Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 9 KR 2615/01
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8 KR 205/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 R 15/06 R
Datum
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 21. Juli 2005 aufgehoben, der Bescheid der Beklagten vom 12. Dezember 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Juli 2001 abgeändert und die Beklagte verurteilt, die Klägerin mit Wirkung ab dem 2. November 2000 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien.
Die Beklagte hat der Klägerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zur Hälfte zu erstatten. Im Übrigen haben die Beteiligten einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über den Zeitpunkt, ab dem die Klägerin von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien ist.
Die 1969 geborene Klägerin nahm am 1. November 2000 eine Anstellung als Rechtsanwältin bei einem Rechtsanwaltsbüro in C-Stadt auf. Seit dem 2. November 2000 ist sie kraft Gesetzes Mitglied des beigeladenen Versorgungswerks der Rechtsanwälte im Lande Hessen.
Am 23. November 2000 beantragte die Klägerin die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund ihrer Pflichtmitgliedschaft im Rechtsanwaltsversorgungswerk. Der Beigeladene bescheinigte ihr einen Beginn der Beitragspflicht ab dem 1. Dezember 2000. Mit Bescheid vom 12. Dezember 2000 befreite die Beklagte die Klägerin hierauf mit Wirkung ab dem 1. Dezember 2000 von der Versicherungspflicht zur Rentenversicherung der Angestellten. Den Widerspruch der Klägerin vom 19. Dezember 2000, mit dem diese die Befreiung bereits ab dem 2. November 2000 begehrte, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 3. Juli 2001 zurück. Die Befreiung von der Versicherungspflicht gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch - Sechstes Buch (SGB VI) setze voraus, dass das Pflichtmitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständigen Versorgungseinrichtung zu zahlen habe, aus denen bei Eintritt eines Versicherungsfalles Leistungen erbracht und angepasst würden. Nach Auskunft des Versorgungswerkes der Rechtsanwälte im Lande Hessen unterliege die Klägerin aufgrund ihrer am 2. November 2000 beginnenden Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk vom 1. Dezember 2000 an der Beitragspflicht; der Monat November 2000 werde bei Eintreten eines Versicherungsfalls nicht leistungssteigernd berücksichtigt. Zwar komme eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung grundsätzlich auch für beitragslose Zeiten beim Versorgungswerk in Betracht, dies aber nur unter der Voraussetzung, das derartige Zeiten nach der Satzung des Versorgungswerkes als Versicherungszeit anzurechnen seien und bei Eintritt des Leistungsfalles zu einer höheren Leistung führten. Daran fehle es.
Gegen den am 10. Juli 2001 zugestellten Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am 6. August 2001 Klage zum Sozialgericht Frankfurt am Main erhoben. Sie hat die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht ab dem 2. November 2000 und die Verurteilung der Beklagten begehrt, sowohl an sie selbst als auch an ihren Arbeitgeber 723,75 DM nebst Zinsen (den entrichteten Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteil am Pflichtbeitrag für November 2000) zu zahlen. Sie hat vorgetragen, die Beklagte lege § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI unzutreffend dahingehend aus, dass die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht erst mit Wirkung ab demjenigen Monat auszusprechen sei, in dem die Beitragspflicht im Versorgungswerk beginne. Die Vorschrift verlange für die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht lediglich, dass der Versicherungspflichtige Mitglied eines berufsständigen Versorgungswerks sei, welches sowohl auf der Beitragsseite als auch auf der Leistungsseite mit der gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbar sei. Hingegen komme es auf den konkreten Beginn der Beitragspflicht in der berufsständigen Versorgungseinrichtung für den Beginn der Befreiung nicht an, sofern hierdurch die Gleichwertigkeit der Versorgung nicht beeinträchtigt werde. Das sei bei der Regelung des § 30 Abs. 1 Satz 2 der Satzung der Beigeladenen, die den Beginn der Beitragspflicht für die Mitglieder des Versorgungswerks aus sozialen Gründen erst ab dem zweiten Monat der Mitgliedschaft beginnen lasse, nicht der Fall. So habe auch das Landessozialgericht (LSG) in Baden-Württemberg in einem Parallelverfahren (L 10 RA 3239/00) entschieden. – Die Beklagte ist dem entgegengetreten und hat vorgetragen, nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) könne für beitragsfreie Zeiten zu einem berufständigen Versorgungswerk nur dann eine Befreiung ausgesprochen werden, wenn derartige Zeiten nach der Satzung der Versorgungseinrichtung als Versicherungszeit anzuerkennen seien und bei Eintritt des Leistungsfalls zu einer Leistungssteigerung führten. Das sei bei der Klägerin nicht der Fall, denn der beitragsfreie Monat November 2000 werde, wie die Beigeladene bestätigt habe, im Versicherungsfall nicht leistungssteigernd berücksichtigt.
Die Beigeladene hat mit Schreiben vom 27. Juni 2005 mitgeteilt, dass der Monat November 2000 im Versicherungsfall für die Klägerin nicht leistungssteigernd berücksichtigt wird und auch eine Nachentrichtung etwaiger Beiträge für diesen Monat nicht möglich ist.
