Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
4
1. Instanz
SG Gelsenkirchen (NRW)
Aktenzeichen
S 21 AR 15/99
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 4 B 14/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Kostenbeschluss
Auf die Anschlußbeschwerde des Bezirksrevisors wird der Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 19.08.1999 geändert. Die Entschädigung des Antragstellers wird auf DM 1066,80 festgesetzt. Die Beschwerde des Antragstellers wird zurückgewiesen. Kosten sind für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
Die gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Gelsenkirchen vom 19.08.1999 eingelegte Beschwerde des Antragstellers, der das SG nicht abgeholfen hat (Nichtabhilfebeschluß vom 21.09.1999) ist zulässig; sie ist gemäß § 16 Abs. 2 Satz 3 des Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen (ZSEG) nicht fristgebunden, und der Beschwerdewert nach § 16 Abs. 2 Satz 1 ZSEG wird überschritten. Das Rechtsmittel ist aber nicht begründet. Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Gewährung eines Zuschlages nach § 3 Abs. 3 ZSEG, weil sie nicht billigem Ermessen entsprechen würde. Der angefochtene Beschluss war auf die Anschlußbeschwerde des Bezirksrevisors abzuändern, weil der Antragsteller keinen Anspruch auf einen höheren Stundensatz als DM 75 hat.
1.
Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 ZSEG beträgt die Entschädigung des Sachverständigen für jede Stunde der erforderlichen Zeit 50 bis 100 Deutsche Mark. Nach Satz 2 der Bestimmung sind für die Bemessung des Stundensatzes der Grad der erforderlichen Fachkenntnisse, die Schwierigkeit der Leistung, ein nicht anderweitig abzugeltender Aufwand für die notwendige Benutzung technischer Vorrichtungen und besondere Umstände maßgebend, unter denen das Gutachten zu erarbeiten war; der Stundensatz ist einheitlich für die gesamte erforderliche Zeit zu bemessen. Zur Ausfüllung dieses Rahmens nimmt der erkennende Senat in ständiger Rechtsprechung (vgl. zuletzt Beschluss vom 24.02.1999, L 4 B 14/98) bei Gutachten, die innerhalb der weiten Skala möglicher Sachverständigentätigkeit durchschnittliche Fachkenntnisse erfordern und durchschnittliche Schwierigkeiten bereiten, eine mittlere Entschädigung als gerechtfertigt an. Eine Sachverständigenleistung, die normale Fachkenntnisse voraussetzt und keine wesentlichen Schwierigkeiten enthält, auch keinen besonderen technischen Aufwand verlangt und nicht unter schwierigen Umständen erarbeitet werden muß, rechtfertigt keine über den Durchschnitt des Entschädigungsrahmens hinausgehende Entschädigung, so daß DM 75 angemessen sind (ebenso Meyer/Höver/Bach, Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen, 19. Aufl. 1995, § 3 Rn. 34; Hartmann, Kostengesetze, 29. Aufl. 2000, § 3 ZSEG Rn. 41, 63 ff.; Bleutge, ZSEG, 3. Aufl. 1995, § 3 Rn. 25). Im vorliegenden Falle handelt es sich um ein Gutachten auf dem Gebiet des Schwerbehindertenrechts, das der Antragsteller als in einem sog. Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin tätiger Arzt für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin erstattet hat. Es handelt sich um ein reines Zustandsgutachten, durch das keine Kausalitätsfragen zu beantworten waren und das keine besonderen Schwierigkeiten enthielt. Für ein solches Gutachten ist durchgängig ein Stundensatz von DM 75 als Mittelgebühr angemessen.
2.
Nach § 3 Abs. 3 Satz 1 ZSEG kann die nach Abs. 2 zu gewährende Entschädigung bis zu 50 vom Hundert überschritten werden
a)
für ein Gutachten, in dem der Sachverständige sich für den Einzelfall eingehend mit der wissenschaftlichen Lehre auseinanderzusetzen hat,
b)
nach billigem Ermessen, wenn der Sachverständige durch die Dauer und die Häufigkeit seiner Heranziehung einen nicht zumutbaren Erwerbsverlust erleiden würde oder wenn er seine Berufseinkünfte zu mindestens 70 vom Hundert als gerichtlicher oder außergerichtlicher Sachverständiger erzielt.
2.1.
Ein Fall des § 3 Abs. 3 Satz 1 Buchstabe a ZSEG liegt ersichtlich nicht vor. Diese Bestimmung ist ausdrücklich besonderen Einzelfällen vorbehalten, in denen sich der Sachverständige zum Zwecke der Entscheidung des Falles mit verschiedenen wissenschaftlichen Lehrmeinungen kritisch auseinandersetzen und diese gewichten muß. Der Fall als solcher muß eine derartige wissenschaftliche Auseinandersetzung erforderlich machen (Hartmann Rn. 67; Meyer/Höver/Bach Rn. 46, Bleutge Rn. 29). Das ist vorliegend nicht gegeben und wird auch von dem Antragsteller nicht geltend gemacht. In der Sozialgerichtsbarkeit kann es etwa bei der sogenannten Kann-Versorgung im Sozialen Entschädigungsrecht zu derart schwierigen Fragen kommen. Sie zu beantworten, wäre aber auch nur ein speziell ausgewiesener Wissenschaftler berufen.
2.2.
