Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 38 AL 593/99
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 5 AL 65/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 24. Oktober 2003, soweit es den Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld betrifft, und der Bescheid der Beklagten vom 19. Mai 1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12. April 1999 aufgehoben. Die Beklagte hat dem Kläger die Kosten der Rechtsverfolgung zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld zu gewähren hat.
Der Kläger ist Diplom-Physiker. Von 1972 bis 1979 war er Teilhaber der Unternehmensberatung U., die 1979 von einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts in eine GmbH umgewandelt wurde. Am Stammkapital dieser Gesellschaft war der Kläger – wie die beiden anderen Gesellschafter Dr. W. und Dr. R. - zu einem Drittel beteiligt.
Nach dem – undatierten - Gesellschaftsvertrag war eine Gesellschafterversammlung zumindest einmal jährlich unmittelbar nach Vorlage des Jahresabschlusses einzuberufen (§ 15 Abs. 1 Gesellschaftsvertrag – GesV). Gesellschafterbeschlüsse wurden mit 2/3-Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst (§ 16 Abs. 1 GesV); Beschlussfähigkeit war grundsätzlich nur bei Anwesenheit aller (drei) Gesellschafter gegeben (§ 15 Abs. 4 Satz 1 GesV). Eine Sperrminorität sah der Gesellschaftsvertrag nicht vor.
Der Kläger war zudem einer von drei bzw. – nach dem Ausscheiden von Dr. W. aus der Geschäftsführung im Jahre 1992 – einer von zwei Geschäftsführern der Gesellschaft.
Nach dem Anstellungsvertrag vom 13. September 1979 erhielt der Geschäftsführer ein in monatlichen Teilbeträgen ausgezahltes (Jahres-)Gehalt (§ 3 Abs. 1 Anstellungsvertrag - AnV). Er hatte Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall für die Dauer von 6 Monaten (§ 3 Abs. 3 AnV) sowie auf Jahresurlaub, der dem für die (leitenden) Angestellten entsprach (§ 5 AnV); zudem war eine lebenslängliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung zu gewähren (§ 6 AnV). Der Geschäftsführer konnte jederzeit abberufen werden (§ 1 Abs. 3 AnV), jedoch konnte sein Anstellungsverhältnis als solches durch die GmbH nur mit einer 24monatigen Kündigungsfrist beendet werden (§ 1 Abs. 1 AnV). Jeder Geschäftsführer vertrat die Gesellschaft allein (§ 2 Abs. 1 AnV) und war von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit (§ 2 Abs. 2 AnV)
Gemäß § 13 Abs. 4 GesV handelten die Geschäftsführer ´im Rahmen der von der Gesellschafterversammlung festgelegten Geschäftspolitik ; sie bedurften zu allen über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgehenden Geschäften (sowie insbesondere für weitere explizit aufgeführte Geschäfte) der Einwilligung der Gesellschafterversammlung (§ 13 Abs. 5 GesV).
Nachdem die Firma am 16. Februar 1995 ihre Betriebstätigkeit eingestellt hatte, wurde am 16. Mai 1995 das Konkursverfahren eröffnet.
Nach einer von August 1996 bis Januar 1997 ausgeübten Tätigkeit als Geschäftsführer bei der Firma A. meldete sich der Kläger am 3. Juni 1997 arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Mit Bescheid vom 9. Juli 1997 bewilligte die Beklagte ihm Arbeitslosengeld ab dem 3. Juni 1997, hob die Bewilligung jedoch mit Bescheid vom 19. Mai 1998 mit Wirkung für die Zeit ab dem 22. Mai 1998 wieder auf, da der Kläger nicht abhängig beschäftigt gewesen sei. Den hiergegen erhobenen Widerspruch des Klägers wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 12. April 1999 zurück.
Gegen den Widerspruchsbescheid vom 12. April 1999 hat der Kläger am 29. April 1999 Klage erhoben. Das Sozialgericht hat die Techniker-Krankenkasse sowie den Konkursverwalter der Firma U. beigeladen und das Verfahren mit dem – die Gewährung von Konkursausfallgeld betreffenden - Verfahren 38 AR 270/96 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. In der mündlichen Verhandlung am 24. Oktober 2003 hat es den Zeugen Dr. R. vernommen; wegen des Inhalts seiner Aussage wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.
Sodann hat es die Klage durch Urteil vom 24. Oktober 2003 abgewiesen. Der Kläger sei kein Arbeitnehmer gewesen. Zwar ergäben sich aus den vertraglichen Vereinbarungen keine eindeutigen Hinweise für oder gegen eine abhängige Beschäftigung, doch spreche die tatsächliche Ausgestaltung der Tätigkeit gegen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis, da weder eine irgendwie geartete Einordnung in eine fremdbestimmte Ordnung noch eine Weisungsgebundenheit des Klägers erkennbar sei. Die Gesamtwürdigung ergebe, dass der Kläger faktisch wie ein Miteigentümer die Geschäfte der Gesellschaft habe führen können und geführt habe.
Gegen das seinem Bevollmächtigten am 1. Dezember 2003 zugestellte Urteil hat der Kläger am 23. Dezember 2003 Berufung eingelegt.
Zur Begründung führt er aus, dass sich seine Arbeitnehmereigenschaft bereits aus den vertraglichen Vereinbarungen ergebe, wie bereits das Landgericht Hamburg in einem Verfahren des weiteren Geschäftsführers R. gegen den Konkursverwalter festgestellt habe. Zumindest ergäben sich aus ihnen nicht die besonderen Umstände, deren es bedürfe, um ihn angesichts der Tatsache, dass er weniger als 50 % des Stammkapitals gehalten habe, als selbständigen Unternehmer zu qualifizieren. Im Übrigen vermenge das Sozialgericht Aspekte eines kooperativen Führungsstils mit den Kriterien, die auf die Rechtsstellung eines selbständigen Unternehmers schließen ließen. Wäre dessen Argumentation richtig, so wären alle Gesellschafter/Geschäftsführer in einer GmbH mit kooperativem Führungsstil selbständige Unternehmer.
Das Sozialgericht habe nicht auf das Endprodukt der Entscheidung abstellen dürfen, also das Einvernehmen nach einer durchdiskutierten Nacht, sondern auf den Anfang einer derartigen Willensbildung, nämlich die unterschiedlichen Auffassungen der Gesellschafter/Geschäftsführer von bestimmten Projekten oder Wünschen eines einzelnen Gesellschafters/Geschäftsführers. Die bei ihm als Endprodukt des Diskussionsprozesses eingetretene Einsicht dürfe nicht darüber hinwegtäuschen, dass er sich letztlich der Weisung der anderen Gesellschafter/Geschäftsführer gebeugt habe. Gerade dies sei aber typisch für die Rechtsstellung des Arbeitnehmers.
