Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
3
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 43 KA 5127/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 3 KA 506/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 12/05 R
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 07.11.2002 wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger hat der Beklagten die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten. Im Übrigen sind keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
I.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer sachlich-rechnerischen Berichtigung der Abrechnung des 2. Quartals 1997 wegen des mehrfachen Ansatzes von Leistungen nach der Nr. 54 des einheitlichen Bewertungsmaßstabs für zahnärztliche Leistungen (Bema-Z) im Primärkassenbereich bzw. der Anlage 1 des Ersatzkassenvertrages-Zahnärzte (EKV-Z) im Ersatzkassenbereich (nachfolgend nur Bema-Nr. 54).
Der Kläger ist Zahnarzt und Oralchirurg in L. und nimmt an der vertragszahnärztlichen Versorgung teil. Am 15.11.1999 teilte ihm die beklagte kassenzahnärztliche Vereinigung Bayerns (KZVB) mit, dass nach dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 13.05.1998 (SozR 3-5555 § 10 Nr.1) eine Wurzelspitzenresektion entsprechend der Bema-Nr. 54 nur einmal je Zahn und Sitzung abrechenbar sei. Sie werde daher die Berichtigung solcher Fälle des 2. Quartals 1997 zum Ende des 4. Quartals 1999 durchführen. Der rückzubelastende Betrag belaufe sich auf 5.838,91 DM und werde am 21.12.1999 von seinem Honorarkonto abgebucht werden.
Dagegen ließ der Kläger am 22.11.1999 durch seinen Bevollmächtigten Widerspruch einlegen mit der Begründung, eine Rechtsgrundlage für eine rückwirkende Korrektur der gemäß Bema-Nr. 54 b und c abgerechneten Leistungen existiere nicht. Zudem fehle es an formgültigen Anträgen der Kassen. Im Jahr 1997 habe es der allgemeinen Rechtsüberzeugung entsprochen, Wurzelspitzenresektionen je Wurzel abzurechnen. Das BSG habe in seinem Urteil vom 13.05.1998 nur zur Bema-Nr. 54 b und nicht zur Nr. 54 c entschieden.
Am 06.12.1999 erteilte die Beklagte dem Kläger einen mit Rechtsmittelbelehrung versehenen Bescheid, in dem sie die Berichtigung aufrechterhielt. Sie habe diese aufgrund fristgerechter Anträge der Kassen bzw. derer Verbände von Amts wegen durchzuführen. Innerhalb der hier geltenden, nicht abgelaufenen "Verjährungsfrist" von vier Jahren könne Honorar zurückgefordert werden; Vertrauensschutz bestehe nur für Zeiträume davor. Auch dagegen legte der Kläger Widerspruch ein.
In der Sitzung der Widerspruchsstelle für sachlich-rechnerische Berichtigungen vom 22.03.2000 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Nach der Entscheidung des BSG vom 13.05.1998 sei die Abrechnung der Bema-Nr. 54 b nur einmal je Zahn möglich, auch wenn mehrere Wurzelspitzen in derselben Sitzung reseziert werden. Soweit sich der Kläger auf Vertrauensschutz entsprechend § 45 des Zehnten Sozialgesetzbuches (SGB X) berufe, stünden die Urteile des BSG vom 10.05.1995 - 6 RKA 30/94 und 16.09.1998 - 6 R KA 40/98 entgegen. Danach finde § 45 SGB X im Bereich des Vertrags(zahn)arztrechts keine Anwendung. Ob und in welchem Umfang der Abrechnende auf die Richtigkeit der Abrechnung vertraut habe, sei nicht erheblich. Es komme allein darauf an, ob die Abrechnung vertragsgemäß gewesen sei. Dies habe das BSG bezüglich der Mehrfachabrechnung der Bema-Nr. 54 b ausdrücklich verneint; für die Nr. 54 c gelte nichts anderes. Die quartalsmäßigen Honorarzahlungen seien ohnehin gemäß § 2 Abs. 2 Satz 4 des Honorarverteilungsmaßstabes (HVM) vorläufig und bedürften daher keines weiteren Vorbehalts. Den Beschluss der Widerspruchsstelle für sachlich-rechnerische Berichtigung vom 22.03.2000 gab die Beklagte dem Kläger am 13.04.2000 bekannt.
Dagegen hat der Kläger am 11.05.2000 Klage beim Sozialgericht München (SG) erhoben und beantragt, den Bescheid vom 06.12. 1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11.05.2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die gemäß der Bema-Nr. 54 b und c abgerechneten Leistungen zu vergüten. Zur Begründung hat er u.a. vorgetragen, das Urteil des BSG vom 13.05.1998 stelle eine Änderung der Rechtsprechung dar und könne nur für die Zukunft wirken. In seiner Entscheidung vom 17.09.1997 zur - rückwirkenden - Änderung des EBM im Jahre 1996 (BSGE 81, 86) habe das BSG sehr wohl deutlich gemacht, dass eine Rückwirkung unzulässig sei. Außerdem habe die Beklagte im 2. Quartal 1997 bereits eine sachlich-rechnerische Berichtigung durchgeführt, die Beanstandung seinen Widerspruch zurückgenommen und ihm einen entsprechenden Widerspruchsbescheid erteilt. Damit habe der Quartalsbescheid seine Vorläufigkeit verloren. Die Beklagte hätte nur noch unter den erschwerten Bedingungen des § 45 SGB X berichtigen dürfen, die hier nicht erfüllt seien.