§ 3 Abs. 3 Satz 1 Buchstabe b - 1. Alternative - ZSEG ist, ungeachtet der Tatsache, daß auch diese Erhöhung nur nach billigem Ermessen gewährt werden kann, vom gesetzlichen Tatbestand her nicht anwendbar. Bei dem Antragsteller handelt es sich um einen Arzt, der nach eigenem Bekunden zu fast 100 % als gerichtlicher Sachverständiger tätig ist. Er ist also ein Berufssachverständiger. Diese arbeiten entweder in einem ausdrücklich so bezeichneten Begutachtungsinstitut oder einem Sachverständigenbüro oder sind als pensionierte Krankenhausärzte erwerbsmäßig - also neben dem Erhalt von Versorgungsbezügen - allein mit der Gutachtenerstellung beschäftigt und beziehen auch nur daraus Erwerbseinkünfte. Sie haben sich auf die Begutachtung für Gerichte und Behörden spezialisiert und wollen auch keine andere ärztliche Tätigkeit mehr ausüben. Deshalb kann es bei ihnen aufgrund ihrer freien beruflichen Willensentscheidung nicht - und zwar schon logisch nicht - zu einer Erwerbseinbuße durch Dauer und Häufigkeit der Heranziehung zur Gutachtenstattung kommen. Diese Ärzte wollen so häufig wie möglich herangezogen werden und werden damit nicht von anderen - unter Umständen lukrativeren - Tätigkeiten abgehalten, weil sie diese nicht ausführen. Diese Bestimmung ist vorgesehen für Fachleute, die durch die gerichtliche Inanspruchnahme wichtige Kunden verlieren oder andere Projekte verschieben müssen (Hartmann Rn. 75; Meyer/Höver/Bach Rn. 48). Sie paßt nicht auf die Situtation des Antragstellers.
2.3.
In näheren Betracht kommt somit allein die 2. Alternative von § 3 Abs. 3 Satz 1 Buchstabe b ZSEG. Deren Tatbestandsvoraussetzung, daß mindestens 70 % der Berufseinkünfte als Sachverständiger erzielt werden, ist zu bejahen. Die somit mögliche Erhöhung des Stundensatzes - genauer: der Entschädigung nach § 3 Abs. 2 ZSEG - steht aber nicht nur durch die Formulierung "kann" im Ermessen des beauftragenden Gerichts oder der Staatsanwaltschaft (vgl. § 1 Abs. 1 ZSEG), sondern kann nach ausdrücklicher Bestimmung in Buchstabe b nur im Rahmen der Billigkeit gewährt werden. Mit dieser Formulierung in Verbindung mit der Bezeichnung der Bezahlung des Sachverständigen in § 3 Abs. 1 ZSEG als Entschädigung wird von vornherein klargestellt, daß lediglich eine angemessene Vergütung des Sachverständigen bezweckt wird, die aber keineswegs der im privaten Wirtschaftsleben möglichen oder üblichen gleichkommen muß, denn auch der gerichtlich bzw. staatsanwaltlich bestellte Sachverständige erfüllt eine staatsbürgerliche Ehrenpflicht, selbst wenn er von dieser Tätigkeit überwiegend lebt (so richtig Hartmann Rn. 2). Auch das Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 30, 240 ff) hat schon 1972 die Begrenzung der Sachverständigenentschädigung für verfassungsmäßig erklärt und dabei gebilligt, daß der Gesetzgeber mit der Entschädigung im allgemeinen dem Entgelt lediglich nahekommen will, das für ähnliche Leistungen außerhalb der Gerichtsbarkeiten gewährt zu werden pflegt. Diesen Erwägungen ist wiederum der Gesetzgeber bei der Neuregelung 1994 gefolgt: Entschädigungsregelungen sollen sich lediglich nicht allzu sehr von dem für vergleichbare Leistungen sonst gezahlten Entgelt unterscheiden (Bundestags-Drucksache 12/ 6962 S. 55 Rechtsspalte). Der Gesetzgeber sieht sich deshalb auch lediglich veranlaßt, gelegentlich Anpassungen an die wirtschaftliche Entwicklung vorzunehmen (aaO S. 96 - zu Nr. 2). Hinzu kommt aus der Sicht des Senats, daß es auch durchaus deshalb wirtschaftlich interessant ist, für staatliche Institutionen tätig zu werden, weil die Bezahlung - jedenfalls dem Grunde nach - immer gesichert ist.
Gerade die Gründung von Gutachteninstituten - auch der Antragsteller gehört einem solchen an - zeigt die finanzielle Attraktivität einer Betätigung als ärztlicher Gutachter für Behörden auf.
