Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 1 U 5042/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 65/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 207/05 B
Datum
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung des Klägers und des Beigeladenen zu 1) wird die Beigeladene zu 2) unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Landshut vom 21.01. 2004 verurteilt, das Ereignis vom 24.08.2000 als Arbeitsunfall anzuerkennen und dem Kläger die gesetzlichen Leistungen zu gewähren.
II. Im Übrigen werden die Berufungen zurückgewiesen.
III. Die Beigeladene zu 2) hat dem Kläger und dem Beigeladenen zu 1) die außergerichtlichen Kosten zu erstatten; im Übrigen sind keine Kosten zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
I.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob für den Unfall, den der Kläger am 24.08.2000 erlitt, Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung besteht und welcher Versicherungsträger für die Entschädigung zuständig ist.
Der 1968 geborene Kläger befand sich am 24.08.2000 zusammen mit drei anderen Reitern, H. S. (Beigeladener zu 1), dessen Bruder K. S. und C. K. , auf einem ganztägigen Ausritt nach dem ca. 30 bis 40 km entfernten E. am See. Die vier Freunde wollten dort mit ihren im PKW nachgereisten Angehörigen drei Tage in einem angemieteten Blockhaus der Westernstadt P. City verbringen. Die Reiter legten kurz vor ihrem Ziel am Ende einer Ortschaft eine kurze Pause ein. Der Beigeladene zu 1) wollte bei dieser Gelegenheit austreten. Er stieg von seinem Pferd ab und ließ die Zügel los. Seine Stute rannte plötzlich auf der geteerten, dem allgemeinen Verkehr gewidmeten Ortsstraße, die aus einer Senke zu einer Kuppe führte, los. Die anderen im Sattel gebliebenen Reiter ritten dem Pferd nach, voran der Kläger. Es gelang ihm, die Stute zu überholen und diese von vorne an den Zügeln zu fassen. In diesem Moment schlug das Tier aus und traf den Kläger am linken Bein. Der Kläger erlitt dadurch eine Unterschenkelfraktur.
Der Kläger verlangte vom Beigeladenen zu 1) bzw. von dessen privater Tierhalter-Versicherung Schadensersatz. Die Versicherung lehnte Leistungen mit der Begründung ab, die Stute sei vom Beigeladenen zu 1) in dessen landwirtschaftlichen Betrieb überwiegend als Nutztier zum Holzrücken und zu Zuchtzwecken gehalten worden. Sie hielt sich nicht für eintrittspflichtig und verwies den Kläger an die beklagte Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft. Der vom Kläger gegen den Beigeladenen zu 1) angestrengte Zivilprozess vor dem Landgericht D. (Az.: 2 O 413/02) wurde bis zur Entscheidung des Unfallversicherungsträgers ausgesetzt.
Die vom Kläger in Anspruch genommene Beklagte lehnte mit Bescheid vom 24.01.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 07.06.2002 eine Entschädigung ab. Der Unfall habe sich bei einem ausschließlich privaten Interessen dienenden Reitausflug ereignet. Dass das Tier gelegentlich als Arbeits- oder Zuchttier im landwirtschaftlichen Unternehmen des Beigeladenen zu 1) verwendet worden sei, ändere daran nichts.
Dagegen hat der Kläger beim Sozialgericht Landshut (SG) Klage erhoben und beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 24.01.2002 i.d.F.d. Widerspruchsbescheids vom 07.06.2002 zu verurteilen, ihn wegen der Folgen des Unfalls vom 24.08.2000 zu entschädigen, hilfsweise die vom SG beigeladene Landesunfallkasse (Beigeladenen zu 2) entsprechend zu verurteilen. Der Beigeladene zu 1) hat sich den Anträgen des Klägers angeschlossen. Für den Schaden, den sein Pferd verursacht habe, müsse die Beklagte einstehen mit der Folge, dass ihm Haftungsbefreiung zukomme. Das Tier habe wesentlich seinem landwirtschaftlichen Betrieb gedient; gelegentliche Ausritte könnten an dieser generellen Zweckbestimmung nichts ändern. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen; die Beigeladene zu 2) hat keinen Antrag gestellt und sich nicht geäußert.
Mit Urteil vom 21.01.2004 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger sei beim Einfangen des entlaufenen Tieres nicht als - oder wenigstens vorübergehend wie - ein versicherter Arbeitnehmer des landwirtschaftlichen Unternehmers, des Beigeladenen zu 1), tätig geworden. Ob der Kläger zum Unfallzeitpunkt nach § 2 Abs.1 Nr. 13a des Siebten Sozialgesetzbuchs (SGB VII) als "Nothelfer" versichert gewesen sei, wofür die Beigeladene zu 2) haften würde, könne dahinstehen.