Die Beklagte hat ihre Auffassung aufrecht erhalten.
Mit Urteil vom 07.11.2002 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat die Auffassung der Beklagten geteilt und die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig erachtet. Die vom Kläger angeführten Berichtigungs- bzw. Abhilfebescheide vom 10.09.1997 und 19.03. 1997 hätten sich nicht mit der Rechtmäßigkeit der Mehrfachabrechnung von Leistungen nach der Bema-Nr. 54 b und/oder c befasst. Sie seien nicht geeignet, beim Kläger Vertrauen darauf zu erzeugen, dass sein Ansatz der Leistungen nach der Bema-Nr. 54 ordnungsgemäß sei und er mit keinerlei Berichtigungen mehr rechnen müsse.
Dagegen hat der Kläger Berufung eingelegt und zuletzt herausgestellt, die Beklagte habe mit Bescheid vom 10.09.1997 und der Abhilfe auf seinen Widerspruch im Teilabhilfebescheid vom 19.03.1998 einen Vertrauenstatbestand zu seinen Gunsten geschaffen und hätte nur unter den strengen Voraussetzungen des § 45 SGB X, die nicht erfüllt seien, verfahren dürfen. Hinzu komme, dass andere KZVen bundesweit das BSG-Urteil nicht rückwirkend umgesetzt hätten. Hierin liege eine Ungleichbehandlung ohne sachlichen Grund.
Der Senat hat die von den Berichtigungen betroffenen Kassen beigeladen.
Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 07.11.2002 sowie des Bescheides vom 15.11.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13.04.2000 zu verurteilen, einbehaltenes Honorar in Höhe von 2.984,97 Euro auszubezahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 07.11.2002 zurückzuweisen.
Sie hat das Urteil des SG für zutreffend gehalten.
Die erschienenen Beigeladenen schließen sich dem Antrag der Beklagten an; die übrigen Beigeladenen stellen keine Anträge.
Im Übrigen wird gemäß § 136 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf die Akten der Beklagten und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Entscheidungsgründe:
Die gem. § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte sowie nach § 143 i.V.m. § 144 SGG statthafte Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 15.11.1999 - sowie der wiederholende Bescheid vom 06.12.1999 - in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13.04.2000 entspricht der Sach- und Rechtslage.
Die Beklagte konnte den Honorarbescheid des Klägers für das 2. Quartal 1997 hinsichtlich der Mehrfachabrechnung von Wurzelspitzenresektionen an mehrwurzeligen Seitenzähnen bei Patienten in derselben Sitzung berichtigen und den überzahlten Betrag zurückfordern bzw. gegen den laufenden Honoraranspruch des Klägers aufrechnen. Vertrauensschutzgesichtspunkte stehen dem nicht - auch nicht aus vorausgegangener Berichtigung - entgegen.
Die Berichtigungsbefugnis der Beklagten ergibt sich aus § 75 Abs.2 Satz 2 1.Halbsatz des 5. Sozialgesetzbuchs (SGB V) in der maßgeblichen Fasssung des Gesundheitsstrukturgesetzes vom 21.12.1992 (BGBl. I S 2266). Danach haben die Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen (KZV) u.a. dafür zu sorgen, dass die Vertrags(zahn)ärzte die von ihnen erbrachten vertrags(zahn)ärztlichen Leistungen ordnungsgemäß, d.h. entsprechend der auf der Grundlage von § 83 Abs.1 SGB V abgeschlossenen Gesamtverträge (§ 19a BMV-Z i.V.m.§ 16 Abs.2 und 3 GV-Z und § 12 Abs.1 Satz 1 EKV-Z) abrechnen. Stellt sich bei dieser Überprüfung eine rechnerische oder gebührenordnungsmäßige Unrichtigkeit heraus, so hat die betroffene KZV eine Berichtigung vorzunehmen. Dies hat sie von Amts wegen oder auf Antrag der Kassen (so § 16 Abs. 2 1.Halbsatz GV-Z und § 12 Abs. 1 Satz 1 EKV-Z i.V.m. Beschluss Nr. 103 vom 16.02.1984) zu tun. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (Urteile vom 24.08.1994 - 6 RKa 20/93; vom 31.10.2001 - B 6 KA 16/00 R; vom 12.12.2001 - B 6 KA 3/01 R und vom 26.06.2002 - B 6 KA 26/01 R) kann eine Berichtigung der Honorarabrechnung eines Vertragszahnarztes auch dann noch erfolgen, wenn aufgrund der eingereichten Honorarabrechnung bereits eine Auszahlung an den Vetragszahnarzt erfolgt ist. Der Vertragszahnarzt hat dann das zuviel erhaltene Honorar zurückzuzahlen bzw. die Beklagte ist berechtigt, mit der Überzahlung gegen eine spätere Honorarforderung des Vertragszahnarztes aufzurechnen. Der Beklagten steht insoweit kein Ermessen zu, ob sie von ihrer grundsätzlichen Berichtigungsbefugnis Gebrauch machen will oder nicht. Sie ist hierzu vielmehr wegen des Gebots der Gleichbehandlung aller Vertrags(zahn)ärzte verpflichtet (BSG Urteil vom 31.10.01 a.a.O.), wenn ihr bekannt wird, dass eine Abrechnung Fehler aufweist. Der Einwand des Klägers, andere KZVen hätten des BSG-Urteil nicht rückwirkend umgesetzt, geht ins Leere, weil es keinen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht gibt. Der Berichtigungsanspruch setzt lediglich voraus, dass eine Abrechnung nicht vertragsgemäß vorgenommen wurde und sie daher unrichtig ist. Auf ein Verschulden kommt es nicht an. Dass die Mehrfachabrechnung von Leistungen nach der Bema-Nr. 54 b und c unrichtig ist, entnimmt der Senat dem Urteil des BSG vom 13.05.1998, dem er sich in jeder Hinsicht anschließt und dessen Begründung seiner Meinung nach auch auf die nicht zulässige Mehrfachabrechnung der Bema-Nr. 54 c zutrifft. Folglich war die Beklagte schon von Amts wegen verpflichtet, eine entsprechende Berichtigung vorzunehmen. Dass auch die Kassen von dem ihnen gesamtvertraglich eingeräumten Recht Gebrauch machten und Anträge stellten, ändert daran nichts, zumal die Beklagte deren Berichtigungsverlangen - wenn auch zeitlich verzögert bis zum Bekanntwerden des BSG-Urteils - entsprochen hatte. Auf die Einhaltung der den Kassen aufgegebenen Fristen, innerhalb derer sie solche Anträge stellen und damit ein Berichtigungsverfahren der Beklagten in Gang setzen können, kommt es nicht an.
