L 13 AL 688/03

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 14 AL 2630/02
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AL 688/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Die Verwertung einer Kapitallebensversicherung kann auch durch „ Beleihung“ mit einem vom Versicherer gewährten verzinslichen Darlehens erfolgen, dessen Rückerstattung mit der Ablaufleistung der Kapitallebensversicherung verrechnet wird.
2. Zur offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit der Verwertung von Vermögen im Sinn von § 1 Abs. 3 Nr. 6 AlhiV 2002.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 15. Januar 2003 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist, ob der Kläger in Anbetracht seines Vermögens Anspruch auf Arbeitslosenhilfe (Alhi) ab 1. Juli 2002 hat.

Der 1944 geborene Kläger bezog bis 03. November 1996 Arbeitslosengeld (Alg); seit 4. November 1994 - mit kurzen Unterbrechungen durch den Bezug anderer Sozialleistungen - zahlt die Beklagte Alhi, zuletzt aufgrund des Bewilligungsbescheids vom 13. Juni 2001 sowie der Änderungsbescheide vom 9. November 2001, 4. Januar 2002 und 17. April 2002 in Höhe von 177,10 EUR wöchentlich (Bemessungsentgelt seit Januar 2002: 560 EUR , Leistungsgruppe A, Kindermerkmal 0, wöchentlicher Anrechnungsbetrag 0,56 EUR mit Ende des Bewilligungsabschnitts am 30. Juni 2002). Am 18. Juni 2002 beantragte er beim Arbeitsamt P. (ArbA) die Weiterbewilligung von Alhi. Dabei gab er - wie schon zuvor - als Vermögen eine Kapitallebensversicherung über eine Versicherungssumme von 100.000,00 DM an. Laut Mitteilung der A. M. Versicherungen vom 29. Mai 2002 handelt es sich dabei um die am 1. August 1983 abgeschlossene Lebensversicherung Nr., wobei bezogen auf den Berechnungstermin 1. Juni 2002 der Rückkaufswert 40.805,70 EUR und die Überschussbeteiligung 25.401,20 EUR betrug. Weitere Vermögenswerte hat der Kläger verneint. Mit Bescheid vom 19. Juni 2002 lehnte das ArbA die Bewilligung von Alhi ab 1. Juli 2002 ab. Das vorhandene Vermögen in Höhe von 66.206,90 EUR sei verwertbar und die Verwertung zumutbar. Unter Berücksichtigung eines Freibetrages in Höhe von 30.160,00 EUR verbleibe ein Betrag von 36.046,90 EUR, der bei der Prüfung der Bedürftigkeit zu berücksichtigen sei. Hiergegen erhob der Kläger am 3. Juli 2002 Widerspruch. Zur Vermeidung von Altersarmut habe er eine Lebensversicherung im Wert von derzeit 66.206,90 EURO abgeschlossen. Bei Ablauf der Versicherung am 1. August 2005 würde voraussichtlich eine Auszahlung in Höhe von 97.066,57 EUR fällig. In Anbetracht seiner zu erwartenden monatlichen Rente von 628,86 EUR könne ihm eine Auflösung der Lebensversicherung nicht angesonnen werden. Unter dem 12. Juli 2002 erging der zurückweisende Widerspruchsbescheid. Der Kläger verfüge über ein Vermögen in Form einer kapitalbildenden Lebensversicherung im Wert von derzeit 66.206,90 EUR. Nach Abzug des Freibetrages in Höhe von 29.640,00 EUR verbleibe ein in zumutbarer Weise verwertbares Vermögen von 36.566,90 EUR. Ein Anspruch auf Alhi bestehe somit ab 1. Juli 2002 nicht.

