Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 10 AL 381/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 AL 39/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 AL 1/05 R
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 28. November 2002 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat den Klägern auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Erstattung von Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung für die Zeit vom 01.08.1993 bis 31.01. 1994 streitig.
Der Kläger zu 1) war Gesellschafter-Geschäftsführer bei der Klägerin zu 2). Für ihn wurden für die Zeit vom 01.08.1993 bis 30.06.1999 unter anderem Beiträge zur Arbeitslosenversicherung abgeführt, weil er von der Einzugsstelle (Beigeladene) als versicherungspflichtig angesehen wurde. Telefonisch wurde dem Kläger zu 1) am 22.02.1994 die Entscheidung der Einzugsstelle über das Vorliegen der Versicherungspflicht in der Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung mitgeteilt.
Mit Beschluss des Insolvenzgerichts vom 13.07.1999 wurde über das Vermögen der Klägerin zu 2) die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgewiesen. Den Antrag des Klägers zu 1) vom 01.07.1999 auf Bewilligung von Arbeitslosengeld lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 04.08.1998 mit der Begründung ab, die Zeit der Geschäftsführertätigkeit sei keine versicherungspflichtige Zeit gewesen. Die Beigeladene stellte als zuständige Einzugsstelle ebenfalls mit Bescheid vom 11.11.1999 fest, dass der Kläger zu 1) ab 01.03.1993 nicht der Versicherungspflicht zur gesetzlichen Sozialversicherung unterlegen habe. Mit Schreiben vom 16.02.2000 räumte die Beigeladene gegenüber der Beklagten ein, ihre Feststellung vom 22.02.1994 über das Bestehen von Versicherungs- und Beitragspflicht bezüglich des Klägers zu 1) sei unrichtig gewesen und habe auf einem fehlerhaften Verwaltungshandeln beruht.
Auf Antrag der Kläger vom 30.11.1999 erklärte sich die Beklagte mit Bescheiden vom 21.02.2003 bereit, die in der Zeit vom 01.02.1994 bis 30.06.1999 zu Unrecht entrichteten Beiträge zur Arbeitslosenversicherung zu erstatten. Der Beitragserstattungsanspruch bis 31.12.1994 sei gemäß § 27 abs.2 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) verjährt. Für die Zeit vom 01.02.1994 bis 31.12.1994 werde deshalb die Einrede der Verjährung nicht erhoben, weil fehlerhaftes Verwaltungshandeln der Einzusstelle vorläge. Für die bis zum Eingang der Stellungnahme ohne Zutun der Einzugsstelle gezahlten Beiträge werde hingegen die Einrede der Verjährung erhoben. Die Beiträge vom 01.02. 1994 bis 30.06.1999 in Höhe von DM 4.734,52 wurden dementsprechend erstattet.
Mit dem Widerspruch wurde geltend gemacht, der Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung von Gesellschafter-Geschäftsführern einer GmbH sei am 24.01.1994 bei der Beigeladenen eingegangen. Seitens dieser sei zu keiner Zeit eine Ablehnung als Pflichtversicherer erfolgt. Wie die Beklagte selbst einräume, habe ein fehlerhaftes Verhalten der Beigeladenen vorgelegen, weshalb bis zum Ausscheiden am 30.06.1999 habe davon ausgegangen werden müssen und auch davon ausgegangen worden sei, dass ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorgelegen habe. Hätte die Beigeladene bereits 1994 nach Erhalt des Fragebogens eine Pflichtmitgliedschaft abgelehnt, wäre die Rückforderung der zu Unrecht eingezahlten Beiträge bereits zum damaligen Zeitpunkt - ohne überhaupt in Gefahr einer Verjährung zu kommen - möglich gewesen und auch erfolgt. Es werde deshalb auch um Erstattung der zu Unrecht gezahlten Beiträge vom 01.08. 1993 bis 31.01.1994 für beide Kläger gebeten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24.10.2000 wurden die Widersprüche als unbegründet zurückgewiesen. Am 22.02.1994 habe die Einzugsstelle den Klägern irrtümlich die Richtigkeit der Beitragszahlung bestätigt. Erst nach diesem Zeitpunkt gezahlte Beiträge hätten somit auf einem fehlerhaften Verwaltungshandeln der Einzusstelle beruht und könnten bei der Nichterhebung der Verjährung berücksichtigt werden. Für die bis zum 21.02.1994 ohne Zutun der Einzugsstelle gezahlten Beiträge (bis Januar 1994) müsse jedoch die Einrede der Verjährung erhoben werden.