Mit Urteil vom 21. Juli 2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Richtigkeit der Verwaltungsentscheidung ergebe sich aus dem Wortlaut des Gesetzes, denn § 6 Abs. 1 Satz 1 SGB VI setze unter anderem voraus, dass einkommensbezogene Beiträge zur berufsständigen Versorgungseinrichtung zu zahlen seien. Da die Beitragszahlungspflicht nach der Satzung der Beigeladenen erst mit dem Kalendermonat einsetze, der dem Beginn der Mitgliedschaft folge, seien erst ab dem 1. Dezember 2000 die Befreiungsvoraussetzungen gegeben. Dem Urteil des LSG Baden-Württemberg könne nicht gefolgt werden. Im Übrigen lege auch der Wille des Gesetzgebers eine eher restriktive Auslegung der Befreiungsmöglichkeit von der Versicherungspflicht und damit auch hinsichtlich des Befreiungszeitpunktes nahe.
Gegen das ihr am 17. November 2005 zugestellte Urteil hat die Klägerin bereits am 8. November 2005 Berufung eingelegt. Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat sie ihr Klagebegehren auf die Befreiung von der Versicherungspflicht beschränkt.
Die Klägerin führt aus, der Gesetzeswortlaut gebe für die Auslegung des Sozialgerichts nichts her. Tatsächlich ergebe sich aus dem Wortlaut, dass danach eine Befreiung von der Versicherungspflicht zu erfolgen habe, wenn jemand einer berufsständigen Versorgungseinrichtung obligatorisch angehöre, die beitrags- und leistungsseitig der Versicherung bei der Beklagten vergleichbar sei, also einen gleichwertigen Versicherungsschutz biete. Das sei auch das Verständnis des BSG in Bezug auf die sachgleiche Vorgängernorm des § 7 Abs. 2 Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG). Der Gesetzgeber habe dabei den Versorgungseinrichtungen ausdrücklich einen Gestaltungsspielraum bei der Beitragserhebung eingeräumt, um den Bedürfnissen seiner Mitglieder gerecht werden zu können. Die Satzung des Versorgungswerks der Rechtsanwälte im Lande Hessen sehe aus wohl erwogenen Gründen davon ab, die neuen Mitglieder bereits im ersten Monat ihrer Mitgliedschaft mit einem Beitrag zu belasten, den sie in aller Regel nicht aus laufendem Einkommen bestreiten könnten, sondern vorfinanzieren müssten. Die Gleichwertigkeit des Versicherungsschutzes werde hierdurch in keiner Weise in Frage gestellt. Auch aus der Rechtsprechung des BSG ergebe sich kein Anhalt dafür, dass zwingend bereits der erste Monat der Mitgliedschaft im Versorgungswerk beitragspflichtig sein müsse, um die Befreiung bereits ab diesem Zeitpunkt zu erlauben. Soweit sich das Sozialgericht demgegenüber auf einen angeblichen Willen des Gesetzgebers berufe, die Befreiungsmöglichkeiten restriktiv zu handhaben, so gäben die von ihm zitierten Gesetzesmaterialien für eine derartige Auslegung nichts her.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 21. Juli 2005 aufzuheben, den Bescheid vom 12. Dezember 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Juli 2001 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, sie ab dem 2. November 2000 von der Versicherungspflicht zu befreien.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das Urteil des Sozialgerichts. Aus der Rechtsprechung des BSG ergebe sich, dass eine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht für Zeiten ohne tatsächliche Beitragsleistung nur auszusprechen sei, wenn diese bei der späteren Versorgungsberechnung als leistungssteigernde Versicherungszeit berücksichtigt würden. Das sei bezogen auf den Monat November 2000 nicht der Fall.
Der Beigeladene stellt keinen Antrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Das Urteil des Sozialgerichts kann keinen Bestand haben. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin ist von der Rentenversicherungspflicht bereits ab dem 2. November 2000 zu befreien.
Die Statthaftigkeit der Berufung der Klägerin folgt aus § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Danach findet gegen das Urteil des Sozialgerichts die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt. Gemäß § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 500,00 Euro nicht übersteigt. Bei dem Begehren der Klägerin, bereits ab dem 2. November 2000 von der Rentenversicherungspflicht befreit zu werden, handelt es sich nicht um eine Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder ein hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft; vielmehr begehrt die Klägerin insoweit eine Statusentscheidung, welche eine eigenständige Bedeutung hat, und an die der Anspruch auf Erstattung gezahlter Beiträge erst anschließt (vgl. hierzu Meyer-Ladewig, SGG, 8. Auflage, § 144 Rdnr. 10; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 4. Auflage 2005, Seite 277; Lüdtke u.a., HK-SGG, 2. Auflage 2006, § 144 Rdnr. 5). Darüber hinaus ergibt sich die Zulässigkeit der Berufung auch daraus, dass die Klägerin ursprünglich mehrere Ansprüche verfolgt hat, deren Zusammenrechnung den Beschwerdewert von 500,00 Euro übersteigt. Gemäß § 5 Zivilprozessordnung (ZPO) werden mehrere mit einer Klage geltend gemachten Ansprüche zusammengefasst. Neben der Befreiung von der Rentenversicherungspflicht hat die Klägerin aber auch die Erstattung der gezahlten Rentenversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 740,10 Euro beantragt. Darauf, dass die Klägerin auf Anraten des Senats dieses Begehren in der mündlichen Verhandlung nicht aufrechterhalten hat, kommt es für die Zulässigkeit der Berufung nicht an (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 144 Rdnr. 19).