Dagegen haben der Kläger und der Beigeladene zu 1) Berufung eingelegt. Letzterer hat zur Begründung vorgebracht, die Stute, die den Kläger verletzt habe, sei ein in seinem landwirtschaftlichen Betrieb eingesetztes Arbeitstier. Das Einfangen des Pferdes habe diese Zweckbestimmung nicht aufgehoben. Das kurzfristige Ausreiten sei unerheblich. Wäre das Tier nicht eingefangen worden, so hätte er es nicht mehr in seinem Betrieb einsetzen können. Der Kläger sei wie ein Beschäftigter in seinem landwirtschaftlichen Unternehmen tätig geworden, so dass die Beklagte ersatzpflichtig sei. Falls diese Meinung nicht geteilt werde, sei die Beigeladene zu 2) eintrittspflichtig, weil er als nicht gewerbsmäßiger Reittierhalter, für den der Kläger tätig geworden sei, vom Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung erfasst werde.
Die Beklagte hat eingewandt, der Unfall habe sich bei einem privaten Ausritt ereignet, so dass es keine Rolle spiele, ob das Tier ansonsten zu Arbeits- oder Zuchtzwecken gehalten worden sei. Die Beigeladene zu 2) hat darauf verwiesen, dass die gelegentliche Nutzung als Reittier eines ansonsten gewerbsmäßig als Arbeits- und Zuchttier gehaltenen Pferdes nicht ausreiche, um eine nicht gewerbsmäßige Reittierhaltung zu begründen. Zudem stelle das Einfangen des entlaufenen Pferdes eine unter Reitkameraden übliche Gefälligkeitshandlung dar. Eine Gefahrenlage i.S.d. § 2 Abs.1 Nr. 13a SGB VII habe nicht bestanden.
Im Erörterungstermin am 01.09.2004 sind der Beigeladene zu 1) angehört und die Reiterkollegen K. S. und C. K. als Zeugen einvernommen worden. Auf die Sitzungsniederschrift vom 01.09.2004 wird gem. § 136 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Bezug genommen. Der Beigeladene zu 1) hat erklärt, er habe im Unfalljahr zwei Kaltblüter gehalten, die er zu Holzrückarbeiten, zu privaten Kutschenfahrten und nur gelegentlich zum Ausreiten benützt habe. Die Zeugen haben den Unfallhergang bestätigt und gemeint, es sei notwendig gewesen, das Tier einzufangen, weil es auf einer zu einer nicht einsehbaren Kuppe führenden Straße gelaufen sei. Es sei zu befürchten gewesen, dass von der anderen Seite der Anhöhe ein Auto entgegen komme und mit dem Tier kollidiere. Bei seiner Anhörung vor dem Senat hat der Kläger seinerseits bestätigt, er habe das Pferd einfangen wollen, damit nichts passiere und man weiter reiten konnte.
Der Kläger und der Beigeladene zu 1) beantragen, die Beklagte, hilfsweise die Beigeladene zu 2), unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Landshut vom 21.01. 2004 und des Bescheids vom 24.01.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 07.06.2002 zu verurteilen, das Ereignis vom 24.08.2000 als Arbeitsunfall anzuerkennen und dem Kläger die gesetzlichen Leistungen zu gewähren.
Die Beklagte und die Beigeladene zu 2) beantragen, die Berufungen des Klägers und des Beigeladenen zu 1) gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 21.01.2004 zurückzuweisen.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts gemäß § 136 Abs.2 SGG auf den Inhalt der Akten der Beklagten und der Beigeladenen zu 2) sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Entscheidungsgründe:
Die Berufungen des Klägers und des Beigeladenen zu 1) (Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, 7. Auflage, § 75 Anm. 19) sind gem. §§ 143, 151 SGG zulässig.
Sie sind insoweit begründet, als die Beigeladene zu 2) zu verurteilen war, den Unfall des Klägers dem Grunde nach gem. §§ 2 Abs. 1 Nr. 13a, 8 Abs. 1, 26, 56 i.V.m. § 128 Abs. 1 Nr. 7 SGB VII zu entschädigen. Im Übrigen, nämlich soweit Ansprüche gegenüber der Beklagten und gegenüber der Beigeladenen zu 2) als Versicherungsträgerin, die für nicht gewerbsmäßige Reittierhaltung zuständig ist (§§ 2 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1, 128 Abs. 1 Nr. 9 SGB VII), geltend gemacht wurden, waren die Berufungen als unbegründet zurückzuweisen.
