Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 7 KR 27/03
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 144/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 24. April 2003 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von Zuzahlungen zum Zahnersatz zu befreien.
Der 1968 geborene Kläger war bis 30.06.2004 Mitglied der Beklagten. Am 26.01.2000 erstellten die Zahnärzte Dres. O. einen Heil- und Kostenplan für Zahnersatz, der Zahnersatz wurde am 06.04.2000 eingegliedert, am 25.04.2000 wurden dem Kläger hierfür insgesamt 3.882,99 DM in Rechnung gestellt. Am 10.07.2000 stellte der Kläger bei der Beklagten Antrag auf Befreiung von Zuzahlungen. Er gab an, getrenntlebend zu sein und Arbeitslosengeld zu beziehen. Aktenkundig ist dann ein Schreiben der Beklagten an den Kläger vom 10.09.2001, worin die Beklagte nach Überprüfung des Einkommens des Klägers vor Aufstellung des Heil- und Kostenplans und vor Eingliederung des Zahnersatzes eine Befreiung von Zuzahlungen ablehnte. Mit Schreiben vom 17.04.2002 erfolgte die Mitteilung, dass eine volle Kostenübernahme weder nach § 61 SGB V möglich sei, noch dass die Voraussetzungen für eine teilweise Befreiung nach § 62 Abs.3 SGB V vorlägen. Im Bescheid vom 07.05.2002 verwies die Beklagte auf ihre früheren Schreiben und teilte mit, nach § 61 SGB V seien alleinstehende Versicherte von Zuzahlungen befreit, wenn das monatliche Bruttoeinkommen die Einkommensgrenze von 1.792,00 DM nicht übersteige. Nach Angaben des früheren Arbeitgebers habe der Kläger in den Monaten Januar bis März 2000 ein Bruttoentgelt von 7.540,00 DM bezogen, dies seien monatlich 2.513,33 DM. Auch die Prüfung des Bruttogehalts im Jahr 1999 (DM 35.065,00) habe ein die Einkommensgrenze übersteigendes Einkommen, nämlich 2.922,08 DM pro Monat ergeben. Am 30.07.2002 ging der Widerspruch des Klägerbevollmächtigten bei der Beklagten ein. Beigefügt war der Steuerbescheid des Klägers für das Jahr 2000, woraus der Bevollmächtigte des Klägers ein durchschnittliches Monatseinkommen von 628,25 DM errechnete. Die Beklagte führte aus, der Kläger habe im Antrag vom 10.07.2001 angegeben, nicht mit Angehörigen im gemeinsamen Haushalt zu leben. Der Sohn des Klägers sei erst 2001 geboren worden. Der Klägerbevollmächtigte bestätigte, ein Unterhaltstitel liege nicht vor.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 14.01.2003 als unzulässig (verspätet) zurückgewiesen. Im Übrigen sei er hilfsweise auch materiell-rechtlich zurückzuweisen. Rein hilfsweise habe der Widerspruchsausschuss auch noch geprüft, ob der Bescheid eventuell nach § 44 SGB X zurückzunehmen gewesen wäre. Es habe sich jedoch nicht um einen rechtswidrigen Verwaltungsakt gehandelt, so dass er nicht zurückzunehmen sei, deshalb sei auf den Sachverhalt einzugehen.
Gegen diesen Bescheid richtete sich die zum Sozialgericht Nürnberg erhobene Klage. Der Kläger hat im Termin zur mündlichen Verhandlung am 24.04.2003 angegeben, er habe bis einschließlich 28.04.2000 Krankengeld bezogen. Vom 12.05.2000 bis 14.01.2001 sei Arbeitslosengeld gezahlt worden.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 24.04.2003 abgewiesen. Die zulässige Klage sei unbegründet, dies ergebe sich jedoch nicht daraus, dass der Widerspruch des Klägers unzulässig gewesen wäre. Die Widerspruchsstelle habe trotz der Fristversäumnis in der Sache entschieden, so dass das Gericht hieran gebunden sei. Die Beklagte habe den im Juli 2001 gestellten Antrag auf Befreiung von der Zuzahlung zu Recht abgelehnt. Die Voraussetzungen des § 61 SGB V für eine vollständige Befreiung lägen nicht vor. Eine unzumutbare Belastung bestehe, wenn die monatlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt des Versicherten 40 v.H. der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV nicht überschreiten (§ 61 Abs.2 Nr.1 SGB V). Diese Grenze habe im Jahr 2000 für die alten Bundesländer 4.480,00 DM betragen, 40 % hiervon seien 1.792,00 DM. Diesen Betrag habe die Beklagte angesetzt und zutreffend nicht erhöht wegen eventueller Leistungen an die mit dem Kläger in gemeinsamen Haushalt lebende Lebenspartnerin.