Deswegen hat der Kläger am 5. August 2002 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Bis zum 30. Juni 2002 sei die Lebensversicherung nicht angerechnet worden. Die Ablaufleistung der Lebensversicherung im August 2005 betrage 97.066,57 EUR. Der Rückkaufswert zum Zeitpunkt der Antragstellung auf Weitergewährung von Alhi betrage lediglich 66.206,90 EUR. Da er monatlich 190,00 EUR an Beitrag leiste, müsse er für die noch verbleibenden 38 Monate bis zur Ablaufleistung im Jahre 2005 nur noch einen Gesamtbetrag von 7.220,00 EUR aufbringen. Damit könne von einer zumutbaren Vermögensverwertung nicht mehr gesprochen werden. Im Übrigen sei eine anderweitige Alterssicherung zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr möglich. Durch Bewilligung einer wegen Nichtberücksichtigung der Lebensversicherung ungekürzten Alhi über einen Zeitraum von acht Jahren habe die Beklagte einen Vertrauenstatbestand bezüglich seiner privaten Altersvorsorge geschaffen. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Mit Urteil vom 15. Januar 2003 hat das SG die Klage abgewiesen. In den Gründen hat es im Wesentlichen ausgeführt, das nach Abzug des Freibetrages verbleibende Vermögen sei verwertbar und falle unter keinen der Ausnahmetatbestände des § 1 Abs. 1 AlhiVO 2002. Eine Zumutbarkeitsprüfung finde im Unterschied zur vorher geltenden Alhi-VO nicht mehr statt. Für den geltend gemachten Vertrauensschutz bestehe kein Raum.

Gegen dieses den Bevollmächtigten des Klägers am 27. Januar 2003 zugestellte Urteil richtet sich die am 21. Februar 2003 schriftlich beim Landessozialgericht eingelegte Berufung. Er ist bei seinem bisherigen Vortrag verblieben. Zusätzlich trägt er vor, den Freibetragsgrenzen des § 1 Abs. 2 AlhiVO 2002 könne weder eine Regelung für die Angemessenheit eines nachweislich der Alterssicherung dienenden Vermögenswertes entnommen werden noch bedeuteten sie, dass grenzbetragüberschreitende Altersversorgungsvermögen außerhalb der "Riesterrenten"-Regelungen stets anzurechnen seien. Er verweise auf die Entscheidung des Sozialgerichts Berlin vom 24. Januar 2003 - S 58 AL 2208/02.

Mit Schreiben vom 1. September 2003 hat die A. M. Versicherung mitgeteilt, bislang seien - bei einer derzeit monatlichen Beitragshöhe von 183,81 EUR - insgesamt Beiträge in Höhe von 44.482,02 EUR gezahlt worden. Derzeit sei die Versicherung mit einem Darlehen in Höhe von 10.000 EUR durch den Kläger beliehen. Der gegenwärtige gesamte Vertragsgegenwert betrage 65.813,62 EUR, worin 44.964,40 EUR garantierter Wert und 31.266,00 EUR Überschussbeteiligung enthalten seien. Die garantierte Ablaufleistung zum Fälligkeitstermin 1. August 2005 betrage 51.130,00 EUR; die voraussichtlichen Überschüsse zum Ablauftermin betrügen ca. 38.432,00 EUR. Bei einem Rückkauf habe die Lebensversicherung ohne Berücksichtigung des Darlehens einen Wert von 76.230,40 EUR; mit Berücksichtigung des Darlehens betrage der Rückkaufwert 65.813,62 EUR. Bis zum Betrag von 39.041,00 EUR könnten auf die Versicherung weitere Darlehen aufgenommen werden. Das Darlehen werde jährlich mit 6,24 Prozent verzinst und bei Fälligkeit mit der Ablaufleistung verrechnet. Am 01. August 2005 seien voraussichtlich 51.130,00 EUR vertraglich vereinbarte Leistung und 38.432,00 EUR Überschussbeteiligung abzüglich 10.000,00 EUR Darlehen und 1633,22 EUR Darlehenszinsen fällig.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 15. Januar 2003 und den Bescheid der Beklagten vom 19. Juni 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 1. Juli 2002 Arbeitslosenhilfe zu gewähren, hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält ihre Bescheide und das angefochtene Urteil für zutreffend.