Nach § 2 Abs. 1 Nr. 13a SGB VII stehen Personen unter Versicherungsschutz, die bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten. Der Versicherungsschutz wird damit auf Hilfeleistung im öffentlichen Interesse ausgedehnt, insbesondere auf solche Hilfeleistungen, zu der jeder Bürger verpflichtet ist. Nach § 323c Strafgesetzbuch (StGB) macht sich strafbar, wer bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not nicht Hilfe leistet, obwohl dies erforderlich und ihm dies den Umständen nach zuzumuten ist (Lauterbach, Unfallversicherung SGB VII, § 2 Anm. 429). Unter gemeiner Gefahr wird eine Situation verstanden, bei der damit gerechnet werden muss, dass eine Mehrzahl von Personen und Sachen zu Schaden kommen kann. Das Einfangen eines auf einer dem öffentlichen Verkehr freigegebenen Straße befindlichen reiterlosen Pferdes entspricht einer solchen Gefahrensituation (Bereiter-Hahn, Gesetzliche Unfallversicherung, § 2 Anm. 25.4 m.w.Nachw., Lauterbach a.a.O.). Denn es muss damit gerechnet werden, dass der Fahrer eines Kraftfahrzeugs nicht rechtzeitig reagieren und ausweichen kann und in der Folge nicht nur das Fahrzeug sondern auch Personen zu Schaden kommen. Die Gefährdung erhöht sich, wenn das Tier, wie die Zeugen S. und K. übereinstimmend schildern, auf einer schmalen, aus einer Senke zu einer Anhöhe führenden Straße frei umherläuft. Dass das Pferd gerade in dem Augenblick, als der Kläger die Zügel zu fassen bekam, am Straßenrand stehen geblieben und die Straße wenig befahren war, ändert an der grundsätzlichen Gefahrenlage nichts. Schließlich war damit zu rechnen, dass das Tier weiterlaufen und ein Fahrzeug über die Kuppe entgegenkommen werde. Ohne weiteres wird daraus ersichtlich, dass der Straftatbestand des § 323c StGB erfüllt gewesen wäre, wenn keiner der Reiter versucht hätte, das Tier einzufangen und es infolgedessen zu einem Unfall eines anderen Verkehrsteilnehmers gekommen wäre. Dass das Einfangen des Tiers eine aktive Hilfeleistung darstellt, bedarf keiner Erörterung. Damit ist die Haftung der Beklagten, die allerdings nicht zur Haftungsprivilegierung des Beigeladenen zu 1 führt (§ 104 Abs. 1 SGB VII; Bereiter-Hahn, a.a.O., § 104 Anm. 7, 9.4) gegeben.
Die Einstandspflicht der Beigeladenen zu 2) aus vorgenanntem Grund wird nicht dadurch beseitigt, dass der Kläger zugleich als Reitkamerad und damit aus einer unter Sportfreunden üblichen Anstandspflicht (Bereiter-Hahn, a.a.O. § 2 Anm. 34.22) handelte. Es ist dann von einer gemischten Tätigkeit auszugehen, bei der, weil es sich um einen einheitlichen Vorgang handelt, keine Trennung zwischen einem auf Nothilfe gerichteten Handeln und einem aus Kameradschaft zu Teil gewordenem Handeln möglich ist (Bereiter-Hahn, a.a.O. § 8 Anm. 7.21). Ist in so einem Fall festzustellen, dass die versicherte Tätigkeit, nämlich die Nothilfe, auch dann verrichtet worden wäre, wenn der nicht versicherte Teil der Handlung, also die Gefälligkeitsleistung unter Reitkameraden, entfiele, so ist Versicherungsschutz zu bejahen. Nach den Schilderungen der Zeugen und den Einlassungen des Klägers vor dem Senat steht fest, dass der Kläger als Reiter die Gefährlichkeit für die Allgemeinheit in der konkreten Situation erkannte und das Tier in jedem Fall einzufangen versucht hätte. Sein Handeln war wesentlich vom Bestreben bestimmt, die von dem reiterlosen Pferd ausgehende Gefahr abzuwenden. Dass er daneben dafür sorgen wollte, dass der Reitausflug fortgesetzt werden konnte, ändert an der Hauptzielrichtung seiner Handlungstendenz nichts. Der Kläger ist somit wegen der Folgen seines Unfalls vom 24.08.2000 von der Beigeladenen zu 2) zu entschädigen.
Eine Haftung der Beigeladenen zu 2) als Versicherungsträger für private Reittierhaltung gem. § 128 Abs. 2 Nr. 9 SGB VII, die den Beigeladenen zu 1 privilegieren, d.h. von seiner zivilrechtlichen Haftung befreien würde, kommt nicht in Betracht. Ein solcher Anspruch gegenüber der Beigeladenen zu 2) würde voraussetzen, dass der Kläger - offensichtlich nicht als Arbeitnehmer sondern allenfalls - wie ein Beschäftigter i.S.d. § 2 Abs. 2 SGB VII (inhaltlich identisch mit dem vor 01.01. 