Die Berufung ist, soweit sie auf die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht bereits ab dem 2. November 2000 gerichtet ist, begründet.
Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI werden von der Versicherungspflicht befreit Angestellte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihre Berufsgruppe (berufsständige Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständigen Kammer sind, wenn a) am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständigen Kammer bestanden hat, b) für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständigen Versorgung zu zahlen sind und c) aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständigen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist.
Die Klägerin erfüllt diese Voraussetzungen bereits seit dem 2. November 2000. Sie ist aufgrund gesetzlicher Verpflichtung Mitglied in der Rechtsanwaltskammer C-Stadt und damit gleichzeitig Pflichtmitglied bei der Beigeladenen. Die Pflichtmitgliedschaft in der Rechtsanwaltskammer C-Stadt bestand für die Berufsgruppe am Beschäftigungsort bereits vor dem 1. Januar 1995. Die Klägerin hat nach näherer Maßgabe der Satzung des Versorgungswerks der Rechtsanwälte im Lande Hessen einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zu zahlen (§ 27 Abs. 6 der Satzung). Aufgrund dieser Beiträge hat sie nach der Satzung Anspruch auf Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit, des Alters sowie für Hinterbliebene, wobei diese Leistungen satzungsgemäß regelmäßig angepasst werden. Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts und der Beklagten steht der Befreiung nicht entgegen, dass die Klägerin nach der Satzung des Versorgungswerks für den Monat November 2000 keinen Beitrag zu entrichten hat und dieser Monat bei Eintritt eines Versicherungsfalls nicht leistungssteigernd berücksichtigt wird.
Das BSG hat zu der – mit § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI weitgehend inhaltsgleichen – Vorschrift des § 7 Abs. 2 AVG ausgeführt, dass die Befreiung von der Versicherungspflicht in der Angestelltenversicherung unter zwei Voraussetzungen erfolgt: Es müssen für die angestellten Mitglieder nach näherer Maßgabe der Satzung des Versorgungswerks einkommensbezogene Beiträge entrichtet werden, und es müssen aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall der Invalidität und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden. Die Befreiung von der Versicherungspflicht darf allerdings nicht schon dann erfolgen, wenn das Satzungsversorgungswerk in irgendeiner Form die Entrichtung einkommensbezogener Beiträge vorsieht. Aus der Satzung muss sich vielmehr außerdem ergeben, dass "aufgrund dieser Beiträge" bei Eintritt eines Versicherungsfalls (Invalidität, Alter, Tod) Leistungen erbracht und (in Zukunft) angepasst werden. Damit soll sichergestellt werden, dass nicht nur die an das Versorgungswerk zu entrichtenden Beiträge, sondern auch die von ihm erbrachten Leistungen in etwa dem Niveau der gesetzlichen Rentenversicherung entsprechen, also der Versicherungsschutz des Versorgungswerkes im Wesentlichen dem der gesetzlichen Rentenversicherung gleichwertig ist. Dieses Ziel ist indessen, soweit für bestimmte Zeiten der Mitgliedschaft im Versorgungswerk ausnahmsweise keine Beiträge zu entrichten sind (beitragslose Zeiten), in der Regel nur dann zu erreichen, wenn die betreffende Zeit leistungssteigernd berücksichtigt, d.h. bei Eintritt des Versicherungsfalls als Versicherungszeit angerechnet wird (BSG, Urteil vom 25. Oktober 1988, 12 RK 58/87 = SozR 2400 § 7 Nr. 6 m.w.N.; Urteil vom 11. Juli 1991, 12 RK 28/90).
Bei dem Monat November 2000 handelt es sich um eine derartige beitragsfreie Zeit, da nach § 30 Abs. 1 der Satzung der Beigeladenen die Beitragspflicht erst mit dem Kalendermonat beginnt, der dem Beginn der Mitgliedschaft folgt. Dieser Monat findet auch, wie sich aus den Auskünften des Beigeladenen ergibt, im Versicherungsfall keine leistungssteigernde Berücksichtigung. Insoweit kann der Senat auch dem LSG Baden-Württemberg nicht folgen, dass § 17 Abs. 3 Nr. 4 a der Satzung der Beigeladenen zu einer Berücksichtigung des "ausfallenden" Monats November 2000 bei der Rentenberechnung bewirkt. Denn diese Vorschrift regelt lediglich, dass bei der Alters- und Berufsunfähigkeitsrente pauschal bestimmte Zusatzzeiten (in Abhängigkeit von dem Lebensjahr bei Eintritt in das Versorgungswerk) angerechnet werden. Weshalb diese pauschale Berücksichtigung von Versicherungsjahren zu einer renten- bzw. leistungssteigernden Berücksichtigung des ersten beitragsfreien Monats der Mitgliedschaft führen soll, ist für den Senat aber nicht zu erkennen.
