Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
7
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 7 KA 8/05
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KA 15/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Der Bescheid des Beklagten vom 25.05.2005 wird dahingehend abgeändert, dass Ziff. 1 der Ermächtigung entfällt.
2. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
3. Die Klägerin trägt die Hälfte der Gerichtskosten und der Kosten des Beklagten und des Beigeladenen zu 8). Der Beklagte und der Beigeladene zu 8) tragen je ¼ der Gerichtskosten und der Kosten der Klägerin. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist eine dem Beigeladenen zu 8) erteilte Ermächtigung.
Der Beigeladene zu 8) ist Facharzt für Chirurgie (Teilgebiet Plastische Chirurgie/Handchirurgie) und Oberarzt am G-Krankenhaus in B. Er beantragte am 16.11.2001 eine Ermächtigung zur Behandlung von Kindern mit geburtstraumatischer Plexuslähmung. Die Erkrankung sei eine Komplikation bei einer von tausend Geburten und in 10 % der Fälle operativ zu versorgen. Er habe bisher 150 derartige Operationen durchgeführt und 400 Kinder behandelt. Erfahrung in diesem Gebiet hätten in Deutschland nur 4 oder 5 weitere Kollegen.
Der Zulassungsausschuss lehnte die Ermächtigung ab (Bescheid vom 27.06.2002), da die Versorgung ausreichend durch Chirurgen, Neurochirurgen und Neurologen im Planungsbereich Aachen sichergestellt sei. Mit dem hiergegen eingelegten Widerspruch trug der Beigeladene zu 8 vor, seit April 2000 jährlich rund 100 Operationen durchgeführt zu haben, auf Überweisungen aus ganz Deutschland. 70 bis 80 % seiner Sprechstunden- und Operationstätigkeit entfielen auf diese Fälle. Er kenne keinen Niedergelassenen, der diese Leistung erbringe. Der Beklagte ermächtigte den Beigeladenen zu 8) mit Beschluss vom 11.12.2002 bis zum 31.12.2004 auf Überweisung von Kinderärzten zu ambulanten Beratungsleistungen im Zusammenhang mit selbst durchzuführenden/durchgeführten plexuschirurgischen Eingriffen an Kindern. Zur Begründung führte er an, übereinstimmend werde von der Klägerin, der Beigeladenen zu 1) und der Beigeladenen zu 2) ein entsprechender Bedarf gesehen. Der Bescheid wurde bestandskräftig.
Am 02.09.2004 beantragte der Beigeladene zu 8) die Verlängerung der Ermächtigung. Er habe ein konstantes Patientenaufkommen, ca. 70 Scheine pro Quartal, jährlich 100 Neuvorstellungen und ca. 350 klinische Kontrollen aus dem gesamten Bundesgebiet. Er erbitte eine Erweiterung des Überweiserkreises auf Orthopäden und Hausärzte. Die Beigeladene zu 2) stimmte dem Antrag zu. Die Klägerin äußerte sich ablehnend, weil seit Februar 2004 die als Belegärzte am G-Krankenhaus tätigen Privatdozenten C und M (Plastische Chirurgie/Handchirurgie) zugelassen seien, die die fraglichen Leistungen erbrächten und freie Kapazitäten hätten.
Der Zulassungsausschuss lehnte die Verlängerung der Ermächtigung ab, da die beantragten Leistungen durch niedergelassene Ärzte sichergestellt seien (Bescheid vom 20.12.2004). Den Widerspruch begründete der Beigeladene zu 8) damit, die Ablehnung sei pauschal und undifferenziert erfolgt, notwendige Ermittlungen seien nicht durchgeführt worden. Es könne dahinstehen, ob andere Ärzte die gleiche Leistung erbrächten, da die Ermächtigung nur im Zusammenhang mit selbst durchgeführten Operationen begehrt werde. Die Entscheidung, ob und welche Nachoperationen erfolgen müssten, könne aber nur der Operateur selbst treffen, da die Vorgehensweise individuell und nicht allgemein akzeptiert sei.
Hiergegen wandte die Klägerin ein, es bestehe eine Überversorgung mit Chirurgen im Plangebiet. Aus Stadt und Kreis B sei an den Beigeladenen zu 8) in 2003 und 2004 nur eine einzige Überweisung vorgenommen worden. Zum Beleg ihres Vortrags, Niedergelassene seien in der Lage, die streitigen Leistungen zu erbringen, legte sie ein Schreiben der Privatdozenten C und M vom 25.04.2005 vor, in dem es wie folgt heißt:
"Ohne Zweifel sind wir in der Lage, die vertragsärztliche Versorgung von Kindern mit geburtstraumatischer Plexusparese sicherzustellen, dieses fällt in das Kerngebiet unserer Tätigkeit ... Einschränkend möchten wir anmerken, dass nach unserer Erfahrung ein gewisser Anteil an Beratungen und Untersuchungen vom Operateur geleistet werden muss, weil die prä- und postoperative Behandlung und Beratung wie bei allen komplexen mehrschrittigen Rekonstruktionsverfahren eng mit der stationären operativen Therapie verknüpft ist, sie lässt sich nur bedingt und in Teilbereichen durchführen. Die Eingriffe sind zu einem großen Anteil individuell zugeschnitten und zwischen Operateur und Patient werden spezielle Absprachen getroffen. Da bei dieser Art von Chirurgie kaum standardisierte Wege beschritten werden, sehen wir bei der Trennung von Beratung und Operation ein hohes Risiko für medizinisch-haftungsrechtliche Fragen."
Bei der Verhandlung vor dem Beklagten trug der Beigeladene zu 8) vor, jährlich kämen bei ihm 100 Kinder neu hinzu, in 2/3 der Fälle sei zu operieren; es würden 150 Sekundäreingriffe und 30 mikrochirurgische Operationen jährlich durchgeführt. Er teile sich den Operationssaal mit C und M.