Der Einwand des Klägers, durch die Berichtigung der Abrechnung des 2. Quartals 1997 am 10.09.1997 und den nachfolgenden Teilabhilfebescheid vom 19.03.1998 habe der Honorarbescheid seine Vorläufigkeit verloren mit der Folge, dass spätere Berichtigungen nur noch nach § 45 SGB X vorgenommen werden könnten, ist nicht begründet. Zum einen betraf diese Berichtigung nicht die Mehrfachabrechnung der Bema-Nr. 54 b und c, sondern im Wesentlichen andere Nummern und berührte nur im Falle des Patienten Muehlschlegel die Nr. 54 b. Allerdings war hier nicht die Mehrfachabrechnung, sondern die Abrechnung neben der Bema-Nr. 46 (Zahnentfernung) streitig, was die Beklagte im Teilabhilfebescheid vom 19.03.1998 schließlich zugestand.
Insoweit liegt kein vergleichbarer Fall vor, den das BSG am 26.06.2002 (B 6 KA 26/01 R) entschied. Dort war auf den Widerspruch des Arztes genau die Berichtigung der Gebührenziffer, die zuvor beanstandet worden war, wieder zurückgenommen worden. In diesem Fall ist - nach Meinung des BSG - die jedem Honorarbescheid innewohnende Vorläufigkeit im Verhältnis zum Vertragsarzt i n s o w e i t aufgehoben worden, als dass dann nur noch nach § 45 SGB X berichtigt werden kann. Nach Auffassung des Senats kann diese Feststellung nur so verstanden werden, dass auf dem Wort "insoweit" die maßgebliche Bedeutung liegt und daraus folgt, dass eine Berichtigung gerade wegen desselben Tatbestands erfolgte und wieder rückgängig gemacht wurde, der bei der zeitlich späteren - mit Rechtsmitteln angegriffenen - Richtigstellung Streitgegenstand ist. Dies trifft auf den vorliegenden Rechtstreit nicht zu. Einen umfassenden Ausschluss späterer Berichtigungen, wenn zuvor nur in Teilen richtiggestellt wurde, hält der Senat nicht für vertretbar. Zum einen wäre dann die Beklagte gut daran beraten, wenn sie etwaige Berichtigungsgründe sammelte und kurz vor Ablauf der vierjährigen Ausschlussfrist umfassend berichtigte, was einer schnellen Klärung kontraproduktiv wäre. Zum anderen wäre derjenige Arzt vor jeglichen späteren Berichtigungen geschützt, dessen Honorarabrechnung zunächst, weil schnell erkennbar, nur in einem unwesentlichen, wirtschaftlich unbedeutenden Teil berichtigt wurde und sich erst später andere, ins Gewicht fallende Unrichtigkeiten offenbarten. Ein Vertrauensschutz kann sich nur in Bezug auf die geprüfte Gebühr entwickeln. Aus diesen Gründen kann der Senat der Argumentation des Klägers nicht beitreten.