1997, d.h. vor dem In-Kraft-Treten des SGB VII, geltenden § 539 Abs. 2 Reichsversicherungsordnung ) für den Beigeladenen zu 1) in dessen Unternehmen der Tierhaltung tätig geworden wäre. Es kann insoweit dahinstehen, ob - wie die Beigeladene zu 2) meint - das gelegentliche Ausreiten eines ansonsten zu landwirtschaftlichen Zwecken verwendeten Tieres ausreicht, um eine private Reittierhaltung zu begründen. Denn die Entschädigungspflicht der Beigeladenen zu 2) scheitert bereits deswegen, weil der Entschluss des Klägers, das Pferd einzufangen, wesentlich seiner kameradschaftlichen Verpflichtung entsprang und nicht als arbeitnehmerähnlich zu qualifizieren ist. Anders als im Falle der Nothilfe, die zugunsten der Allgemeinheit geleistet wird, kann die Hilfe zugunsten des Tierhalters nicht losgelöst von der Beziehung zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen zu 1) gesehen werden. Dieses Verhältnis war in keiner Weise arbeitnehmerähnlich ausgestaltet. Eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit setzt voraus, dass die Tätigkeit ihrer Art nach sonst von Personen verrichtet wird, die in einem dem allgemeinen Arbeitsmarkt zuzurechnenden Beschäftigungsverhältnis stehen (BSG SozR 2200 § 539 Nr 43). Ob das der Fall ist, kann nicht losgelöst von den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen beurteilt werden, unter denen sich die Tätigkeit vollzieht. Die isolierte Betrachtung der einzelnen Verrichtung reicht allein nicht aus, um die Tätigkeit als arbeitnehmerähnlich zu kennzeichnen (BSGE 31, 275, 277). Andernfalls wäre nahezu jede auch nur vorübergehende und noch so geringfügige Tätigkeit versichert und damit fast jeder Unfall bei jedweder Tätigkeit ein versicherter Arbeitsunfall (BSG SozR 2200 § 539 Nr 49). Das würde aber dem sich aus der Entstehungsgeschichte des § 539 Abs. 2 RVO ergebenden Sinn und Zweck dieser Vorschrift widersprechen (BSG Urteil vom 15. Dezember 1977 - 8 RU 42/77 - USK 77246). Handelt es sich um einen aufgrund der konkreten sozialen Beziehungen geradezu selbstverständlichen Hilfsdienst (BSG Urteil vom 26. April 1990 - 2 RU 39/89 - HV-Info 1990, 1349) oder ist die zum Unfall führende Verrichtung als Erfüllung gesellschaftlicher, nicht rechtlicher Verpflichtungen anzusehen, die bei besonders engen Beziehungen zwischen Freunden oder Nachbarn typisch, üblich und deshalb zu erwarten sind (SozR 3-2200 § 539 Nr. 6 und vom 30. April 1991 - 2 RU 78/90 -), besteht kein Versicherungsschutz nach § 539 Abs 2 iVm Abs. 1 Nr 1 RVO bzw. nach § 2 Abs. 2 SGB VII.
Entsprechend dieser von der Rechtsprechung entwickelten Vorgaben ist das Verhalten des Klägers beim Einfangen der Stute Ausfluss der unter Reitkameraden üblichen gegenseitigen Hilfe. Nach dem Gesamtbild der Umstände ist eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit nicht zu erkennen. Mitbeweisend hierfür ist auch die Tatsache, dass alle im Sattel verbliebenen Reiter ohne zu zögern losritten, um das Tier einzufangen. Dies zeigt die Selbstverständlichkeit der gegenseitigen Hilfe im konkreten Fall und entspricht dem üblichen, von der Gesellschaft erwarteten Verhalten. Eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit des Klägers zugunsten des Beigeladenen zu 1) als privaten Reittierhalter gem. §§ 2 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 SGB VII scheidet daher aus.
Ebensowenig kommt eine Haftung der Beklagten zum Zuge, weil bei Arbeitsunfällen gem. § 8 Abs. 1 SGB VII auf die konkrete Tätigkeit und die ihr zu Grunde liegende Handlungstendenz abzustellen ist. Das Einfangen des Pferdes geschah - wie bereits dargelegt - zum einen, um eine für die Allgemeinheit bestehende Gefahr abzuwenden und zum anderen, um den privaten Reitausflug fortzusetzen. Dies verkennt der Beigeladene zu 1). Die Tätigkeit diente in der konkreten Situation keinem landwirtschaftlichen Zweck. Dass dem Beigeladenen zu 1), wenn das Pferd nicht eingefangen worden wäre, das Tier nicht mehr als Arbeits- oder Zuchttier zur Verfügung gestanden hätte, ist unerheblich. Denn versichert ist nur die nach der Handlungstendenz zu bewertende Tätigkeit. Abgesehen davon, dass das Pferd in der zum Unfall führenden Situation keinem landwirtschaftlichen Zweck diente, kommt es auf die Zweckbestimmung von Arbeitsgeräten nur bei den in § 8 Abs. 2 Nr. 5 SGB VII genannten Verrichtungen, wie der Verwahrung eines Arbeitsgerätes, an.
Damit steht fest, dass der Kläger keinen Anspruch auf Entschädigung gegenüber der Beklagten, jedoch - wie im Hilfsantrag geltend gemacht - gegenüber der Beigeladenen zu 2) gem. §§ 2 Abs. 1 Nr. 13a, 8, 26, 56 i.V.m. 128 Abs. 1 Nr. 7 SGB VII hat. Auf seine Berufung und die Berufung des Beigeladenen zu 1) war das Urteil des SG abzuändern und die Beigeladene zu 2) gem. § 75 Abs. 2 und 5 SGG als notwendig Beigeladene dem Grunde nach zur Entschädigung des Klägers aus Anlass seines Unfalls vom 24.08.2000 zu verurteilen; im Übrigen, soweit Ansprüche gegen die Beklagte geltend gemacht wurden, waren die Berufungen zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 193 Abs. 1 und 4 SGG.
