Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 9 U 3239/99
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 U 3509/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 5/03 R
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Keine Ansprüche wegen Berufskrankheit, wenn durch Schutzmaßnahmen keine Schädigung folgen mehr und weitere Gefährdung ausgeschlossen. Kein Zwang zur Unterlassung aller gefährdenden Tätigkeiten, wenn infolge des Einsatzes geeigneter Schutzmaßnahmen (hier: latexfreie Handschuhe)die bisherige Berufstätigkeit (hier: Kinderkrankenschwester) weiterhin ausgeübt werden kann. Dies gilt auch dann, wenn bereits eine betriebsbedingte Schädigungen mit einer MdEin rentenberechtigender Höhe vorliegt (Abweichung von Urteil des BSG vom 26.3.1986 - 2 RU 3/85, Revision wurde zugelassen).
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 25. Juli 2000 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob eine bei der Klägerin bestehende Hauterkrankung als Berufskrankheit (BK) der Nr. 5101 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) anzuerkennen ist.
Die 1965 geborene Klägerin, Fachschwester für Anästhesie und Intensivpflege, ist seit 01.01.1992 auf der Frühgeborenen-Intensivpflegestation (Neonatologie) der Universitäts-Frauenklinik H. beschäftigt.
Am 16.07.1997 übersandte das Arbeitsamt Heidelberg der Beklagten zuständigkeitshalber den Antrag der Klägerin vom 26.05.1997 auf Gewährung von beruflichen Rehabilitationsleistungen, der mit einer Latexallergie begründet worden war. Die Beklagte holte die Auskünfte der Pflegedienstleiterin der Universitäts-Frauenklinik H. vom 01.10.1997 und 21.09.1998 ein. Das Arbeitsamt übersandte ärztliche Unterlagen, u. a. das Gutachten von Dr. H., Nebenamtlicher Arzt des Arbeitsamtes Heidelberg, vom 07.10.1997 (Diagnose: Urticaria bei Kontakt mit Latex; Latex-Allergie; saisonale Rhinitis mit Neigung zu Asthma). Dr. B., Leitender Betriebsarzt der Universität H., und die Betriebsärztin Dr. N.-M. führten in einem Schreiben an die Pflegedienstleitung der Universitäts-Frauenklinik vom 21.01.1998 aus, aus betriebsärztlicher Sicht solle für den Einsatz der Klägerin sichergestellt sein, dass diese persönlich mit latexfreien Handschuhen ausgerüstet werde und in ihrem beruflichen Umfeld ausschließlich mit ungepuderten Latexhandschuhen gearbeitet werde. Aufgrund der zunehmenden allergischen Symptomatik mit asthmatischen Beschwerden solle möglichst auch eine Umstellung der gesamten Abteilung auf latexfreie Handschuhe erfolgen, um den gefahrlosen Verbleib der Klägerin auf der Station zu gewährleisten (siehe auch Schreiben vom 11.02.1998). Diese Umstellung erfolgte im Februar 1998.
Die Beklagte veranlasste eine Untersuchung der Klägerin durch Dr. T., Lungenarzt und Internist in M., am 30.01.1998 (Arztbrief vom 05.02.1998). In dessen Kenntnis führte die Staatliche Gewerbeärztin Dr. E. mit Schreiben vom 15.04.1998 an die Beklagte aus, aufgrund der von Dr. T. festgestellten ausgeprägten bronchialen Hyperreagibilität halte sie aus arbeitsmedizinischer Sicht eine lungenfachärztliche Untersuchung für angezeigt. Versicherungsrechtlich lägen aus gewerbeärztlicher Sicht zwei Berufskrankheiten gemäß den Listennummer 5101 und 4301 vor. In seinem Arztbrief vom 24.05.1998 führte Dr. B., Praxiskollege von Dr. T., zusammenfassend aus, anlässlich der Kontrolluntersuchung am 22.05.1998 habe sich die Klägerin in einem guten Allgemeinzustand vorgestellt, die noch im Januar 1998 deutliche Erhöhung des Atemwegswiderstandes habe sich weitergehend zurückgebildet, eine diskrete Erhöhung mit Überblähung der Lungen sei jedoch noch feststellbar. Im Bronchospasmolyseversuch sei völlige Reversibilität erreichbar. Wegen der subjektiven Beschwerdefreiheit und der nur diskreten Veränderungen im bodyplethysmographischen Protokoll erschienen keine Behandlungsmaßnahmen erforderlich. Die Staatliche Gewerbeärztin Dr. E. schlug in ihrer Stellungnahme vom 30.11.1998 Berufskrankheiten gemäß den Listennummern 4301 und 5101 der BKV zur Anerkennung vor. Die MdE werde ab dem Zeitpunkt der Aufgabe der schädigenden Tätigkeit (Umstellung auf latexfreie medizinische Einmalhandschuhe) aus gewerbeärztlicher Sicht für die BK 4301 auf 20 v.H. geschätzt und für die BK 5101 auf 10 mit einer Gesamt-Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 30 v.H.