Jedoch ist die Tatsache, dass der Monat November 2000 im Leistungsfall bei der Klägerin keine Berücksichtigung finden wird, für die Frage des Vorliegens der Befreiungsvoraussetzungen des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI ohne Belang. Aus der dargestellten Rechtsprechung des BSG ergibt sich nicht, dass die Befreiungsvoraussetzungen nur vorliegen, wenn bereits ab dem ersten Tag der Mitgliedschaft in dem berufsständigen Versorgungswerk leistungssteigernde Versicherungszeiten zurückgelegt werden. Im Mittelpunkt der rechtlichen Betrachtung steht vielmehr die Gleichwertigkeit des Versicherungsschutzes im Verhältnis von Versorgungswerk zu gesetzlicher Rentenversicherung. Diese Gleichwertigkeit ist jedoch – abstrakt betrachtet – gefährdet, wenn (beitragsfreie) Zeiten der Mitgliedschaft im Versorgungswerk bei der späteren Rentenberechnung unberücksichtigt bleiben, es also (zumindest theoretisch) dazu kommen könnte, dass das Versorgungswerk kein Leistungsniveau garantiert, welches Altersarmut ihrer Mitglieder vermeidet.
Vor diesem Hintergrund sind, wie die Klägerin zu Recht darlegt, die Urteile des BSG vom 25. Oktober 1988 und vom 11. Juli 1991 zu sehen. In dem dort zu entscheidenden Fall ging es um die Errichtung eines Versorgungswerks für Rechtsanwälte, was durch Landesgesetz zum 1. Januar 1985 erfolgte. Die den Beitrag regelnde Satzung ließ indes auf sich warten und wurde schließlich erst im Mai 1985 verabschiedet, wobei Beiträge erst ab Juni 1985 erhoben wurden. Für diesen Fall einer bei vorausschauender Betrachtung unbestimmten, sich über mehrere Monate hinziehenden Zeit der beitragslosen Mitgliedschaft ohne daraus resultierende Versorgungsanwartschaft hat das BSG die Voraussetzungen für eine Befreiung verneint. Von dieser Konstellation unterscheidet sich der Fall der Klägerin jedoch grundlegend. Denn die satzungsmäßige Beitragsfreistellung durch den Beigeladenen betrifft nur einen einzigen (Teil-)Monat, nämlich denjenigen des Beginns der Mitgliedschaft. Dieser beitragsfreie Monat beeinträchtigt in keiner Weise den Versicherungsschutz; denn das Leistungsniveau des Beigeladenen liegt, was gerichtskundig ist, erheblich über dem Versorgungsniveau der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Beitragsfreiheit im ersten (Teil-)Monat der Mitgliedschaft verfolgt insoweit erkennbar einen sozialen Gedanken, wie ihn die Klägerin zutreffend dargestellt hat: Die Regelung bezweckt die finanzielle Entlastung der Berufsanfänger im ersten Monat ihrer Pflichtmitgliedschaft und nimmt auf die Tatsache Rücksicht, dass bei den angestellten Rechtsanwälten die Gehaltszahlung üblicherweise erst zum Monatsende erfolgt.
Angesichts dieser Situation einer satzungsgemäß sichergestellten (mindestens) gleichwertigen Versorgung der Mitglieder der Beigeladenen wäre die Heranziehung der Klägerin zur Zahlung eines Pflichtbeitrags für November 2000 zur Beklagten nur zu rechtfertigen, wenn das Gesetz tatsächlich eine strikte Bindung des Beginns der Befreiung an das Einsetzen der Beitragspflicht im Versorgungswerk vorsähe. Das ist indes nicht der Fall. Der Wortlaut von § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI stellt für die Befreiung lediglich darauf ab, dass eine Mitgliedschaft in dem Versorgungswerk besteht, zu dem "nach näherer Maßgabe der Satzung" einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständigen Versorgung zu zahlen sind. Auch das BSG hat in den dargestellten Entscheidungen keinen Rechtssatz formuliert, dass die Befreiung von der Versicherungspflicht zwingend erst mit dem Beginn der Beitragspflicht erfolgen könne.
Etwas anderes lässt sich auch nicht dem Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und andere Gesetze (Bundestags-Drucksache 13/2590 vom 11. Oktober 1995) entnehmen. Die Auffassung des Sozialgerichts, die Materialien zwängen zu einer eher restriktiven Auslegung der Befreiungsmöglichkeit von der Versicherungspflicht und damit auch hinsichtlich des Befreiungszeitpunktes, lässt sich, wie von der Klägerin zutreffend ausgeführt, nicht halten. Das Ziel der gesetzlichen Neuregelung war es, die Abwanderung weiterer Berufsgruppen aus dem System der gesetzlichen Rentenversicherung zu verhindern. Hingegen ergibt sich aus den Gesetzesmaterialien kein Anhalt dafür, dass der Gesetzgeber damit den Eintritt der bisher bereits in der berufsständigen Versorgung versicherten Personen in dieses Alterssicherungssystem und ihren Austritt aus der gesetzlichen Rentenversicherung erschweren wollte. Dagegen spricht insbesondere, dass § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 b SGB VI die bisherige Vorschrift des § 7 Abs. 2 AVG im Wortlaut nahezu unverändert übernommen hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass die Berufung nur teilweise erfolgreich war.
Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Nach Auskunft der Beklagten in der mündlichen Verhandlung existieren inhaltsgleiche Satzungsregelungen bei Versorgungswerken der Architekten, der Rechtsanwälte und der Notare in verschiedenen Bundesländern.
Die Beklagte hat der Klägerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zur Hälfte zu erstatten. Im Übrigen haben die Beteiligten einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über den Zeitpunkt, ab dem die Klägerin von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien ist.
Die 1969 geborene Klägerin nahm am 1. November 2000 eine Anstellung als Rechtsanwältin bei einem Rechtsanwaltsbüro in C-Stadt auf. Seit dem 2. November 2000 ist sie kraft Gesetzes Mitglied des beigeladenen Versorgungswerks der Rechtsanwälte im Lande Hessen.
Am 23. November 2000 beantragte die Klägerin die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund ihrer Pflichtmitgliedschaft im Rechtsanwaltsversorgungswerk. Der Beigeladene bescheinigte ihr einen Beginn der Beitragspflicht ab dem 1. Dezember 2000. Mit Bescheid vom 12. Dezember 2000 befreite die Beklagte die Klägerin hierauf mit Wirkung ab dem 1. Dezember 2000 von der Versicherungspflicht zur Rentenversicherung der Angestellten. Den Widerspruch der Klägerin vom 19. Dezember 2000, mit dem diese die Befreiung bereits ab dem 2. November 2000 begehrte, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 3. Juli 2001 zurück. Die Befreiung von der Versicherungspflicht gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch - Sechstes Buch (SGB VI) setze voraus, dass das Pflichtmitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständigen Versorgungseinrichtung zu zahlen habe, aus denen bei Eintritt eines Versicherungsfalles Leistungen erbracht und angepasst würden. Nach Auskunft des Versorgungswerkes der Rechtsanwälte im Lande Hessen unterliege die Klägerin aufgrund ihrer am 2. November 2000 beginnenden Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk vom 1. Dezember 2000 an der Beitragspflicht; der Monat November 2000 werde bei Eintreten eines Versicherungsfalls nicht leistungssteigernd berücksichtigt. Zwar komme eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung grundsätzlich auch für beitragslose Zeiten beim Versorgungswerk in Betracht, dies aber nur unter der Voraussetzung, das derartige Zeiten nach der Satzung des Versorgungswerkes als Versicherungszeit anzurechnen seien und bei Eintritt des Leistungsfalles zu einer höheren Leistung führten. Daran fehle es.
Gegen den am 10. Juli 2001 zugestellten Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am 6. August 2001 Klage zum Sozialgericht Frankfurt am Main erhoben. Sie hat die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht ab dem 2. November 2000 und die Verurteilung der Beklagten begehrt, sowohl an sie selbst als auch an ihren Arbeitgeber 723,75 DM nebst Zinsen (den entrichteten Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteil am Pflichtbeitrag für November 2000) zu zahlen. Sie hat vorgetragen, die Beklagte lege § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI unzutreffend dahingehend aus, dass die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht erst mit Wirkung ab demjenigen Monat auszusprechen sei, in dem die Beitragspflicht im Versorgungswerk beginne. Die Vorschrift verlange für die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht lediglich, dass der Versicherungspflichtige Mitglied eines berufsständigen Versorgungswerks sei, welches sowohl auf der Beitragsseite als auch auf der Leistungsseite mit der gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbar sei. Hingegen komme es auf den konkreten Beginn der Beitragspflicht in der berufsständigen Versorgungseinrichtung für den Beginn der Befreiung nicht an, sofern hierdurch die Gleichwertigkeit der Versorgung nicht beeinträchtigt werde. Das sei bei der Regelung des § 30 Abs. 1 Satz 2 der Satzung der Beigeladenen, die den Beginn der Beitragspflicht für die Mitglieder des Versorgungswerks aus sozialen Gründen erst ab dem zweiten Monat der Mitgliedschaft beginnen lasse, nicht der Fall. So habe auch das Landessozialgericht (LSG) in Baden-Württemberg in einem Parallelverfahren (L 10 RA 3239/00) entschieden. – Die Beklagte ist dem entgegengetreten und hat vorgetragen, nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) könne für beitragsfreie Zeiten zu einem berufständigen Versorgungswerk nur dann eine Befreiung ausgesprochen werden, wenn derartige Zeiten nach der Satzung der Versorgungseinrichtung als Versicherungszeit anzuerkennen seien und bei Eintritt des Leistungsfalls zu einer Leistungssteigerung führten. Das sei bei der Klägerin nicht der Fall, denn der beitragsfreie Monat November 2000 werde, wie die Beigeladene bestätigt habe, im Versicherungsfall nicht leistungssteigernd berücksichtigt.
Die Beigeladene hat mit Schreiben vom 27. Juni 2005 mitgeteilt, dass der Monat November 2000 im Versicherungsfall für die Klägerin nicht leistungssteigernd berücksichtigt wird und auch eine Nachentrichtung etwaiger Beiträge für diesen Monat nicht möglich ist.