Die für den Rechtsstreit entscheidende Frage sei, ob er die unternehmerische Macht gehabt habe, seine Anliegen durchzusetzen oder nicht. Dass dies nicht der Fall sei, habe die Zeugenbefragung ergeben; gleiches gelte für die Untersagung des Urlaubs, die wiederholt geleistete Mehrarbeit und die Anfertigung von Tätigkeitsberichten. Vorliegend müsse die Arbeitnehmereigenschaft durch besondere Umstände entkräftet werden, doch hätten diese auch im rechtlichen Bereich nicht vorgelegen. Abweichendes ergebe sich auch nicht aus dem Umstand, dass er Gesellschafter eines Vorläuferunternehmens gewesen sei.
Es habe eine Budgetgrenze von 15.000.- oder 20.000.- DM gegeben, über deren Überschreitung nur die Gesellschafterversammlung habe befinden können. Er habe in dem für die Führung eines Unternehmens wesentlichen Aspekt, nämlich dem Einsatz des zur Verfügung stehenden Kapitals, ganz offensichtlich nur eine untergeordnete Rolle gespielt. Wenn es ums Geld gegangen sei, sei nicht er, sondern der Zeuge Dr. R. mit seiner die Buchhaltung führenden Frau der Entscheidungsträger gewesen. Er sei "einsichtig" gewesen, wie es eben ein Arbeitnehmer sei, der akzeptiere, dass der andere Gesellschafter/Unternehmer das unternehmerische Risiko trage und damit auch über das investive Kapital gegen den Willen des angestellten Gesellschafter/Geschäftsführers verfüge.
Die Bindung an die Weisungen der Gesellschafterversammlung sei geradezu die Kehrseite des Unterliegens in der Gesellschafterversammlung. Unternehmerisch frei im eigentlichen Sinne sei nur derjenige, der seine Vorstellung von dem unternehmerischen Ziel, das die Gesellschaft verfolgen solle, auch durchsetzen könne. Im Übrigen müssten bei Spezialisten die herkömmlichen Abgrenzungskriterien differenziert betrachtet werden. Bei aller fachlichen Spezialisierung gebe es jedoch ein wesentliches Kriterium, das für die Einordnung des fachlich spezialisierten Arbeitnehmers in den Betrieb kennzeichnend sei. Er sei aufgrund seiner Fachkenntnisse zwar für die Verwirklichung der Unternehmensziele wesentlich, doch gebe er diese nicht vor. Unternehmensstrategische Maßnahmen seien in aller Regel von Finanzfragen abhängig; insoweit habe er aber eine nur untergeordnete Rolle gespielt.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 24. Oktober 2003, soweit es den Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld regelt, sowie den Bescheid der Beklagten vom 19. Mai 1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12. April 1999 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 24. Oktober 2003 zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, der Kläger sei gegenüber der Gesellschaft im Wesentlichen frei und nicht weisungsgebunden gewesen, auch wenn er sich in den Gesellschafterversammlungen mit den anderen Gesellschaftern habe einigen müssen. Die Gesellschafter hätten überwiegend einvernehmlich und projektbezogen gearbeitet und sich beispielgebend und freiwillig in den Betriebsablauf eingefügt, wobei die von ihnen zu erstellenden Tätigkeitsberichte in erster Linie zur Abrechnung mit den Kunden und zur Eigenkontrolle gedient hätten. Die Zeugen hätten übereinstimmend ausgesagt, dass die Gesellschafter die Firma im Wesentlichen gemeinsam geführt hätten und es zwischen ihnen kein Über- und Unterordnungsverhältnis gegeben habe. Wichtige endgültige Entscheidungen seien durch die Gesellschafter gemeinsam getroffen und hierbei fachmännische Urteile der kaufmännischen Mitarbeiter immer akzeptiert worden. Bestimmte Weisungen zur Wahrnehmung der Aufgaben seien den Gesellschafter-Geschäftsführern jedoch nicht erteilt worden.
Der Kläger habe die gleiche unternehmerische Macht wie die beiden anderen Gesellschafter gehabt. Auch diese hätten sich sicher von Vorschlägen des Klägers überzeugen lassen, so dass er dann die Anweisung erteilt habe. Aus dem Umstand, dass sich der Kläger in Finanzfragen meist der Meinung der Eheleute R. angeschlossen habe, lasse sich kein Weisungsrecht ableiten, sondern er belege ein gleichberechtigtes Miteinander, das von individuellen Fähigkeiten und Kenntnissen gekennzeichnet sei. Alle Entscheidungen seien zum Wohl der Firma getroffen worden, da alle Gesellschafter gleichermaßen auch das finanzielle Unternehmerrisiko getragen hätten.
Der Kläger habe die Unternehmensstrategie sehr wohl mit vorgeben und beeinflussen können, auch wenn er sich in Finanzfragen zurückgehalten habe. Die finanziellen Entscheidungen stellten nur eine Facette aller zu treffenden Entscheidungen dar. Der Gestaltungsfreiheit sei damit zwar der äußere Rahmen vorgegeben, jedoch obliege es allen Gesellschaftern gemeinsam, diesen Gesamtrahmen auszugestalten. In diesem Prozess habe der Kläger durch seine fachliche Kompetenz eine nicht unerhebliche Rolle gespielt. Dem stehe nicht entgegen, dass es bei Abstimmungen angeblich häufig zu einem 2:1 gekommen sein solle,. Ein abhängig Beschäftigter komme nie in die Situation, mit den Gesellschaftern des Unternehmens über die Unternehmensstrategie zu sprechen und über die weitere Vorgehensweise abzustimmen.
Durch Beschluss vom 1. Juli 2004 ist der die Gewährung von Konkursausfallgeld betreffende Teil des Verfahren – beim SG vormals unter 38 Ar 270/96 geführt - abgetrennt worden.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der in der Sitzungsniederschrift vom 10. Februar 2005 aufgeführten Akten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen sind.
In der mündlichen Verhandlung am 10. Februar 2005 sind zudem das einen Anspruch des Klägers auf Konkursausfallgeld betreffende Verfahren L 5 AL 107/03 sowie die – ebenfalls Ansprüche auf Arbeitslosengeld und Konkursausfallgeld aufgrund der Tätigkeit bei der Firma U. betreffenden – (seinerzeit verbundenen) Verfahren des Mitgesellschafters Dr. R. (L 5 AL 61/04 = 6 AR 144/97 und L 5 AL 13/01 = 6 AR 1365/95) verhandelt worden.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist statthaft, form- und fristgerecht eingelegt und auch sonst zulässig (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Sie ist auch begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtswidrig. Entgegen der Auffassung des SG und der Beklagten hatte der Kläger in der strittigen Zeit Anspruch auf Arbeitslosengeld.
Der Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld für die strittige Zeit richtet sich nach den erst am 31. Dezember 1997 ausser Kraft getretenen Bestimmungen des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG).
