L 9 RJ 1324/99

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 11 RJ 6022/97
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 RJ 1324/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Eine Briefsortiererin, welche als Beamtendiensttuerin und im Wege des zeitabhängigen Bewährungsaufstiegs zuletzt in Lohngruppe 6a der Anlage 2 zum Tarifvertrag Arbeiter der Deutschen Post AG eingestuft war, wäre ohne den Einsatz auf einem Beamtendienstposten zu Beginn ihrer Tätigkeit in Lohngruppe 2a Nr. 5 (Arbeiterin im Briefeingang) einzustufen gewesen und ist daher als Angelernte des unteren Bereichs auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar. (Anschluss an die Urteile des BSG vom 16.11.2000 - B 13 RJ 79/99 R - und vom 13.12.2000 -B 5 RJ 28/99-)
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 10. Februar 1999 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit streitig.

Die 1944 geborene Klägerin hat keinen Ausbildungsberuf erlernt. Von 1959 bis 1965 war sie als Haushaltshilfe beschäftigt. Danach war sie Hausfrau und erzog ihre drei Kinder, lediglich unterbrochen durch eine Tätigkeit als Reinemachefrau von Januar 1976 bis Januar 1977. Vom 16.09.1985 bis zum 15.02.1986 und ab dem 29.09.1986 bis zum Eintritt dauernder Arbeitsunfähigkeit am 04.03.1997 war sie bei der D. B. bzw. der D. P. AG als Briefverteilerin im Innendienst beschäftigt, zuletzt mit einer täglichen Arbeitszeit von 3 1/2 Stunden und einer wöchentlichen Arbeitszeit von 21 Stunden. Nachdem der Postbetriebsarzt bei der Untersuchung am 26.03.1998 Dienstunfähigkeit i.S. d. § 42 Abs. 1 Bundesbeamtengesetz festgestellt hatte, bezieht sie seit dem 01.05.1998 eine Betriebsrente (VAP-Rente).

Am 26.03.1997 stellte die Klägerin Antrag auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Nachdem der begutachtende Orthopäde Dr. D. im Gutachten vom 05.05.1997 zu der Beurteilung gelangt war, die Klägerin könne ihre letzte Tätigkeit als Briefverteilerin im Innendienst noch im bisherigen Umfang ausüben, lehnte die Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 03.07.1997 ab. Nachdem sie hiergegen am 31.07.1997 Widerspruch eingelegt hatte, wurde die Klägerin in der Sozialmedizinischen Klinik L. gutachterlich untersucht. Im Gutachten vom 16.09.1997 stellte Nervenärztin Dr. S. die Diagnosen eines Nacken-Schulter-Arm-Syndroms rechtsbetont bei auswärts festgestelltem C 8-Syndrom und Zyste in der Wurzeltasche C 8 rechts, Th 1 links, zur Zeit ohne akute Wurzelreizsymptomatik sowie einer psychosomatischen Beschwerdeüberlagerung ohne Rückwirkung auf das quantitative Leistungsvermögen. Dr. S. gab die Beurteilung ab, die Klägerin könne zwar ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Briefverteilerin nur noch unter zwei Stunden täglich ausüben, sonstige Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mit gewissen qualitativen Einschränkungen seien jedoch noch vollschichtig möglich.

Nach Auskunft des Arbeitgebers vom 18.08.1997 übte sie eine ungelernte Tätigkeit aus, für die eine Anlernzeit bis zu drei Monaten erforderlich war und die in Lohngruppe 6a des Tarifvertrages für die Arbeiter der D. P. AG eingruppiert ist. Diese tarifliche Eingruppierung werde durch die mehrjährige Betriebszugehörigkeit bestimmt. Mit Widerspruchsbescheid vom 12.11.1997, am 19.11.1997 zur Post gegeben, wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Hiergegen erhob die Klägerin am 08.12.1997 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG).

In der Zeit vom 04.12.1997 bis 25.12.1997 befand sie sich in der F. Klinik B. B. zur Durchführung einer stationären Rehabilitationsmaßnahme. Im Entlassungsbericht vom 29.01.1998 wurde über die von Frau Dr. S. gestellten Diagnosen hinaus eine Fibromyalgie diagnostiziert. Weiter wurde ausgeführt, die Klägerin könne leichte bis mittelschwere Arbeiten ohne besonderen Zeitdruck, ohne häufiges Heben, Tragen und Bewegen von Lasten über 10 kg, ohne volle Gebrauchsfähigkeit des rechten Armes und ohne Überkopfarbeiten noch vollschichtig verrichten.

Das SG hat sodann ein orthopädisches Gutachten bei Prof. Dr. R., Facharzt für Orthopädie und Rheumatologie, Facharzt für physikalische und rehabilitative Medizin, eingeholt. Im Gutachten vom 13.10.1998 führte Prof. Dr. R. aus, bei der Klägerin finde sich auf orthopädisch-somatischem Gebiet ein weitgehend altersentsprechender Normalbefund. Es bestünden ein C 8-Syndrom rechtsseitig bei kernspintomographisch gesicherter perineuraler Zyste mit geringgradiger funktioneller Einschränkung der Gebrauchsfähigkeit der rechten Hand, Senkfüße beidseits sowie ein Impingement-Syndrom der rechten Schulter. Bei der Gesamtbetrachtung sei jedoch eine traurige Gesamtstimmung sowie eine diffuse Druckschmerzhaftigkeit des gesamten Körpers einschließlich des Abdomens auffällig. Aufgrund einer symmetrischen Druckschmerzhaftigkeit im Bereich der typischen Triggerpunkte und vegetativer Symptome wie Durchschlafstörungen, Durchfälle und Gefühlsstörungen sei die Verdachtsdiagnose eines Fibromyalgiesyndroms zu stellen. Die Klägerin könne keine schweren körperlichen Arbeiten mehr ausüben. Akkord- und Fließbandarbeiten seien infolge der depressiven Grundhaltung nicht mehr zumutbar. Besonderer Zeitdruck und besondere psychische Belastungen seien zu vermeiden. Die volle Gebrauchsfähigkeit der rechten Hand sei eingeschränkt. Überkopfarbeiten seien wegen des Impingement-Syndroms rechts nicht möglich. Die Klägerin könne danach die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Briefverteilerin wegen der dabei anfallenden häufigen Überkopfarbeiten nicht mehr verrichten. Sie könne jedoch noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten unter Berücksichtigung der genannten Einschränkungen vollschichtig ausüben.

