S 28 (23) AS 241/05 ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
28
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 28 (23) AS 241/05 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist die (Weiter-) Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch -Grundsicherung für Arbeitssuchende- (SGB II) streitig.

Der 1982 geborene Antragsteller bezog bis zum 31.12.2004 Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG). Unter dem 1.10.2004 hatte der Antragsteller beim Ordnungsamt der Stadt E1 ein Gewerbe für den An- und Verkauf (auch per Internet) von Haushaltsgeräten und Unterhaltungselektronik angemeldet. Mit Bescheid vom 19.1.2005 bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller und seiner damaligen Lebenspartnerin Frau T1 für den Zeitraum vom 1.1.2005 bis zum 30.6.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von 1013,33 Euro. Durch das Schreiben des Polizeipräsidiums Düsseldorf vom 22.3.2005 erhielt die Antragsgegnerin davon Kenntnis, dass gegen den Antragsteller ein Ermittlungsverfahren wegen Verdachts des Betruges von der Staatsanwaltschaft Düsseldorf betrieben wurde (bzw. weiterhin wird). Das Polizeipräsidium teilte u.a. mit, dass der Antragsteller im Verdacht stehe, gewerbsmäßig via Internet bei diversen Anbietern Waren zu bestellen und hierbei über seine Zahlungswilligkeit bzw. – fähigkeit zu täuschen. Im Rahmen einer bei dem Antragsteller durchgeführten Wohnungsdurchsuchung am 8.3.2005 seien diverse Geschäftsunterlagen gesichtet worden mit dem Ergebnis, dass Gewinne verzeichnet werden konnten. Die Antragsgegnerin forderte daraufhin den Antragsteller zur Vorlage von Kontoauszügen, Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen auf.

Unter dem 9.5.2005 beantragte der Antragsteller die Fortzahlung der Leistungen nach dem SGB II und die Übernahme der Jahresrechnung der Stadtwerke E AG vom 9.3.2005 in Höhe von 1093,67 Euro (Zeitraum 1.3.2004 bis 18.2.2005). Er legte u.a. Kontoauszüge seines S-GiroDirekt Kontos und seines Geschäftsgiros, beide bei der Stadtsparkasse F1 für die Zeiträume Januar 2005 bis März 2005 sowie eine betriebswirtschaftliche Auswertung vom 8.4.2005 für die Zeit vom 1.1.2005 bis 31.3.2005 vor. Auf den Kontoauszügen ergeben sich eine Vielzahl von Gutschriften hinsichtlich über ebay abgewickelte Kaufgeschäfte betreffs Handys, Drucker u.ä. Nach der von der Antragsgegnerin gefertigten Aufstellung der Verkäufe in ebay für die Zeit vom 17.2.2005 bis 31.3.2005 ergab sich allein für diesen Zeitraum ausweislich der Kontoauszüge ein Verkaufsumsatz in Höhe von 10.557,- Euro. Des weiteren weisen die Kontoauszüge in den Monaten Februar 2005 und März 2005 eine Vielzahl von Abhebungen am Geldautomaten bzw. Barabhebungen ("Barumsatz") in einer Gesamthöhe von ca. 13.658 Euro aus. Die betriebswirtschaftliche Auswertung vom 8.4.2005 weist demgegenüber Umsatzerlöse in Höhe von 2964,42 Euro und Wareneinkäufe in Höhe von 18.273,51 Euro und im Ergebnis einen Verlust in Höhe von 15.581,26 Euro aus.

Mit Bescheid vom 12.5.2005 hob die Antragsgegnerin gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch –Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz- (SGB X) die Bewilligung von Alg II ab dem 1.6.2005 auf. Der Antragsteller erziele seit dem 1.1.2005 Einkünfte aus einem Gewerbe, was ihr nicht bekannt gegeben worden sei. Mit den nachgewiesenen Einkommensverhältnissen sei der Antragsteller nicht hilfebedürftig im Sinne des § 9 SGB II, so dass ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nicht mehr bestehe.