Zur weiteren Darstellung wird auf die Leistungsakte des ArbA, die Klageakte des SG (S 14 AL 2630/02) und die Berufungsakte des Senats (L 13 AL 688/03) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß § 151 Abs. 1 und 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegt worden sowie statthaft (§ 143 SGG), weil der Wert des Beschwerdegegenstandes weit mehr als 500,00 EUR beträgt. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Die streitbefangenen Bescheide sind nicht zu beanstanden.

Ob ein Anspruch auf Alhi besteht, bestimmt sich nach § 190 Abs. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Danach hat Anspruch auf Alhi, wer (1.) arbeitslos ist, (2.) sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet hat, (3.) einen Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht hat, weil er die Anwartschaftszeit nicht erfüllt hat, (4.) in der Vorfrist Arbeitslosengeld bezogen hat, ohne dass der Anspruch wegen des Eintritts von Sperrzeiten mit einer Dauer von insgesamt 24 Wochen erloschen ist und (5.) bedürftig ist. Die Alhi soll längstens für jeweils ein Jahr bewilligt werden; für eine erneute Bewilligung sind die Voraussetzungen des Anspruchs auf Alhi zu prüfen (§ 190 Abs. 3 SGB III). Sämtliche Voraussetzungen bis auf die Bedürftigkeit sind gegeben. Zu bejahen ist die Arbeitslosigkeit sowie die Arbeitslosmeldung; schließlich hat der Kläger auch in der Vorfrist Alg bezogen, denn der Anspruch auf (Anschluß-)Alhi ist am 4. November 1994 entstanden, nachdem er bis 3. November 1994 Alg bezogen hatte. Zwischenzeitlich hat der Kläger keine neue Anwartschaftszeit für einen Anspruch auf Alg erfüllt.

Der Kläger war indes ab 1. Juli 2002 nicht bedürftig. Nach § 193 Abs. 1 SGB III ist bedürftig ein Arbeitsloser, soweit er seinen Lebensunterhalt nicht auf andere Weise als durch Alhi bestreitet oder bestreiten kann und das zu berücksichtigende Einkommen die Alhi nicht erreicht. Der Arbeitslose ist nicht bedürftig, solange mit Rücksicht auf sein Vermögen, das Vermögen seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartners oder das Vermögen einer Person, die mit dem Arbeitslosen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt, die Erbringung von Alhi nicht gerechtfertigt ist (§ 193 Abs. 2 SGB III). Gemäß § 206 Nr. 1 SGB III kann durch Verordnung bestimmt werden, inwieweit Vermögen zu berücksichtigen und unter welchen Voraussetzungen anzunehmen ist, dass der Arbeitslose seinen Lebensunterhalt auf andere Weise bestreitet oder bestreiten kann. Von dieser Ermächtigung hat das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung durch die AlhiV 2002 vom 13. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3734) Gebrauch gemacht. Die entsprechende Vorgänger-Verordnung - Alhi-VO vom 7. August 1974 (BGBl. I S. 1920), zuletzt geändert durch Art. 26 des Gesetzes vom 26. Juni 2001 (BGBl. I S. 1310) - findet gemäß der Übergangsvorschrift in § 4 AlhiV 2002 auf den geltend gemachten Anspruch des Klägers auf Alhi ab 1. Juli 2002 keine Anwendung mehr, da die Alhi-VO - mit Ausnahme des § 9 - in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung nur für die Dauer der laufenden Bewilligung weiter gilt, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Alhi im Zeitraum vom 1. Oktober bis 31. Dezember 2001 vorgelegen haben. Der die laufende Bewilligung beinhaltende Bewilligungsabschnitt endete jedoch am 30. Juni 2002. Ab 1. Juli 2002 war Alhi neu zu bewilligen. Sämtliche Anspruchsvoraussetzungen waren erneut dem Grunde und der Höhe nach ohne Bindung an frühere Bewilligungen erneut zu prüfen (vgl. zum inhaltsgleichen § 139a Abs. 2 AFG BSG SozR 3-4220 § 11 Nr. 3; BSG, Urteil vom 7. September 2000 - B 7 AL 82/99 R - nicht zur Veröffentlichung vorgesehen).