Mit Urteil vom 10.02.1999 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die Klägerin sei noch in der Lage, leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen vollschichtig zu verrichten und sei deshalb weder berufs- noch erwerbsunfähig.

Gegen das am 03.03.1999 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 02.04.1999 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt und vorgetragen, das SG habe zu Unrecht den Antrag auf Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens abgelehnt. Die Fibromyalgie, an der sie leide, falle nicht in das orthopädische Fachgebiet, sondern in das der inneren Medizin/Rheumatologie. Bei ihr lägen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen bzw. eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vor. Es sei deshalb zumindest eine konkrete Berufstätigkeit mit den typischen Anforderungsmerkmalen zu benennen, welche sie noch verrichten könne. Eine solche Berufstätigkeit gebe es nicht bzw. solche Arbeitsplätze würden am Arbeitsmarkt nicht in ausreichender Zahl angeboten. Schließlich habe es sich bei der von ihr ausgeübten Tätigkeit nach dem Stufenschema des Bundessozialgerichts (BSG) zumindest um eine angelernte Tätigkeit des oberen Bereichs gehandelt. Sie sei zu Beginn ihrer Tätigkeit im Jahr 1986 in die Tätigkeit im Briefverteildienst/Postfachverteilung eingearbeitet worden und habe während der mehr als zehnjährigen Tätigkeit erhebliche berufliche Vorkenntnisse erworben, die sie mit der Ablegung der postbetrieblichen Prüfung nachgewiesen habe. Sie habe damit einen Kenntnis- und Ausbildungsstand, der dem eines Auszubildenden im postbetrieblichen Dienst nach Abschluss der Ausbildung entspreche.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 10. Februar 1999 sowie den Bescheid der Beklagten vom 3. Juli 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. November 1997 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr vom 1. April 1997 bis 3. Dezember 1997 vorgezogenes Übergangsgeld und ab 26. Dezember 1997 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen. Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist Prof. Dr. J., Ärztlicher Direktor der R. Klinik B. S., mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt worden. Im Gutachten vom 31.01.2000 hat Prof. Dr. J. folgende Diagnosen gestellt: 1. Fibromyalgie-Syndrom. 2. Lumbalsyndrom bei lumbosacraler Übergangsstörung und degenerativen Veränderungen. 3. Cervikales Syndrom bei degenerativen HWS-Veränderungen. 4. Polyarthrose der Hände Typ Heberden. 5. Impingement-Syndrom der rechten Schulter mit Funktionseinschränkung. 6. Mäßiges Übergewicht. 7. Hypercholesterinämie. Prof. Dr. J. hat weiter ausgeführt, die Klägerin könne mittelschwere und schwere körperliche Arbeiten, Arbeiten unter Zeitdruck, Arbeiten im Akkord, Fließbandtätigkeiten oder taktgebundene Arbeiten, Tätigkeiten in Wechselschicht oder mit Nachtschicht, überwiegend stehende oder gehende Tätigkeiten und Tätigkeiten mit Zwangshaltungen, Tätigkeiten mit Heben oder Tragen von Lasten über 5 kg, häufigem Bücken, Steigen auf Treppen oder Leitern, Arbeiten mit voller Gebrauchsfähigkeit der Hände, an laufenden Maschinen, überwiegend im Freien oder unter Einwirkung von Kälte und Nässe sowie Tätigkeiten mit hoher nervlicher Belastung, mit Anforderungen an die Konzentrationsfähigkeit und mit vermehrtem Publikumsverkehr nicht mehr verrichten. Eine rein sitzende Tätigkeit sei wegen der damit verbundenen Zunahme der Schmerzsymptomatik auch nicht zumutbar. Die Klägerin könne jedoch noch viermal täglich in jeweils höchstens 20 Minuten eine Gehstrecke von mehr als 500 m zurücklegen. Die bisherige Tätigkeit als Briefsortiererin könne nicht mehr verrichtet werden. Unter Beachtung der aufgeführten qualitativen Einschränkungen sei jedoch noch eine leichte vollschichtige Tätigkeit zumutbar.

In einer ergänzenden Stellungnahme vom 09.01.2001 hat Prof. Dr. J. angegeben, die von der Klägerin im Schriftsatz vom 16.10.2000 vorgetragenen Gesichtspunkte bezüglich der Auswirkungen ihrer Erkrankungen auf die Alltagsverrichtungen seien bei der Gutachtenserstellung berücksichtigt worden.

Der Senat hat weiter die Entlassungsberichte des Krankenhauses L. (stationäre Behandlung vom 24.05 bis 21.06.2000) und des Rheumazentrums B. (stationäre Behandlung vom 15.01. bis 01.02.2001) beigezogen. Nachdem der behandelnde Nervenarzt Dr. P. in der sachverständigen Zeugenaussage vom 15.03.2001 eine depressive Symptomatik beschrieben hatte, ist Dr. F., Arzt für Psychiatrie und Neurologie, mit der Erstellung eines nervenfachärztlichen Gutachtens beauftragt worden. Im Gutachten vom 06.07.2001 hat Dr. F. die Diagnose einer Dysthymia gestellt. Die sich hieraus ergebenden Leistungseinschränkungen seien im Gutachten von Prof. Dr. J. bereits vollständig wiedergegeben. Daneben bestehe ein Kopfschmerzleiden. Die Umstellungsfähigkeit der Klägerin auf andere Tätigkeiten sei nicht eingeschränkt.

Der Orthopäde Dr. M. teilte im Schreiben vom 27.09.2001 die Diagnosen einer Rhizarthrose rechts und des Verdachts auf ein Carpaltunnelsyndrom rechts mit.

