S 22 R 327/14

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Wiesbaden (HES)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
22
1. Instanz
SG Wiesbaden (HES)
Aktenzeichen
S 22 R 327/14
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8 KR 250/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 KR 78/17 B
Datum
Kategorie
Urteil
1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um das Ergebnis einer Betriebsprüfung und die Feststellung, dass die Beigeladene zu 1) bei der Klägerin innerhalb des Prüfzeitraums vom 01.01.2008 bis 31.12.2011 als Geschäftsführerin abhängig beschäftigt gewesen ist.

Bei der Klägerin handelt es sich um eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die im Handelsregister unter HRB xxxxx eingetragen wurde und die Sanierung und Abdichtung von Bauten aller Art und anderes zum Gegenstand hat. Gesellschafter ist Herr D. D., der 100 % des Stammkapitals hält. Geschäftsführerin ist die Beigeladene zu 1). Der Gesellschafter ist mit der Geschäftsführerin verheiratet. Die Beigeladene zu 1) ist durch Gesellschafterbeschluss vom 29.03.2006 zur Geschäftsführerin der Klägerin mit Einzelvertretungsberechtigung und der Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB bestellt worden (vgl. Bl. I 40 Verwaltungsakte). Die Eintragung im Handelsregister erfolgte am 25.04.2006 (Bl. I 64 Verwaltungsakte). Die Aufgaben der Beigeladenen zu 1) bestehen insbesondere in der kaufmännischen Geschäftsführung, der Vertretung nach außen, der Kontrolle der Mitarbeiter, der Strategieplanung, in Marketingmaßnahmen und der Rentabilitätskontrolle (vgl. Bl. I 48 der Verwaltungsakte).

Die Beklagte führte bei der Klägerin am 12.11.2012 eine Betriebsprüfung durch. Dabei lagen ihr bezüglich der Beigeladenen zu 1) der Anstellungsvertrag, der Gesellschaftsvertrag sowie ein von der Beigeladenen zu 1) unterschriebener Fragebogen zur statusrechtlichen Feststellung vor:

In dem Anstellungsvertrag der Beigeladenen zu 1) vom 29.03.2006 (Bl. I 70 Verwaltungsakte) heißt es wörtlich:

"§ 1 Vertragsdauer (1) Dieser Vertrag beginnt am 29. März 2006. (2) Die Geschäftsführerin kann den Vertrag mit einer Frist von einem Jahr jeweils zum Schluss eines Kalenderjahres kündigen. (3) Der Vertrag kann von der Gesellschaft nur aus wichtigem Grund gekündigt werden. Als wichtiger Grund gilt auch das Ausscheiden von Frau C. C. aus der Gesellschaft. (4) Die Kündigung bedarf der Schriftform.

§ 2 Geschäftsführung und Vertretung (1) Die Geschäftsführerin hat die Geschäfte der Gesellschaft gemäß dem Gesetz und den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages zu führen. (2) Die Geschäftsführerin ist berechtigt die Gesellschaft einzeln zu vertreten. Sie ist von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit.

§ 3 Bezüge (1) Die Geschäftsführerin erhält für ihre Tätigkeit ein Jahresgehalt von brutto Euro 4800 (für 2006 zeitanteilig), das im gleichen monatlichen Teilbeträgen in Höhe von Euro 400 am Ende eines jeden Monats gezahlt wird. (2) Im Falle einer Erkrankung oder sonstige unverschuldete Verhinderung wenn die Bezüge gem. Ziffer (1) auf die Dauer von 9 Monaten ungeschmälert weitergezahlt.

§ 4 Urlaub (1) Die Geschäftsführerin hat Anspruch auf Jahresurlaub von 30 Arbeitstagen.

§ 5 Schlussbestimmungen ( ...)"

Aus dem Gesellschaftsvertrag in der Fassung vom 17.11.2006 ergibt sich darüber hinaus insbesondere folgendes:

§ 6 Vertretungsverhältnis Die Gesellschaft hat einen oder mehrere Geschäftsführer. ( ...)

§ 7 Geschäftsführung Geschäfte, die über den üblichen und laufenden Geschäftsbetrieb hinausgehen, bedürfen der Zustimmung der Gesellschafterversammlung mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen.

( ...)

§ 9 Gesellschafterbeschlüsse Gesellschafterbeschlüsse erfolgen mit einfacher Mehrheit aller in der Versammlung vorhandenen Stimmen, soweit dieser Vertrag oder das Gesetz eine andere Mehrheit vorschreiben. Abgestimmt wird nach Geschäftsanteilen. Die 50 EUR der Geschäftsanteile gewähren eine Stimme. ( ...)

§ 12 Abtretung von Geschäftsanteilen die Abtretung der Belastung von Geschäftsanteilen bedarf der schriftlichen Zustimmung aller Gesellschafter

§ 13 Aufl. Kündigung der Gesellschaft Die Auflösung der Gesellschaft kann nur einstimmig beschlossen werden. ( ...)

