L 8/14 KR 399/03

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 13/10 KR 526/01
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8/14 KR 399/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 14. März 2003 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob es sich bei den von der Klägerin an die Beigeladenen zu 1) bis 6) ausgegebenen Goldmünzen "Australien Nuggets" um sozialversicherungspflichtiges Arbeitsentgelt handelt.

Die Klägerin - ein Unternehmen, das im Bereich Datenverarbeitung und Datenübertragung tätig ist - verteilte während der Weihnachtsfeier am 13. Dezember 1998 an die Beigeladenen zu 1) bis 6) Australien Nuggets im Wert von circa 50% des jeweiligen Brutto-Monats-Arbeitsentgelts. Die Beigeladenen zu 1) bis 6) erhielten darüber hinaus mit der Novemberabrechnung ein Weihnachtsgeld in Höhe von 50% des monatlichen Bruttoarbeitsentgeltes. Für die Australien Nuggets entrichtete die Klägerin pauschalierte Lohnsteuer in Höhe von 25%; Sozialversicherungsbeiträge zahlte sie nicht.

Am 17. März 2000 führte die Beklagte bei der Klägerin eine Betriebsprüfung für den Zeitraum vom 1. Dezember 1995 bis 31. Dezember 1998 durch. Zu einer Schlussbesprechung kam es am 21. März 2000. Durch Bescheid vom 9. April 2000 stellte die Beklagte eine Nachforderung auf die Gesamtsozialversicherungsbeiträge und Beiträge für Umlagen nach dem Lohnfortzahlungsgesetz in Höhe von insgesamt 5.482,51 DM (2.803,16 EUR) fest.

Vom 30. März bis 4. April 2000 führte das Finanzamt B-Stadt eine Lohnsteuerprüfung für den Zeitraum vom 1. Januar 1996 bis 31. Dezember 1999 durch. Die pauschale Besteuerung der ausgegebenen Goldmünzen wurde in dem Lohnsteuerhaftungsbescheid vom 10. April 2000 nicht beanstandet.

Den am 5. Mai 2000 gegen den Bescheid vom 9. April 2000 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 2. März 2001 zurück. Zur Begründung führte sie unter anderem aus, die Goldmünzen seien nicht aus Anlass, sondern nur bei Gelegenheit der Weihnachtsfeier überreicht worden. Damit komme eine Pauschalversteuerung nicht in Betracht. Die vom Arbeitgeber anlässlich der Betriebsveranstaltung geleisteten Barzuwendungen könnten nur dann pauschal versteuert werden, wenn diese Zahlungen zum Verbrauch während der Betriebsveranstaltung bestimmt seien, das heißt, der Arbeitnehmer erhalte die Barleistung anstelle der üblichen Sachzuwendungen.

Gegen den zurückweisenden Widerspruch richtet sich die am 3. April 2001 vor dem Sozialgericht Darmstadt erhobene Klage. Durch Urteil vom 14. März 2003 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Unabhängig von der Frage, ob es sich bei der Zuwendung der Australien Nuggets um eine Barzuwendung oder eine Sachzuwendung handele, seien die Goldmünzen nicht aus Anlass, sondern lediglich bei Gelegenheit der Weihnachtsfeier übergeben worden. Die Klägerin habe die Zuwendung in Form der Goldmünzen nicht im Zusammenhang mit der Betriebsveranstaltung gewährt; der Geschäftsführer der Klägerin habe die Gelegenheit der Weihnachtsfeier lediglich genutzt, um den Beigeladenen zu 1) bis 6) statt einer Weihnachtsgratifikation eine Zuwendung für die im abgelaufenen Jahr geleisteten Arbeiten zu erbringen. Ihnen sei eine Zuwendung von bleibendem Wert erbracht worden, welche mit der Betriebsveranstaltung nichts zu tun habe. Die Zuwendung der Goldmünzen stelle eine Belohnung für die geleistete Arbeit dar und sei gerade kein Weihnachtsgeschenk aus Anlass der Weihnachtsfeier. Der Nachforderung stehe nicht entgegen, dass das zuständige Finanzamt B-Stadt die pauschale Besteuerung der Goldmünzen nicht beanstandet habe. Hierfür sei zunächst entscheidend, dass die Klägerin bereits am 21. März 2000 zur beabsichtigen Nachforderung angehört wurde und der Geschäftsführer der Klägerin somit bereits bei Beginn der Lohnsteueraußenprüfung am 30. März 2000 über die Bewertung dieser Zuwendung durch die Beklagte unterrichtet war. Außerdem treffe der Lohnsteuerhaftungsbescheid vom 10. April 2000 keine Feststellung darüber, ob die Pauschalversteuerung korrekt erfolgt sei. Die Lohnsteueraußenprüfung sei lediglich stichprobenartig erfolgt. Die Beklagte sei insofern durch den Lohnsteuerhaftungsbescheid nicht gebunden, da dieser keine Regelung zur Pauschalversteuerung gemäß § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Einkommenssteuergesetz (EStG) enthalte.

