Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
35
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 35 AS 24/06
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 02.01.2006 wird aufgehoben. Die weitergehende Klage wird abgewiesen. Die Beklagte trägt die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 1/2.
Tatbestand:
Die Klägerin bezieht Leistungen nach dem SGB II.
Mit Schreiben vom 9. August 2005 teilte die Beklagte der Klägerin mit, die von der Klägerin genutzte Wohnung verfüge über eine Gesamtwohnfläche von 63 m². Die monatliche Miete betrage 487,08 Euro einschließlich aller Nebenkosten ohne Heizkosten. Für den von der Klägerin geführten 2-Personen-Haushalt seien diese Kosten unangemessen hoch im Sinne des § 22 Abs. 1 SGB II. Angemessen seien für den Bereich des Stadtgebietes Solingen Unterkunftskosten (ohne Heizkosten) in Höhe von 349,72 Euro und eine Wohnungsgröße von 60 m². Es sei daher beabsichtigt, ab dem 28. Februar 2006 nur noch die angemessene Miete in Höhe von 349,72 Euro zu übernehmen. Für die Klägerin bestehe die Möglichkeit, die Differenz zwischen der tatsächlichen Miete und der angemessenen Miete aus eigenen Mitteln zu zahlen oder die Mietkosten durch Anmietung einer vom Preis und von der Größe angemessenen Unterkunft zu senken, oder die Mietkosten durch Untervermietung oder auf andere Weise zu senken.
Gegen dieses Schreiben erhob die Klägerin mit Schreiben vom 15.08.2005 verschiedene Einwendungen. Sie forderte die Beklagte auf, einen rechtsmittelfähigen Bescheid zu erteilen.
Zu dem Schreiben der Klägerin nahm die Beklagte unter dem 05.09.2005 Stellung. In dem Schreiben führte sie aus, die Klägerin könne auch eine eigene Bedarfsgemeinschaft bilden und eine Wohnung für eine Person anmieten. Einen rechtsmittelfähigen Bescheid würde die Klägerin erst am 28.02.2006 erhalten, falls sich an den Lebensumständen der Klägerin bis dahin nichts geändert haben sollte.
Auch gegen dieses Schreiben erhob die Klägerin mit weiterem Schreiben vom 16.09.2005 verschiedene Einwendungen. Mit dem Schreiben trug sie vor, sie habe einen Anspruch auf einen schriftlichen, mit Rechtsbehelf versehenen Bescheid.
Mit Schreiben vom 14. Dezember 2005 teilte die Beklagte mit, dass sich an ihrer Beurteilung der Sach- und Rechtslage nichts geändert habe. Die Beklagte teile nicht die Auffassung, dass es sich bei dem Schreiben vom 09.08.2005 um einen Verwaltungsakt handele. Gleichwohl werde das Schreiben der Klägerin als Widerspruch gewertet.
Mit Bescheid vom 02.01.2006 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als sachlich unbegründet zurück.
Hiergegen richtet sich die am 24. Januar 2006 bei Gericht eingegangene Klage, mit der die Klägerin die Auffassung vertritt, das Schreiben der Beklagten vom 9. August 2005 sei ein Verwaltungsakt, der mit der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage angefochten werden könne.
Die Klägerin beantragt,
den Widerspruchsbescheid 000-BG-Nr. 000 BG 0000000-W 0000/00 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die angemessenen Unterkunftskosten im bisherigen Umfang weiterhin zu übernehmen.
Die Beklagte hat keinen Klageantrag gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht kann vorliegend durch Gerichtsbescheid (§ 105 Sozialgerichtsgesetz) entscheiden, denn die dem Rechtsstreit zugrundeliegenden Fragen sind einfacher Natur und der Sachverhalt ist für eine Entscheidung ausreichend aufgeklärt.
Die Klage ist teilweise zulässig und begründet. Im Übrigen unzulässig.
Gem. § 54 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz kann mit der Klage die Aufhebung eines Verwaltungsaktes (Anfechtungsklage) oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlass eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsaktes (Verpflichtungsklage) begehrt werden.
Die von der Klägerin erhobene Klage ist, soweit sie darauf gerichtet ist, die Beklagte zu verurteilen Unterkunftskosten in bisherigem Umfang zu übernehmen, unzulässig. Das Schreiben der Beklagten vom 9. August 2005 stellt nämlich - ebenso wie der "Widerspruchsbescheid" vom 02.01.2006 - keinen Verwaltungsakt dar.
Verwaltungsakt ist nach § 31 SGB X jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Vorliegend hat die Beklagte keine Entscheidung zur Regelung eines Einzelfalls getroffen. Das Schreiben vom 9. August 2005 stellt jedenfalls keine Entscheidung dar, mit der ein bestimmter Lebenssachverhalt verbindlich geregelt wird. Insbesondere wird dort nicht geregelt, dass die Klägerin ab dem 28.02.2006 nur noch Mietkosten in Höhe von 349,72 Euro erhält. Vielmehr geht aus dem Schreiben eindeutig hervor, dass die Klägerin möglicherweise bei Eintritt bestimmter, zum Zeitpunkt des Schreibens vom 9. August 2005 noch offener Bedingungen (siehe im Tatbestand oben das hervorgehobene Wort "oder"), einen Bescheid erhalten wird, mit der ihr geringere Leistungen zugesprochen werden. Mit dem Schreiben vom 9. August 2005 wird also der mögliche spätere Erlass eines Verwaltungsaktes lediglich angekündigt.
Da gegen das Schreiben ein Widerspruch nicht zulässig ist, hätte die Beklagte einen Widerspruchsbescheid in der Sache nicht erteilen dürfen. Die Klage gegen den Widerspruchsbescheid ist jedenfalls weder als Anfechtungs- noch als Verpflichtungsklage zulässig, da ein in der Sache anfechtbarer Verwaltungsakt nicht ergangen ist.
Da die Beklagte gleichwohl einen Widerspruchsbescheid erlassen hat, hat sie allerdings den Rechtsschein gesetzt, einen Verwaltungsakt erlassen zu haben. Nach allgemeiner Auffassung gibt die Setzung eines solchen Rechtsscheins der Klägerin das Recht, die Aufhebung des mutmaßlichen Verwaltungsaktes zu fordern. Insoweit ist die Klage in analoger Anwendung des § 54 Abs. 2 SGG zulässig und begründet.
Soweit die Klägerin die Feststellung begehrt, ihre Unterkunftskosten seien angemessen, ist die Klage auch nicht als Feststellungsklage gemäß § 55 SGG zulässig. Eine Feststellungsklage ist nämlich gegenüber einer Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage subsidiär, d.h. sie kommt nur in Betracht, wenn in der Sache eine Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage nicht erhoben werden kann. Die Klägerin kann allerdings vorliegend zur Erreichung ihres Klageziels sehr wohl eine Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage erheben. Sobald die Beklagte einen Bescheid mit gekürzten Leistungen erteilt, kann die Klägerin hiergegen eine zulässige Verpflichtungsklage erheben. Vor Erteilung eines solchen Bescheides besteht kein Anlass das Gericht mit der hier streitigen Rechtsfrage zu beschäftigen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG und berücksichtigt einerseits, dass die Beklagte durch Erteilung des Widerspruchsbescheides das Gerichtsverfahren provoziert hat, andererseits aber auch, dass die Klägerin das Verfahren trotz Hinweises des Gerichts weitergeführt hat.
Tatbestand:
Die Klägerin bezieht Leistungen nach dem SGB II.
Mit Schreiben vom 9. August 2005 teilte die Beklagte der Klägerin mit, die von der Klägerin genutzte Wohnung verfüge über eine Gesamtwohnfläche von 63 m². Die monatliche Miete betrage 487,08 Euro einschließlich aller Nebenkosten ohne Heizkosten. Für den von der Klägerin geführten 2-Personen-Haushalt seien diese Kosten unangemessen hoch im Sinne des § 22 Abs. 1 SGB II. Angemessen seien für den Bereich des Stadtgebietes Solingen Unterkunftskosten (ohne Heizkosten) in Höhe von 349,72 Euro und eine Wohnungsgröße von 60 m². Es sei daher beabsichtigt, ab dem 28. Februar 2006 nur noch die angemessene Miete in Höhe von 349,72 Euro zu übernehmen. Für die Klägerin bestehe die Möglichkeit, die Differenz zwischen der tatsächlichen Miete und der angemessenen Miete aus eigenen Mitteln zu zahlen oder die Mietkosten durch Anmietung einer vom Preis und von der Größe angemessenen Unterkunft zu senken, oder die Mietkosten durch Untervermietung oder auf andere Weise zu senken.
Gegen dieses Schreiben erhob die Klägerin mit Schreiben vom 15.08.2005 verschiedene Einwendungen. Sie forderte die Beklagte auf, einen rechtsmittelfähigen Bescheid zu erteilen.
Zu dem Schreiben der Klägerin nahm die Beklagte unter dem 05.09.2005 Stellung. In dem Schreiben führte sie aus, die Klägerin könne auch eine eigene Bedarfsgemeinschaft bilden und eine Wohnung für eine Person anmieten. Einen rechtsmittelfähigen Bescheid würde die Klägerin erst am 28.02.2006 erhalten, falls sich an den Lebensumständen der Klägerin bis dahin nichts geändert haben sollte.
Auch gegen dieses Schreiben erhob die Klägerin mit weiterem Schreiben vom 16.09.2005 verschiedene Einwendungen. Mit dem Schreiben trug sie vor, sie habe einen Anspruch auf einen schriftlichen, mit Rechtsbehelf versehenen Bescheid.
Mit Schreiben vom 14. Dezember 2005 teilte die Beklagte mit, dass sich an ihrer Beurteilung der Sach- und Rechtslage nichts geändert habe. Die Beklagte teile nicht die Auffassung, dass es sich bei dem Schreiben vom 09.08.2005 um einen Verwaltungsakt handele. Gleichwohl werde das Schreiben der Klägerin als Widerspruch gewertet.
Mit Bescheid vom 02.01.2006 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als sachlich unbegründet zurück.
Hiergegen richtet sich die am 24. Januar 2006 bei Gericht eingegangene Klage, mit der die Klägerin die Auffassung vertritt, das Schreiben der Beklagten vom 9. August 2005 sei ein Verwaltungsakt, der mit der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage angefochten werden könne.
Die Klägerin beantragt,
den Widerspruchsbescheid 000-BG-Nr. 000 BG 0000000-W 0000/00 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die angemessenen Unterkunftskosten im bisherigen Umfang weiterhin zu übernehmen.
Die Beklagte hat keinen Klageantrag gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht kann vorliegend durch Gerichtsbescheid (§ 105 Sozialgerichtsgesetz) entscheiden, denn die dem Rechtsstreit zugrundeliegenden Fragen sind einfacher Natur und der Sachverhalt ist für eine Entscheidung ausreichend aufgeklärt.
Die Klage ist teilweise zulässig und begründet. Im Übrigen unzulässig.
Gem. § 54 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz kann mit der Klage die Aufhebung eines Verwaltungsaktes (Anfechtungsklage) oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlass eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsaktes (Verpflichtungsklage) begehrt werden.
Die von der Klägerin erhobene Klage ist, soweit sie darauf gerichtet ist, die Beklagte zu verurteilen Unterkunftskosten in bisherigem Umfang zu übernehmen, unzulässig. Das Schreiben der Beklagten vom 9. August 2005 stellt nämlich - ebenso wie der "Widerspruchsbescheid" vom 02.01.2006 - keinen Verwaltungsakt dar.
Verwaltungsakt ist nach § 31 SGB X jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Vorliegend hat die Beklagte keine Entscheidung zur Regelung eines Einzelfalls getroffen. Das Schreiben vom 9. August 2005 stellt jedenfalls keine Entscheidung dar, mit der ein bestimmter Lebenssachverhalt verbindlich geregelt wird. Insbesondere wird dort nicht geregelt, dass die Klägerin ab dem 28.02.2006 nur noch Mietkosten in Höhe von 349,72 Euro erhält. Vielmehr geht aus dem Schreiben eindeutig hervor, dass die Klägerin möglicherweise bei Eintritt bestimmter, zum Zeitpunkt des Schreibens vom 9. August 2005 noch offener Bedingungen (siehe im Tatbestand oben das hervorgehobene Wort "oder"), einen Bescheid erhalten wird, mit der ihr geringere Leistungen zugesprochen werden. Mit dem Schreiben vom 9. August 2005 wird also der mögliche spätere Erlass eines Verwaltungsaktes lediglich angekündigt.
Da gegen das Schreiben ein Widerspruch nicht zulässig ist, hätte die Beklagte einen Widerspruchsbescheid in der Sache nicht erteilen dürfen. Die Klage gegen den Widerspruchsbescheid ist jedenfalls weder als Anfechtungs- noch als Verpflichtungsklage zulässig, da ein in der Sache anfechtbarer Verwaltungsakt nicht ergangen ist.
Da die Beklagte gleichwohl einen Widerspruchsbescheid erlassen hat, hat sie allerdings den Rechtsschein gesetzt, einen Verwaltungsakt erlassen zu haben. Nach allgemeiner Auffassung gibt die Setzung eines solchen Rechtsscheins der Klägerin das Recht, die Aufhebung des mutmaßlichen Verwaltungsaktes zu fordern. Insoweit ist die Klage in analoger Anwendung des § 54 Abs. 2 SGG zulässig und begründet.
Soweit die Klägerin die Feststellung begehrt, ihre Unterkunftskosten seien angemessen, ist die Klage auch nicht als Feststellungsklage gemäß § 55 SGG zulässig. Eine Feststellungsklage ist nämlich gegenüber einer Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage subsidiär, d.h. sie kommt nur in Betracht, wenn in der Sache eine Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage nicht erhoben werden kann. Die Klägerin kann allerdings vorliegend zur Erreichung ihres Klageziels sehr wohl eine Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage erheben. Sobald die Beklagte einen Bescheid mit gekürzten Leistungen erteilt, kann die Klägerin hiergegen eine zulässige Verpflichtungsklage erheben. Vor Erteilung eines solchen Bescheides besteht kein Anlass das Gericht mit der hier streitigen Rechtsfrage zu beschäftigen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG und berücksichtigt einerseits, dass die Beklagte durch Erteilung des Widerspruchsbescheides das Gerichtsverfahren provoziert hat, andererseits aber auch, dass die Klägerin das Verfahren trotz Hinweises des Gerichts weitergeführt hat.
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