Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
26
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 26 R 1707/14
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Bescheid vom 20.12.2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16.07.2014 wird aufgehoben. Es wird festgestellt, dass die Tätigkeit der Beigeladenen als Kurierfahrerin bei der Klägerin mit dem 01.02.2013 nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt wird. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand:
Am 30.08.2013 beantragte die Klägerin die Feststellung, dass die Beigeladene nicht bei ihr beschäftigt ist.
Mit Bescheid vom 20.12.2013 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die Tätigkeit der Beigeladenen als Auslieferungsfahrer bei der Klägerin seit dem 01.02.2013 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde. In dem Beschäftigungsverhältnis bestehe Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Die Versicherungspflicht beginne am 01.02.2013. Beschäftigung sei die nichtselbständige Arbeit insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung seien eine Tätigkeit nach Weisungen und die Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Abgrenzungskriterium sei insofern der Grad der persönlichen Abhängigkeit, in der sich der zur Dienstleistung Verpflichtete befinde. Eine selbständige Tätigkeit hingegen werde durch die freie Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft sowie die im wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit und das Vorliegen eines unternehmerischen Risikos gekennzeichnet. Die zu beurteilende Tätigkeit bestehe darin, Post und Warensendungen im Namen und auf Rechnung der I H auszuliefern. Die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis seien, dass der Auftraggeber bzw. die I M H regelmäßig die Ausführung der Tätigkeit über den Scanner kontrolliere. Es existiere ein festes zugewiesenes Auftragsgebiet. Die zu transportierenden Waren würden vom Auftraggeber bzw. von der I M H ausgesucht. Auf dem eingesetzten Fahrzeug müsse die Aufschrift I vorhanden sein. Bei Auslieferung für die I M H sei Ibekleidung zu tragen. Für Außenstehende trete der Auftragnehmer als Mitarbeiter von I auf. Es würden festgelegte Arbeitszeiten existieren (Montag bis Samstag 8-17 Uhr). Die Tätigkeit werde persönlich ausgeübt. Hilfskräfte würden nicht eingesetzt. Die Merkmale, die für eine selbständige Tätigkeit sprechen, seien, dass ein mit eigenem Kapital erworbenes Fahrzeug eingesetzt werde. Die Benzinkosten trage die Auftragnehmerin selbst. Für Person- und Sachschäden während der Be- und Entladung sowie auf der Tour hafte die Auftragnehmerin selbst. Scanner und Ikleidung würden beim Auftraggeber gemietet bzw. erworben. Die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis würden überwiegen. Damit liege ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vor.
Hiergegen wandte sich die Klägerin mit Widerspruch vom 17.01.2014. Die Beigeladene unterliege keinen Weisungen der Klägerin. Sie sei nicht in die Arbeitsorganisation eingebunden. Umsätze bzw. Einkommen seien zu Beginn ihrer Tätigkeit nicht abzusehen. Es sei ihr auch freigestellt weitere Ausfahrten zu übernehmen. Auch könne sie sich jederzeit Erfüllungsgehilfen bedienen. Innerhalb eines großräumig angelegten Zeitfensters (8-12 Uhr) komme die Beigeladene zur Klägerin, um die Warensendungen in dem Lager abzuholen. Dabei stehe es ihr frei Paketsendungen nicht anzunehmen und die Ausfahrt abzulehnen. Eine Transportverpflichtung bestehe nicht. Auch bestehe seitens der Klägerin keine Verpflichtung, ein bestimmtes Kontingent an Warensendungen vorzuhalten. Damit liege das ausschließliche Unternehmerrisiko bei der Beigeladenen. Die Beigeladene müsse auch die für ihr eigenes Fahrzeug anfallenden Betriebs- und Unterhaltskosten tragen. Auch trage sie das Risiko