Zur Begründung der dagegen erhobenen Klage ist ausgeführt worden, der Kläger zu 1) sei als Geschäftsführer der Klägerin zu 2) seit dem 01.08.1993 bis 30.06.1999 beschäftigt gewesen. Der Kläger zu 1) habe als Geschäftsführer im Angestelltenverhältnis beschäftigt werden sollen, ein entsprechender Arbeitsvertrag sei abgeschlossen worden und es sei Rücksprache mit der AOK gehalten worden, bei der der Kläger zu 1) versichert gewesen sei. Ihm sei damals von der AOK ein Fragebogen zusandt worden, nach dem die versicherungsrechtlichen Fragen zu Gesellschafter-Geschäftsführern einer GmbH zu beurteilen seien. Diesen Feststellungsbogen habe er ausgefüllt an die AOK zurückgegeben. Der Fragebogen sei am 24.01.1994 bei der AOK eingegangen. Bereits zu diesem Zeitpunkt habe also die AOK gewusst, dass die Einziehung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung zu Unrecht erfolgt sei. Dies sei dem Kläger zu 1) zu keinem Zeitpunkt mitgeteilt worden, insbesondere sei kein Ablehnungsbescheid durch die AOK ergangen. Es seien deshalb weiterhin Pflichtbeiträge zur Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung abgerechnet und abgeführt worden. Wenn sich die Beklagte für die Zeit vom 01.08.1993 bis 31.01.1994 auf Verjährung berufe, müsse berücksichtigt werden, dass hier der Fall einer besonderen Härte vorliege.
Mit Urteil vom 28.11.2002 hat das SG die Beklagte unter Abänderung der angefochtenen Bescheide verurteilt, auch die in der Zeit vom 01.08.1993 bis 31.01.1994 geleisteten Beiträge zur Arbeitslosenversicherung zu erstatten. Der von der Beklagten insoweit erhobene Einwand der Verjährung sei rechtsmißbräuchlich. Zwar werde die Einrede der Verjährung von der Beklagten generell nur in Fällen einer besonderen Härte nicht erhoben. Eine besondere Härte läge unter anderem dann vor, wenn die Einzugsstelle die fehlerhafte Beitragszahlung nachweislich verursacht habe. Dies sei hier der Fall. Ohne die falsche Rechtsauskunft der Beigeladenen vom Februar 1994 hätte keine Verjährung eintreten können. Wäre den Klägern bereits zum damaligen Zeitpunkt mitgeteilt worden, dass es sich um kein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis handele, hätten sie aller Wahrscheinlichkeit nach die Erstattung der bereits ab August 1993 geleisteten Beiträge beantragt. Die von der Beklagten vorgenommene zeitliche Differenzierung sei nicht haltbar. Die Einrede der Verjährung sei immer dann rechtsmissbräuchlich, wenn durch ein fehlerhaftes Verwaltungshandeln der Einzugsstelle fälschlich Beiträge entrichtet worden seien. Die Beiträge seien zwar bis zum 21.02.1994 "ohne Zutun der Einzugsstelle gezahlt" worden, durch das Verhalten der Einzugsstelle sei jedoch eine rechtzeitige Geltendmachung des Beitragserstattungsanspruchs verhindert worden. Eine unterschiedliche Behandlung der beiden Fälle sei nach Auffassung des Gerichts nicht gerechtfertigt. Dies sei offensichtich auch von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte so gesehen worden, da diese die zu Unrecht gezahlten Beiträge zur Rentenversicherung für den gesamten Zeitraum zurückgezahlt habe.