Ein Grund, die Revision zuzulassen, besteht gem § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht.
II. Im Übrigen werden die Berufungen zurückgewiesen.
III. Die Beigeladene zu 2) hat dem Kläger und dem Beigeladenen zu 1) die außergerichtlichen Kosten zu erstatten; im Übrigen sind keine Kosten zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
I.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob für den Unfall, den der Kläger am 24.08.2000 erlitt, Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung besteht und welcher Versicherungsträger für die Entschädigung zuständig ist.
Der 1968 geborene Kläger befand sich am 24.08.2000 zusammen mit drei anderen Reitern, H. S. (Beigeladener zu 1), dessen Bruder K. S. und C. K. , auf einem ganztägigen Ausritt nach dem ca. 30 bis 40 km entfernten E. am See. Die vier Freunde wollten dort mit ihren im PKW nachgereisten Angehörigen drei Tage in einem angemieteten Blockhaus der Westernstadt P. City verbringen. Die Reiter legten kurz vor ihrem Ziel am Ende einer Ortschaft eine kurze Pause ein. Der Beigeladene zu 1) wollte bei dieser Gelegenheit austreten. Er stieg von seinem Pferd ab und ließ die Zügel los. Seine Stute rannte plötzlich auf der geteerten, dem allgemeinen Verkehr gewidmeten Ortsstraße, die aus einer Senke zu einer Kuppe führte, los. Die anderen im Sattel gebliebenen Reiter ritten dem Pferd nach, voran der Kläger. Es gelang ihm, die Stute zu überholen und diese von vorne an den Zügeln zu fassen. In diesem Moment schlug das Tier aus und traf den Kläger am linken Bein. Der Kläger erlitt dadurch eine Unterschenkelfraktur.
Der Kläger verlangte vom Beigeladenen zu 1) bzw. von dessen privater Tierhalter-Versicherung Schadensersatz. Die Versicherung lehnte Leistungen mit der Begründung ab, die Stute sei vom Beigeladenen zu 1) in dessen landwirtschaftlichen Betrieb überwiegend als Nutztier zum Holzrücken und zu Zuchtzwecken gehalten worden. Sie hielt sich nicht für eintrittspflichtig und verwies den Kläger an die beklagte Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft. Der vom Kläger gegen den Beigeladenen zu 1) angestrengte Zivilprozess vor dem Landgericht D. (Az.: 2 O 413/02) wurde bis zur Entscheidung des Unfallversicherungsträgers ausgesetzt.
Die vom Kläger in Anspruch genommene Beklagte lehnte mit Bescheid vom 24.01.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 07.06.2002 eine Entschädigung ab. Der Unfall habe sich bei einem ausschließlich privaten Interessen dienenden Reitausflug ereignet. Dass das Tier gelegentlich als Arbeits- oder Zuchttier im landwirtschaftlichen Unternehmen des Beigeladenen zu 1) verwendet worden sei, ändere daran nichts.
Dagegen hat der Kläger beim Sozialgericht Landshut (SG) Klage erhoben und beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 24.01.2002 i.d.F.d. Widerspruchsbescheids vom 07.06.2002 zu verurteilen, ihn wegen der Folgen des Unfalls vom 24.08.2000 zu entschädigen, hilfsweise die vom SG beigeladene Landesunfallkasse (Beigeladenen zu 2) entsprechend zu verurteilen. Der Beigeladene zu 1) hat sich den Anträgen des Klägers angeschlossen. Für den Schaden, den sein Pferd verursacht habe, müsse die Beklagte einstehen mit der Folge, dass ihm Haftungsbefreiung zukomme. Das Tier habe wesentlich seinem landwirtschaftlichen Betrieb gedient; gelegentliche Ausritte könnten an dieser generellen Zweckbestimmung nichts ändern. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen; die Beigeladene zu 2) hat keinen Antrag gestellt und sich nicht geäußert.
Mit Urteil vom 21.01.2004 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger sei beim Einfangen des entlaufenen Tieres nicht als - oder wenigstens vorübergehend wie - ein versicherter Arbeitnehmer des landwirtschaftlichen Unternehmers, des Beigeladenen zu 1), tätig geworden. Ob der Kläger zum Unfallzeitpunkt nach § 2 Abs.1 Nr. 13a des Siebten Sozialgesetzbuchs (SGB VII) als "Nothelfer" versichert gewesen sei, wofür die Beigeladene zu 2) haften würde, könne dahinstehen.
Dagegen haben der Kläger und der Beigeladene zu 1) Berufung eingelegt. Letzterer hat zur Begründung vorgebracht, die Stute, die den Kläger verletzt habe, sei ein in seinem landwirtschaftlichen Betrieb eingesetztes Arbeitstier. Das Einfangen des Pferdes habe diese Zweckbestimmung nicht aufgehoben. Das kurzfristige Ausreiten sei unerheblich. Wäre das Tier nicht eingefangen worden, so hätte er es nicht mehr in seinem Betrieb einsetzen können. Der Kläger sei wie ein Beschäftigter in seinem landwirtschaftlichen Unternehmen tätig geworden, so dass die Beklagte ersatzpflichtig sei. Falls diese Meinung nicht geteilt werde, sei die Beigeladene zu 2) eintrittspflichtig, weil er als nicht gewerbsmäßiger Reittierhalter, für den der Kläger tätig geworden sei, vom Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung erfasst werde.
