Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 31 (14,12) AL 288/02
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 1 AL 107/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 11a AL 1/05 R
Datum
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 09.10.2003 geändert. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 16.09.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.10.2002 verurteilt, der Klägerin Teilarbeitslosengeld ab dem 05.09.2002 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin für beide Rechtszüge. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Klägerin ab dem 05.09.2002 einen erneuten Anspruch auf Teilarbeitslosengeld erworben hat.
Die Klägerin war vom 01.01.2000 bis zum 03.09.2002 mit 20 Stunden wöchentlich bei der I Holzverarbeitungs- und Verpackungs GmbH beschäftigt. Neben dieser Tätigkeit übte sie die folgenden weiteren versicherungspflichtigen Beschäftigungen aus:
- Bis zum 15.10.2001 wöchentlich 25 Stunden bei der Firma F GmbH & Co KG.
- Vom 16.10.2001 bis zum 29.01.2002 war sie - zeitweise mit 8 Stunden täglich - bei einem Unternehmen tätig, das bis zum 13.12.2001 unter X Wohnwagenwerk GmbH und ab dem 14.12.2001 unter X Caravans GmbH firmierte.
Nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses bei der X Caravans GmbH meldete sich die Klägerin teilarbeitslos und bezog von der Beklagten vom 30.01.2002 bis zum 30.06.2002 Teilarbeitslosengeld. Zum 01.07.2002 nahm sie eine Beschäftigung von wöchentlich 20 Stunden bei der Firma G auf.
Die Klägerin meldete sich nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses bei der I Holzverarbeitungs- und Verpackungs GmbH - am 05.09.2002 - wiederum teilarbeitslos und beantragte Teilarbeitslosengeld. Mit Bescheid vom 16.09.2002 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, der am 30.01.2002 erworbene Teilarbeitslosengeldanspruch sei erloschen, da die Klägerin ab dem 01.07.2002 eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen habe. Ein neuer Anspruch auf Teilarbeitslosengeld sei nicht entstanden, da die Klägerin die erforderliche Anwartschaftszeit innerhalb der Rahmenfrist nicht erfüllt habe. Den am 23.09.2002 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18.10.2002 als unbegründet zurück. Ergänzend führte sie aus, für die Entstehung eines neuen Anspruchs auf Teilarbeitslosengeld sei Voraussetzung, dass die Klägerin innerhalb einer Rahmenfrist von zwei Jahren neben der auch noch nach Eintritt der Teilarbeitslosigkeit ausgeübten Beschäftigung mindestens 12 Monate eine weitere versicherungspflichtige Tätigkeit ausgeübt habe, die sie jetzt verloren habe. Dabei gelte jedoch die gesetzliche Maßgabe, dass die Rahmenfrist nicht in eine vorangegangene Rahmenfrist hineinreichen dürfe. Da die Klägerin ab 30.01.2002 bereits einmal Teilarbeitslosengeld bezogen habe, sei die Rahmenfrist nunmehr auf die Zeit vom 30.01.2002 bis zum 04.09.2002 zu bestimmen. In dieser Zeit habe sie nicht 12 Monate in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden.
Zur Begründung ihrer am 18.11.2002 erhobenen Klage hat die Klägerin vorgetragen, sie habe insgesamt 33 Monate bei der I Holzverarbeitungs- und Verpackungs GmbH gearbeitet. Durch diese Tätigkeit habe sie einen eigenständigen Anspruch erworben, für den die erforderliche Anwartschaftszeit erfüllt sei.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 16.09.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.10.2002 zu verurteilen, ihr Teilarbeitslosengeld ab dem 05.09.2002 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat darauf hingewiesen, dass für die Zahlung von Teilarbeitslosengeld am 05.09.2002 die Anwartschaftszeit nicht erfüllt sei. Mit der Entstehung des Teilarbeitslosengeldanspruchs zum 30.01.2002 sei die erste Rahmenfrist - für den Zeitraum vom 30.01.2000 bis 29.01.2002 - festgelegt worden. Bei der erneuten Arbeitslosmeldung am 05.09.2002 habe eine neue Rahmenfrist gebildet werden müssen. Dabei sei zu beachten gewesen, dass gemäß § 150 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 i.V. mit § 124 Abs. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) die neue Rahmenfrist nicht in eine alte Rahmenfrist hineinreichen dürfe. Die Klägerin habe keinen neuen Anspruch auf Teilarbeitslosengeld erworben, weil sie innerhalb der Teilarbeitslosengeld-Rahmenfrist - vom 30.01.2002 bis 04.09.2002 - nicht mindestens 12 Monate neben der weiterhin ausgeübten versicherungspflichtigen Beschäftigung eine weitere versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt habe. Der Anspruch auf Teilarbeitslosengeld vom 30.01.2002 sei am 01.07.2002 durch die Aufnahme einer neuen Beschäftigung mit einer Arbeitszeit von mehr als 5 Stunden pro Woche erloschen.
