Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
15
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 17 U 249/00
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 15 U 139/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 27/05 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 24. April 2003 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen
Tatbestand:
Die Klägerin (KVWL) beansprucht die Überweisung ihres Unternehmens von der beklagten Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege an die beigeladene Verwaltungs-Berufsgenossenschaft.
Die nach dem zweiten Weltkrieg gegründete Klägerin ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, die gemäß § 77 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch, (SGB V) die ihr nach diesen Gesetz übertragenen Aufgaben der vertragsärztlichen Versorgung zu erfüllen hat. Sie ist seit ihrem Bestehen Mitglied der Beklagten. Im Mai 1997 beantragte sie die Überweisung an die Beigeladene. Die Beklagte berief sich auf den Erlass des Reichsarbeitsministers (RAM) vom 12.04.1943 (Amtliche Nachrichten für die Reichsversicherungs-Ordnung - AN - RGBI I1183), in der versicherte Personen in der Kassenärztlichen Vereinigung Deutschlands (KVD) der Beklagten zugeteilt worden sind, und meinte, diese Regelung gelte weiterhin, da eine anderweitige Zuständigkeitsregelung durch Rechtsverordnung gemäß § 122 Abs. 1 Sozialgesetzbuch, Siebtes Buch, (SGB VII) nicht erlassen worden sei. Dem hielt die Klägerin entgegen, die KVWL nehme ausschließlich Verwaltungstätigkeiten wahr, namentlich die sachliche und rechnerische Überprüfung der von den Vertragsärzten erbrachten ärztlichen Leistungen sowie die Abrechnung dieser Leistungen mit den jeweiligen Krankenkassen. Angesichts dieser verwaltenden Tätigkeiten stehe sie den Krankenkassen gleich und sei ebenso wie diese der Beigeladenen zuzuordnen. Der von der Beklagten für ihre Auffassung in Anspruch genommene Eriass sei nach Art. 123 Abs. 1 Grundgesetz (GG) in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG außer Kraft getreten, weil er auf eine gleichheitswidrige Behandlung der beiden an der vertragsärztlichen Versorgung beteiligten Institutionen, nämlich einerseits der Kassenärztlichen Vereinigungen, andererseits der Krankenkassen hinauslaufe. Die Beklagte lehnte die Überweisung mit Bescheid vom 07.12.1999 unter Hinweis auf die Entscheidung des RAM vom 12.04.1943 ab. Mit ihrem Widerspruch wiederholte die Klägerin ihr Vorbringen und machte darüber hinaus geltend: Die Fehlerhaftigkeit der bisherigen Zuordnung zeige sich auch daran, dass die KVWL ihre Fachkräfte für Arbeitssicherheit mit Zustimmung der Beklagten in Kursen der Beigeladenen ausbilden lasse, weil die Beklagte entsprechende Kurse nicht anbiete. Die Beklagte wies den Rechtsbehelf mit Widerspruchsbescheid vom 26.09.2000 zurück: Die Anordnung des RAM von April 1943 gelte weiter. Eine Überweisung sei nach § 136 Abs. 2 SGB VII nur vorzunehmen, wenn die Feststellung der Zuständigkeit von Anfang an unrichtig sei, das heiße, wenn sie den Zuständigkeitsregelungen eindeutig widerspreche oder der Verbleib zu schwerwiegenden Unzuträglichkeiten führte. Hier sei die Feststellung der Zuständigkeit von Anfang an richtig gewesen. Sie habe sich auch nicht geändert.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin vorgetragen: Die Voraussetzungen für eine Überweisung nach § 136 Abs. 2 Satz 1 SGB VII seien erfüllt. Ihre Mitgliedschaft bei der Beklagten widerspreche eindeutig den unfallversicherungsrechtlichen Zuständigkeitsregelungen. Eine Rechtsverordnung über die sachliche Zuständigkeit der gewerblichen Berufsgenossenschaften gemäß § 122 Abs. 1 SGB VII sei bislang nicht ergangen. Aus dem RAM-Erlass von 1943 lasse sich die Zuständigkeit der Beklagten nicht ableiten. Denn die KVWL sei nicht die dort erfasste "Kassenärztliche Vereinigung Deutschlands" ebensowenig wie deren Rechts- oder Funktionsnachfolgerin. Weder im Organisationsrecht, d. h. den gesetzlichen Zuständigkeitszuweisungen an die Kassenärztlichen Vereinigungen noch sonst im Vertragsarztrecht gebe es Anhaltspunkte für eine Rechtsnachfolge der Kassenärztlichen Vereinigungen im Hinblick auf die Zuständigkeit der KVD. Abgesehen davon sei es zweifelhaft, inwieweit im demokratischen Rechtsstaat des Grundgesetzes noch an Verwaltungszuständigkeitsregelungen angeknüpft werden dürfe, die auf typisch national-sozialistischen Anschauungen, nämlich dem sogenannten Führerprinzip unter weitgehender Abschaffung der kassenärztlichen Selbstverwaltung beruhten. Die durch Verordnung vom 02.08.1933 geschaffene KVD habe die Aufgaben und Befugnisse übernommen, die bis dahin die örtlichen Kassenärztlichen Vereinigungen wahrgenommen hätten. Dabei sei allerdings auch eine wesentliche Umgestaltung des Vertragsarztrechts erfolgt. Die bis dahin bestehende gemeinsame Selbstverwaltung von Ärzten und Krankenkassen sei durch national-sozialistisches Recht beseitigt worden. Überdies führe ihr Verbleib bei der Beklagten zu schwerwiegenden Unzuträglichkeiten (§ 136 Abs. 2 Satz 1, Zweite Alternative SGB VII). Eine ordnungsgemäße Unfallverhütung sei nicht gewährleistet, was bereits daraus folge, dass sie ihre Fachkraft für Arbeitssicherheit im Einvernehmen mit der Beklagten bei der Beigeladenen habe ausbilden lassen, um eine Unfallverhütung in sachgemäßer, den Arbeitsvorgängen bei einem Sozialversicherungsträger gerecht werdender Art und Weise gewährleisten zu können. Dabei sei unter dem Gesichtspunkt sachangemessener Gleichbehandlung beachtlich, dass die Krankenversicherungsträger in die Zuständigkeit der Beigeladenen fielen und damit Unfallverhütung und Arbeitssicherheit nach Maßgabe der für diese Berufsgenossenschaft geltenden Vorschriften sicher zu stellen sei. Die verfassungsrechtlich gebotene Gleichbehandlung mit den Krankenkassen führe zur Nichtanwendbarkeit des von der Beklagten in Anspruch genommenen RAM-Erlasses, der zudem mit den Zuständigkeitsregelung der Art. 83 und 84 GG nicht in Einklang zu bringen sei. Überdies sei unklar, ob die Beklagte überhaupt einmal ihre Zuständigkeit für ihr Unternehmen durch förmlichen Bescheid festgestellt habe. Sollte dies nicht der Fall sein, wären die angegriffenen Bescheide schon aus diesem Grunde rechtswidrig und aufzuheben.