Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 11 AL 123/04
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 16.07.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2004 verurteilt, dem Kläger ungemindertes Arbeitslosengeld auch für die Zeit vom 01.06 bis 06.07.2004 zu zahlen. Die Beklagte hat die Kosten des Klägers zu erstatten. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen eine Minderung des an ihn ausgezahlten Arbeitslosengeldes (Alg) wegen verspäteter Meldung als arbeitsuchend.
Der am 00.00.1964 geborene Kläger war zuletzt als Betriebsleiter bei der Firma M1 X T GmbH & Co KG in M2 beschäftigt. Mit Schreiben vom 22.04.2004 kündigte der zum Insolvenzverwalter bestellte Rechtsanwalt das Arbeitsverhältnis "zum nächstmöglichen Termin, d.h. zum 31.05.2004". Weiter heiß es in dem Schreiben, dem Kläger werde dringend angeraten, unverzüglich die Beklagte in Kenntnis zu setzen.
Am 10.05.2004 meldete sich der Kläger arbeitsuchend. Die Freistellung von der Arbeitsleistung erfolgte mit Schreiben vom 19.05.2004, in dem es weiter hieß, der Kläger werde gebeten, die Beklagte unverzüglich in Kenntnis zu setzen. Die Beklagte holte eine Arbeitsbescheinigung ein, wonach das Arbeitsverhältnis am 19.05.2004 zum 31.05.2004 beendet worden sei. Mit Bescheid vom 16.07.2004 gewährte sie Alg und nahm zugleich eine Minderung des Anspruchs um 455.- Euro vor, da der Kläger sich 13 Tage zu spät gemeldet habe. Als Minderungszeitraum nahm sie die Zeit vom 01.06. bis 06.07.2004 an. Seinen am 23.07.2004 erhobenen Widerspruch begründete der Kläger damit, er habe sich aufgrund hohen Arbeitsaufkommens nicht früher melden können. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 15.12.2004 zurück.
Hiergegen richtet sich die am 00.00.0000 erhobene Klage.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 16.07.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2004 zu verurteilen, ihm ungemindertes Arbeitslosengeld auch für die Zeit vom 01.06. bis 06.07.2004 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Hinsichtlich der wesentlichen Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die übrige Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet. Die angefochtenen Entscheidungen der Beklagten sind rechtswidrig im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die Beklagte durfte den Alg-Anspruch des Klägers nicht wegen verspäteter Meldung mindern.
Die §§ 37 b und 140 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) als gesetzliche Grundlagen der Minderung sind verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass eine Minderung zumindest dann unterbleibt, wenn der Betroffene seine Obliegenheit zu frühzeitiger Meldung als arbeitsuchend weder kennt noch aufgrund grober Fahrlässigkeit nicht kennt und auch keine allgemein bekannten Verhaltenserwartungen der Versichertengemeinschaft missachtet hat.
Die Beklagte zahlt nach Maßgabe der §§ 117 ff SGB III Alg. Dass der Kläger die Anspruchsvoraussetzungen hierfür erfüllt, ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Die Beklagte durfte den Alg-Anspruch auch nicht nach § 140 SGB III mindern. Nach Satz 1 dieser Vorschrift mindert sich der Anspruch auf Alg, wenn sich der Arbeitslose entgegen § 37 b SGB III nicht unverzüglich arbeitsuchend gemeldet hat. Nach § 37 b Satz 1 SGB III sind Personen, deren Versicherungspflichtverhältnis endet, verpflichtet, sich unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeitpunkts persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend zu melden.
Entgegen seinem Wortlaut enthält § 37 b Satz 1 SGB III keine echte Rechtspflicht, sondern eine Obliegenheit (BSG, Urteil vom 25.05.2005, B 11a/11 AL 81/04 R; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.09.2004, L 1 AL 51/04; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18.11.2004, L 12 AL 2249/04; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 09.06.2004, L 3 AL 1267/04), denn die Vorschrift verlangt dem Versicherten bereits im Stadium vor dem eigentlichen Leistungsverhältnis ein Verhalten ab, das die Versichertengemeinschaft vor dem vermeidbaren Schaden bewahren soll, der durch verzögerte Aufnahme der Vermittlungsbemühungen typischerweise entsteht (SG Berlin, Urteile vom 26.03.2004, S 58 AL 6603/03 und 108/04, info also 2004, S. 111 f und 112 (113 f); Geiger, SGb 2004, 342, 343). Gemeinsam ist Rechtspflicht und Obliegenheit, dass ein Verstoß gegen sie nur bei vorwerfbarem Handeln sanktioniert ist und demgemäß eine nicht vorwerfbare Unkenntnis der Obliegenheit die Sanktion nicht auslöst. Auch § 37 b Satz 1 SGB III weicht von diesem Grundsatz nicht ab: Erstens verweist bereits der Wortlaut auf eine verschuldete Meldungsverzögerung, denn "unverzüglich" bedeutet nach der auch im Sozialrecht gültigen gesetzlichen Definition in § 121 Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) "ohne schuldhaftes Zögern" (BSG, aaO; einschränkend Kruse, in: Gagel, SGB III, § 37b Rn. 4). Zweitens muss bei der Auslegung von § 37 b SGB III auch § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III mitgelesen werden, wonach der Arbeitgeber "über die Verpflichtung unverzüglicher Meldung ( ...) informieren" soll. Solange die Obliegenheit zur unverzüglichen Meldung noch nicht zum allgemein präsenten Wissen eines Arbeitnehmers gehört, setzt die Minderung nach § 140 SGB III daher einen entsprechenden Hinweis voraus (LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.).