Mit Urteil vom 09.10.2003 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe in der Zeit vom 30.01.2002 bis 30.06.2002 bereits einmal Teilarbeitslosengeld von der Beklagten bezogen. Diesem Anspruch habe eine Rahmenfrist vom 30.01.2000 bis zum 29.01.2002 zugrunde gelegen, in der die Klägerin die erforderliche Anwartschaftszeit erfüllt habe. Die für den streitigen Anspruch maßgebliche Rahmenfrist könne daher erst ab dem 30.01.2002 beginnen. Sinn und Zweck dieser auch für das Teilarbeitslosengeld geltenden Vorschrift des § 124 Abs. 2 SGB III sei es zu vermeiden, dass dieselben Beschäftigungszeiten mehrmals eine Anwartschaftszeit begründeten. Da die Rahmenfrist nur gut sieben Monate betrage, sei die erforderliche zwölfmonatige Anwartschaftszeit nicht erfüllt.
Wegen der weiteren Entscheidungsgründe wird auf Blatt 28 bis 34 der Gerichtsakten verwiesen.
Gegen das am 27.10.2003 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 12.11.2003 Berufung eingelegt. Sie vertritt die Auffassung, dass aufgrund der Beschäftigung bei der Firma I Holzverarbeitungs- und Verpackungs GmbH ein erneuter Anspruch auf Teilarbeitslosengeld entstanden sei. Dieses Beschäftigungsverhältnis müsse bei der Ermittlung der Anwartschaftszeiten berücksichtigt werden. Sie beanspruche Teilarbeitslosengeld für eine Beschäftigung, in der sie zuvor 33 Monate lang gearbeitet habe. Folglich sei die grundsätzliche Frist von zwei Jahren für die Geltendmachung eines Anspruches auf Arbeitslosengeld gewahrt. Die Rahmenfrist verkürze sich nicht. Sinn und Zweck der Vorschrift des § 124 Abs. 2 SGB III sei es zu vermeiden, dass dieselben Beschäftigungszeiten mehrmals eine Anwartschaft begründeten. Die Beklagte und das erstinstanzliche Gericht ließen unberücksichtigt, dass die Ablehnung des Teilarbeitslosengeldes zu einer unangemessenen Benachteiligung führen würde. Wäre sie während der Gewährung des Teilarbeitslosengeldes auch aus der Beschäftigung bei der I Holzverarbeitungs- und Verpackungs GmbH ausgeschieden, hätte ihr ein Anspruch auf Arbeitslosengeld unter Berücksichtigung beider von ihr eingegangener Beschäftigungsverhältnisse zugestanden. Die Aufnahme eines Beschäftigungsverhältnisses führe - der Rechtsauffassung der Beklagten folgend - faktisch zu einem Ausschluss ihrer Versicherungsleistung, obwohl Versicherungspflicht bestanden habe.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 09.10.2003 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 16.09.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.10.2002 zu verurteilen, ihr Teilarbeitslosengeld ab dem 05.09.2002 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Sie hält den gedanklichen Ansatz der Klägerin für unzutreffend. Nicht jedes einzelne Teilzeitbeschäftigungsverhältnis begründe einen einzelnen Anspruch auf Teilzeitarbeitslosengeld mit eigener Anwartschaftszeit. Die Erfüllung der Anwartschaftszeit sei erst dann wieder gegeben, wenn nach dem letzten Tag des Bezuges von Teilarbeitslosengeld - egal aus welcher Beschäftigung - erneut eine ausreichende Anzahl von Tagen für eine neue Anwartschaftszeit erfüllt worden sei. Zur weiteren Begründung verweist sie auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil.
Der weiteren Einzelheiten wegen wird Bezug genommen auf den übrigen Inhalt der Streitakten und der Verwaltungsakten der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist begründet.
Die Klägerin ist durch die angefochtenen Bescheide der Beklagten im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert. Die Bescheide sind rechtswidrig. Die Klägerin hat ab dem 05.09.2002 einen Anspruch auf Teilarbeitslosengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen.
Nach § 150 Abs. 1 SGB III hat Anspruch auf Teilarbeitslosengeld ein Arbeitnehmer, der teilarbeitslos ist, sich arbeitslos gemeldet und die Anwartschaftszeit für Teilarbeitslosengeld erfüllt hat. Die Klägerin war am 05.09.2002 teilarbeitslos i.S. des § 150 Abs. 1 Nr. 1 SGB III i. V. mit § 150 Abs. 2 Nr. 1 SGB III, weil sie die - neben der Tätigkeit bei der Firma G - ausgeübte Beschäftigung bei der I Holzverarbeitungs- und Verpackungs GmbH verloren hatte. Weiterhin hat die Klägerin sich gem. § 150 Abs. 1 Nr. 2 SGB III am 05.09.2002 teilarbeitslos gemeldet.