Der Beklagte ermächtigte den Beigeladenen zu 8) mit Beschluss vom 25.05.2005 bis 30.06.2007 auf Überweisung von Kinderärzten und Orthopäden
1. zur konsiliarischen Beratung eines Vertragsarztes zur Operationsindikation bei der Behandlung von Kindern mit geburtstraumatischer Plexuslähmung, ggf. einschließlich notwendiger Untersuchungen,
2. zur ambulanten Beratung (Nr. 07210 und 07220 EBM 2000 plus) im sogenannten Beobachtungszeitraum nach von ihm selbst durchgeführten plexuschirurgischen Eingriffen.
Zur Begründung führte er an, bei der Interessenlage sei die Erneuerung der Ermächtigung sachgerecht, da eine enge Kooperation zwischen dem Kläger und C und M bestehe und die postoperative Beratung nur der Operateur sachgerecht durchführen könne.
Hiergegen richtet sich die Klage, mit der die Klägerin vorträgt, die den Gegenstand der Ermächtigung bildenden Leistungen seien der stationären Versorgung zuzurechnen und damit nicht ermächtigungsfähig. Soweit sie außerhalb des vor- oder nachstationären Zeitraums erbracht würden, seien niedergelassene Ärzte vorhanden, die die Leistungen erbringen könnten und bei denen Kapazitäten vorhanden seien. Im Planungsbereich Aachen-Stadt bestehe praktisch kein Bedarf für die vom Kläger erbrachten Leistungen.
Die Klägerin beantragt,
den Beschluss des Beklagten vom 25.05.2005 aufzuheben.
Der im Termin zur mündlichen Verhandlung am 00.00.0000 trotz entsprechender gerichtlicher Anordnung nicht vertretene Beklagte hat schriftlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beigeladene zu 8) beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte habe im Rahmen seines Beurteilungsspielraums zutreffend eine Versorgungslücke angenommen. Diese ergebe sich daraus, dass die nachoperative Beobachtung zwingend durch den Operateur selbst durchzuführen sei.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Beiziehung der Akten des parallelen Eilrechtschutzverfahrens S 0 KA 00/00 ER, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung war. Auf den Inhalt der Akten, insbesondere die Niederschrift der Vernehmung des Zeugen C im Erörterungstermin am 00.00.0000 wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet. Ziffer 2 des angefochtenen Bescheides ist nicht zu beanstanden, denn insoweit hat der Beigeladene zu 8) Anspruch auf die ihm erteilte Ermächtigung. Jedoch fehlt es an einer tragfähigen Rechtsgrundlage für die deshalb rechtswidrige Ermächtigung zu Ziffer 1 des Bescheides vom 25.5.2005.
Rechtsgrundlage der Entscheidung des Beklagten ist § 116 SGB V in Verbindung mit § 31a Abs. 1 Ärzte-ZV. Nach diesen Vorschriften können Krankenhausärzte mit abgeschlossener Weiterbildung mit Zustimmung des Krankenhausträgers vom Zulassungsausschuss zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten ermächtigt werden. Die Ermächtigung ist zu erteilen, soweit und solange eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten ohne die besonderen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden oder Kenntnisse von hierfür geeigneten Krankenhausärzten nicht sichergestellt wird.
Diese Voraussetzungen hat der Beklagte zutreffend bejaht, soweit Ziffer 2 der angefochtenen Ermächtigung betroffen ist. Er hat insoweit ohne Überschreitung seines Beurteilungsspielraums einen qualitativ-speziellen Bedarf für eine Ermächtigung des Beigeladenen zu 8) angenommen.
Eine Ermächtigung des Beigeladenen zu 8) erübrigt sich nicht im Hinblick auf § 115a SGB V, der die vor- und nachstationäre Behandlung im Krankenhaus regelt, die auch dann der Krankenhausbehandlung und damit nicht dem vertragsärztlichen Bereich zuzuordnen ist, wenn und soweit sie ambulant erfolgt. Zwar geht es dort wie im hier zu entscheidenden Fall um Leistungen, die der Vor- und Nachbereitung von stationär durchzuführenden Operationen dienen. § 115a Abs. 2 Satz 2 sieht aber vor, dass die nachstationäre Behandlung 7 Behandlungstage innerhalb von 14 Tagen, bei Organübertragungen nach § 9 TPG drei Monate nach Beendigung der stationären Krankenhausbehandlung nicht überschreiten darf. Die Frist von 14 Tagen oder drei Monaten kann in medizinisch begründeten Einzelfällen im Einvernehmen mit dem einweisenden Arzt verlängert werden. Mit der Einführung der vor- und nachstationären Behandlung als Krankenhausleistung sollen nach der Absicht des Gesetzgebers die Kosten der stationären Versorgung dadurch reduziert werden, dass Versicherte in medizinisch geeigneten Fällen ohne Unterkunft und Verpflegung behandelt werden, wenn es darum geht, die Erforderlichkeit einer vollstationären Krankenhausbehandlung zu klären, die vollstationäre Krankenhausbehandlung vorzubereiten oder im Anschluss an eine vollstationäre Krankenhausbehandlung den Behandlungserfolg zu sichern oder zu festigen (BSG, Urteil vom 19. Juni 1996 (- 6 RKa 15/95 -; SozR 3-2500 § 116 Nr. 13). Nach dem Wortlaut des § 115a SGB V ist die postoperative Behandlung nur innerhalb der genannten engen Fristen möglich, darüber hinaus nur "in medizinisch begründeten Einzelfällen im Einvernehmen mit dem einweisenden Arzt". Angesichts dieses eindeutigen Wortlautes kommt eine Ausweitung der Regelung über die genannten Zeiträume hinaus, zudem bezogen nicht auf einen Einzelfall, sondern auf den Regelfall der operativen Behandlung der geburtstraumatischen Plexuslähmung, nicht in Betracht.