Gegen das der Klägerin am 4. April 2003 zugestellte Urteil richtet sich die am 5. Mai 2003 eingelegte Berufung. Zur Begründung trägt die Klägerin vor, das Sozialgericht sei unzutreffender Weise davon ausgegangen, dass es sich bei den Australien Nuggets um ein Zahlungsmittel handele. Zum anderen sei davon auszugehen, dass die Übergabe nicht nur aus Gelegenheit, sondern im Zusammenhang mit der Weihnachtsfeier erfolgte, da ein Weihnachtsfest typischerweise mit dem Überreichen von Geschenken verbunden sei.

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts B-Stadt vom 14. März 2003 sowie den Bescheid der Beklagten vom 9. April 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. März 2001 insoweit aufzuheben, als sie zur Entrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen und Beiträgen für Umlagen für die Mutterschaftsaufwendung (Umlage U2) für die am 13. Dezember 1998 überreichten Australien Nuggets herangezogen wurde.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Ergänzend führt sie aus, auch in den vorhergehenden Jahren hätte die Klägerin Weihnachtsfeiern veranstaltet, ohne dass Geschenke in diesem Umfang an die Mitarbeiter verteilt worden wären.

Die Beigeladenen haben sich schriftsätzlich nicht geäußert.

Der Senat hat im Rahmen der Sachermittlungen von Amts wegen bei der Deutschen Bundesbank angefragt, ob es sich bei den so genannten Australien Nuggets um ein anerkanntes Zahlungsmittel handele. Auf die Antwort der Deutschen Bundesbank vom 8. Januar 2004 wird Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen; weiterhin wird Bezug genommen auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte trotz Ausbleibens der Beigeladenen zu 1) bis 12) verhandeln und entscheiden, da diese ordnungsgemäß geladen worden sind und die Ladungen den Hinweis gemäß § 110 Sozialgerichtsgesetz (SGG), dass auch im Falle des Ausbleibens verhandelt und entschieden werden könne, enthielten.

Die Berufung ist zulässig, denn sie ist form- und fristgerecht eingelegt sowie statthaft (§ 151 Abs. 1 und §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichts B-Stadt vom 14. März 2003 ist nicht zu beanstanden. Der Bescheid vom 9. April 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. März 2001 ist rechtmäßig. Die Klägerin wird hierdurch nicht in ihren Rechten verletzt. Die Beklagte hat zu Recht Sozialversicherungsbeiträge und Umlagen nach dem Lohnfortzahlungsgesetz zum Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen bei Mutterschaft für die an die Beigeladenen zu 1) bis 6) während der Weihnachtsfeier am 13. Dezember 1998 ausgegebenen Goldmünzen Australien Nuggets geltend gemacht.

Arbeitsentgelt aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung ist beitragspflichtig (§ 342 Sozialgesetzbuch 3. Buch - SGB III -, § 226 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch 5. Buch - SGB V -, § 162 Nr. 1 Sozialgesetzbuch 6. Buch - SGB VI - und § 57 Abs. 1 Sozialgesetzbuch 12. Buch - SGB XII - in Verbindung mit § 226 Abs. 1 Nr. 1 SGB V).

Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch 4. Buch (SGB IV) sind Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Zutreffend hat das Sozialgericht darauf hingewiesen, dass der Begriff des Arbeitsentgelts alle Einnahmen umfasst, die dem Beschäftigten in ursächlichem Zusammenhang mit einer Beschäftigung zufließen, wobei es unerheblich ist, ob sie in Geld, geldwerten Vorteilen oder in Form von Sachbezügen gewährt werden (Krauskopf, Soziale Krankenversicherung - Pflegeversicherung, Kommentar, Stand: Mai 2004, § 14 SGB IV Rz. 6).

Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB IV wird die Bundesregierung ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates ... zu bestimmen, dass einmalige Einnahmen oder laufende Zulagen, Zuschläge, Zuschüsse oder ähnliche Einnahmen, die zusätzlich zu Löhnen oder Gehältern gewährt werden, und steuerfreie Einnahmen ganz oder teilweise nicht als Arbeitsentgelt gelten. In Umsetzung dieser Ermächtigung wurde in § 2 Abs. 1 Nr. 2 Arbeitsentgeltverordnung (ArEV) bestimmt, dass dem Arbeitsentgelt Einnahmen nach § 40 Abs. 2 des Einkommenssteuergesetzes nicht zuzurechnen sind.

Nach § 40 Abs. 2 Nr. 2 EStG kann der Arbeitgeber abweichend von Abs. 1 die Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz von 25 vom Hundert erheben, soweit er Arbeitslohn aus Anlass von Betriebsveranstaltungen zahlt.

Die Voraussetzungen für eine derartige Pauschalierung liegen im Streitfall nicht vor. Die den Beigeladenen zu 1) bis 6) anlässlich der Weihnachtsfeier ausgehändigten Australien Nuggets waren, unabhängig von der Wertung durch das Finanzamt - wie das Sozialgericht Darmstadt zutreffend festgestellt hat - keiner pauschalen Besteuerung unterworfen. Sie wurden nicht als Arbeitslohn aus Anlass von Betriebsveranstaltungen gezahlt.

Eine Betriebsveranstaltung ist anzunehmen, wenn die vom Arbeitgeber für Betriebsangehörige durchgeführte Veranstaltung allen Arbeitnehmern - was hier der Fall war - des Betriebes oder einer Abteilung offen steht (BFH, Urteil vom 4. August 1994, VI R 61/92, BStBl. II 1995, 59). Das Tatbestandsmerkmal des Arbeitslohnes ist zu bejahen, wenn die Zuwendungen, die im Zusammenhang mit einer solchen Betriebsveranstaltung gewährt werden, über das übliche Maß hinausgehen. Dies kann zum einen der Fall sein, wenn die Betriebsfeier als solche nach Art, Dauer oder Häufigkeit unüblich ist oder die Höhe der Zuwendungen so bemessen ist, dass der geldwerte Vorteil für den Arbeitnehmer ein solches Eigengewicht erhält, dass das eigenbetriebliche Interesse des Arbeitgebers an der Förderung des Betriebsklimas nicht mehr weitaus überwiegt (BFH, Urteil vom 22. Mai 1992, VI R 85/90, BStBl. II 1992, 655).

Soweit nach diesen Kriterien Arbeitslohn vorliegt, setzt die Möglichkeit der Pauschalbesteuerung in Höhe von 25% weiter voraus, dass die als Arbeitslohn zu behandelnde Zuwendung aus Anlass der Betriebsveranstaltung geleistet worden ist. Dies ist der Fall, wenn sie den Rahmen oder das Programm der Betriebsveranstaltung unmittelbar betrifft und dabei in einem so engen sachlichen Zusammenhang mit der Veranstaltung steht, dass sie ohne deren Durchführung nicht gewährt würde. Dies gilt zum einen für den Wert der Betriebsveranstaltung als solcher und zum anderen die Zuwendungen, die durch das Programm der Betriebsveranstaltung bedingt und für die Betriebsveranstaltung auch nicht untypisch sind, wohl aber wegen ihres bleibenden Wertes als untypisch eingestuft werden, wie etwa Tombolagewinne oder Losgewinne (BFH, Urteil vom 7. Februar 1997, VI R 3/96, BStBl. II 1997, 365).

