Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 12 R 4261/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 R 507/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 R 516/06 B
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 28. Januar 2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitgegenstand ist die Vormerkung im Beitrittsgebiet zurückgelegter Beschäftigungszeiten. Der 1941 in O. geborene Kläger ist am 15.03.1986 im Bundesgebiet eingetroffen und als Vertriebener anerkannt. Zuletzt war er in der ehemaligen DDR als Diplom-Psychologe beschäftigt. Mit Bescheid vom 09.08.1988 stellte die Beklagte gemäß § 104 Abs.3 AVG die Beitragszeiten von 1959 bis Mai 1985 nach dem FRG fest und teilte mit, über die Anrechnung und Bewertung der im Versicherungsverlauf enthaltenen Daten werde erst bei Leistungsfeststellung entschieden. Nach Erlass eines Teilabhilfebescheides am 18.11.1988 wies sie den Widerspruch am 10.02.1989 mit der Begründung zurück, eine höhere Einstufung sei nicht gerechtfertigt. Auf die Bitte um Übersendung eines aktuellen Versicherungsverlaufs vom 25.06.1993 teilte die Beklagte am 28.07.1993 mit, wegen Überlastung im Zusammenhang mit der Vereinigung Deutschlands könne der Antrag auf Kontenklärung nicht bearbeitet werden. Sollte ein besonders wichtiger Grund vorliegen, der eine sofortige Kontoklärung erforderlich mache, werde er gebeten, sich erneut mit der Beklagten in Verbindung zu setzen. Auf den Antrag vom 23.10.2000 erließ die Beklagte am 19.11.2001 einen Bescheid gemäß § 149 Abs.5 SGB VI. Sie hob die Bescheide vom 09.08.1988 und 18.11.1988 auf und errechnete die Rentenanwartschaft nach den geltenden Bestimmungen auf der Basis der vom zuständigen Versorgungsträger mitgeteilten Entgelte. Dagegen legte der Kläger am 27.11.2001 Widerspruch ein und beantragte die Wiederherstellung des Versicherungsverlaufs in der Form von 1988. Diesen Widerspruch wies die Beklagte am 31.01.2002 mit der Begründung zurück, Rechtsgrundlage der Korrektur des Versicherungsverlaufs sei Art.38 Rentenüberleitungsgesetz (RÜG). Wegen des Rentenüberleitungsergänzungsgesetzes sei keine Anhörung notwendig und die Neufeststellung unabhängig von § 48 SGB X. Dagegen hat der Kläger am 27.02.2002 Klage erhoben und Vertrauensschutz geltend gemacht. Im Vertrauen auf die Feststellung nach dem FRG habe er die Übernahme in den Beamtenstatus abgelehnt. Wäre ihm 1991 eine rechtzeitige Auskunft erteilt worden, wäre die Änderung des Lebenslaufs noch möglich gewesen. Das Sozialgericht hat die Klage am 28.01.2005 abgewiesen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts könnten Rentenanwartschaften vom Gesetzgeber geändert werden. Die Rente könne nicht nach dem FRG berechnet werden, da vor dem 01.01.1996 kein Leistungsanspruch beginne. Gegen das am 01.07.2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 19.07.2005 Berufung eingelegt. Die Rente sei trotz RÜG nach dem FRG zu gewähren, da er auf die Mitteilung der BfA von 1988 vertraut habe. Es werde im Übrigen Gleichbehandlung gegenüber Russlanddeutschen etc. eingefordert. Durch die unterlassene Aufklärung von Seiten der BfA seien ihm erhebliche Nachteile entstanden. Das RÜG sei auf Ungerechtigkeiten zu überprüfen und DDR-Übersiedler müssten nach dem FRG behandelt werden, um Vertrauen zu wahren und DDR-Unrecht ein wenig auszugleichen.
Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts München vom 28.01.2005 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheides vom 19.11.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 31.01.2002 zu verurteilen, bei der Erstellung des Versicherungskontos die in den Bescheiden vom 09.08. und 18.11.1988 festgestellten Daten zugrunde zu legen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 28.01.2005 zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beklagtenakten, der Akten des Sozialgerichts München sowie der Berufungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichts München vom 28.01.2005 ist ebenso wenig zu beanstanden wie der Bescheid der Beklagten vom 19.11.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 31.01.2002. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Berücksichtigung der in den Bescheiden vom 09.08. und 18.11.1988 nach dem FRG festgestellten Beitragszeiten. Die Daten des Versicherungsverlaufs sind ohne Bindung an die in den strittigen Bescheiden anerkannten Beitragszeiten festzustellen.
Die gemäß § 104 Abs.3 AVG ergangenen Vormerkungsbescheide entfalten zwar grundsätzlich sowohl bezüglich der Versicherungszeiten als auch der Entgelthöhe Bindungswirkung. Soweit die bindenden Feststellungen jedoch nicht mehr den aktuellen Rechtsvorschriften entsprechen, steht diese Bindungswirkung der Neufeststellung nicht entgegen.
Zutreffend weist die Beklagte auf Art.38 des RÜG vom 25.07.1991 (BGBl.I S.1606) in der Fassung durch Art.14 des Gesetzes zur Ergänzung der Rentenüberleitung (RÜErgG) vom 24.06.1993 (BGBl.I S.1038) hin. Hiernach sind Bescheide, die außerhalb einer Rentenbewilligung aufgrund der VuVO oder des FRG Feststellungen getroffen haben, zu überprüfen, ob sie mit den zum Zeitpunkt des Rentenbeginns geltenden Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und des Fremdrentenrechts übereinstimmen. Beginnt eine Rente nach dem 31.07.1991, ist die für diese Rente nach diesem Zeitpunkt maßgebende Fassung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und des Fremdrentenrechts von ihrem Beginn an auch dann anzuwenden, wenn der Feststellungsbescheid nach Satz 1 noch nicht durch einen neuen Feststellungsbescheid ersetzt ist; der Feststellungsbescheid ist im Rentenbescheid mit Wirkung für die Vergangenheit ohne Rücksicht auf die Voraussetzungen der §§ 24 und 48 SGB X aufzuheben (Satz 2, 2. Halbsatz). Damit hat der Gesetzgeber klar gestellt, dass alle außerhalb einer Rentenbewilligung getroffenen Bescheide über die Anrechnung von Fremdrentenzeiten zu überprüfen sind und der die Versicherungszeiten betreffende Feststellungsbescheid spätestens im Rentenbescheid zurückgenommen werden soll (BSG SozR 3-2200 § 1303 Nr.5). Art.38 RÜG in der Fassung des RÜErgG ist unmittelbare Rechtsgrundlage für die Aufhebung des Feststellungsbescheides und eine § 48 SGB X vollständig verdrängende spezialgesetzliche Regelung (BSG a.a.O.).
Die von Art.38 RÜG geforderte Überprüfung ergibt, dass die in dem Bescheid vom 18.11.1988 enthaltenen Feststellungen nicht mit den nunmehr geltenden Vorschriften des SGB VI und des FRG übereinstimmen. Mit der staatlichen Einheit Deutschlands und dem künftigen einheitlichen Rentenrecht können rentenrechtliche Zeiten, die auf Tatbeständen in der DDR beruhen, bereits aus systematischen Gründen nicht mehr wie fremde Zeiten behandelt werden. Außerdem wird bei Anwendung des FRG in Teilbereichen auf pauschalierende Regelungen (Durchschnittswerte) zurückgegriffen. Das widerspricht dem allgemeinen Grundsatz der Beitragsbezogenheit der Rente, wonach bei der Rentenberechnung vorrangig auf die tatsächlichen, individuellen Verhältnisse (Einkommens- bzw. Beitragshöhe) abzustellen ist.
