L 6 RJ 266/02

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 12 RJ 865/95 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 6 RJ 266/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 13 RJ 5/05 BH
Datum
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 10. Dezember 2001 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist ein früherer Beginn der Regelaltersrente für den am 27.05.1997 verstorbenen Ehemann der Klägerin.

Der 1928 geborene Versicherte, der in seiner Heimat keine Versicherungszeiten zurückgelegt hat, war in der Zeit vom 09.11.1964 bis 30.09.1993 in der deutschen Arbeiterrentenversicherung versicherungspflichtig. In der Zeit vom 01.04.1987 bis 30.09.1993 wurden für ihn Pflichtbeiträge im Vorruhestand entrichtet. Auf seinen Antrag vom 31.08.1994 beim Sozialversicherungsträger der Republik Kroatien in Z. gewährte die Beklagte mit Bescheid vom 07.02.1995 Regelaltersrente ab 01.08.1994.

Dagegen hat der Versicherte Widerspruch eingelegt, mit dem er Rente bereits ab dem Folgemonat der Vollendung seines 65. Lebensjahres, dem 01.10.1993, begehrte. Zur Begründung trug er vor, dass er bereits am 06.09.1993 beim kroatischen Versicherungsträger einen entsprechenden Antrag gestellt habe. Zum Beweis legte er die Kopie eines Schreibens vom 06.09.1993 an den Versicherungsträger Kroatiens in Z. sowie die Kopie eines Einlieferungsscheines bei der Post in L. vom 06.09.1993 vor. Auf Anfrage der Beklagten teilte dazu der kroatische Rentenversicherungsträger in Z. mit, das Schreiben des Klägers vom 06.09.1993, mit dem er einen Rentenantrag gestellt haben wollte, sei nicht bei der Filiale eingegangen. Mit Widerspruchsbescheid vom 31.07.1995 lehnte es die Beklagte darauf erneut ab, die Regelaltersrente bereits ab 01.10.1993 zu gewähren. Die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung einer Regelaltersrente seien zwar bereits am 19.09.1993 erfüllt gewesen. Die Rente könne jedoch erst von dem Kalendermonat an geleistet werden in dem sie wirksam beantragt worden sei, also zum 01.08.1994, da ein Rentenantrag erst zum Zeitpunkt des 31.08.1994 als wirksam gestellt nachgewiesen worden sei.

Dagegen hat der Versicherte Klage zum Sozialgericht Landshut erhoben, mit der er weiter Regelaltersrente bereits ab 01.10. 1993 begehrt. Nach dem Ableben des Versicherten am 27.05.1997 setzte seine hinterbliebene Ehefrau den Rechtsstreit fort.

Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 10.12.2001 die Beklagte verurteilt, bereits zum 01.03.1993 die Regelaltersrente zu gewähren. Die Entscheidung hat es damit begründet, dass dem Versicherten hinsichtlich der versäumten Antragsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 27 Abs.1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X - zu gewähren sei. Für die Kammer sei glaubhaft gemacht, dass den Versicherten an der Versäumung der Antragsfrist kein Verschulden treffe. Der Kläger habe bereits mit Schreiben vom 06.09.1993 Antrag auf Altersrente gestellt, von dem er ausgehen konnte, dass es ordnungsgemäß durch die Post zugestellt werden würde. Zudem habe der Versicherte bereits am 31.08.1994 vorsorglich erneut einen Antrag gestellt und am 23.01.1995 persönlich in Z. vorgesprochen und sich wegen seines bereits am 06.09.1993 gestellten Antrages erkundigt. Den Versicherten treffe daher kein Verschulden an der verspäteten Antragstellung.

Dagegen hat die Beklagte Berufung eingelegt. Nachgewiesen sei lediglich eine Antragstellung vom 31.08.1994, mit der Folge, dass als Rentenbeginn wegen verspäteter Antragstellung der 01.08.1994 festzulegen gewesen sei. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei nicht möglich, da der Verstorbene nicht schuldlos an der Fristversäumnis sei. Er habe die gebotene und nach den Umständen zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen und hätte sich wie andere Versicherte auch gegebenenfalls persönlich an einen Versicherungsträger in seiner Heimat wenden müssen. Der Kläger habe infolge der Kriegshandlungen nicht davon ausgehen können, dass eine in Bosnien-Herzegowina versandte Sendung den kroatischen Versicherungsträger erreichen würde. Ebensowenig habe er aufgrund eines sog. sozialrechtlichen Herstellungsanspruches ein Recht auf Zahlung seines Altersruhegeldes ab 01.10.1993, insbesondere habe die Beklagte nicht ihre Aufklärungspflichten gemäß § 115 Abs.6 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) verletzt, weil ihr die Anschrift des Klägers im Ausland nicht bekannt gewesen sei. Selbst wenn dennoch von einer Pflichtverletzung ausgegangen werde, sei diese nicht ursächlich für die Versäumung der Antragsfrist gewesen, da der Versicherte, wie sich aus seinem Schreiben vom 06.09.1993 ergebe, sich über die Notwendigkeit einen Rentenantrag rechtzeitig zu stellen, im Klaren gewesen sei. Der Versicherte habe lediglich dadurch seinen Antrag nicht rechtzeitig gestellt, weil er nicht die nötige Sorgfalt aufgewandt habe, einen rechtzeitigen Eingang seines Rentenantrages bei einem Versicherungsträger zu gewährleisten.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 10.12.2001 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 10.12.2001 zurückzuweisen.

Beigezogen waren die Akten der Beklagten und die des Sozialgerichts Landshut, auf deren Inhalt sowie auf den Inhalt der Berufungsakte zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, sachlich ist sie ebenfalls begründet, weil dem Versicherten die Regelaltersrente erst ab 01.08.1994 zu zahlen war. Gemäß § 99 SGB VI wird das Altersruhegeld lediglich dann ab Beginn des Folgemonats nachdem die Voraussetzungen erfüllt sind gezahlt, wenn der Antrag innerhalb von drei Monaten nach Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen gestellt wird. Dieses Antragserfordernis ist erst mit Eingang des Rentenantrages am 31.08.1994 erfüllt. Dementsprechend hatte der Versicherte auch erst ab 01.08.1994 Anspruch auf Zahlung des Altersruhegeldes. Ein früherer Zeitpunkt des Eingangs eines Antrags auf Altersruhegeld ist nicht nachgewiesen. Der Senat sieht es zwar als möglich an, dass der Versicherte am 06.09.1993 ein entsprechendes Einschreiben zur Post gegeben hat, der für einen gültigen Antrag jedoch erforderliche Eingang bei dem Versicherungsträger konnte jedoch nicht bewiesen werden, mit der Folge, dass ein rechtsgültiger Antrag erst am 31.08.1994 als gestellt angesehen werden kann.

Ebenso wenig läßt sich ein Rentenbeginn zum 01.10.1993 über einen sog. sozialrechtlichen Herstellungsanspruch bzw. wegen Verletzung der Aufklärungspflichten des § 115 SGB VI begründen. Wie sich aus dem Schreiben des Versicherten vom 06.09.1993 ergibt, war dieser darüber informiert, dass er ab Vollendung seines 65. Lebensjahres einen Anspruch auf Regelaltersrente hatte und er dazu einen Rentenantrag zu stellen hatte. Für den Fall eines bereits aufgeklärten Versicherten geht die Informationspflicht der Beklagten daher ins Leere.

Im Übrigen war sich der Versicherte, wie sich aus seinem Schreiben vom 06.09.1993 ergibt, durchaus der Unsicherheit der von ihm gewählten Antragstellung im Klaren, wie er auch selbst durch seinen weiteren vorsorglichen Rentenantrag vom 31.08.1994 beweist. Zudem gibt der Versicherte in seinem Antragsschreiben eine Anschrift in Kroatien an, sodass im Unklaren bleibt, weshalb der Antrag von einem Postamt in Bosnien abgeschickt worden ist. Im Übrigen ist die Gemeinde L. durch den Krieg kaum in Mitleidenschaft gezogen worden und im Wesentlichen von den Kriegsereignissen verschont geblieben. (vgl. Bericht für die Flüchtlingsrückkehr in www.bbs.bund.de (L.). Es lassen sich deshalb weder die Kriegsereignisse noch die Beklagte dafür verantwortlich machen, dass der Versicherte nicht innerhalb der Dreimonatsfrist einen rechtsgültigen Antrag auf Altersruhegeld gestellt hat. Die Beklagte weist in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hin, dass eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in diesem Fall nicht möglich ist.

Auf die Berufung der Beklagten war daher das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 10. Dezember 2001 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs.2 Nr.1 und 2 nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
Saved