Zur Begründung ihrer dagegen eingelegten Berufung führt die Beklagte aus, ob ein Sozialversicherungsträger von der Einrede der Verjährung Gebrauch mache, liege in seinem pflichtgemäßen Ermessen. Ermessensrichtlinien dahingehend, dass die Verjährungseinrede nur dann nicht erhoben werde, wenn fehlerhaftes Verhalten des Sozialversicherungsträgers oder der Einzugsstelle zur Beitragsentrichtung geführt habe, seien nicht zu beanstanden (Senatsurteil vom 30.08.2002 - L 8 AL 150/00 -). Dieses Senatsurteil sei durch Urteil des BSG vom 29.07.2003 - 12 AL 3/03 - bestätigt worden. Das BSG habe entschieden, die Beklagte könne einem Anspruch auf Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge die Einrede der Verjährung auch dann entgegen gehalten werden, wenn eine zuvor durchgeführte Arbeitgeberprüfung eines Kleinbetriebes nicht zu Beanstandungen geführt habe. Soweit Beschäftigte aus den Ergebnissen von Betriebsprüfungen Rechte herleiten wollten, könne sich eine materielle Bindungswirkung nur dann und insoweit ergeben, als Versicherungspflicht und Beitragshöhe personenbezogen für bestimmte Zeitraume durch gesonderten Verwaltungsakt festgestellt worden seien. Nun ließe sich einwenden, besagte Rechtsprechung sei für den vorliegenden Sachverhalt schon deswegen unergiebig, weil eine Verlautbarung seitens der Einzugsstelle vorgelegen habe (vom Erstgericht im Tatbestand seines Urteils als "Entscheidung", in den Gründen dagegen als "Rechtsauskunft" bezeichnet). Doch greife ein solcher Einwand zu kurz. Zum einen sei auffallend und bedürfe näherer Betrachtung, dass die nach Aktenlage im Februar 1994 erfolgte Verlautbarung der Beigeladenen von der Klägerseite bis zur Klagebegründung überhaupt nicht thematisiert, geschweige zur Stützung des Erstattungsbegehrens angeführt worden sei. Daneben könne auch nicht von einem gutgläubigen Unterlassen der Geltendmachung eines Beitragsrückerstattungsanspruchs ausgegangen werden, wie das offensichtlich das Gericht tun wolle. Der Erstattungsantrag vom 30.11.1999 sei gestellt worden, nachdem der vom Kläger zu 1) gestellte Leistungsantrag auf Arbeitslosengeld abgelehnt worden sei. Wenngleich der Arbeitslosengeld- Ablehnungsbescheid vom 04.08.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.11.1999 nicht streitgegenständlich sei, seien doch die ihm voraus- bzw. mit ihm einhergehenden Umstände bedeutsam. Insbesondere sei auch fraglich, ob der Kläger zu 1) vor und auch nach dem 22.02.2004 "gutgläubig" gewesen sei, was das Verhalten der Beigeladenen anbelange. Insgesamt läge kein Hindernis vor, sich im verbleibenden und streitgegenständlichen Rahmen auf die Verjährung zu berufen.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 28.11.2002 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
Klägerseits wird weiterhin die Auffassung vertreten, dass eine Differenzierung der Zeiträume sachlich nicht gerechtfertigt sei. Wenn nach den Ermessensrichtlinien der Beklagten die Einrede der Verjährung auch dann nicht erhoben werde, wenn die Zahlung von Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung auf fehlerhaftem Verwaltungshandeln beruhe, müsse dies auch dann gelten, wenn aufgrund dieses fehlerhaften Verwaltungshandelns bereits geleistete Beiträge zur Arbeitslosenversicherung nicht zurückgefordert werden. Hätte die Beigeladene pflichtgemäß mitgeteilt, dass eine Versicherungspflicht des Klägers zu 1) nicht bestanden habe, wären in den Folgejahren nicht weiter Beiträge abgeführt worden, sondern dann selbstverständlich die bisher zu Unrecht eingezogenen Beiträge zurückgefordert worden. Durch das unstreitig fehlerhafte Verwaltungshandeln der Beigeladenen wäre man daran gehindert gewesen.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Belagten und der Verfahrensakten beider Rechtszüge verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), ein Ausschließungsgrund (§ 144 Abs.1 SGG) liegt nicht vor.
In der Sache erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet.
Vom Ergebnis her hat das SG Landshut mit Urteil vom 28.11.2002 zu Recht der Klage stattgegeben, als es die Bescheide der Beklagten vom 21.02.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.10. 2000 dahingehend abgeändert hat, dass die Beklagte auch die in der Zeit vom 01.08.1993 bis 31.01.1994 geleistete Beiträge zur Arbeitslosenversicherung zu erstatten hat.