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid vom 07.12.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.09.2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Unternehmen an die Beigeladene zu überweisen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor: Sie sei zuständig für Betriebe, Verwaltungen, Einrichtungen und Tätigkeiten auf dem Gebiet des Gesundheitsdienstes und der Wohlfahrtspflege. Deshalb sei sie seit Jahrzehnten und von jeher zuständig für Kassenärztliche Vereinigungen. Auf den RAM-Erlass vom 12.04.1943 komme es daher gar nicht an. Allerdings greife dieser Erlass, der lediglich die Zuständigkeit eines Unfallversicherungsträgers regle, mit dem "Führerprinzip" nichts zu tun habe, hier ein. Selbstverständlich nehme er nur auf die damals existierenden Körperschaften Bezug. Entscheidend sei aber die sachliche Aussage, die dahinter stehe, nämlich dass die Beklagte im Wege einer Annex-Zuständigkeit auch für die Verwaltungen und Geschäftsstellen auf dem Gebiet des Gesundheitsdienstes und der Wohlfahrtspflege zuständig sein solle. Schwerwiegende Unzuträglichkeiten, die einen Wechsel erforderten, lägen nicht vor. Sie sei durchaus in der Lage, auch für Verwaltungseinheiten eine sinnvolle Prävention zu betreiben. Immerhin verfüge sie über mehr als 10.000 Unternehmen dieser Art.
Die Beigeladene hat sich der Auffassung der Beklagten angeschlossen.
Das Sozialgericht hat durch Urteil vom 24.04.2003, auf dessen Gründe Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen.
Mit ihrer Berufung wiederholt die Klägerin ihr Vorbringen und hebt noch einmal hervor, dass der Erlass vom 12.04.1943 keine Rechtsgrundlage für die Zuordnung der KVWL zur Beklagten bilde, dass Kassenärztliche Vereinigungen als Verwaltungsträger nicht zum Gesundheitsdienst, der z.B. Behandlung und Diagnostik beeinhalte, gehörten und dass die Gleichbehandlung mit Krankenkassen eine Zuordnung zur Beigeladenen gebiete.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 24.04.2003 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 07.12.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26.09.2000 zu verurteilen, ihr Unternehmen an die Beigeladene als zuständigen Unfallversicherungsträger zu überweisen.
Die Beklagte und die Beigeladene beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie halten die angefochtene Entscheidung für zutreffend, berufen sich auf deren Gründe und wiederholen ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Das Berufungsgericht hat einen Vermerk vom 16.12.1943 über ein Gespräch zwischen Mitarbeitern der Beklagten und der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen, das die berufsgenossenschaftliche Zuständigkeit für die Kassenärztliche Vereinigung Deutschlands zum Gegenstand hatte, sowie Auskünfte des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung vom 14.08.2003 beigezogen, denen zufolge Materialien zur Anordnung des RAM vom 12.04.1943 auch nach Einschaltung des Bundesarchivs Berlin nicht zu ermitteln sind. Die Beklagte hat mitgeteilt, Vorgänge über den Beginn der Mitgliedschaft der KVWL bei der Beklagten lägen ihr nicht vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Akten der Beklagten und die Gerichtsakten verwiesen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Zutreffend hat das Sozialgericht entschieden, dass die Beklagte die beantragte Überweisung zu Recht abgelehnt hat. Festzuhalten ist dabei zunächst, dass die KVWL nie einer anderen Berufsgenossenschaft angehört hat, vielmehr (zu einem nicht mehr bestimmbaren Zeitpunkt) in den ersten Jahren nach dem zweiten Weltkrieg durch Aufnahme in das Untemehmerverzeichnis der Beklagten deren Mitglied geworden ist. Der zugrundeliegende Sachverhalt wird von der Klägerin nicht bestritten. Entgegen ihrer Auffassung bedurfte es nach dem Recht der RVO darüber hinaus keiner gesonderten Bescheiderteilung, wie dies das am 01.01.1997 in Kraft getretene SGB VII in seinem § 136 vorsieht.
Es liegen auch keine der in § 136 SGB VII normierten Voraussetzungen für eine Überweisung vor. Die Vorschrift regelt, dass sowohl bei anfänglicher Unrichtigkeit (früher § 664 Abs. 3 RVO) als auch bei nachträglicher Änderung der festgestellten Zuständigkeit (bisher § 667 Abs. 1 RVO) das Unternehmen an die zuständige Berufsgenossenschaft zu überweisen ist. Die letztgenannte Alternative greift hier nicht ein, weil Art und Gegenstand der KVWL sich nicht, erst recht nicht wesentlich (zu diesem Erfordernis vgl. Urteil des BSG vom 31.05.1988 - 2 RU 62/87 - NZA 1989, 77 ff.) geändert haben. Dies behauptet auch die Klägerin nicht, die im Gegenteil darauf abstellt, dass ihr Unternehmen von Anfang an fehlerhaft zugeordnet gewesen sein soll.