Mit seinem Widerspruch vom 18.5.2005 machte der Antragsteller im wesentlichen geltend, er habe bereits im Dezember 2004 dem Sozialamt bekannt gegeben, ein Gewerbe zu betreiben. Aus der betriebswirtschaftlichen Auswertung vom 8.4.2005 sei erkennbar, dass er nur Einbußen verzeichnet habe. Das Gewerbe habe er zum 1.5.2005 abgemeldet. Der Antragsteller reichte eine Gewerbe-Abmeldung der Stadt E1 vom 6.5.2005, eine online-Umsatzfrage bezüglich seiner Konten bei der Sparkasse F vom 31.5.2005 für die Monate April 2005 und Mai 2005 sowie Rechnungen der WW Computervertriebs GmbH U1 aus April 2005 in Gesamthöhe von 3917,67 Euro mit dem Zahlungsvermerk "Abbuchung per Lastschrift" zu den Akten.

Bei einer persönlichen Vorsprache bei der Antragsgegnerin am 25.5.2005 gab der Antragsteller auf die dortige Frage, wie er sich einen Wareneinkauf in Höhe von 18.223, 51 Euro hat leisten können, an, er habe das Geld im Spielcasino in Holland gewonnen. Des weiteren trug er vor, er habe von dem Spielgewinn 1 Paar Manschettenknöpfe im Werte von 14.900 Euro von Herrn T2 aus E erworben. Der Antragsteller legte eine Rechnung (ohne Datum) und eine Erklärung des Herrn T2 (ohne Datum) vor, in der dieser erklärte, von dem Antragsteller den Kaufpreis in Höhe von 14.900 Euro in bar erhalten zu haben. Im weiteren Verlauf gab er im wesentlichen an, er habe die Manschettenknöpfe an einen österreichischen Käufer, den er im holländischen Spielcasino kennengelernt habe, übergeben. Es sei ein Kaufpreis in Höhe von 15.500 Euro vereinbart worden. Da der Käufer ihm im Glauben gelassen habe, er werde ihm den Kaufpreis überweisen, habe er diesem die Manschettenknöpfe überlassen, nachdem er sich die persönlichen Daten des Käufers aus dessen Ausweis abgeschrieben habe. Die Daten seien aber nicht richtig und eine Überweisung sei unterblieben. Er habe keine Strafanzeige bei der Polizei erstattet, denn sein Anwalt wolle erst den zivilrechtlichen Weg gehen und versuchen den Käufer aus P dort ausfindig zu machen. Sollte dies erfolglos bleiben, wolle er Strafanzeige erstatten. In Bezug auf seine Firma seien Außenstände in Höhe von knapp 7000 Euro (Nichteinlösen von Lastschriften/Privatgläubiger) entstanden. Diesbezüglich habe er sich dann an einen Anwalt für Insolvenzrecht gewandt und strebe ein Privatinsolvenzverfahren an. Er verfüge also über keinerlei Geldreserven. Wenn er solche hätte, würde er nicht abwarten bis der Strom weg sei oder seine Miete nicht zahlen. Im Moment esse er bei seiner Mutter mit, die aber selbst Alg II-Empfängerin sei. Der Antragsteller hat eine Rechnung vom 10.2.2005 über ein Paar Manschettenknöpfe in Höhe von 15.500 Euro vorgelegt. Ein Rechnungsempfänger ist nicht bezeichnet. Des weiteren wurden mehrere Rechnungen der U2N GmbH E2 von Januar 2005, Februar 2005 und vom 7.3.2005 sowie eine Rechnung der WW Computervertriebs GmbH U1 vom 14.3.2005 vorgelegt, welche sämtlichst den Zahlungsvermerk "Nachnahme Bar" tragen. Die Rechnungen aus März 2005 belaufen sich auf insgesamt 1647,95 Euro.