Der Arbeitgeber gab auf Anfrage unter dem 03.01.2002 an, die Klägerin sei bei ihrer Einstellung in Lohngruppe (LG) IV entsprechend Besoldungsgruppe A 2/3/4 tariflich eingestuft gewesen. Höhergruppierungen seien erfolgt am 01.03.1987 in LG IV TZ III (Tätigkeitszulage gem. § 7 TV Arb Anl.2), am 01.03.1990 in LG IV TZ II, am 01.10.1990 in LG 4 TZ 6, am 01.03.1994 in LG 4 TZ 6a und am 01.10.1994 in LG 6a.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet, da die Klägerin weder berufs- noch erwerbsunfähig ist.

Durch das Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20.12.2000 (BGBl. I 1827) wurde das Recht der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit neu geordnet. Wesentlicher Inhalt der Neuregelung ist die Abschaffung der Rente wegen Berufsunfähigkeit für nach dem 01.01.1961 geborene Versicherte und die Einführung einer zweistufigen Erwerbsminderungsrente mit einer vollen Erwerbsminderungsrente bei einem Restleistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von unter drei Stunden und halber Erwerbsminderungsrente bei einem Restleistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von drei bis unter sechs Stunden.

Nach § 300 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI - sind jedoch aufgehobene Vorschriften dieses Gesetzbuchs und durch dieses Gesetzbuch ersetzte Vorschriften auch nach dem Zeitpunkt ihrer Aufhebung noch auf den bis dahin bestehenden Anspruch anzuwenden, wenn der Anspruch bis zum Ablauf von drei Kalendermonaten nach der Aufhebung geltend gemacht wird.

Da die Klägerin am 26.03.1997 Rentenantrag gestellt hat, sind die bis zum 31.12.2000 geltenden Vorschriften noch anzuwenden, wenn bis zum 31.12.2000 ein Anspruch bestanden hat. Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch sind danach die §§ 43, 44, 240, 241 SGB VI in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung (im folgenden §§ 43, 44, 240, 241 SGB VI a.F.).

Anspruch auf Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres, wenn sie berufs- bzw. erwerbsunfähig sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit drei Jahre Pflichtbeitragszeiten für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt des Versicherungsfalles die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (s. hierzu §§ 43 Abs. 1 Satz 1, 44 Abs. 1 Satz 1 SGB VI a.F.).

Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 43 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB VI a.F.).

Erwerbsunfähig sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße (bzw. ab 1. April 1999 monatlich 630,00 Deutsche Mark) übersteigt. Erwerbsunfähig ist nicht, wer eine selbständige Tätigkeit ausübt oder eine Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 44 Abs. 2 Satz 1 erster Halbsatz und Satz 2 SGB VI a.F.).

Die Klägerin ist nicht erwerbsunfähig. Sie kann zwar die von ihr zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Postverteilerin aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben. Es handelt sich hierbei nämlich um eine Tätigkeit, die in nahezu ausschließlich sitzender Position verrichtet werden muss und bei der häufige Überkopfarbeiten erforderlich sind. Arbeiten mit diesen Anforderungen sind der Klägerin nicht mehr zumutbar. Sie ist jedoch noch in der Lage, regelmäßig und vollschichtig einer Erwerbstätigkeit nachzugehen und mehr als nur geringfügige Einkünfte zu erzielen. Dies steht aufgrund des Gesamtergebnisses der medizinischen Ermittlungen fest.

Die Klägerin leidet in erster Linie an einem Fibromyalgiesyndrom. Daneben bestehen auf orthopädischem Fachgebiet ein Lumbalsyndrom bei lumbosacraler Übergangsstörung und degenerativen Veränderungen sowie ein Cervikalsyndrom bei degenerativen HWS-Veränderungen, insbesondere einer nicht operationsbedürftigen perineuralen Zyste C 8 und Th 1 rechts. Weiter bestehen eine Polyarthrose der Hände Typ Heberden, eine Rhizarthrose rechts und der Verdacht auf ein rechtsseitiges Carpaltunnelsyndrom sowie ein Impingement-Syndrom der rechten Schulter. Auf nervenärztlichem Gebiet bestehen ein Kopfschmerzleiden sowie eine Dysthymia. An weiteren Befunden liegen ein mäßiges Übergewicht (BMI 28,8 kg/m²), Hypercholesterinämie sowie Senkfüße beiderseits vor.

Wegen des Impingement-Syndroms sind der Klägerin Überkopfarbeiten nicht mehr zumutbar. Auch Tätigkeiten, welche die volle Gebrauchsfähigkeit der Hände erfordern, sind der Klägerin wegen der Polyarthrose, der Rhizarthrose und des CTS-Syndroms nicht mehr möglich. Wegen der degenerativen Wirbelsäulenveränderungen sowie der Fibromyalgie und der dadurch verursachten Schmerzen kann sie auch mittelschwere und schwere körperliche Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten über 5 kg nicht mehr verrichten. Auch Arbeiten mit häufigem Bücken, Treppen- oder Leitersteigen, überwiegend im Freien oder unter Einwirkung von Kälte und Nässe sind ihr nicht mehr zumutbar. Gleiches gilt für Arbeiten unter Zeitdruck, am Fließband sowie in Wechsel- oder Nachtschicht. Wegen der durch die Fibromyalgie hervorgerufenen psychischen Beeinträchtigungen sind der Klägerin auch keine Tätigkeiten mehr zumutbar, die mit hoher nervlicher Belastung oder besonderen Anforderungen an die Konzentrationsfähigkeit sowie mit vermehrtem Publikumsverkehr verbunden sind. Unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen ist die Klägerin noch in der Lage, eine leichte körperliche Tätigkeit im Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen vollschichtig zu verrichten. Der Senat folgt insoweit den umfassenden Ausführungen der gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. R., Prof. Dr. J. und Dr. F., die überzeugend dargelegt haben, dass die Klägerin trotz ihrer gesundheitlichen Einschränkungen noch vollschichtig tätig sein kann. Es besteht kein Anlass, an der Richtigkeit der Beurteilung durch die ärztlichen Gutachter zu zweifeln. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass Prof. Dr. J. ausweislich seiner ergänzenden Stellungnahme vom 09.01.2001 die gesamte Beschwerdeschilderung durch die Klägerin berücksichtigt und bei der Beurteilung des Leistungsvermögens gewürdigt hat.