Die Beklagte holte noch von Dr. W., Hautarzt-Allergologe in L., das Gutachten vom 18.01.1999 ein. Dieses enthielt die Diagnose einer Typ I-Allergie gegenüber Latex sowie einer Rhinoconjunktivitis allergica bei multiplen Pollenallergien. Es liege eine atopische Diathese vor, die sich als Rhinoconjunktivitis allergica bei multiplen Pollenallergien äußere. Bei einer solchen atopischen Disposition sei das Risiko, eine Latexallergie zu erwerben, erhöht. Die konkrete Latexallergie sei jedoch ausschließlich durch berufliche Faktoren ausgelöst worden, da ausschließlich die beruflichen Latexkontakte für die Entstehung der Allergie auslösend gewesen seien. Es liege eine schwere Hauterkrankung vor, da es über etwa ein Jahr (im Jahre 1992) zu ständigen Hauterscheinungen beim Tragen latexhaltiger Untersuchungshandschuhe gekommen sei. Eine abstrakte Gefährdung habe so lange weiterbestanden, bis auf der ganzen Station auf latexfreie Handschuhe umgestellt worden sei. Es habe objektiv ein Zwang zum Unterlassen aller Latexkontakte sowohl von seiten der Haut wie von seiten der Atemwegserkrankung bestanden. Ab Februar 1998 seien alle gefährdenden Tätigkeiten aufgegeben worden. Die MdE werde ab Februar 1998 auf 20 v.H. eingeschätzt. Ergänzend führte Dr. W. unter dem 03.03.1999 aus, zwar habe durch geeignete Schutzmaßnahmen die Einwirkung des Allergens Latex ausgeschaltet werden können, die anderen schädigenden Einwirkungen wie Feuchtarbeit, Händedesinfektion etc. seien jedoch weiter vorhanden. Damit sei die jetzige Tätigkeit der Klägerin weiterhin als schädigend anzusehen. Dies um so mehr, als sie Atopikerin sei und daher ein erhöhtes Risiko für Hauterkrankungen bei entsprechender Hautbelastung aufweise.
Mit Bescheid vom 26.08.1999 gewährte die Beklagte der Klägerin eine Rente in Höhe von 20 v.H. der Vollrente als vorläufige Entschädigung für eine obstruktive Atemwegserkrankung nach Nr. 4301 der Anlage 1 zur BKVO. Nicht anerkannt wurde u.a. eine Hautkrankheit.
Gegen letzteres legte die Klägerin Widerspruch ein, worauf die Beklagte mit Bescheid vom 23.09.1999 ausdrücklich die Anerkennung einer BK der Nr. 5101 der Anlage zur BKV ablehnte. Dieser Bescheid wurde durch den Widerspruchsbescheid vom 16.11.1999 bestätigt.
Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 16.12.1999 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG). Zur Begründung trug sie vor, seit dem Verzicht auf Latexhandschuhe auf ihrer Station im Februar 1998 habe sie alle gefährdenden Tätigkeiten im Sinne von Nr. 5101 unterlassen. Sonstige Gefährdungen gebe es nicht. Im übrigen wäre es ihr auch unzumutbar, zur Erlangung von Rentenleistungen ihren Beruf aufzugeben. Sie könnte nämlich auf keine vernünftige Tätigkeit umgeschult werden. Angesichts ihres Alters wären Vermögenseinbußen zu erwarten, die in keiner Relation zu den zu erwartenden Leistungen stünden. Außerdem seien seitens der Staatlichen Gewerbeärztin Dr. E. die Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK als gegeben angesehen worden. Dies sei ihr auch mitgeteilt worden, so dass sie zumindest ein schützenswertes Vertrauen darauf habe entwickeln können, dass ihr durch die Weiterführung ihrer beruflichen Tätigkeit keine Nachteile für die Anerkennung als BK entstünden.
Das SG wies durch Gerichtsbescheid vom 25.07.2000 die Klage ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, der nach Nr. 5101 erforderliche Unterlassungszwang sei solange nicht gegeben, wie durch den Einsatz technischer oder organisatorischer Maßnahmen sowie durch persönliche oder medizinische Schutzmaßnahmen sicher gewährleistet werden könne, dass die berufliche Tätigkeit weiterhin ausgeübt werden könne, ohne dass die Gefahr bestehe, dass sich durch die berufliche Einwirkung die Erkrankung verschlimmere oder wieder auflebe. Bei Hauterkrankungen komme somit vor allem das Tragen entsprechender Schutzhandschuhe in Betracht. Nur dann, wenn auch hierdurch nicht sicher ausgeschlossen werden könne, dass sich die Erkrankung verschlimmere oder wiederauflebe, sei der erforderliche Unterlassungszwang zu bejahen. Seit dem persönlichen Einsatz von latexfreien Handschuhen habe die Klägerin keinerlei Hautveränderungen mehr. Darüber hinaus benutzten auch ihre Arbeitskollegen allergiefreie Handschuhe, so dass auf der Station, auf der sie eingesetzt werde, eine Belastung mit Latex ausgeschlossen werden könne. Im übrigen habe die Klägerin selbst mitgeteilt, dass sie sich bei dem darüber hinaus nicht immer vermeidbaren Kontakt mit sonstigen latexhaltigen Arbeitsstoffen durch den Einsatz entsprechender Schutzhandschuhe schützen könne und entsprechende Hautprobleme schon seit Jahren nicht mehr aufgetreten seien.
Gegen den ihr am 01.08.2000 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 01.09.2000 Berufung eingelegt, mit der Begründung, die Einschränkung des Berufslebens, nämlich die Aufgabe der Berührung von Latex, wie es im Medizinbereich üblich sei, bedeute eine Aufgabe der beruflichen Tätigkeit insoweit. Da Latex auch in anderen Gewerbebereichen angewandt werde, seien ihr theoretisch diese Arbeitsplätze verschlossen. In diesem Zusammenhang sei auch ihre Lebensmittelkreuzallergie als Folge der Latexallergie zu berücksichtigen. Zudem könne sie durch die beruflich bedingte Latexallergie ständig in lebensbedrohliche Situationen kommen infolge einer nicht latexfreien medizinischen Versorgung. Das bedeute für sie eine erhebliche psychische Belastung. Ihrer Krankenkasse entstünden hierdurch Mehrkosten, obwohl es sich um eine beruflich erworbene Erkrankung handele. Weiter habe sie durch das ausschließliche Verwenden latexfreier Produkte auch persönlich finanzielle Belastungen.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 25.07.2000 sowie die Bescheide der Beklagten vom 26.08.1999 (teilweise) und 23.09.1999 (vollständig) in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 16.11.1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihre Latex-Allergie als Folge einer Berufskrankheit der Nr. 5101 der Anlage zur BKV festzustellen und ihr deswegen Rente nach einer MdE um 20 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist hierzu auf die angefochtene Entscheidung.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung der Klägerin ist jedoch unbegründet. Sie hat zumindest derzeit keinen Anspruch auf Anerkennung und Entschädigung der bei ihr bestehenden, beruflich erworbenen Latex-Allergie als BK der Nr. 5101 der Anlage zur BKV. Der angefochtene Gerichtsbescheid sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind deshalb rechtmäßig.