Der Antragsteller hat am 27.6.2005 Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes erhoben. Er wiederholt im wesentlichen seinen aus dem Verwaltungsverfahren bekannten Vortrag. Ergänzend trägt er vor, er habe, obwohl die Antragsgegnerin nichts von seinen Geschäften gewußt habe, selbst alle Sachverhalte vorgebracht und auch den Firmenverlust in Höhe von 15.581,26 Euro bis März 2005 angezeigt. Er habe mit dem Gewinn aus dem Spielcasino und dem Aufschlag aus dem Verkauf der Manschettenknöpfe auch diesen Betrag quasi komplett ausgleichen wollen. Der Verlust sei zustande gekommen, weil die Manschettenknöpfe von dem Käufer aus P1 nicht bezahlt worden seien. Er wolle in den nächsten Tagen einen Insolvenzantrag stellen. Seinen Folgeantrag auf Leistungen für die Zeit ab 1.6.2005 habe die Antragsgegnerin nicht ausreichend bearbeitet. Sie unterstelle ihm, dass er Sozialleistungen ohne Bedürftigkeit beziehen wolle und vergesse dabei, dass er den Fall selbst dargelegt habe. Es drohe ihm das Abstellen der Stromversorgung wegen nichtbezahlter Rechnungen. Auch könne er zum zweiten Mal seine Miete nicht mehr zahlen.

Der Antragsteller beantragt,

die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten,

I.ihm ab dem 1.6.2005 bis zur Klärung in der Hauptsache einen Betrag in Höhe von mindestens 70 v.H. der Grundsicherung von 345 Euro für Alleinstehende im Sinne des SGB II zu zahlen, II.die monatlichen Wohnkosten in Höhe von 354 Euro über den 31.5.2005 zu zahlen, III.die Krankenversicherung als gesetzlich Versicherter über den 31.5.2005 bei der AOK Rheinland sicherzustellen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Der Antragsteller habe das Widerspruchsverfahren nicht weiter betrieben, es fehle ihm deshalb an einem Rechtsschutzbedürfnis für den einstweiligen Rechtsschutz. Er könne sein Recht außerprozessual durchsetzen und zwar durch die Vorlage geeigneter Unterlagen. Auch fehle es an einem Anordnungsanspruch. Die Angaben des Antragstellers zu seinem Gewerbe und den damit erzielten Erlösen bzw. Verlusten seien undurchsichtig und nicht nachvollziehbar. Aus den vorgelegten Kontoauszügen allein gehe hervor, dass er ca. 10.500 Euro Einkommen durch ebay-Verkäufe erzielt habe. Die von ihm behaupteten Verluste seien unbelegt. Sofern er vortrage, er habe Rechnungen der WW Computervertriebs GmbH in Höhe von 3917,67 Euro nicht beglichen, könne dies nicht seine Einnahmen geschmälert haben.

Der Antragsteller hat mitgeteilt, nicht alle Rechnungen vorlegen zu können, weil sämtliche Unterlagen von der Polizei beschlagnahmt worden seien. Er hat Kontoauszüge für die Zeiten vom 1.6. 2005 bis zum 22.7.2005, einen Blankoschriftsatz der Rechtsanwälte T3 und Partner, E1 vom 22.7.2005 und eine Mahnung der XP2HF2E3B E1 vom 25.7.2005 hinsichtlich der offenen Miete für den Monat Juli 2005 zu den Akten gereicht.

Die Antragsgegnerin hat mit Schreiben vom 12.8.2004 geltend gemacht, der Antragsteller habe weiterhin weder Ausführungen dazu gemacht noch Nachweise erbracht, wie er den in der Zeit vom 31.1.2005 bis 31.5.2005 (richtig 31.3.2005) durch ebay-Verkäufe erzielten Erlös in Höhe von 10.557,00 Euro verwendet haben will. Herr T2 bestreite nicht mehr, seine Unterschrift unter den "Kaufvertrag" über die Manschettenknöpfe gesetzt zu haben, gebe jedoch nunmehr an, es habe sich hierbei um eine Gefälligkeitsunterschrift gehandelt. Sie verweise auf das Schreiben von Herrn T2 vom 5.8.2005. Die Antragstellerin hat das Schreiben vom 5.8.2005 zu den Akten gereicht.