des Verlustes der Warensendung. Weiter sei die zu leistende Route nicht vorgegeben. Auch bestehe keine Vorgabe, dass die Sendung zu bestimmten Uhrzeiten transportiert oder ausgeliefert werden müssten. Die Fahrerin entscheide über ihren Einsatz sowie Zeit und Ort der Leistung. Sie trage auch ihre private Kleidung und eine Verpflichtung, das genutzte Fahrzeug zu beschriften, bestehe nicht. Soweit die Fahrerin die Befestigung vornehme, diene dies lediglich der Vereinfachung der Tätigkeit. Auch erfolge keine Kontrolle durch den Auftraggeber über die Scannererfassung. Das Einscannen der ausgehändigten Waren seien maßgeblich für die Beweisführung des ordnungsgemäßen Zugangs.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16.07.2014 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Entscheidungserheblich sei, dass die Tätigkeit in einem festen Zustellgebiet ausgeübt werde und die Fahrerin zeitliche Vorgaben hinsichtlich der Zustellung erhalte. Die für die Abwicklung der Vertragspflichten erforderlichen EDV-Geräte würden zur Verfügung gestellt. In der Ausführung der Tätigkeit unterliege der Fahrerin den Weisungen der Klägerin. Es erfolge eine Kontrolle der Leistungserbringung. Die Fahrerin unterwerfe sich auf den Qualitätsstandards und den Richtlinien von I. Sie müsse die Kleidung aus dem I Bekleidungskatalog beziehen und tragen. Im Lieferfahrzeug sei das I-Schild deutlich und sichtbar für jedermann zu befestigen. Das Weisungsrecht der Klägerin in Bezug auf Ort, Art und Weise der Tätigkeit ergäbe sich aus dem erteilten Auftrag samt Zustelltour. Eine Ladung der Pakete sei nur bis 12 Uhr möglich, Es gebe einen vorgeschriebenen Tourenplan. Somit unterliege die Fahrerin dem Direktionsrechts der Klägerin und sei in deren Arbeitsorganisation eingegliedert. Unternehmerische Tätigkeit zeichne sich dadurch aus, dass sowohl Risiken übernommen werden müssten als auch gleichzeitig Chancen eröffnet würden. Die Fahrerin setze keine eigenen Betriebsmittel im wesentlichen Umfang zur Erbringung der Arbeitsleistung ein. Die Vergütung richte sich nach Sendungsstückzahlen. Das Risiko der Schlechtleistung oder Insolvenz unterscheide sich nicht vom Risiko befristet beschäftigter Arbeitnehmer. Auch sei unerheblich, dass der finanzielle Erfolg von der beruflichen Tüchtigkeit abhänge. Dieses betreffe jeden Beschäftigten.
Dagegen wendet sich die Klägerin mit der am 15.08.2014 erhobenen Klage. Dabei wiederholt sie im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen.
Das Gericht hat Frau B L zum Verfahren beigeladen.
Die Klägerin beantragt schriftlich, den Bescheid der Beklagten vom 20.12.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.07.2014 aufzuheben und festzustellen, dass die Tätigkeit von Frau B L als Kurierfahrerin bei der Klägerin seit dem 01.02.2013 nicht im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde.
Die Beklagte beantragt schriftlich, die Klage abzuweisen.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
Die Beklagte verweist auch auf ihr bisheriges Vorbringen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Mit Einverständnis der Beteiligten konnte das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden (§ 124 Abs. 2 SGG).
Die zulässige Klage ist begründet.
Die Klägerin ist beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG. Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig. Die Beigeladene ist seit dem 01.02.2013 bei der Klägerin nicht abhängig beschäftigt, sondern als Kurierdienstfahrerin selbständig tätig. Aus dieser Tätigkeit besteht keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung.
Gemäß § 7 a Abs. 1 SGB IV kann bei der Beklagten eine Entscheidung darüber beantragt werden, ob eine Beschäftigung vorliegt; die Beklagte entscheidet hierüber aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles (§ 7 a Abs. 2 SGB IV).
Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Von letzterem ist auszugehen, wenn der Beschäftigte in den Betrieb des Arbeitgebers eingegliedert ist und dabei nach Zeit, Dauer und Ort und Art der Ausführung dem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt.
Demgegenüber ist die selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko und das Recht und die Möglichkeit gekennzeichnet, über die eigene Arbeitskraft, über Arbeitsort und Arbeitszeit frei zu verfügen. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgeblich ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung.
Vorliegend überwiegen die Merkmale für eine selbständige Tätigkeit.
Es existiert kein Arbeitsvertrag. Vielmehr sind die vertraglichen Beziehungen zwischen der Klägerin und der Beigeladenen geregelt durch einen Subunternehmer-Vertrag vom 07.02.2013. Danach beauftragt die Klägerin die Beigeladene mit der Entgegennahme von Sendungen sowie deren Transport und Verteilung. Die Sendungen sind an den entsprechenden Empfänger auszuliefern. Dabei haftet die Beigeladene für die übergebenden Sendungen in vollem Umfang. Sendungsverluste oder Schäden sind von ihr zu tragen. Die Beigeladene übt nach diesem Vertrag ihre Tätigkeit eigenverantwortlich aus. Dies gilt sowohl zeitlich, räumlich als auch örtlich. Die Beigeladene kann sich zur Vertragserfüllung weiterer Personen bedienen. Die Beigeladene hat ein eigenes Gewerbe angemeldet. Sie hat weiter einen Pkw zur Auftragserfüllung angeschafft und trägt dessen Kosten selber. Die Beigeladene hat insofern in ihrer Anhörung im Verwaltungsverfahren angegeben, keine festen und regelmäßigen Arbeitszeiten zu haben. Es gäbe keine Vorgaben, sondern lediglich mündliche Absprachen zur Auftragsannahme. Mit den auszuliefernden Sendungen sei der Tätigkeitsort bestimmt und die Reihenfolge der Auslieferung sei selbstbestimmt. Die I-Dienstkleidung werde selbst bezahlt. Sie trage eigenes Unternehmerrisiko durch den Einsatz des eigenen Fahrzeuges. Sie hatte keine Bezahlung bei Krankheit oder Urlaub. Sie habe auch keine Sicherheit für ein festes Auftragsvolumen und hafte für Schäden bei Auftragsausführung. Daneben steht es der Beigeladenen frei auch für weitere Auftraggeber zu transportieren. Sie kann Personal einsetzen.
Diese Merkmale sprechen für eine selbständige Tätigkeit und überwiegen deutlich.
Demgegenüber mag die Auffassung der Beklagten nicht zu überzeugen. Sie sieht ein Weisungsrecht der Klägerin in Bezug auf Ort, Art und Weise der Tätigkeit, das sich aus dem erteilten Auftrag samt Zustelltour ergebe. Die Ladung der Pakete sei nur bis 12 Uhr möglich. Es gebe auch einen vorgeschriebenen Tourenplan.
Diese Kriterien dürften auf jeden Spediteur zutreffen. Jeden Spediteur übernimmt von dem Auftraggeber eine zu transportierende Ware, die er bestimmungsgemäß von A nach B bringen muss. Daraus ergibt sich der Ort der Abholung, der Zielort und naturgemäß auch die Art der Arbeit. Das liegt in der Natur des Gewerbes. Jeder Spediteur ist aber, wie die Beigeladene, frei in der Entscheidung, in welcher Reihenfolge er die Touren ausführt und wen er zur Erfüllung der Aufgabe einsetzt. Auch ist der Einwand der Beklagten unverständlich, dass die Beigeladene keine eigenen Betriebsmittel im wesentlichen Umfang zur Erbringung der Arbeitsleistung einsetze. Die Betriebsmittel sind im vorliegenden Fall der Einsatz eines Transportmittels. Die Transportmittel dürften bei jedem Spediteur wesentliche Betriebsmittel darstellen.