Denn die Beklagte war zur Leistungsverweigerung nicht berechtigt, da die Erhebung der Einrede der Verjährung bezüglich des Zeitraums vom 01.08.1993 bis 31.01.1994 rechtsmissbräuchlich ist.
Zu Unrecht entrichtete Beiträge sind nach § 185 a AFG, ab 01.01.1998 nach § 351 SGB III, grundsätzlich zu erstatten. Der Erstattungsanspruch verjährt in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beiträge entrichtet worden sind (§ 27 Abs.2 Satz 1 SGB IV).
Die Einrede der Verjährung wird nach pflichtgemäßem Ermessen nur in Fällen einer besonderen Härte nicht erhoben. Eine besondere Härte kann z.B. bei einem fehlerhaften Verwaltungshandeln der Bundesanstalt oder der Einzugsstelle vorliegen. Dies muss umso mehr gelten, wenn wie hier, die Einzugsstelle am 22.02.1994 durch Verwaltungsakt gegenüber den Klägern festgestellt hat, dass seit 01.08.1993 Versicherungspflicht des Klägers zu 1) bestand. Dass es sich bei der "telefonischen Mitteilung" um einen Verwaltungsakt gehandelt hat, folgt aus § 33 Abs.2 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Danach kann ein Verwaltungsakt auch mündlich erlassen werden. Dieser ist nur dann schriftlich zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der Betroffene dies unverzüglich verlangt (§ 33 Abs.2 Satz 2 SGB X). Dies war hier nicht der Fall.
Bei der durch die Beigeladene 1994 durchgeführten Prüfung bezüglich der Versicherungspflicht des Klägers zu 1) handelte es sich um die erste Prüfung, die sich auf die Zeit als Beginn der Geschäftsführertätigkeit des Klägers zu 1) bezog.
Hätte die Beigeladene am 22.02.1994 nicht mit Verwaltungsakt festgestellt, dass beim Kläger zu 1) seit 01.08.1993 Versicherungspflicht besteht, hätten die Kläger zum damaligen Zeitpunkt einen Antrag auf Erstattung der Beiträge gestellt.
Somit war die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 28.11.2002 zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
II. Die Beklagte hat den Klägern auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Erstattung von Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung für die Zeit vom 01.08.1993 bis 31.01. 1994 streitig.
Der Kläger zu 1) war Gesellschafter-Geschäftsführer bei der Klägerin zu 2). Für ihn wurden für die Zeit vom 01.08.1993 bis 30.06.1999 unter anderem Beiträge zur Arbeitslosenversicherung abgeführt, weil er von der Einzugsstelle (Beigeladene) als versicherungspflichtig angesehen wurde. Telefonisch wurde dem Kläger zu 1) am 22.02.1994 die Entscheidung der Einzugsstelle über das Vorliegen der Versicherungspflicht in der Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung mitgeteilt.
Mit Beschluss des Insolvenzgerichts vom 13.07.1999 wurde über das Vermögen der Klägerin zu 2) die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgewiesen. Den Antrag des Klägers zu 1) vom 01.07.1999 auf Bewilligung von Arbeitslosengeld lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 04.08.1998 mit der Begründung ab, die Zeit der Geschäftsführertätigkeit sei keine versicherungspflichtige Zeit gewesen. Die Beigeladene stellte als zuständige Einzugsstelle ebenfalls mit Bescheid vom 11.11.1999 fest, dass der Kläger zu 1) ab 01.03.1993 nicht der Versicherungspflicht zur gesetzlichen Sozialversicherung unterlegen habe. Mit Schreiben vom 16.02.2000 räumte die Beigeladene gegenüber der Beklagten ein, ihre Feststellung vom 22.02.1994 über das Bestehen von Versicherungs- und Beitragspflicht bezüglich des Klägers zu 1) sei unrichtig gewesen und habe auf einem fehlerhaften Verwaltungshandeln beruht.