Er sieht auch keine Veranlassung, in Kenntnis des inzwischen veröffentlichten Urteils des BSG vom 30.06.2004 (B 6 KA 34/03; Juris) zu einem anderen Ergebnis zu gelangen. Das BSG vertrat darin die Meinung, dass trotz der im Vertragsarztrecht nicht anwendbaren Vorschrift des § 45 SGB X bei einer rückwirkenden Korrektur der individuell fehlerhaften Rechtsanwendung in Honorarbescheiden dem Vertrauensschutz der betroffenen (Zahn-)Ärzte in Weiterentwicklung des Urteils vom 31.10.2001 (a.a.O.) Rechnung zu tragen sei. Es sei dann auf die einzelnen Tatbestände des § 45 Abs.2 S 3 i.V.m. Abs. 4 SGB X zurückzugreifen. In dem vorgenannten Rechtsstreit von Zahnärzten einer Gemeinschaftspraxis war streitg, ob die beklagte KZÄV bereits bindend gewordene Honorarbescheide des 4. Quartals 1995 zum Nachteil der Kläger berichtigen durfte, nachdem das BSG (Urteil vom 03.12.1997 - 6 RKa 79/96) entschieden hatte, dass die Degressionsvorschriften anders als von der KZÄV praktiziert bei einem nicht ganzjährig beschäftigten Assistenten seiner Beschäftigungsdauer entsprechend aufzuteilen und die Kläger deshalb zur Rückzahlung eines Betrages in Höhe von zuletzt 154.588,41 DM verpflichtet seien. Der von der Beklagten berichtigte Ausgangshonorarbescheid sei zwar von Anfang an unrichtig gewesen, habe aber nur unter Abwägung der Interessen der Kläger am Bestand gegenüber dem Interesse der Beklagten an der Richtigstellung der Honorarabrechnung berichtigt werden dürfen. Danach sei das Interesse der Kläger am Bestand des ursprünglichen Degressionsbescheides schutzwürdiger. Der Beklagten sei zuzumuten gewesen, eine entsprechende Einigung mit den Kassen bis zur Klärung der strittigen Rechtsfrage in der Weise herbeizuführen, dass die Kassen sich an einer bestimmten Auslegung festhalten ließen, selbst wenn höchstrichterlich anders entschieden werde. Auf der anderen Seite wäre der Vertrauensschutz des betroffenen Arztes auf den Bestand eines ihm erteilten Honorarbescheides zu weitgehend aufgehoben, wenn er auch bei individuellen Rechtsanwendungsfehlern der KZÄV, die er nicht erkannt hatte oder auch nicht hatte erkennen können oder müssen, dem Risiko ausgesetzt wäre, dass ein ihm erteilter Honorarbescheid ohne umfangmäßige Begrenzung rückwirkend zu seinen Lasten verändert würde. Die problematische Grenzziehung zwischen der Berechtigung der KZÄV zu verhindern, dass einzelne Vertragärzte durch ursprünglich rechtswidrige, aber nicht korrigierbare Honorarbescheide zu Lasten der anderen Mitglieder der KZÄV begünstigt würden, und dem Interesse aller Vertragsärzte an der Kalkulierbarkeit ihrer Einnahmen und dem Schutz vor unvorhersehbaren, möglicherweise existenzgefährdenen Honorarrückforderungen wäre einseitig und ginge unausgewogen zu Lasten des einzelnen betroffenen Arztes.
Der Senat sieht den entscheidenden Unterschied zum vorgeschilderten Verfahren darin, dass hier die Unrichtigkeit einer Gebührenauslegung in Streit steht und nicht eine zugrundeliegende Unrichtigkeit eines Regelwerkes - wie z.B. des HVM -, dessen Anwendung in den Verantwortungsbereich der Beklagten fällt. Vielmehr handelt es sich bei einer streitigen Gebührenauslegung ausschließlich um einen unrichtigen Ansatz durch den Zahnarzt, selbst wenn dieser die Unrichtigkeit nicht kannte, nicht kennen konnte oder musste. Solche Unrichtigkeiten betreffen die Sphäre des Zahnarztes und gehören zum typischen Risiko, wie auch die von ihm vorgelegte Berichtigung vom 10.09.1997 zeigt. Für die Korrektur solcher Fehler ist die Berichtigung an sich konzipiert; mit entsprechenden Berichtigungen einzelner Gebührenansätze muss der Vertragsarzt rechnen. Es wäre völlig überzogen, wollte man der Beklagten zumuten, in den zahlreichen Fällen streitiger Gebührenansätze mit entsprechend zahlreichen darauf beruhenden Streitigkeiten in der Bundesrepublik, entweder einen konkreten Vorbehalt, wie vom BSG gefordert, oder eine Vereinbarung mit den jeweiligen Kassen über die Behandlung solcher Fälle treffen zu müssen. Dagegen kann dem Vertragsarzt zugemutet werden, mit dem Wegfall einzelner - wie hier in Höhe von 2.984,97 Euro und damit wirtschaftlich nicht existenzgefährdender - Honorarposten zu rechnen.
Eine andere Betrachtung hält der Senat auch dann nicht für geboten, wenn der Kläger, worauf er hinweist, entsprechend der von der Beklagten vorgegebenen Abrechnungshinweise handelte. Die Empfehlungen der Beklagten entsprachen lediglich der bis zur Entscheidung des BSG vom 13.05.1998 geltenden Rechtslage. Es ist nicht erkennbar, dass eine solche Vorgabe ein besonderes Vertrauen schaffen könnte. Dass es der Beklagten nicht zuzumuten war und ist, auf anhängige Streitsachen, die die Auslegung von Gebührentatbeständen betreffen, hinzuweisen, wurde bereits dargelegt. Ob dies auch dann zutrifft, wenn damit eine Rückforderung in existenzgefährdender Höhe verbunden ist, kann bei der hier in Streit stehenden Forderung dahinstehen. Der Senat sieht das Interesse der Beklagten im Hinblick auf ihre Verpflichtung, gesetzes- und vertragsgemäß zu handeln, im Vergleich zum Interesse des Klägers als schützenswerter an.
Er kommt damit zum Ergebnis, dass der angefochtene Bescheid vom 15.11.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13.04.2000 der Sach- und Rechtslage entspricht und deshalb Bestand hat. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 07.11.2002 war zurückzuweisen mit der Kostenfolge des § 193 SGG in der bis 02.01.2001 geltenden Fassung.
Wegen der vom BSG im Urteil vom 30.06.2004 nicht abschließend geklärten Frage der rückwirkenden Berichtigung einzelner Gebührentatbestände war die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nr.1 SGG).