Aus in den Akten vorliegenden Gehaltsabrechnungen (Bl. I 73 ff. Verwaltungsakte) ergibt sich, dass die Beigeladene zu 1) in folgendem Zeitraum folgende monatliche Entgelte ihrer Tätigkeit als Geschäftsführerin erhalten hat:
Zeitraum monatliches Entgelt
März 2008 bis Juni 2008 797,80 EUR
September 2008 bis Oktober 2008 1.647,80 EUR
November 2008 bis Juli 2009 2.073,00 EUR
August 2009 bis Juni 2010 8.723,00 EUR
Juli 2010 bis Dezember 2010 923,00 EUR

Schließlich liegt der Beklagten ein Fragebogen aus einem Statusfeststellungsverfahren von 2013 vor. Danach gibt die Beigeladene zu 1) an, an keiner Gesellschaft beteiligt zu sein, dass sie nur für die Klägerin tätig sei, ihr Arbeitsentgelt nicht die Jahresarbeitsentgeltgrenze übersteige und sie seit dem 01.10.2006 Geschäftsführerin sei. Weiter wurde in dem Antrag angegeben, dass die Beigeladene zu 1) die Klägerin nach außen vertrete. Zudem gehöre zu ihren Aufgaben, die Mitarbeiter zu kontrollieren, die Strategieplanung durchzuführen sowie Marketingmaßnahmen zur Verbesserung der Auftragslage, Vertragsunterzeichnung, Rentabilitätskontrollen und die Schaffung eines reibungslosen Geschäftsablaufes durchzuführen. Außerdem gab die Beigeladene zu 1) an, dass sie durch die Gesellschafter in der Auftragsausführung kontrolliert werde. Die Vorgaben würden sich aus einer von einem Wirtschaftsberater erstellten "Soll- Planung" ergeben. Sie arbeite pro Woche an 4 Tagen bei gleichzeitiger Abstimmung mit dem Betriebsleiter und der Technik. Die Tätigkeit werde in der Regel in der Geschäftsstelle ausgeführt. Sie sei insbesondere durch die monatliche Strategiebesprechung mit den Gesellschaftern, den Wirtschaftsberatern und Steuerberatern in die Arbeitsorganisation eingegliedert. Sie handelt im Namen der Klägerin. Kapital sei nicht eingebracht worden. Sie hafte für Entscheidungen aus der Geschäftsführung nicht mit Kapital.

Aufgrund der Betriebsprüfung hörte die Beklagte die Klägerin dazu an, dass beabsichtigt ist, für den Zeitraum vom 01.01.2008 bis zum 31.12.2011 eine Nachforderung zur Sozialversicherung in Höhe von insgesamt 42.283,42 EUR zu erheben, da die Beigeladene zu 1) bei der Klägerin in dem Prüfzeitraum als Fremdgeschäftsführerin beschäftigt gewesen sei. Für die Beigeladene zu 1) seien jedoch keine Beiträge entrichtet worden. Nach Würdigung und Auswertung aller vorgelegten Unterlagen und Indizien handele es sich jedoch um ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis, welches der Versicherungs- und Beitragspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung unterliege.

Die Klägerin nahm mit Schriftsatz vom 05.11.2013 zu der Anhörung Stellung. Sie führte aus, dass die Beigeladene zu 1) wirtschaftlich betrachtet, als Gesellschafterin anzusehen sei, da sie im Rahmen einer Sanierung der GmbH seit 2008 für Bankverbindlichkeiten in Höhe von 255.000,00 EUR sowie von 65.000,00 EUR Sicherheiten in Form von Grundschulden für das in ihrem Besitz befindlichen Wohneigentum gestellt habe. Sie sei von dem Verbot des Selbstkontrahierens nach § 181 BGB befreit. Auch in zeitlicher und räumlicher Hinsicht sei die Beigeladene zu 1) in ihrer Tätigkeit als Geschäftsführerin frei. In der gesamten Beschäftigungsdauer habe es in keinem einzigen Fall konkrete Vorgaben der Gesellschafterversammlung gegeben, die zu einer Kontrolle bzw. Überwachung ihrer Geschäftsführertätigkeit geführt hätten.

Mit Datum vom 27.02.2014 erließ die Beklagte den angekündigten Betriebsprüfungsbescheid und machte eine Nachforderung in Höhe von 40.289,73 EUR geltend, da die Klägerin keine Sozialversicherungsbeiträge für die als Geschäftsführerin tätige Beigeladene zu 1) abgeführt hat. Im Gegensatz zum Anhörungsschreiben ging die Beklagte nicht mehr davon aus, dass auch eine Pflicht zur Abführung von Umlagen nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz für Geschäftsführer einer GmbH besteht. Entsprechend wurde der Betrag reduziert. Die Beklagte erachtete die Argumente der Klägerin nicht für überzeugend. Sie geht davon aus, dass die Beigeladene zu 1) in ihrer Tätigkeit als Geschäftsführerin als abhängig Beschäftigte zu betrachten sei. Dabei beruft sie sich insbesondere auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts.