Eine Stellungnahme zu den Schreiben vom 12.8.2005 bzw. 5.8.2005 ist von seiten des Antragstellers nicht mehr erfolgt.

Nach telefonischer Auskunft der Stadtwerke E ist am 15.8.2005 die Stromsperrung für die Wohnung des Antragstellers erfolgt. Die Vermieterin XP2HF2E3B GmbH hat unter dem 18.8.2005 mitgeteilt, dass die für August 2005 fällige Miete bislang nicht bezahlt worden ist.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ist zulässig (1), aber nicht begründet (2).

(1) Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ist zulässig, es fehlt ihm insbesondere nicht –wie die Antragsgegnerin meint- am Rechtsschutzbedürfnis. Dem steht nicht entgegen, dass das Widerspruchsverfahren noch nicht abgeschlossen worden ist. Der Antrag kann bereits vor Erlass des Widerspruchsbescheides gestellt werden (Meyer-Ladewig/Leitherer/Keller, Sozialgerichtsgesetz, § 86 b Rdn. 8a). Anhaltspunkte, dass der Antragsteller die von ihm begehrten Leistungen auf einfachere Weise -nämlich durch Fortsetzung des Widerspruchsverfahrens- erreichen kann, sind nicht ersichtlich. Zwischen Antragsteller und Antragsgegnerin steht die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II weiterhin in Streit, so dass ein berechtigtes Interesse des Antragstellers an einer gerichtlichen Eilentscheidung gegeben ist.

(2) In der Sache bleibt der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ohne Erfolg.

Das Begehren der Antragstellers die ursprünglich bewilligten und mit Bescheid vom 12.5.2005 entzogenen Leistungen nach dem SGB II für den Monat Juni 2005 auf seinen Widerspruch vom 18.5.2005 hin zu erhalten, ist als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs anzusehen. Nach § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen der Widerspruch keine aufschiebende Wirkung hat, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Der gegen den Bescheid vom 12.5.2005 am 18.5.2005 erhobene Widerspruch hat nach § 86 a Abs. 2 Nr. 4 SGG in Verbindung mit § 39 Nr. 1 SGB II keine aufschiebende Wirkung. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebende Wirkung ist begründet, wenn im Rahmen einer Interessenabwägung zwischen dem privaten Interesse an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung und dem Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung das private Interesse überwiegt. Bei der Interessenabwägung sind –neben einer allgemeinen Abwägung der Folgen bei Gewährung bzw. Nichtgewährung des vorläufigen Rechtsschutzes- vor allem die nach vorläufiger Prüfung der Rechtslage und summarischer Prüfung der Tatsachenlage bewerteten Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache von Bedeutung (LSG NRW Beschluss vom 12.5.2005 –L 9 B 12/05- , vgl. zum Ganzen Meyer-Ladewig/Leitherer/Keller, aaO, § 86b Rdn. 12ff).