Die Klägerin hat darüber hinaus gem. § 150 Abs. 1 Nr. 3 SGB III i.V. mit § 150 Abs. 2 Nr. 2 SGB III die Anwartschaftszeit für das Teilarbeitslosengeld erfüllt. Nach § 150 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 SGB III erfüllt die Anwartschaftszeit für das Teilarbeitslosengeld, wer in der Teilarbeitslosengeld-Rahmenfrist von zwei Jahren neben der weiterhin ausgeübten versicherungspflichtigen Beschäftigung mindestens zwölf Monate eine weitere versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt hat. Für die Teilarbeitslosengeld-Rahmenfrist gelten die Regelungen zum Arbeitslosengeld über die Rahmenfrist entsprechend (§ 150 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 SGB III). Gemäß § 124 Abs. 1 SGB III beginnt die Rahmenfrist mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld, für die Klägerin mithin am 04.09.2002. Im danach maßgeblichen Zeitraum vom 05.09.2000 bis 04.09.2002 hat die Klägerin bei der Firma I Holzverarbeitungs- und Verpackungs GmbH eine versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt.
Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts kann die Rahmenfrist für den geltend gemachten Anspruch nicht gemäß § 124 Abs. 2 SGB III auf die Zeit ab dem 30.01.2002 beschränkt werden. Die Rahmenfrist vom 30.01.2000 bis 29.01.2002 lag der Zahlung des Teilarbeitslosengeldes ab dem 30.01.2002 zugrunde. Sie muss für die Bemessung der Teilarbeitslosengeld-Rahmenfrist für die am 05.09.2002 eingetretene (weitere) Teilarbeitslosigkeit außer Betracht bleiben. Denn die Ansprüche auf Teilarbeitslosengeld beruhen auf unterschiedlichen Beschäftigungsverhältnissen bzw. unterschiedlichen "Beschäftigungssträngen". Während die Rahmenfrist vom 30.01.2000 bis 29.01.2002 allein auf den Beschäftigungen der Klägerin bei den Firmen F GmbH & Co KG, X Wohnwagenwerk GmbH/X Caravans GmbH beruht, der sich nach der Teilarbeitslosigkeit die Beschäftigung bei der Firma G angeschlossen hat, wird die Rahmenfrist für die am 05.09.2002 eingetretene Teilarbeitslosigkeit ausschließlich durch die von der Klägerin dazu parallel ausgeübte (weitere) Beschäftigung bei der Firma I Holzverarbeitungs- und Verpackungs GmbH bestimmt. Die Regelung des § 124 Abs. 2 SGB III, nach der die Rahmenfrist nicht in eine vorangegangene Rahmenfrist hinein reichen darf, findet gesondert für zusammenhängende Teilzeitarbeitsverhältnisse ("Beschäftigungsstränge") Anwendung.
Diese Auslegung verdient den Vorzug, weil sie dem Wortlaut des § 150 Abs. 2 Nr. 2 SGB III entspricht sowie dem Sinn und Zweck des Teilarbeitslosengeldes gerecht wird. § 150 Abs. 2 Nr. 2 SGB III regelt ausdrücklich die Ermittlung der "Teilarbeitslosengeld"-Rahmenfrist. Nach Auffassung des Senats kann daher auch nur auf das (Teil-) Beschäftigungsverhältnis abgestellt werden, aufgrund dessen Beendigung der Teilarbeitslosengeldanspruch geltend gemacht wird. Darüber hinaus sind gemäß § 150 Abs. 2 Nr. 2 SGB III die Regelungen zum Arbeitslosengeld lediglich "entsprechend" anzuwenden. Eine entsprechende Anwendung des § 124 Abs. 2 SGB III führt entgegen der Auffassung der Beklagten keinesfalls zwingend dazu, den Anspruch auf Teilarbeitslosengeld als Gesamtheit zu beurteilen und die Erfüllung der Anwartschaftszeit erst dann wieder anzunehmen, wenn nach dem letzten Tag des Bezuges von Teilarbeitslosengeld - egal aus welcher Beschäftigung - erneut eine ausreichende Anzahl von Tagen für eine neue Anwartschaftszeit zurückgelegt worden ist. Denn § 124 Abs. 2 SGB III trägt allein dem allgemeinen Grundsatz Rechnung, dass ein Versicherungspflichtverhältnis nicht mehrmals eine Anwartschaft begründen soll. Es darf daher nicht auf Tatbestände abgestellt werden, die bereits für einen früheren Anspruch auf Arbeitslosengeld bestimmend waren; vielmehr soll eine zeitliche Nähe zum Versicherungsfall der Arbeitslosigkeit bestehen (vgl. BSG Urteil vom 01.04.1993, 7 RAr 68/92, SozR 3-4100 § 112 Nr.13; Söhngen in Hennig, Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) - Arbeitsförderung - § 124 Rdn. 1, 2.; Valgolio in Spellbrink/Eicher, Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, § 10 Rdn. 6). Die Klägerin hat indes in zwei Versicherungsverhältnissen gestanden. Während die Beschäftigungen bei den Firmen F und X Wohnwagenwerk GmbH/ X Caravans GmbH für den Teilarbeitslosengeldanspruch ab 30.01.2002 bestimmend waren, hat die Klägerin Ansprüche auf Teilarbeitslosengeld aufgrund der unmittelbar vor Eintritt der Arbeitslosigkeit ausgeübten Teilzeitbeschäftigung bei der I Holzverarbeitungs- und Verpackungs GmbH bisher nicht geltend gemacht. Die nach § 150 Abs. 2 Nr. 2 SGB III gebotene entsprechende Anwendung des § 124 Abs. 2 SGB III hätte nur dann zur Beachtung der am 29.01.2002 endenden Rahmenfrist und damit zum Ausschluss des Anspruchs auf Teilarbeitslosengeld führen dürfen, wenn die Klägerin am 05.09.2002 die Beschäftigung bei der Firma G verloren hätte. Für die nach § 150 Abs. 2 Nr. 2 SGB III gebotene "entsprechende" Anwendung des § 124 Abs. 2 SGB III bleibt insoweit Raum.