Die Klägerin legte mit Schreiben vom 28.03.2014 Widerspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Zur Begründung führte die Klägerin aus, dass die Beklagte bestimmte Aspekte nicht berücksichtigt habe. Die Beigeladene zu 1) habe im Jahr 2007 die Firma E. & D. GmbH übernommen. Diese sei eine Franchisenehmerin der Klägerin gewesen und im Jahre 2008 seien dann die von der Firma E. & D. GmbH betreuten Kunden auf die Klägerin übertragen und die Firma E. & D. GmbH liquidiert worden. Im Gegenzug habe sich Herr D. gegenüber der Beigeladenen zu 1) verpflichtet, sie künftig am Gewinn und am Veräußerungserlös hälftig zu beteiligen. Herr D. halte daher die Hälfte der Klägerin treuhänderisch für seine Frau, die Beigeladene zu 1). Spätestens seit diesem Zeitpunkt sei diese vollkommen gleichberechtigt neben dem Gesellschafter. Die im Arbeitsvertrag geregelten Urlaubsansprüche würden nicht ernsthaft umgesetzt. Darüber hinaus sei zwischen Herrn D. D. und der Beigeladenen zu 1) eine Vereinbarung geschlossen worden, dort bezeichnet als AG und als CC., die auf den 01.06.2008 datiert. Darin heißt es:

"PRÄAMBEL
Es gilt die Ehefrau CC. wirtschaftlich abzusichern. Dieses auch im Hinblick darauf, dass die finanzierende Bank der A. GmbH von CC. eine persönliche Bankbürgschaft wünscht, die die weitere Finanzierung der A. GmbH ermöglichen soll. Ferner ist seitens der finanzierenden Bank gewünscht, dass für das in Eigentum bei CC. stehende Haus, eine Grundschuld bestellt wird. Damit CC. der Forderung der Bank gerecht wird erfolgt eine Absicherung CC. die hier im vertraglichen geregelt werden soll. Da die Gesellschaft A. GmbH sich noch in der Wiederaufbauphase befindet, soll dieses nicht über eine Gewinnbeteiligung erfolgen, sondern als Anteil an Geschäftsanteilen. Dieses zumindest solange bis die Geschäftslage eine Änderung der wirtschaftlichen Absicherung von CC. möglich macht. Wann dies der Fall ist, liegt ausschließlich im Ermessen von CC. und kann von AG nicht beeinflusst werden.

VERTRAG:
Die Eheleute vereinbaren wie folgt:

1. AG hält für CC. 50 % der Gesellschaftsanteile treuhänderisch.

2. AG ist es strikt untersagt über die Anteile von CC. zu verfügen.

3. Beschlussfassungen sind im Vorfeld von AG und CC. abzustimmen, Beschlussfassungen erfolgen dann analog dieser Abstimmung.

4. CC. ist Geschäftsführerin der A. GmbH und kann als solche seitens AG nicht abberufen werden.

5. CC. hat uneingeschränkt Zugang zum Gehaltskonto AG.

6. Im Innenverhältnis ist CC. von AG strikt wie ein Anteilseigner zu behandeln, insofern sich dieses ergibt bzw. hier nicht gesondert aufgeführt ist.

7. Insofern gegen die vorgetragenen Punkte handelt hat AG eine Strafe zu zahlen die mindestens 125.000,- EUR beträgt oder aber den sich ergebenden tatsächlich für CC. darstellenden Schaden."

Die Beklagte hat den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung am 24.04.2014 abgelehnt. Die Voraussetzungen gemäß § 86a Abs. 3 S. 2 SGG würden nicht vorliegen. Die Klägerin könnte bei den Einzugsstellen einen Antrag auf Stundung stellen. Die Klägerin hat dann zunächst am 23.06.2014 einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung beim Sozialgericht Wiesbaden gestellt. Dabei führt sie ergänzend zu dem bisherigen Vortrag aus, die Klägerin habe sich bei der Vergütung der Beigeladene zu 1) an dem wirtschaftlichen Ertrag orientiert. Dies würden schon die Schwankungen in der Vergütung zwischen 400,- EUR brutto und 8.723,- EUR brutto zeigen. Dies sei untypisch für Arbeitnehmer. Die Beigeladene zu 1) sei – als Ehefrau – und damit wegen der familiären Zusammengehörigkeit, aber auch aufgrund des vorgelegten Treuhandvertrags faktisch Mitgesellschafterin. Im Innenverhältnis sei sie gleichberechtigt. Darüber hinaus trägt die Klägerin vor, dass einige Angaben im Statusfeststellungsbogen fehlerhaften seien, da diese vom Steuerberater ausgefüllt und der Beigeladenen zu 1) lediglich zur Unterschrift vorgelegt worden seien. Der Antrag wurde vom Sozialgericht Wiesbaden unter dem Aktenzeichen 8 R 208/14 ER mit Beschluss vom 31.07.2014 abgelehnt.

Mit Bescheid vom 11.09.2014 wurde der Widerspruch schließlich zurückgewiesen. Unter Anlehnung an die Begründung im gerichtlichen Eilrechtsschutzverfahren, führt die Beklagte insbesondere an, dass es bei der Beurteilung des Vertragsverhältnisses zwar auch auf die tatsächliche Beziehung ankomme. Diese könne jedoch nur vorrangig sein, wenn eine Abbedingung der schriftlichen Vertragsreglungen auch rechtlich zulässig sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Klage vom 16.10.2014 vor dem Sozialgericht Wiesbaden.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht übertragbar sei, da es nicht darum ginge, dass Gesellschaftsanteile treuhänderisch erworben wurden. Dies sei gerade nicht der Fall. Der Gesellschafter habe sich lediglich rechtlichen Beschränkungen unterworfen. Es handele sich um eine Art Unterbeteiligung. Nicht zuletzt aufgrund der erheblichen Vertragsstrafe ergebe sich eine faktische Gesellschafterstellung im Umfang von 50%. Zudem habe der Treuhandvertrag bereits 2006 bestanden. Hierfür wird als Zeuge ein Herr F. ohne weitere Angaben benannt. Aufgrund des Vertrages könne die Beigeladene zu 1) die Erteilung von Weisungen verhindern. Zudem habe sie aufgrund der übernommenen Bürgschaft sowie der Grundschuld ein finanzielles Risiko übernommen.

Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 27.02.2014 (Az. xxx1, Betriebsnummer xxx2) in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.09.2014, zugegangen am 16.09.2014 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bezieht sich im Wesentlichen auf ihren bisherigen Vortrag im Bescheid und Widerspruchsbescheid sowie auf weitere Rechtsprechung des Bundessozialgerichts.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte, sowie die Verwaltungsakten der Beklagten.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.

Der Bescheid vom 27.02.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.09.2014 ist nicht zu beanstanden, da die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) bei der Klägerin im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses erfolgt.

1. Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid ist § 28p Abs. 1 S. 4 Viertes Buch des Sozialgesetzbuches (SGB IV). Danach erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung bei den Arbeitgebern Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern. Versicherungspflichtig sind in der Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), in der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI), in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) sowie in der Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen. Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 1 SGB IV die nichtselbstständige Tätigkeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.

Das ist Gericht ist zu der Überzeugung gelangt, dass die Beigeladene zu 1) bei der Klägerin im Zeitraum vom 01.01.2008 bis 31.12.2011 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses tätig geworden ist.

a) Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (vgl. § 7 Abs. 1 S. 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Bundessozialgericht, Urteil vom 30.10.2013, Az. B 12 KR 17/11 R – juris Rn. 23)

"setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Tätigkeit und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB zuletzt BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 17 RdNr 15 und BSG SozR 4-2400 § 28e Nr 4 RdNr 17; ferner BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 6 RdNr 14 mwN; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 19 S 69 f, Nr 13 S 31 f und Nr 4 S 13, jeweils mwN; BSGE 78, 34, 36 = SozR 3-2940 § 2 Nr 5 S 26 f mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr 11)."

Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben diese den Ausschlag, sofern eine formlose – Abbedingung rechtlich möglich ist (Bundessozialgericht, Urteil vom 29.08.2012, Az. B 12 KR 25/10 R – juris Rn. 16 m.w.N.). Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der abhängigen Beschäftigung bzw. der selbstständigen Tätigkeit setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar gegeneinander abgewogen werden (Bundessozialgericht, Urteil vom 25.04.2012, Az. B 12 KR 24/10 R – juris Rn. 25)

b) Grundlage der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) ist zunächst der Anstellungsvertrag vom 29.03.2006 (Bl. I 70 Verwaltungsakte), der typische Elemente eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses aufweist. So erhält die Beigeladene zu 1) Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder bei sonstigen unverschuldeten Verhinderungen für eine weitere Dauer von 9 Monaten ungeschmälert weitergezahlt. Ebenso hat sie einen Anspruch auf Jahresurlaub von 30 Arbeitstagen.

Darüber hinaus spricht hier die vereinbarte feste Vergütung der Beigeladenen zu 1) für eine abhängige Beschäftigung (vgl. dazu: Segebrecht, in Schlegel/Voetzke, jurisPraxiskommentar, SGB IV, 2. Auflage 2011, § 7 SGB IV, Rn. 116; Bundessozialgericht, Urteil vom 18.11.1980, Az. 12 RK 76/79; Bayrischen Landessozialgericht, Urteil vom 28.05.2013, Az. L 5 R 863/12). Die Beigeladene zu 1) erhält laut Vertrag ein festes Jahresgehalt von 4.800,00 EUR, welches in gleichen monatlichen Teilbeträgen in Höhe von 400,00 EUR gezahlt werden soll.

Dass die Beigeladene zu 1) – wie sich aus der Verwaltungsakte ergibt, zudem Teil erheblich höhere monatliche Entgelte erhalten, steht dem nicht entgegen. Aus Regelungen über den Anspruch von Tantiemen kann ebenfalls keine selbstständige Tätigkeit abgeleitet werden (vgl. Landessozialgerichts Baden-Württemberg, Urteil vom 22.7.2014, Az. L 11 R 4543/13; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 30.04.2014, Az. L 8 R 744/11; Landessozialgericht Hamburg, Urteil vom 21.11.2013, Az. L 1 KR 117/11; Bundessozialgericht, Urteil vom 29.08.2012, Az. B 12 KR 25/10 R). Wie die Klägerin selbst vortragen lässt, seien die Schwankungen auf die jeweilige wirtschaftliche Ertragslage der Klägerin zurückzuführen. In keinem der Fälle hat die Beigeladene zu 1) weniger als das im Anstellungsvertrag vereinbarte Jahresgehalt bekommen. Die höheren Entgeltzahlungen sind damit vergleichbar mit Tantiemen und begründen kein Indiz für eine selbständige Tätigkeit.

Schließlich kann dem Anstellungsvertrag keine Vertretungsregelung entnommen werden, so dass die Arbeitsleistungen der Beigeladenen zu 1) als Geschäftsführerin höchstpersönlich zu erbringen sind. Auch dieser Umstand spricht für eine abhängige Beschäftigung (vgl. dazu: Segebrecht, in Schlegel/Voetzke, jurisPraxiskommentar, SGB IV, 2. Auflage 2011, § 7 SGB IV, Rn. 116).