Die Bestimmung der durchschnittlichen Bruttoeinnahmen durch die Beklagte sei nicht zu beanstanden. Dabei sei unerheblich, ob die durchschnittlichen Arbeitsentgelte für den Zeitraum Oktober 1999 bis Dezember 1999 oder für den Zeitraum Januar 2000 bis März 2000 zugrunde zu legen seien, ob somit auf den Zeitpunkt der Erstellung des Heil- und Kostenplanes oder auf den Zeitpunkt der Eingliederung des Zahnersatzes abzustellen sei. Die Vorstellung des Klägers, dass das ganze Jahr 2000 und die in diesem Kalenderjahr erzielten Einkünfte zugrunde zu legen seien, sei nicht zutreffend. Der überwiegende Teil des Jahres liege in einem Zeitraum nach Erstellung des Heil- und Kostenplanes und nach Eingliederung des Zahnersatzes. Die Rechnung datiere vom 25.04.2000, so dass zutreffend der Zeitraum Januar bis März 2000 zugrundegelegt worden sei.
Die Beklagte habe auch zutreffend eine teilweise Befreiung von der Zuzahlung abgelehnt. Gemäß § 62 Abs.2a Satz 1 SGB V habe die Krankenkasse bei der Versorgung mit Zahnersatz den von dem Versicherten zu tragenden Anteil der Kosten nach § 30 Abs.2 SGB V zu übernehmen, soweit gem. § 61 SGB V der Anteil das Dreifache der Differenz zwischen den monatlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt und der zur vollständigen Befreiung maßgebenden Einkommensgrenze übersteige. Die Beklagte habe zugunsten des Klägers den falschen Betrag angesetzt, trotz dieses zu hohen Ansatzes sei die Belastungsgrenze nicht überschritten worden.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, zu deren Begründung die Bevollmächtigten vortragen, bei der Überprüfung der Voraussetzungen für die Befreiung sei vom Zeitpunkt der Rechnungsstellung auszugehen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 14.07.2005 gehen die Beteiligten übereinstimmend von einem Erstattungsbetrag von DM 2.037,09 (entsprechend in Euro) aus.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 24.04.2003 aufzuheben und den zugrundeliegenden Bescheid der Beklagten vom 07.05.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.01.2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger 1.041,55 Euro zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, der Bescheid vom 07.05.2002 sei bindend geworden. Die im Widerspruchsbescheid dargelegte Sachprüfung sei lediglich im Hinblick auf § 44 SGB X erfolgt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung, die wegen der Höhe des Beschwerdewertes nicht der Zulassung gem. § 144 SGG bedarf, ist zulässig, sie erweist sich aber als unbegründet. Wie der Widerspruchsausschuss und das Sozialgericht entscheidet auch der Senat in der Sache.
Das Sozialgericht und die Beklagte haben zutreffend die Voraussetzungen für eine Befreiung von Zuzahlungen abgelehnt.
Die Voraussetzungen für eine vollständige Befreiung gem. § 61 SGB V lagen nicht vor. Nach § 61 Abs.1 Nr.2 SGB V hat die Krankenkasse bei der Versorgung mit Zahnersatz den von den Versicherten zu tragenden Anteil der Kosten nach § 30 Abs.2 SGB V zu übernehmen, wenn die Versicherten unzumutbar belastet würden. Die Höhe des Eigenanteils ist zwischen den Beteiligten nicht bestritten und beträgt umgerechnet 1.041,55 Euro. Eine unzumutbare Belastung liegt jedoch nicht vor. Voraussetzung hierfür ist gem. § 61 Abs.2 Nr.1 SGB V, dass die monatlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt des Versicherten 40 v.H. der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV nicht überschreiten. 40 % der monatlichen Bezugsgrenze betrugen ab 01.01.2000 1.792,00 DM. Eine Erhöhung gem. § 61 Abs.4 SGB V in der zur Zeit der Antragstellung geltenden Fassung kommt nicht in Betracht, der Kläger hat selbst angegeben, er habe in dieser Zeit getrennt gelebt. Die Lebensgefährtin des Klägers ist keine Angehörige, das Kind des Klägers wurde erst im Oktober 2001 geboren.