Mit Urteil vom 21. Juli 2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Richtigkeit der Verwaltungsentscheidung ergebe sich aus dem Wortlaut des Gesetzes, denn § 6 Abs. 1 Satz 1 SGB VI setze unter anderem voraus, dass einkommensbezogene Beiträge zur berufsständigen Versorgungseinrichtung zu zahlen seien. Da die Beitragszahlungspflicht nach der Satzung der Beigeladenen erst mit dem Kalendermonat einsetze, der dem Beginn der Mitgliedschaft folge, seien erst ab dem 1. Dezember 2000 die Befreiungsvoraussetzungen gegeben. Dem Urteil des LSG Baden-Württemberg könne nicht gefolgt werden. Im Übrigen lege auch der Wille des Gesetzgebers eine eher restriktive Auslegung der Befreiungsmöglichkeit von der Versicherungspflicht und damit auch hinsichtlich des Befreiungszeitpunktes nahe.
Gegen das ihr am 17. November 2005 zugestellte Urteil hat die Klägerin bereits am 8. November 2005 Berufung eingelegt. Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat sie ihr Klagebegehren auf die Befreiung von der Versicherungspflicht beschränkt.
Die Klägerin führt aus, der Gesetzeswortlaut gebe für die Auslegung des Sozialgerichts nichts her. Tatsächlich ergebe sich aus dem Wortlaut, dass danach eine Befreiung von der Versicherungspflicht zu erfolgen habe, wenn jemand einer berufsständigen Versorgungseinrichtung obligatorisch angehöre, die beitrags- und leistungsseitig der Versicherung bei der Beklagten vergleichbar sei, also einen gleichwertigen Versicherungsschutz biete. Das sei auch das Verständnis des BSG in Bezug auf die sachgleiche Vorgängernorm des § 7 Abs. 2 Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG). Der Gesetzgeber habe dabei den Versorgungseinrichtungen ausdrücklich einen Gestaltungsspielraum bei der Beitragserhebung eingeräumt, um den Bedürfnissen seiner Mitglieder gerecht werden zu können. Die Satzung des Versorgungswerks der Rechtsanwälte im Lande Hessen sehe aus wohl erwogenen Gründen davon ab, die neuen Mitglieder bereits im ersten Monat ihrer Mitgliedschaft mit einem Beitrag zu belasten, den sie in aller Regel nicht aus laufendem Einkommen bestreiten könnten, sondern vorfinanzieren müssten. Die Gleichwertigkeit des Versicherungsschutzes werde hierdurch in keiner Weise in Frage gestellt. Auch aus der Rechtsprechung des BSG ergebe sich kein Anhalt dafür, dass zwingend bereits der erste Monat der Mitgliedschaft im Versorgungswerk beitragspflichtig sein müsse, um die Befreiung bereits ab diesem Zeitpunkt zu erlauben. Soweit sich das Sozialgericht demgegenüber auf einen angeblichen Willen des Gesetzgebers berufe, die Befreiungsmöglichkeiten restriktiv zu handhaben, so gäben die von ihm zitierten Gesetzesmaterialien für eine derartige Auslegung nichts her.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 21. Juli 2005 aufzuheben, den Bescheid vom 12. Dezember 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Juli 2001 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, sie ab dem 2. November 2000 von der Versicherungspflicht zu befreien.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das Urteil des Sozialgerichts. Aus der Rechtsprechung des BSG ergebe sich, dass eine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht für Zeiten ohne tatsächliche Beitragsleistung nur auszusprechen sei, wenn diese bei der späteren Versorgungsberechnung als leistungssteigernde Versicherungszeit berücksichtigt würden. Das sei bezogen auf den Monat November 2000 nicht der Fall.
Der Beigeladene stellt keinen Antrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Das Urteil des Sozialgerichts kann keinen Bestand haben. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin ist von der Rentenversicherungspflicht bereits ab dem 2. November 2000 zu befreien.
Die Statthaftigkeit der Berufung der Klägerin folgt aus § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Danach findet gegen das Urteil des Sozialgerichts die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt. Gemäß § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 500,00 Euro nicht übersteigt. Bei dem Begehren der Klägerin, bereits ab dem 2. November 2000 von der Rentenversicherungspflicht befreit zu werden, handelt es sich nicht um eine Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder ein hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft; vielmehr begehrt die Klägerin insoweit eine Statusentscheidung, welche eine eigenständige Bedeutung hat, und an die der Anspruch auf Erstattung gezahlter Beiträge erst anschließt (vgl. hierzu Meyer-Ladewig, SGG, 8. Auflage, § 144 Rdnr. 10; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 4. Auflage 2005, Seite 277; Lüdtke u.a., HK-SGG, 2. Auflage 2006, § 144 Rdnr. 5). Darüber hinaus ergibt sich die Zulässigkeit der Berufung auch daraus, dass die Klägerin ursprünglich mehrere Ansprüche verfolgt hat, deren Zusammenrechnung den Beschwerdewert von 500,00 Euro übersteigt. Gemäß § 5 Zivilprozessordnung (ZPO) werden mehrere mit einer Klage geltend gemachten Ansprüche zusammengefasst. Neben der Befreiung von der Rentenversicherungspflicht hat die Klägerin aber auch die Erstattung der gezahlten Rentenversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 740,10 Euro beantragt. Darauf, dass die Klägerin auf Anraten des Senats dieses Begehren in der mündlichen Verhandlung nicht aufrechterhalten hat, kommt es für die Zulässigkeit der Berufung nicht an (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 144 Rdnr. 19).