Nach § 1 Abs. 1 AlhiV 2002 ist das gesamte verwertbare Vermögen des Arbeitslosen (Nr. 1) und seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten, seines Lebenspartners oder einer Person, die mit dem Arbeitslosen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt (Nr. 2), zu berücksichtigen, soweit der Wert des Vermögens den Freibetrag übersteigt. Freibetrag ist ein Betrag von 520,00 EUR je vollendetem Lebensjahr des Arbeitslosen und seines Partners; dieser darf für den Arbeitslosen und seinen Partner jeweils 33.800,00 EUR nicht übersteigen (§ 1 Abs. 2 AlhiV 2002 in der bis 31. Dezember 2002 geltenden Fassung vom 13. Dezember 2001, der auch nach § 4 Abs. 2 S. 2 AlhiV 2002 in der ab 1. Januar 2003 geltenden Fassung vom 23. Dezember 2002 (BGBl I S. 4607) weiterhin auf den Anspruch des Klägers anzuwenden ist). Eine Minderung dieses Betrages erfolgt nicht aufgrund von § 1 Abs. 2 S. 2 AlhiV 2002, da kein Altersvorsorgevermögen durch eine Bescheinigung nach § 92 Nr. 5 Einkommensteuergesetz (EStG) nachgewiesen ist (Nr. 1) und der Kläger auch nicht nach § 231 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist (Nr. 2). Gemäß § 1 Abs. 4 AlhiV 2002 ist das Vermögen ohne Rücksicht auf steuerrechtliche Vorschriften mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen. Für die Bewertung ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der Alhi gestellt wird.

Mit den angefochtenen Bescheiden hat die Beklagte diese Vorgaben im Ergebnis zutreffend umgesetzt. Zunächst einmal handelt es sich bei der Kapitallebensversicherung des Klägers um verwertbares Vermögen. Vermögen im Sinne der AlhiV 2002 ist der gesamte Bestand an Sachen und Rechten in Geld oder Geldeswert, d.h. die Summe der gesamten aktiven Vermögenswerte in der Hand des Berechtigten (vgl. hierzu BSGE 87, 43 ff. = SozR 3-4220 § 6 Nr. 8). Die Kapitallebensversicherung des Klägers, die in diesem Sinne Vermögen darstellt, ist auch verwertbar. Die Definitionen der Verwertbarkeit von Vermögen in § 6 Abs. 2 Alhi-VO hat der Gesetzgeber nicht in die AlhiV 2002 übernommen. Nach § 6 Abs. 2 Alhi-VO war Vermögen insbesondere verwertbar, soweit seine Gegenstände verbraucht, übertragen oder belastet werden konnten; Vermögen war nicht verwertbar, soweit der Inhaber des Vermögens in der Verfügung beschränkt war und die Aufhebung der Beschränkung nicht erreichen konnte (§ 6 Abs. 2 Satz 2 Alhi-VO). Anders als nach der Alhi-VO macht die AlhiV 2002 die Verwertbarkeit von Vermögen nicht davon abhängig, ob diese zumutbar ist (vgl. die Regelungen hinsichtlich der Zumutbarkeit der Vermögensverwertung in § 6 Abs. 1 und Abs. 3 Alhi-VO). Der AlhiV 2002 liegt eine andere Konzeption zugrunde. Sie macht die Berücksichtigung von über dem Freibetrag liegenden Vermögen davon abhängig, ob das Vermögen verwertbar ist und, sofern dies zu bejahen ist, einer Berücksichtigung die in Abs. 3 enthaltene abschließende Aufzählung von nicht berücksichtigungsfähigen Vermögen entgegensteht. Bei Berücksichtigung des allgemeinen Sprachgebrauchs ist von Verwertbarkeit auszugehen, wenn das Vermögen rechtlich und tatsächlich "versilbert" werden kann (vgl. BSG SozR 4100 § 138 Nr. 25; Spellbrink in Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, S. 941/942 Rdnr. 194). Darunter fällt eine vor Fälligkeit mögliche Rückübertragung an den Versicherer oder an einen Dritten, aber auch eine Beleihung durch Hingabe eines verzinslichen Darlehens vom Versicherer an den Versicherungsnehmer, welches spätestens bei Ablauf der Versicherung zurückgezahlt wird. Diese Voraussetzungen sind vorliegend bezüglich der Kapitallebensversicherung gegeben; Verfügungsbeschränkungen bestehen nicht. Zutreffend ist die Beklagte bezogen auf den Zeitpunkt der Antragstellung des Klägers auf Weiterbewilligung der Alhi am 18. Juni 2002 von einem Freibetrag des am 2. September 1944 geborenen Klägers in Höhe von 29.640,00 EUR (57 Lebensjahre x 520,00 EUR) ausgegangen. Hieraus folgt im Hinblick auf den Wert der Kapitallebensversicherung bezogen auf den 1. Juni 2002 in Höhe von 66.206,90 EUR ein Vermögen in Höhe von 36.566,90 EUR, das, solange es vorhanden ist, zu berücksichtigen ist und den Anspruch ausschließt, wenn keiner der die Berücksichtigung ausschließenden Tatbestände des § 1 Abs. 3 AlhiV 2002 erfüllt ist.