Die monatlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt des Klägers haben 40 v.H. der monatlichen Bezugsgröße überschritten. Zur Berechnung der Bruttoeinnahmen ist der monatliche Durchschnitt heranzuziehen. Geht es um die Befreiung von Zuzahlungen oder Eigenanteilen bei einmaligen Leistungen, so ist auf einen hinreichend repräsentativen Zeitraum abzustellen, mindestens auf die letzten drei Monate vor dem Leistungszeitpunkt (siehe Höfler, KassKomm, Rz 11 zu § 61 a.F.). Leistungszeitpunkt ist der Zeitpunkt der Eingliederung des Zahnersatzes. Die Eingliederung erfolgte am 06.04.2000. Die Beklagte hat damit zutreffend die Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt in der Zeit von Januar bis einschließlich März 2000 zur Berücksichtigung herangezogen. Der errechnete monatliche Durchschnitt, der vom Kläger zahlenmäßig nicht bestritten wird, beläuft sich auf 3.049,24 DM und liegt weit über der Einnahmegrenze von 1.792,00 DM.
Auch wenn man, der Rechtsauffassung des Klägerbevollmächtigten entsprechend, das Datum der Rechnung (bzw. das Datum des Zugangs der Rechnung) für ausschlaggebend hielte, bleibt, da die Rechnung vom 25.04.2000 datiert und dem Kläger im April 2000 zuging, der gleiche Zeitraum von Januar bis März 2000 zu überprüfen.
Der Bevollmächtigte des Klägers hat im Verwaltungsverfahren noch die Auffassung vertreten, die zugrunde zu legenden monatlichen Bruttoeinnahmen seien aus dem Jahreseinkommen für das Kalenderjahr 2000 zu errechnen. Diese Auffassung vertritt er im Berufungsverfahren nicht mehr, das Sozialgericht hat im Übrigen im Urteil zutreffend ausgeführt, dass auf einen Zeitpunkt nach Erbringung der Sachleistung zur Ermittlung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit grundsätzlich nicht abgestellt werden kann, weil dies der Systematik des Gesetzes widerspricht.
Auch die Voraussetzungen zur Befreiung von Zuzahlung nach § 62 Abs.2a SGB V in der im Jahr 2000 geltenden Fassung sind nicht gegeben. Danach hat die Krankenkasse bei der Versorgung mit Zahnersatz den von den Versicherten zu tragenden Anteil der Kosten nach § 30 Abs.2 SGB V zu übernehmen, soweit der Anteil das Dreifache der Differenz zwischen den monatlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt nach § 61 SGB V und der zur vollständigen Befreiung nach § 61 SGB V maßgebenden Einnahmegrenze übersteigt. Die Beklagte hat hierzu, dem Heil- und Kostenplan vom 02.01.2000 entsprechend, berechnungsfähige Zahnersatzkosten von 3.954,18 DM und Metallkosten von 120,00 DM (insgesamt 4.074,18 DM) angesetzt. Davon trägt gem. § 30 Abs.2 Satz 1 der Versicherte 50 %, das sind 2.037,09 DM. Die dreifache Differenz zwischen den nach § 61 SGB V ermittelten monatlichen Bruttoeinnahmen und der Einnahmegrenze nach § 61 SGB V wurden zutreffend mit 3.771,71 DM errechnet. Zugunsten des Klägers und nicht dem Gesetzestext des § 62 Abs.2a (a.F.) entsprechend wurde bei der weiteren Berechnung dann nicht der Anteil des Versicherten, sondern der Gesamtbetrag der berechnungsfähigen Zahnersatzkosten angesetzt. Selbst bei dieser Berechnung ergab sich unter Berücksichtigung von § 62 Abs.2a Satz 2 SGB V kein Erstattungsbetrag.
Die Berufung ist deshalb zurückzuweisen.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 193 SGG und entspricht dem Unterliegen des Klägers.
Gründe, die Revision gem. § 160 SGG zuzulassen, sind nicht gegeben. § 61 SGB V wurde mit Wirkung vom 01.01.2004 geändert, § 62 Abs.2a a.F. war geltendes Recht bis 31.12.2004. Die Neuregelungen zur Zuzahlung sind nicht vergleichbar.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von Zuzahlungen zum Zahnersatz zu befreien.