Auch ein Fall des § 116b SGB V, der Krankenhäusern auf vertraglicher Grundlage unter bestimmten Voraussetzungen die ambulante Erbringung im einzelnen genannter hochspezialisierter Leistungen oder spezieller Erkrankungen gestattet, ist nicht gegeben, auch wenn der Beklagte im angefochtenen Beschluss von hochspezialisierten Leistungen spricht. Denn in dem bisher noch abschließenden Katalog des § 116b Abs. 3 SGB V sind die vom Beigeladenen zu 8) erbrachten Leistungen und behandelten Erkrankungen nicht aufgeführt.
Die streitigen Leistungen können vom Beigel. zu 8) deshalb nur im Wege der Ermächtigung erbracht werden. In den einschlägigen Regelungen des § 116 SGB V i.V.m. § 31a Abs. 1 Ärzte-ZV kommt zum Ausdruck, dass die ambulante Versorgung der Versicherten in erster Linie den niedergelassenen Ärzten vorbehalten ist. Soweit die niedergelassenen Ärzte daher in der Lage sind, eine den Vorgaben von § 2 Abs. 1, § 12 Abs. 1, § 70 Abs. 1 SGB V entsprechende ärztliche Krankenbehandlung im Sinne von § 27 Abs. 1 Nr. 1 SGB V zu erbringen, können Dritte, insbesondere Krankenhausärzte, eine Ermächtigung nicht beanspruchen. Deren Einbeziehung in die vertragsärztliche Versorgung kommt erst bei einer Minderversorgung in Betracht und dient ausschließlich dazu, Versorgungslücken zu schließen. Eine derartige Versorgungslücke kann sich nach der Rechtsprechung entweder daraus ergeben, dass in einem bestimmten Bereich zu wenige niedergelassene Ärzte vorhanden sind, um den Bedarf zu decken (quantitativ-allgemeiner Bedarf), oder daraus, dass ein Krankenhausarzt besondere, für eine ausreichende Versorgung notwendige Untersuchungs- und Behandlungsmethoden anbietet, die von den niedergelassenen Ärzten nicht bzw. nicht im erforderlichen Umfang erbracht werden (qualitativ-spezieller Bedarf; zum Ganzen vgl. BSG, SozR 3-2500 § 116 Nr. 23 m.w.N.).
Hinsichtlich der Frage, ob ein "Bedarf" für eine Ermächtigung in dem dargestellten Sinne besteht, haben die Zulassungsgremien einen gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraum. Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich auf die Prüfung, ob der Verwaltungsentscheidung ein richtig und vollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde liegt, ob die Zulassungsgremien die durch Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffes ermittelten Grenzen eingehalten und ob sie ihre Subsumtionserwägungen so verdeutlicht und begründet haben, dass im Rahmen des Möglichen die zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar ist. Diese eingeschränkte Überprüfungsbefugnis der Gerichte beruht im Wesentlichen darauf, dass die ortsnahen fachkundigen Zulassungsinstanzen nur ungefähr entscheiden können, ob und inwieweit die bereits niedergelassenen Ärzte eine qualitativ ausreichende Versorgung gewährleisten, da zur Beantwortung dieser Frage eine Vielzahl von Faktoren in die Entscheidung einzubeziehen ist. Entscheidungen der Zulassungsgremien sind daher hinzunehmen, wenn sie sich im Rahmen der Beurteilungsermächtigung halten (vgl. BSG, aaO. m.w.N.).
Einen Bedarf in quantitativ-allgemeiner Hinsicht, also im Hinblick darauf, dass für das jeweilige Fachgebiet keine ausreichende Zahl von Ärzten für die ambulante Versorgung zur Verfügung steht (BSG, SozR 3-2500 § 116 Nr. 4), hat der Beklagte nicht angenommen und ist auch sonst nicht ersichtlich.
Die Prüfung eines qualitativ-speziellen Bedarfs als Grundlage für die angestrebte Erweiterung der dem Beigel. zu 8) erteilten Ermächtigung konzentriert sich auf die Beurteilung der Frage, ob eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten im Sinne des § 116 SGB V ohne die besonderen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden oder Kenntnisse von Krankenhausärzten nicht sichergestellt wird.
Dabei hat der Beklagte erwogen, dass zwei niedergelassene plastische Chirurgen an dem selben Krankenhaus, an dem auch der Beigel. zu 8) beschäftigt ist, als Belegärzte tätig sind und, wie der Zeuge C bei seiner Vernehmung im parallelen Eilverfahren bekundet hat, grundsätzlich vergleichbare Leistungen erbringen. Er sah jedoch besondere Umstände, die eine Teilnahme des Beigel. zu 8) an der vertragsärztlichen Versorgung gebieten. Bei der stationären Behandlung von Kindern mit geburtstraumatischer Plexuslähmung handele es sich um eine hochspezialisierte Leistung, die in sehr starkem Maße von der Beurteilung des Operateurs abhänge. Es sei wegen unterschiedlicher "Durchführungsweisen" zu einer intensiven Kooperation mit den beiden auf diesem Gebiet tätigen niedergelassenen Ärzten gekommen, bei der sich Subspezialisierungen hinsichtlich des Patientenkreises herausgebildet hätten. Die niedergelassenen Ärzte M und C hätten bestätigt, dass die Beratung im Beobachtungszeitraum zwischen Operationen wegen des hohen Risikos nur vom Operateur selbst vorgenommen werden könne
Aus diesen Erwägungen des Beklagten und aus dem vom Zeugen C in der Sache bestätigten Einwand der Klägerin, dass nur ganz vereinzelt Patienten aus der B Region und weit überwiegend aus dem gesamten Bundesgebiet anreisende Patienten behandelt werden, ergibt sich, dass der Bedarf an den vom Beigel. zu 8) angebotenen Leistungen im örtlichen Planungsbereich die streitige Ermächtigung nicht gebietet, sondern schon durch einen der beiden niedergelassenen plastischen Chirurgen übererfüllt wäre. Die Kammer teilt allerdings nicht die Auffassung der Klägerin, dass für den qualitativ-speziellen Bedarf nur der Bedarf im Planungsbereich ausschlaggebend ist. Dies ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 30.11.1994 (BSG, Besch.v. 30.11.1994, 6 BKa 27/93, der bei juris ein insoweit missverständlicher nichtamtlicher Orientierungssatz vorangestellt ist), denn diese betrifft einen Fall des qualitativ allgemeinen Bedarfs, zu dem in der dort in Bezug genommenen früheren Entscheidung desselben Gerichts (BSG, Urt. v. 22.6.1994, 6 RKa 46/93) in der Tat ausgesprochen ist, dass (nur) dieser anhand des regionalen Planungsbereichs zu ermitteln sei.
Die Zulassungsgremien müssen für die Beurteilung eines qualitativ-speziellen Bedarfs auch auf überregionale – mehrere Planungsbereiche umfassende – Gebiete abstellen können. Dies ist u.a. dann der Fall, wenn spezielle Leistungen in Frage stehen, die nur von einer zahlenmäßig kleinen Minderheit der Ärzte der betroffenen Facharztgruppe erbracht werden, so dass eine planungsbereichsübergreifende Inanspruchnahme dieser Spezialisten üblich ist (LSG ND-B, Urt. v. 9.2.2005, L 3 KA 253/02). Hiervon ist der Beklagte – wie sich zur Überzeugung der Kammer aus der Aussage des Zeugen C ergibt, zu Recht – für den vorliegenden Fall ausgegangen, Da mit dem Vorrang der niedergelassenen Ärzte eine möglichst umfassende qualitativ hochwertige ambulante ärztliche Versorgung der Versicherten gefördert werden soll, kann in solchen Ausnahmefällen dieses Ziel bei gesonderter Betrachtung jedes einzelnen Planungsbereichs gefährdet werden. Spezielle Leistungen können nicht selten in Anbetracht einer quantitativ geringen Nachfrage und/oder aufgrund etwaiger besonderer fachlicher und/oder technischer Anforderungen an ihre Erbringung in fachlicher und/oder ökonomischer Hinsicht nur dann angemessen angeboten werden, wenn dem entsprechend spezialisierten Facharzt ein die Grenzen eines üblichen Planungsbereiches nachhaltig übersteigender regionaler Einzugsbereich zur Verfügung steht (LSG ND-B, Urt. v. 9.2.2005, L 3 KA 253/02).
Dabei kann sich der qualitativ-spezielle Bedarf daraus ergeben, dass aus medizinischen Gründen der die spezielle Operation oder stationäre Behandlung durchführende Krankenhausarzt auch die (über die nachstationäre Behandlung nach §115a SGB V hinausgehende) Nachbehandlung durchführen muss (erwogen vom BSG z.B. für Spätfolgenkontrolle durch Strahlentherapeuten, Beschl. v. 14.3.2001, B 6 KA 78/00 B, Rdnr. 5; onkologische Therapie durch vorbehandelnden Krankenhaus-Arzt, Urt. v. 12.9.2001, B 6 KA 86/00 R, Rdnr. 26f.).
So liegt der Fall hier, soweit Ziff. 2 des angefochtenen Beschlusses (nachgehende Beratung nach vom Beigel. zu 8) selbst durchgeführten Eingriffen) betroffen ist. Der Beklagte ist aufgrund durchgeführter Ermittlungen durch die Auswertung einer Stellungnahme niedergelassener Vertragsärzte des gleichen Fachgebiets nachvollziehbar zu dem Ergebnis gelangt, dass eine medizinische Notwendigkeit besteht, Erfolgskontrolle und Planung evtl. Folgeoperationen bei der operativen Therapie geburtstraumatischer Plexuslähmungen bei Kindern dem Operateur zu überlassen. Dies hat im Grundsatz der Zeuge C auch bei seiner gerichtlichen Vernehmung bestätigt. Der Beklagte durfte deshalb im Rahmen des ihm eingeräumten Beurteilungsspielraums zu dem Ergebnis kommen, dass ein qualitativ-spezieller Bedarf für eine Ermächtigung des Beigel. zu 8) besteht. Diese Erwägungen des Beklagten sind auch hinreichend nach außen deutlich geworden, denn sie haben Eingang in die Begründung des angefochtenen Beschlusses gefunden. Außerdem hat der Beklagte, wie nach der Rechtsprechung in derartigen Fällen notwendig (BSG, Urt. v. 12.9.2001, B 6 KA 86/00 R, Rdnr. 26), die Ermächtigung auf die Nachbehandlung nach eigenen Operationen beschränkt.
Die Erwägungen des Beklagten tragen allerdings nicht die Ziff. 1 des angefochtenen Beschlusses, wonach die konsiliarische Beratung von Vertragsärzten hinsichtlich der Operationsindikation von der Ermächtigung umfasst sein soll. Zum einen geht der Beklagte damit über den Antrag des Klägers hinaus, der diesen Teil der Ermächtigung in Fortschreibung des Beschlusses vom 11.12.2002 nur für von ihm selbst durchzuführende Operationen beantragt hatte. Zum anderen hat die Beweisaufnahme ergeben, dass niedergelassene Vertragsärzte – nämlich der Zeuge C und M – diese Leistung in gleicher Weise erbringen können und – da diese beiden Ärzte auch operieren – insoweit eine zwingende Fixierung auf die Person des Beigel. zu 8) nicht gegeben ist. Dies folgt für die Kammer überzeugend aus der entsprechenden Aussage des Zeugen C. Insoweit macht deshalb die Klägerin im Ergebnis zu Recht den Vorrang der niedergelassenen Vertragsärzte geltend.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 197a SGG, 154 Abs 1 und 3, 155 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO, die Kosten des Vorverfahrens sind umfasst (§ 162 VwGO).
2. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
3. Die Klägerin trägt die Hälfte der Gerichtskosten und der Kosten des Beklagten und des Beigeladenen zu 8). Der Beklagte und der Beigeladene zu 8) tragen je ¼ der Gerichtskosten und der Kosten der Klägerin. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist eine dem Beigeladenen zu 8) erteilte Ermächtigung.
Der Beigeladene zu 8) ist Facharzt für Chirurgie (Teilgebiet Plastische Chirurgie/Handchirurgie) und Oberarzt am G-Krankenhaus in B. Er beantragte am 16.11.2001 eine Ermächtigung zur Behandlung von Kindern mit geburtstraumatischer Plexuslähmung. Die Erkrankung sei eine Komplikation bei einer von tausend Geburten und in 10 % der Fälle operativ zu versorgen. Er habe bisher 150 derartige Operationen durchgeführt und 400 Kinder behandelt. Erfahrung in diesem Gebiet hätten in Deutschland nur 4 oder 5 weitere Kollegen.
Der Zulassungsausschuss lehnte die Ermächtigung ab (Bescheid vom 27.06.2002), da die Versorgung ausreichend durch Chirurgen, Neurochirurgen und Neurologen im Planungsbereich Aachen sichergestellt sei. Mit dem hiergegen eingelegten Widerspruch trug der Beigeladene zu 8 vor, seit April 2000 jährlich rund 100 Operationen durchgeführt zu haben, auf Überweisungen aus ganz Deutschland. 70 bis 80 % seiner Sprechstunden- und Operationstätigkeit entfielen auf diese Fälle. Er kenne keinen Niedergelassenen, der diese Leistung erbringe. Der Beklagte ermächtigte den Beigeladenen zu 8) mit Beschluss vom 11.12.2002 bis zum 31.12.2004 auf Überweisung von Kinderärzten zu ambulanten Beratungsleistungen im Zusammenhang mit selbst durchzuführenden/durchgeführten plexuschirurgischen Eingriffen an Kindern. Zur Begründung führte er an, übereinstimmend werde von der Klägerin, der Beigeladenen zu 1) und der Beigeladenen zu 2) ein entsprechender Bedarf gesehen. Der Bescheid wurde bestandskräftig.
Am 02.09.2004 beantragte der Beigeladene zu 8) die Verlängerung der Ermächtigung. Er habe ein konstantes Patientenaufkommen, ca. 70 Scheine pro Quartal, jährlich 100 Neuvorstellungen und ca. 350 klinische Kontrollen aus dem gesamten Bundesgebiet. Er erbitte eine Erweiterung des Überweiserkreises auf Orthopäden und Hausärzte. Die Beigeladene zu 2) stimmte dem Antrag zu. Die Klägerin äußerte sich ablehnend, weil seit Februar 2004 die als Belegärzte am G-Krankenhaus tätigen Privatdozenten C und M (Plastische Chirurgie/Handchirurgie) zugelassen seien, die die fraglichen Leistungen erbrächten und freie Kapazitäten hätten.
Der Zulassungsausschuss lehnte die Verlängerung der Ermächtigung ab, da die beantragten Leistungen durch niedergelassene Ärzte sichergestellt seien (Bescheid vom 20.12.2004). Den Widerspruch begründete der Beigeladene zu 8) damit, die Ablehnung sei pauschal und undifferenziert erfolgt, notwendige Ermittlungen seien nicht durchgeführt worden. Es könne dahinstehen, ob andere Ärzte die gleiche Leistung erbrächten, da die Ermächtigung nur im Zusammenhang mit selbst durchgeführten Operationen begehrt werde. Die Entscheidung, ob und welche Nachoperationen erfolgen müssten, könne aber nur der Operateur selbst treffen, da die Vorgehensweise individuell und nicht allgemein akzeptiert sei.
Hiergegen wandte die Klägerin ein, es bestehe eine Überversorgung mit Chirurgen im Plangebiet. Aus Stadt und Kreis B sei an den Beigeladenen zu 8) in 2003 und 2004 nur eine einzige Überweisung vorgenommen worden. Zum Beleg ihres Vortrags, Niedergelassene seien in der Lage, die streitigen Leistungen zu erbringen, legte sie ein Schreiben der Privatdozenten C und M vom 25.04.2005 vor, in dem es wie folgt heißt:
"Ohne Zweifel sind wir in der Lage, die vertragsärztliche Versorgung von Kindern mit geburtstraumatischer Plexusparese sicherzustellen, dieses fällt in das Kerngebiet unserer Tätigkeit ... Einschränkend möchten wir anmerken, dass nach unserer Erfahrung ein gewisser Anteil an Beratungen und Untersuchungen vom Operateur geleistet werden muss, weil die prä- und postoperative Behandlung und Beratung wie bei allen komplexen mehrschrittigen Rekonstruktionsverfahren eng mit der stationären operativen Therapie verknüpft ist, sie lässt sich nur bedingt und in Teilbereichen durchführen. Die Eingriffe sind zu einem großen Anteil individuell zugeschnitten und zwischen Operateur und Patient werden spezielle Absprachen getroffen. Da bei dieser Art von Chirurgie kaum standardisierte Wege beschritten werden, sehen wir bei der Trennung von Beratung und Operation ein hohes Risiko für medizinisch-haftungsrechtliche Fragen."
Bei der Verhandlung vor dem Beklagten trug der Beigeladene zu 8) vor, jährlich kämen bei ihm 100 Kinder neu hinzu, in 2/3 der Fälle sei zu operieren; es würden 150 Sekundäreingriffe und 30 mikrochirurgische Operationen jährlich durchgeführt. Er teile sich den Operationssaal mit C und M.
Der Beklagte ermächtigte den Beigeladenen zu 8) mit Beschluss vom 25.05.2005 bis 30.06.2007 auf Überweisung von Kinderärzten und Orthopäden
1. zur konsiliarischen Beratung eines Vertragsarztes zur Operationsindikation bei der Behandlung von Kindern mit geburtstraumatischer Plexuslähmung, ggf. einschließlich notwendiger Untersuchungen,
2. zur ambulanten Beratung (Nr. 07210 und 07220 EBM 2000 plus) im sogenannten Beobachtungszeitraum nach von ihm selbst durchgeführten plexuschirurgischen Eingriffen.
Zur Begründung führte er an, bei der Interessenlage sei die Erneuerung der Ermächtigung sachgerecht, da eine enge Kooperation zwischen dem Kläger und C und M bestehe und die postoperative Beratung nur der Operateur sachgerecht durchführen könne.
Hiergegen richtet sich die Klage, mit der die Klägerin vorträgt, die den Gegenstand der Ermächtigung bildenden Leistungen seien der stationären Versorgung zuzurechnen und damit nicht ermächtigungsfähig. Soweit sie außerhalb des vor- oder nachstationären Zeitraums erbracht würden, seien niedergelassene Ärzte vorhanden, die die Leistungen erbringen könnten und bei denen Kapazitäten vorhanden seien. Im Planungsbereich Aachen-Stadt bestehe praktisch kein Bedarf für die vom Kläger erbrachten Leistungen.
Die Klägerin beantragt,
den Beschluss des Beklagten vom 25.05.2005 aufzuheben.
Der im Termin zur mündlichen Verhandlung am 00.00.0000 trotz entsprechender gerichtlicher Anordnung nicht vertretene Beklagte hat schriftlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beigeladene zu 8) beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte habe im Rahmen seines Beurteilungsspielraums zutreffend eine Versorgungslücke angenommen. Diese ergebe sich daraus, dass die nachoperative Beobachtung zwingend durch den Operateur selbst durchzuführen sei.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Beiziehung der Akten des parallelen Eilrechtschutzverfahrens S 0 KA 00/00 ER, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung war. Auf den Inhalt der Akten, insbesondere die Niederschrift der Vernehmung des Zeugen C im Erörterungstermin am 00.00.0000 wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet. Ziffer 2 des angefochtenen Bescheides ist nicht zu beanstanden, denn insoweit hat der Beigeladene zu 8) Anspruch auf die ihm erteilte Ermächtigung. Jedoch fehlt es an einer tragfähigen Rechtsgrundlage für die deshalb rechtswidrige Ermächtigung zu Ziffer 1 des Bescheides vom 25.5.2005.
Rechtsgrundlage der Entscheidung des Beklagten ist § 116 SGB V in Verbindung mit § 31a Abs. 1 Ärzte-ZV. Nach diesen Vorschriften können Krankenhausärzte mit abgeschlossener Weiterbildung mit Zustimmung des Krankenhausträgers vom Zulassungsausschuss zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten ermächtigt werden. Die Ermächtigung ist zu erteilen, soweit und solange eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten ohne die besonderen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden oder Kenntnisse von hierfür geeigneten Krankenhausärzten nicht sichergestellt wird.
Diese Voraussetzungen hat der Beklagte zutreffend bejaht, soweit Ziffer 2 der angefochtenen Ermächtigung betroffen ist. Er hat insoweit ohne Überschreitung seines Beurteilungsspielraums einen qualitativ-speziellen Bedarf für eine Ermächtigung des Beigeladenen zu 8) angenommen.
Eine Ermächtigung des Beigeladenen zu 8) erübrigt sich nicht im Hinblick auf § 115a SGB V, der die vor- und nachstationäre Behandlung im Krankenhaus regelt, die auch dann der Krankenhausbehandlung und damit nicht dem vertragsärztlichen Bereich zuzuordnen ist, wenn und soweit sie ambulant erfolgt. Zwar geht es dort wie im hier zu entscheidenden Fall um Leistungen, die der Vor- und Nachbereitung von stationär durchzuführenden Operationen dienen. § 115a Abs. 2 Satz 2 sieht aber vor, dass die nachstationäre Behandlung 7 Behandlungstage innerhalb von 14 Tagen, bei Organübertragungen nach § 9 TPG drei Monate nach Beendigung der stationären Krankenhausbehandlung nicht überschreiten darf. Die Frist von 14 Tagen oder drei Monaten kann in medizinisch begründeten Einzelfällen im Einvernehmen mit dem einweisenden Arzt verlängert werden. Mit der Einführung der vor- und nachstationären Behandlung als Krankenhausleistung sollen nach der Absicht des Gesetzgebers die Kosten der stationären Versorgung dadurch reduziert werden, dass Versicherte in medizinisch geeigneten Fällen ohne Unterkunft und Verpflegung behandelt werden, wenn es darum geht, die Erforderlichkeit einer vollstationären Krankenhausbehandlung zu klären, die vollstationäre Krankenhausbehandlung vorzubereiten oder im Anschluss an eine vollstationäre Krankenhausbehandlung den Behandlungserfolg zu sichern oder zu festigen (BSG, Urteil vom 19. Juni 1996 (- 6 RKa 15/95 -; SozR 3-2500 § 116 Nr. 13). Nach dem Wortlaut des § 115a SGB V ist die postoperative Behandlung nur innerhalb der genannten engen Fristen möglich, darüber hinaus nur "in medizinisch begründeten Einzelfällen im Einvernehmen mit dem einweisenden Arzt". Angesichts dieses eindeutigen Wortlautes kommt eine Ausweitung der Regelung über die genannten Zeiträume hinaus, zudem bezogen nicht auf einen Einzelfall, sondern auf den Regelfall der operativen Behandlung der geburtstraumatischen Plexuslähmung, nicht in Betracht.