Neben Arbeitslosigkeit, Arbeitslosmeldung und Antragstellung sowie der Verfügbarkeit für die Arbeitsvermittlung, die hier nicht strittig sind, setzte der Anspruch auf Arbeitslosengeld gemäß § 100 Abs. 1 AFG die Erfüllung der Anwartschaftszeit voraus. Zu Unrecht gehen SG und Beklagte davon aus, dass der Kläger die Anwartschaftszeit nicht erfüllt hat.
Nach § 104 Abs. 1 Satz 1 AFG hat die Anwartschaftszzeit erfüllt, wer in der Rahmenfrist 360 Kalendertage in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung (§ 168 AFG) gestanden hat. Die Rahmenfrist beträgt drei Jahre (§ 104 Abs. 3 Hs. 1 AFG) und geht dem ersten Tag der Arbeitslosigkeit unmittelbar voraus, an dem die sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld erfüllt sind (§ 104 Abs. 2 AFG). Vorliegend lief die Rahmenfrist vom 3. Juni 1994 bis 2. Juni 1997, innerhalb derer der Kläger neben der - unstrittigen - abhängigen Beschäftigung bei der Firma A. von August 1996 bis Januar 1997 zumindest bis zur Eröffnung des Konkursverfahrens am 16. Mai 1995 als Geschäftsführer für die Firma U. tätig war.
Für diesen Zeitraum kann eine versicherungspflichtige Beschäftigung allerdings nicht bereits deswegen angenommen werden, weil Beiträge zur Beklagten unbeanstandet bis zum Ende der Geschäftsführertätigkeit des Klägers gezahlt worden sind. Das Leistungsrecht der Beklagten ist von der Beitragsentrichtung abgekoppelt (BSG, Urteil vom 6. März 2003, B 11 AL 25/02 R unter Hinweis auf BSGE 70, 81, 84 ff.) und eine Entscheidung der Einzugstelle bindet die Beklagte nicht hinsichtlich ihrer Entscheidung im Leistungsfall (BSG, Urteil vom 6. März 2003, B 11 AL 25/02 R; so schon BSG, Urteil vom 6. Februar 1992, 7 RAr 134/90).
Entscheidungserheblich ist somit, ob die vom Kläger für die U. GmbH ausgeübte Tätigkeit beitragspflichtig im Sinne des § 168 AFG war.
Beitragspflichtig sind nach § 168 Abs. 1 Satz 1 AFG Personen, die als Arbeiter oder Angestellte gegen Entgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind (Arbeitnehmer). Die Beitragspflicht ist damit die Folge einer abhängigen Beschäftigung und richtet sich damit nach den Grundsätzen, die Lehre und Rechtsprechung zum Begriff des entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses in der Sozialversicherung bzw. zur Beschäftigung als "nichtselbständige Arbeit" im Sinne des § 7 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) entwickelt haben (vgl. BSG, Urteil vom 4.9.1979, 7 RAr 57/78 = BSGE 49, 22, 25).
Arbeitnehmer ist hiernach, wer von einem Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Erforderlich ist insbesondere eine Eingliederung in den Betrieb und die Unterordnung unter ein Zeit, Ort und Art der Arbeitsausführung umfassendes Weisungsrecht des Arbeitgebers (BSG vom 31.7.1974, 12 RK 26/72 = BSGE 38, 53; BSG,Urteil vom 6. März 2003, B 11 AL 25/02 R; vgl. auch BSG, Urteil vom 6. Februar 1992, 7 RAr 134/90; BSG, Urteil vom 11. Februar 1993, 7 RAr 48/92 u.a.).
Nach diesen Grundsätzen richtet sich auch, ob der Geschäftsführer einer GmbH abhängig und deshalb beitragspflichtig beschäftigt ist oder nicht. Er ist weder wegen seiner Organstellung noch wegen der Ausübung von Arbeitgeberfunktionen gegenüber den Mitarbeitern der GmbH von einer abhängigen Beschäftigung ausgeschlossen (BSG, Urteil vom 6. März 2003, B 11 AL 25/02 R m.w.N.); maßgebend ist vielmehr vor allem die Bindung des Geschäftsführers an das willensbildende Organ, in der Regel die Gesamtheit der Gesellschafter (BSG, Urteil vom 8.12.1987, 7 RAr 25/86 = USK 87170; BSG, Urteil vom 9.2.1995, 7 RAr 76/94 = USK 9519; BSG, Urteil vom 6. März 2003, B 11 AL 25/02 R).
Bei Fremdgeschäftsführern ohne eigene Beteiligung am Gesellschaftskapital hat das BSG regelmäßig eine abhängige Beschäftigung angenommen, sofern nicht besondere Umstände vorliegen, die eine Weisungsgebundenheit gegenüber den Gesellschaftern im Einzelfall aufheben (BSG, Urteil vom 6. März 2003, B 11 AL 25/02 R m.w.N.).
Nach der Rechtsprechung des BSG, der der Senat folgt, muss in gleicher Weise aber auch bei Geschäftsführern, die zwar zugleich Gesellschafter sind, jedoch weder über die Mehrheit der Gesellschaftsanteile noch über eine so genannte Sperrminorität verfügen, für den Regelfall von einer abhängigen Beschäftigung ausgegangen werden (BSG, Urteil vom 6. März 2003, B 11 AL 25/02 R unter Hinweis auf das BSG-Urteil vom 14.12.1999, B 2 U 48/98 R = USK 9975 und Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 11. Aufl., S 4700 I). Eine abweichende Beurteilung kommt wiederum nur dann in Betracht, wenn besondere Umstände den Schluss zulassen, es liege keine Weisungsgebundenheit vor (BSG, Urteil vom 6. März 2003 a.a.O.).
Der Kläger verfügte nur über einen Gesellschaftsanteil von einem Drittel; eine Sperrminoriät stand ihm nach dem Gesellschaftsvertrag nicht zu. Da Gesellschafterbeschlüsse mit 2/3-Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst wurden (§ 16 Abs. 1 GesV), Beschlussfähigkeit grundsätzlich nur bei Anwesenheit aller (drei) Gesellschafter gegeben war (§ 15 Abs. 4 Satz 1 GesV) und alle drei Gesellschafter einen Anteil von je einem Drittel der Anteile besaßen, erforderte eine Beschlussfassung die Zustimmung mindestens zweier der Gesellschafter. Der Kläger konnte seinen Willen also nicht gegen die anderen beiden Gesellschafter durchsetzen.
Auch der Geschäftsführervertrag spricht nicht gegen eine abhängige Beschäftigung. Dieser unterschied sich hinsichtlich seiner Ausgestaltung kaum von dem eines Geschäftsführers, der nicht zugleich die Stellung eines Gesellschafters innehatte (vgl. hierzu auch BSG, Urteil vom 30.6.1999, B 2 U 35/98 R). Das dort geregelte Alleinvertretungsrecht und die Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB sind bei einer kleineren GmbH nicht untypisch und deuten deshalb nicht auf eine selbständige Tätigkeit hin (so auch BSG, Urteil vom 6.3.2003, B 11 AL 25/02 R).