II. Der Kläger hat der Beklagten die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten. Im Übrigen sind keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
I.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer sachlich-rechnerischen Berichtigung der Abrechnung des 2. Quartals 1997 wegen des mehrfachen Ansatzes von Leistungen nach der Nr. 54 des einheitlichen Bewertungsmaßstabs für zahnärztliche Leistungen (Bema-Z) im Primärkassenbereich bzw. der Anlage 1 des Ersatzkassenvertrages-Zahnärzte (EKV-Z) im Ersatzkassenbereich (nachfolgend nur Bema-Nr. 54).
Der Kläger ist Zahnarzt und Oralchirurg in L. und nimmt an der vertragszahnärztlichen Versorgung teil. Am 15.11.1999 teilte ihm die beklagte kassenzahnärztliche Vereinigung Bayerns (KZVB) mit, dass nach dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 13.05.1998 (SozR 3-5555 § 10 Nr.1) eine Wurzelspitzenresektion entsprechend der Bema-Nr. 54 nur einmal je Zahn und Sitzung abrechenbar sei. Sie werde daher die Berichtigung solcher Fälle des 2. Quartals 1997 zum Ende des 4. Quartals 1999 durchführen. Der rückzubelastende Betrag belaufe sich auf 5.838,91 DM und werde am 21.12.1999 von seinem Honorarkonto abgebucht werden.
Dagegen ließ der Kläger am 22.11.1999 durch seinen Bevollmächtigten Widerspruch einlegen mit der Begründung, eine Rechtsgrundlage für eine rückwirkende Korrektur der gemäß Bema-Nr. 54 b und c abgerechneten Leistungen existiere nicht. Zudem fehle es an formgültigen Anträgen der Kassen. Im Jahr 1997 habe es der allgemeinen Rechtsüberzeugung entsprochen, Wurzelspitzenresektionen je Wurzel abzurechnen. Das BSG habe in seinem Urteil vom 13.05.1998 nur zur Bema-Nr. 54 b und nicht zur Nr. 54 c entschieden.
Am 06.12.1999 erteilte die Beklagte dem Kläger einen mit Rechtsmittelbelehrung versehenen Bescheid, in dem sie die Berichtigung aufrechterhielt. Sie habe diese aufgrund fristgerechter Anträge der Kassen bzw. derer Verbände von Amts wegen durchzuführen. Innerhalb der hier geltenden, nicht abgelaufenen "Verjährungsfrist" von vier Jahren könne Honorar zurückgefordert werden; Vertrauensschutz bestehe nur für Zeiträume davor. Auch dagegen legte der Kläger Widerspruch ein.
In der Sitzung der Widerspruchsstelle für sachlich-rechnerische Berichtigungen vom 22.03.2000 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Nach der Entscheidung des BSG vom 13.05.1998 sei die Abrechnung der Bema-Nr. 54 b nur einmal je Zahn möglich, auch wenn mehrere Wurzelspitzen in derselben Sitzung reseziert werden. Soweit sich der Kläger auf Vertrauensschutz entsprechend § 45 des Zehnten Sozialgesetzbuches (SGB X) berufe, stünden die Urteile des BSG vom 10.05.1995 - 6 RKA 30/94 und 16.09.1998 - 6 R KA 40/98 entgegen. Danach finde § 45 SGB X im Bereich des Vertrags(zahn)arztrechts keine Anwendung. Ob und in welchem Umfang der Abrechnende auf die Richtigkeit der Abrechnung vertraut habe, sei nicht erheblich. Es komme allein darauf an, ob die Abrechnung vertragsgemäß gewesen sei. Dies habe das BSG bezüglich der Mehrfachabrechnung der Bema-Nr. 54 b ausdrücklich verneint; für die Nr. 54 c gelte nichts anderes. Die quartalsmäßigen Honorarzahlungen seien ohnehin gemäß § 2 Abs. 2 Satz 4 des Honorarverteilungsmaßstabes (HVM) vorläufig und bedürften daher keines weiteren Vorbehalts. Den Beschluss der Widerspruchsstelle für sachlich-rechnerische Berichtigung vom 22.03.2000 gab die Beklagte dem Kläger am 13.04.2000 bekannt.
Dagegen hat der Kläger am 11.05.2000 Klage beim Sozialgericht München (SG) erhoben und beantragt, den Bescheid vom 06.12. 1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11.05.2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die gemäß der Bema-Nr. 54 b und c abgerechneten Leistungen zu vergüten. Zur Begründung hat er u.a. vorgetragen, das Urteil des BSG vom 13.05.1998 stelle eine Änderung der Rechtsprechung dar und könne nur für die Zukunft wirken. In seiner Entscheidung vom 17.09.1997 zur - rückwirkenden - Änderung des EBM im Jahre 1996 (BSGE 81, 86) habe das BSG sehr wohl deutlich gemacht, dass eine Rückwirkung unzulässig sei. Außerdem habe die Beklagte im 2. Quartal 1997 bereits eine sachlich-rechnerische Berichtigung durchgeführt, die Beanstandung seinen Widerspruch zurückgenommen und ihm einen entsprechenden Widerspruchsbescheid erteilt. Damit habe der Quartalsbescheid seine Vorläufigkeit verloren. Die Beklagte hätte nur noch unter den erschwerten Bedingungen des § 45 SGB X berichtigen dürfen, die hier nicht erfüllt seien.