Der 1968 geborene Kläger war bis 30.06.2004 Mitglied der Beklagten. Am 26.01.2000 erstellten die Zahnärzte Dres. O. einen Heil- und Kostenplan für Zahnersatz, der Zahnersatz wurde am 06.04.2000 eingegliedert, am 25.04.2000 wurden dem Kläger hierfür insgesamt 3.882,99 DM in Rechnung gestellt. Am 10.07.2000 stellte der Kläger bei der Beklagten Antrag auf Befreiung von Zuzahlungen. Er gab an, getrenntlebend zu sein und Arbeitslosengeld zu beziehen. Aktenkundig ist dann ein Schreiben der Beklagten an den Kläger vom 10.09.2001, worin die Beklagte nach Überprüfung des Einkommens des Klägers vor Aufstellung des Heil- und Kostenplans und vor Eingliederung des Zahnersatzes eine Befreiung von Zuzahlungen ablehnte. Mit Schreiben vom 17.04.2002 erfolgte die Mitteilung, dass eine volle Kostenübernahme weder nach § 61 SGB V möglich sei, noch dass die Voraussetzungen für eine teilweise Befreiung nach § 62 Abs.3 SGB V vorlägen. Im Bescheid vom 07.05.2002 verwies die Beklagte auf ihre früheren Schreiben und teilte mit, nach § 61 SGB V seien alleinstehende Versicherte von Zuzahlungen befreit, wenn das monatliche Bruttoeinkommen die Einkommensgrenze von 1.792,00 DM nicht übersteige. Nach Angaben des früheren Arbeitgebers habe der Kläger in den Monaten Januar bis März 2000 ein Bruttoentgelt von 7.540,00 DM bezogen, dies seien monatlich 2.513,33 DM. Auch die Prüfung des Bruttogehalts im Jahr 1999 (DM 35.065,00) habe ein die Einkommensgrenze übersteigendes Einkommen, nämlich 2.922,08 DM pro Monat ergeben. Am 30.07.2002 ging der Widerspruch des Klägerbevollmächtigten bei der Beklagten ein. Beigefügt war der Steuerbescheid des Klägers für das Jahr 2000, woraus der Bevollmächtigte des Klägers ein durchschnittliches Monatseinkommen von 628,25 DM errechnete. Die Beklagte führte aus, der Kläger habe im Antrag vom 10.07.2001 angegeben, nicht mit Angehörigen im gemeinsamen Haushalt zu leben. Der Sohn des Klägers sei erst 2001 geboren worden. Der Klägerbevollmächtigte bestätigte, ein Unterhaltstitel liege nicht vor.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 14.01.2003 als unzulässig (verspätet) zurückgewiesen. Im Übrigen sei er hilfsweise auch materiell-rechtlich zurückzuweisen. Rein hilfsweise habe der Widerspruchsausschuss auch noch geprüft, ob der Bescheid eventuell nach § 44 SGB X zurückzunehmen gewesen wäre. Es habe sich jedoch nicht um einen rechtswidrigen Verwaltungsakt gehandelt, so dass er nicht zurückzunehmen sei, deshalb sei auf den Sachverhalt einzugehen.
Gegen diesen Bescheid richtete sich die zum Sozialgericht Nürnberg erhobene Klage. Der Kläger hat im Termin zur mündlichen Verhandlung am 24.04.2003 angegeben, er habe bis einschließlich 28.04.2000 Krankengeld bezogen. Vom 12.05.2000 bis 14.01.2001 sei Arbeitslosengeld gezahlt worden.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 24.04.2003 abgewiesen. Die zulässige Klage sei unbegründet, dies ergebe sich jedoch nicht daraus, dass der Widerspruch des Klägers unzulässig gewesen wäre. Die Widerspruchsstelle habe trotz der Fristversäumnis in der Sache entschieden, so dass das Gericht hieran gebunden sei. Die Beklagte habe den im Juli 2001 gestellten Antrag auf Befreiung von der Zuzahlung zu Recht abgelehnt. Die Voraussetzungen des § 61 SGB V für eine vollständige Befreiung lägen nicht vor. Eine unzumutbare Belastung bestehe, wenn die monatlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt des Versicherten 40 v.H. der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV nicht überschreiten (§ 61 Abs.2 Nr.1 SGB V). Diese Grenze habe im Jahr 2000 für die alten Bundesländer 4.480,00 DM betragen, 40 % hiervon seien 1.792,00 DM. Diesen Betrag habe die Beklagte angesetzt und zutreffend nicht erhöht wegen eventueller Leistungen an die mit dem Kläger in gemeinsamen Haushalt lebende Lebenspartnerin.