Für eine abhängige Beschäftigung spricht demgegenüber, dass der Geschäftsführer ungeachtet seiner gleichzeitigen Gesellschafterstellung jederzeit abberufen werden konnte (§ 1 Abs. 3 AnV); dies ist, wie der Zeuge R. glaubwürdig bekundet hat, im Falle des Geschäftsführer-Gesellschafters W. auch geschehen. Zudem war der Kläger als Geschäftsführer nach dem Gesellschaftsvertrag verpflichtet, im Rahmen der von der Gesellschafterversammlung festgelegten Geschäftspolitik zu handeln (§ 13 Abs. 4 GesV) und bei bestimmten Geschäften die Zustimmung der Gesellschafterversammlung einzuholen hatte (§ 13 Abs. 5 GesV). Darüber hinaus gab es, wie der Zeuge R. bekundet hat, relativ niedrige Budgetgrenzen von etwa 15.000.- oder 20.000.- DM, bei deren Überschreiten eine Zustimmung der Gesellschafterversammlung erforderlich war.
Dass der Kläger kraft seiner Gesellschafterstellung in der Lage war, die Geschäftspolitik und die Entscheidungen der Gesellschafterversammlungen zu beeinflussen, und die Entscheidungen der Gesellschafter in aller Regel einvernehmlich getroffen wurden, reicht nicht aus, eine Weisungsgebundenheit zu verneinen.
Das BSG hat hierzu mit Urteil vom 6. März 2003 (B 11 AL 25/02 R) ausgeführt, eine einvernehmliche Entscheidungsfindung stehe einer Weisungsunterworfenheit des gleichberechtigt mitwirkenden Gesellschafter-Geschäftsführers nicht entgegen. Denn die Mitwirkung des Klägers an der Entscheidungsfindung habe nicht die Bedeutung einer Einschränkung der Entscheidungsbefugnisse der Gesamtheit der Gesellschafter. Vielmehr sei nach den tatsächlichen Feststellungen davon auszugehen, dass die Gesellschafter (einschließlich des Klägers) die ihnen nach dem Gesellschaftsvertrag zustehenden Gesellschafterrechte tatsächlich ausgeübt hätten. Die Mitwirkung des Klägers bei Gesellschafterversammlungen und regelmäßigen Besprechungen habe deshalb nichts an seiner Bindung in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer an die Entscheidungen der Gesamtheit der Gesellschafter ändern können.
Dem schließt sich der Senat an. Die von den Landessozialgerichten Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 18. Juli 2001, L 12 AL 185/00) und Mecklenburg-Vorpommern (Urteil vom 22. Januar 2002, L 2 AL 17/00) vertretene Auffassung, eine abhängige Beschäftigung sei schon dann zu verneinen, wenn von den Gesellschaftern eine einvernehmliche Entscheidungsfindung angestrebt und praktiziert werde, würde im Ergebnis dazu führen, dass der bloße Umstand einer kapitalmäßigen Beteiligung an einer Gesellschaft unabhängig von ihrer Höhe ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis des Gesellschafter-Geschäftsführers ausschlösse, sofern einvernehmlich entschieden würde. Damit wäre etwa im Falle der Übernahme einer Firma durch eine Vielzahl von Mitarbeitern - dem sogenannten "Management-Buy-Out" - regelmäßig ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zu verneinen, da es den Regelfall darstellt, dass alle Gesellschafter ihr Handeln am Wohl der Gesellschaft ausrichten und einvernehmliche Lösungen anstreben. Im Ergebnis wären dann lediglich einem querulatorisch veranlagten Gesellschafter-Geschäftsführer ein Arbeitnehmer-Status zuzugestehen.
Etwas anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn die Gesellschafterversammlung ihr Weisungsrecht schon dem Grunde nach nicht ausgeübt hat, also etwa dann, wenn überhaupt keine Gesellschafterversammlungen durchgeführt worden wären (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 11.2.1993, 7 RAr 48/92). Dies war vorliegend aber nicht der Fall.
Die Beweisaufnahme hat jedoch ergeben, dass die Gesellschafter der Firma U. die ihnen nach dem Gesellschaftsvertrag zustehenden Gesellschafterrechte tatsächlich ausgeübt haben. Der Zeuge Dr. R. hat bekundet, dass regelmäßig Gesellschafterversammlungen abgehalten worden seien, auf denen die wesentlichen Entscheidungen – etwa über die Zuweisung von Projekten zu den jeweiligen Gesellschaftern, über Personaleinstellungen und –entlassungen, Finanzen und Kredite – von der Gesellschafterversammlung getroffen worden seien. Auch sei der frühere dritte Gesellschafter-Geschäftsführer Dr. W. durch Beschluss der Gesellschafterversammlung abberufen worden.
Der Senat hat keine Veranlassung, an den Bekundungen des Zeugen zu zweifeln, auch wenn dieser ebenfalls aufgrund seiner Tätigkeit als Geschäftsführer bei der Firma U. Leistungen der Beklagten begehrt ( Parallelverfahren 6 AR 1361/95 und 6 AR 144/97). Seine Aussage ist im Übrigen durch die Bekundungen des in den – den Mitgesellschafter Dr. R. betreffenden Parallelverfahren - als Zeugen vernommenen Klägers sowie des ebenfalls dort vernommenen Zeugen Dr. W. bestätigt worden.
Damit haben die Gesellschafter die wesentlichen betrieblichen und unternehmerischen Sachentscheidungen gemeinsam getroffen, so dass die tatsächliche Ausübung von Einfluss im Sinne einer regelmäßigen Kontrolle der Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer durch die Gesellschafterversammlung gegeben ist (vgl. BSG, Urteil vom 6. März 2003, B 11 AL 25/02 R a.a.O.). Insbesondere war es dem Kläger ohne Zustimmung der Gesellschafterversammlung nicht möglich, neue Projekte zu beginnen und das hierfür benötigte Personal einzustellen.
Dass die dem Kläger durch die Gesellschafterversammlung erteilten Weisungen in aller Regel auf einer einvernehmlichen Entscheidung der Gesellschafterversammlung beruhten, ändert nichts an ihrem Weisungscharakter. Hierfür ist allein maßgeblich, dass diese für den Kläger bindend waren, nicht aber, ob der Kläger sie bereitwillig oder gegen seinen Willen ausführte.
Schließlich spricht auch das Bedürfnis nach eindeutigen Abgrenzungskritierien dafür, eine selbständige Stellung von Geschäftsführern mit Minderheitsbeteiligung ohne Sperrminorität nur bei Vorliegen einer unzweifelhaft bestehenden Weisungsfreiheit zu bejahen. Eine derartige Weisungsfreiheit hatte der Kläger jedoch nicht.
Nach alledem war daher der Berufung des Klägers stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.