Darüber hinaus müssen die Besonderheiten und der Sinn und Zweck des Teilarbeitslosengeldes berücksichtigt werden. Mit dem Teilarbeitslosengeld soll der Teilzeitarbeitnehmer vor einem wesentlichen Einkommensausfall geschützt werden, den er nach längerer paralleler Ausübung von mehreren versicherungspflichtigen Beschäftigungen infolge des Wegfalls einer Beschäftigung erleidet (Begründung des Gesetzgebers, Bundestag-Drucks. 13/4941 S. 146 und 181). Die Klägerin bliebe, wenn der Auslegung der Beklagten und des Sozialgerichts gefolgt und die Rahmenfrist auf den Zeitraum vom 30.01.2002 bis 04.09.2002 beschränkt würde, vor dem Einkommensausfall eben nicht geschützt, obwohl sie die Beschäftigung bei der I Holzverarbeitungs- und Verpackungs GmbH über einen längeren Zeitraum parallel zur ihren Beschäftigungen bei den Firmen F GmbH & Co KG, X Wohnwagenwerk GmbH/X Caravans GmbH und G ausgeübt hat.
Mit der Regelung des § 150 SGB III sollte zugleich der Anreiz geschaffen werden, neben der bereits ausgeübten Teilzeitbeschäftigung weitere Teilzeitarbeitsverhältnisse einzugehen. Nach dem Rechtszustand des Arbeitsförderungsgesetzes waren Arbeitnehmer, die zwei oder mehrere Beschäftigungen ausübten. Insoweit benachteiligt, als dass sie zwar mit beiden bzw. mehreren Einkommen beitragspflichtig waren, einen Anspruch auf Arbeitslosengeld indes nur bei Verlust beider bzw. aller Beschäftigungsverhältnisse bestand. Die Benachteiligung solcher Arbeitnehmer, die sich gerade besonders flexibel zeigen und mehrere Teilzeitarbeitsverhältnisse eingehen, etwa weil ein Vollzeitarbeitsverhältnis nicht zu finden ist, sollte mit den Regelungen zum Teilarbeitslosengeld beseitigt werden (vgl. Ricken, Arbeitslosengeldansprüche Teilzeitbeschäftigter nach dem SGB III, NZS 1997, 558, 562). Dem würde es zuwiderlaufen, wenn nicht jedes einzelne Teilzeitbeschäftigungsverhältnis (jeder "Beschäftigungsstrang") einen Anspruch auf Teilzeitarbeitslosengeld mit eigener Anwartschaftszeit begründen würde. Denn der Versicherte hätte kein nachhaltiges Interesse, eine weitere Teilzeitbeschäftigung aufzunehmen, wenn er - wie im vorliegenden Fall die Klägerin - befürchten müsste, seinen Anspruch auf Teilarbeitslosengeld aus einer bereits länger ausgeübten Tätigkeit (zeitweise) gänzlich zu verlieren. So hätte die Klägerin ohne die Aufnahme der Teilzeitbeschäftigung bei der Firma G am 05.09. 2004 Arbeitslosengeld erhalten, das lediglich nach § 128 Abs. 1 Nr. 2 SGBB III gemindert worden wäre.
Die vom Senat vorgenommene (weite) Auslegung wird zugleich den in § 2 Abs. 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) zum Ausdruck kommenden Vorstellungen und Absichten des Gesetzgebers gerecht. Nach § 2 Abs. 2 2. Halbsatz SGB I ist sicherzustellen, dass die sozialen Rechte weitgehend verwirklicht werden. Die Vorschrift ist bei der Rechtsfindung zu beachten und keinesfalls als Leerformel zu werten (vgl. BSG Urteil vom 22.09.1988, 2/9b RU 36/87, SozR 2200 § 545 Nr. 8; Urteil vom 17.12.1980, 12 RK 34/80, SozR 2000 § 381 Nr. 44). Eine restriktive Auslegung verbietet sich daher auch deshalb, weil andernfalls das Recht auf wirtschaftliche Sicherung bei Arbeitslosigkeit (§ 3 Abs. 2 Nr. 4 SGB I) beeinträchtigt würde, obwohl Teilzeitarbeitnehmer auch mit den Einkommenen beider (bzw. mehrerer) Beschäftigungsverhältnisse beitragspflichtig sind.