Das SG hat in seiner angefochtenen Entscheidung die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK der Nr. 5101 der Anlage zur BKV ausführlich und zutreffend dargelegt. Hierauf nimmt der Senat gem. § 153 Abs. 2 SGG Bezug.
Der Senat schließt sich den Ausführungen des SG grundsätzlich auch insoweit an, als dieses die Auffassung vertreten hat, dass bei der Klägerin kein Zwang zur Aufgabe der Tätigkeit besteht, die sie schon vor dem Auftreten der Hauterkrankung (Latexallergie) ausgeübt hat und mit der sie versichert ist, nämlich die Tätigkeit als Krankenschwester auf der Frühgeborenen-Intensivstation der Universitäts-Frauenklinik H. Dabei unterstellt der Senat, wie offensichtlich stillschweigend das SG, zunächst im Hinblick auf die gutachterliche Beurteilung von Dr. W., dass die Klägerin an einer schweren (MdE um 20 v. H.) beruflich erworbenen Hauterkrankung im Sinne von Nr. 5101 der Anlage zur BKVO leidet. Ihre versicherte Tätigkeit übt die Klägerin aber weiterhin im vollen Umfang aus, d. h. sie ist im Hinblick auf die auf ihrer Station durchgeführten Schutzmaßnahmen (Entfernung und Vermeidung latexhaltiger Produkte) in der Lage, ihre berufliche Tätigkeit als Schwester im gleichen Umfang auszuüben, wie ihre nicht an einer entsprechenden Hautkrankheit leidenden Kolleginnen. Im Hinblick darauf, dass die Klägerin nach ihren eigenen Bekundungen seit Februar 1998 ihre berufliche Tätigkeit ohne Einschränkung ausübt und keine weiteren - einschlägigen - Hauterscheinungen aufgetreten sind, sieht der Senat damit die weitere gutachterliche Beurteilung von Dr. W. vom 03.03.1999 als widerlegt an, wonach sonstige schädigende Einwirkungen wie Feuchtarbeit, Händedesinfektion usw. die Aufgabe der beruflichen Tätigkeit erforderten.
Bereits aus dem Dargelegten ergibt sich, dass die Klägerin ihre berufliche Tätigkeit auch nicht aufgegeben hat. Sie ist nämlich nicht nur in der Lage, Teile ihrer - versicherten -Tätigkeit auszuüben, die die Versorgung von Frühgeburten beinhaltet und nicht den Umgang mit Latexstoffen. Letztere musste sie nur zur Ausübung der versicherten Tätigkeit (Krankenschwester) benutzen, der "Umgang mit diesen Stoffen ist jedoch nicht Teil ihrer beruflichen Tätigkeit (Pflege von Frühgeborenen)".
Soweit sich die Klägerin für ihre gegenteilige Auffassung auf das Urteil des BSG vom 15.12.1981 (2 RU 65/80 - BSGE 53, 17 - 19) beruft, ist dieses hier nicht einschlägig. In diesem Fall (eines Waldarbeiters) war der Versicherte, obwohl er weiterhin als Waldarbeiter erwerbstätig sein konnte, weiterhin daran gehindert, einen Teil des Spektrums der Waldarbeitertätigkeit - Fällen und Entasten von Bäumen mit der Motorsäge - zu verrichten. Ein entsprechender Ausschluss besteht bei der Klägerin nicht. Gleiches gilt auch hinsichtlich der - insoweit nicht einschlägigen - Entscheidung des BSG vom 26.03.1986 (2 RU 3/85 - HV-INFO 1986, 883 - 889). Dort blieb dem Versicherten (einem Lagerarbeiter) ebenfalls ein Teil seiner versicherten beruflichen Tätigkeit (Abwiegen, Abfüllen und Verpacken von Pankreas-Präparaten) weiterhin verschlossen. Auch in den Fällen des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz (Urteile vom 22.09.1998 - L 7 U 68/97 - HVG-INFO 1999, 2565 - 2569 und 12.10.1998 - L 7 U 40/97 - HVBG-INFO 1999, 2577 - 2581) konnten die Versicherten trotz getroffener Schutzmaßnahmen Teile ihrer beruflichen Tätigkeit (Umgang mit Kunststoffen bzw. Färbemitteln) nicht mehr verrichten. Es ist der Klägerin zuzugestehen, dass das Verhalten der Beklagten für sie nicht nachvollziehbar ist. Wenn diese mit der Begründung, mit der Eliminierung von Latex im Februar 1998 habe die Klägerin die gefährdende Tätigkeit aufgegeben, ihr - bei gleichen tätigkeitsbezogenen Voraussetzungen - Rentenleistungen wegen einer BK der Nummer 5101 der Anlage zur BKVO gewährt, so ist dies - nicht nachvollziehbar - widersprüchlich. Aus diesem Widerspruch kann die Klägerin jedoch keine Rechte herleiten. Zum einen wächst die Entscheidung zur BK Nr. 5101 nicht in Bindungswirkung gegenüber der Nr. 4301, und zum anderen gibt es keinen Anspruch auf "Gleichbehandlung im Unrecht".