Die Beklagte hat eingewandt, der Unfall habe sich bei einem privaten Ausritt ereignet, so dass es keine Rolle spiele, ob das Tier ansonsten zu Arbeits- oder Zuchtzwecken gehalten worden sei. Die Beigeladene zu 2) hat darauf verwiesen, dass die gelegentliche Nutzung als Reittier eines ansonsten gewerbsmäßig als Arbeits- und Zuchttier gehaltenen Pferdes nicht ausreiche, um eine nicht gewerbsmäßige Reittierhaltung zu begründen. Zudem stelle das Einfangen des entlaufenen Pferdes eine unter Reitkameraden übliche Gefälligkeitshandlung dar. Eine Gefahrenlage i.S.d. § 2 Abs.1 Nr. 13a SGB VII habe nicht bestanden.
Im Erörterungstermin am 01.09.2004 sind der Beigeladene zu 1) angehört und die Reiterkollegen K. S. und C. K. als Zeugen einvernommen worden. Auf die Sitzungsniederschrift vom 01.09.2004 wird gem. § 136 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Bezug genommen. Der Beigeladene zu 1) hat erklärt, er habe im Unfalljahr zwei Kaltblüter gehalten, die er zu Holzrückarbeiten, zu privaten Kutschenfahrten und nur gelegentlich zum Ausreiten benützt habe. Die Zeugen haben den Unfallhergang bestätigt und gemeint, es sei notwendig gewesen, das Tier einzufangen, weil es auf einer zu einer nicht einsehbaren Kuppe führenden Straße gelaufen sei. Es sei zu befürchten gewesen, dass von der anderen Seite der Anhöhe ein Auto entgegen komme und mit dem Tier kollidiere. Bei seiner Anhörung vor dem Senat hat der Kläger seinerseits bestätigt, er habe das Pferd einfangen wollen, damit nichts passiere und man weiter reiten konnte.
Der Kläger und der Beigeladene zu 1) beantragen, die Beklagte, hilfsweise die Beigeladene zu 2), unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Landshut vom 21.01. 2004 und des Bescheids vom 24.01.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 07.06.2002 zu verurteilen, das Ereignis vom 24.08.2000 als Arbeitsunfall anzuerkennen und dem Kläger die gesetzlichen Leistungen zu gewähren.
Die Beklagte und die Beigeladene zu 2) beantragen, die Berufungen des Klägers und des Beigeladenen zu 1) gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 21.01.2004 zurückzuweisen.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts gemäß § 136 Abs.2 SGG auf den Inhalt der Akten der Beklagten und der Beigeladenen zu 2) sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Entscheidungsgründe:
Die Berufungen des Klägers und des Beigeladenen zu 1) (Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, 7. Auflage, § 75 Anm. 19) sind gem. §§ 143, 151 SGG zulässig.
Sie sind insoweit begründet, als die Beigeladene zu 2) zu verurteilen war, den Unfall des Klägers dem Grunde nach gem. §§ 2 Abs. 1 Nr. 13a, 8 Abs. 1, 26, 56 i.V.m. § 128 Abs. 1 Nr. 7 SGB VII zu entschädigen. Im Übrigen, nämlich soweit Ansprüche gegenüber der Beklagten und gegenüber der Beigeladenen zu 2) als Versicherungsträgerin, die für nicht gewerbsmäßige Reittierhaltung zuständig ist (§§ 2 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1, 128 Abs. 1 Nr. 9 SGB VII), geltend gemacht wurden, waren die Berufungen als unbegründet zurückzuweisen.