Auf Antrag der Kläger vom 30.11.1999 erklärte sich die Beklagte mit Bescheiden vom 21.02.2003 bereit, die in der Zeit vom 01.02.1994 bis 30.06.1999 zu Unrecht entrichteten Beiträge zur Arbeitslosenversicherung zu erstatten. Der Beitragserstattungsanspruch bis 31.12.1994 sei gemäß § 27 abs.2 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) verjährt. Für die Zeit vom 01.02.1994 bis 31.12.1994 werde deshalb die Einrede der Verjährung nicht erhoben, weil fehlerhaftes Verwaltungshandeln der Einzusstelle vorläge. Für die bis zum Eingang der Stellungnahme ohne Zutun der Einzugsstelle gezahlten Beiträge werde hingegen die Einrede der Verjährung erhoben. Die Beiträge vom 01.02. 1994 bis 30.06.1999 in Höhe von DM 4.734,52 wurden dementsprechend erstattet.
Mit dem Widerspruch wurde geltend gemacht, der Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung von Gesellschafter-Geschäftsführern einer GmbH sei am 24.01.1994 bei der Beigeladenen eingegangen. Seitens dieser sei zu keiner Zeit eine Ablehnung als Pflichtversicherer erfolgt. Wie die Beklagte selbst einräume, habe ein fehlerhaftes Verhalten der Beigeladenen vorgelegen, weshalb bis zum Ausscheiden am 30.06.1999 habe davon ausgegangen werden müssen und auch davon ausgegangen worden sei, dass ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorgelegen habe. Hätte die Beigeladene bereits 1994 nach Erhalt des Fragebogens eine Pflichtmitgliedschaft abgelehnt, wäre die Rückforderung der zu Unrecht eingezahlten Beiträge bereits zum damaligen Zeitpunkt - ohne überhaupt in Gefahr einer Verjährung zu kommen - möglich gewesen und auch erfolgt. Es werde deshalb auch um Erstattung der zu Unrecht gezahlten Beiträge vom 01.08. 1993 bis 31.01.1994 für beide Kläger gebeten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24.10.2000 wurden die Widersprüche als unbegründet zurückgewiesen. Am 22.02.1994 habe die Einzugsstelle den Klägern irrtümlich die Richtigkeit der Beitragszahlung bestätigt. Erst nach diesem Zeitpunkt gezahlte Beiträge hätten somit auf einem fehlerhaften Verwaltungshandeln der Einzusstelle beruht und könnten bei der Nichterhebung der Verjährung berücksichtigt werden. Für die bis zum 21.02.1994 ohne Zutun der Einzugsstelle gezahlten Beiträge (bis Januar 1994) müsse jedoch die Einrede der Verjährung erhoben werden.
Zur Begründung der dagegen erhobenen Klage ist ausgeführt worden, der Kläger zu 1) sei als Geschäftsführer der Klägerin zu 2) seit dem 01.08.1993 bis 30.06.1999 beschäftigt gewesen. Der Kläger zu 1) habe als Geschäftsführer im Angestelltenverhältnis beschäftigt werden sollen, ein entsprechender Arbeitsvertrag sei abgeschlossen worden und es sei Rücksprache mit der AOK gehalten worden, bei der der Kläger zu 1) versichert gewesen sei. Ihm sei damals von der AOK ein Fragebogen zusandt worden, nach dem die versicherungsrechtlichen Fragen zu Gesellschafter-Geschäftsführern einer GmbH zu beurteilen seien. Diesen Feststellungsbogen habe er ausgefüllt an die AOK zurückgegeben. Der Fragebogen sei am 24.01.1994 bei der AOK eingegangen. Bereits zu diesem Zeitpunkt habe also die AOK gewusst, dass die Einziehung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung zu Unrecht erfolgt sei. Dies sei dem Kläger zu 1) zu keinem Zeitpunkt mitgeteilt worden, insbesondere sei kein Ablehnungsbescheid durch die AOK ergangen. Es seien deshalb weiterhin Pflichtbeiträge zur Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung abgerechnet und abgeführt worden. Wenn sich die Beklagte für die Zeit vom 01.08.1993 bis 31.01.1994 auf Verjährung berufe, müsse berücksichtigt werden, dass hier der Fall einer besonderen Härte vorliege.