Nicht zutreffend ist die Auffassung der Klägerin, der Sachverständige Prof. Dr. R. sei als Orthopäde mit dem Krankheitsbild der Fibromyalgie nicht vertraut und könne deshalb auch keine entsprechende Begutachtung durchführen. Zum einen handelt es sich bei der Fibromyalgie nicht um ein Krankheitsbild, das ausschließlich einem fachärztlichen Gebiet zugeordnet werden kann. Die Fibromyalgie stellt ein umstrittenes und hinsichtlich Ätiologie und Therapie weitgehend ungeklärtes Krankheitsbild dar. Manche Ärzte betrachten die Fibromyalgie ausdrücklich als körperliche und nicht als psychische Erkrankung, andere wiederum sehen sie als Verlegenheitsdiagnose an (Hausotter, Begutachtung der Fibromyalgie, Med.Sach 96 [2000], 132). Insgesamt erweist sich die Begutachtung von Fibromyalgiepatienten als sehr schwierig und sollte deshalb kompetenten wie psychosomatisch geschulten Rheumatologen oder Orthopäden überlassen werden (Müller/Kühl, Die Begutachtung der Fibromyalgie, Med.Sach 93, [1997], 189). Prof. Dr. R. ist nicht nur Facharzt für Orthopädie, sondern auch Facharzt für Rheumatologie und Facharzt für physikalische und rehabilitative Medizin. Er ist deshalb in besonderem Maße kompetent für die Begutachtung bei Erkrankungen mit Bezug auf die Rheumatologie. Gegen die Beurteilung des Leistungsvermögens durch Prof. Dr. R. spricht auch nicht, dass in der Zusammenfassung und Beurteilung ausgeführt wird, die Zusammenschau der Befunde rechtfertige die Verdachtsdiagnose eines Fibromyalgiesyndromes nach derzeitiger Definition. In der Beantwortung der Beweisfrage Nr. 1 hat Prof. Dr. R. nämlich nicht die Verdachtsdiagnose eines Fibromyalgiesyndroms gestellt, sondern ein Fibromyalgiesyndrom diagnostiziert. In der Zusammenfassung und Beurteilung hat er somit lediglich dargestellt, aufgrund welcher Befunde er zu dieser Diagnose gelangte. Entgegen der Auffassung der Klägerin hat er somit eindeutige Diagnosen gestellt. Im übrigen ist nicht entscheidungserheblich, welche Diagnosen gestellt werden, sondern wie sich die festgestellten Erkrankungen und Gesundheitsstörungen auf das Leistungsvermögen auswirken.

Es bestehen auch keine Bedenken gegen die Verwertbarkeit des von Dr. F. erstatteten Gutachtens. Dies gilt zunächst im Hinblick darauf, dass Dr. F. die von ihm ermittelten Ergebnisse der testpsychologischen Untersuchungen mitgeteilt hat, ohne die von der Klägerin ausgefüllten Test- und Fragebögen vorzulegen. Der Sachverständige hat offengelegt, von welchen tatsächlichen Grundlagen er ausgegangen ist. Er hat mitgeteilt, welchen Tests er die Klägerin mit welchem Ergebnis unterzogen hat. Soweit er die von der Klägerin konkret gefertigten Testergebnisse nicht vorgelegt hat, ist es gerade Aufgabe des Sachverständigen, diese Tests aufgrund eigener Sachkunde auszuwerten. Anhaltspunkte für eine unzutreffende Ausführung der testpsychologischen Untersuchung bzw. eine fehlerhafte Auswertung der Tests sind nicht ersichtlich, so dass für den Senat keine Veranlassung bestand, die testpsychologischen Unterlagen beizuziehen. Der Verwertbarkeit des Gutachtens steht weiter nicht entgegen, dass der Gutachter erst bei der Befragung der Klägerin erfahren hat, dass diese nur dreieinhalb Stunden täglich arbeitete, obwohl diese Information mehrfach in den vorgelegten Unterlagen enthalten ist und der Gutachter ausgeführt hat, das Gutachten beruhe u.a. auf einem ausführlichen Aktenstudium. Tatsächlich hat Dr. F. die sein Fachgebiet betreffenden Voruntersuchungen ausführlich referiert (Bl. 6 bis 9 des Gutachtens) und eine ausführliche Befragung der Klägerin zur jetzigen Lebenssituation, ihren aktuellen Beschwerden, der vegetativen Anamnese, zum Tagesablauf und sozialen Werdegang vorgenommen (Seite 9 bis 23 des Gutachtens). Auch ist eine ausführliche Erhebung des psychischen Befundes unter Einbeziehung einer testpsychologischen Untersuchung durchgeführt worden (Seite 28 bis 36). Gerade aufgrund dieser umfassenden Befunderhebung hat Dr. F. das Gutachten in Kenntnis der zuletzt bestehenden Arbeitsbedingungen der Klägerin erstellen können. Unerheblich ist insoweit, ob er sich die Kenntnis über den zeitlichen Umfang der letzten Tätigkeit der Klägerin aus dem Aktenstudium oder durch Befragen der Klägerin verschafft hat.

Der Klägerin muss auch keine konkrete Verweisungstätigkeit benannt werden, weil bei ihr weder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt. Nach der Rechtsprechung des BSG (Beschlüsse des Großen Senats des BSG vom 19.12.1996, u.a. SozR 3-2600 § 44 Nr. 8) muss für die Verneinung von Erwerbsunfähigkeit bei vollschichtig leistungsfähigen Versicherten weder eine konkrete Tätigkeit benannt werden noch ist die Frage zu prüfen, ob es genügend Arbeitsplätze gibt. Vielmehr ist davon auszugehen, dass auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für vollschichtig leistungsfähige Angelernte des unteren Bereichs sowie Ungelernte geeignete Arbeitsplätze in ausreichender Anzahl vorhanden sind.