Die Beklagte hat ihre Auffassung aufrecht erhalten.
Mit Urteil vom 07.11.2002 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat die Auffassung der Beklagten geteilt und die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig erachtet. Die vom Kläger angeführten Berichtigungs- bzw. Abhilfebescheide vom 10.09.1997 und 19.03. 1997 hätten sich nicht mit der Rechtmäßigkeit der Mehrfachabrechnung von Leistungen nach der Bema-Nr. 54 b und/oder c befasst. Sie seien nicht geeignet, beim Kläger Vertrauen darauf zu erzeugen, dass sein Ansatz der Leistungen nach der Bema-Nr. 54 ordnungsgemäß sei und er mit keinerlei Berichtigungen mehr rechnen müsse.
Dagegen hat der Kläger Berufung eingelegt und zuletzt herausgestellt, die Beklagte habe mit Bescheid vom 10.09.1997 und der Abhilfe auf seinen Widerspruch im Teilabhilfebescheid vom 19.03.1998 einen Vertrauenstatbestand zu seinen Gunsten geschaffen und hätte nur unter den strengen Voraussetzungen des § 45 SGB X, die nicht erfüllt seien, verfahren dürfen. Hinzu komme, dass andere KZVen bundesweit das BSG-Urteil nicht rückwirkend umgesetzt hätten. Hierin liege eine Ungleichbehandlung ohne sachlichen Grund.
Der Senat hat die von den Berichtigungen betroffenen Kassen beigeladen.
Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 07.11.2002 sowie des Bescheides vom 15.11.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13.04.2000 zu verurteilen, einbehaltenes Honorar in Höhe von 2.984,97 Euro auszubezahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 07.11.2002 zurückzuweisen.
Sie hat das Urteil des SG für zutreffend gehalten.
Die erschienenen Beigeladenen schließen sich dem Antrag der Beklagten an; die übrigen Beigeladenen stellen keine Anträge.
Im Übrigen wird gemäß § 136 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf die Akten der Beklagten und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Entscheidungsgründe:
Die gem. § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte sowie nach § 143 i.V.m. § 144 SGG statthafte Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 15.11.1999 - sowie der wiederholende Bescheid vom 06.12.1999 - in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13.04.2000 entspricht der Sach- und Rechtslage.
Die Beklagte konnte den Honorarbescheid des Klägers für das 2. Quartal 1997 hinsichtlich der Mehrfachabrechnung von Wurzelspitzenresektionen an mehrwurzeligen Seitenzähnen bei Patienten in derselben Sitzung berichtigen und den überzahlten Betrag zurückfordern bzw. gegen den laufenden Honoraranspruch des Klägers aufrechnen. Vertrauensschutzgesichtspunkte stehen dem nicht - auch nicht aus vorausgegangener Berichtigung - entgegen.
Die Berichtigungsbefugnis der Beklagten ergibt sich aus § 75 Abs.2 Satz 2 1.Halbsatz des 5. Sozialgesetzbuchs (SGB V) in der maßgeblichen Fasssung des Gesundheitsstrukturgesetzes vom 21.12.1992 (BGBl. I S 2266). Danach haben die Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen (KZV) u.a. dafür zu sorgen, dass die Vertrags(zahn)ärzte die von ihnen erbrachten vertrags(zahn)ärztlichen Leistungen ordnungsgemäß, d.h. entsprechend der auf der Grundlage von § 83 Abs.1 SGB V abgeschlossenen Gesamtverträge (§ 19a BMV-Z i.V.m.§ 16 Abs.2 und 3 GV-Z und § 12 Abs.1 Satz 1 EKV-Z) abrechnen. Stellt sich bei dieser Überprüfung eine rechnerische oder gebührenordnungsmäßige Unrichtigkeit heraus, so hat die betroffene KZV eine Berichtigung vorzunehmen. Dies hat sie von Amts wegen oder auf Antrag der Kassen (so § 16 Abs. 2 1.Halbsatz GV-Z und § 12 Abs. 1 Satz 1 EKV-Z i.V.m. Beschluss Nr. 103 vom 16.02.1984) zu tun. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (Urteile vom 24.08.1994 - 6 RKa 20/93; vom 31.10.2001 - B 6 KA 16/00 R; vom 12.12.2001 - B 6 KA 3/01 R und vom 26.06.2002 - B 6 KA 26/01 R) kann eine Berichtigung der Honorarabrechnung eines Vertragszahnarztes auch dann noch erfolgen, wenn aufgrund der eingereichten Honorarabrechnung bereits eine Auszahlung an den Vetragszahnarzt erfolgt ist. Der Vertragszahnarzt hat dann das zuviel erhaltene Honorar zurückzuzahlen bzw. die Beklagte ist berechtigt, mit der Überzahlung gegen eine spätere Honorarforderung des Vertragszahnarztes aufzurechnen. Der Beklagten steht insoweit kein Ermessen zu, ob sie von ihrer grundsätzlichen Berichtigungsbefugnis Gebrauch machen will oder nicht. Sie ist hierzu vielmehr wegen des Gebots der Gleichbehandlung aller Vertrags(zahn)ärzte verpflichtet (BSG Urteil vom 31.10.01 a.a.O.), wenn ihr bekannt wird, dass eine Abrechnung Fehler aufweist. Der Einwand des Klägers, andere KZVen hätten des BSG-Urteil nicht rückwirkend umgesetzt, geht ins Leere, weil es keinen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht gibt. Der Berichtigungsanspruch setzt lediglich voraus, dass eine Abrechnung nicht vertragsgemäß vorgenommen wurde und sie daher unrichtig ist. Auf ein Verschulden kommt es nicht an. Dass die Mehrfachabrechnung von Leistungen nach der Bema-Nr. 54 b und c unrichtig ist, entnimmt der Senat dem Urteil des BSG vom 13.05.1998, dem er sich in jeder Hinsicht anschließt und dessen Begründung seiner Meinung nach auch auf die nicht zulässige Mehrfachabrechnung der Bema-Nr. 54 c zutrifft. Folglich war die Beklagte schon von Amts wegen verpflichtet, eine entsprechende Berichtigung vorzunehmen. Dass auch die Kassen von dem ihnen gesamtvertraglich eingeräumten Recht Gebrauch machten und Anträge stellten, ändert daran nichts, zumal die Beklagte deren Berichtigungsverlangen - wenn auch zeitlich verzögert bis zum Bekanntwerden des BSG-Urteils - entsprochen hatte. Auf die Einhaltung der den Kassen aufgegebenen Fristen, innerhalb derer sie solche Anträge stellen und damit ein Berichtigungsverfahren der Beklagten in Gang setzen können, kommt es nicht an.