Einschlägig sind die Entscheidungen des BSG (Urteil vom 26.03.1986 aaO) und des LSG Rheinland-Pfalz aaO jedoch insoweit, als nach dem angeführten Urteil des BSG aaO, dem sich das LSG Rheinland-Pfalz in seinen angeführten Entscheidungen aaO kommentarlos angeschlossen hat, der Grundsatz der - erforderlichen - Berufsaufgabe nur diejenigen Fälle betrifft, bei denen zur Zeit des Wirksamwerdens von Schutzmaßnahmen (persönlicher und technischer Art bzw. Verwendung ungefährlicher Stoffe) die BK noch keine die Erwerbsfähigkeit des Versicherten mindernde Folgen hatte. Dem Versicherten, der an einer beruflich bedingten Atemswegserkrankung leide, die seine Erwerbsfähigkeit um 30 v. H. mindere, könne eine Entschädigung nicht versagt werden, wenn er zwar seine Tätigkeit - hier als Lagerarbeiter - fortsetze, aber unter Bedingungen, die eine weitere Schädigung ausschließen würden. Eine Begründung für diese Rechtsauffassung hat das BSG nicht gegeben. Sie ist in der Literatur heftig umstritten. Keller, Richter am LSG Rheinland-Pfalz, ist in "Die Sozialversicherung", Oktober 1995, S. 264 ff, unter Hinweis auf den Gleichheitsgrundsatz des Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) der Rechtsauffassung des BSG durch eine teleologische Reduktion im Wege der richterlichen Rechtsfortbildung mit der Begründung beigetreten, die Unterlassung einer gefährdenden Tätigkeit könne als entbehrlich betrachtet werden , wenn sie nicht notwendig sei, weil die Arbeit mit Hilfe von persönlichen oder technischen Schutzeinrichtungen oder unter Auswechslung von Arbeitsstoffen fortgeführt werden könne und gleichzeitig kein Bagatellfall vorliege. Damit werde die - teilweise - Verfassungswidrigkeit der jeweiligen Nummern der Anlage 1 zur BKVO, die im Gegensatz zu anderen Nummern die Aufgabe der beruflichen Tätigkeit als Tatbestandsmerkmal voraussetzten, vermieden, wenn die Zumutbarkeit als zusätzliches ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal diesen Bestimmungen hinzugefügt werde. Dieser Meinung hat sich Koch in Lauterbach, Unfallversicherung (SGB VII), 4. Auflage (Randnummer 6 zu § 9) angeschlossen, ebenfalls unter Hinweis auf die Begründung der Bundesrats-Drucksache 563/76, S. 3, 4, dass nach dem Willen des Verordnungsgebers sichergestellt werden solle, dass Erkrankten, deren Erwerbsfähigkeit durch die Krankheit in entsprechendem Maße eingeschränkt sei, auch die Leistung gezahlt werden könne. Dem gegenüber vertritt Pöhl, BG 2000, 475, 477 die Auffassung, spätestens seit Inkrafttreten des § 9 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 SGB VII stehe der Einsatz geeigneter Mittel zur Gefahrenabwehr ausnahmslos der Notwendigkeit der Unterlassung aller gefährdenden Tätigkeiten des Versicherten entgegen. Ausnahmen von dem Grundsatz, dass der Versicherungsfall bei Berufskrankheiten mit tätigkeitsbezogenem Merkmal erst bei Aufgabe aller gefährdenden Tätigkeiten eintrete, fänden im Gesetz keine Stütze. Diese Auffassung wird auch von Mehrtens/Perlebach, Die Berufskrankheiten-Verordnung (BeKV), Nr. 27.2 zu E § 9 SGB VII unter Hinweis auf Pöhl aaO mit der Begründung geteilt, dass die Auffassung des BSG eine Korrektur des Wortlauts des Unterlassungstatbestandes in der BK-Nr. 4301 darstelle. Der Gesetzgeber habe dennoch die Formulierung des Unterlassungszwangs in § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII unverändert übernommen. Die Entscheidung des BSG vom 26.03.1986 haben Mehrtens/Perlebach im Ergebnis mit der Begründung für nachvollziehbar erachtet, dass vom Versicherten weiterhin gefährdende Tätigkeiten nicht mehr hätten verrichtet werden können. Dem hat sich Brackmann-Krasney, Handbuch der Sozialversicherung, Band 3/1, Gesetzliche Unfallversicherung, Randnummer 35 zu § 9 BKV angeschlossen. Allerdings heißt es dort auch, es würde entgegen der Auffassung von Pöhl Sinn und Zweck der Aufgabe der schädigenden Tätigkeit widersprechen, in diesem Fall die Folgen der bereits eingetretenen betriebsbedingten Schädigung nur deshalb nicht zu entschädigen, weil der Versicherte zwar alle gefährdenden Tätigkeiten aufgegeben habe, aber an anderer Stelle des Betriebes weiterhin seinem Beruf nachgehen könne.
Der Senat schließt sich der Auffassung von Pöhl aus den von diesem dargelegten Gründen an und zwar auch für die Zeit vor dem 01.01.1997. Die Einführung des SGB VII hat hier keine rechtliche Änderung erbracht, sie lässt allenfalls das Bestreben des Gesetzgebers erkennen, an den bisherigen Regelungen festzuhalten.
Bei der Klägerin, die weiterhin ihren -versicherten - Beruf an gleicher Stelle und in gleichem Umfang wie vor dem Auftreten der Latexallergie verrichtet, besteht daher kein Zwang für das Unterlassen ihrer versicherten Tätigkeit, sie hat diese auch nicht aufgegeben. Sie hat deshalb keinen Anspruch auf Feststellung und Entschädigung ihrer Latexallergie als BK der Nummer 5101 der Anlage zur BKVO. Bei diesem Sachverhalt kann dahingestellt bleiben, ob der Klägerin überhaupt eine Entschädigung zu gewähren wäre, da die durch die BK-Nr. 5101 bedingten Einschränkungen im gesamten Erwerbsleben schon durch die gleiche Einschränkungen bedingende BK der Nummer 4301 gedeckt wäre.