Zur Ausfüllung des Begriffs des billigen Ermessens hat der erkennende Senat, der für derartige Beschwerdesachen in der Sozialgerichtsbarkeit des Landes NRW allein zuständig ist, im Rahmen der Entschädigung von Dolmetschern - s. § 17 Abs. 1 ZSEG - Richtlinien entwickelt (vgl. zuletzt Beschlüsse vom 10.09.1999, L 4 B 8/99 - zur Veröffentlichung in Breithaupt zusammen mit diesem Beschluss vorgesehen - und vom 02.12.1999, L 4 B 3/98). Danach ist das billige Ermessen dahingehend auszuüben, daß die Differenz zwischen der nach § 3 Abs. 2 ZSEG zu gewährenden Grundentschädigung und dem Entgelt, das der Dolmetscher für eine entsprechende Leistung in der privaten Wirtschaft oder in sonstigen Bereichen außerhalb der Rechtspflege erzielt hätte, auf ein für ihn annehmbares Maß zu reduzieren ist. Das bedeutet zugleich, daß der Dolmetscher, der für die Tätigkeit in der Rechtspflege lediglich angemessen entschädigt werden soll, einen gewissen Einkommensverlust hinzunehmen hat, bevor es zu einer Erhöhung des Stundensatzes im Sinne von § 3 Abs. 2 ZSEG kommen kann. Die Erhöhung nach § 3 Abs. 3 ZSEG kommt also erst bei einer unzumutbaren Einbuße in Betracht. Ob ein Erwerbsverlust unzumutbar ist, ergibt sich zwar aus den Umständen des Einzelfalles. Jedoch hat die Rechtsprechung Richtwerte entwickelt, unterhalb derer grundsätzlich von einem zumutbaren Erwerbsverlust auszugehen ist. Diese Richtwerte der zumutbaren Erwerbseinbußen liegen bei 20 und 25 %. Das bedeutet, daß ein Erwerbsverlust von unter 20 % in aller Regel hinzunehmen ist. Ein Erwerbsverlust von 20 bis 25 % kann hinnehmbar sein, wenn im Rahmen des nach § 3 Abs. 3 ZSEG eingeräumten Ermessens im konkreten Einzelfall keine Besonderheiten erkennbar sind. Erwerbseinbußen von über 25 % sind hingegen in der Regel ausgleichsfähig. Dabei ist aber zu beachten, daß auch über die Höhe des Zuschlages nach § 3 Abs. 3 ZSEG eine Ermessensentscheidung nach den Umständen des Einzelfalles zu treffen ist. Ggfs. wird es sich anbieten, die Überschreitung nach § 3 Abs. 3 Buchstabe b ZSEG daran auszurichten, daß die Erwerbseinbuße des Dolmetschers auf ein zumutbares Maß zurückgeführt wird. - Es ist kein Grund ersichtlich, von dieser Rechtsprechung für Fälle von ärztlichen Berufssachverständigen abzuweichen. Wie das Oberlandesgericht Saarbrücken (Rechtspfleger 88, 165 f) schon zutreffend ausgeführt hat, soll durch die Gewährung des Zuschlages ein Absinken unter 75 % des für ein Privatgutachten erzielbaren Entgeltes verhindert werden. Dieses Auffangniveau wird durch die Rechtsprechung des Senats zu den Dolmetscherentschädigungen gesichert.
Einen nachweisbaren Minderverdienst von mehr als 25 % erleidet der Antragsteller mit einem Stundensatz von DM 75 nicht, ganz ungeachtet der Tatsache, daß jedenfalls in der Sozialgerichtsbarkeit mit der besonders großen Zahl von Amts wegen einzuholender Gutachten schematische Sätze für Aktenstudium, Untersuchung und Entwerfen des schriftlichen Gutachtens praktiziert werden, deren Handhabung den ärztlichen Sachverständigen ohnehin entgegenkommt. Es erscheint dem Senat als zutreffend, wenn, wie das SG und der Bezirksrevisor vorgeschlagen haben, bei dem Vergleich mit privatwirtschaftlicher Betätigung von der Bestimmung der Nr. 85 Gebührenordung für Ärzte in der Fassung der 4. Änderungsverordnung vom 23.12.1995 (GOÄ) betreffend "schriftliche gutachtliche Äußerung mit einem das gewöhnliche Maßübersteigenden Aufwand - gegebenenfalls mit wissenschaftlicher Begründung -, je angefangene Stunde Arbeitszeit" und damit von einem Stundensatz von DM 57 ausgegangen wird, wogegen der Antragsteller auch dem Grunde nach keine Einwendungen erhebt. Ausgehend von einem Gebührensatz in dieser Höhe ergibt sich nach Maßgabe von § 5 GOÄ in Fällen der vorliegenden Art eine Gebühr von 94,05 DM, nämlich das 1,65fache und damit die Mittelgebühr zwischen dem Einfachen und dem 2,3fachen des Gebührensatzes der in Abschnitt B befindlichen Nr. 85 des Gebührenverzeichnisses. Nach § 5 Abs. 1 GOÄ bemißt sich, soweit sich nach den hier nicht einschlägigen Absätzen 3 bis 5 nichts anderes ergibt, die Höhe der einzelnen Gebühr nach dem Einfachen bis 3,5fachen des Gebührensatzes; nach § 5 Abs. 2 Satz 4 GOÄ darf eine Gebühr in der Regel aber nur zwischen dem Einfachen und dem 2,3fachen des Gebührensatzes bemessen werden; ein Überschreiten des 2,3fachen des Gebührensatzes ist nur zulässig, wenn Besonderheiten dies rechtfertigen. Das bedeutet zwar nicht, daß regelmäßig von der Mittelgebühr auszugehen ist, wie das Gesetzgebung und Rechtsprechung allerdings häufig tun (vgl. dazu Kommentar zur GOÄ, begründet von Brück, fortgeführt von Krimmel, Kleinken und Warlo unter Mitarbeit von Lang, 3. Aufl., Stand 4. Ergänzungslief. 01.10.1999, § 5 Rn. 1, S. 132). Für die GOÄ wird in dem Kommentar von Brück (aaO S. 134) nicht mehr die Auffassung vertreten, daß innerhalb der Regelspanne ein Mittelsatz in Form einer Variationsbreite um den Wert von 1,65 bestehe und der Arzt darlegen müsse, daß besondere, die gewöhnliche Variationsbreite von Bewertungskriterieninhalten überschreitende Kriterien beständen.