Eine Ausnahme besteht nur in den Fällen, in denen 1. die konkrete Benennung zumindest einer Verweisungstätigkeit erforderlich ist, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt oder 2. der Leistungsgeminderte einen seinem verbliebenen Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz nicht finden kann, weil es solche Arbeitsplätze nicht gibt und ihm deshalb der Arbeitsmarkt praktisch verschlossen ist. Als schwere Einschränkungen, welche die Pflicht, eine konkrete Verweisungstätigkeit zu benennen, begründen, sind danach anzusehen - besondere Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen Arbeitsplatz, - die Erforderlichkeit, zwei zusätzliche Arbeitspausen von je 15 Minuten einzulegen, - Einschränkungen bei Arm- und Handbewegungen und das Erfordernis eines halbstündigen Wechsels vom Sitzen zum Gehen, - regelmäßig einmal in der Woche auftretende Fieberschübe sowie - Einarmigkeit und Einäugigkeit.

Der Arbeitsmarkt ist nur bei Vorliegen der sogenannten "Katalogfälle" als verschlossen anzusehen. Ein solcher liegt vor, wenn 1. der Versicherte zwar an sich noch eine Vollzeittätigkeit ausüben kann, aber nicht unter den in den Betrieben üblichen Bedingungen (Katalogfall Nr. 1), 2. der Versicherte zwar an sich noch eine Vollzeittätigkeit ausüben kann, entsprechende Arbeitsplätze aber aus gesundheitlichen Gründen nicht aufsuchen kann (Katalogfall Nr. 2), 3. die Zahl der in Betracht kommenden Arbeitsplätze deshalb nicht unerheblich reduziert ist, weil der Versicherte nur in Teilbereichen eines Tätigkeitsfeldes eingesetzt werden kann (Katalogfall Nr. 3), 4. für den Versicherten nur Tätigkeiten in Betracht kommen, die auf Arbeitsplätzen ausgeübt werden, die a) an Berufsfremde nicht vergeben zu werden pflegen (Katalogfall Nr. 5), b) als Schonarbeitsplätze (Katalogfall Nr. 4) oder als Aufstiegspositionen (Katalog-fall Nr. 6) nicht an Betriebsfremde vergeben werden, oder 5. entsprechende Arbeitsplätze nur in ganz geringer Zahl vorkommen (Katalogfall Nr. 7). Das BSG hat weiter ausgeführt, es bestehe keine Veranlassung, diesen Katalog zu erweitern um die Fälle, in denen aufgrund der Arbeitsmarktlage insbesondere bei älteren leistungsgeminderten Arbeitnehmern mit der Erlangung eines Arbeitsplatzes nicht mehr gerechnet werden könne. Damit übereinstimmend hat auch der Gesetzgeber durch die im Zweiten Gesetz zur Änderung des SGB VI vom 2. Mai 1996 (BGBl. I S. 659) vorgenommene Ergänzung des § 44 Abs. 2 SGB VI a.F. klargestellt, dass nicht erwerbsunfähig ist, wer eine vollschichtige Tätigkeit ausüben kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.

Bei der Klägerin liegt keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor. Eine solche liegt erst dann vor, wenn die gesundheitliche Fähigkeit zur Verrichtung selbst leichter Tätigkeiten in vielfältiger, außergewöhnlicher Weise eingeschränkt ist. Dies ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn ein Versicherter noch vollschichtig körperlich leichte Arbeiten ohne Heben und Tragen von Gegenständen über 5 kg, ohne überwiegendes Stehen und Gehen oder ständiges Sitzen, nicht in Nässe, Kälte oder Zugluft, ohne häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen, ohne besondere Anforderungen an die Fingerfertigkeit und nicht unter besonderen Unfallgefahren zu verrichten vermag (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 50; SozR 2200 § 1246 Nr. 90). Denn ein Teil dieser Einschränkungen stimmt bereits mit den Tätigkeitsmerkmalen einer körperlich leichten Arbeit überein. Dies gilt insbesondere für die geminderte Fähigkeit, Lasten zu bewältigen und die geringe Belastbarkeit der Wirbelsäule (BSG SozR 3 a.a.O.) mit den hierauf beruhenden Einschränkungen. Nicht anders liegt der Fall der Klägerin. Auch bei ihr wird den qualitativen Einschränkungen im Wesentlichen bereits dadurch Rechnung getragen, dass ihr nur noch leichte Arbeiten zugemutet werden. Dieses Betätigungsfeld wird durch den Ausschluss von Überkopfarbeiten nicht wesentlich eingeschränkt. Tätigkeiten mit hoher nervlicher Belastung, besonderen Anforderungen an die Konzentrationsfähigkeit oder mit vermehrtem Publikumsverkehr scheiden schon aufgrund der fehlenden besonderen beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten der Klägerin aus. Der Unfähigkeit, Arbeiten unter Zeitdruck, am Fließband sowie in Wechsel- oder Nachtschicht zu verrichten,. kann durch eine Tätigkeit in Tagesschicht Rechnung getragen werden, so dass daraus auch keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen resultiert.