Auch ein Fall des § 116b SGB V, der Krankenhäusern auf vertraglicher Grundlage unter bestimmten Voraussetzungen die ambulante Erbringung im einzelnen genannter hochspezialisierter Leistungen oder spezieller Erkrankungen gestattet, ist nicht gegeben, auch wenn der Beklagte im angefochtenen Beschluss von hochspezialisierten Leistungen spricht. Denn in dem bisher noch abschließenden Katalog des § 116b Abs. 3 SGB V sind die vom Beigeladenen zu 8) erbrachten Leistungen und behandelten Erkrankungen nicht aufgeführt.
Die streitigen Leistungen können vom Beigel. zu 8) deshalb nur im Wege der Ermächtigung erbracht werden. In den einschlägigen Regelungen des § 116 SGB V i.V.m. § 31a Abs. 1 Ärzte-ZV kommt zum Ausdruck, dass die ambulante Versorgung der Versicherten in erster Linie den niedergelassenen Ärzten vorbehalten ist. Soweit die niedergelassenen Ärzte daher in der Lage sind, eine den Vorgaben von § 2 Abs. 1, § 12 Abs. 1, § 70 Abs. 1 SGB V entsprechende ärztliche Krankenbehandlung im Sinne von § 27 Abs. 1 Nr. 1 SGB V zu erbringen, können Dritte, insbesondere Krankenhausärzte, eine Ermächtigung nicht beanspruchen. Deren Einbeziehung in die vertragsärztliche Versorgung kommt erst bei einer Minderversorgung in Betracht und dient ausschließlich dazu, Versorgungslücken zu schließen. Eine derartige Versorgungslücke kann sich nach der Rechtsprechung entweder daraus ergeben, dass in einem bestimmten Bereich zu wenige niedergelassene Ärzte vorhanden sind, um den Bedarf zu decken (quantitativ-allgemeiner Bedarf), oder daraus, dass ein Krankenhausarzt besondere, für eine ausreichende Versorgung notwendige Untersuchungs- und Behandlungsmethoden anbietet, die von den niedergelassenen Ärzten nicht bzw. nicht im erforderlichen Umfang erbracht werden (qualitativ-spezieller Bedarf; zum Ganzen vgl. BSG, SozR 3-2500 § 116 Nr. 23 m.w.N.).
Hinsichtlich der Frage, ob ein "Bedarf" für eine Ermächtigung in dem dargestellten Sinne besteht, haben die Zulassungsgremien einen gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraum. Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich auf die Prüfung, ob der Verwaltungsentscheidung ein richtig und vollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde liegt, ob die Zulassungsgremien die durch Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffes ermittelten Grenzen eingehalten und ob sie ihre Subsumtionserwägungen so verdeutlicht und begründet haben, dass im Rahmen des Möglichen die zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar ist. Diese eingeschränkte Überprüfungsbefugnis der Gerichte beruht im Wesentlichen darauf, dass die ortsnahen fachkundigen Zulassungsinstanzen nur ungefähr entscheiden können, ob und inwieweit die bereits niedergelassenen Ärzte eine qualitativ ausreichende Versorgung gewährleisten, da zur Beantwortung dieser Frage eine Vielzahl von Faktoren in die Entscheidung einzubeziehen ist. Entscheidungen der Zulassungsgremien sind daher hinzunehmen, wenn sie sich im Rahmen der Beurteilungsermächtigung halten (vgl. BSG, aaO. m.w.N.).
Einen Bedarf in quantitativ-allgemeiner Hinsicht, also im Hinblick darauf, dass für das jeweilige Fachgebiet keine ausreichende Zahl von Ärzten für die ambulante Versorgung zur Verfügung steht (BSG, SozR 3-2500 § 116 Nr. 4), hat der Beklagte nicht angenommen und ist auch sonst nicht ersichtlich.
Die Prüfung eines qualitativ-speziellen Bedarfs als Grundlage für die angestrebte Erweiterung der dem Beigel. zu 8) erteilten Ermächtigung konzentriert sich auf die Beurteilung der Frage, ob eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten im Sinne des § 116 SGB V ohne die besonderen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden oder Kenntnisse von Krankenhausärzten nicht sichergestellt wird.
Dabei hat der Beklagte erwogen, dass zwei niedergelassene plastische Chirurgen an dem selben Krankenhaus, an dem auch der Beigel. zu 8) beschäftigt ist, als Belegärzte tätig sind und, wie der Zeuge C bei seiner Vernehmung im parallelen Eilverfahren bekundet hat, grundsätzlich vergleichbare Leistungen erbringen. Er sah jedoch besondere Umstände, die eine Teilnahme des Beigel. zu 8) an der vertragsärztlichen Versorgung gebieten. Bei der stationären Behandlung von Kindern mit geburtstraumatischer Plexuslähmung handele es sich um eine hochspezialisierte Leistung, die in sehr starkem Maße von der Beurteilung des Operateurs abhänge. Es sei wegen unterschiedlicher "Durchführungsweisen" zu einer intensiven Kooperation mit den beiden auf diesem Gebiet tätigen niedergelassenen Ärzten gekommen, bei der sich Subspezialisierungen hinsichtlich des Patientenkreises herausgebildet hätten. Die niedergelassenen Ärzte M und C hätten bestätigt, dass die Beratung im Beobachtungszeitraum zwischen Operationen wegen des hohen Risikos nur vom Operateur selbst vorgenommen werden könne
Aus diesen Erwägungen des Beklagten und aus dem vom Zeugen C in der Sache bestätigten Einwand der Klägerin, dass nur ganz vereinzelt Patienten aus der B Region und weit überwiegend aus dem gesamten Bundesgebiet anreisende Patienten behandelt werden, ergibt sich, dass der Bedarf an den vom Beigel. zu 8) angebotenen Leistungen im örtlichen Planungsbereich die streitige Ermächtigung nicht gebietet, sondern schon durch einen der beiden niedergelassenen plastischen Chirurgen übererfüllt wäre. Die Kammer teilt allerdings nicht die Auffassung der Klägerin, dass für den qualitativ-speziellen Bedarf nur der Bedarf im Planungsbereich ausschlaggebend ist. Dies ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 30.11.1994 (BSG, Besch.v. 30.11.1994, 6 BKa 27/93, der bei juris ein insoweit missverständlicher nichtamtlicher Orientierungssatz vorangestellt ist), denn diese betrifft einen Fall des qualitativ allgemeinen Bedarfs, zu dem in der dort in Bezug genommenen früheren Entscheidung desselben Gerichts (BSG, Urt. v. 22.6.1994, 6 RKa 46/93) in der Tat ausgesprochen ist, dass (nur) dieser anhand des regionalen Planungsbereichs zu ermitteln sei.