Der Senat hat die Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache, § 160 Abs.2 Nr. 1 SGG, zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Klägerin ab dem 05.09.2002 einen erneuten Anspruch auf Teilarbeitslosengeld erworben hat.
Die Klägerin war vom 01.01.2000 bis zum 03.09.2002 mit 20 Stunden wöchentlich bei der I Holzverarbeitungs- und Verpackungs GmbH beschäftigt. Neben dieser Tätigkeit übte sie die folgenden weiteren versicherungspflichtigen Beschäftigungen aus:
- Bis zum 15.10.2001 wöchentlich 25 Stunden bei der Firma F GmbH & Co KG.
- Vom 16.10.2001 bis zum 29.01.2002 war sie - zeitweise mit 8 Stunden täglich - bei einem Unternehmen tätig, das bis zum 13.12.2001 unter X Wohnwagenwerk GmbH und ab dem 14.12.2001 unter X Caravans GmbH firmierte.
Nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses bei der X Caravans GmbH meldete sich die Klägerin teilarbeitslos und bezog von der Beklagten vom 30.01.2002 bis zum 30.06.2002 Teilarbeitslosengeld. Zum 01.07.2002 nahm sie eine Beschäftigung von wöchentlich 20 Stunden bei der Firma G auf.
Die Klägerin meldete sich nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses bei der I Holzverarbeitungs- und Verpackungs GmbH - am 05.09.2002 - wiederum teilarbeitslos und beantragte Teilarbeitslosengeld. Mit Bescheid vom 16.09.2002 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, der am 30.01.2002 erworbene Teilarbeitslosengeldanspruch sei erloschen, da die Klägerin ab dem 01.07.2002 eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen habe. Ein neuer Anspruch auf Teilarbeitslosengeld sei nicht entstanden, da die Klägerin die erforderliche Anwartschaftszeit innerhalb der Rahmenfrist nicht erfüllt habe. Den am 23.09.2002 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18.10.2002 als unbegründet zurück. Ergänzend führte sie aus, für die Entstehung eines neuen Anspruchs auf Teilarbeitslosengeld sei Voraussetzung, dass die Klägerin innerhalb einer Rahmenfrist von zwei Jahren neben der auch noch nach Eintritt der Teilarbeitslosigkeit ausgeübten Beschäftigung mindestens 12 Monate eine weitere versicherungspflichtige Tätigkeit ausgeübt habe, die sie jetzt verloren habe. Dabei gelte jedoch die gesetzliche Maßgabe, dass die Rahmenfrist nicht in eine vorangegangene Rahmenfrist hineinreichen dürfe. Da die Klägerin ab 30.01.2002 bereits einmal Teilarbeitslosengeld bezogen habe, sei die Rahmenfrist nunmehr auf die Zeit vom 30.01.2002 bis zum 04.09.2002 zu bestimmen. In dieser Zeit habe sie nicht 12 Monate in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden.
Zur Begründung ihrer am 18.11.2002 erhobenen Klage hat die Klägerin vorgetragen, sie habe insgesamt 33 Monate bei der I Holzverarbeitungs- und Verpackungs GmbH gearbeitet. Durch diese Tätigkeit habe sie einen eigenständigen Anspruch erworben, für den die erforderliche Anwartschaftszeit erfüllt sei.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 16.09.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.10.2002 zu verurteilen, ihr Teilarbeitslosengeld ab dem 05.09.2002 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat darauf hingewiesen, dass für die Zahlung von Teilarbeitslosengeld am 05.09.2002 die Anwartschaftszeit nicht erfüllt sei. Mit der Entstehung des Teilarbeitslosengeldanspruchs zum 30.01.2002 sei die erste Rahmenfrist - für den Zeitraum vom 30.01.2000 bis 29.01.2002 - festgelegt worden. Bei der erneuten Arbeitslosmeldung am 05.09.2002 habe eine neue Rahmenfrist gebildet werden müssen. Dabei sei zu beachten gewesen, dass gemäß § 150 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 i.V. mit § 124 Abs. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) die neue Rahmenfrist nicht in eine alte Rahmenfrist hineinreichen dürfe. Die Klägerin habe keinen neuen Anspruch auf Teilarbeitslosengeld erworben, weil sie innerhalb der Teilarbeitslosengeld-Rahmenfrist - vom 30.01.2002 bis 04.09.2002 - nicht mindestens 12 Monate neben der weiterhin ausgeübten versicherungspflichtigen Beschäftigung eine weitere versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt habe. Der Anspruch auf Teilarbeitslosengeld vom 30.01.2002 sei am 01.07.2002 durch die Aufnahme einer neuen Beschäftigung mit einer Arbeitszeit von mehr als 5 Stunden pro Woche erloschen.
Mit Urteil vom 09.10.2003 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe in der Zeit vom 30.01.2002 bis 30.06.2002 bereits einmal Teilarbeitslosengeld von der Beklagten bezogen. Diesem Anspruch habe eine Rahmenfrist vom 30.01.2000 bis zum 29.01.2002 zugrunde gelegen, in der die Klägerin die erforderliche Anwartschaftszeit erfüllt habe. Die für den streitigen Anspruch maßgebliche Rahmenfrist könne daher erst ab dem 30.01.2002 beginnen. Sinn und Zweck dieser auch für das Teilarbeitslosengeld geltenden Vorschrift des § 124 Abs. 2 SGB III sei es zu vermeiden, dass dieselben Beschäftigungszeiten mehrmals eine Anwartschaftszeit begründeten. Da die Rahmenfrist nur gut sieben Monate betrage, sei die erforderliche zwölfmonatige Anwartschaftszeit nicht erfüllt.
Wegen der weiteren Entscheidungsgründe wird auf Blatt 28 bis 34 der Gerichtsakten verwiesen.
Gegen das am 27.10.2003 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 12.11.2003 Berufung eingelegt. Sie vertritt die Auffassung, dass aufgrund der Beschäftigung bei der Firma I Holzverarbeitungs- und Verpackungs GmbH ein erneuter Anspruch auf Teilarbeitslosengeld entstanden sei. Dieses Beschäftigungsverhältnis müsse bei der Ermittlung der Anwartschaftszeiten berücksichtigt werden. Sie beanspruche Teilarbeitslosengeld für eine Beschäftigung, in der sie zuvor 33 Monate lang gearbeitet habe. Folglich sei die grundsätzliche Frist von zwei Jahren für die Geltendmachung eines Anspruches auf Arbeitslosengeld gewahrt. Die Rahmenfrist verkürze sich nicht. Sinn und Zweck der Vorschrift des § 124 Abs. 2 SGB III sei es zu vermeiden, dass dieselben Beschäftigungszeiten mehrmals eine Anwartschaft begründeten. Die Beklagte und das erstinstanzliche Gericht ließen unberücksichtigt, dass die Ablehnung des Teilarbeitslosengeldes zu einer unangemessenen Benachteiligung führen würde. Wäre sie während der Gewährung des Teilarbeitslosengeldes auch aus der Beschäftigung bei der I Holzverarbeitungs- und Verpackungs GmbH ausgeschieden, hätte ihr ein Anspruch auf Arbeitslosengeld unter Berücksichtigung beider von ihr eingegangener Beschäftigungsverhältnisse zugestanden. Die Aufnahme eines Beschäftigungsverhältnisses führe - der Rechtsauffassung der Beklagten folgend - faktisch zu einem Ausschluss ihrer Versicherungsleistung, obwohl Versicherungspflicht bestanden habe.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 09.10.2003 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 16.09.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.10.2002 zu verurteilen, ihr Teilarbeitslosengeld ab dem 05.09.2002 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Sie hält den gedanklichen Ansatz der Klägerin für unzutreffend. Nicht jedes einzelne Teilzeitbeschäftigungsverhältnis begründe einen einzelnen Anspruch auf Teilzeitarbeitslosengeld mit eigener Anwartschaftszeit. Die Erfüllung der Anwartschaftszeit sei erst dann wieder gegeben, wenn nach dem letzten Tag des Bezuges von Teilarbeitslosengeld - egal aus welcher Beschäftigung - erneut eine ausreichende Anzahl von Tagen für eine neue Anwartschaftszeit erfüllt worden sei. Zur weiteren Begründung verweist sie auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil.
Der weiteren Einzelheiten wegen wird Bezug genommen auf den übrigen Inhalt der Streitakten und der Verwaltungsakten der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist begründet.
Die Klägerin ist durch die angefochtenen Bescheide der Beklagten im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert. Die Bescheide sind rechtswidrig. Die Klägerin hat ab dem 05.09.2002 einen Anspruch auf Teilarbeitslosengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen.
Nach § 150 Abs. 1 SGB III hat Anspruch auf Teilarbeitslosengeld ein Arbeitnehmer, der teilarbeitslos ist, sich arbeitslos gemeldet und die Anwartschaftszeit für Teilarbeitslosengeld erfüllt hat. Die Klägerin war am 05.09.2002 teilarbeitslos i.S. des § 150 Abs. 1 Nr. 1 SGB III i. V. mit § 150 Abs. 2 Nr. 1 SGB III, weil sie die - neben der Tätigkeit bei der Firma G - ausgeübte Beschäftigung bei der I Holzverarbeitungs- und Verpackungs GmbH verloren hatte. Weiterhin hat die Klägerin sich gem. § 150 Abs. 1 Nr. 2 SGB III am 05.09.2002 teilarbeitslos gemeldet.