Der Senat hat die Revision gegen das Urteil nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 (grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache) oder Nr. 2 SGG (Abweichung von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts) nicht vorliegen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld zu gewähren hat.
Der Kläger ist Diplom-Physiker. Von 1972 bis 1979 war er Teilhaber der Unternehmensberatung U., die 1979 von einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts in eine GmbH umgewandelt wurde. Am Stammkapital dieser Gesellschaft war der Kläger – wie die beiden anderen Gesellschafter Dr. W. und Dr. R. - zu einem Drittel beteiligt.
Nach dem – undatierten - Gesellschaftsvertrag war eine Gesellschafterversammlung zumindest einmal jährlich unmittelbar nach Vorlage des Jahresabschlusses einzuberufen (§ 15 Abs. 1 Gesellschaftsvertrag – GesV). Gesellschafterbeschlüsse wurden mit 2/3-Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst (§ 16 Abs. 1 GesV); Beschlussfähigkeit war grundsätzlich nur bei Anwesenheit aller (drei) Gesellschafter gegeben (§ 15 Abs. 4 Satz 1 GesV). Eine Sperrminorität sah der Gesellschaftsvertrag nicht vor.
Der Kläger war zudem einer von drei bzw. – nach dem Ausscheiden von Dr. W. aus der Geschäftsführung im Jahre 1992 – einer von zwei Geschäftsführern der Gesellschaft.
Nach dem Anstellungsvertrag vom 13. September 1979 erhielt der Geschäftsführer ein in monatlichen Teilbeträgen ausgezahltes (Jahres-)Gehalt (§ 3 Abs. 1 Anstellungsvertrag - AnV). Er hatte Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall für die Dauer von 6 Monaten (§ 3 Abs. 3 AnV) sowie auf Jahresurlaub, der dem für die (leitenden) Angestellten entsprach (§ 5 AnV); zudem war eine lebenslängliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung zu gewähren (§ 6 AnV). Der Geschäftsführer konnte jederzeit abberufen werden (§ 1 Abs. 3 AnV), jedoch konnte sein Anstellungsverhältnis als solches durch die GmbH nur mit einer 24monatigen Kündigungsfrist beendet werden (§ 1 Abs. 1 AnV). Jeder Geschäftsführer vertrat die Gesellschaft allein (§ 2 Abs. 1 AnV) und war von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit (§ 2 Abs. 2 AnV)
Gemäß § 13 Abs. 4 GesV handelten die Geschäftsführer ´im Rahmen der von der Gesellschafterversammlung festgelegten Geschäftspolitik ; sie bedurften zu allen über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgehenden Geschäften (sowie insbesondere für weitere explizit aufgeführte Geschäfte) der Einwilligung der Gesellschafterversammlung (§ 13 Abs. 5 GesV).
Nachdem die Firma am 16. Februar 1995 ihre Betriebstätigkeit eingestellt hatte, wurde am 16. Mai 1995 das Konkursverfahren eröffnet.
Nach einer von August 1996 bis Januar 1997 ausgeübten Tätigkeit als Geschäftsführer bei der Firma A. meldete sich der Kläger am 3. Juni 1997 arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Mit Bescheid vom 9. Juli 1997 bewilligte die Beklagte ihm Arbeitslosengeld ab dem 3. Juni 1997, hob die Bewilligung jedoch mit Bescheid vom 19. Mai 1998 mit Wirkung für die Zeit ab dem 22. Mai 1998 wieder auf, da der Kläger nicht abhängig beschäftigt gewesen sei. Den hiergegen erhobenen Widerspruch des Klägers wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 12. April 1999 zurück.
Gegen den Widerspruchsbescheid vom 12. April 1999 hat der Kläger am 29. April 1999 Klage erhoben. Das Sozialgericht hat die Techniker-Krankenkasse sowie den Konkursverwalter der Firma U. beigeladen und das Verfahren mit dem – die Gewährung von Konkursausfallgeld betreffenden - Verfahren 38 AR 270/96 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. In der mündlichen Verhandlung am 24. Oktober 2003 hat es den Zeugen Dr. R. vernommen; wegen des Inhalts seiner Aussage wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.
Sodann hat es die Klage durch Urteil vom 24. Oktober 2003 abgewiesen. Der Kläger sei kein Arbeitnehmer gewesen. Zwar ergäben sich aus den vertraglichen Vereinbarungen keine eindeutigen Hinweise für oder gegen eine abhängige Beschäftigung, doch spreche die tatsächliche Ausgestaltung der Tätigkeit gegen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis, da weder eine irgendwie geartete Einordnung in eine fremdbestimmte Ordnung noch eine Weisungsgebundenheit des Klägers erkennbar sei. Die Gesamtwürdigung ergebe, dass der Kläger faktisch wie ein Miteigentümer die Geschäfte der Gesellschaft habe führen können und geführt habe.
Gegen das seinem Bevollmächtigten am 1. Dezember 2003 zugestellte Urteil hat der Kläger am 23. Dezember 2003 Berufung eingelegt.
Zur Begründung führt er aus, dass sich seine Arbeitnehmereigenschaft bereits aus den vertraglichen Vereinbarungen ergebe, wie bereits das Landgericht Hamburg in einem Verfahren des weiteren Geschäftsführers R. gegen den Konkursverwalter festgestellt habe. Zumindest ergäben sich aus ihnen nicht die besonderen Umstände, deren es bedürfe, um ihn angesichts der Tatsache, dass er weniger als 50 % des Stammkapitals gehalten habe, als selbständigen Unternehmer zu qualifizieren. Im Übrigen vermenge das Sozialgericht Aspekte eines kooperativen Führungsstils mit den Kriterien, die auf die Rechtsstellung eines selbständigen Unternehmers schließen ließen. Wäre dessen Argumentation richtig, so wären alle Gesellschafter/Geschäftsführer in einer GmbH mit kooperativem Führungsstil selbständige Unternehmer.
Das Sozialgericht habe nicht auf das Endprodukt der Entscheidung abstellen dürfen, also das Einvernehmen nach einer durchdiskutierten Nacht, sondern auf den Anfang einer derartigen Willensbildung, nämlich die unterschiedlichen Auffassungen der Gesellschafter/Geschäftsführer von bestimmten Projekten oder Wünschen eines einzelnen Gesellschafters/Geschäftsführers. Die bei ihm als Endprodukt des Diskussionsprozesses eingetretene Einsicht dürfe nicht darüber hinwegtäuschen, dass er sich letztlich der Weisung der anderen Gesellschafter/Geschäftsführer gebeugt habe. Gerade dies sei aber typisch für die Rechtsstellung des Arbeitnehmers.