Die Berufung ist, soweit sie auf die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht bereits ab dem 2. November 2000 gerichtet ist, begründet.
Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI werden von der Versicherungspflicht befreit Angestellte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihre Berufsgruppe (berufsständige Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständigen Kammer sind, wenn a) am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständigen Kammer bestanden hat, b) für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständigen Versorgung zu zahlen sind und c) aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständigen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist.
Die Klägerin erfüllt diese Voraussetzungen bereits seit dem 2. November 2000. Sie ist aufgrund gesetzlicher Verpflichtung Mitglied in der Rechtsanwaltskammer C-Stadt und damit gleichzeitig Pflichtmitglied bei der Beigeladenen. Die Pflichtmitgliedschaft in der Rechtsanwaltskammer C-Stadt bestand für die Berufsgruppe am Beschäftigungsort bereits vor dem 1. Januar 1995. Die Klägerin hat nach näherer Maßgabe der Satzung des Versorgungswerks der Rechtsanwälte im Lande Hessen einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zu zahlen (§ 27 Abs. 6 der Satzung). Aufgrund dieser Beiträge hat sie nach der Satzung Anspruch auf Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit, des Alters sowie für Hinterbliebene, wobei diese Leistungen satzungsgemäß regelmäßig angepasst werden. Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts und der Beklagten steht der Befreiung nicht entgegen, dass die Klägerin nach der Satzung des Versorgungswerks für den Monat November 2000 keinen Beitrag zu entrichten hat und dieser Monat bei Eintritt eines Versicherungsfalls nicht leistungssteigernd berücksichtigt wird.
Das BSG hat zu der – mit § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI weitgehend inhaltsgleichen – Vorschrift des § 7 Abs. 2 AVG ausgeführt, dass die Befreiung von der Versicherungspflicht in der Angestelltenversicherung unter zwei Voraussetzungen erfolgt: Es müssen für die angestellten Mitglieder nach näherer Maßgabe der Satzung des Versorgungswerks einkommensbezogene Beiträge entrichtet werden, und es müssen aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall der Invalidität und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden. Die Befreiung von der Versicherungspflicht darf allerdings nicht schon dann erfolgen, wenn das Satzungsversorgungswerk in irgendeiner Form die Entrichtung einkommensbezogener Beiträge vorsieht. Aus der Satzung muss sich vielmehr außerdem ergeben, dass "aufgrund dieser Beiträge" bei Eintritt eines Versicherungsfalls (Invalidität, Alter, Tod) Leistungen erbracht und (in Zukunft) angepasst werden. Damit soll sichergestellt werden, dass nicht nur die an das Versorgungswerk zu entrichtenden Beiträge, sondern auch die von ihm erbrachten Leistungen in etwa dem Niveau der gesetzlichen Rentenversicherung entsprechen, also der Versicherungsschutz des Versorgungswerkes im Wesentlichen dem der gesetzlichen Rentenversicherung gleichwertig ist. Dieses Ziel ist indessen, soweit für bestimmte Zeiten der Mitgliedschaft im Versorgungswerk ausnahmsweise keine Beiträge zu entrichten sind (beitragslose Zeiten), in der Regel nur dann zu erreichen, wenn die betreffende Zeit leistungssteigernd berücksichtigt, d.h. bei Eintritt des Versicherungsfalls als Versicherungszeit angerechnet wird (BSG, Urteil vom 25. Oktober 1988, 12 RK 58/87 = SozR 2400 § 7 Nr. 6 m.w.N.; Urteil vom 11. Juli 1991, 12 RK 28/90).
Bei dem Monat November 2000 handelt es sich um eine derartige beitragsfreie Zeit, da nach § 30 Abs. 1 der Satzung der Beigeladenen die Beitragspflicht erst mit dem Kalendermonat beginnt, der dem Beginn der Mitgliedschaft folgt. Dieser Monat findet auch, wie sich aus den Auskünften des Beigeladenen ergibt, im Versicherungsfall keine leistungssteigernde Berücksichtigung. Insoweit kann der Senat auch dem LSG Baden-Württemberg nicht folgen, dass § 17 Abs. 3 Nr. 4 a der Satzung der Beigeladenen zu einer Berücksichtigung des "ausfallenden" Monats November 2000 bei der Rentenberechnung bewirkt. Denn diese Vorschrift regelt lediglich, dass bei der Alters- und Berufsunfähigkeitsrente pauschal bestimmte Zusatzzeiten (in Abhängigkeit von dem Lebensjahr bei Eintritt in das Versorgungswerk) angerechnet werden. Weshalb diese pauschale Berücksichtigung von Versicherungsjahren zu einer renten- bzw. leistungssteigernden Berücksichtigung des ersten beitragsfreien Monats der Mitgliedschaft führen soll, ist für den Senat aber nicht zu erkennen.