Daher wurden DDR-Sachverhalte durch Art.1 RÜG zum 01.01.1992 in die allgemeinen Bestimmungen des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch eingearbeitet. So ist gewährleistet, dass rentenrechtliche Zeiten, gleichgültig, ob sie zum Beispiel auf Tatbeständen in Hamburg oder Dresden beruhen, nach einheitlichen Grundsätzen behandelt werden. Dementsprechend ist § 17 Abs.1 FRG, auf dessen Grundlage den beim Träger der gesetzlichen Rentenversicherung in der ehemaligen DDR zurückgelegten Beitragszeiten fiktive Entgelte von Beschäftigten in den alten Bundesländern zugeordnet wurden, mit Wirkung zum 01.01.1992 aufgehoben worden. Das FRG ist ab 01.01.1992 grundsätzlich nur noch für die in § 1 genannten Personen anwendbar, zu denen Sowjetzonenflüchtlinge mit Ausweis C - hierzu zählt der Kläger - nicht gehören. Deren Beitragszeiten werden nicht mehr mit fiktiven, sondern grundsätzlich mit den tatsächlich erzielten beitragspflichtigen Arbeitsverdiensten berücksichtigt (§ 256a SGB VI). Die Bescheide vom 09.08. und 18.11.1988 waren daher mit Bescheid vom 19.11.2001 aufzuheben.
Der Kläger unterfällt nicht der Sonderregelung des § 259a SGB VI. Danach werden für Versicherte, die vor dem 01.01.1937 geboren sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt zuletzt vor dem 19.05.1990 im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet hatten, anstelle der nach den §§ 256a und 256b SGB VI zu ermittelnden Werte Entgeltpunkte aufgrund der Anlagen 1 bis 16 zum FRG ermittelt. Der Kläger, der erst 1941 geboren ist, unterfällt dem Anwendungsbereich dieser Norm nicht. Die Privilegierung älterer Versicherter ergibt sich daraus, dass für jüngere Versicherte noch die Möglichkeit besteht, weitere Anstrengungen zur Verbesserung der Alterssicherung zu unternehmen. Aus der Gesetzesbegründung ist ersichtlich, dass es maßgeblich aus Vertrauensschutzgründen für ältere Versicherte bei der Ermittlung der Entgeltpunkte nach dem bis zum 30.06.1990 geltenden Recht verbleiben sollte (Bundestags-Drucksache 12/4810, S.24).
Entgegen der Ansicht des Klägers wird er gegenüber Russlanddeutschen nicht schlechter gestellt. Im Zusammenhang mit dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland am 03.10.1990 wurde auch das für Vertriebene im Sinne des § 1 Bundesvertriebenengesetz geltende Fremdrentengesetz geändert. Für die Ermittlung von Entgeltpunkten für Beitrags- und Beschäftigungszeiten wurde ein neues Bewertungsmodell (§ 22 Abs.1 FRG i.V.m. § 256b SGB VI) auf der Grundlage der Wirtschaftsstruktur in der ehemaligen DDR geschaffen und die Bewertung der Fremdzeiten für Aussiedler wurde auf 70 % abgesenkt (§ 22 Abs.4 FRG i.V.m. Art.6 4 Abs.5 FANG). Diese Neuregelung erfasst lediglich solche Aussiedler nicht, deren Rente bis Dezember 1995 begann (Art.6 § 4 FANG in der Fassung des Rentenreformgesetzes 1992). Ein Aussiedler gleichen Geburtsjahrgangs und Versicherungsverlaufs wie der Kläger könnte sich also ebenso wenig auf die Feststellung der Beitragszeiten nach dem FRG a.F. stützen.