Bei der Kapitallebensversicherung des Klägers handelt es sich nicht um nicht zu berücksichtigendes Vermögen gemäß § 1 Abs. 3 AlhiV 2002. Als Vermögen sind danach nicht zu berücksichtigen - die Nrn. 1 und 2 (angemessener Hausrat, angemessenes Kraftfahrzeug) greifen von vornherein nicht ein - das nach § 10a oder dem IX. Abschnitt des EStG geförderte Altersvorsorgevermögen einschließlich seiner Erträge und der geförderten laufenden Altersvorsorgebeträge (Nr. 3) oder nachweislich für die Alterssicherung bestimmte Sachen und Rechte des Arbeitslosen oder seines Partners, wenn diese nach § 231 SGB VI von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit sind (Nr. 4). Weder das eine noch das andere ist beim Kläger der Fall. Bei der Kapitallebensversicherung des Klägers handelt es sich insbesondere nicht um ein nach § 10a oder dem XI Abschnitt des EStG gefördertes Altersvorsorgevermögen (vgl. § 1 Abs. 3 Nr. 3 AlhiV 2002). Darunter fallen nur die nach § 5 Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz (AltZertG, BGBl. I 2001, S. 1322 ff.) zertifizierten Altersvorsorgeverträge. Dazu gehört die Kapitallebensversicherung des Klägers nicht. Sie kann es auch nicht sein, da nach § 1 Abs. 1 AltZertG ein Altersvorsorgevertrag im Sinne dieses Gesetzes nur vorliegt, wenn der Vertrag - u.a. - gem. § 1 Abs. 1 Nr. 4 AltZertG vorsieht, dass die Auszahlung ab Beginn der Auszahlungsphase in Form einer lebenslangen gleich bleibenden oder steigenden monatlichen Leibrente oder eines Auszahlungsplans erfolgt. Bei der Kapitallebensversicherung des Klägers wird ihm aber mit Fälligkeit der gesamte Betrag einmalig ausbezahlt.