Nach alledem konnte die Berufung der Klägerin keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revisionszulassung beruht auf § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob eine bei der Klägerin bestehende Hauterkrankung als Berufskrankheit (BK) der Nr. 5101 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) anzuerkennen ist.
Die 1965 geborene Klägerin, Fachschwester für Anästhesie und Intensivpflege, ist seit 01.01.1992 auf der Frühgeborenen-Intensivpflegestation (Neonatologie) der Universitäts-Frauenklinik H. beschäftigt.
Am 16.07.1997 übersandte das Arbeitsamt Heidelberg der Beklagten zuständigkeitshalber den Antrag der Klägerin vom 26.05.1997 auf Gewährung von beruflichen Rehabilitationsleistungen, der mit einer Latexallergie begründet worden war. Die Beklagte holte die Auskünfte der Pflegedienstleiterin der Universitäts-Frauenklinik H. vom 01.10.1997 und 21.09.1998 ein. Das Arbeitsamt übersandte ärztliche Unterlagen, u. a. das Gutachten von Dr. H., Nebenamtlicher Arzt des Arbeitsamtes Heidelberg, vom 07.10.1997 (Diagnose: Urticaria bei Kontakt mit Latex; Latex-Allergie; saisonale Rhinitis mit Neigung zu Asthma). Dr. B., Leitender Betriebsarzt der Universität H., und die Betriebsärztin Dr. N.-M. führten in einem Schreiben an die Pflegedienstleitung der Universitäts-Frauenklinik vom 21.01.1998 aus, aus betriebsärztlicher Sicht solle für den Einsatz der Klägerin sichergestellt sein, dass diese persönlich mit latexfreien Handschuhen ausgerüstet werde und in ihrem beruflichen Umfeld ausschließlich mit ungepuderten Latexhandschuhen gearbeitet werde. Aufgrund der zunehmenden allergischen Symptomatik mit asthmatischen Beschwerden solle möglichst auch eine Umstellung der gesamten Abteilung auf latexfreie Handschuhe erfolgen, um den gefahrlosen Verbleib der Klägerin auf der Station zu gewährleisten (siehe auch Schreiben vom 11.02.1998). Diese Umstellung erfolgte im Februar 1998.
Die Beklagte veranlasste eine Untersuchung der Klägerin durch Dr. T., Lungenarzt und Internist in M., am 30.01.1998 (Arztbrief vom 05.02.1998). In dessen Kenntnis führte die Staatliche Gewerbeärztin Dr. E. mit Schreiben vom 15.04.1998 an die Beklagte aus, aufgrund der von Dr. T. festgestellten ausgeprägten bronchialen Hyperreagibilität halte sie aus arbeitsmedizinischer Sicht eine lungenfachärztliche Untersuchung für angezeigt. Versicherungsrechtlich lägen aus gewerbeärztlicher Sicht zwei Berufskrankheiten gemäß den Listennummer 5101 und 4301 vor. In seinem Arztbrief vom 24.05.1998 führte Dr. B., Praxiskollege von Dr. T., zusammenfassend aus, anlässlich der Kontrolluntersuchung am 22.05.1998 habe sich die Klägerin in einem guten Allgemeinzustand vorgestellt, die noch im Januar 1998 deutliche Erhöhung des Atemwegswiderstandes habe sich weitergehend zurückgebildet, eine diskrete Erhöhung mit Überblähung der Lungen sei jedoch noch feststellbar. Im Bronchospasmolyseversuch sei völlige Reversibilität erreichbar. Wegen der subjektiven Beschwerdefreiheit und der nur diskreten Veränderungen im bodyplethysmographischen Protokoll erschienen keine Behandlungsmaßnahmen erforderlich. Die Staatliche Gewerbeärztin Dr. E. schlug in ihrer Stellungnahme vom 30.11.1998 Berufskrankheiten gemäß den Listennummern 4301 und 5101 der BKV zur Anerkennung vor. Die MdE werde ab dem Zeitpunkt der Aufgabe der schädigenden Tätigkeit (Umstellung auf latexfreie medizinische Einmalhandschuhe) aus gewerbeärztlicher Sicht für die BK 4301 auf 20 v.H. geschätzt und für die BK 5101 auf 10 mit einer Gesamt-Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 30 v.H.
Die Beklagte holte noch von Dr. W., Hautarzt-Allergologe in L., das Gutachten vom 18.01.1999 ein. Dieses enthielt die Diagnose einer Typ I-Allergie gegenüber Latex sowie einer Rhinoconjunktivitis allergica bei multiplen Pollenallergien. Es liege eine atopische Diathese vor, die sich als Rhinoconjunktivitis allergica bei multiplen Pollenallergien äußere. Bei einer solchen atopischen Disposition sei das Risiko, eine Latexallergie zu erwerben, erhöht. Die konkrete Latexallergie sei jedoch ausschließlich durch berufliche Faktoren ausgelöst worden, da ausschließlich die beruflichen Latexkontakte für die Entstehung der Allergie auslösend gewesen seien. Es liege eine schwere Hauterkrankung vor, da es über etwa ein Jahr (im Jahre 1992) zu ständigen Hauterscheinungen beim Tragen latexhaltiger Untersuchungshandschuhe gekommen sei. Eine abstrakte Gefährdung habe so lange weiterbestanden, bis auf der ganzen Station auf latexfreie Handschuhe umgestellt worden sei. Es habe objektiv ein Zwang zum Unterlassen aller Latexkontakte sowohl von seiten der Haut wie von seiten der Atemwegserkrankung bestanden. Ab Februar 1998 seien alle gefährdenden Tätigkeiten aufgegeben worden. Die MdE werde ab Februar 1998 auf 20 v.H. eingeschätzt. Ergänzend führte Dr. W. unter dem 03.03.1999 aus, zwar habe durch geeignete Schutzmaßnahmen die Einwirkung des Allergens Latex ausgeschaltet werden können, die anderen schädigenden Einwirkungen wie Feuchtarbeit, Händedesinfektion etc. seien jedoch weiter vorhanden. Damit sei die jetzige Tätigkeit der Klägerin weiterhin als schädigend anzusehen. Dies um so mehr, als sie Atopikerin sei und daher ein erhöhtes Risiko für Hauterkrankungen bei entsprechender Hautbelastung aufweise.