Es liegt auch keine schwere spezifische Leistungsbehinderung vor. Insbesondere stellen die Funktionsbeeinträchtigungen beim Gebrauch der Hände keine schwere spezifische Leistungsbehinderung dar. Die Klägerin des Verfahrens, auf das sich der Große Senat hierbei bezog (BSG SozR 3-2200 § 1247 Nr. 8), konnte nur im Wechselrhythmus zwischen Sitzen und Stehen mit Arbeitsphasen von jeweils 20 bis 30 Minuten arbeiten, unterbrochen durch einen kurzzeitigen, bis zu einigen Minuten dauernden Wechsel durch Gehen und Lageänderungen; es waren weiter Knien und Bücken sowie Arbeiten in Nässe und Kälte sowie Arbeiten mit schnellen Arm- und Handbewegungen zu vermeiden. Dem lag zugrunde, dass die Klägerin des dortigen Verfahrens insbesondere im linken Arm stark bewegungseingeschränkt war und zu Ansatzreizen der Ellenbogensehnen neigte. Eine dementsprechende Leistungseinschränkung liegt bei der Klägerin nicht vor. Prof. Dr. R. hat ausgeführt, die volle Gebrauchsfähigkeit der rechten Hand sei eingeschränkt. In der Schilderung des Befundes wurde jedoch eine seitengleiche und kräftige Muskelbemantelung im Bereich beider Unterarme und keine wesentliche Druckschmerzhaftigkeit wiedergegeben. Auch bei der Unterarmdrehung und Handgelenksbeweglichkeit wurden keine gravierenden Einschränkungen festgestellt. Es war lediglich der Faustschluss rechts gegenüber links geringgradig schwächer mit fraglicher Schwäche der Kleinfingerabduktion rechts gegenüber links. Es fand sich zwar ein mäßiggradiges positives Gänsel sches Zeichen beiderseits, allerdings ohne Überwärmung der Fingergrund- und Mittelgelenke sowie ohne Kapselverdickung und Ergussbildung. Prof. Dr. J., der eine Polyarthrose der Hände Typ Heberden diagnostizierte, leitete hieraus nur eine Einschränkung bezüglich Tätigkeiten mit hohen Anforderungen an die manuelle Geschicklichkeit und an die Kraftausübung der Hände ab. Weitere Einschränkungen ergeben sich auch nicht aus den von Dr. M. mitgeteilten Befunden. Tätigkeiten, die keine hohe Geschicklichkeit und keine hohe Kraftausübung erfordern, sind von der Klägerin somit noch verrichtbar.

Schließlich hat Dr. F. auch das Vorliegen von besonderen Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen Arbeitsplatz verneint.

Eine schwere spezifische Leistungseinschränkung ergibt sich schließlich nicht daraus, dass die Klägerin keine Tätigkeiten mit hoher nervlicher Belastung, mit Anforderungen an die Konzentrationsfähigkeit und mit vermehrtem Publikumsverkehr mehr verrichten kann. Ausgeschlossen sind dadurch nur Tätigkeiten mit den entsprechenden erhöhten Anforderungen, wobei Tätigkeiten mit durchschnittlicher nervlicher Belastung und mit zeitweiligem Publikumsverkehr nicht ausgeschlossen sind. Auch nach der Rechtsprechung des Großen Senats des Bundessozialgerichts führt der Ausschluss von Tätigkeiten, die besondere Anforderungen an das Konzentrationsvermögen stellen, nicht zur Benennungspflicht für eine konkrete Tätigkeit (BSG SozR 3-2600 § 44 Nr. 8).

Es liegt auch keiner der Katalogfälle Nr. 1 bis 7 vor, die die Annahme einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes begründen könnten. Insbesondere ist bei der Klägerin die Wegefähigkeit (Katalogfall Nr. 2) noch gegeben. Die Gutachter sind übereinstimmend zu der Beurteilung gelangt, dass die Klägerin noch täglich viermal einen Weg von mindestens 500 m zurücklegen kann und dementsprechend in der Lage ist, einen Arbeitsplatz aufzusuchen. Dem Vortrag in der Berufungsbegründungsschrift, die Benützung von Straßenverkehrsmitteln sei ihr unzumutbar, weil mit größeren Schmerzen verbunden, stehen ihre Angaben bei der Begutachtung durch Prof. Dr. J. gegenüber. Dort gab sie an, sie könne höchstens 45 Minuten Auto fahren. Diese Zeit der Benutzung eines Verkehrsmittels ist jedoch ausreichend, um einen Arbeitsplatz aufzusuchen, wenn zusätzlich bedacht wird, dass die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel noch die Möglichkeit bietet, die Körperposition zu wechseln. Aus den Angaben der Klägerin bei der Begutachtung ergibt sich weiter, dass die Klägerin durchaus noch in der Lage ist, die Arbeiten, die beim Führen eines Haushalts anfallen, zu verrichten. Gegenüber Prof. Dr. J. gab sie nämlich an, es bestünden zwar Einschränkungen beim Staubsaugen, beim Fenster putzen und Betten machen. Aus dieser Schilderung kann gerade entnommen werden, dass die Klägerin die aufgeführten Tätigkeiten noch verrichtet.

Die Klägerin ist somit nicht erwerbsunfähig.

Die Klägerin ist auch nicht berufsunfähig.

Als bisheriger Beruf wird grundsätzlich die zuletzt nicht nur vorübergehend ausgeübte pflichtversicherte Beschäftigung oder Tätigkeit angesehen. Die Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit beurteilt sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zu dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des BSG ein Mehrstufenschema entwickelt, das die Arbeiterberufe in verschiedene Leitberufe bzw. Stufen untergliedert. Die unterste, erste Stufe (ungelernte Arbeiter) umfasst ungelernte Tätigkeiten, wobei hier zwischen ungelernten Tätigkeiten von ganz geringem Wert sowie sonstigen ungelernten Tätigkeiten unterschieden werden kann. Die zweite Stufe (angelernte Arbeiter) umfasst im unteren Bereich Tätigkeiten mit einer regelmäßigen (auch betrieblichen) Ausbildungs- oder Anlernzeit von über drei bis zu zwölf Monaten; im oberen Bereich umfasst sie Tätigkeiten mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwölf bis zu vierundzwanzig Monaten. Die dritte Stufe (Facharbeiter) umfasst Tätigkeiten in anerkannten Ausbildungsberufen mit einer Regelausbildungszeit von mehr als vierundzwanzig Monaten, regelmäßig drei Jahre, und die vierte und höchste Stufe umfasst schließlich besonders hochqualifizierte Facharbeiter oder Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion (vgl. z.B. BSGE 55, 45; 68, 277). Grundsätzlich darf ein Versicherter im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf auf Tätigkeiten der nächstniedrigen Gruppen des Mehrstufenschemas verwiesen werden (vgl. BSGE 55, 45, 46 f.). Ein Versicherter, der zur Gruppe der ungelernten Arbeiter oder zum unteren Bereich der Gruppe der angelernten Arbeiter gehört, kann demnach auf alle auf dem Arbeitsmarkt vorkommenden Tätigkeiten verwiesen werden. Die Benennung konkreter Verweisungstätigkeiten ist in diesen Fällen grundsätzlich nicht erforderlich.

Die Klägerin war zuletzt beschäftigt vom 16.09.1985 bis zum 15.03.1986 und vom 29.09.1986 bis zum Eintritt dauernder Arbeitsunfähigkeit am 04.03.1997 als Briefverteilerin im Innendienst bei der D. B. bzw. der D. P. AG. Die von der Klägerin hierbei verrichtete Tätigkeit bestand gleichbleibend während der gesamten Dauer der Beschäftigung in der Briefverteilung und der Postfachverteilung. Sie war zuletzt seit dem 01.03.1994 in die Tariflohngruppe 6a des Lohngruppenverzeichnisses in Anl. 2 § 17 TV Arb eingruppiert.

Die Klägerin genießt nicht den Berufsschutz einer Facharbeiterin. Der Beruf der Briefsortiererin bei der B. bzw. der D. P. AG ist kein anerkannter Ausbildungsberuf. Die Klägerin ist auch keine gelernte Dienstleistungsfachkraft mit einer Regelausbildungszeit von mehr als zwei Jahren und einer entsprechenden Abschlussprüfung. Die von der Klägerin nach einem 60-stündigen Lehrgang, welcher vom 16.10. bis 27.10.1995 stattfand, am 20.11.1995 bestandene postbetriebliche Prüfung kann der Abschlussprüfung im Ausbildungsberuf einer Dienstleistungsfachkraft nicht qualitativ gleichgesetzt werden (BSG Urteil vom 13.12.200 - B 5 RJ 28/99 R - SGb 2001, 126). Die Klägerin hat auch keinen anerkannten Ausbildungsberuf wettbewerbsfähig ausgeübt oder ist entsprechend entlohnt worden (BSG Urteil v. 01.09.1999 - B 13 RJ 89/98 R ). Erforderlich hierfür ist nämlich, dass der Versicherte in seinem Tätigkeitsbereich eine vergleichbare Qualifikation in voller Breite erworben hat. Die bloße Ausübung von Facharbeitertätigkeiten in einem Teilbereich ist, unabhängig von der Höhe der Entlohnung, für die Erlangung des Facharbeiterstatus nicht ausreichend. Die Tätigkeit als Briefsortiererin stellt nur einen kleinen Ausschnitt aus dem Aufgabenbereich der Dienstleistungsfachkraft dar. Auch nach der Auskunft des Arbeitgebers im Widerspruchsverfahren war die Tätigkeit der Klägerin, die diese gleichbleibend ausgeübt hat, eine ungelernte Tätigkeit mit einer Anlernzeit von bis zu 3 Monaten. Auch aufgrund der tariflichen Eingruppierung kann die Klägerin nicht der Gruppe der Facharbeiter zugeordnet werden. Zwar kann grundsätzlich die tarifliche Einstufung als Indiz für die Wertigkeit der ausgeübten Tätigkeit herangezogen werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn zum einen die abstrakte -"tarifvertragliche"- Einstufung der Tätigkeit auf deren Qualität beruht und die konkrete Einstufung in eine Tariflohngruppe auch der ausgeübten Tätigkeit entsprach. Die Heranziehung der tariflichen Eingruppierung als Qualitätsmerkmal i.S.d. Mehrstufenschemas ist jedoch dann nicht möglich, wenn diese auf qualitätsfremden Merkmalen beruht. Dies ist u.a. dann der Fall, wenn die tarifliche Einstufung vorrangig der Lohnsicherung dient, wenn dadurch also einer Gruppe von Arbeitnehmern die gleiche Entlohnung wie einer anderen Gruppe von Beschäftigten gewährt werden soll, ohne dass die Gleichstellung in diesem Umfang durch die Wertigkeit der ausgeübten Tätigkeit selbst gerechtfertigt ist ( BSG Urt. vom 16.11.2000 - B 13 RJ 79/99 R ). Maßgeblich für die Überprüfung der tariflichen Einstufung ist die Fassung des Tarifvertrags, die im Zeitpunkt der Beendigung der versicherungspflichtigen Beschäftigung gegolten hat (BSG SozR 3-2600 § 43 Nr 15). Das Beschäftigungsverhältnis der Klägerin endete zum 30.04.1998 mit dem Ende der Lohnfortzahlung. Nach § 10 Abs. 3 des Tarifvertrages für die Arbeiter der D. B. (TV Arb) vom 6. Januar 1955, zuletzt geändert durch TV Nr. 445 ( Stand Dezember 1994), werden Arbeiter nach der Art ihrer Tätigkeit in Lohngruppen eingereiht. Dabei sind Handwerker und gleichgestellte Facharbeiter in die Lohngruppen 9 bis 4, angelernte Arbeiter in die Lohngruppen 3a bis 2 und Arbeiter in einfachen Tätigkeiten in die Lohngruppen 1a und 1 eingereiht. Damit stellen die Lohngruppen 9 bis 4 die Facharbeiterlohngruppen dar. Die Klägerin war zwar zuletzt in Lohngruppe 6a, also einer Facharbeiterlohngruppe, eingestuft. Für diese Einstufung waren jedoch qualitätsfremde Merkmale maßgeblich. Aus der Auskunft des Arbeitgebers vom 03.01.2002 geht hervor, dass die Klägerin 1985/1986 bei der Einstellung in Lohngruppe IV eingestuft wurde. Diese Einstufung beruhte darauf, dass die Klägerin als Briefverteilerin eine Tätigkeit verrichtete, die nach den Bewertungsrichtlinien, den Bewertungskatalogen und den hierzu ergangenen Verfügungen eine Beamtentätigkeit war und gemäß Abs. 12 der Vorbemerkungen zum Lohngruppenverzeichnis Anlage 2 zu TV Arb zu bewerten war. Nach der Fassung der Anlage 2 durch den TV Nr. 367 vom 07.05.1982, welcher im Zeitpunkt der Einstellung der Klägerin gültig war, wurden Arbeiter mit Beamtentätigkeiten, die weder Handwerker (Abs. 12 Nr. 1) oder Dienstleistungsfachkräfte (Abs. 12 Nr. 2) waren noch die postbetriebliche Prüfung für Arbeiter oder die Prüfung für den einfachen Postdienst bestanden hatten (Abs. 12 Nr. 3), während der ersten sechs Monate einer ununterbrochenen oder bis zu einer insgesamt zweijährigen Beschäftigung bei der D. B. in Lohngruppe IV eingruppiert (Abs. 12 Nr. 4). Nach Ablauf von 6 Monaten der seit September 1986 ununterbrochen verrichteten Tätigkeit erhielt die Klägerin ab 01.03.1987 nach Maßgabe des § 7 Abs. 1 Satz 1 der Anlage 2 zum TV Arb bei fortlaufender Beschäftigung auf einem Arbeitsposten für Beamte eine Tätigkeitszulage der Lohngruppe III und nach Bewährung und vierjähriger Beschäftigung auf einem Arbeitsposten für Beamte ab 01.03.1990 eine Tätigkeitszulage der Lohngruppe II. Nach den Überleitungsbestimmungen zum 01.10.1990 wurde die Lohngruppe IV in Lohngruppe 4 und die Tätigkeitszulage II in Tätigkeitszulage 6 übergeleitet, ohne dass inhaltliche Veränderungen vorgenommen wurden. Durch den TV 406 wurde zum 01.10.1990 eine Zwischenlohngruppe 6a u.a. für Arbeiter der Lohngruppe 6 geschaffen, welche vier Jahre in Lohngruppe 6 beschäftigt und entlohnt wurden. Dementsprechend wurde die Klägerin zum 01.03.1994 in Lohngruppe 4 Tätigkeitszulage 6a bzw. zum 01.10.1994 in Lohngruppe 6a eingruppiert. Die am 20.11.1995 abgelegte postbetriebliche Prüfung führte weder zu einer Veränderung der Tätigkeit der Klägerin noch zu einer anderen (höheren) Einstufung. Mithin beruht die zuletzt erreichte Einstufung in Lohngruppe 6a ausschließlich auf der fortdauernden Beschäftigung auf einem Beamtendienstposten und auf dem zeitabhängigen Bewährungsaufstieg. Der Klägerin war es daher aufgrund der besonderen Struktur der Anlage 2 TV Arb, wonach bei einer Beschäftigung auf einem Arbeitsposten für Beamte die Entlohnung auch von ungelernten Arbeitern von Beginn ihrer Beschäftigung an und ohne Vorkenntnisse derjenigen von Handwerkern auf Arbeitsposten für Arbeiter entspricht, möglich, ohne zusätzliche Qualifikation oder Veränderung ihrer Beschäftigung nach bestimmtem Zeitablauf und Bewährung bis in die Lohngruppe 6 aufzusteigen (vgl. Urteil des BSG vom 13.12.2000 - Umdruck Seite 14). Weder die Tätigkeit auf einem Arbeitsposten für Beamte noch der zeitabhängige Bewährungsaufstieg sind aber qualitätsbildende Merkmale einer Beschäftigung (BSG a.a.O. Umdruck Seite 13 und Seite 14 unter Hinweis auf das Urteil des 13. Senats vom 16.11.2000).