Die für den Rechtsstreit entscheidende Frage sei, ob er die unternehmerische Macht gehabt habe, seine Anliegen durchzusetzen oder nicht. Dass dies nicht der Fall sei, habe die Zeugenbefragung ergeben; gleiches gelte für die Untersagung des Urlaubs, die wiederholt geleistete Mehrarbeit und die Anfertigung von Tätigkeitsberichten. Vorliegend müsse die Arbeitnehmereigenschaft durch besondere Umstände entkräftet werden, doch hätten diese auch im rechtlichen Bereich nicht vorgelegen. Abweichendes ergebe sich auch nicht aus dem Umstand, dass er Gesellschafter eines Vorläuferunternehmens gewesen sei.
Es habe eine Budgetgrenze von 15.000.- oder 20.000.- DM gegeben, über deren Überschreitung nur die Gesellschafterversammlung habe befinden können. Er habe in dem für die Führung eines Unternehmens wesentlichen Aspekt, nämlich dem Einsatz des zur Verfügung stehenden Kapitals, ganz offensichtlich nur eine untergeordnete Rolle gespielt. Wenn es ums Geld gegangen sei, sei nicht er, sondern der Zeuge Dr. R. mit seiner die Buchhaltung führenden Frau der Entscheidungsträger gewesen. Er sei "einsichtig" gewesen, wie es eben ein Arbeitnehmer sei, der akzeptiere, dass der andere Gesellschafter/Unternehmer das unternehmerische Risiko trage und damit auch über das investive Kapital gegen den Willen des angestellten Gesellschafter/Geschäftsführers verfüge.
Die Bindung an die Weisungen der Gesellschafterversammlung sei geradezu die Kehrseite des Unterliegens in der Gesellschafterversammlung. Unternehmerisch frei im eigentlichen Sinne sei nur derjenige, der seine Vorstellung von dem unternehmerischen Ziel, das die Gesellschaft verfolgen solle, auch durchsetzen könne. Im Übrigen müssten bei Spezialisten die herkömmlichen Abgrenzungskriterien differenziert betrachtet werden. Bei aller fachlichen Spezialisierung gebe es jedoch ein wesentliches Kriterium, das für die Einordnung des fachlich spezialisierten Arbeitnehmers in den Betrieb kennzeichnend sei. Er sei aufgrund seiner Fachkenntnisse zwar für die Verwirklichung der Unternehmensziele wesentlich, doch gebe er diese nicht vor. Unternehmensstrategische Maßnahmen seien in aller Regel von Finanzfragen abhängig; insoweit habe er aber eine nur untergeordnete Rolle gespielt.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 24. Oktober 2003, soweit es den Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld regelt, sowie den Bescheid der Beklagten vom 19. Mai 1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12. April 1999 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 24. Oktober 2003 zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, der Kläger sei gegenüber der Gesellschaft im Wesentlichen frei und nicht weisungsgebunden gewesen, auch wenn er sich in den Gesellschafterversammlungen mit den anderen Gesellschaftern habe einigen müssen. Die Gesellschafter hätten überwiegend einvernehmlich und projektbezogen gearbeitet und sich beispielgebend und freiwillig in den Betriebsablauf eingefügt, wobei die von ihnen zu erstellenden Tätigkeitsberichte in erster Linie zur Abrechnung mit den Kunden und zur Eigenkontrolle gedient hätten. Die Zeugen hätten übereinstimmend ausgesagt, dass die Gesellschafter die Firma im Wesentlichen gemeinsam geführt hätten und es zwischen ihnen kein Über- und Unterordnungsverhältnis gegeben habe. Wichtige endgültige Entscheidungen seien durch die Gesellschafter gemeinsam getroffen und hierbei fachmännische Urteile der kaufmännischen Mitarbeiter immer akzeptiert worden. Bestimmte Weisungen zur Wahrnehmung der Aufgaben seien den Gesellschafter-Geschäftsführern jedoch nicht erteilt worden.
Der Kläger habe die gleiche unternehmerische Macht wie die beiden anderen Gesellschafter gehabt. Auch diese hätten sich sicher von Vorschlägen des Klägers überzeugen lassen, so dass er dann die Anweisung erteilt habe. Aus dem Umstand, dass sich der Kläger in Finanzfragen meist der Meinung der Eheleute R. angeschlossen habe, lasse sich kein Weisungsrecht ableiten, sondern er belege ein gleichberechtigtes Miteinander, das von individuellen Fähigkeiten und Kenntnissen gekennzeichnet sei. Alle Entscheidungen seien zum Wohl der Firma getroffen worden, da alle Gesellschafter gleichermaßen auch das finanzielle Unternehmerrisiko getragen hätten.
Der Kläger habe die Unternehmensstrategie sehr wohl mit vorgeben und beeinflussen können, auch wenn er sich in Finanzfragen zurückgehalten habe. Die finanziellen Entscheidungen stellten nur eine Facette aller zu treffenden Entscheidungen dar. Der Gestaltungsfreiheit sei damit zwar der äußere Rahmen vorgegeben, jedoch obliege es allen Gesellschaftern gemeinsam, diesen Gesamtrahmen auszugestalten. In diesem Prozess habe der Kläger durch seine fachliche Kompetenz eine nicht unerhebliche Rolle gespielt. Dem stehe nicht entgegen, dass es bei Abstimmungen angeblich häufig zu einem 2:1 gekommen sein solle,. Ein abhängig Beschäftigter komme nie in die Situation, mit den Gesellschaftern des Unternehmens über die Unternehmensstrategie zu sprechen und über die weitere Vorgehensweise abzustimmen.
Durch Beschluss vom 1. Juli 2004 ist der die Gewährung von Konkursausfallgeld betreffende Teil des Verfahren – beim SG vormals unter 38 Ar 270/96 geführt - abgetrennt worden.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der in der Sitzungsniederschrift vom 10. Februar 2005 aufgeführten Akten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen sind.
In der mündlichen Verhandlung am 10. Februar 2005 sind zudem das einen Anspruch des Klägers auf Konkursausfallgeld betreffende Verfahren L 5 AL 107/03 sowie die – ebenfalls Ansprüche auf Arbeitslosengeld und Konkursausfallgeld aufgrund der Tätigkeit bei der Firma U. betreffenden – (seinerzeit verbundenen) Verfahren des Mitgesellschafters Dr. R. (L 5 AL 61/04 = 6 AR 144/97 und L 5 AL 13/01 = 6 AR 1365/95) verhandelt worden.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist statthaft, form- und fristgerecht eingelegt und auch sonst zulässig (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Sie ist auch begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtswidrig. Entgegen der Auffassung des SG und der Beklagten hatte der Kläger in der strittigen Zeit Anspruch auf Arbeitslosengeld.
Der Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld für die strittige Zeit richtet sich nach den erst am 31. Dezember 1997 ausser Kraft getretenen Bestimmungen des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG).