Die beiden Schreiben des Insolvenzverwalters waren nicht geeignet, den Kläger hinreichend über die in § 37 b SGB III statuierte Obliegenheit zu informieren, da sie keinen Hinweis auf eine drohende Minderung von Alg enthielten.
Es gehört zum Wesen jeder Obliegenheit, dass ihre Befolgung ein Gebot des eigenen Interesses ist, da der "Belastete" bei Verletzung der Obliegenheit einen Rechtsverlust oder einen sonstige Minderung seiner eigenen Rechtspositionen erleidet (vgl. Heinrichs, in: Palandt, BGB, 64. Aufl., 2005, vor § 241, Rn 13). Kenntnis von einer Obliegenheit besteht daher nicht bereits dann, wenn dem "Belasteten" (Terminus nach Heinrich, a.a.O.) die entsprechende Verhaltensaufforderung bekannt ist. Hinzutreten muss vielmehr auch eine zumindest laienhafte Kenntnis vom drohenden eigenen Rechtsverlust, denn erst dieses Element verleiht einer Obliegenheit ihre eigentliche rechtliche Durchsetzungskraft (vgl. auch BSG, aaO, zu anderen Obliegenheiten, deren Verletzung sich nur bei vorheriger hinreichender Rechtsfolgenbelehrung nachteilig auswirken darf).
Bei der Prüfung, ob ein arbeitgeberlicher Hinweis diesen Anforderungen genügt, ist zu beachten, dass die Obliegenheit in § 37 b SGB III nicht etwa eine bereits zuvor bestehende, allgemein bekannte und anerkanntermaßen sanktionsbewehrte Verhaltserwartung der Versichertengemeinschaft lediglich festschreibt (SG Berlin, Urteil vom 26.03.2004, S 58 AL 6603/03, a.a.O.). Statt dessen bricht § 37 b SGB III gerade mit der bisherigen Rechtslage und dem hierauf basierenden überkommenen Rechtsbewußtsein (ausführlich LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.). So erklärt § 122 Abs. 1 Satz 2 SGB III eine vor Eintritt der Arbeitslosigkeit (§ 119 SGB III) erfolgte Arbeitslosmeldung unter den bestimmten Voraussetzungen für zulässig, aber gerade nicht für erforderlich, während der Bezug von Alg nach § 117 Abs. 1 Nr. 1 SGB III grundsätzlich gegenwärtige (und nicht zukünftige) Arbeitslosigkeit voraussetzt.
Ein Hinweis auf die bei Nichtbeachtung der Obliegenheit drohenden Nachteile ist nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund geboten, dass eine Minderung von Alg nach den §§ 37 b, 140 SGB III nicht durch einen Schadensersatzanspruch gegen den früheren Arbeitgeber kompensiert wird (BAG, Urteil vom 29.09.2005, 8 AZR 571/04, zitiert nach der Pressemitteilung; weiterhin auch in der Vorinstanz LAG Hamm, Urteil vom 07.09.2004, 19 Sa 1248/04 m.w.N sowie LAG Düsseldorf, Urteil vom 29.09.2004, 12 Sa 1323/04; ArbG Verden, Urteil vom 27.11.2003, 3 Ca 1567/03, NZA-RR 2004, 108 f, mit zust. Anm. Heins/Höstermann, BB 2004, 1633 f).
Formulierungen wie die hier verwendeten, dem Kläger werde werde "dringend angeraten" oder er werde "gebeten, unverzüglich die Beklagte in Kenntnis zu setzen", genügen diesen Anforderungen nicht, da der Kläger aus ihnen nicht erkennen konnte, welche Folgen sich aus einer verspäteten Meldung ergeben würden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, die Entscheidung über die Zulassung der Berufung auf § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 SGG.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen eine Minderung des an ihn ausgezahlten Arbeitslosengeldes (Alg) wegen verspäteter Meldung als arbeitsuchend.
Der am 00.00.1964 geborene Kläger war zuletzt als Betriebsleiter bei der Firma M1 X T GmbH & Co KG in M2 beschäftigt. Mit Schreiben vom 22.04.2004 kündigte der zum Insolvenzverwalter bestellte Rechtsanwalt das Arbeitsverhältnis "zum nächstmöglichen Termin, d.h. zum 31.05.2004". Weiter heiß es in dem Schreiben, dem Kläger werde dringend angeraten, unverzüglich die Beklagte in Kenntnis zu setzen.
Am 10.05.2004 meldete sich der Kläger arbeitsuchend. Die Freistellung von der Arbeitsleistung erfolgte mit Schreiben vom 19.05.2004, in dem es weiter hieß, der Kläger werde gebeten, die Beklagte unverzüglich in Kenntnis zu setzen. Die Beklagte holte eine Arbeitsbescheinigung ein, wonach das Arbeitsverhältnis am 19.05.2004 zum 31.05.2004 beendet worden sei. Mit Bescheid vom 16.07.2004 gewährte sie Alg und nahm zugleich eine Minderung des Anspruchs um 455.- Euro vor, da der Kläger sich 13 Tage zu spät gemeldet habe. Als Minderungszeitraum nahm sie die Zeit vom 01.06. bis 06.07.2004 an. Seinen am 23.07.2004 erhobenen Widerspruch begründete der Kläger damit, er habe sich aufgrund hohen Arbeitsaufkommens nicht früher melden können. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 15.12.2004 zurück.
Hiergegen richtet sich die am 00.00.0000 erhobene Klage.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 16.07.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2004 zu verurteilen, ihm ungemindertes Arbeitslosengeld auch für die Zeit vom 01.06. bis 06.07.2004 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Hinsichtlich der wesentlichen Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die übrige Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet. Die angefochtenen Entscheidungen der Beklagten sind rechtswidrig im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die Beklagte durfte den Alg-Anspruch des Klägers nicht wegen verspäteter Meldung mindern.
Die §§ 37 b und 140 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) als gesetzliche Grundlagen der Minderung sind verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass eine Minderung zumindest dann unterbleibt, wenn der Betroffene seine Obliegenheit zu frühzeitiger Meldung als arbeitsuchend weder kennt noch aufgrund grober Fahrlässigkeit nicht kennt und auch keine allgemein bekannten Verhaltenserwartungen der Versichertengemeinschaft missachtet hat.
Die Beklagte zahlt nach Maßgabe der §§ 117 ff SGB III Alg. Dass der Kläger die Anspruchsvoraussetzungen hierfür erfüllt, ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Die Beklagte durfte den Alg-Anspruch auch nicht nach § 140 SGB III mindern. Nach Satz 1 dieser Vorschrift mindert sich der Anspruch auf Alg, wenn sich der Arbeitslose entgegen § 37 b SGB III nicht unverzüglich arbeitsuchend gemeldet hat. Nach § 37 b Satz 1 SGB III sind Personen, deren Versicherungspflichtverhältnis endet, verpflichtet, sich unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeitpunkts persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend zu melden.
Entgegen seinem Wortlaut enthält § 37 b Satz 1 SGB III keine echte Rechtspflicht, sondern eine Obliegenheit (BSG, Urteil vom 25.05.2005, B 11a/11 AL 81/04 R; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.09.2004, L 1 AL 51/04; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18.11.2004, L 12 AL 2249/04; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 09.06.2004, L 3 AL 1267/04), denn die Vorschrift verlangt dem Versicherten bereits im Stadium vor dem eigentlichen Leistungsverhältnis ein Verhalten ab, das die Versichertengemeinschaft vor dem vermeidbaren Schaden bewahren soll, der durch verzögerte Aufnahme der Vermittlungsbemühungen typischerweise entsteht (SG Berlin, Urteile vom 26.03.2004, S 58 AL 6603/03 und 108/04, info also 2004, S. 111 f und 112 (113 f); Geiger, SGb 2004, 342, 343). Gemeinsam ist Rechtspflicht und Obliegenheit, dass ein Verstoß gegen sie nur bei vorwerfbarem Handeln sanktioniert ist und demgemäß eine nicht vorwerfbare Unkenntnis der Obliegenheit die Sanktion nicht auslöst. Auch § 37 b Satz 1 SGB III weicht von diesem Grundsatz nicht ab: Erstens verweist bereits der Wortlaut auf eine verschuldete Meldungsverzögerung, denn "unverzüglich" bedeutet nach der auch im Sozialrecht gültigen gesetzlichen Definition in § 121 Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) "ohne schuldhaftes Zögern" (BSG, aaO; einschränkend Kruse, in: Gagel, SGB III, § 37b Rn. 4). Zweitens muss bei der Auslegung von § 37 b SGB III auch § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III mitgelesen werden, wonach der Arbeitgeber "über die Verpflichtung unverzüglicher Meldung ( ...) informieren" soll. Solange die Obliegenheit zur unverzüglichen Meldung noch nicht zum allgemein präsenten Wissen eines Arbeitnehmers gehört, setzt die Minderung nach § 140 SGB III daher einen entsprechenden Hinweis voraus (LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.).