Jedoch ist die Tatsache, dass der Monat November 2000 im Leistungsfall bei der Klägerin keine Berücksichtigung finden wird, für die Frage des Vorliegens der Befreiungsvoraussetzungen des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI ohne Belang. Aus der dargestellten Rechtsprechung des BSG ergibt sich nicht, dass die Befreiungsvoraussetzungen nur vorliegen, wenn bereits ab dem ersten Tag der Mitgliedschaft in dem berufsständigen Versorgungswerk leistungssteigernde Versicherungszeiten zurückgelegt werden. Im Mittelpunkt der rechtlichen Betrachtung steht vielmehr die Gleichwertigkeit des Versicherungsschutzes im Verhältnis von Versorgungswerk zu gesetzlicher Rentenversicherung. Diese Gleichwertigkeit ist jedoch – abstrakt betrachtet – gefährdet, wenn (beitragsfreie) Zeiten der Mitgliedschaft im Versorgungswerk bei der späteren Rentenberechnung unberücksichtigt bleiben, es also (zumindest theoretisch) dazu kommen könnte, dass das Versorgungswerk kein Leistungsniveau garantiert, welches Altersarmut ihrer Mitglieder vermeidet.
Vor diesem Hintergrund sind, wie die Klägerin zu Recht darlegt, die Urteile des BSG vom 25. Oktober 1988 und vom 11. Juli 1991 zu sehen. In dem dort zu entscheidenden Fall ging es um die Errichtung eines Versorgungswerks für Rechtsanwälte, was durch Landesgesetz zum 1. Januar 1985 erfolgte. Die den Beitrag regelnde Satzung ließ indes auf sich warten und wurde schließlich erst im Mai 1985 verabschiedet, wobei Beiträge erst ab Juni 1985 erhoben wurden. Für diesen Fall einer bei vorausschauender Betrachtung unbestimmten, sich über mehrere Monate hinziehenden Zeit der beitragslosen Mitgliedschaft ohne daraus resultierende Versorgungsanwartschaft hat das BSG die Voraussetzungen für eine Befreiung verneint. Von dieser Konstellation unterscheidet sich der Fall der Klägerin jedoch grundlegend. Denn die satzungsmäßige Beitragsfreistellung durch den Beigeladenen betrifft nur einen einzigen (Teil-)Monat, nämlich denjenigen des Beginns der Mitgliedschaft. Dieser beitragsfreie Monat beeinträchtigt in keiner Weise den Versicherungsschutz; denn das Leistungsniveau des Beigeladenen liegt, was gerichtskundig ist, erheblich über dem Versorgungsniveau der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Beitragsfreiheit im ersten (Teil-)Monat der Mitgliedschaft verfolgt insoweit erkennbar einen sozialen Gedanken, wie ihn die Klägerin zutreffend dargestellt hat: Die Regelung bezweckt die finanzielle Entlastung der Berufsanfänger im ersten Monat ihrer Pflichtmitgliedschaft und nimmt auf die Tatsache Rücksicht, dass bei den angestellten Rechtsanwälten die Gehaltszahlung üblicherweise erst zum Monatsende erfolgt.
Angesichts dieser Situation einer satzungsgemäß sichergestellten (mindestens) gleichwertigen Versorgung der Mitglieder der Beigeladenen wäre die Heranziehung der Klägerin zur Zahlung eines Pflichtbeitrags für November 2000 zur Beklagten nur zu rechtfertigen, wenn das Gesetz tatsächlich eine strikte Bindung des Beginns der Befreiung an das Einsetzen der Beitragspflicht im Versorgungswerk vorsähe. Das ist indes nicht der Fall. Der Wortlaut von § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI stellt für die Befreiung lediglich darauf ab, dass eine Mitgliedschaft in dem Versorgungswerk besteht, zu dem "nach näherer Maßgabe der Satzung" einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständigen Versorgung zu zahlen sind. Auch das BSG hat in den dargestellten Entscheidungen keinen Rechtssatz formuliert, dass die Befreiung von der Versicherungspflicht zwingend erst mit dem Beginn der Beitragspflicht erfolgen könne.
Etwas anderes lässt sich auch nicht dem Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und andere Gesetze (Bundestags-Drucksache 13/2590 vom 11. Oktober 1995) entnehmen. Die Auffassung des Sozialgerichts, die Materialien zwängen zu einer eher restriktiven Auslegung der Befreiungsmöglichkeit von der Versicherungspflicht und damit auch hinsichtlich des Befreiungszeitpunktes, lässt sich, wie von der Klägerin zutreffend ausgeführt, nicht halten. Das Ziel der gesetzlichen Neuregelung war es, die Abwanderung weiterer Berufsgruppen aus dem System der gesetzlichen Rentenversicherung zu verhindern. Hingegen ergibt sich aus den Gesetzesmaterialien kein Anhalt dafür, dass der Gesetzgeber damit den Eintritt der bisher bereits in der berufsständigen Versorgung versicherten Personen in dieses Alterssicherungssystem und ihren Austritt aus der gesetzlichen Rentenversicherung erschweren wollte. Dagegen spricht insbesondere, dass § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 b SGB VI die bisherige Vorschrift des § 7 Abs. 2 AVG im Wortlaut nahezu unverändert übernommen hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass die Berufung nur teilweise erfolgreich war.
Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Nach Auskunft der Beklagten in der mündlichen Verhandlung existieren inhaltsgleiche Satzungsregelungen bei Versorgungswerken der Architekten, der Rechtsanwälte und der Notare in verschiedenen Bundesländern.
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