Neben Arbeitslosigkeit, Arbeitslosmeldung und Antragstellung sowie der Verfügbarkeit für die Arbeitsvermittlung, die hier nicht strittig sind, setzte der Anspruch auf Arbeitslosengeld gemäß § 100 Abs. 1 AFG die Erfüllung der Anwartschaftszeit voraus. Zu Unrecht gehen SG und Beklagte davon aus, dass der Kläger die Anwartschaftszeit nicht erfüllt hat.
Nach § 104 Abs. 1 Satz 1 AFG hat die Anwartschaftszzeit erfüllt, wer in der Rahmenfrist 360 Kalendertage in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung (§ 168 AFG) gestanden hat. Die Rahmenfrist beträgt drei Jahre (§ 104 Abs. 3 Hs. 1 AFG) und geht dem ersten Tag der Arbeitslosigkeit unmittelbar voraus, an dem die sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld erfüllt sind (§ 104 Abs. 2 AFG). Vorliegend lief die Rahmenfrist vom 3. Juni 1994 bis 2. Juni 1997, innerhalb derer der Kläger neben der - unstrittigen - abhängigen Beschäftigung bei der Firma A. von August 1996 bis Januar 1997 zumindest bis zur Eröffnung des Konkursverfahrens am 16. Mai 1995 als Geschäftsführer für die Firma U. tätig war.
Für diesen Zeitraum kann eine versicherungspflichtige Beschäftigung allerdings nicht bereits deswegen angenommen werden, weil Beiträge zur Beklagten unbeanstandet bis zum Ende der Geschäftsführertätigkeit des Klägers gezahlt worden sind. Das Leistungsrecht der Beklagten ist von der Beitragsentrichtung abgekoppelt (BSG, Urteil vom 6. März 2003, B 11 AL 25/02 R unter Hinweis auf BSGE 70, 81, 84 ff.) und eine Entscheidung der Einzugstelle bindet die Beklagte nicht hinsichtlich ihrer Entscheidung im Leistungsfall (BSG, Urteil vom 6. März 2003, B 11 AL 25/02 R; so schon BSG, Urteil vom 6. Februar 1992, 7 RAr 134/90).
Entscheidungserheblich ist somit, ob die vom Kläger für die U. GmbH ausgeübte Tätigkeit beitragspflichtig im Sinne des § 168 AFG war.
Beitragspflichtig sind nach § 168 Abs. 1 Satz 1 AFG Personen, die als Arbeiter oder Angestellte gegen Entgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind (Arbeitnehmer). Die Beitragspflicht ist damit die Folge einer abhängigen Beschäftigung und richtet sich damit nach den Grundsätzen, die Lehre und Rechtsprechung zum Begriff des entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses in der Sozialversicherung bzw. zur Beschäftigung als "nichtselbständige Arbeit" im Sinne des § 7 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) entwickelt haben (vgl. BSG, Urteil vom 4.9.1979, 7 RAr 57/78 = BSGE 49, 22, 25).
Arbeitnehmer ist hiernach, wer von einem Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Erforderlich ist insbesondere eine Eingliederung in den Betrieb und die Unterordnung unter ein Zeit, Ort und Art der Arbeitsausführung umfassendes Weisungsrecht des Arbeitgebers (BSG vom 31.7.1974, 12 RK 26/72 = BSGE 38, 53; BSG,Urteil vom 6. März 2003, B 11 AL 25/02 R; vgl. auch BSG, Urteil vom 6. Februar 1992, 7 RAr 134/90; BSG, Urteil vom 11. Februar 1993, 7 RAr 48/92 u.a.).
Nach diesen Grundsätzen richtet sich auch, ob der Geschäftsführer einer GmbH abhängig und deshalb beitragspflichtig beschäftigt ist oder nicht. Er ist weder wegen seiner Organstellung noch wegen der Ausübung von Arbeitgeberfunktionen gegenüber den Mitarbeitern der GmbH von einer abhängigen Beschäftigung ausgeschlossen (BSG, Urteil vom 6. März 2003, B 11 AL 25/02 R m.w.N.); maßgebend ist vielmehr vor allem die Bindung des Geschäftsführers an das willensbildende Organ, in der Regel die Gesamtheit der Gesellschafter (BSG, Urteil vom 8.12.1987, 7 RAr 25/86 = USK 87170; BSG, Urteil vom 9.2.1995, 7 RAr 76/94 = USK 9519; BSG, Urteil vom 6. März 2003, B 11 AL 25/02 R).
Bei Fremdgeschäftsführern ohne eigene Beteiligung am Gesellschaftskapital hat das BSG regelmäßig eine abhängige Beschäftigung angenommen, sofern nicht besondere Umstände vorliegen, die eine Weisungsgebundenheit gegenüber den Gesellschaftern im Einzelfall aufheben (BSG, Urteil vom 6. März 2003, B 11 AL 25/02 R m.w.N.).
Nach der Rechtsprechung des BSG, der der Senat folgt, muss in gleicher Weise aber auch bei Geschäftsführern, die zwar zugleich Gesellschafter sind, jedoch weder über die Mehrheit der Gesellschaftsanteile noch über eine so genannte Sperrminorität verfügen, für den Regelfall von einer abhängigen Beschäftigung ausgegangen werden (BSG, Urteil vom 6. März 2003, B 11 AL 25/02 R unter Hinweis auf das BSG-Urteil vom 14.12.1999, B 2 U 48/98 R = USK 9975 und Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 11. Aufl., S 4700 I). Eine abweichende Beurteilung kommt wiederum nur dann in Betracht, wenn besondere Umstände den Schluss zulassen, es liege keine Weisungsgebundenheit vor (BSG, Urteil vom 6. März 2003 a.a.O.).
Der Kläger verfügte nur über einen Gesellschaftsanteil von einem Drittel; eine Sperrminoriät stand ihm nach dem Gesellschaftsvertrag nicht zu. Da Gesellschafterbeschlüsse mit 2/3-Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst wurden (§ 16 Abs. 1 GesV), Beschlussfähigkeit grundsätzlich nur bei Anwesenheit aller (drei) Gesellschafter gegeben war (§ 15 Abs. 4 Satz 1 GesV) und alle drei Gesellschafter einen Anteil von je einem Drittel der Anteile besaßen, erforderte eine Beschlussfassung die Zustimmung mindestens zweier der Gesellschafter. Der Kläger konnte seinen Willen also nicht gegen die anderen beiden Gesellschafter durchsetzen.
Auch der Geschäftsführervertrag spricht nicht gegen eine abhängige Beschäftigung. Dieser unterschied sich hinsichtlich seiner Ausgestaltung kaum von dem eines Geschäftsführers, der nicht zugleich die Stellung eines Gesellschafters innehatte (vgl. hierzu auch BSG, Urteil vom 30.6.1999, B 2 U 35/98 R). Das dort geregelte Alleinvertretungsrecht und die Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB sind bei einer kleineren GmbH nicht untypisch und deuten deshalb nicht auf eine selbständige Tätigkeit hin (so auch BSG, Urteil vom 6.3.2003, B 11 AL 25/02 R).