Als Vermögen sind weiter nicht zu berücksichtigen Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist (Nr. 6). Im Gegensatz zu § 6 Abs. 3 Satz 1 Alhi-VO, der die offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Verwertung noch als Zumutbarkeitskriterium genannt und dabei zusätzlich darauf abgestellt hat, ob die Verwertung vom Inhaber des Vermögens billigerweise erwartet werden konnte, sind § 1 Abs. 3 Nr. 6 AlhiV 2002 jegliche ausdrückliche oder umschriebene Zumutbarkeitskriterien fremd. § 1 Abs. 3 Nr. 6 AlhiV 2002 hat vielmehr den Begriff der Unwirtschaftlichkeit weiter verobjektiviert. Denn mit dem Merkmal der offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit der Verwertung wird nicht auf die subjektive Befindlichkeit und den bisherigen Lebensstil des Arbeitslosen, also nicht auf dessen wirtschaftliche Verhältnisse und dessen Sichtweise abgestellt; vielmehr ist das ökonomische Kalkül eines rational handelnden Marktteilnehmers maßgebend und zu prüfen, ob ein vernünftig wirtschaftender Mensch jetzt eine bestimmte Vermögensverwertung unterlassen würde, weil sie offensichtlich unökonomisch wäre (so Spellbrink, Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, S. 945 Rdnr. 208). Hiervon kann bei einer Beleihung der Lebensversicherung nicht die Rede sein. Offensichtlich unwirtschaftlich ist eine Verwertung nur dann, wenn der dadurch auf dem Markt erlangte oder zu erzielende Gegenwert in einem (deutlichen) Missverhältnis zum wirklichen Wert des verwerteten oder zu verwertenden Vermögensgegenstandes steht oder stehen würde (vgl. BSG SozR 3-4100 § 137 Nr. 7). Umgekehrt ist eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Vermögensverwertung nicht gegeben, wenn das Ergebnis der Verwertung vom möglichen erzielbaren Wert nur geringfügig abweicht. Die Bundesanstalt für Arbeit (BA) geht davon aus, dass eine Verwertung die unter Berücksichtigung der Verwertungskosten geringfügig - also bis 10 % unter dem Substanzwert liegt, nicht unwirtschaftlich ist, (vgl. hierzu Durchführungsanweisung - DA - der BA 3.3.2 zu § 193 SGB III, auf die in der Rundverfügung vom 8. Mai 2002 zur AlhiV 2002 Bezug genommen wird). Offenbleiben kann vorliegend, ob ein "Verkauf" der Lebensversicherung in der Form der Übertragung an den Versicherer offensichtlich unwirtschaftlich wäre. Denn immerhin hätte der Kläger bei weiterer Beitragszahlung von derzeit monatlich 183,81 EUR zum Ablauftermin 1. August 2005 voraussichtlich 89.562 EUR an Ablaufleistung zu erwarten, wovon das gewährte Darlehen einschließlich der Zinsen abgesetzt würde; bei einer Rückübertragung an den Versicherer hätte er von diesem bezogen auf den 1. Juli 2002 66.206,90 EUR, bezogen auf August 2003 76.230,40 EUR, mit Berücksichtigung des Darlehens 65.813,62 EUR erhalten. Wird für die Beurteilung der offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit der Verwertung der erzielbare Wert im Zeitpunkt der Antragstellung mit demjenigen im Zeitpunkt der Fälligkeit verglichen, spricht - auch unter Berücksichtigung der bis zum Ablauf noch zu zahlenden Beiträge - viel dafür, eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit zu bejahen, weil der Kläger voraussichtlich rund 13.737,94 EUR verlieren würde und damit das geforderte Missverhältnis besteht. Muss der im Zeitpunkt der Fälligkeit erzielbare Gegenwert nicht in den Blick genommen werden, ist die offensichtliche Unwirtschaftlichkeit zu verneinen, weil der Kläger den derzeitigen zum wirklichen Wert nicht in einem Missverhältnis stehenden Wert erhält. Soweit der Kläger die Lebensversicherung durch Aufnahme eines Darlehens in Höhe von 10.000 EUR beliehen und insoweit verwertet hat, führt diese Form der Verwertung nicht zu einem deutlichen Missverhältnis zwischen dem durch die Verwertung zu erzielenden Gegenwert und dem wirklichen Wert der Lebensversicherung. Denn diese Form der Verwertung berührt nicht die zum Ablauftermin 1. August 2005 zu erwartende Gesamtablaufleistung in Höhe von 89.562 EUR. Die Gesamtablaufleistung ist lediglich mit dem verzinsten Darlehen zu verrechnen. Bei dieser Form der Verwertung der Lebensversicherung wird sich somit der vom Kläger zu tragende Verlust zwischen dem durch die Verwertung erzielten Gegenwert und dem wirklichen Wert der Lebensversicherung lediglich auf die auf das Darlehen zu entrichtenden keinesfalls überhöhten, sondern eher niedrigen jährlichen Zinsen in Höhe von 6,24 Prozent belaufen. Im Hinblick auf das bereits aufgenommene Darlehen in Höhe von 10.000 EUR sind dies bezogen auf die Ablauffrist der Versicherung am 1. August 2005 1633,28 EUR

§ 1 AlhiV 2002 stößt auf keine rechtlichen Bedenken. Diese Bestimmung hält sich im Rahmen der Ermächtigungsgrundlage des § 206 Nr. 1 SGB III. Gemäß § 206 Nr. 1 SGB III kann durch Rechtsverordnung u.a. bestimmt werden, inwieweit Vermögen zu berücksichtigen ist. Damit ist der Verordnungsgeber nicht nur befugt, die grundsätzlichen Voraussetzungen für die Annahme eines Schonvermögens zu regeln, sondern auch den Betrag zu bestimmen, bis zu dem eine Berücksichtigung möglich ist. Im Interesse der Rechtssicherheit ist es dabei erforderlich, einen allgemeinverbindlichen Maßstab zugrunde zu legen, der der Arbeitsverwaltung eine zügige Bearbeitung und zudem eine Gleichbehandlung sämtlicher Arbeitslosen - von Sonderfällen abgesehen - ermöglicht (vgl. BSG, Urteil vom 22. Oktober 1998 - B 7 AL 118/97 R - in SozR 3-4240 § 6 Nr. 6). Der Verordnungsgeber ist deshalb befugt, eine typisierende und pauschalierende Regelung zu erlassen. Dabei ist es auch sachgerecht und verstößt nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, auf das Alter des Arbeitslosen abzustellen. Damit wird dem erhöhten Alterssicherungsbedürfnis mit zunehmendem Lebensalter Rechnung getragen. Der von einer Verwertung ausgenommene Betrag von 520,00 EUR je vollendetem Lebensjahr des Arbeitslosen und seines Partners bei einer Obergrenze von jeweils 33.800,00 EUR für die Alterssicherung kann auch nicht als ungeeignet für diesen Zweck angesehen werden. Ausgehend von dem höchstzulässigen Betrag von 33.800,00 EUR bei Vollendung des 65. Lebensjahres ergibt sich ein Betrag, der bei Kapitalverzehr und einer durchschnittlichen Lebensdauer von noch 15 Jahren zu einer wesentlichen Aufstockung der Standardrente führen würde (vgl. die Berechnung von Spellbrink in ZfS 2000, 195, der bei einem Schonvermögen von 100.000,00 DM und 15-jährigem Kapitalverzehr eine zusätzliche monatliche Rente von DM 920,00 errechnet). Im Übrigen hat der Verordnungsgeber mit dem Freibetrag in Höhe von 520,00 EUR je vollendetem Lebensjahr lediglich die Regelung der mit der 6. Verordnung zur Änderung der Alhi-VO vom 18. Juli 1999 (BGBl. I S. 1433) eingefügten und ab dem 29. Juni 1999 geltenden Bestimmung des § 6 Abs. 4 Alhi-VO übernommen, wonach für eine Alterssicherung im Sinne des § 6 Abs.3 Satz 2 Nr. 3 Alhi-VO Vermögen angemessen war, soweit es 1.000,00 DM je vollendetem Lebensjahr des Arbeitslosen und seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten nicht übersteigt. Dies ist jedoch vom BSG nicht beanstandet worden (vgl. BSG, Urteil vom 5. Juni 2003 - B 11 AL 55/02 R-). Mit dem Zweck der Regelung ist es auch vereinbar, dass der Verordnungsgeber davon abgesehen hat, auf die individuell zu erwartende Rente abzuheben und stattdessen einen für alle Bezieher von Alhi gleichen Schonbetrag je Lebensjahr festgelegt hat (vgl. Urteile des BSG SozR 3-4220 § 6 Nr. 4 und BSG NZS 1999, 199). Damit entfällt ein erheblicher Ermittlungsaufwand, der hinsichtlich des individuellen gegenwärtigen Rentenanspruchs nur durch Einschaltung des Rentenversicherungsträgers