Insofern gibt es kaum Umstände, die für eine abhängige Beschäftigung der Beigeladenen für die Klägerin sprechen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG in Verbindung mit § 154 VwGO.
Tatbestand:
Am 30.08.2013 beantragte die Klägerin die Feststellung, dass die Beigeladene nicht bei ihr beschäftigt ist.
Mit Bescheid vom 20.12.2013 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die Tätigkeit der Beigeladenen als Auslieferungsfahrer bei der Klägerin seit dem 01.02.2013 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde. In dem Beschäftigungsverhältnis bestehe Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Die Versicherungspflicht beginne am 01.02.2013. Beschäftigung sei die nichtselbständige Arbeit insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung seien eine Tätigkeit nach Weisungen und die Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Abgrenzungskriterium sei insofern der Grad der persönlichen Abhängigkeit, in der sich der zur Dienstleistung Verpflichtete befinde. Eine selbständige Tätigkeit hingegen werde durch die freie Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft sowie die im wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit und das Vorliegen eines unternehmerischen Risikos gekennzeichnet. Die zu beurteilende Tätigkeit bestehe darin, Post und Warensendungen im Namen und auf Rechnung der I H auszuliefern. Die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis seien, dass der Auftraggeber bzw. die I M H regelmäßig die Ausführung der Tätigkeit über den Scanner kontrolliere. Es existiere ein festes zugewiesenes Auftragsgebiet. Die zu transportierenden Waren würden vom Auftraggeber bzw. von der I M H ausgesucht. Auf dem eingesetzten Fahrzeug müsse die Aufschrift I vorhanden sein. Bei Auslieferung für die I M H sei Ibekleidung zu tragen. Für Außenstehende trete der Auftragnehmer als Mitarbeiter von I auf. Es würden festgelegte Arbeitszeiten existieren (Montag bis Samstag 8-17 Uhr). Die Tätigkeit werde persönlich ausgeübt. Hilfskräfte würden nicht eingesetzt. Die Merkmale, die für eine selbständige Tätigkeit sprechen, seien, dass ein mit eigenem Kapital erworbenes Fahrzeug eingesetzt werde. Die Benzinkosten trage die Auftragnehmerin selbst. Für Person- und Sachschäden während der Be- und Entladung sowie auf der Tour hafte die Auftragnehmerin selbst. Scanner und Ikleidung würden beim Auftraggeber gemietet bzw. erworben. Die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis würden überwiegen. Damit liege ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vor.
Hiergegen wandte sich die Klägerin mit Widerspruch vom 17.01.2014. Die Beigeladene unterliege keinen Weisungen der Klägerin. Sie sei nicht in die Arbeitsorganisation eingebunden. Umsätze bzw. Einkommen seien zu Beginn ihrer Tätigkeit nicht abzusehen. Es sei ihr auch freigestellt weitere Ausfahrten zu übernehmen. Auch könne sie sich jederzeit Erfüllungsgehilfen bedienen. Innerhalb eines großräumig angelegten Zeitfensters (8-12 Uhr) komme die Beigeladene zur Klägerin, um die Warensendungen in dem Lager abzuholen. Dabei stehe es ihr frei Paketsendungen nicht anzunehmen und die Ausfahrt abzulehnen. Eine Transportverpflichtung bestehe nicht. Auch bestehe seitens der Klägerin keine Verpflichtung, ein bestimmtes Kontingent an Warensendungen vorzuhalten. Damit liege das ausschließliche Unternehmerrisiko bei der Beigeladenen. Die Beigeladene müsse auch die für ihr eigenes Fahrzeug anfallenden Betriebs- und Unterhaltskosten tragen. Auch trage sie das Risiko des Verlustes der Warensendung. Weiter sei die zu leistende Route nicht vorgegeben. Auch bestehe keine Vorgabe, dass die Sendung zu bestimmten Uhrzeiten transportiert oder ausgeliefert werden müssten. Die Fahrerin entscheide über ihren Einsatz sowie Zeit und Ort der Leistung. Sie trage auch ihre private Kleidung und eine Verpflichtung, das genutzte Fahrzeug zu beschriften, bestehe nicht. Soweit die Fahrerin die Befestigung vornehme, diene dies lediglich der Vereinfachung der Tätigkeit. Auch erfolge keine Kontrolle durch den Auftraggeber über die Scannererfassung. Das Einscannen der ausgehändigten Waren seien maßgeblich für die Beweisführung des ordnungsgemäßen Zugangs.