Es bestehen –nach dem Erkenntnisstand dieses Eilverfahrens- keine ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 12.5.2005. Der Widerspruch hiergegen dürfte –jedenfalls nach jetzigem Sachstand- keine Aussicht auf Erfolg haben. Bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage dürften die Voraussetzungen für die Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 19.1.2005 mit Wirkung ab dem 1.6.2005 nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch –Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz- (SGB X) vorliegen, da in den tatsächlichen Verhältnissen des Antragstellers nach Erlaß des Bewilligungsbescheides vom 19.1.2005, welcher sich als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung zeigt, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Die wesentliche Änderung dürfte sich aus dem Umstand ergeben, dass der Antragsteller nach Erlaß des Leistungsbescheides vom 19.1.2005 zusätzlich zu den Sozialleistungen Einkünfte erwirtschaftet hat, so allein in der Zeit vom 17.2.2005 bis zum 31.3.2005 in der Gesamthöhe von 10.557,00 Euro und damit der Anspruch auf Alg II nach § 19 Abs. 1 SGB II weggefallen ist. Unschädlich ist in diesem Zusammenhang, dass ein Zufluß von Einkünften im Juni 2005 selbst nicht festzustellen ist. Es dürfte aber aufgrund des in den Monaten Februar 2005 und März 2005 bezogenen Einkünfte auch noch im Juni 2005 von einem Vorhandensein von Geldmitteln/Vermögen bei dem Antragsteller auszugehen sein, durch die die nach § 19 Abs. 1 in Verbindung mit § 9 Abs. 1 SGB II erforderliche Hilfebedürftigkeit des Antragstellers entfallen sein dürfte. Den vom Antragsteller vorgelegten Kontoauszügen seiner beiden Konten bei der Sparkasse F1 kann entnommen werden, dass er diesen Konten allein im Monat März 2005 Geldbeträge von insgesamt 9950 Euro an Geldautomaten oder durch Barabhebungen (Barumsatz) entnommen hat. Diese Geldmittel sind in der Folgezeit ausweislich der hier vorliegenden Kontoauszüge für die Monate April 2005 bis Juli 2005 nicht wieder auf die Konten eingezahlt worden. Auch ist nach Aktenlage nicht erkennbar, dass die vom Antragsteller abgehobenen Geldmittel verbraucht sein könnten. Nach den vorgelegten Rechnungen für Wareneinkäufe ergeben sich aus der Rechnung von U2N GmbH vom 7.3.2005 ein Wareneinkauf gegen Barzahlung in Höhe von 1209,47 Euro und aus der Rechung der WW Computervertriebs GmbH vom 14.3.2005 ein Wareneinkauf gegen Barzahlung in Höhe von 438,48 Euro, mithin aufzuwendende Barmittel in Höhe von 1647,95 Euro, so dass die im März 2005 den Konten entnommenen Geldmittel (9950 Euro) hierdurch lediglich auf ca. 8313,00 Euro gemindert worden sein dürften. Die weiteren vorgelegten Rechnungen der WW Computervertriebs GmbH für April 2005 enthalten sämtlichst den Zahlungsvermerk "Abbuchung per Lastschrift". Nach den vorgelegten Kontoauszügen für April bis Juli 2005 sind diese Beträge aber nicht zugunsten der WW Computervertriebsfirma GmbH von den Konten des Antragstellers abgebucht worden und konnten infolgedessen die in März 2005 erlangten Geldmittel nicht schmälern. Des weiteren ist zu berücksichtigen, dass der Antragsteller von der Antragsgegnerin bis einschließlich Mai 2005 Leistungen zur Sicherstellung seines Lebensunterhaltes erhielt und damit die streitgegenständlichen Geldmittel hierfür nicht verwenden musste. Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht bei Berücksichtigung der vom Antragsteller vorgelegten betriebswirtschaftlichen Auswertung vom 8.4.2005 und der dortigen Verlustangabe in Höhe von 15.581,26 Euro. Die in der Auswertung für die Zeit vom 1.1.2005 bis 31.3.2005 angenommenen Umsatzerlöse in Höhe von 2964,42 Euro sind mit Blick auf die vorgelegten Kontoauszüge, nach denen allein für die Zeit vom 17.2.2005 bis 31.3.2005 ein Umsatz in Höhe von 10.557 Euro vom Antragsteller erwirtschaftet wurde, offensichtlich unzutreffend. Auch sind die von dem Antragsteller zur Finanzierung der in der Auswertung angegebenen Wareneinkäufe in Höhe von 18.273,51 Euro gemachten Angaben in sich widersprüchlich und unglaubhaft. Wenn er hierzu vorträgt, 18.000 Euro im Spielkasino gewonnen zu haben, hätte es nahegelegen, diesen Betrag ummittelbar für die Wareneinkäufe einzusetzen. Sein weitergehender Vortrag, er habe für den Spielgewinn Manschettenknöpfe im Werte von 14.900 Euro erstanden und sei bei dem Weiterverkauf an einen österreichischen Käufer betrogen worden, dürfte mit Blick auf die Erklärung des Herrn T2 vom 5.8.2005 als widerlegt anzusehen sein. Der Antragsteller hat hierzu keine Stellung mehr bezogen. Dann bleibt die Frage, aus welchen Mitteln Antragsteller die Wareneinkäufe in Höhe von ca. 18.000 Euro tatsächlich beglichen worden sind, damit nicht nur ein Verlust auf dem Papier zu verzeichnen wäre. Unter Würdigung dieser Gesichtspunkte fehlt es der betriebswirtschaftlichen Auswertung vom 8.4.2005 und der dortigen Verlustangabe an hinreichender Überzeugungskraft. Soweit der Antragsteller vorgetragen hat, er könne nicht alle Rechnungen vorlegen, weil diese von der Polizei beschlagnahmt worden sind, bleibt zu beachten, dass mit Blick auf das Datum der Wohnungsdurchsuchung am 8.3.2005 dies nur Rechnungen bis zum 7.3.2005 betreffen kann und sich auf den Kontoauszügen für März 2005 keine Überweisungen (Lastschriften) an Lieferantenfirmen finden. Zudem hat der Antragsteller selbst widersprüchliche Angaben zu seinen Verlusten aus seiner Gewerbetätigkeit gemacht. So spricht er in der Antragstellung bei Gericht von einem Firmenverlust bis März 2005 in Höhe von 15.581, 26 Euro sowie einem zusätzlichen Verlust im April in Höhe von 4000 Euro, wogegen er im Verwaltungsverfahren in seiner Stellungnahme vom 16.6.2005 den Verlust (Ausstände) mit 7000 Euro angibt. Auch hat der Antragsteller mehrfach behauptet, wegen kompletter Verschuldung einen Insolvenzantrag stellen zu wollen, was aber bis zum jetzigen Zeitpunkt offensichtlich nicht erfolgt ist. Aufgrund der unklaren wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers während seiner Gewerbetätigkeit bleibt der Verbleib der im März 2005 den Konten entnommenen Geldmittel in der (geminderten) Höhe von ca. 8313,00 Euro im Dunkeln. Diese Unklarheiten gehen zu Lasten des Antragstellers. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass der Antragsteller im Juni 2005 (und auch in der Folgezeit) noch über aus seiner Gewerbetätigkeit stammende Geldmittel verfügte, die zum Wegfall des Anspruches auf Leistungen nach dem SGB II führen.