Seinen Antrag auf Wiederherstellung des Versicherungsverlaufs in der Form vom 09.08.1988 bzw. 18.11.1988 kann der Kläger auch nicht auf einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch stützen. Voraussetzung dieses Anspruchs ist die Pflichtverletzung eines Leistungsträgers, die zu einem Schaden in Form des Ausbleibens von Vorteilen geführt hat, die an sich im Sozialrecht vorgesehen sind und insbesondere dem betroffenen Bürger zugute kommen sollen (Seewald in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, vor §§ 38 bis 47 SGB I Rz.30). Der Anspruch geht auf Herstellung des Zustands, der eingetreten wäre, wenn die Verwaltung sich nicht rechtswidrig verhalten hätte, bleibt also hinter dem vollen Schadensersatz zurück. Mit diesem Anspruch sollen Fehler im Verwaltungsablauf mit den der Verwaltung möglichen Mitteln ausgeglichen werden. Der Kläger macht geltend, bei rechtzeitiger Unterrichtung über die Änderung des Versicherungsverlaufs seinen Lebensentwurf anders aufgebaut, insbesondere die Möglichkeit genutzt zu haben, Beamter zu werden. Tatsächlich hat es die Beklagte am 28.07.1993 abgelehnt, den Antrag des Klägers vom 25.06.1993 auf Kontoklärung zu bearbeiten. Ungeachtet der Tatsache, dass der Kläger der Aufforderung von Seiten der Beklagten nicht nachgekommen ist, einen besonders wichtigen Grund geltend zu machen, falls eine sofortige Kontoklärung für erforderlich gehalten werde, könnte selbst die Feststellung eines Beratungsfehlers nicht die begehrte Rechtsfolge eintreten lassen. Ziel des Herstellungsanspruchs ist die Vornahme einer Amtshandlung zur Herbeiführung derjenigen Rechtsfolge, die eingetreten wäre, wenn sich der Leistungsträger rechtmäßig verhalten hätte. Beseitigt werden kann nur ein sozialrechtlicher Schaden mit rechtlich zulässigen Mitteln. Bei rechtzeitiger Unterrichtung durch die Beklagte hätte der Kläger jedoch keinerlei Gestaltungsmöglichkeiten gehabt, die Anwendung des FRG sicherzustellen.
Soweit der Kläger einen Ausgleich des im Beitrittsgebiet erlittenen Unrechts begehrt, ist er auf das Gesetz über den Ausgleich beruflicher Benachteiligungen für Opfer politischer Verfolgung im Beitrittsgebiet (BGBl.I S.1625) zu verweisen.
Aus diesen Gründen war die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitgegenstand ist die Vormerkung im Beitrittsgebiet zurückgelegter Beschäftigungszeiten. Der 1941 in O. geborene Kläger ist am 15.03.1986 im Bundesgebiet eingetroffen und als Vertriebener anerkannt. Zuletzt war er in der ehemaligen DDR als Diplom-Psychologe beschäftigt. Mit Bescheid vom 09.08.1988 stellte die Beklagte gemäß § 104 Abs.3 AVG die Beitragszeiten von 1959 bis Mai 1985 nach dem FRG fest und teilte mit, über die Anrechnung und Bewertung der im Versicherungsverlauf enthaltenen Daten werde erst bei Leistungsfeststellung entschieden. Nach Erlass eines Teilabhilfebescheides am 18.11.1988 wies sie den Widerspruch am 10.02.1989 mit der Begründung zurück, eine höhere Einstufung sei nicht gerechtfertigt. Auf die Bitte um Übersendung eines aktuellen Versicherungsverlaufs vom 25.06.1993 teilte die Beklagte am 28.07.1993 mit, wegen Überlastung im Zusammenhang mit der Vereinigung Deutschlands könne der Antrag auf Kontenklärung nicht bearbeitet werden. Sollte ein besonders wichtiger Grund vorliegen, der eine sofortige Kontoklärung erforderlich mache, werde er gebeten, sich erneut mit der Beklagten in Verbindung zu setzen. Auf den Antrag vom 23.10.2000 erließ die Beklagte am 19.11.2001 einen Bescheid gemäß § 149 Abs.5 SGB VI. Sie hob die Bescheide vom 09.08.1988 und 18.11.1988 auf und errechnete die Rentenanwartschaft nach den geltenden Bestimmungen auf der Basis der vom zuständigen Versorgungsträger mitgeteilten Entgelte. Dagegen legte der Kläger am 27.11.2001 Widerspruch ein und beantragte die Wiederherstellung des Versicherungsverlaufs in der Form von 1988. Diesen Widerspruch wies die Beklagte am 31.01.2002 mit der Begründung zurück, Rechtsgrundlage der Korrektur des Versicherungsverlaufs sei Art.38 Rentenüberleitungsgesetz (RÜG). Wegen des Rentenüberleitungsergänzungsgesetzes sei keine Anhörung notwendig und die