Mit Bescheid vom 26.08.1999 gewährte die Beklagte der Klägerin eine Rente in Höhe von 20 v.H. der Vollrente als vorläufige Entschädigung für eine obstruktive Atemwegserkrankung nach Nr. 4301 der Anlage 1 zur BKVO. Nicht anerkannt wurde u.a. eine Hautkrankheit.
Gegen letzteres legte die Klägerin Widerspruch ein, worauf die Beklagte mit Bescheid vom 23.09.1999 ausdrücklich die Anerkennung einer BK der Nr. 5101 der Anlage zur BKV ablehnte. Dieser Bescheid wurde durch den Widerspruchsbescheid vom 16.11.1999 bestätigt.
Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 16.12.1999 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG). Zur Begründung trug sie vor, seit dem Verzicht auf Latexhandschuhe auf ihrer Station im Februar 1998 habe sie alle gefährdenden Tätigkeiten im Sinne von Nr. 5101 unterlassen. Sonstige Gefährdungen gebe es nicht. Im übrigen wäre es ihr auch unzumutbar, zur Erlangung von Rentenleistungen ihren Beruf aufzugeben. Sie könnte nämlich auf keine vernünftige Tätigkeit umgeschult werden. Angesichts ihres Alters wären Vermögenseinbußen zu erwarten, die in keiner Relation zu den zu erwartenden Leistungen stünden. Außerdem seien seitens der Staatlichen Gewerbeärztin Dr. E. die Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK als gegeben angesehen worden. Dies sei ihr auch mitgeteilt worden, so dass sie zumindest ein schützenswertes Vertrauen darauf habe entwickeln können, dass ihr durch die Weiterführung ihrer beruflichen Tätigkeit keine Nachteile für die Anerkennung als BK entstünden.
Das SG wies durch Gerichtsbescheid vom 25.07.2000 die Klage ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, der nach Nr. 5101 erforderliche Unterlassungszwang sei solange nicht gegeben, wie durch den Einsatz technischer oder organisatorischer Maßnahmen sowie durch persönliche oder medizinische Schutzmaßnahmen sicher gewährleistet werden könne, dass die berufliche Tätigkeit weiterhin ausgeübt werden könne, ohne dass die Gefahr bestehe, dass sich durch die berufliche Einwirkung die Erkrankung verschlimmere oder wieder auflebe. Bei Hauterkrankungen komme somit vor allem das Tragen entsprechender Schutzhandschuhe in Betracht. Nur dann, wenn auch hierdurch nicht sicher ausgeschlossen werden könne, dass sich die Erkrankung verschlimmere oder wiederauflebe, sei der erforderliche Unterlassungszwang zu bejahen. Seit dem persönlichen Einsatz von latexfreien Handschuhen habe die Klägerin keinerlei Hautveränderungen mehr. Darüber hinaus benutzten auch ihre Arbeitskollegen allergiefreie Handschuhe, so dass auf der Station, auf der sie eingesetzt werde, eine Belastung mit Latex ausgeschlossen werden könne. Im übrigen habe die Klägerin selbst mitgeteilt, dass sie sich bei dem darüber hinaus nicht immer vermeidbaren Kontakt mit sonstigen latexhaltigen Arbeitsstoffen durch den Einsatz entsprechender Schutzhandschuhe schützen könne und entsprechende Hautprobleme schon seit Jahren nicht mehr aufgetreten seien.
Gegen den ihr am 01.08.2000 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 01.09.2000 Berufung eingelegt, mit der Begründung, die Einschränkung des Berufslebens, nämlich die Aufgabe der Berührung von Latex, wie es im Medizinbereich üblich sei, bedeute eine Aufgabe der beruflichen Tätigkeit insoweit. Da Latex auch in anderen Gewerbebereichen angewandt werde, seien ihr theoretisch diese Arbeitsplätze verschlossen. In diesem Zusammenhang sei auch ihre Lebensmittelkreuzallergie als Folge der Latexallergie zu berücksichtigen. Zudem könne sie durch die beruflich bedingte Latexallergie ständig in lebensbedrohliche Situationen kommen infolge einer nicht latexfreien medizinischen Versorgung. Das bedeute für sie eine erhebliche psychische Belastung. Ihrer Krankenkasse entstünden hierdurch Mehrkosten, obwohl es sich um eine beruflich erworbene Erkrankung handele. Weiter habe sie durch das ausschließliche Verwenden latexfreier Produkte auch persönlich finanzielle Belastungen.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 25.07.2000 sowie die Bescheide der Beklagten vom 26.08.1999 (teilweise) und 23.09.1999 (vollständig) in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 16.11.1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihre Latex-Allergie als Folge einer Berufskrankheit der Nr. 5101 der Anlage zur BKV festzustellen und ihr deswegen Rente nach einer MdE um 20 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist hierzu auf die angefochtene Entscheidung.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung der Klägerin ist jedoch unbegründet. Sie hat zumindest derzeit keinen Anspruch auf Anerkennung und Entschädigung der bei ihr bestehenden, beruflich erworbenen Latex-Allergie als BK der Nr. 5101 der Anlage zur BKV. Der angefochtene Gerichtsbescheid sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind deshalb rechtmäßig.