Maßgeblich für die Beurteilung der Wertigkeit der von der Klägerin ausgeübten Tätigkeit als Briefsortiererin ist deshalb die Lohngruppe, in die sie ohne Einsatz auf einem Beamtendienstposten zu Beginn ihrer Tätigkeit und ohne den nachfolgenden Bewährungsaufstieg einzugruppieren gewesen wäre. Der Senat schließt sich der Auffassung des 13. Senats an, wonach die Klägerin als Arbeiterin im Briefeingang in Lohngruppe 2a (frühere Lohngruppe VI) Nr. 5 einzugruppieren gewesen wäre ( BSG Urteil vom 16.11.2000 - B 13 RJ 79/99 R). Dies ist eine Lohngruppe für angelernte Arbeiter nach § 10 Abs. 3 b TV Arb. Die Gruppe der angelernten Arbeiter umfasst die Lohngruppen 2, 2a, 3 und 3a, wobei Lohngruppe 2 die qualitativ niedrigste und Lohngruppe 3a die qualitativ höchste Lohngruppe darstellt. In die Lohngruppe 2a eingestuft sind neben den Arbeitern im Briefeingang z.B. Arbeiter im posttechnischen Dienst und im Fernmeldezeugwesen, die Verpackungs-, Transport- oder Verladearbeiten ausführen, soweit nicht höher eingereiht ( LG 2a Nr.3). Höher eingereiht sind Arbeiter im Fernmeldezeugwesen, welche die in LG 3 Nr. 3 a) bis c) aufgeführten Tätigkeiten verrichten. In Lohngruppe 2a eingestuft sind weiter Arbeiter im Lade-, Austausch- und Umschlagdienst, die Ladungsgegenstände austauschen, soweit nicht höher eingereiht (LG 2a Nr. 6). Eine höhere Einreihung findet sich in LG 3 Nr. 6, in welche Arbeiter eingereiht sind, die im Rahmen ihres Dienstplanes regelmäßig Elektrokarren, Elektroschlepper oder selbstfahrende Straßen- (Hof)Kehrmaschinen führen oder Laufkräne, Behälterumsetzanlagen, Hebebühnen oder Gabelhochhubwagen bedienen. Diese Beispiele zeigen, dass in Lohngruppe 2a die angelernten Tätigkeiten mit geringeren Anforderungen, in Lohngruppe 3 die Tätigkeiten mit höheren Anforderung an Kenntnisse und Ausbildung eingereiht sind. Die Tätigkeiten der Lohngruppe 2a sind deshalb als angelernte Tätigkeiten des unteren Bereichs im Sinne des Mehrstufenschemas einzuordnen. Dem entspricht auch die Auskunft des Arbeitgebers, die von der Klägerin verrichtete Tätigkeit habe eine Einarbeitungszeit von weniger als 3 Monaten erfordert. Dies hat zur Folge, dass die Klägerin auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes breit verweisbar ist und deshalb keinen Berufsschutz genießt. Die Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit scheidet deshalb aus.

Nach alledem ist das angefochtene Urteil rechtmäßig. Die Berufung kann daher keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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