Ausdrückliche, schriftliche Änderungen der obigen vertraglichen Regelungen sind nicht festzustellen. Diese werden vielmehr lediglich ergänzt durch den Gesellschaftsvertrag sowie die Vereinbarung über die behauptete Unterbeteiligung.

c) Umstände, die abweichend vom festgestellten Vertragsinhalt eine Beurteilung der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) als selbständig zuließen, liegen nicht vor. Die Beigeladene zu 1) übte vielmehr im Sinne des § 7 Abs. 2 S. 1 SGB IV eine Tätigkeit nach Weisung aus. Aufgrund der fehlenden Rechtsmacht im Prüfzeitraum unterlag die Beigeladene vertraglich durchsetzbar den Weisungen der Gesellschaft. Ebenso ist sie in die Arbeitsorganisation eingegliedert. Schließlich ist kein für eine Selbständigkeit sprechendes relevantes unternehmerisches Risiko erkennbar. Etwas anderes ergibt sich weder aus dem Umstand, dass der Vereinbarung über die behauptete Unterbeteiligung zum Teil eine zunächst erhebliche Einflussnahme der Beigeladenen zu 1) auf Beschlüsse und damit auch auf Weisungen eingeräumt werden solle noch daraus, dass ihr gegenüber faktisch keine Weisungen erteilt werden.

aa) Entgegen der Auffassung der Klägerin begründen die tatsächlich wahrgenommenen weitreichenden Befugnisse der Beigeladenen zu 1) ebenso wenig wie die Tatsache, dass diese bislang tatsächlich keinen Weisungen unterlegen hat, eine selbständige Tätigkeit. Vielmehr sprechen die vertraglichen Vereinbarungen für eine weisungsgebundene Tätigkeit. Aus einer faktischen Nichtwahrnehmung eines Weisungs-, Aufsichts- oder Überwachungsrechts kann schon nicht auf einen rechtswirksamen Verzicht auf dieses Recht geschlossen werden (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 29.08.2012 – B 12 R 14/10 R – juris Rn. 25). Allein weit reichende Entscheidungsbefugnisse eines "leitenden Angestellten", der in funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess einem verfeinerten Weisungsrecht unterliegt, machen diesen nämlich nicht schon zu einem Selbstständigen, selbst wenn andere Betriebsangehörige den Betroffenen bisweilen als "Chef" betrachten mögen oder sich seine Befugnisse aus der familiären Zugehörigkeit ableiten (Bundessozialgericht, Urteil vom 29.08.2012 – B 12 KR 25/10 R – juris Rn. 23, Rn. 30 f.).

(1) Entscheidend ist insoweit die fehlende Rechtsmacht der Beigeladenen zu 1), die laut des Gesellschaftsvertrags gerade nicht Gesellschafterin des Unternehmens ist. Diesbezüglich hat sich in der Rechtsprechung der Grundsatz herausgebildet, dass der Geschäftsführer einer GmbH, der zugleich Gesellschafter ist, jedoch weder über die Mehrheit der Gesellschaftsanteile noch über eine sogenannte umfassende Sperrminorität verfügt, grundsätzlich als abhängig Beschäftigter der GmbH und versicherungspflichtig zu betrachten ist, soweit nicht besondere Umstände vorliegen, die eine Weisungsgebundenheit im Einzelfall ausnahmsweise aufheben (jüngst: Bundessozialgericht, Urteil vom 19.08.2015 – B 12 KR 9/14 R – juris Rn. 26, m.w.N., vgl. auch Hessischen Landessozialgericht, Urteil vom 22.11.2012, Az. L 1 KR 93/11; Landessozialgerichts Hamburg, Urteil vom 29.05.2013, Az. L 1 KR 89/10; Kasseler Kommentar, Band 1, § 7 SGB IV, Rn. 90b). Dieser Grundsatz muss erst Recht gelten, wenn der Geschäftsführer gesellschaftsrechtlich nicht einmal eine Minderheitsbeteiligung zusteht. Dabei ist zu beachten, dass es im Hinblick auf eine größtmögliche Rechtssicherheit geboten ist, eine von Anfang an latent vorhandene Rechtsmacht auch dann als ein für abhängige Beschäftigung sprechendes Kriterium zu berücksichtigen, wenn von ihr konkret (noch) keinen Gebrauch gemacht wird (vgl. Hessischen Landessozialgericht, Urteil vom 22.11.2012, Az. L 1 KR 93/11). Ob von der bestehenden Rechtsmacht tatsächlich Gebrauch gemacht und damit auf die Tätigkeit eines Geschäftsführers oder leitenden Angestellten tatsächlich Einfluss genommen wurde, ist auch deshalb unbeachtlich, weil die versicherungsrechtliche Beurteilung ansonsten wesentlich davon abhinge, ob die Tätigkeit aus Sicht der Rechtsmachtinhaber beanstandungsfrei ausgeübt wurde. Dies kann jedoch kein rechtlich entscheidendes Kriterium zur Unterscheidung von abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit sein (vgl. Hessischen Landessozialgericht, Urteil vom 22.11.2012, Az. L 1 KR 93/11).