Die Klägerin hat darüber hinaus gem. § 150 Abs. 1 Nr. 3 SGB III i.V. mit § 150 Abs. 2 Nr. 2 SGB III die Anwartschaftszeit für das Teilarbeitslosengeld erfüllt. Nach § 150 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 SGB III erfüllt die Anwartschaftszeit für das Teilarbeitslosengeld, wer in der Teilarbeitslosengeld-Rahmenfrist von zwei Jahren neben der weiterhin ausgeübten versicherungspflichtigen Beschäftigung mindestens zwölf Monate eine weitere versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt hat. Für die Teilarbeitslosengeld-Rahmenfrist gelten die Regelungen zum Arbeitslosengeld über die Rahmenfrist entsprechend (§ 150 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 SGB III). Gemäß § 124 Abs. 1 SGB III beginnt die Rahmenfrist mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld, für die Klägerin mithin am 04.09.2002. Im danach maßgeblichen Zeitraum vom 05.09.2000 bis 04.09.2002 hat die Klägerin bei der Firma I Holzverarbeitungs- und Verpackungs GmbH eine versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt.
Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts kann die Rahmenfrist für den geltend gemachten Anspruch nicht gemäß § 124 Abs. 2 SGB III auf die Zeit ab dem 30.01.2002 beschränkt werden. Die Rahmenfrist vom 30.01.2000 bis 29.01.2002 lag der Zahlung des Teilarbeitslosengeldes ab dem 30.01.2002 zugrunde. Sie muss für die Bemessung der Teilarbeitslosengeld-Rahmenfrist für die am 05.09.2002 eingetretene (weitere) Teilarbeitslosigkeit außer Betracht bleiben. Denn die Ansprüche auf Teilarbeitslosengeld beruhen auf unterschiedlichen Beschäftigungsverhältnissen bzw. unterschiedlichen "Beschäftigungssträngen". Während die Rahmenfrist vom 30.01.2000 bis 29.01.2002 allein auf den Beschäftigungen der Klägerin bei den Firmen F GmbH & Co KG, X Wohnwagenwerk GmbH/X Caravans GmbH beruht, der sich nach der Teilarbeitslosigkeit die Beschäftigung bei der Firma G angeschlossen hat, wird die Rahmenfrist für die am 05.09.2002 eingetretene Teilarbeitslosigkeit ausschließlich durch die von der Klägerin dazu parallel ausgeübte (weitere) Beschäftigung bei der Firma I Holzverarbeitungs- und Verpackungs GmbH bestimmt. Die Regelung des § 124 Abs. 2 SGB III, nach der die Rahmenfrist nicht in eine vorangegangene Rahmenfrist hinein reichen darf, findet gesondert für zusammenhängende Teilzeitarbeitsverhältnisse ("Beschäftigungsstränge") Anwendung.
Diese Auslegung verdient den Vorzug, weil sie dem Wortlaut des § 150 Abs. 2 Nr. 2 SGB III entspricht sowie dem Sinn und Zweck des Teilarbeitslosengeldes gerecht wird. § 150 Abs. 2 Nr. 2 SGB III regelt ausdrücklich die Ermittlung der "Teilarbeitslosengeld"-Rahmenfrist. Nach Auffassung des Senats kann daher auch nur auf das (Teil-) Beschäftigungsverhältnis abgestellt werden, aufgrund dessen Beendigung der Teilarbeitslosengeldanspruch geltend gemacht wird. Darüber hinaus sind gemäß § 150 Abs. 2 Nr. 2 SGB III die Regelungen zum Arbeitslosengeld lediglich "entsprechend" anzuwenden. Eine entsprechende Anwendung des § 124 Abs. 2 SGB III führt entgegen der Auffassung der Beklagten keinesfalls zwingend dazu, den Anspruch auf Teilarbeitslosengeld als Gesamtheit zu beurteilen und die Erfüllung der Anwartschaftszeit erst dann wieder anzunehmen, wenn nach dem letzten Tag des Bezuges von Teilarbeitslosengeld - egal aus welcher Beschäftigung - erneut eine ausreichende Anzahl von Tagen für eine neue Anwartschaftszeit zurückgelegt worden ist. Denn § 124 Abs. 2 SGB III trägt allein dem allgemeinen Grundsatz Rechnung, dass ein Versicherungspflichtverhältnis nicht mehrmals eine Anwartschaft begründen soll. Es darf daher nicht auf Tatbestände abgestellt werden, die bereits für einen früheren Anspruch auf Arbeitslosengeld bestimmend waren; vielmehr soll eine zeitliche Nähe zum Versicherungsfall der Arbeitslosigkeit bestehen (vgl. BSG Urteil vom 01.04.1993, 7 RAr 68/92, SozR 3-4100 § 112 Nr.13; Söhngen in Hennig, Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) - Arbeitsförderung - § 124 Rdn. 1, 2.; Valgolio in Spellbrink/Eicher, Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, § 10 Rdn. 6). Die Klägerin hat indes in zwei Versicherungsverhältnissen gestanden. Während die Beschäftigungen bei den Firmen F und X Wohnwagenwerk GmbH/ X Caravans GmbH für den Teilarbeitslosengeldanspruch ab 30.01.2002 bestimmend waren, hat die Klägerin Ansprüche auf Teilarbeitslosengeld aufgrund der unmittelbar vor Eintritt der Arbeitslosigkeit ausgeübten Teilzeitbeschäftigung bei der I Holzverarbeitungs- und Verpackungs GmbH bisher nicht geltend gemacht. Die nach § 150 Abs. 2 Nr. 2 SGB III gebotene entsprechende Anwendung des § 124 Abs. 2 SGB III hätte nur dann zur Beachtung der am 29.01.2002 endenden Rahmenfrist und damit zum Ausschluss des Anspruchs auf Teilarbeitslosengeld führen dürfen, wenn die Klägerin am 05.09.2002 die Beschäftigung bei der Firma G verloren hätte. Für die nach § 150 Abs. 2 Nr. 2 SGB III gebotene "entsprechende" Anwendung des § 124 Abs. 2 SGB III bleibt insoweit Raum.