Entgegen der weitverbreitenten Abrechnungspraxis (so weiter Brück aaO; s. dazu auch die Ausführungen im - hier angefochtenen - Beschluss des SG Gelsenkirchen vom 19.08.1999 und dessen Hinweis auf Erhebungen in dem Verfahren S 21 AR 6/99 bei der Provinzialversicherung, dem Verband der Privaten Krankenversicherung, dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft und der Allianz) könne jedoch nicht gefolgert werden, daß im Regelfall immer nur eine Liquidation mit den Schwellenwerten gerechtfertigt sei; der Arzt sei vielmehr rechtlich durch § 5 Abs. 2 Satz 4 GOÄ - 1. Halbsatz - gehalten, auch die Regelspanne anzuwenden und insbesondere in einfach gelagerten Fällen sein Honorar im unteren Bereich des Gebührenrahmens zu halten. Dieser Auffassung folgt der erkennende Senat. Denn § 5 Abs. 2 Satz 4 GOÄ - 1. Halbsatz - schreibt ausdrücklich vor, daß in der Regel eine Gebühr nur zwischen dem Einfachen und dem 2,3fachen des Gebührensatzes bemessen werden darf. Zur Konkretisierung des Wortes "zwischen" ergibt sich aus § 5 Abs. 2 Satz 1 GOÄ, daß innerhalb des Gebührenrahmens die Gebühren unter Berücksichtigung der Schwierigkeit und des Zeitaufwandes der einzelnen Leistung sowie der Umstände der Ausführung nach billigem Ermessen zu bestimmen sind. Damit werden in dieser Kriterien für die Ausfüllung des Gebührenrahmens aufstellenden Bestimmung strukturell ähnliche Maßstäbe wie in § 3 Abs. 2 ZSEG gesetzt. Bei der dortigen Konkretisierung ist aber bereits festgestellt worden, daß das hier zu erstellende Gutachten durchschnittliche Schwierigkeiten aufweist. Sonstige Gründe, nicht von der Mittelgebühr auszugehen, sind nicht erkennbar.
Das bedeutet, daß bei der Beurteilung der Zumutbarkeit des Erwerbsverlustes im Sinne von § 3 Abs. 3 Satz 1 Buchst. b ZSEG unter Zugrundelegung von Nr. 85 des Gebührenverzeichnisses der GOÄ die Grundgebühr von DM 57 mit 1,65 multipliziert werden darf. Nicht angängig, weil dem Sinn der Neuregelung der GOÄ mit der Reduzierung der Gebührenspanne vom 1 - 6fachen auf das 1 - 3,5fache sowie der Festlegung der Schwellenwerte 2,3, 1,8 bzw. 1,15 (Brück aaO S. 130) widersprechend, ist es aber, im vorliegenden Zusammenhang grundsätzlich und durchgängig vom 2,3-fachen oder einem noch höheren Satz auszugehen. Auch wenn in privatärztlicher Praxis mit Billigung der Privatversicherer (s.o.) oftmals noch versucht wird, regelmäßig mehr als den 1,65fachen Satz anzusetzen, kann das keine Auswirkung auf die hier zu entscheidende Rechtsfrage haben. Unter Berücksichtigung von Nr. 85 der GOÄ und dem Ansatz der Mittelgebühr wird nämlich rechtlich der gleiche Maßstab wie bei der Ermittlung der durchschnittlichen Entschädigung nach § 3 Abs. 2 ZSEG angelegt.
Bei einem Vergleichssatz von DM 94,05 für ein Privatgutachten erleidet der Gerichtsgutachter mit einem Stundensatz von DM 75 eine Einbuße von knapp über 20 %, die nach den obigen Ausführungen durchaus hinnehmbar ist. Anhaltspunkte, daß das im vorliegenden Falle nicht sachgerecht wäre, weil Besonderheiten vorlägen, die gegen die Billigkeit einer solchen Einbuße sprächen, wie etwa besondere Schwierigkeiten der sozialmedizinischen Beurteilung, sind nicht ersichtlich und auch vom Antragsteller nicht vorgetragen worden.
Soweit sich der Antragsteller auf wirtschaftliche Gesichtspunkte beruft, ist zunächst festzustellen, daß diese gerade keinen Eingang in die Regelung des ZSEG gefunden haben. Der Antragsteller hat aber auch nicht etwa eine auf Vertrauensschutz beruhende Rechtsposition auf Erhöhung seiner Entschädigung durch bisher regelmäßige Gewährung des Zuschlages erlangt. Es gibt keine diese Gewährung tragenden Entscheidungen des Senats. Die bisherige Entschädigungspraxis bei den Sozialgerichten ist verwaltungsseitig - durch Rechnungsprüfung - korrigiert worden, und erst durch den dadurch ausgelösten Konflikt ist es zur Befassung des Senats mit dieser Rechtsfrage gekommen.
Eine rechtswidrige Begünstigung kann sich aber nicht zu einer gesicherten Rechtsposition verfestigen. Dogmatisch entspricht die hier getroffene Entscheidung zur Anwendung der Zuschlagsregelung der Rechtsprechung des Senats zur Dolmetscherentschädigung, so daß auch nicht etwa das Recht in einer für die Berufssachverständigen nach teiligen Weise fortgebildet worden ist.
3.
Da die übrigen Beträge unstreitig sind und eine Mehrwertsteuer-Abgeltung von dem Antragsteller nicht begehrt worden ist, war seine Entschädigung in diesem Verfahren wie folgt festzusetzen:
11 Stunden a DM 75 DM = 825,-- DM
Röntgenuntersuchung = 50,16 DM
Schreibgebühren = 100,-- DM
Porto, Telefon pp. = 30,-- DM
augenärztliches Konsil = 61,60 DM
gerundet zusammen = 1.066,80 DM
4.