Für eine abhängige Beschäftigung spricht demgegenüber, dass der Geschäftsführer ungeachtet seiner gleichzeitigen Gesellschafterstellung jederzeit abberufen werden konnte (§ 1 Abs. 3 AnV); dies ist, wie der Zeuge R. glaubwürdig bekundet hat, im Falle des Geschäftsführer-Gesellschafters W. auch geschehen. Zudem war der Kläger als Geschäftsführer nach dem Gesellschaftsvertrag verpflichtet, im Rahmen der von der Gesellschafterversammlung festgelegten Geschäftspolitik zu handeln (§ 13 Abs. 4 GesV) und bei bestimmten Geschäften die Zustimmung der Gesellschafterversammlung einzuholen hatte (§ 13 Abs. 5 GesV). Darüber hinaus gab es, wie der Zeuge R. bekundet hat, relativ niedrige Budgetgrenzen von etwa 15.000.- oder 20.000.- DM, bei deren Überschreiten eine Zustimmung der Gesellschafterversammlung erforderlich war.
Dass der Kläger kraft seiner Gesellschafterstellung in der Lage war, die Geschäftspolitik und die Entscheidungen der Gesellschafterversammlungen zu beeinflussen, und die Entscheidungen der Gesellschafter in aller Regel einvernehmlich getroffen wurden, reicht nicht aus, eine Weisungsgebundenheit zu verneinen.
Das BSG hat hierzu mit Urteil vom 6. März 2003 (B 11 AL 25/02 R) ausgeführt, eine einvernehmliche Entscheidungsfindung stehe einer Weisungsunterworfenheit des gleichberechtigt mitwirkenden Gesellschafter-Geschäftsführers nicht entgegen. Denn die Mitwirkung des Klägers an der Entscheidungsfindung habe nicht die Bedeutung einer Einschränkung der Entscheidungsbefugnisse der Gesamtheit der Gesellschafter. Vielmehr sei nach den tatsächlichen Feststellungen davon auszugehen, dass die Gesellschafter (einschließlich des Klägers) die ihnen nach dem Gesellschaftsvertrag zustehenden Gesellschafterrechte tatsächlich ausgeübt hätten. Die Mitwirkung des Klägers bei Gesellschafterversammlungen und regelmäßigen Besprechungen habe deshalb nichts an seiner Bindung in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer an die Entscheidungen der Gesamtheit der Gesellschafter ändern können.
Dem schließt sich der Senat an. Die von den Landessozialgerichten Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 18. Juli 2001, L 12 AL 185/00) und Mecklenburg-Vorpommern (Urteil vom 22. Januar 2002, L 2 AL 17/00) vertretene Auffassung, eine abhängige Beschäftigung sei schon dann zu verneinen, wenn von den Gesellschaftern eine einvernehmliche Entscheidungsfindung angestrebt und praktiziert werde, würde im Ergebnis dazu führen, dass der bloße Umstand einer kapitalmäßigen Beteiligung an einer Gesellschaft unabhängig von ihrer Höhe ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis des Gesellschafter-Geschäftsführers ausschlösse, sofern einvernehmlich entschieden würde. Damit wäre etwa im Falle der Übernahme einer Firma durch eine Vielzahl von Mitarbeitern - dem sogenannten "Management-Buy-Out" - regelmäßig ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zu verneinen, da es den Regelfall darstellt, dass alle Gesellschafter ihr Handeln am Wohl der Gesellschaft ausrichten und einvernehmliche Lösungen anstreben. Im Ergebnis wären dann lediglich einem querulatorisch veranlagten Gesellschafter-Geschäftsführer ein Arbeitnehmer-Status zuzugestehen.
Etwas anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn die Gesellschafterversammlung ihr Weisungsrecht schon dem Grunde nach nicht ausgeübt hat, also etwa dann, wenn überhaupt keine Gesellschafterversammlungen durchgeführt worden wären (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 11.2.1993, 7 RAr 48/92). Dies war vorliegend aber nicht der Fall.
Die Beweisaufnahme hat jedoch ergeben, dass die Gesellschafter der Firma U. die ihnen nach dem Gesellschaftsvertrag zustehenden Gesellschafterrechte tatsächlich ausgeübt haben. Der Zeuge Dr. R. hat bekundet, dass regelmäßig Gesellschafterversammlungen abgehalten worden seien, auf denen die wesentlichen Entscheidungen – etwa über die Zuweisung von Projekten zu den jeweiligen Gesellschaftern, über Personaleinstellungen und –entlassungen, Finanzen und Kredite – von der Gesellschafterversammlung getroffen worden seien. Auch sei der frühere dritte Gesellschafter-Geschäftsführer Dr. W. durch Beschluss der Gesellschafterversammlung abberufen worden.
Der Senat hat keine Veranlassung, an den Bekundungen des Zeugen zu zweifeln, auch wenn dieser ebenfalls aufgrund seiner Tätigkeit als Geschäftsführer bei der Firma U. Leistungen der Beklagten begehrt ( Parallelverfahren 6 AR 1361/95 und 6 AR 144/97). Seine Aussage ist im Übrigen durch die Bekundungen des in den – den Mitgesellschafter Dr. R. betreffenden Parallelverfahren - als Zeugen vernommenen Klägers sowie des ebenfalls dort vernommenen Zeugen Dr. W. bestätigt worden.
Damit haben die Gesellschafter die wesentlichen betrieblichen und unternehmerischen Sachentscheidungen gemeinsam getroffen, so dass die tatsächliche Ausübung von Einfluss im Sinne einer regelmäßigen Kontrolle der Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer durch die Gesellschafterversammlung gegeben ist (vgl. BSG, Urteil vom 6. März 2003, B 11 AL 25/02 R a.a.O.). Insbesondere war es dem Kläger ohne Zustimmung der Gesellschafterversammlung nicht möglich, neue Projekte zu beginnen und das hierfür benötigte Personal einzustellen.
Dass die dem Kläger durch die Gesellschafterversammlung erteilten Weisungen in aller Regel auf einer einvernehmlichen Entscheidung der Gesellschafterversammlung beruhten, ändert nichts an ihrem Weisungscharakter. Hierfür ist allein maßgeblich, dass diese für den Kläger bindend waren, nicht aber, ob der Kläger sie bereitwillig oder gegen seinen Willen ausführte.
Schließlich spricht auch das Bedürfnis nach eindeutigen Abgrenzungskritierien dafür, eine selbständige Stellung von Geschäftsführern mit Minderheitsbeteiligung ohne Sperrminorität nur bei Vorliegen einer unzweifelhaft bestehenden Weisungsfreiheit zu bejahen. Eine derartige Weisungsfreiheit hatte der Kläger jedoch nicht.
Nach alledem war daher der Berufung des Klägers stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.
Der Senat hat die Revision gegen das Urteil nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 (grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache) oder Nr. 2 SGG (Abweichung von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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