Mit Urteil vom 28.11.2002 hat das SG die Beklagte unter Abänderung der angefochtenen Bescheide verurteilt, auch die in der Zeit vom 01.08.1993 bis 31.01.1994 geleisteten Beiträge zur Arbeitslosenversicherung zu erstatten. Der von der Beklagten insoweit erhobene Einwand der Verjährung sei rechtsmißbräuchlich. Zwar werde die Einrede der Verjährung von der Beklagten generell nur in Fällen einer besonderen Härte nicht erhoben. Eine besondere Härte läge unter anderem dann vor, wenn die Einzugsstelle die fehlerhafte Beitragszahlung nachweislich verursacht habe. Dies sei hier der Fall. Ohne die falsche Rechtsauskunft der Beigeladenen vom Februar 1994 hätte keine Verjährung eintreten können. Wäre den Klägern bereits zum damaligen Zeitpunkt mitgeteilt worden, dass es sich um kein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis handele, hätten sie aller Wahrscheinlichkeit nach die Erstattung der bereits ab August 1993 geleisteten Beiträge beantragt. Die von der Beklagten vorgenommene zeitliche Differenzierung sei nicht haltbar. Die Einrede der Verjährung sei immer dann rechtsmissbräuchlich, wenn durch ein fehlerhaftes Verwaltungshandeln der Einzugsstelle fälschlich Beiträge entrichtet worden seien. Die Beiträge seien zwar bis zum 21.02.1994 "ohne Zutun der Einzugsstelle gezahlt" worden, durch das Verhalten der Einzugsstelle sei jedoch eine rechtzeitige Geltendmachung des Beitragserstattungsanspruchs verhindert worden. Eine unterschiedliche Behandlung der beiden Fälle sei nach Auffassung des Gerichts nicht gerechtfertigt. Dies sei offensichtich auch von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte so gesehen worden, da diese die zu Unrecht gezahlten Beiträge zur Rentenversicherung für den gesamten Zeitraum zurückgezahlt habe.
Zur Begründung ihrer dagegen eingelegten Berufung führt die Beklagte aus, ob ein Sozialversicherungsträger von der Einrede der Verjährung Gebrauch mache, liege in seinem pflichtgemäßen Ermessen. Ermessensrichtlinien dahingehend, dass die Verjährungseinrede nur dann nicht erhoben werde, wenn fehlerhaftes Verhalten des Sozialversicherungsträgers oder der Einzugsstelle zur Beitragsentrichtung geführt habe, seien nicht zu beanstanden (Senatsurteil vom 30.08.2002 - L 8 AL 150/00 -). Dieses Senatsurteil sei durch Urteil des BSG vom 29.07.2003 - 12 AL 3/03 - bestätigt worden. Das BSG habe entschieden, die Beklagte könne einem Anspruch auf Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge die Einrede der Verjährung auch dann entgegen gehalten werden, wenn eine zuvor durchgeführte Arbeitgeberprüfung eines Kleinbetriebes nicht zu Beanstandungen geführt habe. Soweit Beschäftigte aus den Ergebnissen von Betriebsprüfungen Rechte herleiten wollten, könne sich eine materielle Bindungswirkung nur dann und insoweit ergeben, als Versicherungspflicht und Beitragshöhe personenbezogen für bestimmte Zeitraume durch gesonderten Verwaltungsakt festgestellt worden seien. Nun ließe sich einwenden, besagte Rechtsprechung sei für den vorliegenden Sachverhalt schon deswegen unergiebig, weil eine Verlautbarung seitens der Einzugsstelle vorgelegen habe (vom Erstgericht im Tatbestand seines Urteils als "Entscheidung", in den Gründen dagegen als "Rechtsauskunft" bezeichnet). Doch greife ein solcher Einwand zu kurz. Zum einen sei auffallend und bedürfe näherer Betrachtung, dass die nach Aktenlage im Februar 1994 erfolgte Verlautbarung der Beigeladenen von der Klägerseite bis zur Klagebegründung überhaupt nicht thematisiert, geschweige zur Stützung des Erstattungsbegehrens angeführt worden sei. Daneben könne auch nicht von einem gutgläubigen Unterlassen der Geltendmachung eines Beitragsrückerstattungsanspruchs ausgegangen werden, wie das offensichtlich das Gericht tun wolle. Der Erstattungsantrag vom 30.11.1999 sei gestellt worden, nachdem der vom Kläger zu 1) gestellte Leistungsantrag auf Arbeitslosengeld abgelehnt worden sei. Wenngleich der Arbeitslosengeld- Ablehnungsbescheid vom 04.08.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.11.1999 nicht streitgegenständlich sei, seien doch die ihm voraus- bzw. mit ihm einhergehenden Umstände bedeutsam. Insbesondere sei auch fraglich, ob der Kläger zu 1) vor und auch nach dem 22.02.2004 "gutgläubig" gewesen sei, was das Verhalten der Beigeladenen anbelange. Insgesamt läge kein Hindernis vor, sich im verbleibenden und streitgegenständlichen Rahmen auf die Verjährung zu berufen.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 28.11.2002 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