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16.07.2014 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Entscheidungserheblich sei, dass die Tätigkeit in einem festen Zustellgebiet ausgeübt werde und die Fahrerin zeitliche Vorgaben hinsichtlich der Zustellung erhalte. Die für die Abwicklung der Vertragspflichten erforderlichen EDV-Geräte würden zur Verfügung gestellt. In der Ausführung der Tätigkeit unterliege der Fahrerin den Weisungen der Klägerin. Es erfolge eine Kontrolle der Leistungserbringung. Die Fahrerin unterwerfe sich auf den Qualitätsstandards und den Richtlinien von I. Sie müsse die Kleidung aus dem I Bekleidungskatalog beziehen und tragen. Im Lieferfahrzeug sei das I-Schild deutlich und sichtbar für jedermann zu befestigen. Das Weisungsrecht der Klägerin in Bezug auf Ort, Art und Weise der Tätigkeit ergäbe sich aus dem erteilten Auftrag samt Zustelltour. Eine Ladung der Pakete sei nur bis 12 Uhr möglich, Es gebe einen vorgeschriebenen Tourenplan. Somit unterliege die Fahrerin dem Direktionsrechts der Klägerin und sei in deren Arbeitsorganisation eingegliedert. Unternehmerische Tätigkeit zeichne sich dadurch aus, dass sowohl Risiken übernommen werden müssten als auch gleichzeitig Chancen eröffnet würden. Die Fahrerin setze keine eigenen Betriebsmittel im wesentlichen Umfang zur Erbringung der Arbeitsleistung ein. Die Vergütung richte sich nach Sendungsstückzahlen. Das Risiko der Schlechtleistung oder Insolvenz unterscheide sich nicht vom Risiko befristet beschäftigter Arbeitnehmer. Auch sei unerheblich, dass der finanzielle Erfolg von der beruflichen Tüchtigkeit abhänge. Dieses betreffe jeden Beschäftigten.
Dagegen wendet sich die Klägerin mit der am 15.08.2014 erhobenen Klage. Dabei wiederholt sie im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen.
Das Gericht hat Frau B L zum Verfahren beigeladen.
Die Klägerin beantragt schriftlich, den Bescheid der Beklagten vom 20.12.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.07.2014 aufzuheben und festzustellen, dass die Tätigkeit von Frau B L als Kurierfahrerin bei der Klägerin seit dem 01.02.2013 nicht im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde.
Die Beklagte beantragt schriftlich, die Klage abzuweisen.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
Die Beklagte verweist auch auf ihr bisheriges Vorbringen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Mit Einverständnis der Beteiligten konnte das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden (§ 124 Abs. 2 SGG).
Die zulässige Klage ist begründet.
Die Klägerin ist beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG. Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig. Die Beigeladene ist seit dem 01.02.2013 bei der Klägerin nicht abhängig beschäftigt, sondern als Kurierdienstfahrerin selbständig tätig. Aus dieser Tätigkeit besteht keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung.
Gemäß § 7 a Abs. 1 SGB IV kann bei der Beklagten eine Entscheidung darüber beantragt werden, ob eine Beschäftigung vorliegt; die Beklagte entscheidet hierüber aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles (§ 7 a Abs. 2 SGB IV).
Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Von letzterem ist auszugehen, wenn der Beschäftigte in den Betrieb des Arbeitgebers eingegliedert ist und dabei nach Zeit, Dauer und Ort und Art der Ausführung dem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt.