Der Einwand des Klägers, durch die Berichtigung der Abrechnung des 2. Quartals 1997 am 10.09.1997 und den nachfolgenden Teilabhilfebescheid vom 19.03.1998 habe der Honorarbescheid seine Vorläufigkeit verloren mit der Folge, dass spätere Berichtigungen nur noch nach § 45 SGB X vorgenommen werden könnten, ist nicht begründet. Zum einen betraf diese Berichtigung nicht die Mehrfachabrechnung der Bema-Nr. 54 b und c, sondern im Wesentlichen andere Nummern und berührte nur im Falle des Patienten Muehlschlegel die Nr. 54 b. Allerdings war hier nicht die Mehrfachabrechnung, sondern die Abrechnung neben der Bema-Nr. 46 (Zahnentfernung) streitig, was die Beklagte im Teilabhilfebescheid vom 19.03.1998 schließlich zugestand.
Insoweit liegt kein vergleichbarer Fall vor, den das BSG am 26.06.2002 (B 6 KA 26/01 R) entschied. Dort war auf den Widerspruch des Arztes genau die Berichtigung der Gebührenziffer, die zuvor beanstandet worden war, wieder zurückgenommen worden. In diesem Fall ist - nach Meinung des BSG - die jedem Honorarbescheid innewohnende Vorläufigkeit im Verhältnis zum Vertragsarzt i n s o w e i t aufgehoben worden, als dass dann nur noch nach § 45 SGB X berichtigt werden kann. Nach Auffassung des Senats kann diese Feststellung nur so verstanden werden, dass auf dem Wort "insoweit" die maßgebliche Bedeutung liegt und daraus folgt, dass eine Berichtigung gerade wegen desselben Tatbestands erfolgte und wieder rückgängig gemacht wurde, der bei der zeitlich späteren - mit Rechtsmitteln angegriffenen - Richtigstellung Streitgegenstand ist. Dies trifft auf den vorliegenden Rechtstreit nicht zu. Einen umfassenden Ausschluss späterer Berichtigungen, wenn zuvor nur in Teilen richtiggestellt wurde, hält der Senat nicht für vertretbar. Zum einen wäre dann die Beklagte gut daran beraten, wenn sie etwaige Berichtigungsgründe sammelte und kurz vor Ablauf der vierjährigen Ausschlussfrist umfassend berichtigte, was einer schnellen Klärung kontraproduktiv wäre. Zum anderen wäre derjenige Arzt vor jeglichen späteren Berichtigungen geschützt, dessen Honorarabrechnung zunächst, weil schnell erkennbar, nur in einem unwesentlichen, wirtschaftlich unbedeutenden Teil berichtigt wurde und sich erst später andere, ins Gewicht fallende Unrichtigkeiten offenbarten. Ein Vertrauensschutz kann sich nur in Bezug auf die geprüfte Gebühr entwickeln. Aus diesen Gründen kann der Senat der Argumentation des Klägers nicht beitreten.