Das SG hat in seiner angefochtenen Entscheidung die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK der Nr. 5101 der Anlage zur BKV ausführlich und zutreffend dargelegt. Hierauf nimmt der Senat gem. § 153 Abs. 2 SGG Bezug.
Der Senat schließt sich den Ausführungen des SG grundsätzlich auch insoweit an, als dieses die Auffassung vertreten hat, dass bei der Klägerin kein Zwang zur Aufgabe der Tätigkeit besteht, die sie schon vor dem Auftreten der Hauterkrankung (Latexallergie) ausgeübt hat und mit der sie versichert ist, nämlich die Tätigkeit als Krankenschwester auf der Frühgeborenen-Intensivstation der Universitäts-Frauenklinik H. Dabei unterstellt der Senat, wie offensichtlich stillschweigend das SG, zunächst im Hinblick auf die gutachterliche Beurteilung von Dr. W., dass die Klägerin an einer schweren (MdE um 20 v. H.) beruflich erworbenen Hauterkrankung im Sinne von Nr. 5101 der Anlage zur BKVO leidet. Ihre versicherte Tätigkeit übt die Klägerin aber weiterhin im vollen Umfang aus, d. h. sie ist im Hinblick auf die auf ihrer Station durchgeführten Schutzmaßnahmen (Entfernung und Vermeidung latexhaltiger Produkte) in der Lage, ihre berufliche Tätigkeit als Schwester im gleichen Umfang auszuüben, wie ihre nicht an einer entsprechenden Hautkrankheit leidenden Kolleginnen. Im Hinblick darauf, dass die Klägerin nach ihren eigenen Bekundungen seit Februar 1998 ihre berufliche Tätigkeit ohne Einschränkung ausübt und keine weiteren - einschlägigen - Hauterscheinungen aufgetreten sind, sieht der Senat damit die weitere gutachterliche Beurteilung von Dr. W. vom 03.03.1999 als widerlegt an, wonach sonstige schädigende Einwirkungen wie Feuchtarbeit, Händedesinfektion usw. die Aufgabe der beruflichen Tätigkeit erforderten.
Bereits aus dem Dargelegten ergibt sich, dass die Klägerin ihre berufliche Tätigkeit auch nicht aufgegeben hat. Sie ist nämlich nicht nur in der Lage, Teile ihrer - versicherten -Tätigkeit auszuüben, die die Versorgung von Frühgeburten beinhaltet und nicht den Umgang mit Latexstoffen. Letztere musste sie nur zur Ausübung der versicherten Tätigkeit (Krankenschwester) benutzen, der "Umgang mit diesen Stoffen ist jedoch nicht Teil ihrer beruflichen Tätigkeit (Pflege von Frühgeborenen)".
Soweit sich die Klägerin für ihre gegenteilige Auffassung auf das Urteil des BSG vom 15.12.1981 (2 RU 65/80 - BSGE 53, 17 - 19) beruft, ist dieses hier nicht einschlägig. In diesem Fall (eines Waldarbeiters) war der Versicherte, obwohl er weiterhin als Waldarbeiter erwerbstätig sein konnte, weiterhin daran gehindert, einen Teil des Spektrums der Waldarbeitertätigkeit - Fällen und Entasten von Bäumen mit der Motorsäge - zu verrichten. Ein entsprechender Ausschluss besteht bei der Klägerin nicht. Gleiches gilt auch hinsichtlich der - insoweit nicht einschlägigen - Entscheidung des BSG vom 26.03.1986 (2 RU 3/85 - HV-INFO 1986, 883 - 889). Dort blieb dem Versicherten (einem Lagerarbeiter) ebenfalls ein Teil seiner versicherten beruflichen Tätigkeit (Abwiegen, Abfüllen und Verpacken von Pankreas-Präparaten) weiterhin verschlossen. Auch in den Fällen des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz (Urteile vom 22.09.1998 - L 7 U 68/97 - HVG-INFO 1999, 2565 - 2569 und 12.10.1998 - L 7 U 40/97 - HVBG-INFO 1999, 2577 - 2581) konnten die Versicherten trotz getroffener Schutzmaßnahmen Teile ihrer beruflichen Tätigkeit (Umgang mit Kunststoffen bzw. Färbemitteln) nicht mehr verrichten. Es ist der Klägerin zuzugestehen, dass das Verhalten der Beklagten für sie nicht nachvollziehbar ist. Wenn diese mit der Begründung, mit der Eliminierung von Latex im Februar 1998 habe die Klägerin die gefährdende Tätigkeit aufgegeben, ihr - bei gleichen tätigkeitsbezogenen Voraussetzungen - Rentenleistungen wegen einer BK der Nummer 5101 der Anlage zur BKVO gewährt, so ist dies - nicht nachvollziehbar - widersprüchlich. Aus diesem Widerspruch kann die Klägerin jedoch keine Rechte herleiten. Zum einen wächst die Entscheidung zur BK Nr. 5101 nicht in Bindungswirkung gegenüber der Nr. 4301, und zum anderen gibt es keinen Anspruch auf "Gleichbehandlung im Unrecht".