Neufeststellung unabhängig von § 48 SGB X. Dagegen hat der Kläger am 27.02.2002 Klage erhoben und Vertrauensschutz geltend gemacht. Im Vertrauen auf die Feststellung nach dem FRG habe er die Übernahme in den Beamtenstatus abgelehnt. Wäre ihm 1991 eine rechtzeitige Auskunft erteilt worden, wäre die Änderung des Lebenslaufs noch möglich gewesen. Das Sozialgericht hat die Klage am 28.01.2005 abgewiesen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts könnten Rentenanwartschaften vom Gesetzgeber geändert werden. Die Rente könne nicht nach dem FRG berechnet werden, da vor dem 01.01.1996 kein Leistungsanspruch beginne. Gegen das am 01.07.2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 19.07.2005 Berufung eingelegt. Die Rente sei trotz RÜG nach dem FRG zu gewähren, da er auf die Mitteilung der BfA von 1988 vertraut habe. Es werde im Übrigen Gleichbehandlung gegenüber Russlanddeutschen etc. eingefordert. Durch die unterlassene Aufklärung von Seiten der BfA seien ihm erhebliche Nachteile entstanden. Das RÜG sei auf Ungerechtigkeiten zu überprüfen und DDR-Übersiedler müssten nach dem FRG behandelt werden, um Vertrauen zu wahren und DDR-Unrecht ein wenig auszugleichen.
Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts München vom 28.01.2005 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheides vom 19.11.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 31.01.2002 zu verurteilen, bei der Erstellung des Versicherungskontos die in den Bescheiden vom 09.08. und 18.11.1988 festgestellten Daten zugrunde zu legen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 28.01.2005 zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beklagtenakten, der Akten des Sozialgerichts München sowie der Berufungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichts München vom 28.01.2005 ist ebenso wenig zu beanstanden wie der Bescheid der Beklagten vom 19.11.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 31.01.2002. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Berücksichtigung der in den Bescheiden vom 09.08. und 18.11.1988 nach dem FRG festgestellten Beitragszeiten. Die Daten des Versicherungsverlaufs sind ohne Bindung an die in den strittigen Bescheiden anerkannten Beitragszeiten festzustellen.
Die gemäß § 104 Abs.3 AVG ergangenen Vormerkungsbescheide entfalten zwar grundsätzlich sowohl bezüglich der Versicherungszeiten als auch der Entgelthöhe Bindungswirkung. Soweit die bindenden Feststellungen jedoch nicht mehr den aktuellen Rechtsvorschriften entsprechen, steht diese Bindungswirkung der Neufeststellung nicht entgegen.
Zutreffend weist die Beklagte auf Art.38 des RÜG vom 25.07.1991 (BGBl.I S.1606) in der Fassung durch Art.14 des Gesetzes zur Ergänzung der Rentenüberleitung (RÜErgG) vom 24.06.1993 (BGBl.I S.1038) hin. Hiernach sind Bescheide, die außerhalb einer Rentenbewilligung aufgrund der VuVO oder des FRG Feststellungen getroffen haben, zu überprüfen, ob sie mit den zum Zeitpunkt des Rentenbeginns geltenden Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und des Fremdrentenrechts übereinstimmen. Beginnt eine Rente nach dem 31.07.1991, ist die für diese Rente nach diesem Zeitpunkt maßgebende Fassung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und des Fremdrentenrechts von ihrem Beginn an auch dann anzuwenden, wenn der Feststellungsbescheid nach Satz 1 noch nicht durch einen neuen Feststellungsbescheid ersetzt ist; der Feststellungsbescheid ist im Rentenbescheid mit Wirkung für die Vergangenheit ohne Rücksicht auf die Voraussetzungen der §§ 24 und 48 SGB X aufzuheben (Satz 2, 2. Halbsatz). Damit hat der Gesetzgeber klar gestellt, dass alle außerhalb einer Rentenbewilligung getroffenen Bescheide über die Anrechnung von Fremdrentenzeiten zu überprüfen sind und der die Versicherungszeiten betreffende Feststellungsbescheid spätestens im Rentenbescheid zurückgenommen werden soll (BSG SozR 3-2200 § 1303 Nr.5). Art.38 RÜG in der Fassung des RÜErgG ist unmittelbare Rechtsgrundlage für die Aufhebung des Feststellungsbescheides und eine § 48 SGB X vollständig verdrängende spezialgesetzliche Regelung (BSG a.a.O.).