Die Bestimmung der durchschnittlichen Bruttoeinnahmen durch die Beklagte sei nicht zu beanstanden. Dabei sei unerheblich, ob die durchschnittlichen Arbeitsentgelte für den Zeitraum Oktober 1999 bis Dezember 1999 oder für den Zeitraum Januar 2000 bis März 2000 zugrunde zu legen seien, ob somit auf den Zeitpunkt der Erstellung des Heil- und Kostenplanes oder auf den Zeitpunkt der Eingliederung des Zahnersatzes abzustellen sei. Die Vorstellung des Klägers, dass das ganze Jahr 2000 und die in diesem Kalenderjahr erzielten Einkünfte zugrunde zu legen seien, sei nicht zutreffend. Der überwiegende Teil des Jahres liege in einem Zeitraum nach Erstellung des Heil- und Kostenplanes und nach Eingliederung des Zahnersatzes. Die Rechnung datiere vom 25.04.2000, so dass zutreffend der Zeitraum Januar bis März 2000 zugrundegelegt worden sei.
Die Beklagte habe auch zutreffend eine teilweise Befreiung von der Zuzahlung abgelehnt. Gemäß § 62 Abs.2a Satz 1 SGB V habe die Krankenkasse bei der Versorgung mit Zahnersatz den von dem Versicherten zu tragenden Anteil der Kosten nach § 30 Abs.2 SGB V zu übernehmen, soweit gem. § 61 SGB V der Anteil das Dreifache der Differenz zwischen den monatlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt und der zur vollständigen Befreiung maßgebenden Einkommensgrenze übersteige. Die Beklagte habe zugunsten des Klägers den falschen Betrag angesetzt, trotz dieses zu hohen Ansatzes sei die Belastungsgrenze nicht überschritten worden.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, zu deren Begründung die Bevollmächtigten vortragen, bei der Überprüfung der Voraussetzungen für die Befreiung sei vom Zeitpunkt der Rechnungsstellung auszugehen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 14.07.2005 gehen die Beteiligten übereinstimmend von einem Erstattungsbetrag von DM 2.037,09 (entsprechend in Euro) aus.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 24.04.2003 aufzuheben und den zugrundeliegenden Bescheid der Beklagten vom 07.05.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.01.2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger 1.041,55 Euro zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, der Bescheid vom 07.05.2002 sei bindend geworden. Die im Widerspruchsbescheid dargelegte Sachprüfung sei lediglich im Hinblick auf § 44 SGB X erfolgt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung, die wegen der Höhe des Beschwerdewertes nicht der Zulassung gem. § 144 SGG bedarf, ist zulässig, sie erweist sich aber als unbegründet. Wie der Widerspruchsausschuss und das Sozialgericht entscheidet auch der Senat in der Sache.
Das Sozialgericht und die Beklagte haben zutreffend die Voraussetzungen für eine Befreiung von Zuzahlungen abgelehnt.
Die Voraussetzungen für eine vollständige Befreiung gem. § 61 SGB V lagen nicht vor. Nach § 61 Abs.1 Nr.2 SGB V hat die Krankenkasse bei der Versorgung mit Zahnersatz den von den Versicherten zu tragenden Anteil der Kosten nach § 30 Abs.2 SGB V zu übernehmen, wenn die Versicherten unzumutbar belastet würden. Die Höhe des Eigenanteils ist zwischen den Beteiligten nicht bestritten und beträgt umgerechnet 1.041,55 Euro. Eine unzumutbare Belastung liegt jedoch nicht vor. Voraussetzung hierfür ist gem. § 61 Abs.2 Nr.1 SGB V, dass die monatlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt des Versicherten 40 v.H. der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV nicht überschreiten. 40 % der monatlichen Bezugsgrenze betrugen ab 01.01.2000 1.792,00 DM. Eine Erhöhung gem. § 61 Abs.4 SGB V in der zur Zeit der Antragstellung geltenden Fassung kommt nicht in Betracht, der Kläger hat selbst angegeben, er habe in dieser Zeit getrennt gelebt. Die Lebensgefährtin des Klägers ist keine Angehörige, das Kind des Klägers wurde erst im Oktober 2001 geboren.