Einschlägig sind die Entscheidungen des BSG (Urteil vom 26.03.1986 aaO) und des LSG Rheinland-Pfalz aaO jedoch insoweit, als nach dem angeführten Urteil des BSG aaO, dem sich das LSG Rheinland-Pfalz in seinen angeführten Entscheidungen aaO kommentarlos angeschlossen hat, der Grundsatz der - erforderlichen - Berufsaufgabe nur diejenigen Fälle betrifft, bei denen zur Zeit des Wirksamwerdens von Schutzmaßnahmen (persönlicher und technischer Art bzw. Verwendung ungefährlicher Stoffe) die BK noch keine die Erwerbsfähigkeit des Versicherten mindernde Folgen hatte. Dem Versicherten, der an einer beruflich bedingten Atemswegserkrankung leide, die seine Erwerbsfähigkeit um 30 v. H. mindere, könne eine Entschädigung nicht versagt werden, wenn er zwar seine Tätigkeit - hier als Lagerarbeiter - fortsetze, aber unter Bedingungen, die eine weitere Schädigung ausschließen würden. Eine Begründung für diese Rechtsauffassung hat das BSG nicht gegeben. Sie ist in der Literatur heftig umstritten. Keller, Richter am LSG Rheinland-Pfalz, ist in "Die Sozialversicherung", Oktober 1995, S. 264 ff, unter Hinweis auf den Gleichheitsgrundsatz des Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) der Rechtsauffassung des BSG durch eine teleologische Reduktion im Wege der richterlichen Rechtsfortbildung mit der Begründung beigetreten, die Unterlassung einer gefährdenden Tätigkeit könne als entbehrlich betrachtet werden , wenn sie nicht notwendig sei, weil die Arbeit mit Hilfe von persönlichen oder technischen Schutzeinrichtungen oder unter Auswechslung von Arbeitsstoffen fortgeführt werden könne und gleichzeitig kein Bagatellfall vorliege. Damit werde die - teilweise - Verfassungswidrigkeit der jeweiligen Nummern der Anlage 1 zur BKVO, die im Gegensatz zu anderen Nummern die Aufgabe der beruflichen Tätigkeit als Tatbestandsmerkmal voraussetzten, vermieden, wenn die Zumutbarkeit als zusätzliches ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal diesen Bestimmungen hinzugefügt werde. Dieser Meinung hat sich Koch in Lauterbach, Unfallversicherung (SGB VII), 4. Auflage (Randnummer 6 zu § 9) angeschlossen, ebenfalls unter Hinweis auf die Begründung der Bundesrats-Drucksache 563/76, S. 3, 4, dass nach dem Willen des Verordnungsgebers sichergestellt werden solle, dass Erkrankten, deren Erwerbsfähigkeit durch die Krankheit in entsprechendem Maße eingeschränkt sei, auch die Leistung gezahlt werden könne. Dem gegenüber vertritt Pöhl, BG 2000, 475, 477 die Auffassung, spätestens seit Inkrafttreten des § 9 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 SGB VII stehe der Einsatz geeigneter Mittel zur Gefahrenabwehr ausnahmslos der Notwendigkeit der Unterlassung aller gefährdenden Tätigkeiten des Versicherten entgegen. Ausnahmen von dem Grundsatz, dass der Versicherungsfall bei Berufskrankheiten mit tätigkeitsbezogenem Merkmal erst bei Aufgabe aller gefährdenden Tätigkeiten eintrete, fänden im Gesetz keine Stütze. Diese Auffassung wird auch von Mehrtens/Perlebach, Die Berufskrankheiten-Verordnung (BeKV), Nr. 27.2 zu E § 9 SGB VII unter Hinweis auf Pöhl aaO mit der Begründung geteilt, dass die Auffassung des BSG eine Korrektur des Wortlauts des Unterlassungstatbestandes in der BK-Nr. 4301 darstelle. Der Gesetzgeber habe dennoch die Formulierung des Unterlassungszwangs in § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII unverändert übernommen. Die Entscheidung des BSG vom 26.03.1986 haben Mehrtens/Perlebach im Ergebnis mit der Begründung für nachvollziehbar erachtet, dass vom Versicherten weiterhin gefährdende Tätigkeiten nicht mehr hätten verrichtet werden können. Dem hat sich Brackmann-Krasney, Handbuch der Sozialversicherung, Band 3/1, Gesetzliche Unfallversicherung, Randnummer 35 zu § 9 BKV angeschlossen. Allerdings heißt es dort auch, es würde entgegen der Auffassung von Pöhl Sinn und Zweck der Aufgabe der schädigenden Tätigkeit widersprechen, in diesem Fall die Folgen der bereits eingetretenen betriebsbedingten Schädigung nur deshalb nicht zu entschädigen, weil der Versicherte zwar alle gefährdenden Tätigkeiten aufgegeben habe, aber an anderer Stelle des Betriebes weiterhin seinem Beruf nachgehen könne.
Der Senat schließt sich der Auffassung von Pöhl aus den von diesem dargelegten Gründen an und zwar auch für die Zeit vor dem 01.01.1997. Die Einführung des SGB VII hat hier keine rechtliche Änderung erbracht, sie lässt allenfalls das Bestreben des Gesetzgebers erkennen, an den bisherigen Regelungen festzuhalten.
Bei der Klägerin, die weiterhin ihren -versicherten - Beruf an gleicher Stelle und in gleichem Umfang wie vor dem Auftreten der Latexallergie verrichtet, besteht daher kein Zwang für das Unterlassen ihrer versicherten Tätigkeit, sie hat diese auch nicht aufgegeben. Sie hat deshalb keinen Anspruch auf Feststellung und Entschädigung ihrer Latexallergie als BK der Nummer 5101 der Anlage zur BKVO. Bei diesem Sachverhalt kann dahingestellt bleiben, ob der Klägerin überhaupt eine Entschädigung zu gewähren wäre, da die durch die BK-Nr. 5101 bedingten Einschränkungen im gesamten Erwerbsleben schon durch die gleiche Einschränkungen bedingende BK der Nummer 4301 gedeckt wäre.
Nach alledem konnte die Berufung der Klägerin keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revisionszulassung beruht auf § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG.
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