Die von Art.38 RÜG geforderte Überprüfung ergibt, dass die in dem Bescheid vom 18.11.1988 enthaltenen Feststellungen nicht mit den nunmehr geltenden Vorschriften des SGB VI und des FRG übereinstimmen. Mit der staatlichen Einheit Deutschlands und dem künftigen einheitlichen Rentenrecht können rentenrechtliche Zeiten, die auf Tatbeständen in der DDR beruhen, bereits aus systematischen Gründen nicht mehr wie fremde Zeiten behandelt werden. Außerdem wird bei Anwendung des FRG in Teilbereichen auf pauschalierende Regelungen (Durchschnittswerte) zurückgegriffen. Das widerspricht dem allgemeinen Grundsatz der Beitragsbezogenheit der Rente, wonach bei der Rentenberechnung vorrangig auf die tatsächlichen, individuellen Verhältnisse (Einkommens- bzw. Beitragshöhe) abzustellen ist.
Daher wurden DDR-Sachverhalte durch Art.1 RÜG zum 01.01.1992 in die allgemeinen Bestimmungen des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch eingearbeitet. So ist gewährleistet, dass rentenrechtliche Zeiten, gleichgültig, ob sie zum Beispiel auf Tatbeständen in Hamburg oder Dresden beruhen, nach einheitlichen Grundsätzen behandelt werden. Dementsprechend ist § 17 Abs.1 FRG, auf dessen Grundlage den beim Träger der gesetzlichen Rentenversicherung in der ehemaligen DDR zurückgelegten Beitragszeiten fiktive Entgelte von Beschäftigten in den alten Bundesländern zugeordnet wurden, mit Wirkung zum 01.01.1992 aufgehoben worden. Das FRG ist ab 01.01.1992 grundsätzlich nur noch für die in § 1 genannten Personen anwendbar, zu denen Sowjetzonenflüchtlinge mit Ausweis C - hierzu zählt der Kläger - nicht gehören. Deren Beitragszeiten werden nicht mehr mit fiktiven, sondern grundsätzlich mit den tatsächlich erzielten beitragspflichtigen Arbeitsverdiensten berücksichtigt (§ 256a SGB VI). Die Bescheide vom 09.08. und 18.11.1988 waren daher mit Bescheid vom 19.11.2001 aufzuheben.
Der Kläger unterfällt nicht der Sonderregelung des § 259a SGB VI. Danach werden für Versicherte, die vor dem 01.01.1937 geboren sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt zuletzt vor dem 19.05.1990 im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet hatten, anstelle der nach den §§ 256a und 256b SGB VI zu ermittelnden Werte Entgeltpunkte aufgrund der Anlagen 1 bis 16 zum FRG ermittelt. Der Kläger, der erst 1941 geboren ist, unterfällt dem Anwendungsbereich dieser Norm nicht. Die Privilegierung älterer Versicherter ergibt sich daraus, dass für jüngere Versicherte noch die Möglichkeit besteht, weitere Anstrengungen zur Verbesserung der Alterssicherung zu unternehmen. Aus der Gesetzesbegründung ist ersichtlich, dass es maßgeblich aus Vertrauensschutzgründen für ältere Versicherte bei der Ermittlung der Entgeltpunkte nach dem bis zum 30.06.1990 geltenden Recht verbleiben sollte (Bundestags-Drucksache 12/4810, S.24).