(2) Die Beigeladene zu 1) verfügt nach Überzeugung des Gerichts nicht über eine solche Rechtsmacht. Sie ist ausweislich des Gesellschaftsvertrags nicht am Stammkapital beteiligt und hat danach auch keine Stimmrechte. Beschlüsse bedürfen ausweislich des Gesellschaftsvertrags grundsätzlich lediglich einer einfachen Mehrheit. Ihr Ehemann als einziger Gesellschafter hat mit seiner 100% Beteiligung die umfassende Rechtsmacht. Der Gesellschaftsvertrag gibt ihm das Recht, Beschlüsse nach eigenem Gutdünken zu fassen und abzuändern.

(3) Dem steht auch nicht die Vereinbarung zwischen dem Gesellschafter und der Beigeladenen zu 1) entgegen, soweit darin – wie zunächst dem Wortlaut des Vertrages zu entnehmen ist – eine Übertragung von Geschäftsanteilen zu sehen ist, die treuhänderisch weiter von dem Gesellschafter und Ehemann der Beigeladenen zu 1) gehalten werden sollen. Wie die 8. Kammer des Sozialgerichts Wiesbaden bereits im Rahmen des Eilrechtsbeschluss überzeugend und unter Heranziehung der Rechtsprechung festgestellt hat, ist die Übertragung von Geschäftsanteilen, die nicht den Formerfordernissen des Gesellschaftsrechts entspricht nichtig und damit für die Frage, ob ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis besteht unbeachtlich. Organe einer Gesellschaft können nicht im rechtsfreien Raum handeln. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind, wobei diese ebenfalls nur maßgeblich sind, soweit sie rechtlich zulässig sind (vgl Bundessozialgericht, Urteil vom 29.08.2015 – B 12 KR 25/10 – juris Rn. 16 m.w.N.). Grundsätzlich gilt, dass Rechtsgeschäfte, die nicht den erforderlichen Formvorschriften entsprechen nichtig sind (§ 125 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB). Im Gesellschaftsrecht gilt, dass gemäß § 15 Abs. 3 GmbHG die Übertragung von Geschäftsanteilen eines Vertrages der notariellen Form bedarf. Selbst wenn die Gesellschafter den Gesellschaftsvertrag ändern wollen, bedarf dies nicht nur des Beschlusses durch die Gesellschafter, sondern darüber hinaus auch notariellen Beurkundung des Beschlusses. Damit konnten die Eheleute, hier der alleinige Gesellschafter der Klägerin und die Beigeladene zu 1) nicht wirksam die Gesellschaftsanteile übertragen. Zugleich heißt dies, dass selbst wenn die danach gegebenenfalls nichtige Vereinbarung dennoch tatsächlich so gelebt wird und der Gesellschafter der Beigeladenen zu 1) derzeit eine gewisse Rechtsmacht einräumt, sind diese tatsächlichen Verhältnisse hier aufgrund des Formverstoßes auch aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht unbeachtlich, da sie jederzeit widerruflich sind.

(4) Diese Vereinbarung ist ebenfalls unbeachtlich, wenn in ihr – wie nachträglich von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung behauptet – darin eine Stimmbindungsvereinbarung zu sehen ist.

Im Hinblick auf die Stimmrechte, werden gesellschaftsrechtlich verschiedene Modelle diskutiert. Einigkeit besteht insoweit, dass eine Stimmrechtsübertragung ohne eine Übertragung der Geschäftsanteile unwirksam ist (Bundesgerichtshof, Urteil vom 11.10.1976 – II ZR 119/75 – Rn. 29), da es gegen das sogenannte Abspaltungsverbot verstößt (§ 47 GmbHG). Soweit darüber hinaus Modelle wie Stimmbindungsverträge gekoppelt mit Stimmrechtsvollmachten oder Legitimationszessionen diskutiert werden (vgl. Drescher, in Münchner Kommentar zum GmbHG, 1. Auflage 2012, § 47 Rn. 75 ff.), ist festzustellen, dass bei jeglicher Vereinbarung über die Stimmrechte aufgrund des Abspaltungsverbots darauf zu achten ist, dass die Vereinbarungen widerruflich sind.

Die vorliegende Vereinbarung zwischen dem Gesellschafter der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) enthält keine Regelung zur Widerruflichkeit, so dass unter dem Aspekt des § 47 GmbHG Zweifel an der Wirksamkeit des Vertrages bestehen. Aber selbst wenn dieser nach § 140 BGB in eine wirksame Vereinbarung umgedeutet werden kann, führt dies sozialversicherungsrechtlich zu keinem anderen Ergebnis: Aufgrund der nur widerruflichen Übertragbarkeit von Stimmrechten reicht die Rechtsstellung der Beigeladenen zu 1) nicht so weit, dass sie Einzelanweisungen im Bedarfsfall jederzeit verhindern könnte und aufgrund dessen als selbständig erwerbstätig angesehen werden könnte (so auch Bundessozialgericht, Urteil vom 11.11.2015 – B 12 R 2/14 – juris Rn. 36). Eine solche Situation ist mit Blick auf das Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände nicht hinnehmbar (Bundessozialgericht, Urteil vom 11.11.2015 – B 12 R 2/14 – juris Rn. 39). Damit ist es auch ohne Bedeutung, dass in streitigen Zeiten zwischen dem Gesellschafter der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) bislang kein Widerruf der Vereinbarung erklärt wurde. Bei einem Konfliktfall würde im Fall des Widerrufs allein die Rechtsmacht des 100%igen Gesellschafters der Klägerin zum Tragen kommen.

(5) Schließlich steht der Beurteilung der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) als abhängige Beschäftigung nicht entgegen, dass der Gesellschafter der Klägerin und die Beigeladene zu 1) familiär verbunden sind.

Wie das Bundessozialgericht festgestellt hat, ist auch in diesem Fall der entscheidende Gesichtspunkt, ob Weisungen abgewendet werden können (Bundessozialgericht, Urteil vom 29.07.2015 – B 12 KR 23/13 R – juris Rn. 28; Urteil vom 11.11.2015 – B 12 R 2/14). Dies mag aufgrund der familiären Rücksichtnahme solange der Fall sein, wie das Einvernehmen der Familienmitglieder gewahrt ist. Im Fall eines Zerwürfnisses zwischen den Beteiligten käme jedoch erneut allein die den einzelnen Familienmitgliedern zustehende Rechtsmacht zum Tragen, so dass auch nach den tatsächlichen Verhältnissen eine Weisungsunterworfenheit bestünde (Bundessozialgericht, Urteil vom 29.07.2015 – B 12 KR 23/13 R - juris Rn. 32; Urteil vom 29.07.2015 – B 12 KR 23/13 R – juris Rn. 30; Urteil vom 11.11.2015 – B 12 R 2/14 – juris Rn. 41). Damit geht das Argument der Klägerin fehl, dass gerade aus der familiären Zusammengehörigkeit eine Mitentscheidungsbefugnis und damit die erforderliche Rechtsmacht der Beigeladenen zu 1) innerhalb der Klägerin hergeleitet werden könne.

(6) Schließlich können sich die Klägerin und die Beigeladene zu 1) nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sich die Verteilung der Gesellschaftsanteile in der Praxis nicht auswirken würde bzw. dass die Beigeladene zu 1) ihre Tätigkeit als Geschäftsführerin weisungsfrei und völlig selbstständig ausübe. Denn wie bereits dargelegt, kommt es hier maßgeblich auf die "abstrakte" Rechtsmacht an, also darauf, dass der Gesellschafterversammlung die Rechtsmacht zukommt, der Beigeladenen zu 1) – etwa im Falle von Meinungsverschiedenheiten - Weisungen zu erteilen. Dass Letzteres hier der Fall ist, ergibt sich bereits aus den vorliegenden vertraglichen Regelungen bzw. aus dem Gesetz. So ist die Beigeladene zu 1) nach dem Anstellungsvertrag verpflichtet, die Geschäfte der Klägerin nach Maßgabe der Beschlüsse der Gesellschafterversammlung zu führen. Ausweislich des Gesellschaftsvertrags bedürfen darüber hinaus Geschäfte, die über den üblichen und laufenden Geschäftsbetrieb hinausgehen, der Zustimmung der Gesellschafterversammlung. Davon kann wie zuvor festgestellt, auch nicht über die Vereinbarung über die Geschäftsanteile, in sozialversicherungsrechtlich relevanter Weise wirksam abgewichen werden.

Darüber hinaus ergibt sich die Rechtsmacht zur Erteilung von Weisungen gegenüber dem Geschäftsführer auch aus dem Gesetz, nämlich aus § 37 GmbHG, wonach Geschäftsführer der Gesellschaft gegenüber verpflichtet sind, die Beschränkungen einzuhalten, welche für den Umfang ihrer Befugnis, die Gesellschaft zu vertreten, durch den Gesellschaftsvertrag oder durch die Beschlüsse der Gesellschafter festgesetzt sind. Da sich mithin diese Verpflichtung bereits aus dem Gesetz ergibt, bedarf es für die Weisungsbefugnis der Gesellschafter gegenüber dem Geschäftsführer weder einer ausdrückliche Ermächtigung im Gesellschaftsvertrag noch im Geschäftsführervertrag (vgl. Beck scher Online-Kommentar, § 37 GmbHG, Rn. 15 m.w.N.).

bb) Für eine abhängige Beschäftigung spricht zudem, dass die Beigeladene zu 1) in die Arbeitsorganisation der Klägerin in erheblichem Umfang eingegliedert ist.

Ob eine Eingliederung vorliegt, bestimmt sich danach, inwiefern der Mitarbeiter Glied eines fremden Betriebes ist oder im Mittelpunkt des eigenen Unternehmens steht (Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 25. April 2013 - Az. L 1 R 13/12 – juris Rn. 30; Segebrecht, in Schlegel/Voetzke, jurisPraxiskommentar, SGB IV, 2. Auflage 2011, § 7, Rn. 110 m.w.N). Es kommt also unter anderem darauf an, ob sich die zu beurteilende Tätigkeit im Rahmen einer Eingliederung in eine fremd vorgegebene Arbeitsorganisation vollzieht, innerhalb derer die Tätigkeit in einem "übergeordneten Organismus" erbracht wird (Hessische Landessozialgericht, Urteil vom 23.05.2013, Az. L 8 KR 162/11 – juris Rn. 39; Urteil vom 14.03.2013, Az. L 8 KR 102/12 m.w.N. – Rn. 36).