Nach § 2 Abs. 1 Nr. 13a SGB VII stehen Personen unter Versicherungsschutz, die bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten. Der Versicherungsschutz wird damit auf Hilfeleistung im öffentlichen Interesse ausgedehnt, insbesondere auf solche Hilfeleistungen, zu der jeder Bürger verpflichtet ist. Nach § 323c Strafgesetzbuch (StGB) macht sich strafbar, wer bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not nicht Hilfe leistet, obwohl dies erforderlich und ihm dies den Umständen nach zuzumuten ist (Lauterbach, Unfallversicherung SGB VII, § 2 Anm. 429). Unter gemeiner Gefahr wird eine Situation verstanden, bei der damit gerechnet werden muss, dass eine Mehrzahl von Personen und Sachen zu Schaden kommen kann. Das Einfangen eines auf einer dem öffentlichen Verkehr freigegebenen Straße befindlichen reiterlosen Pferdes entspricht einer solchen Gefahrensituation (Bereiter-Hahn, Gesetzliche Unfallversicherung, § 2 Anm. 25.4 m.w.Nachw., Lauterbach a.a.O.). Denn es muss damit gerechnet werden, dass der Fahrer eines Kraftfahrzeugs nicht rechtzeitig reagieren und ausweichen kann und in der Folge nicht nur das Fahrzeug sondern auch Personen zu Schaden kommen. Die Gefährdung erhöht sich, wenn das Tier, wie die Zeugen S. und K. übereinstimmend schildern, auf einer schmalen, aus einer Senke zu einer Anhöhe führenden Straße frei umherläuft. Dass das Pferd gerade in dem Augenblick, als der Kläger die Zügel zu fassen bekam, am Straßenrand stehen geblieben und die Straße wenig befahren war, ändert an der grundsätzlichen Gefahrenlage nichts. Schließlich war damit zu rechnen, dass das Tier weiterlaufen und ein Fahrzeug über die Kuppe entgegenkommen werde. Ohne weiteres wird daraus ersichtlich, dass der Straftatbestand des § 323c StGB erfüllt gewesen wäre, wenn keiner der Reiter versucht hätte, das Tier einzufangen und es infolgedessen zu einem Unfall eines anderen Verkehrsteilnehmers gekommen wäre. Dass das Einfangen des Tiers eine aktive Hilfeleistung darstellt, bedarf keiner Erörterung. Damit ist die Haftung der Beklagten, die allerdings nicht zur Haftungsprivilegierung des Beigeladenen zu 1 führt (§ 104 Abs. 1 SGB VII; Bereiter-Hahn, a.a.O., § 104 Anm. 7, 9.4) gegeben.
Die Einstandspflicht der Beigeladenen zu 2) aus vorgenanntem Grund wird nicht dadurch beseitigt, dass der Kläger zugleich als Reitkamerad und damit aus einer unter Sportfreunden üblichen Anstandspflicht (Bereiter-Hahn, a.a.O. § 2 Anm. 34.22) handelte. Es ist dann von einer gemischten Tätigkeit auszugehen, bei der, weil es sich um einen einheitlichen Vorgang handelt, keine Trennung zwischen einem auf Nothilfe gerichteten Handeln und einem aus Kameradschaft zu Teil gewordenem Handeln möglich ist (Bereiter-Hahn, a.a.O. § 8 Anm. 7.21). Ist in so einem Fall festzustellen, dass die versicherte Tätigkeit, nämlich die Nothilfe, auch dann verrichtet worden wäre, wenn der nicht versicherte Teil der Handlung, also die Gefälligkeitsleistung unter Reitkameraden, entfiele, so ist Versicherungsschutz zu bejahen. Nach den Schilderungen der Zeugen und den Einlassungen des Klägers vor dem Senat steht fest, dass der Kläger als Reiter die Gefährlichkeit für die Allgemeinheit in der konkreten Situation erkannte und das Tier in jedem Fall einzufangen versucht hätte. Sein Handeln war wesentlich vom Bestreben bestimmt, die von dem reiterlosen Pferd ausgehende Gefahr abzuwenden. Dass er daneben dafür sorgen wollte, dass der Reitausflug fortgesetzt werden konnte, ändert an der Hauptzielrichtung seiner Handlungstendenz nichts. Der Kläger ist somit wegen der Folgen seines Unfalls vom 24.08.2000 von der Beigeladenen zu 2) zu entschädigen.
Eine Haftung der Beigeladenen zu 2) als Versicherungsträger für private Reittierhaltung gem. § 128 Abs. 2 Nr. 9 SGB VII, die den Beigeladenen zu 1 privilegieren, d.h. von seiner zivilrechtlichen Haftung befreien würde, kommt nicht in Betracht. Ein solcher Anspruch gegenüber der Beigeladenen zu 2) würde voraussetzen, dass der Kläger - offensichtlich nicht als Arbeitnehmer sondern allenfalls - wie ein Beschäftigter i.S.d. § 2 Abs. 2 SGB VII (inhaltlich identisch mit dem vor 01.01. 