zu leisten wäre und hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung (individuell und allgemein) von unsicheren Prognosen abhängen würde. Es bestehen auch sonst keine Bedenken, dass der vom Verordnungsgeber festgelegte Höchstsatz von 520,00 EUR je vollendetem Lebensjahr bis zur Obergrenze von 33.800,00 EUR nicht mehr ermächtigungskonform wäre. Zwar liegt dieser Satz unter den Beträgen, die das BSG in seiner Entscheidung vom 22. Oktober 1998 (a.a.O.) ermittelt hat. Das BSG hatte für die Frage der Angemessenheit einer Alterssicherung an die Erwirtschaftung einer Dauerzusatzrente von 3/7 der Standardrente der gesetzlichen Rentenversicherung angeknüpft; dies würde in Fällen wie dem vorliegenden zu höherem Schonvermögen führen. Der Verordnungsgeber ist jedoch nicht an richterliche Entscheidungen, sondern an gesetzliche Vorgaben gebunden, die ihm, wie ausgeführt, eine Konkretisierung des Schonvermögens ermöglichen. Im Übrigen ist die Entscheidung des BSG zur Frage der Alterssicherung schon im Hinblick auf die damalige Einführung des § 6 Abs. 4 Alhi-VO obsolet geworden, wobei diese Ergänzung der Alhi-VO vom 18. Juni 1999 wohl gerade als Reaktion auf das genannte Urteil des BSG ergangen ist (vgl. insoweit auch Spellbrink, die Änderung der Alhi-VO bei der Anrechnung von Vermögen, ZfS 2000 S. 193 ff., 201). Dass mit der Neuregelung bei hohem Vermögen Verschlechterungen gegenüber der bisherigen Rechtsprechung und der bis 31. Dezember 2001 geltenden Alhi-VO - eine gesonderte Berücksichtigung der in §§ 6 Abs. 3 Nr. 2 bis 6 und § 7 Alhi-VO genannten Vermögenswerte kommt nach der AlhiV 2002 nicht mehr in Betracht - verbunden waren, muss vom Kläger hingenommen werden. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei der Alhi um eine aus Steuermitteln und nicht aus Sozialversicherungsbeiträgen finanzierte Leistung handelt. Vor diesem Hintergrund begegnet es von vornherein geringeren Bedenken, wenn das System der Leistungsgewährung nicht primär an bisherigen Einkommensverhältnissen und individuell zu erwartenden Renten des Leistungsempfängers anknüpft, sondern sich an einheitlichen Bedürftigkeitsmaßstäben orientiert. Dabei ist keineswegs für alle Alhi-Empfänger für die Alterssicherung bestimmtes Schonvermögen in gleicher Höhe zu berücksichtigen; maßgeblich ist u.a. auch das Alter des Leistungsempfängers und der in § 1 Abs. 1 Nr. 2 AlhiV 2002 genannten Personen. Keinen Bedenken begegnet die Neuregelung auch unter dem Gesichtspunkt des Rechtsstaatsprinzips (Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes, GG), weil der Verordnungsgeber mit § 4 AlhiV 2002 eine den Grundsätzen des Vertrauensschutzes Rechnung tragende Übergangsregelung geschaffen hat.

Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 193 SGG.

Zur Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) besteht aufgrund der für eindeutig zu erachtenden Rechtslage kein Anlass; abweichende Rechtsprechung (Nr. 2 a.a.O.) ist nicht bekannt.
Rechtskraft
Aus
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