Er sieht auch keine Veranlassung, in Kenntnis des inzwischen veröffentlichten Urteils des BSG vom 30.06.2004 (B 6 KA 34/03; Juris) zu einem anderen Ergebnis zu gelangen. Das BSG vertrat darin die Meinung, dass trotz der im Vertragsarztrecht nicht anwendbaren Vorschrift des § 45 SGB X bei einer rückwirkenden Korrektur der individuell fehlerhaften Rechtsanwendung in Honorarbescheiden dem Vertrauensschutz der betroffenen (Zahn-)Ärzte in Weiterentwicklung des Urteils vom 31.10.2001 (a.a.O.) Rechnung zu tragen sei. Es sei dann auf die einzelnen Tatbestände des § 45 Abs.2 S 3 i.V.m. Abs. 4 SGB X zurückzugreifen. In dem vorgenannten Rechtsstreit von Zahnärzten einer Gemeinschaftspraxis war streitg, ob die beklagte KZÄV bereits bindend gewordene Honorarbescheide des 4. Quartals 1995 zum Nachteil der Kläger berichtigen durfte, nachdem das BSG (Urteil vom 03.12.1997 - 6 RKa 79/96) entschieden hatte, dass die Degressionsvorschriften anders als von der KZÄV praktiziert bei einem nicht ganzjährig beschäftigten Assistenten seiner Beschäftigungsdauer entsprechend aufzuteilen und die Kläger deshalb zur Rückzahlung eines Betrages in Höhe von zuletzt 154.588,41 DM verpflichtet seien. Der von der Beklagten berichtigte Ausgangshonorarbescheid sei zwar von Anfang an unrichtig gewesen, habe aber nur unter Abwägung der Interessen der Kläger am Bestand gegenüber dem Interesse der Beklagten an der Richtigstellung der Honorarabrechnung berichtigt werden dürfen. Danach sei das Interesse der Kläger am Bestand des ursprünglichen Degressionsbescheides schutzwürdiger. Der Beklagten sei zuzumuten gewesen, eine entsprechende Einigung mit den Kassen bis zur Klärung der strittigen Rechtsfrage in der Weise herbeizuführen, dass die Kassen sich an einer bestimmten Auslegung festhalten ließen, selbst wenn höchstrichterlich anders entschieden werde. Auf der anderen Seite wäre der Vertrauensschutz des betroffenen Arztes auf den Bestand eines ihm erteilten Honorarbescheides zu weitgehend aufgehoben, wenn er auch bei individuellen Rechtsanwendungsfehlern der KZÄV, die er nicht erkannt hatte oder auch nicht hatte erkennen können oder müssen, dem Risiko ausgesetzt wäre, dass ein ihm erteilter Honorarbescheid ohne umfangmäßige Begrenzung rückwirkend zu seinen Lasten verändert würde. Die problematische Grenzziehung zwischen der Berechtigung der KZÄV zu verhindern, dass einzelne Vertragärzte durch ursprünglich rechtswidrige, aber nicht korrigierbare Honorarbescheide zu Lasten der anderen Mitglieder der KZÄV begünstigt würden, und dem Interesse aller Vertragsärzte an der Kalkulierbarkeit ihrer Einnahmen und dem Schutz vor unvorhersehbaren, möglicherweise existenzgefährdenen Honorarrückforderungen wäre einseitig und ginge unausgewogen zu Lasten des einzelnen betroffenen Arztes.
Der Senat sieht den entscheidenden Unterschied zum vorgeschilderten Verfahren darin, dass hier die Unrichtigkeit einer Gebührenauslegung in Streit steht und nicht eine zugrundeliegende Unrichtigkeit eines Regelwerkes - wie z.B. des HVM -, dessen Anwendung in den Verantwortungsbereich der Beklagten fällt. Vielmehr handelt es sich bei einer streitigen Gebührenauslegung ausschließlich um einen unrichtigen Ansatz durch den Zahnarzt, selbst wenn dieser die Unrichtigkeit nicht kannte, nicht kennen konnte oder musste. Solche Unrichtigkeiten betreffen die Sphäre des Zahnarztes und gehören zum typischen Risiko, wie auch die von ihm vorgelegte Berichtigung vom 10.09.1997 zeigt. Für die Korrektur solcher Fehler ist die Berichtigung an sich konzipiert; mit entsprechenden Berichtigungen einzelner Gebührenansätze muss der Vertragsarzt rechnen. Es wäre völlig überzogen, wollte man der Beklagten zumuten, in den zahlreichen Fällen streitiger Gebührenansätze mit entsprechend zahlreichen darauf beruhenden Streitigkeiten in der Bundesrepublik, entweder einen konkreten Vorbehalt, wie vom BSG gefordert, oder eine Vereinbarung mit den jeweiligen Kassen über die Behandlung solcher Fälle treffen zu müssen. Dagegen kann dem Vertragsarzt zugemutet werden, mit dem Wegfall einzelner - wie hier in Höhe von 2.984,97 Euro und damit wirtschaftlich nicht existenzgefährdender - Honorarposten zu rechnen.
Eine andere Betrachtung hält der Senat auch dann nicht für geboten, wenn der Kläger, worauf er hinweist, entsprechend der von der Beklagten vorgegebenen Abrechnungshinweise handelte. Die Empfehlungen der Beklagten entsprachen lediglich der bis zur Entscheidung des BSG vom 13.05.1998 geltenden Rechtslage. Es ist nicht erkennbar, dass eine solche Vorgabe ein besonderes Vertrauen schaffen könnte. Dass es der Beklagten nicht zuzumuten war und ist, auf anhängige Streitsachen, die die Auslegung von Gebührentatbeständen betreffen, hinzuweisen, wurde bereits dargelegt. Ob dies auch dann zutrifft, wenn damit eine Rückforderung in existenzgefährdender Höhe verbunden ist, kann bei der hier in Streit stehenden Forderung dahinstehen. Der Senat sieht das Interesse der Beklagten im Hinblick auf ihre Verpflichtung, gesetzes- und vertragsgemäß zu handeln, im Vergleich zum Interesse des Klägers als schützenswerter an.
Er kommt damit zum Ergebnis, dass der angefochtene Bescheid vom 15.11.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13.04.2000 der Sach- und Rechtslage entspricht und deshalb Bestand hat. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 07.11.2002 war zurückzuweisen mit der Kostenfolge des § 193 SGG in der bis 02.01.2001 geltenden Fassung.
Wegen der vom BSG im Urteil vom 30.06.2004 nicht abschließend geklärten Frage der rückwirkenden Berichtigung einzelner Gebührentatbestände war die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nr.1 SGG).
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