Eine solche anfängliche Unrichtigkeit liegt nicht vor. Sie ist nur dann gegeben, wenn sie den Zuständigkeitsregelungen eindeutig widerspricht oder der Verbleib des Unternehmens zu schwerwiegenden Unzuträglichkeiten führen würde. Mit dieser Legaldefinition in § 136 Abs. 2 Satz 1 SGB VII hat der Gesetzgeber die bisherigen Regelungen in der RVO zur Überweisung von Unternehmen unter Berücksichtigung der dazu ergangenen Rechtsprechung übernommen und konkretisiert (Amtliche Begründung zum Unfallversicherungs-Eingliederungsgesetz zu § 136 Abs. 1 SGB VII, BT-Drucks 13/2204 S. 108; Urteil des BSG vom 11.08.1998 - B 2 U 31/97 R- HVBG-Info 1998, 2257). Nach dieser Rechtsprechung war die Berichtigung der Eintragung eines Unternehmens in das Unternehmerverzeichnis nur dann zulässig, wenn sie seinerzeit auf Grund eines so gröblichen Irrtums erfolgt war, dass die weitere Belassung des Betriebes bei der formal zuständig gewordenen Berufsgenossenschaft der gesetzlichen Zuständigkeitsregelung eindeutig zuwiderlaufen würde, oder wenn schwerwiegende Unzuträglichkeiten nachweisbar waren, welche die Belassung des Betriebes bei der Berufsgenossenschaft als unbillige Härte erscheinen ließe (BSGE 38, 187, 181; Urteil des BSG vom 11.08.1998 aaO). Die Klägerin leitet eine schwerwiegende Unzuträglichkeit daraus ab, dass sie mit Einverständnis der Beklagten Sicherheitsfachkräfte in von der Beigeladenen durchgeführten Kursen hat ausbilden lassen. Dies ist auch nicht ansatzweise ein Beleg dafür, dass die Beklagte die ihr obliegenden Präventionsaufgaben nicht sollte wahrnehmen können. Zu konkreten Missständen in der Prävention durch die Beklagte hat die Klägerin nichts vorgetragen. Es leuchtet auch nicht ein, dass die Beklagte nicht zur Erfüllung der ihr obliegenden Präventionsaufgaben in der Lage sein soll. Sie führt nach ihrem glaubhaften und unwidersprochenen Vortrag eine Vielzahl von Unternehmen in ihrem Kataster, deren Beschäftigte ausschließlich verwaltende Tätigkeiten ausüben. Abgesehen davon beschäftigen z. B. Krankenanstalten und Arztpraxen, also Unternehmen, für die die Beklagte unzweifelhaft zuständig ist, zu einem großen Anteil Personen, die etwa im Verwaltungsbereich von Krankenhäusern oder als Sprechstundenhilfen ausschließlich oder jedenfalls zu einem wesentlichen Teil mit verwaltenden Arbeiten beschäftigt sind. Welche finanziellen Vorteile eine Überweisung an die Beigeladene mit sich brächte, kann offen bleiben. Mit Unterschieden in der Beitragsbelastung lässt sich eine schwerwiegenden Unzuträglichkeit nicht begründen (vgl. BSGE 15, 282; Urteil des LSG NRW vom 11.12.2001 - L 15 U 103/97 -; Krasney in Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Rn. 33 zu §136SGBVIImwN).
Letztlich widersprach die Aufnahme der KVWL in das Mitgliedsverzeichnis der Beklagten den Zuständigkeitsregelungen jedenfalls nicht eindeutig. Bei dieser Beurteilung ist angesichts der häufig anzutreffenden Unschärfe der historisch gewachsenen Zuständigkeitsregelungen ein solcher eindeutiger Widerspruch oder- anders ausgedrückt - ein gröblicher Irrtum bei der ursprünglichen Zuordnung nur ausnahmsweise anzunehmen. In Zweifelsfällen ist eine offensichtliche Unrichtigkeit zu verneinen (vgl. Urteil des LSG NRW vom 20.01.2004 - L 15 U 213/01; KassKomm-Ricke Rn. 18 zu § 136 SGB VII).
Die sachliche Zuständigkeit einer gewerblichen Berufsgenossenschaft richtet sich grundsätzlich nach Art und Gegenstand des Unternehmens (§ 122 Abs. 1 SGB VII; § 646 Abs. 2 RVO; Urteil des BSG vom 11.08.1998 - B 2 U 31/97 R - aaO). Eine Rechtsverordnung zur Regelung der sachlichen Zuständigkeit ist weder auf der Grundlage des § 122 Abs. 1 SGB VII noch des § 646 Abs. 2 RVO erlassen worden. Maßgebend sind daher (weiterhin) in erster Linie die Zuständigkeitsabgrenzungen im Bundesratsbeschluss vom 22.05.1885 (RN 143), in den ergänzenden Beschlüssen vom 05.10.1901 (AN 621) und 10.10.1912 (AN 925) sowie in dem vom Reichsversicherungsamt (RVA) aufgestellten Alphabetischen Verzeichnis der Gewerbezweige nach ihrer berufsgenossenschaftlichen Zugehörigkeit (AN 1885, 254; 1986, 134; 1903, 404; 1906, 477), des Weiteren in Zuweisungen des RVA (ständige Rechtsprechung des BSG: BSGE 39,112,113 f.; 71, 85, 86). In keiner dieser Rechtsquellen finden sich hier relevante Bestimmungen. Maßgebende Zuständigkeitsregelungen enthalten nach der zitierten Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat anschließt, allerdings auch Erlasse des RAM. Einen solchen Erlass stellt die aufgrund Art. 3 § 1 des 6. Gesetzes über Änderungen in der Unfallversicherung vom 09.03.1942 ergangene Bestimmung des RAM vom 12.04.1943 (AN II 183) dar. Darin sind versicherte Personen der KVD der Beklagten zugeteilt. Die von der Klägerin gegen die Fortgeltung dieses Erlasses angeführten Bedenken greifen nicht durch. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass er auf national-sozialistischem Gedankengut beruht oder mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht vereinbar sein soll. Unerheblich ist auch, dass sich der Erlass seinem Wortlaut zufolge lediglich auf die gegen Kriegsende untergegangene KVD bezieht. Die Erwägungen, die zu dem genannten Erlass geführt haben, sind nicht bekannt. Fest steht lediglich, dass mit ihm ein Kompetenzstreit zwischen der Beklagten und der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen gelöst werden sollte. Es ist anzunehmen, dass ausschlaggebend für die Entscheidung zugunsten der Beklagten die Nähe der KVD zum Gesundheitsdienst war. Nach der hier gebotenen, an Sinn und Zweck des Erlasses orientierten Auslegung bezieht er sich nicht nur auf die damalige KVD, sondern auf Unternehmen, die gleichartige oder ähnliche Aufgaben wahrnehmen wie die KVD. Dies ist bei der Klägerin der Fall.
Die Fortgeltung des RAM-Erlasses und dessen Interpretation bedürfen hier allerdings keiner näheren Erörterung. Denn auch ohne ihn widerspricht die Mitgliedschaft der KVWL bei der Klägerin jedenfalls nicht eindeutig Zuständigkeitsregelungen. Zuständigkeitsregelungen enthalten auch Errichtungsbeschlüsse von Berufsgenossenschaften (BSGE 15, SGB VII noch des § 646 Abs. 2 RVO erlassen worden. Maßgebend sind daher (weiterhin) in erster Linie die Zuständigkeitsabgrenzungen im Bundesratsbeschluss vom 22.05.1885 (RN 143), in den ergänzenden Beschlüssen vom 05.10.1901 (AN 621) und 10.10.1912 (AN 925) sowie in dem vom Reichsversicherungsamt (RVA) aufgestellten Alphabetischen Unfallversicherung unterlagen. Dazu gehörten u. a. - was hier allein in Betracht kommt - Einrichtungen und Tätigkeiten "im Gesundheitsdienste". Dabei ist der Kreis der so erfassten Betriebe in Rechtsprechung und Literatur damals eng gezogen worden. Einrichtungen und Tätigkeiten "im Gesundheitsdienste" waren nur solche, bei denen die Sorge für die Gesundheit den Hauptzweck bildete (AN 1930, 22, 506; 1931 S. 74; Krohn/Zschimmer/Knoll/Lorborn/Bauer, Handkommentar zur RVO, Stand März 1940 Anm. 12 a zu § 537 RVO). Diese restriktive Interpretation ist auf dem Boden der bis zum 6. Gesetz über Änderungen in der Unfallversicherung vom 09.03.1942 maßgeblichen betriebsbezogenen Unfallversicherung zu sehen. Der durch dieses Gesetz vollzogene Wandel zu einer tätigkeitsbezogenen Versicherung führte zu der Einbeziehung einer Vielzahl unterschiedlichster und bis dahin nicht erfasster Gewerbe- und Unternehmenstypen in die Unfallversicherung. Dies brachte, wie beispielhaft der beigezogene Vermerk über dien Besprechung zwischen Vertretern der Beklagten und der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen vom 16.02.1943 zeigt, eine Reihe von Abgrenzungsfragen hinsichtlich der berufsgenossenschaftlichen Zuständigkeit mit sich, die teils einvernehmlich, teils durch Erlasse des RAM wie den oben zitierten Erlass vom 12.04.1943 geklärt wurden. In Zusammenhang mit der Umstrukturierung der gesetzlichen Unfallversicherung steht auch der zur Durchführung und Ergänzung des Gesetzes vom 09.03.1942 verfügte Erlass des RAM vom 16.03.1942 - II a 2660/42 - (AN II 287), der ua versicherte Personen in Versicherungsuntemehmen der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zuordnete mit der Folge, dass die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung deren Mitglieder wurden. In Ausübung der in Nr. 10 des Erlasses eingeräumten Ermächtigung bestimmte das RVA am 22.04.1942 - l 1000 a, 6 b, 42, 271 - (AN II 287), dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten zuständig sei für Versicherte "in allen überwiegend büromäßig betriebenen Unternehmungen". Dies hat den Senat in seiner Entscheidung vom 20.01.2004 - L 15 U 213/01 -annehmen lassen, dass die formelle Mitgliedschaft einer privatärztlichen Verrechnungsstelle im Sinne des § 136 Abs. 2 SGB VII eindeutig den Zuständigkeitsregelungen widerspricht. Zwar ist auch die KVWL ein überwiegend büromäßig betriebenes Unternehmen. Anders als privatärztliche Verrechnungsstellen, die letztlich Inkasso-Unternehmen darstellen, sind Kassenärztliche Vereinigungen Einrichtungen, die in besonderer Weise in das System der gesetzlichen Krankenversicherung eingebunden sind und dessen Funktionsfähigkeit gewährleisten sollen. Dies bedarf keiner näheren Darlegung.
Ein Hinweis auf den Auftrag in § 72 SGB V (Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung) z. B. durch die maßgebliche Beteiligung der Kassenärztlichen Vereinigungen an Vereinbarungen über die Vergütung der Vertragsärzte (§ 82 Abs. 2 SGB V) und bei der Bestimmung des Kreises der Vertragsärzte (beispielhaft § 96 SGB V) genügt. Zudem sind Kassenärztliche Vereinigungen Selbstverwaltungsorgane, die der Ärzteschaft auferlegte Aufgaben der vertragsärztlichen Versorgung für diese wahrnehmen (§ 77 SGB V). Gerade diese Delegation rechtfertigt es, Kassenärztliche Vereinigungen wie die primär Verpflichteten zu behandeln und sie wie die Leistungserbringer im Gesundheitsdienst der Beklagten zuzuordnen. Jedenfalls widerspricht die Mitgliedschaft der KVWL bei der Beklagten nicht eindeutig den Zuständigkeitsregelungen. Von einem "gröblichen Irrtum" (vgl. die oben zitierte Rechtsprechung des BSG) kann nicht die Rede sein.
Aus den von der Klägerin angeführten verfassungsrechtlichen Gründen, nämlich der für geboten erachteten Gleichbehandlung mit Krankenkassen, die gemäß RAM-Erlass vom 16.03.1942 (aaO) als Versicherungsunternehmen der Beigeladenen zuzuordnen sind, lässt sich der geltend gemachte Anspruch nicht ableiten. Dies gilt bereits deswegen, weil hier nicht die erstmalige Aufnahme eines Unternehmens in Streit steht, sondern nach Maßgabe der oben dargelegten Voraussetzungen des § 136 SGB VII eine Überweisung zu erfolgen hat. Die dort festgeschriebenen besonderen Voraussetzungen für eine Überweisung bringen es mit sich, dass selbst vergleichbare Unternehmen unterschiedlichen Berufsgenossenschaften angehören, wenn wie hier ein eindeutiger Verstoß gegen Zuständigkeitsregelungen nicht gegeben ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGB.
Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin (KVWL) beansprucht die Überweisung ihres Unternehmens von der beklagten Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege an die beigeladene Verwaltungs-Berufsgenossenschaft.
Die nach dem zweiten Weltkrieg gegründete Klägerin ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, die gemäß § 77 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch, (SGB V) die ihr nach diesen Gesetz übertragenen Aufgaben der vertragsärztlichen Versorgung zu erfüllen hat. Sie ist seit ihrem Bestehen Mitglied der Beklagten. Im Mai 1997 beantragte sie die Überweisung an die Beigeladene. Die Beklagte berief sich auf den Erlass des Reichsarbeitsministers (RAM) vom 12.04.1943 (Amtliche Nachrichten für die Reichsversicherungs-Ordnung - AN - RGBI I1183), in der versicherte Personen in der Kassenärztlichen Vereinigung Deutschlands (KVD) der Beklagten zugeteilt worden sind, und meinte, diese Regelung gelte weiterhin, da eine anderweitige Zuständigkeitsregelung durch Rechtsverordnung gemäß § 122 Abs. 1 Sozialgesetzbuch, Siebtes Buch, (SGB VII) nicht erlassen worden sei. Dem hielt die Klägerin entgegen, die KVWL nehme ausschließlich Verwaltungstätigkeiten wahr, namentlich die sachliche und rechnerische Überprüfung der von den Vertragsärzten erbrachten ärztlichen Leistungen sowie die Abrechnung dieser Leistungen mit den jeweiligen Krankenkassen. Angesichts dieser verwaltenden Tätigkeiten stehe sie den Krankenkassen gleich und sei ebenso wie diese der Beigeladenen zuzuordnen. Der von der Beklagten für ihre Auffassung in Anspruch genommene Eriass sei nach Art. 123 Abs. 1 Grundgesetz (GG) in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG außer Kraft getreten, weil er auf eine gleichheitswidrige Behandlung der beiden an der vertragsärztlichen Versorgung beteiligten Institutionen, nämlich einerseits der Kassenärztlichen Vereinigungen, andererseits der Krankenkassen hinauslaufe. Die Beklagte lehnte die Überweisung mit Bescheid vom 07.12.1999 unter Hinweis auf die Entscheidung des RAM vom 12.04.1943 ab. Mit ihrem Widerspruch wiederholte die Klägerin ihr Vorbringen und machte darüber hinaus geltend: Die Fehlerhaftigkeit der bisherigen Zuordnung zeige sich auch daran, dass die KVWL ihre Fachkräfte für Arbeitssicherheit mit Zustimmung der Beklagten in Kursen der Beigeladenen ausbilden lasse, weil die Beklagte entsprechende Kurse nicht anbiete. Die Beklagte wies den Rechtsbehelf mit Widerspruchsbescheid vom 26.09.2000 zurück: Die Anordnung des RAM von April 1943 gelte weiter. Eine Überweisung sei nach § 136 Abs. 2 SGB VII nur vorzunehmen, wenn die Feststellung der Zuständigkeit von Anfang an unrichtig sei, das heiße, wenn sie den Zuständigkeitsregelungen eindeutig widerspreche oder der Verbleib zu schwerwiegenden Unzuträglichkeiten führte. Hier sei die Feststellung der Zuständigkeit von Anfang an richtig gewesen. Sie habe sich auch nicht geändert.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin vorgetragen: Die Voraussetzungen für eine Überweisung nach § 136 Abs. 2 Satz 1 SGB VII seien erfüllt. Ihre Mitgliedschaft bei der Beklagten widerspreche eindeutig den unfallversicherungsrechtlichen Zuständigkeitsregelungen. Eine Rechtsverordnung über die sachliche Zuständigkeit der gewerblichen Berufsgenossenschaften gemäß § 122 Abs. 1 SGB VII sei bislang nicht ergangen. Aus dem RAM-Erlass von 1943 lasse sich die Zuständigkeit der Beklagten nicht ableiten. Denn die KVWL sei nicht die dort erfasste "Kassenärztliche Vereinigung Deutschlands" ebensowenig wie deren Rechts- oder Funktionsnachfolgerin. Weder im Organisationsrecht, d. h. den gesetzlichen Zuständigkeitszuweisungen an die Kassenärztlichen Vereinigungen noch sonst im Vertragsarztrecht gebe es Anhaltspunkte für eine Rechtsnachfolge der Kassenärztlichen Vereinigungen im Hinblick auf die Zuständigkeit der KVD. Abgesehen davon sei es zweifelhaft, inwieweit im demokratischen Rechtsstaat des Grundgesetzes noch an Verwaltungszuständigkeitsregelungen angeknüpft werden dürfe, die auf typisch national-sozialistischen Anschauungen, nämlich dem sogenannten Führerprinzip unter weitgehender Abschaffung der kassenärztlichen Selbstverwaltung beruhten. Die durch Verordnung vom 02.08.1933 geschaffene KVD habe die Aufgaben und Befugnisse übernommen, die bis dahin die örtlichen Kassenärztlichen Vereinigungen wahrgenommen hätten. Dabei sei allerdings auch eine wesentliche Umgestaltung des Vertragsarztrechts erfolgt. Die bis dahin bestehende gemeinsame Selbstverwaltung von Ärzten und Krankenkassen sei durch national-sozialistisches Recht beseitigt worden. Überdies führe ihr Verbleib bei der Beklagten zu schwerwiegenden Unzuträglichkeiten (§ 136 Abs. 2 Satz 1, Zweite Alternative SGB VII). Eine ordnungsgemäße Unfallverhütung sei nicht gewährleistet, was bereits daraus folge, dass sie ihre Fachkraft für Arbeitssicherheit im Einvernehmen mit der Beklagten bei der Beigeladenen habe ausbilden lassen, um eine Unfallverhütung in sachgemäßer, den Arbeitsvorgängen bei einem Sozialversicherungsträger gerecht werdender Art und Weise gewährleisten zu können. Dabei sei unter dem Gesichtspunkt sachangemessener Gleichbehandlung beachtlich, dass die Krankenversicherungsträger in die Zuständigkeit der Beigeladenen fielen und damit Unfallverhütung und Arbeitssicherheit nach Maßgabe der für diese Berufsgenossenschaft geltenden Vorschriften sicher zu stellen sei. Die verfassungsrechtlich gebotene Gleichbehandlung mit den Krankenkassen führe zur Nichtanwendbarkeit des von der Beklagten in Anspruch genommenen RAM-Erlasses, der zudem mit den Zuständigkeitsregelung der Art. 83 und 84 GG nicht in Einklang zu bringen sei. Überdies sei unklar, ob die Beklagte überhaupt einmal ihre Zuständigkeit für ihr Unternehmen durch förmlichen Bescheid festgestellt habe. Sollte dies nicht der Fall sein, wären die angegriffenen Bescheide schon aus diesem Grunde rechtswidrig und aufzuheben.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid vom 07.12.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.09.2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Unternehmen an die Beigeladene zu überweisen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor: Sie sei zuständig für Betriebe, Verwaltungen, Einrichtungen und Tätigkeiten auf dem Gebiet des Gesundheitsdienstes und der Wohlfahrtspflege. Deshalb sei sie seit Jahrzehnten und von jeher zuständig für Kassenärztliche Vereinigungen. Auf den RAM-Erlass vom 12.04.1943 komme es daher gar nicht an. Allerdings greife dieser Erlass, der lediglich die Zuständigkeit eines Unfallversicherungsträgers regle, mit dem "Führerprinzip" nichts zu tun habe, hier ein. Selbstverständlich nehme er nur auf die damals existierenden Körperschaften Bezug. Entscheidend sei aber die sachliche Aussage, die dahinter stehe, nämlich dass die Beklagte im Wege einer Annex-Zuständigkeit auch für die Verwaltungen und Geschäftsstellen auf dem Gebiet des Gesundheitsdienstes und der Wohlfahrtspflege zuständig sein solle. Schwerwiegende Unzuträglichkeiten, die einen Wechsel erforderten, lägen nicht vor. Sie sei durchaus in der Lage, auch für Verwaltungseinheiten eine sinnvolle Prävention zu betreiben. Immerhin verfüge sie über mehr als 10.000 Unternehmen dieser Art.
Die Beigeladene hat sich der Auffassung der Beklagten angeschlossen.
Das Sozialgericht hat durch Urteil vom 24.04.2003, auf dessen Gründe Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen.
Mit ihrer Berufung wiederholt die Klägerin ihr Vorbringen und hebt noch einmal hervor, dass der Erlass vom 12.04.1943 keine Rechtsgrundlage für die Zuordnung der KVWL zur Beklagten bilde, dass Kassenärztliche Vereinigungen als Verwaltungsträger nicht zum Gesundheitsdienst, der z.B. Behandlung und Diagnostik beeinhalte, gehörten und dass die Gleichbehandlung mit Krankenkassen eine Zuordnung zur Beigeladenen gebiete.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 24.04.2003 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 07.12.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26.09.2000 zu verurteilen, ihr Unternehmen an die Beigeladene als zuständigen Unfallversicherungsträger zu überweisen.
Die Beklagte und die Beigeladene beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie halten die angefochtene Entscheidung für zutreffend, berufen sich auf deren Gründe und wiederholen ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Das Berufungsgericht hat einen Vermerk vom 16.12.1943 über ein Gespräch zwischen Mitarbeitern der Beklagten und der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen, das die berufsgenossenschaftliche Zuständigkeit für die Kassenärztliche Vereinigung Deutschlands zum Gegenstand hatte, sowie Auskünfte des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung vom 14.08.2003 beigezogen, denen zufolge Materialien zur Anordnung des RAM vom 12.04.1943 auch nach Einschaltung des Bundesarchivs Berlin nicht zu ermitteln sind. Die Beklagte hat mitgeteilt, Vorgänge über den Beginn der Mitgliedschaft der KVWL bei der Beklagten lägen ihr nicht vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Akten der Beklagten und die Gerichtsakten verwiesen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Zutreffend hat das Sozialgericht entschieden, dass die Beklagte die beantragte Überweisung zu Recht abgelehnt hat. Festzuhalten ist dabei zunächst, dass die KVWL nie einer anderen Berufsgenossenschaft angehört hat, vielmehr (zu einem nicht mehr bestimmbaren Zeitpunkt) in den ersten Jahren nach dem zweiten Weltkrieg durch Aufnahme in das Untemehmerverzeichnis der Beklagten deren Mitglied geworden ist. Der zugrundeliegende Sachverhalt wird von der Klägerin nicht bestritten. Entgegen ihrer Auffassung bedurfte es nach dem Recht der RVO darüber hinaus keiner gesonderten Bescheiderteilung, wie dies das am 01.01.1997 in Kraft getretene SGB VII in seinem § 136 vorsieht.
Es liegen auch keine der in § 136 SGB VII normierten Voraussetzungen für eine Überweisung vor. Die Vorschrift regelt, dass sowohl bei anfänglicher Unrichtigkeit (früher § 664 Abs. 3 RVO) als auch bei nachträglicher Änderung der festgestellten Zuständigkeit (bisher § 667 Abs. 1 RVO) das Unternehmen an die zuständige Berufsgenossenschaft zu überweisen ist. Die letztgenannte Alternative greift hier nicht ein, weil Art und Gegenstand der KVWL sich nicht, erst recht nicht wesentlich (zu diesem Erfordernis vgl. Urteil des BSG vom 31.05.1988 - 2 RU 62/87 - NZA 1989, 77 ff.) geändert haben. Dies behauptet auch die Klägerin nicht, die im Gegenteil darauf abstellt, dass ihr Unternehmen von Anfang an fehlerhaft zugeordnet gewesen sein soll.