Entgegen der Ansicht des Klägers wird er gegenüber Russlanddeutschen nicht schlechter gestellt. Im Zusammenhang mit dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland am 03.10.1990 wurde auch das für Vertriebene im Sinne des § 1 Bundesvertriebenengesetz geltende Fremdrentengesetz geändert. Für die Ermittlung von Entgeltpunkten für Beitrags- und Beschäftigungszeiten wurde ein neues Bewertungsmodell (§ 22 Abs.1 FRG i.V.m. § 256b SGB VI) auf der Grundlage der Wirtschaftsstruktur in der ehemaligen DDR geschaffen und die Bewertung der Fremdzeiten für Aussiedler wurde auf 70 % abgesenkt (§ 22 Abs.4 FRG i.V.m. Art.6 4 Abs.5 FANG). Diese Neuregelung erfasst lediglich solche Aussiedler nicht, deren Rente bis Dezember 1995 begann (Art.6 § 4 FANG in der Fassung des Rentenreformgesetzes 1992). Ein Aussiedler gleichen Geburtsjahrgangs und Versicherungsverlaufs wie der Kläger könnte sich also ebenso wenig auf die Feststellung der Beitragszeiten nach dem FRG a.F. stützen.
Seinen Antrag auf Wiederherstellung des Versicherungsverlaufs in der Form vom 09.08.1988 bzw. 18.11.1988 kann der Kläger auch nicht auf einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch stützen. Voraussetzung dieses Anspruchs ist die Pflichtverletzung eines Leistungsträgers, die zu einem Schaden in Form des Ausbleibens von Vorteilen geführt hat, die an sich im Sozialrecht vorgesehen sind und insbesondere dem betroffenen Bürger zugute kommen sollen (Seewald in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, vor §§ 38 bis 47 SGB I Rz.30). Der Anspruch geht auf Herstellung des Zustands, der eingetreten wäre, wenn die Verwaltung sich nicht rechtswidrig verhalten hätte, bleibt also hinter dem vollen Schadensersatz zurück. Mit diesem Anspruch sollen Fehler im Verwaltungsablauf mit den der Verwaltung möglichen Mitteln ausgeglichen werden. Der Kläger macht geltend, bei rechtzeitiger Unterrichtung über die Änderung des Versicherungsverlaufs seinen Lebensentwurf anders aufgebaut, insbesondere die Möglichkeit genutzt zu haben, Beamter zu werden. Tatsächlich hat es die Beklagte am 28.07.1993 abgelehnt, den Antrag des Klägers vom 25.06.1993 auf Kontoklärung zu bearbeiten. Ungeachtet der Tatsache, dass der Kläger der Aufforderung von Seiten der Beklagten nicht nachgekommen ist, einen besonders wichtigen Grund geltend zu machen, falls eine sofortige Kontoklärung für erforderlich gehalten werde, könnte selbst die Feststellung eines Beratungsfehlers nicht die begehrte Rechtsfolge eintreten lassen. Ziel des Herstellungsanspruchs ist die Vornahme einer Amtshandlung zur Herbeiführung derjenigen Rechtsfolge, die eingetreten wäre, wenn sich der Leistungsträger rechtmäßig verhalten hätte. Beseitigt werden kann nur ein sozialrechtlicher Schaden mit rechtlich zulässigen Mitteln. Bei rechtzeitiger Unterrichtung durch die Beklagte hätte der Kläger jedoch keinerlei Gestaltungsmöglichkeiten gehabt, die Anwendung des FRG sicherzustellen.
Soweit der Kläger einen Ausgleich des im Beitrittsgebiet erlittenen Unrechts begehrt, ist er auf das Gesetz über den Ausgleich beruflicher Benachteiligungen für Opfer politischer Verfolgung im Beitrittsgebiet (BGBl.I S.1625) zu verweisen.
Aus diesen Gründen war die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG).
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