Das Verfahren über die Beschwerden ist gemäß § 16 Abs. 5 ZSEG gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet. Eine Beschwerde gegen diesen Beschluss ist gemäß § 16 Abs. 2 Satz 4 ZSEG nicht zulässig.
Gründe:
Die gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Gelsenkirchen vom 19.08.1999 eingelegte Beschwerde des Antragstellers, der das SG nicht abgeholfen hat (Nichtabhilfebeschluß vom 21.09.1999) ist zulässig; sie ist gemäß § 16 Abs. 2 Satz 3 des Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen (ZSEG) nicht fristgebunden, und der Beschwerdewert nach § 16 Abs. 2 Satz 1 ZSEG wird überschritten. Das Rechtsmittel ist aber nicht begründet. Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Gewährung eines Zuschlages nach § 3 Abs. 3 ZSEG, weil sie nicht billigem Ermessen entsprechen würde. Der angefochtene Beschluss war auf die Anschlußbeschwerde des Bezirksrevisors abzuändern, weil der Antragsteller keinen Anspruch auf einen höheren Stundensatz als DM 75 hat.
1.
Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 ZSEG beträgt die Entschädigung des Sachverständigen für jede Stunde der erforderlichen Zeit 50 bis 100 Deutsche Mark. Nach Satz 2 der Bestimmung sind für die Bemessung des Stundensatzes der Grad der erforderlichen Fachkenntnisse, die Schwierigkeit der Leistung, ein nicht anderweitig abzugeltender Aufwand für die notwendige Benutzung technischer Vorrichtungen und besondere Umstände maßgebend, unter denen das Gutachten zu erarbeiten war; der Stundensatz ist einheitlich für die gesamte erforderliche Zeit zu bemessen. Zur Ausfüllung dieses Rahmens nimmt der erkennende Senat in ständiger Rechtsprechung (vgl. zuletzt Beschluss vom 24.02.1999, L 4 B 14/98) bei Gutachten, die innerhalb der weiten Skala möglicher Sachverständigentätigkeit durchschnittliche Fachkenntnisse erfordern und durchschnittliche Schwierigkeiten bereiten, eine mittlere Entschädigung als gerechtfertigt an. Eine Sachverständigenleistung, die normale Fachkenntnisse voraussetzt und keine wesentlichen Schwierigkeiten enthält, auch keinen besonderen technischen Aufwand verlangt und nicht unter schwierigen Umständen erarbeitet werden muß, rechtfertigt keine über den Durchschnitt des Entschädigungsrahmens hinausgehende Entschädigung, so daß DM 75 angemessen sind (ebenso Meyer/Höver/Bach, Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen, 19. Aufl. 1995, § 3 Rn. 34; Hartmann, Kostengesetze, 29. Aufl. 2000, § 3 ZSEG Rn. 41, 63 ff.; Bleutge, ZSEG, 3. Aufl. 1995, § 3 Rn. 25). Im vorliegenden Falle handelt es sich um ein Gutachten auf dem Gebiet des Schwerbehindertenrechts, das der Antragsteller als in einem sog. Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin tätiger Arzt für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin erstattet hat. Es handelt sich um ein reines Zustandsgutachten, durch das keine Kausalitätsfragen zu beantworten waren und das keine besonderen Schwierigkeiten enthielt. Für ein solches Gutachten ist durchgängig ein Stundensatz von DM 75 als Mittelgebühr angemessen.
2.
Nach § 3 Abs. 3 Satz 1 ZSEG kann die nach Abs. 2 zu gewährende Entschädigung bis zu 50 vom Hundert überschritten werden
a)
für ein Gutachten, in dem der Sachverständige sich für den Einzelfall eingehend mit der wissenschaftlichen Lehre auseinanderzusetzen hat,
b)
nach billigem Ermessen, wenn der Sachverständige durch die Dauer und die Häufigkeit seiner Heranziehung einen nicht zumutbaren Erwerbsverlust erleiden würde oder wenn er seine Berufseinkünfte zu mindestens 70 vom Hundert als gerichtlicher oder außergerichtlicher Sachverständiger erzielt.
2.1.
Ein Fall des § 3 Abs. 3 Satz 1 Buchstabe a ZSEG liegt ersichtlich nicht vor. Diese Bestimmung ist ausdrücklich besonderen Einzelfällen vorbehalten, in denen sich der Sachverständige zum Zwecke der Entscheidung des Falles mit verschiedenen wissenschaftlichen Lehrmeinungen kritisch auseinandersetzen und diese gewichten muß. Der Fall als solcher muß eine derartige wissenschaftliche Auseinandersetzung erforderlich machen (Hartmann Rn. 67; Meyer/Höver/Bach Rn. 46, Bleutge Rn. 29). Das ist vorliegend nicht gegeben und wird auch von dem Antragsteller nicht geltend gemacht. In der Sozialgerichtsbarkeit kann es etwa bei der sogenannten Kann-Versorgung im Sozialen Entschädigungsrecht zu derart schwierigen Fragen kommen. Sie zu beantworten, wäre aber auch nur ein speziell ausgewiesener Wissenschaftler berufen.
2.2.
§ 3 Abs. 3 Satz 1 Buchstabe b - 1. Alternative - ZSEG ist, ungeachtet der Tatsache, daß auch diese Erhöhung nur nach billigem Ermessen gewährt werden kann, vom gesetzlichen Tatbestand her nicht anwendbar. Bei dem Antragsteller handelt es sich um einen Arzt, der nach eigenem Bekunden zu fast 100 % als gerichtlicher Sachverständiger tätig ist. Er ist also ein Berufssachverständiger. Diese arbeiten entweder in einem ausdrücklich so bezeichneten Begutachtungsinstitut oder einem Sachverständigenbüro oder sind als pensionierte Krankenhausärzte erwerbsmäßig - also neben dem Erhalt von Versorgungsbezügen - allein mit der Gutachtenerstellung beschäftigt und beziehen auch nur daraus Erwerbseinkünfte. Sie haben sich auf die Begutachtung für Gerichte und Behörden spezialisiert und wollen auch keine andere ärztliche Tätigkeit mehr ausüben. Deshalb kann es bei ihnen aufgrund ihrer freien beruflichen Willensentscheidung nicht - und zwar schon logisch nicht - zu einer Erwerbseinbuße durch Dauer und Häufigkeit der Heranziehung zur Gutachtenstattung kommen. Diese Ärzte wollen so häufig wie möglich herangezogen werden und werden damit nicht von anderen - unter Umständen lukrativeren - Tätigkeiten abgehalten, weil sie diese nicht ausführen. Diese Bestimmung ist vorgesehen für Fachleute, die durch die gerichtliche Inanspruchnahme wichtige Kunden verlieren oder andere Projekte verschieben müssen (Hartmann Rn. 75; Meyer/Höver/Bach Rn. 48). Sie paßt nicht auf die Situtation des Antragstellers.
2.3.
In näheren Betracht kommt somit allein die 2. Alternative von § 3 Abs. 3 Satz 1 Buchstabe b ZSEG. Deren Tatbestandsvoraussetzung, daß mindestens 70 % der Berufseinkünfte als Sachverständiger erzielt werden, ist zu bejahen. Die somit mögliche Erhöhung des Stundensatzes - genauer: der Entschädigung nach § 3 Abs. 2 ZSEG - steht aber nicht nur durch die Formulierung "kann" im Ermessen des beauftragenden Gerichts oder der Staatsanwaltschaft (vgl. § 1 Abs. 1 ZSEG), sondern kann nach ausdrücklicher Bestimmung in Buchstabe b nur im Rahmen der Billigkeit gewährt werden. Mit dieser Formulierung in Verbindung mit der Bezeichnung der Bezahlung des Sachverständigen in § 3 Abs. 1 ZSEG als Entschädigung wird von vornherein klargestellt, daß lediglich eine angemessene Vergütung des Sachverständigen bezweckt wird, die aber keineswegs der im privaten Wirtschaftsleben möglichen oder üblichen gleichkommen muß, denn auch der gerichtlich bzw. staatsanwaltlich bestellte Sachverständige erfüllt eine staatsbürgerliche Ehrenpflicht, selbst wenn er von dieser Tätigkeit überwiegend lebt (so richtig Hartmann Rn. 2). Auch das Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 30, 240 ff) hat schon 1972 die Begrenzung der Sachverständigenentschädigung für verfassungsmäßig erklärt und dabei gebilligt, daß der Gesetzgeber mit der Entschädigung im allgemeinen dem Entgelt lediglich nahekommen will, das für ähnliche Leistungen außerhalb der Gerichtsbarkeiten gewährt zu werden pflegt. Diesen Erwägungen ist wiederum der Gesetzgeber bei der Neuregelung 1994 gefolgt: Entschädigungsregelungen sollen sich lediglich nicht allzu sehr von dem für vergleichbare Leistungen sonst gezahlten Entgelt unterscheiden (Bundestags-Drucksache 12/ 6962 S. 55 Rechtsspalte). Der Gesetzgeber sieht sich deshalb auch lediglich veranlaßt, gelegentlich Anpassungen an die wirtschaftliche Entwicklung vorzunehmen (aaO S. 96 - zu Nr. 2). Hinzu kommt aus der Sicht des Senats, daß es auch durchaus deshalb wirtschaftlich interessant ist, für staatliche Institutionen tätig zu werden, weil die Bezahlung - jedenfalls dem Grunde nach - immer gesichert ist.
Gerade die Gründung von Gutachteninstituten - auch der Antragsteller gehört einem solchen an - zeigt die finanzielle Attraktivität einer Betätigung als ärztlicher Gutachter für Behörden auf.
Zur Ausfüllung des Begriffs des billigen Ermessens hat der erkennende Senat, der für derartige Beschwerdesachen in der Sozialgerichtsbarkeit des Landes NRW allein zuständig ist, im Rahmen der Entschädigung von Dolmetschern - s. § 17 Abs. 1 ZSEG - Richtlinien entwickelt (vgl. zuletzt Beschlüsse vom 10.09.1999, L 4 B 8/99 - zur Veröffentlichung in Breithaupt zusammen mit diesem Beschluss vorgesehen - und vom 02.12.1999, L 4 B 3/98). Danach ist das billige Ermessen dahingehend auszuüben, daß die Differenz zwischen der nach § 3 Abs. 2 ZSEG zu gewährenden Grundentschädigung und dem Entgelt, das der Dolmetscher für eine entsprechende Leistung in der privaten Wirtschaft oder in sonstigen Bereichen außerhalb der Rechtspflege erzielt hätte, auf ein für ihn annehmbares Maß zu reduzieren ist. Das bedeutet zugleich, daß der Dolmetscher, der für die Tätigkeit in der Rechtspflege lediglich angemessen entschädigt werden soll, einen gewissen Einkommensverlust hinzunehmen hat, bevor es zu einer Erhöhung des Stundensatzes im Sinne von § 3 Abs. 2 ZSEG kommen kann. Die Erhöhung nach § 3 Abs. 3 ZSEG kommt also erst bei einer unzumutbaren Einbuße in Betracht. Ob ein Erwerbsverlust unzumutbar ist, ergibt sich zwar aus den Umständen des Einzelfalles. Jedoch hat die Rechtsprechung Richtwerte entwickelt, unterhalb derer grundsätzlich von einem zumutbaren Erwerbsverlust auszugehen ist. Diese Richtwerte der zumutbaren Erwerbseinbußen liegen bei 20 und 25 %. Das bedeutet, daß ein Erwerbsverlust von unter 20 % in aller Regel hinzunehmen ist. Ein Erwerbsverlust von 20 bis 25 % kann hinnehmbar sein, wenn im Rahmen des nach § 3 Abs. 3 ZSEG eingeräumten Ermessens im konkreten Einzelfall keine Besonderheiten erkennbar sind. Erwerbseinbußen von über 25 % sind hingegen in der Regel ausgleichsfähig. Dabei ist aber zu beachten, daß auch über die Höhe des Zuschlages nach § 3 Abs. 3 ZSEG eine Ermessensentscheidung nach den Umständen des Einzelfalles zu treffen ist. Ggfs. wird es sich anbieten, die Überschreitung nach § 3 Abs. 3 Buchstabe b ZSEG daran auszurichten, daß die Erwerbseinbuße des Dolmetschers auf ein zumutbares Maß zurückgeführt wird. - Es ist kein Grund ersichtlich, von dieser Rechtsprechung für Fälle von ärztlichen Berufssachverständigen abzuweichen. Wie das Oberlandesgericht Saarbrücken (Rechtspfleger 88, 165 f) schon zutreffend ausgeführt hat, soll durch die Gewährung des Zuschlages ein Absinken unter 75 % des für ein Privatgutachten erzielbaren Entgeltes verhindert werden. Dieses Auffangniveau wird durch die Rechtsprechung des Senats zu den Dolmetscherentschädigungen gesichert.
Einen nachweisbaren Minderverdienst von mehr als 25 % erleidet der Antragsteller mit einem Stundensatz von DM 75 nicht, ganz ungeachtet der Tatsache, daß jedenfalls in der Sozialgerichtsbarkeit mit der besonders großen Zahl von Amts wegen einzuholender Gutachten schematische Sätze für Aktenstudium, Untersuchung und Entwerfen des schriftlichen Gutachtens praktiziert werden, deren Handhabung den ärztlichen Sachverständigen ohnehin entgegenkommt. Es erscheint dem Senat als zutreffend, wenn, wie das SG und der Bezirksrevisor vorgeschlagen haben, bei dem Vergleich mit privatwirtschaftlicher Betätigung von der Bestimmung der Nr. 85 Gebührenordung für Ärzte in der Fassung der 4. Änderungsverordnung vom 23.12.1995 (GOÄ) betreffend "schriftliche gutachtliche Äußerung mit einem das gewöhnliche Maßübersteigenden Aufwand - gegebenenfalls mit wissenschaftlicher Begründung -, je angefangene Stunde Arbeitszeit" und damit von einem Stundensatz von DM 57 ausgegangen wird, wogegen der Antragsteller auch dem Grunde nach keine Einwendungen erhebt. Ausgehend von einem Gebührensatz in dieser Höhe ergibt sich nach Maßgabe von § 5 GOÄ in Fällen der vorliegenden Art eine Gebühr von 94,05 DM, nämlich das 1,65fache und damit die Mittelgebühr zwischen dem Einfachen und dem 2,3fachen des Gebührensatzes der in Abschnitt B befindlichen Nr. 85 des Gebührenverzeichnisses. Nach § 5 Abs. 1 GOÄ bemißt sich, soweit sich nach den hier nicht einschlägigen Absätzen 3 bis 5 nichts anderes ergibt, die Höhe der einzelnen Gebühr nach dem Einfachen bis 3,5fachen des Gebührensatzes; nach § 5 Abs. 2 Satz 4 GOÄ darf eine Gebühr in der Regel aber nur zwischen dem Einfachen und dem 2,3fachen des Gebührensatzes bemessen werden; ein Überschreiten des 2,3fachen des Gebührensatzes ist nur zulässig, wenn Besonderheiten dies rechtfertigen. Das bedeutet zwar nicht, daß regelmäßig von der Mittelgebühr auszugehen ist, wie das Gesetzgebung und Rechtsprechung allerdings häufig tun (vgl. dazu Kommentar zur GOÄ, begründet von Brück, fortgeführt von Krimmel, Kleinken und Warlo unter Mitarbeit von Lang, 3. Aufl., Stand 4. Ergänzungslief. 01.10.1999, § 5 Rn. 1, S. 132). Für die GOÄ wird in dem Kommentar von Brück (aaO S. 134) nicht mehr die Auffassung vertreten, daß innerhalb der Regelspanne ein Mittelsatz in Form einer Variationsbreite um den Wert von 1,65 bestehe und der Arzt darlegen müsse, daß besondere, die gewöhnliche Variationsbreite von Bewertungskriterieninhalten überschreitende Kriterien beständen.