Die monatlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt des Klägers haben 40 v.H. der monatlichen Bezugsgröße überschritten. Zur Berechnung der Bruttoeinnahmen ist der monatliche Durchschnitt heranzuziehen. Geht es um die Befreiung von Zuzahlungen oder Eigenanteilen bei einmaligen Leistungen, so ist auf einen hinreichend repräsentativen Zeitraum abzustellen, mindestens auf die letzten drei Monate vor dem Leistungszeitpunkt (siehe Höfler, KassKomm, Rz 11 zu § 61 a.F.). Leistungszeitpunkt ist der Zeitpunkt der Eingliederung des Zahnersatzes. Die Eingliederung erfolgte am 06.04.2000. Die Beklagte hat damit zutreffend die Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt in der Zeit von Januar bis einschließlich März 2000 zur Berücksichtigung herangezogen. Der errechnete monatliche Durchschnitt, der vom Kläger zahlenmäßig nicht bestritten wird, beläuft sich auf 3.049,24 DM und liegt weit über der Einnahmegrenze von 1.792,00 DM.
Auch wenn man, der Rechtsauffassung des Klägerbevollmächtigten entsprechend, das Datum der Rechnung (bzw. das Datum des Zugangs der Rechnung) für ausschlaggebend hielte, bleibt, da die Rechnung vom 25.04.2000 datiert und dem Kläger im April 2000 zuging, der gleiche Zeitraum von Januar bis März 2000 zu überprüfen.
Der Bevollmächtigte des Klägers hat im Verwaltungsverfahren noch die Auffassung vertreten, die zugrunde zu legenden monatlichen Bruttoeinnahmen seien aus dem Jahreseinkommen für das Kalenderjahr 2000 zu errechnen. Diese Auffassung vertritt er im Berufungsverfahren nicht mehr, das Sozialgericht hat im Übrigen im Urteil zutreffend ausgeführt, dass auf einen Zeitpunkt nach Erbringung der Sachleistung zur Ermittlung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit grundsätzlich nicht abgestellt werden kann, weil dies der Systematik des Gesetzes widerspricht.
Auch die Voraussetzungen zur Befreiung von Zuzahlung nach § 62 Abs.2a SGB V in der im Jahr 2000 geltenden Fassung sind nicht gegeben. Danach hat die Krankenkasse bei der Versorgung mit Zahnersatz den von den Versicherten zu tragenden Anteil der Kosten nach § 30 Abs.2 SGB V zu übernehmen, soweit der Anteil das Dreifache der Differenz zwischen den monatlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt nach § 61 SGB V und der zur vollständigen Befreiung nach § 61 SGB V maßgebenden Einnahmegrenze übersteigt. Die Beklagte hat hierzu, dem Heil- und Kostenplan vom 02.01.2000 entsprechend, berechnungsfähige Zahnersatzkosten von 3.954,18 DM und Metallkosten von 120,00 DM (insgesamt 4.074,18 DM) angesetzt. Davon trägt gem. § 30 Abs.2 Satz 1 der Versicherte 50 %, das sind 2.037,09 DM. Die dreifache Differenz zwischen den nach § 61 SGB V ermittelten monatlichen Bruttoeinnahmen und der Einnahmegrenze nach § 61 SGB V wurden zutreffend mit 3.771,71 DM errechnet. Zugunsten des Klägers und nicht dem Gesetzestext des § 62 Abs.2a (a.F.) entsprechend wurde bei der weiteren Berechnung dann nicht der Anteil des Versicherten, sondern der Gesamtbetrag der berechnungsfähigen Zahnersatzkosten angesetzt. Selbst bei dieser Berechnung ergab sich unter Berücksichtigung von § 62 Abs.2a Satz 2 SGB V kein Erstattungsbetrag.
Die Berufung ist deshalb zurückzuweisen.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 193 SGG und entspricht dem Unterliegen des Klägers.
Gründe, die Revision gem. § 160 SGG zuzulassen, sind nicht gegeben. § 61 SGB V wurde mit Wirkung vom 01.01.2004 geändert, § 62 Abs.2a a.F. war geltendes Recht bis 31.12.2004. Die Neuregelungen zur Zuzahlung sind nicht vergleichbar.
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