Aufgrund des Anstellungsvertrags ist die Beigeladene zu 1) gerade verpflichtet, die Geschäfte der Klägerin zu führen und zu leiten. Im Übrigen gibt die Beigeladene zu 1) selbst an, dass sie die Arbeit an der Geschäftsstelle erbringe. Sie werde durch die Gesellschafter in der Auftragsausführung kontrolliert. Die Vorgaben würden sich aus einer von einem Wirtschaftsberater erstellten "Soll- Planung" ergeben. Sie arbeite pro Woche an 4 Tagen bei gleichzeitiger Abstimmung mit dem Betriebsleiter und der Technik. Sie sei insbesondere durch die monatliche Strategiebesprechung mit den Gesellschaftern, den Wirtschaftsberatern und Steuerberatern in die Arbeitsorganisation eingegliedert. Sie handelt im Namen der Klägerin. Die Klägerin kann Personal einstellen und entlassen. Dieses stellt sie als Geschäftsführerin jedoch regelmäßig nicht für sich, sondern für die Klägerin ein. Sie tritt mithin nach außen im Namen Klägerin auf und repräsentiert sich als Teil eines fremden Betriebs.

Diesen Angaben steht nach Auffassung des Gericht auch nicht der Umstand entgegen, dass der statusrechtlichen Fragebogen, in dem ein Großteil der zuvor genannten Abgaben enthalten ist, von den Steuerberatern der Beigeladenen zu 1) ausgefüllt worden sei und sie diesen lediglich unterschrieben habe. Dabei ist schon nicht ersichtlich, warum die Steuerberater den Fragebogen fehlerhaft ausgefüllt haben sollten. Auch hat die Beigeladene den Fragebogen selbst unterzeichnet und damit zum Ausdruck gebracht, dass die Angaben korrekt sind. Schließlich tritt die Beigeladene zu 1) den Aussagen nicht substantiiert entgegen.

cc) Im Ergebnis liegen im vorliegenden Fall somit vor dem dargelegten Hintergrund zahlreiche Merkmale vor, die – neben der fehlenden Rechtsmacht der Beigeladenen zu 1) – erheblich für eine abhängige Beschäftigung sprechen.

d) Hingegen sind die Merkmale, die für eine selbstständige Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) sprechen, eher schwach ausgeprägt. Insbesondere kann die Beigeladene zu 1) nicht das für eine selbstständige Tätigkeit wichtige Kriterium des Unternehmerrisikos für sich geltend machen. Zwar trifft sie unternehmerische Entscheidungen, allerdings sind diese für sie mit keinem maßgeblichen Risiko verbunden.

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts gilt, dass für das Vorliegen eines Unternehmerrisikos maßgeblich ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr eines Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Erforderlich ist ein Risiko, das über das Risiko hinausgeht, für den Arbeitseinsatz kein Entgelt zu erzielen. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 19.08.2015 – B 12 KR 9/14 R – juris Rn. 32; Urteil vom 30.10.2013, Az. B 12 KR 17/11 R; Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 19.12.2012, Az. L 4 R 761/11; Segebrecht, a.a.O., Rn. 117 m.w.N.).

Die Beigeladene zu 1) erhält für ihre Tätigkeit als Geschäftsführerin – wie bereits festgestellt – ein monatliches Bruttogehalt. In Zeiten wirtschaftlichen Erfolges erhält die Beigeladene entsprechend mehr Auszahlungen. Ein Verlust des Einkommens in Fällen wirtschaftlicher Krisen ist nicht ersichtlich.

Auch soweit die Beigeladene zu 1) der Klägerin mit einer Bürgschaft und einer Grundschuld Sicherheiten geliefert hat, begründet dies kein unternehmerisches Risiko. Damit übernahm die Beigeladene nur ein Haftungs- und Ausfallrisiko, wie es mit jeder Sicherheitsgewährung verbunden ist. Dabei ist gerade innerhalb von Familiengesellschaften die Gewährung von Sicherheiten nicht völlig unüblich (Bundessozialgericht, Urteil vom 19.08.2015 – B 12 KR 9/14 R Rn. 34). Die Beigeladene zu 1) hat weiterhin ihre feste monatliche Vergütung und teilweise auch darüber hinaus Leistungen für ihre Tätigkeit erhalten. Vor diesem Hintergrund ist ein Unternehmerrisiko der Beigeladenen zu 1) nicht zu erkennen. Es ist insbesondere nicht ersichtlich, dass sie ihre Arbeitskraft mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt hat.

Vor diesem Hintergrund war die Klage abzuweisen. Gründe, die die Aufhebung des Nachforderungsbescheides rechtfertigen, sind nicht ersichtlich, insbesondere sind keine Anhaltspunkte ersichtlich oder vorgetragen worden, dass die Höhe der Nachforderung fehlerhaft ist.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG. Nach § 197a Abs. 1 SGG sind im Rahmen der Kostenentscheidung die §§ 154 bis 162 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) entsprechend anzuwenden, wenn in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen gehört. Vorliegend gehören weder die Klägerin noch die Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen. Die Kostenentscheidung beruht daher auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO. Sie entspricht dem Ausgang des Verfahrens. Daher hat die Klägerin die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Rechtskraft
Aus
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