Die beiden Schreiben des Insolvenzverwalters waren nicht geeignet, den Kläger hinreichend über die in § 37 b SGB III statuierte Obliegenheit zu informieren, da sie keinen Hinweis auf eine drohende Minderung von Alg enthielten.
Es gehört zum Wesen jeder Obliegenheit, dass ihre Befolgung ein Gebot des eigenen Interesses ist, da der "Belastete" bei Verletzung der Obliegenheit einen Rechtsverlust oder einen sonstige Minderung seiner eigenen Rechtspositionen erleidet (vgl. Heinrichs, in: Palandt, BGB, 64. Aufl., 2005, vor § 241, Rn 13). Kenntnis von einer Obliegenheit besteht daher nicht bereits dann, wenn dem "Belasteten" (Terminus nach Heinrich, a.a.O.) die entsprechende Verhaltensaufforderung bekannt ist. Hinzutreten muss vielmehr auch eine zumindest laienhafte Kenntnis vom drohenden eigenen Rechtsverlust, denn erst dieses Element verleiht einer Obliegenheit ihre eigentliche rechtliche Durchsetzungskraft (vgl. auch BSG, aaO, zu anderen Obliegenheiten, deren Verletzung sich nur bei vorheriger hinreichender Rechtsfolgenbelehrung nachteilig auswirken darf).
Bei der Prüfung, ob ein arbeitgeberlicher Hinweis diesen Anforderungen genügt, ist zu beachten, dass die Obliegenheit in § 37 b SGB III nicht etwa eine bereits zuvor bestehende, allgemein bekannte und anerkanntermaßen sanktionsbewehrte Verhaltserwartung der Versichertengemeinschaft lediglich festschreibt (SG Berlin, Urteil vom 26.03.2004, S 58 AL 6603/03, a.a.O.). Statt dessen bricht § 37 b SGB III gerade mit der bisherigen Rechtslage und dem hierauf basierenden überkommenen Rechtsbewußtsein (ausführlich LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.). So erklärt § 122 Abs. 1 Satz 2 SGB III eine vor Eintritt der Arbeitslosigkeit (§ 119 SGB III) erfolgte Arbeitslosmeldung unter den bestimmten Voraussetzungen für zulässig, aber gerade nicht für erforderlich, während der Bezug von Alg nach § 117 Abs. 1 Nr. 1 SGB III grundsätzlich gegenwärtige (und nicht zukünftige) Arbeitslosigkeit voraussetzt.
Ein Hinweis auf die bei Nichtbeachtung der Obliegenheit drohenden Nachteile ist nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund geboten, dass eine Minderung von Alg nach den §§ 37 b, 140 SGB III nicht durch einen Schadensersatzanspruch gegen den früheren Arbeitgeber kompensiert wird (BAG, Urteil vom 29.09.2005, 8 AZR 571/04, zitiert nach der Pressemitteilung; weiterhin auch in der Vorinstanz LAG Hamm, Urteil vom 07.09.2004, 19 Sa 1248/04 m.w.N sowie LAG Düsseldorf, Urteil vom 29.09.2004, 12 Sa 1323/04; ArbG Verden, Urteil vom 27.11.2003, 3 Ca 1567/03, NZA-RR 2004, 108 f, mit zust. Anm. Heins/Höstermann, BB 2004, 1633 f).
Formulierungen wie die hier verwendeten, dem Kläger werde werde "dringend angeraten" oder er werde "gebeten, unverzüglich die Beklagte in Kenntnis zu setzen", genügen diesen Anforderungen nicht, da der Kläger aus ihnen nicht erkennen konnte, welche Folgen sich aus einer verspäteten Meldung ergeben würden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, die Entscheidung über die Zulassung der Berufung auf § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 SGG.
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