Die Zulassungsgremien müssen für die Beurteilung eines qualitativ-speziellen Bedarfs auch auf überregionale – mehrere Planungsbereiche umfassende – Gebiete abstellen können. Dies ist u.a. dann der Fall, wenn spezielle Leistungen in Frage stehen, die nur von einer zahlenmäßig kleinen Minderheit der Ärzte der betroffenen Facharztgruppe erbracht werden, so dass eine planungsbereichsübergreifende Inanspruchnahme dieser Spezialisten üblich ist (LSG ND-B, Urt. v. 9.2.2005, L 3 KA 253/02). Hiervon ist der Beklagte – wie sich zur Überzeugung der Kammer aus der Aussage des Zeugen C ergibt, zu Recht – für den vorliegenden Fall ausgegangen, Da mit dem Vorrang der niedergelassenen Ärzte eine möglichst umfassende qualitativ hochwertige ambulante ärztliche Versorgung der Versicherten gefördert werden soll, kann in solchen Ausnahmefällen dieses Ziel bei gesonderter Betrachtung jedes einzelnen Planungsbereichs gefährdet werden. Spezielle Leistungen können nicht selten in Anbetracht einer quantitativ geringen Nachfrage und/oder aufgrund etwaiger besonderer fachlicher und/oder technischer Anforderungen an ihre Erbringung in fachlicher und/oder ökonomischer Hinsicht nur dann angemessen angeboten werden, wenn dem entsprechend spezialisierten Facharzt ein die Grenzen eines üblichen Planungsbereiches nachhaltig übersteigender regionaler Einzugsbereich zur Verfügung steht (LSG ND-B, Urt. v. 9.2.2005, L 3 KA 253/02).
Dabei kann sich der qualitativ-spezielle Bedarf daraus ergeben, dass aus medizinischen Gründen der die spezielle Operation oder stationäre Behandlung durchführende Krankenhausarzt auch die (über die nachstationäre Behandlung nach §115a SGB V hinausgehende) Nachbehandlung durchführen muss (erwogen vom BSG z.B. für Spätfolgenkontrolle durch Strahlentherapeuten, Beschl. v. 14.3.2001, B 6 KA 78/00 B, Rdnr. 5; onkologische Therapie durch vorbehandelnden Krankenhaus-Arzt, Urt. v. 12.9.2001, B 6 KA 86/00 R, Rdnr. 26f.).
So liegt der Fall hier, soweit Ziff. 2 des angefochtenen Beschlusses (nachgehende Beratung nach vom Beigel. zu 8) selbst durchgeführten Eingriffen) betroffen ist. Der Beklagte ist aufgrund durchgeführter Ermittlungen durch die Auswertung einer Stellungnahme niedergelassener Vertragsärzte des gleichen Fachgebiets nachvollziehbar zu dem Ergebnis gelangt, dass eine medizinische Notwendigkeit besteht, Erfolgskontrolle und Planung evtl. Folgeoperationen bei der operativen Therapie geburtstraumatischer Plexuslähmungen bei Kindern dem Operateur zu überlassen. Dies hat im Grundsatz der Zeuge C auch bei seiner gerichtlichen Vernehmung bestätigt. Der Beklagte durfte deshalb im Rahmen des ihm eingeräumten Beurteilungsspielraums zu dem Ergebnis kommen, dass ein qualitativ-spezieller Bedarf für eine Ermächtigung des Beigel. zu 8) besteht. Diese Erwägungen des Beklagten sind auch hinreichend nach außen deutlich geworden, denn sie haben Eingang in die Begründung des angefochtenen Beschlusses gefunden. Außerdem hat der Beklagte, wie nach der Rechtsprechung in derartigen Fällen notwendig (BSG, Urt. v. 12.9.2001, B 6 KA 86/00 R, Rdnr. 26), die Ermächtigung auf die Nachbehandlung nach eigenen Operationen beschränkt.
Die Erwägungen des Beklagten tragen allerdings nicht die Ziff. 1 des angefochtenen Beschlusses, wonach die konsiliarische Beratung von Vertragsärzten hinsichtlich der Operationsindikation von der Ermächtigung umfasst sein soll. Zum einen geht der Beklagte damit über den Antrag des Klägers hinaus, der diesen Teil der Ermächtigung in Fortschreibung des Beschlusses vom 11.12.2002 nur für von ihm selbst durchzuführende Operationen beantragt hatte. Zum anderen hat die Beweisaufnahme ergeben, dass niedergelassene Vertragsärzte – nämlich der Zeuge C und M – diese Leistung in gleicher Weise erbringen können und – da diese beiden Ärzte auch operieren – insoweit eine zwingende Fixierung auf die Person des Beigel. zu 8) nicht gegeben ist. Dies folgt für die Kammer überzeugend aus der entsprechenden Aussage des Zeugen C. Insoweit macht deshalb die Klägerin im Ergebnis zu Recht den Vorrang der niedergelassenen Vertragsärzte geltend.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 197a SGG, 154 Abs 1 und 3, 155 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO, die Kosten des Vorverfahrens sind umfasst (§ 162 VwGO).
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