Darüber hinaus müssen die Besonderheiten und der Sinn und Zweck des Teilarbeitslosengeldes berücksichtigt werden. Mit dem Teilarbeitslosengeld soll der Teilzeitarbeitnehmer vor einem wesentlichen Einkommensausfall geschützt werden, den er nach längerer paralleler Ausübung von mehreren versicherungspflichtigen Beschäftigungen infolge des Wegfalls einer Beschäftigung erleidet (Begründung des Gesetzgebers, Bundestag-Drucks. 13/4941 S. 146 und 181). Die Klägerin bliebe, wenn der Auslegung der Beklagten und des Sozialgerichts gefolgt und die Rahmenfrist auf den Zeitraum vom 30.01.2002 bis 04.09.2002 beschränkt würde, vor dem Einkommensausfall eben nicht geschützt, obwohl sie die Beschäftigung bei der I Holzverarbeitungs- und Verpackungs GmbH über einen längeren Zeitraum parallel zur ihren Beschäftigungen bei den Firmen F GmbH & Co KG, X Wohnwagenwerk GmbH/X Caravans GmbH und G ausgeübt hat.
Mit der Regelung des § 150 SGB III sollte zugleich der Anreiz geschaffen werden, neben der bereits ausgeübten Teilzeitbeschäftigung weitere Teilzeitarbeitsverhältnisse einzugehen. Nach dem Rechtszustand des Arbeitsförderungsgesetzes waren Arbeitnehmer, die zwei oder mehrere Beschäftigungen ausübten. Insoweit benachteiligt, als dass sie zwar mit beiden bzw. mehreren Einkommen beitragspflichtig waren, einen Anspruch auf Arbeitslosengeld indes nur bei Verlust beider bzw. aller Beschäftigungsverhältnisse bestand. Die Benachteiligung solcher Arbeitnehmer, die sich gerade besonders flexibel zeigen und mehrere Teilzeitarbeitsverhältnisse eingehen, etwa weil ein Vollzeitarbeitsverhältnis nicht zu finden ist, sollte mit den Regelungen zum Teilarbeitslosengeld beseitigt werden (vgl. Ricken, Arbeitslosengeldansprüche Teilzeitbeschäftigter nach dem SGB III, NZS 1997, 558, 562). Dem würde es zuwiderlaufen, wenn nicht jedes einzelne Teilzeitbeschäftigungsverhältnis (jeder "Beschäftigungsstrang") einen Anspruch auf Teilzeitarbeitslosengeld mit eigener Anwartschaftszeit begründen würde. Denn der Versicherte hätte kein nachhaltiges Interesse, eine weitere Teilzeitbeschäftigung aufzunehmen, wenn er - wie im vorliegenden Fall die Klägerin - befürchten müsste, seinen Anspruch auf Teilarbeitslosengeld aus einer bereits länger ausgeübten Tätigkeit (zeitweise) gänzlich zu verlieren. So hätte die Klägerin ohne die Aufnahme der Teilzeitbeschäftigung bei der Firma G am 05.09. 2004 Arbeitslosengeld erhalten, das lediglich nach § 128 Abs. 1 Nr. 2 SGBB III gemindert worden wäre.
Die vom Senat vorgenommene (weite) Auslegung wird zugleich den in § 2 Abs. 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) zum Ausdruck kommenden Vorstellungen und Absichten des Gesetzgebers gerecht. Nach § 2 Abs. 2 2. Halbsatz SGB I ist sicherzustellen, dass die sozialen Rechte weitgehend verwirklicht werden. Die Vorschrift ist bei der Rechtsfindung zu beachten und keinesfalls als Leerformel zu werten (vgl. BSG Urteil vom 22.09.1988, 2/9b RU 36/87, SozR 2200 § 545 Nr. 8; Urteil vom 17.12.1980, 12 RK 34/80, SozR 2000 § 381 Nr. 44). Eine restriktive Auslegung verbietet sich daher auch deshalb, weil andernfalls das Recht auf wirtschaftliche Sicherung bei Arbeitslosigkeit (§ 3 Abs. 2 Nr. 4 SGB I) beeinträchtigt würde, obwohl Teilzeitarbeitnehmer auch mit den Einkommenen beider (bzw. mehrerer) Beschäftigungsverhältnisse beitragspflichtig sind.
Der Senat hat die Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache, § 160 Abs.2 Nr. 1 SGG, zugelassen.
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