Eine solche anfängliche Unrichtigkeit liegt nicht vor. Sie ist nur dann gegeben, wenn sie den Zuständigkeitsregelungen eindeutig widerspricht oder der Verbleib des Unternehmens zu schwerwiegenden Unzuträglichkeiten führen würde. Mit dieser Legaldefinition in § 136 Abs. 2 Satz 1 SGB VII hat der Gesetzgeber die bisherigen Regelungen in der RVO zur Überweisung von Unternehmen unter Berücksichtigung der dazu ergangenen Rechtsprechung übernommen und konkretisiert (Amtliche Begründung zum Unfallversicherungs-Eingliederungsgesetz zu § 136 Abs. 1 SGB VII, BT-Drucks 13/2204 S. 108; Urteil des BSG vom 11.08.1998 - B 2 U 31/97 R- HVBG-Info 1998, 2257). Nach dieser Rechtsprechung war die Berichtigung der Eintragung eines Unternehmens in das Unternehmerverzeichnis nur dann zulässig, wenn sie seinerzeit auf Grund eines so gröblichen Irrtums erfolgt war, dass die weitere Belassung des Betriebes bei der formal zuständig gewordenen Berufsgenossenschaft der gesetzlichen Zuständigkeitsregelung eindeutig zuwiderlaufen würde, oder wenn schwerwiegende Unzuträglichkeiten nachweisbar waren, welche die Belassung des Betriebes bei der Berufsgenossenschaft als unbillige Härte erscheinen ließe (BSGE 38, 187, 181; Urteil des BSG vom 11.08.1998 aaO). Die Klägerin leitet eine schwerwiegende Unzuträglichkeit daraus ab, dass sie mit Einverständnis der Beklagten Sicherheitsfachkräfte in von der Beigeladenen durchgeführten Kursen hat ausbilden lassen. Dies ist auch nicht ansatzweise ein Beleg dafür, dass die Beklagte die ihr obliegenden Präventionsaufgaben nicht sollte wahrnehmen können. Zu konkreten Missständen in der Prävention durch die Beklagte hat die Klägerin nichts vorgetragen. Es leuchtet auch nicht ein, dass die Beklagte nicht zur Erfüllung der ihr obliegenden Präventionsaufgaben in der Lage sein soll. Sie führt nach ihrem glaubhaften und unwidersprochenen Vortrag eine Vielzahl von Unternehmen in ihrem Kataster, deren Beschäftigte ausschließlich verwaltende Tätigkeiten ausüben. Abgesehen davon beschäftigen z. B. Krankenanstalten und Arztpraxen, also Unternehmen, für die die Beklagte unzweifelhaft zuständig ist, zu einem großen Anteil Personen, die etwa im Verwaltungsbereich von Krankenhäusern oder als Sprechstundenhilfen ausschließlich oder jedenfalls zu einem wesentlichen Teil mit verwaltenden Arbeiten beschäftigt sind. Welche finanziellen Vorteile eine Überweisung an die Beigeladene mit sich brächte, kann offen bleiben. Mit Unterschieden in der Beitragsbelastung lässt sich eine schwerwiegenden Unzuträglichkeit nicht begründen (vgl. BSGE 15, 282; Urteil des LSG NRW vom 11.12.2001 - L 15 U 103/97 -; Krasney in Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Rn. 33 zu §136SGBVIImwN).
Letztlich widersprach die Aufnahme der KVWL in das Mitgliedsverzeichnis der Beklagten den Zuständigkeitsregelungen jedenfalls nicht eindeutig. Bei dieser Beurteilung ist angesichts der häufig anzutreffenden Unschärfe der historisch gewachsenen Zuständigkeitsregelungen ein solcher eindeutiger Widerspruch oder- anders ausgedrückt - ein gröblicher Irrtum bei der ursprünglichen Zuordnung nur ausnahmsweise anzunehmen. In Zweifelsfällen ist eine offensichtliche Unrichtigkeit zu verneinen (vgl. Urteil des LSG NRW vom 20.01.2004 - L 15 U 213/01; KassKomm-Ricke Rn. 18 zu § 136 SGB VII).
Die sachliche Zuständigkeit einer gewerblichen Berufsgenossenschaft richtet sich grundsätzlich nach Art und Gegenstand des Unternehmens (§ 122 Abs. 1 SGB VII; § 646 Abs. 2 RVO; Urteil des BSG vom 11.08.1998 - B 2 U 31/97 R - aaO). Eine Rechtsverordnung zur Regelung der sachlichen Zuständigkeit ist weder auf der Grundlage des § 122 Abs. 1 SGB VII noch des § 646 Abs. 2 RVO erlassen worden. Maßgebend sind daher (weiterhin) in erster Linie die Zuständigkeitsabgrenzungen im Bundesratsbeschluss vom 22.05.1885 (RN 143), in den ergänzenden Beschlüssen vom 05.10.1901 (AN 621) und 10.10.1912 (AN 925) sowie in dem vom Reichsversicherungsamt (RVA) aufgestellten Alphabetischen Verzeichnis der Gewerbezweige nach ihrer berufsgenossenschaftlichen Zugehörigkeit (AN 1885, 254; 1986, 134; 1903, 404; 1906, 477), des Weiteren in Zuweisungen des RVA (ständige Rechtsprechung des BSG: BSGE 39,112,113 f.; 71, 85, 86). In keiner dieser Rechtsquellen finden sich hier relevante Bestimmungen. Maßgebende Zuständigkeitsregelungen enthalten nach der zitierten Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat anschließt, allerdings auch Erlasse des RAM. Einen solchen Erlass stellt die aufgrund Art. 3 § 1 des 6. Gesetzes über Änderungen in der Unfallversicherung vom 09.03.1942 ergangene Bestimmung des RAM vom 12.04.1943 (AN II 183) dar. Darin sind versicherte Personen der KVD der Beklagten zugeteilt. Die von der Klägerin gegen die Fortgeltung dieses Erlasses angeführten Bedenken greifen nicht durch. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass er auf national-sozialistischem Gedankengut beruht oder mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht vereinbar sein soll. Unerheblich ist auch, dass sich der Erlass seinem Wortlaut zufolge lediglich auf die gegen Kriegsende untergegangene KVD bezieht. Die Erwägungen, die zu dem genannten Erlass geführt haben, sind nicht bekannt. Fest steht lediglich, dass mit ihm ein Kompetenzstreit zwischen der Beklagten und der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen gelöst werden sollte. Es ist anzunehmen, dass ausschlaggebend für die Entscheidung zugunsten der Beklagten die Nähe der KVD zum Gesundheitsdienst war. Nach der hier gebotenen, an Sinn und Zweck des Erlasses orientierten Auslegung bezieht er sich nicht nur auf die damalige KVD, sondern auf Unternehmen, die gleichartige oder ähnliche Aufgaben wahrnehmen wie die KVD. Dies ist bei der Klägerin der Fall.
Die Fortgeltung des RAM-Erlasses und dessen Interpretation bedürfen hier allerdings keiner näheren Erörterung. Denn auch ohne ihn widerspricht die Mitgliedschaft der KVWL bei der Klägerin jedenfalls nicht eindeutig Zuständigkeitsregelungen. Zuständigkeitsregelungen enthalten auch Errichtungsbeschlüsse von Berufsgenossenschaften (BSGE 15, SGB VII noch des § 646 Abs. 2 RVO erlassen worden. Maßgebend sind daher (weiterhin) in erster Linie die Zuständigkeitsabgrenzungen im Bundesratsbeschluss vom 22.05.1885 (RN 143), in den ergänzenden Beschlüssen vom 05.10.1901 (AN 621) und 10.10.1912 (AN 925) sowie in dem vom Reichsversicherungsamt (RVA) aufgestellten Alphabetischen Unfallversicherung unterlagen. Dazu gehörten u. a. - was hier allein in Betracht kommt - Einrichtungen und Tätigkeiten "im Gesundheitsdienste". Dabei ist der Kreis der so erfassten Betriebe in Rechtsprechung und Literatur damals eng gezogen worden. Einrichtungen und Tätigkeiten "im Gesundheitsdienste" waren nur solche, bei denen die Sorge für die Gesundheit den Hauptzweck bildete (AN 1930, 22, 506; 1931 S. 74; Krohn/Zschimmer/Knoll/Lorborn/Bauer, Handkommentar zur RVO, Stand März 1940 Anm. 12 a zu § 537 RVO). Diese restriktive Interpretation ist auf dem Boden der bis zum 6. Gesetz über Änderungen in der Unfallversicherung vom 09.03.1942 maßgeblichen betriebsbezogenen Unfallversicherung zu sehen. Der durch dieses Gesetz vollzogene Wandel zu einer tätigkeitsbezogenen Versicherung führte zu der Einbeziehung einer Vielzahl unterschiedlichster und bis dahin nicht erfasster Gewerbe- und Unternehmenstypen in die Unfallversicherung. Dies brachte, wie beispielhaft der beigezogene Vermerk über dien Besprechung zwischen Vertretern der Beklagten und der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen vom 16.02.1943 zeigt, eine Reihe von Abgrenzungsfragen hinsichtlich der berufsgenossenschaftlichen Zuständigkeit mit sich, die teils einvernehmlich, teils durch Erlasse des RAM wie den oben zitierten Erlass vom 12.04.1943 geklärt wurden. In Zusammenhang mit der Umstrukturierung der gesetzlichen Unfallversicherung steht auch der zur Durchführung und Ergänzung des Gesetzes vom 09.03.1942 verfügte Erlass des RAM vom 16.03.1942 - II a 2660/42 - (AN II 287), der ua versicherte Personen in Versicherungsuntemehmen der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zuordnete mit der Folge, dass die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung deren Mitglieder wurden. In Ausübung der in Nr. 10 des Erlasses eingeräumten Ermächtigung bestimmte das RVA am 22.04.1942 - l 1000 a, 6 b, 42, 271 - (AN II 287), dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten zuständig sei für Versicherte "in allen überwiegend büromäßig betriebenen Unternehmungen". Dies hat den Senat in seiner Entscheidung vom 20.01.2004 - L 15 U 213/01 -annehmen lassen, dass die formelle Mitgliedschaft einer privatärztlichen Verrechnungsstelle im Sinne des § 136 Abs. 2 SGB VII eindeutig den Zuständigkeitsregelungen widerspricht. Zwar ist auch die KVWL ein überwiegend büromäßig betriebenes Unternehmen. Anders als privatärztliche Verrechnungsstellen, die letztlich Inkasso-Unternehmen darstellen, sind Kassenärztliche Vereinigungen Einrichtungen, die in besonderer Weise in das System der gesetzlichen Krankenversicherung eingebunden sind und dessen Funktionsfähigkeit gewährleisten sollen. Dies bedarf keiner näheren Darlegung.
Ein Hinweis auf den Auftrag in § 72 SGB V (Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung) z. B. durch die maßgebliche Beteiligung der Kassenärztlichen Vereinigungen an Vereinbarungen über die Vergütung der Vertragsärzte (§ 82 Abs. 2 SGB V) und bei der Bestimmung des Kreises der Vertragsärzte (beispielhaft § 96 SGB V) genügt. Zudem sind Kassenärztliche Vereinigungen Selbstverwaltungsorgane, die der Ärzteschaft auferlegte Aufgaben der vertragsärztlichen Versorgung für diese wahrnehmen (§ 77 SGB V). Gerade diese Delegation rechtfertigt es, Kassenärztliche Vereinigungen wie die primär Verpflichteten zu behandeln und sie wie die Leistungserbringer im Gesundheitsdienst der Beklagten zuzuordnen. Jedenfalls widerspricht die Mitgliedschaft der KVWL bei der Beklagten nicht eindeutig den Zuständigkeitsregelungen. Von einem "gröblichen Irrtum" (vgl. die oben zitierte Rechtsprechung des BSG) kann nicht die Rede sein.
Aus den von der Klägerin angeführten verfassungsrechtlichen Gründen, nämlich der für geboten erachteten Gleichbehandlung mit Krankenkassen, die gemäß RAM-Erlass vom 16.03.1942 (aaO) als Versicherungsunternehmen der Beigeladenen zuzuordnen sind, lässt sich der geltend gemachte Anspruch nicht ableiten. Dies gilt bereits deswegen, weil hier nicht die erstmalige Aufnahme eines Unternehmens in Streit steht, sondern nach Maßgabe der oben dargelegten Voraussetzungen des § 136 SGB VII eine Überweisung zu erfolgen hat. Die dort festgeschriebenen besonderen Voraussetzungen für eine Überweisung bringen es mit sich, dass selbst vergleichbare Unternehmen unterschiedlichen Berufsgenossenschaften angehören, wenn wie hier ein eindeutiger Verstoß gegen Zuständigkeitsregelungen nicht gegeben ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGB.
Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zugelassen.
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