Klägerseits wird weiterhin die Auffassung vertreten, dass eine Differenzierung der Zeiträume sachlich nicht gerechtfertigt sei. Wenn nach den Ermessensrichtlinien der Beklagten die Einrede der Verjährung auch dann nicht erhoben werde, wenn die Zahlung von Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung auf fehlerhaftem Verwaltungshandeln beruhe, müsse dies auch dann gelten, wenn aufgrund dieses fehlerhaften Verwaltungshandelns bereits geleistete Beiträge zur Arbeitslosenversicherung nicht zurückgefordert werden. Hätte die Beigeladene pflichtgemäß mitgeteilt, dass eine Versicherungspflicht des Klägers zu 1) nicht bestanden habe, wären in den Folgejahren nicht weiter Beiträge abgeführt worden, sondern dann selbstverständlich die bisher zu Unrecht eingezogenen Beiträge zurückgefordert worden. Durch das unstreitig fehlerhafte Verwaltungshandeln der Beigeladenen wäre man daran gehindert gewesen.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Belagten und der Verfahrensakten beider Rechtszüge verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), ein Ausschließungsgrund (§ 144 Abs.1 SGG) liegt nicht vor.
In der Sache erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet.
Vom Ergebnis her hat das SG Landshut mit Urteil vom 28.11.2002 zu Recht der Klage stattgegeben, als es die Bescheide der Beklagten vom 21.02.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.10. 2000 dahingehend abgeändert hat, dass die Beklagte auch die in der Zeit vom 01.08.1993 bis 31.01.1994 geleistete Beiträge zur Arbeitslosenversicherung zu erstatten hat.
Denn die Beklagte war zur Leistungsverweigerung nicht berechtigt, da die Erhebung der Einrede der Verjährung bezüglich des Zeitraums vom 01.08.1993 bis 31.01.1994 rechtsmissbräuchlich ist.
Zu Unrecht entrichtete Beiträge sind nach § 185 a AFG, ab 01.01.1998 nach § 351 SGB III, grundsätzlich zu erstatten. Der Erstattungsanspruch verjährt in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beiträge entrichtet worden sind (§ 27 Abs.2 Satz 1 SGB IV).
Die Einrede der Verjährung wird nach pflichtgemäßem Ermessen nur in Fällen einer besonderen Härte nicht erhoben. Eine besondere Härte kann z.B. bei einem fehlerhaften Verwaltungshandeln der Bundesanstalt oder der Einzugsstelle vorliegen. Dies muss umso mehr gelten, wenn wie hier, die Einzugsstelle am 22.02.1994 durch Verwaltungsakt gegenüber den Klägern festgestellt hat, dass seit 01.08.1993 Versicherungspflicht des Klägers zu 1) bestand. Dass es sich bei der "telefonischen Mitteilung" um einen Verwaltungsakt gehandelt hat, folgt aus § 33 Abs.2 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Danach kann ein Verwaltungsakt auch mündlich erlassen werden. Dieser ist nur dann schriftlich zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der Betroffene dies unverzüglich verlangt (§ 33 Abs.2 Satz 2 SGB X). Dies war hier nicht der Fall.
Bei der durch die Beigeladene 1994 durchgeführten Prüfung bezüglich der Versicherungspflicht des Klägers zu 1) handelte es sich um die erste Prüfung, die sich auf die Zeit als Beginn der Geschäftsführertätigkeit des Klägers zu 1) bezog.
Hätte die Beigeladene am 22.02.1994 nicht mit Verwaltungsakt festgestellt, dass beim Kläger zu 1) seit 01.08.1993 Versicherungspflicht besteht, hätten die Kläger zum damaligen Zeitpunkt einen Antrag auf Erstattung der Beiträge gestellt.
Somit war die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 28.11.2002 zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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