1997, d.h. vor dem In-Kraft-Treten des SGB VII, geltenden § 539 Abs. 2 Reichsversicherungsordnung ) für den Beigeladenen zu 1) in dessen Unternehmen der Tierhaltung tätig geworden wäre. Es kann insoweit dahinstehen, ob - wie die Beigeladene zu 2) meint - das gelegentliche Ausreiten eines ansonsten zu landwirtschaftlichen Zwecken verwendeten Tieres ausreicht, um eine private Reittierhaltung zu begründen. Denn die Entschädigungspflicht der Beigeladenen zu 2) scheitert bereits deswegen, weil der Entschluss des Klägers, das Pferd einzufangen, wesentlich seiner kameradschaftlichen Verpflichtung entsprang und nicht als arbeitnehmerähnlich zu qualifizieren ist. Anders als im Falle der Nothilfe, die zugunsten der Allgemeinheit geleistet wird, kann die Hilfe zugunsten des Tierhalters nicht losgelöst von der Beziehung zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen zu 1) gesehen werden. Dieses Verhältnis war in keiner Weise arbeitnehmerähnlich ausgestaltet. Eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit setzt voraus, dass die Tätigkeit ihrer Art nach sonst von Personen verrichtet wird, die in einem dem allgemeinen Arbeitsmarkt zuzurechnenden Beschäftigungsverhältnis stehen (BSG SozR 2200 § 539 Nr 43). Ob das der Fall ist, kann nicht losgelöst von den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen beurteilt werden, unter denen sich die Tätigkeit vollzieht. Die isolierte Betrachtung der einzelnen Verrichtung reicht allein nicht aus, um die Tätigkeit als arbeitnehmerähnlich zu kennzeichnen (BSGE 31, 275, 277). Andernfalls wäre nahezu jede auch nur vorübergehende und noch so geringfügige Tätigkeit versichert und damit fast jeder Unfall bei jedweder Tätigkeit ein versicherter Arbeitsunfall (BSG SozR 2200 § 539 Nr 49). Das würde aber dem sich aus der Entstehungsgeschichte des § 539 Abs. 2 RVO ergebenden Sinn und Zweck dieser Vorschrift widersprechen (BSG Urteil vom 15. Dezember 1977 - 8 RU 42/77 - USK 77246). Handelt es sich um einen aufgrund der konkreten sozialen Beziehungen geradezu selbstverständlichen Hilfsdienst (BSG Urteil vom 26. April 1990 - 2 RU 39/89 - HV-Info 1990, 1349) oder ist die zum Unfall führende Verrichtung als Erfüllung gesellschaftlicher, nicht rechtlicher Verpflichtungen anzusehen, die bei besonders engen Beziehungen zwischen Freunden oder Nachbarn typisch, üblich und deshalb zu erwarten sind (SozR 3-2200 § 539 Nr. 6 und vom 30. April 1991 - 2 RU 78/90 -), besteht kein Versicherungsschutz nach § 539 Abs 2 iVm Abs. 1 Nr 1 RVO bzw. nach § 2 Abs. 2 SGB VII.
Entsprechend dieser von der Rechtsprechung entwickelten Vorgaben ist das Verhalten des Klägers beim Einfangen der Stute Ausfluss der unter Reitkameraden üblichen gegenseitigen Hilfe. Nach dem Gesamtbild der Umstände ist eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit nicht zu erkennen. Mitbeweisend hierfür ist auch die Tatsache, dass alle im Sattel verbliebenen Reiter ohne zu zögern losritten, um das Tier einzufangen. Dies zeigt die Selbstverständlichkeit der gegenseitigen Hilfe im konkreten Fall und entspricht dem üblichen, von der Gesellschaft erwarteten Verhalten. Eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit des Klägers zugunsten des Beigeladenen zu 1) als privaten Reittierhalter gem. §§ 2 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 SGB VII scheidet daher aus.
Ebensowenig kommt eine Haftung der Beklagten zum Zuge, weil bei Arbeitsunfällen gem. § 8 Abs. 1 SGB VII auf die konkrete Tätigkeit und die ihr zu Grunde liegende Handlungstendenz abzustellen ist. Das Einfangen des Pferdes geschah - wie bereits dargelegt - zum einen, um eine für die Allgemeinheit bestehende Gefahr abzuwenden und zum anderen, um den privaten Reitausflug fortzusetzen. Dies verkennt der Beigeladene zu 1). Die Tätigkeit diente in der konkreten Situation keinem landwirtschaftlichen Zweck. Dass dem Beigeladenen zu 1), wenn das Pferd nicht eingefangen worden wäre, das Tier nicht mehr als Arbeits- oder Zuchttier zur Verfügung gestanden hätte, ist unerheblich. Denn versichert ist nur die nach der Handlungstendenz zu bewertende Tätigkeit. Abgesehen davon, dass das Pferd in der zum Unfall führenden Situation keinem landwirtschaftlichen Zweck diente, kommt es auf die Zweckbestimmung von Arbeitsgeräten nur bei den in § 8 Abs. 2 Nr. 5 SGB VII genannten Verrichtungen, wie der Verwahrung eines Arbeitsgerätes, an.
Damit steht fest, dass der Kläger keinen Anspruch auf Entschädigung gegenüber der Beklagten, jedoch - wie im Hilfsantrag geltend gemacht - gegenüber der Beigeladenen zu 2) gem. §§ 2 Abs. 1 Nr. 13a, 8, 26, 56 i.V.m. 128 Abs. 1 Nr. 7 SGB VII hat. Auf seine Berufung und die Berufung des Beigeladenen zu 1) war das Urteil des SG abzuändern und die Beigeladene zu 2) gem. § 75 Abs. 2 und 5 SGG als notwendig Beigeladene dem Grunde nach zur Entschädigung des Klägers aus Anlass seines Unfalls vom 24.08.2000 zu verurteilen; im Übrigen, soweit Ansprüche gegen die Beklagte geltend gemacht wurden, waren die Berufungen zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 193 Abs. 1 und 4 SGG.
Ein Grund, die Revision zuzulassen, besteht gem § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht.
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