Soweit der Antragsteller darüberhinaus auf seinen Antrag vom 9.5.2005 die Weitergewährung von Leistungen nach dem SGB II ab dem 1.7.2005 begehrt, stellt sich dieses Begehren im einstweiligen Rechtsschutz als Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG dar. Das Gericht kann in der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn die Regelung zur Abwehr wesentlicher Nachteile oder aus anderen Gründen notwendig erscheint (§ 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, d.h. des materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d.h. die Unzumutbarkeit voraus, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Der geltend gemachte Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II (Anordnungsanspruch) und die besonderen Gründe für die Notwendigkeit der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes -die Eilbedürftigkeit- (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 Zivilprozeßordnung (ZPO). Die Glaubhaftmachung bezieht sich auf die eingeschränkte gerichtliche Prüfungsdichte und die nur eine überwiegende Wahrscheinlichkeit erfordernde Überzeugungsgewißheit für die tatsächlichen Voraussetzungen des Anordnungsanspruchs und des Anordnungsgrundes im einstweiligen Verfahren (BVerfG vom 29.7.2003 –2 BvR 311/03- in Juris).

Ein Anordnungsgrund dürfte zugunsten des Antragstellers vorliegen, da laut telefonischer Auskunft der Stadtwerke E1 am 15.8.2005 die Stromversorgung für die Wohnung des Antragstellers eingestellt worden ist und er für die Monate Juli 2005 und August 2005 die Miete nicht entrichtet hat, so dass ihm nunmehr ggf. die Kündigung des Wohnraumes droht.

