweit eine Neuermittlung nicht erfolgt, gemäß § 28a SGB XII jährlich angepasst. Nach § 2 der Verordnung zur Bestimmung des für die Fortschreibung der Regelbedarfsstufen nach § 28a SGB XII (Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung – RBSFV) maßgeblichen Prozentsatzes sowie zur Ergänzung der Anlage zu § 28 SGB XII für das Jahr 2015 wurde ab dem 1. Januar 2015 ein Regelbedarf in Höhe von monatlich 399 Euro für Alleinstehende (Regelbedarfsstufe 1) anerkannt. Diesen Regelbedarf hat die Beklagte dem angefochtenen Bewilligungsbescheid vom 13. November 2015 zugrunde gelegt. Für das Folgejahr sah die RBSFV 2016 einen Regelbedarf nach Regelbedarfsstufe 1 von 404 Euro vor. Diese Erhöhung berücksichtigte die Beklagte mit Bescheid vom 21. Dezember 2015.

Die Höhe des von der Beklagten jeweils berücksichtigten Regelbedarfs unterliegt auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Es wird insoweit auf die Ausführungen des Sozialgerichts in den angefochtenen Gerichtsbescheiden vom 16. August 2017 verwiesen. Auch der erkennende Senat orientiert sich maßgeblich an dem Beschluss des BVerfG vom 23. Juli 2014 (1 BvL 10/12 u.a.), in dem das BVerfG in Bezug auf den Anspruch auf Leistungen nach dem Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende festgestellt hat, dass die Vorschriften über die Festsetzung der Höhe des Regelbedarfs für Alleinstehende sowie deren Fortschreibung mit dem Grundgesetz vereinbar sind. In den der Entscheidung des BVerfG zugrunde liegenden Ausgangsverfahren war um die Höhe von Leistungen für Bewilligungszeiträume in den Jahren 2011 und 2012 gestritten worden. Das BVerfG hat seine Feststellungen aber ausdrücklich auch auf die Folgeregelungen für 2013 und 2014 bezogen. Auch für die vorliegend streitgegenständlichen Jahre 2015 und 2016 bestehen aber keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Regelungen. Die vom BVerfG angestellten Erwägungen sind überdies auf den Regelbedarf nach dem SGB XII zu übertragen (Urteil des erkennenden Senats vom 21.9.2017 – L 4 AS 318/15).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision ist nicht nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, da kein Zulassungsgrund nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG vorliegt.
Rechtskraft
Aus
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