Demgegenüber ist die selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko und das Recht und die Möglichkeit gekennzeichnet, über die eigene Arbeitskraft, über Arbeitsort und Arbeitszeit frei zu verfügen. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgeblich ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung.
Vorliegend überwiegen die Merkmale für eine selbständige Tätigkeit.
Es existiert kein Arbeitsvertrag. Vielmehr sind die vertraglichen Beziehungen zwischen der Klägerin und der Beigeladenen geregelt durch einen Subunternehmer-Vertrag vom 07.02.2013. Danach beauftragt die Klägerin die Beigeladene mit der Entgegennahme von Sendungen sowie deren Transport und Verteilung. Die Sendungen sind an den entsprechenden Empfänger auszuliefern. Dabei haftet die Beigeladene für die übergebenden Sendungen in vollem Umfang. Sendungsverluste oder Schäden sind von ihr zu tragen. Die Beigeladene übt nach diesem Vertrag ihre Tätigkeit eigenverantwortlich aus. Dies gilt sowohl zeitlich, räumlich als auch örtlich. Die Beigeladene kann sich zur Vertragserfüllung weiterer Personen bedienen. Die Beigeladene hat ein eigenes Gewerbe angemeldet. Sie hat weiter einen Pkw zur Auftragserfüllung angeschafft und trägt dessen Kosten selber. Die Beigeladene hat insofern in ihrer Anhörung im Verwaltungsverfahren angegeben, keine festen und regelmäßigen Arbeitszeiten zu haben. Es gäbe keine Vorgaben, sondern lediglich mündliche Absprachen zur Auftragsannahme. Mit den auszuliefernden Sendungen sei der Tätigkeitsort bestimmt und die Reihenfolge der Auslieferung sei selbstbestimmt. Die I-Dienstkleidung werde selbst bezahlt. Sie trage eigenes Unternehmerrisiko durch den Einsatz des eigenen Fahrzeuges. Sie hatte keine Bezahlung bei Krankheit oder Urlaub. Sie habe auch keine Sicherheit für ein festes Auftragsvolumen und hafte für Schäden bei Auftragsausführung. Daneben steht es der Beigeladenen frei auch für weitere Auftraggeber zu transportieren. Sie kann Personal einsetzen.
Diese Merkmale sprechen für eine selbständige Tätigkeit und überwiegen deutlich.
Demgegenüber mag die Auffassung der Beklagten nicht zu überzeugen. Sie sieht ein Weisungsrecht der Klägerin in Bezug auf Ort, Art und Weise der Tätigkeit, das sich aus dem erteilten Auftrag samt Zustelltour ergebe. Die Ladung der Pakete sei nur bis 12 Uhr möglich. Es gebe auch einen vorgeschriebenen Tourenplan.
Diese Kriterien dürften auf jeden Spediteur zutreffen. Jeden Spediteur übernimmt von dem Auftraggeber eine zu transportierende Ware, die er bestimmungsgemäß von A nach B bringen muss. Daraus ergibt sich der Ort der Abholung, der Zielort und naturgemäß auch die Art der Arbeit. Das liegt in der Natur des Gewerbes. Jeder Spediteur ist aber, wie die Beigeladene, frei in der Entscheidung, in welcher Reihenfolge er die Touren ausführt und wen er zur Erfüllung der Aufgabe einsetzt. Auch ist der Einwand der Beklagten unverständlich, dass die Beigeladene keine eigenen Betriebsmittel im wesentlichen Umfang zur Erbringung der Arbeitsleistung einsetze. Die Betriebsmittel sind im vorliegenden Fall der Einsatz eines Transportmittels. Die Transportmittel dürften bei jedem Spediteur wesentliche Betriebsmittel darstellen.
Insofern gibt es kaum Umstände, die für eine abhängige Beschäftigung der Beigeladenen für die Klägerin sprechen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG in Verbindung mit § 154 VwGO.
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved