S 11 R 45/05

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 11 R 45/05
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen eine Beitragsnachforderung i.H.v. 5.244,42 Euro.

Die Klägerin betreibt ein Ingenieurbüro und beschäftigt die Beigeladenen zu 1.) bis 7.).

Nach einer Betriebsprüfung am 27.05.2004 über den Prüfzeitraum vom 01.01.2000 bis zum 31.12.2003 forderte die Beklagte mit Bescheid vom 01.06.2004 Beiträge i.H.v. 5.244,42 Euro mit der Begründung nach, in den Jahren 2000 und 2001 seien sog. Provisionen für abgelaufene Kalenderjahre gezahlt, jedoch als laufendes Entgelt in den Monaten Januar 2000 und Dezember 2001 abgerechnet worden. Entsprechend seien Beiträge hieraus nur bis zur anteiligen monatlichen Beitragsbemessungsgrenze berechnet und abgeführt worden. Provisionen seien als laufendes Arbeitsentgelt in dem Zeitraum zu berücksichtigen, in dem sie erzielt worden seien. Einmaliges Arbeitsentgelt seien Provisionen jedoch dann, wenn sie ohne Bezug zu bestimmten Lohnabrechnungszeiträumen gezahlt würden. Dann seien sie insoweit zur Beitragsbemessung heranzuziehen, als die anteilige Jahresbeitragsbemessungsgrenze noch nicht erreicht sei.

In ihrem Widerspruch vom 09.07.2004 führte die Klägerin aus, bei den Provisionen handele es sich nicht um Einmalzahlungen, sondern eine mit dem Mitarbeitern vereinbarte Auszahlung kumulierter leistungsbezogener monatlicher Entgelte, die auf dem monatlich erzielten Gewinn der Gesellschaft beruhten.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 21.03.2005 zurück und führte aus, eine monatsgenaue Umrechnung habe nicht mehr vorgenommen werden können, da die Klägerin die entsprechenden Lohndaten bereits gelöscht habe. Die von der Klägerin behauptete Komplexität der Errechnung erlaube es, die Provisionen nach § 23 a Sozialgesetzbuch - Viertes Buch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV) als einmalig gezahltes Entgelt zu behandeln.

Hiergegen richtet sich die am 22.04.2005 erhobene Klage. Das Gericht hat die betroffenen Beschäftigten und Sozialversicherungsträger beigeladen.

Die Klägerin führt aus, ihr Geschäftsführer entscheide bei Vorliegen der Jahresbilanz zunächst, ob ein Gesamtbetrag für Provisionen zur Verfügung gestellt werde. Sodann bestimme er den auf jeden Mitarbeiter entfallenden Betrag anhand der Kriterien Fachkenntnis, Kreativität, Initiative, Zusammenarbeit, Flexibilität, Arbeitseinsatz, Arbeitsqualität, Identifikation, Erfolg der Projektentwicklung und Akquisitionserfolg. Da es sich um Provisionen i.e.S. und nicht um erfolgsunabhängige Zuwendungen wie etwa eine Weihnachtsgratifikation handele, sei § 23 a SGB IV nicht einschlägig.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid vom 01.06.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21.03.2005 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält an ihrer Auffassung fest.

Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.

Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze und die übrige Gerichtsakte, sowie die beigezogene Verwaltungsakte, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die angegriffenen Entscheidungen der Beklagten sind nicht rechtswidrig i.S.d. § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die Beklagte hat zu Recht § 23 a SGB IV auf die von der Klägerin gezahlten sog. Provisionen angewandt.

Nach § 23 a Abs. 3 Satz 1 SGB IV ist einmalig gezahltes Arbeitsentgelt bei der Feststellung des beitragspflichtigen Arbeitsentgelts für versicherungspflichtig Beschäftigte zu berücksichtigen, soweit das bisher gezahlte beitragspflichtige Arbeitsentgelt die anteilige Beitragsbemessungsgrenze nicht erreicht. Die anteilige Beitragsbemessungsgrenze ist der Teil der Beitragsbemessungsgrenze, der der Dauer aller Beschäftigungsverhältnisse bei demselben Arbeitgeber im laufenden Kalenderjahr bis zum Ablauf des Entgeltabrechnungszeitraums entspricht, dem einmalig gezahltes Arbeitsentgelt zuzuordnen ist, § 23 a Abs. 3 Satz 2 1.HS SGB IV. Einmalig gezahltes Arbeitsentgelt sind nach § 23 a Abs. 1 Satz 1 SGB IV Zuwendungen, die dem Arbeitsentgelt zuzurechnen sind und nicht für die Arbeit in einem einzelnen Entgeltabrechnungszeitraum gezahlt werden.

Maßgeblich für die Anwendbarkeit von § 23 a SGB IV ist nicht die von den Vertragsparteien gewählte Bezeichnung für eine Zuwendung, sondern die Frage, ob das Entgelt einen konkreten Bezug zu der in einem bestimmten Entgeltabrechnungszeitraum geleisteten Arbeit hat (BSGE 66, 34, 42; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 20.09.2005, L 11 R 1766/05; Seewald, in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 23 a SGB IV, Rn. 9). Der Sache nach liegt hier eine für das ganze Jahr ausgezahlte Gewinnbeteiligung vor, wie sie zu den typischen Fällen der Einmalzahlungen i.S.d. § 23 a SGB IV gehört (zu letzterem Seewald, a.a.O., Rn. 8). Die Klägerin spricht selbst davon, dass die Provisionen erst nach Erstellung der Bilanz und dann gemäß einem bestimmten Schlüssel (anhand der Kriterien Fachkenntnis, Kreativität, Initiative, Zusammenarbeit, Flexibilität, Arbeitseinsatz, Arbeitsqualität, Identifikation, Erfolg der Projektentwicklung und Akquisitionserfolg) verteilt werden könnten. Demnach knüpften die an die beschäftigten Beigeladenen ausgezahlten Provisionen nicht an bestimmte oder bestimmbare Ereignisse an und sind daher nicht einem bestimmten Entgeltabrechnungszeitraum zuzuordnen. Unbeachtlich ist angesichts § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV auch, dass kein Rechtsanspruch auf die sog. Provisionen bestand.

Die Beitragsansprüche sind auch nicht etwa nach § 25 Abs. 1 SGB IV verjährt. Dies gilt insbesondere nicht für die im Januar 2000 erfolgt Zahlung, denn der Beitragsanspruch entsteht bei einmalig gezahltem Arbeitsentgelt, sobald es ausgezahlt ist, § 22 Abs. 1, 2.HS SGB IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG. Da weder die Klägerin noch die Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören, werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes (GKG) erhoben, § 197 a Satz 1 SGG. Die §§ 184 bis 195 SGG finden keine Anwendung, statt dessen sind die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) entsprechend anzuwenden. Nach § 154 Abs. 1 VwGO trägt der unterlegene Teil die Kosten des Verfahrens. Dies sind im vorliegenden Fall die Gerichtskosten und die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin und der Beklagten. Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten, da diese keine Anträge gestellt haben.
Rechtskraft
Aus
Saved