Nach Überzeugung des Senats ist die Regelung über die Pauschalversteuerung schon deswegen nicht anzuwenden, da es sich bei den an die Beigeladenen zu 1) bis 6) gezahlten Australien Nuggets um eine Zuwendung von Geld handelt, die nach der Rechtsprechung des BFH, der sich der Senat anschließt, bei Überschreiten eines Höchstbetrages, der sich aus den jeweils gültigen Lohnsteuerrichtlinien ergibt, je teilnehmenden Arbeitnehmer ein derartiges Eigengewicht erhält, dass sie stets in vollem Umfang als Arbeitslohn zu werten ist (BFH, Urteil vom 25. Mai 1992, VI R 85/90, BStBl. II 1992, 655). Die bei der Deutschen Bundesbank eingeholte Auskunft des Senates hat ergeben, dass die Australien Nuggets in Australien als rechtsgültiges gesetzliches Zahlungsmittel anzusehen sind. Hierbei kann nach Ansicht des Senats keine Rolle spielen, dass sie als anerkanntes Zahlungsmittel nur mit der Nominalbezeichnung eingesetzt werden; entscheidend ist allein die Möglichkeit des Einsatzes.

Dies konnte jedoch letztendlich dahingestellt bleiben, da die an die Arbeitnehmer ausgezahlten Australien Nuggets - soweit man sie als Sachzuwendung betrachtet - nicht aus Anlass der Weihnachtsfeier zugewendet, sondern nur bei deren Gelegenheit übergeben wurden. Anders als im Falle einer Verlosung von Tombolagewinnen war die Übergabe der Australien Nuggets, jeweils ausgerichtet am halben Brutto-Monatsverdienst der Beigeladenen zu 1) bis 6), kein untrennbar mit der Weihnachtsfeier verbundener Programmpunkt, worauf das Sozialgericht zutreffend hingewiesen hat. Es ist kein hinreichend enger Zusammenhang zwischen der Weihnachtsfeier und der Übergabe der Goldmünzen festzustellen. Denn im Unterschied zu einer Verlosung von Tombolagewinnen hatte im vorliegenden Fall nicht jeder Arbeitnehmer der Klägerin dieselbe Chance auf den Erhalt einer Münze. Ob ein Arbeitnehmer überhaupt Münzen erhielt und wenn ja wie viele, entschied hier vielmehr allein die Klägerin in ihrer Eigenschaft als Arbeitgeberin; sie wählte insoweit den Anknüpfungspunkt an die unterschiedlichen Brutto-Monatsverdienste. Damit stellt sich die Art der Zuwendung der Australien Nuggets als eine bloße Zahlungsmodalität eines - ohnehin freiwillig an Arbeitnehmer zu zahlendes - so genannten Weihnachtsgeldes in Form von Goldmünzen dar (so auch für Krügerrand-Münzen FG Köln, Urteil vom 7. Oktober 2004, 15 K 5594/02, juris STRE2005570005). Dies wird auch dadurch bestätigt, dass der Wert der verteilten Münzen, wie bereits ausgeführt, in etwa der Höhe von 50% des jeweiligen Brutto-Monatsverdienstes entsprach.

Die Berufung konnte somit nicht zum Erfolg führen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gebühren nach § 197 a SGG in der ab dem 2. Januar 2002 geltenden Fassung sind nicht zu erheben, da Rechtshängigkeit bereits vor dem 2. Januar 2002 eingetreten ist und das Verfahren dann nach § 183 SGG in der bisherigen Fassung in allen Rechtsmittelzügen gerichtskostenfrei bleibt (Artikel 17 des 6. SGG-Änderungsgesetzes).

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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