Es fehlt jedoch am Anordnungsanspruch. Dem Antragsteller ist es nicht gelungen, seine Mittellosigkeit hinreichend glaubhaft zu machen. Zwar ist bei der Prüfung der Voraussetzungen auf Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums, soweit es um den Tatbestand der Hilfebedürftigkeit geht, auf die gegenwärtige Lage eines Antragstellers abzustellen. Umstände der Vergangenheit dürfen nur insoweit herangezogen werden, als sie eindeutige Erkenntnisse über die gegenwärtige Lage des Hilfenachfragenden zulassen (BverfG Beschluss 12.5.2005 –1 BvR 569/05- in JURIS). Dem ersten Anschein nach spricht die am 15.8.2005 aufgrund unbezahlter Rechnungen erfolgte Stromsperrung und die nicht beglichenen Mietforderungen für Juli 2005 und August 2005 für eine Hilfebedürftigkeit des Antragstellers. Gleichwohl ergeben sich Zweifel an der Mittellosigkeit des Antragstellers, weil der Verbleib der im März 2005 den Konten entnommenen Geldmittel in Höhe von ca. 9950 Euro, die das Gericht bereits auf ca. 8300 Euro runtergerechnet hat, unklar bleibt. Es ist daher nicht auszuschließen, dass der Antragsteller noch über aus seiner Gewerbetätigkeit stammende Geldmittel verfügt und diese schont und –aus welchen Beweggründen auch immer- für Wohnung und Strom nicht einsetzt. Insoweit hat das Gericht in seine Erwägungen mit einbezogen, dass der Antragsteller auch im März 2005, zu einem Zeitpunkt als er nachweislich über erhebliche Einkünfte verfügte, die Jahresrechnung der Stadtwerke E1 vom 9.3.2005 nicht beglichen hat, sondern diese später mit seinem Fortzahlungsantrag vom 9.5.2005 der Antragsgegnerin zwecks Kostenübernahme vorgelegt hat. Das Gericht verkennt des weiteren nicht, dass eine vollständige Aufstellung über Aktiva und Passiva des früheren Gewerbes dem Antragsteller ggf. wegen Beschlagnahme von Unterlagen durch die Staatsanwaltschaft im Verfahren nicht möglich war. Der Antragsteller war jedoch gehalten, einen plausiblen, nachvollziehbaren und in sich widerspruchsfreien Tatsachenvortrag zu den sich aus seiner Gewerbetätigkeit ergebenden wirtschaftlichen Verhältnissen, insbesondere zum Verbleib seiner hohen Einkünfte zu machen. Daran fehlt es im vorliegenden Verfahren. Das Gericht hat in seine Entscheidungsfindung auch die Forderung des Bundesverfassungsgerichtes in seinem Beschluss vom 12.5.2005 (aaO), dass existenzsichernde Leistungen mit Blick auf die grundrechtlichen Belange des Antragstellers nicht auf Grund bloßer Mutmaßungen verweigert werden dürfen, insbesondere wenn sich diese auf vergangene Umstände stützen, mit einbezogen. Entscheidend war für das Gericht insoweit, dass der Antragsteller offensichtlich nicht bereit war, den tatsächlichen Hergang seiner Geschäfte und den damit erzielten Einkünften bzw. erlittenen Verlusten plausibel und nachvollziehbar im Verfahren darzulegen. Ein zu beachtender Zusammenhang zwischen der jetzt zu prüfenden Bedürftigkeit und den in der jüngsten Vergangenheit erlangten hohen Einkünfte kann daher nicht ausgeschlossen werden, so dass die vorzunehmende Interessenabwägung zu Lasten des Antragstellers ausgehen mußte. Das Gericht sieht sich nicht in der Lage, sich schützend und fördernd vor die Grundrechte des Antragstellers zu stellen, wenn dieser in dem Verfahren keine für das Gericht nachvollziehbaren und glaubhaften Angaben macht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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