Entgegen der weitverbreitenten Abrechnungspraxis (so weiter Brück aaO; s. dazu auch die Ausführungen im - hier angefochtenen - Beschluss des SG Gelsenkirchen vom 19.08.1999 und dessen Hinweis auf Erhebungen in dem Verfahren S 21 AR 6/99 bei der Provinzialversicherung, dem Verband der Privaten Krankenversicherung, dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft und der Allianz) könne jedoch nicht gefolgert werden, daß im Regelfall immer nur eine Liquidation mit den Schwellenwerten gerechtfertigt sei; der Arzt sei vielmehr rechtlich durch § 5 Abs. 2 Satz 4 GOÄ - 1. Halbsatz - gehalten, auch die Regelspanne anzuwenden und insbesondere in einfach gelagerten Fällen sein Honorar im unteren Bereich des Gebührenrahmens zu halten. Dieser Auffassung folgt der erkennende Senat. Denn § 5 Abs. 2 Satz 4 GOÄ - 1. Halbsatz - schreibt ausdrücklich vor, daß in der Regel eine Gebühr nur zwischen dem Einfachen und dem 2,3fachen des Gebührensatzes bemessen werden darf. Zur Konkretisierung des Wortes "zwischen" ergibt sich aus § 5 Abs. 2 Satz 1 GOÄ, daß innerhalb des Gebührenrahmens die Gebühren unter Berücksichtigung der Schwierigkeit und des Zeitaufwandes der einzelnen Leistung sowie der Umstände der Ausführung nach billigem Ermessen zu bestimmen sind. Damit werden in dieser Kriterien für die Ausfüllung des Gebührenrahmens aufstellenden Bestimmung strukturell ähnliche Maßstäbe wie in § 3 Abs. 2 ZSEG gesetzt. Bei der dortigen Konkretisierung ist aber bereits festgestellt worden, daß das hier zu erstellende Gutachten durchschnittliche Schwierigkeiten aufweist. Sonstige Gründe, nicht von der Mittelgebühr auszugehen, sind nicht erkennbar.
Das bedeutet, daß bei der Beurteilung der Zumutbarkeit des Erwerbsverlustes im Sinne von § 3 Abs. 3 Satz 1 Buchst. b ZSEG unter Zugrundelegung von Nr. 85 des Gebührenverzeichnisses der GOÄ die Grundgebühr von DM 57 mit 1,65 multipliziert werden darf. Nicht angängig, weil dem Sinn der Neuregelung der GOÄ mit der Reduzierung der Gebührenspanne vom 1 - 6fachen auf das 1 - 3,5fache sowie der Festlegung der Schwellenwerte 2,3, 1,8 bzw. 1,15 (Brück aaO S. 130) widersprechend, ist es aber, im vorliegenden Zusammenhang grundsätzlich und durchgängig vom 2,3-fachen oder einem noch höheren Satz auszugehen. Auch wenn in privatärztlicher Praxis mit Billigung der Privatversicherer (s.o.) oftmals noch versucht wird, regelmäßig mehr als den 1,65fachen Satz anzusetzen, kann das keine Auswirkung auf die hier zu entscheidende Rechtsfrage haben. Unter Berücksichtigung von Nr. 85 der GOÄ und dem Ansatz der Mittelgebühr wird nämlich rechtlich der gleiche Maßstab wie bei der Ermittlung der durchschnittlichen Entschädigung nach § 3 Abs. 2 ZSEG angelegt.
Bei einem Vergleichssatz von DM 94,05 für ein Privatgutachten erleidet der Gerichtsgutachter mit einem Stundensatz von DM 75 eine Einbuße von knapp über 20 %, die nach den obigen Ausführungen durchaus hinnehmbar ist. Anhaltspunkte, daß das im vorliegenden Falle nicht sachgerecht wäre, weil Besonderheiten vorlägen, die gegen die Billigkeit einer solchen Einbuße sprächen, wie etwa besondere Schwierigkeiten der sozialmedizinischen Beurteilung, sind nicht ersichtlich und auch vom Antragsteller nicht vorgetragen worden.
Soweit sich der Antragsteller auf wirtschaftliche Gesichtspunkte beruft, ist zunächst festzustellen, daß diese gerade keinen Eingang in die Regelung des ZSEG gefunden haben. Der Antragsteller hat aber auch nicht etwa eine auf Vertrauensschutz beruhende Rechtsposition auf Erhöhung seiner Entschädigung durch bisher regelmäßige Gewährung des Zuschlages erlangt. Es gibt keine diese Gewährung tragenden Entscheidungen des Senats. Die bisherige Entschädigungspraxis bei den Sozialgerichten ist verwaltungsseitig - durch Rechnungsprüfung - korrigiert worden, und erst durch den dadurch ausgelösten Konflikt ist es zur Befassung des Senats mit dieser Rechtsfrage gekommen.
Eine rechtswidrige Begünstigung kann sich aber nicht zu einer gesicherten Rechtsposition verfestigen. Dogmatisch entspricht die hier getroffene Entscheidung zur Anwendung der Zuschlagsregelung der Rechtsprechung des Senats zur Dolmetscherentschädigung, so daß auch nicht etwa das Recht in einer für die Berufssachverständigen nach teiligen Weise fortgebildet worden ist.
3.
Da die übrigen Beträge unstreitig sind und eine Mehrwertsteuer-Abgeltung von dem Antragsteller nicht begehrt worden ist, war seine Entschädigung in diesem Verfahren wie folgt festzusetzen:
11 Stunden a DM 75 DM = 825,-- DM
Röntgenuntersuchung = 50,16 DM
Schreibgebühren = 100,-- DM
Porto, Telefon pp. = 30,-- DM
augenärztliches Konsil = 61,60 DM
gerundet zusammen = 1.066,80 DM
4.
Das Verfahren über die Beschwerden ist gemäß § 16 Abs. 5 ZSEG gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet. Eine Beschwerde gegen diesen Beschluss ist gemäß § 16 Abs. 2 Satz 4 ZSEG nicht zulässig.
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved