L 20 (9) B 30/05 SO

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
20
1. Instanz
SG Gelsenkirchen (NRW)
Aktenzeichen
S 8 SO 66/05
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 20 (9) B 30/05 SO
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 02.08.2005 abgeändert. Dem Kläger wird für das Klageverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt X M, H, beigeordnet.

Gründe:

I.

Streitig ist die Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger vom 01.05.2004 bis zum 31.12.2004 (ergänzende) Hilfe zum Lebensunterhalt zu gewähren.

Der 1964 geborene Kläger erhielt von der Beklagten bis zum 30.04.2004 (ergänzende) Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG). Von der Bundesagentur für Arbeit bezog er bis zum 31.12.2004 Arbeitslosenhilfe. Außerdem übte er bei der Fa. C (ab Juli 2004) eine Nebenbeschäftigung aus, für die er ein monatliches Einkommen von 165,- Euro erhielt.

Der Kläger betreibt zudem ohne Gewerbeanmeldung die Firma I IT-Service Web-Design, einen IT-Service (im Folgenden: I), die im Internet diverse Dienstleistungen im Bereich der Informationstechnologie anbietet und insbesondere als Reseller von Internet-Domains fungiert. Der Kläger ist darüber hinaus auf diversen hompages als Administrator genannt (etwa www.de und www.de). In der Vergangenheit machte sich der Kläger auch als Discjockey einen Namen und unterhielt auch einen eigenen web-Auftritt (www.de). Zum Teil tritt er unter seinem Künstlernamen D U auf. Schließlich existiert eine Vereinbarung zwischen dem Kläger und seiner Schwester I T vom 30.07.2001 über eine Zusammenarbeit ihrer beiden Internetfirmen. In der Vergangenheit arbeitete der Kläger daher häufig mit seinem Neffen P X zusammen. Anfang 2004 kam es zu wechselseitigen Anzeigen wegen Beleidigung (durch P X) und Computer-Betruges etc. (durch den Kläger). Diese Verfahren wurden durch die Staatsanwaltschaft jeweils eingestellt (bezüglich des Klägers Az: 000 der Staatsanwaltschaft F). Aus dem Verfahren des Klägers wurde ein weiteres Verfahren gegen ihn wegen Verstoßes gegen die Abgabenordnung (AO) abgetrennt (Az: 000). Das letztgenannte Verfahren ist noch nicht abgeschlossen. Im Zuge der Ermittlungen kam es am 23.04.2004 zu einer Durchsuchung der Wohnung des Klägers, bei der u. a. vier Computer-Anlagen nebst Zubehör sichergestellt wurden (vier betriebsbereite Rechner, ein Drucker sowie drei Monitore).

Mit Bescheid vom 01.07.2004 lehnte die Beklagte die Gewährung von Sozialhilfe ab dem 01.05.2004 ab, da der Kläger über drei Personalcomputer verfüge, die als verwertbares Vermögen im Sinne des § 88 Abs. 1 u. 2 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) anzusehen seien und somit nach entsprechender Verwertung (Veräußerung zur Sicherstellung seines Lebensunterhalts) anzusetzen seien.

Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und trug vor, ein Computer diene ihm zur Führung des doch recht erheblichen Schriftverkehrs u. a. mit dem Sozialamt und zur beruflichen Weiterbildung sowie der Erzielung von Arbeitseinkommen und sei aus Erträgen einer selbstständigen Tätigkeit bereits vor vielen Jahren angeschafft worden. Das Gerät sei veraltet und somit bestenfalls als Computerschrott zu verwerten, da ein angemessener Verkaufspreis nicht zu erzielen sei. Andere Computer seien nicht sein Eigentum, sondern ihm von Verwandten leihweise zur Verfügung gestellt worden. Weiteres Vermögen liege nicht vor, hingegen würden zwischenzeitlich aber Mahnbescheide bezüglich seiner Hausrat- und Haftpflichtversicherung existieren.

Mit Widerspruchsbescheid vom 22.02.2005 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte sie u. a. aus, dass Nichtvorhandensein eigener Mittel sei Tatbestandsmerkmal für den Anspruch auf Sozialhilfe. Zweifel an der Einkommens- und Vermögenslosigkeit müsse der Hilfeempfänger durch eine ins Einzelne gehende Darstellung beseitigen (Hinweis auf die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts [OVG] Münster). Die Nichtaufklärbarkeit der anspruchsbegründenden Tatbestandsmerkmale der Sozialhilfe gehe zu seinen Lasten. Alleine die Mitteilung des Polizeipräsidiums H über die Durchsuchung vom 23.04.2004 und über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wegen Ausübung einer bisher nicht bekannten gewerblichen Tätigkeit rechtfertige die Einstellung der Leistungen. Darüber hinaus sei auch bekannt geworden, dass der Kläger öfter einen Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen 000 genutzt habe. Hierbei handele es sich um einen Firmenwagen des Produktionsteams N C. Zudem seien diverse Internetauftritte bekannt geworden. Die aus seinen Kontoauszügen ersichtlichen Einkünfte und Ausgaben des Klägers ließen darauf schließen, dass neben den bekannten Einnahmen (Arbeitslosenhilfe von durchschnittlich 542,- Euro monatlich, Wohngeld von monatlich 76,- Euro und und ab 01.07.2004 165,- Euro Netto-Verdienst monatlich) unbekannte weitere Einkünfte (von Mai bis Mitte Oktober seien Einzahlungen auf dem Konto in Höhe von 596,50 Euro) erzielt worden seien. Als Ausgaben seien erhebliche Telefonkosten aufgeführt sowie Kraftfahrzeugsteuer für einen Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen 001 sowie für ein weiteres Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen 002. Trotz der Behauptung völliger Mittellosigkeit sei es dem Kläger möglich gewesen, am 04.10.2004 für einen Betrag von 10,- Euro Lotto zu spielen und bei der Firma Computer N für 239,49 Euro einzukaufen. Zudem werde monatlich ein Betrag von 39,95 Euro an die J GmbH gezahlt, die Server-Systeme für Internet-Anwendungen vermiete. Schließlich sei von Einkünften in nicht bekannter Höhe aus einer Tätigkeit als Discjockey auszugehen. Die hierfür benötigten Geräte stellten einen nicht unerheblichen Vermögenswert dar. Der Kläger habe darüber hinaus bezüglich der geringfügigen Beschäftigung bei der Fa. C in I unzutreffende Angaben gemacht. Er habe angegeben, dass er seinen Privatwagen für Fahrten zu verschiedenen Einsatzorten habe nutzen müssen. Dies sei jedoch offensichtlich falsch, da er in der Vergangenheit mehrfach beobachtet worden sei, wie er den bereits benannten Wagen mit dem amtlichen Kennzeichen 000 genutzt habe. Da der Wagen jeweils zu privaten Fahrten (etwa zur Polizei und zum Fachbereich Soziales der Beklagten) genutzt worden sei, sei zu unterstellen, dass er ihn erst recht für berufliche Dinge in Anspruch habe nehmen können. Insgesamt sei daher festzustellen, dass er über nicht näher bekannte Einkommens- und Vermögensverhältnisse verfüge, die erhebliche Zweifel an seiner Mittellosigkeit hervorriefen.

Mit seiner am 23.03.2005 beim Verwaltungsgericht (VG) Gelsenkirchen erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren auf Zahlung ergänzender Sozialhilfe für den o. g. Zeitraum weiter. Er trägt vor, die Tätigkeit als Discjockey sei der Beklagten bekannt. Alle Einnahmen aus der Tätigkeit würden unter der Steuernummer 000 beim Finanzamt H versteuert. Für diese Tätigkeit unterhalte er einen Pkw-Anhänger (002). Das für die Tätigkeit benötigte Equipment sei im Jahre 2002 gestohlen und dieserhalb Anzeige erstattet worden. Für die DJ-Tätigkeit benötigtes Equipment habe er dann bei Verleihfirmen anmieten müssen, jedoch selbst transportieren müssen. Im streitigen Zeitraum habe er keinerlei Einnahmen aus der Tätigkeit als DJ gehabt, schon weil die Sozialhilfe eingestellt worden und die PCs beschlagnahmt worden seien. Es treffe zu, dass er mit dem Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen 000 unterwegs gewesen sei, allerdings lediglich um zwischengelagerte Wohnungseinrichtungsgegenstände zu transportieren. Bezüglich der Internet-Auftritte sei darauf hinzuweisen, dass er bei der Fa. J GmbH einen kompletten web-Server zum Preis von monatlich 39,95 Euro angemietet habe, auf welchem u. a. die Internet-Auftritte www.de, www.de, www.de und www.de lägen. Jeder dieser Internet-Accounts sei mit einem Impressum versehen, in welchem sein voller Name bzw. sein eingetragener Künstlername sowie seine Steuernummer und/oder Umsatzsteuer-ID-Nummer angegeben seien. Sämtliche Zahlungen seien auf Kontoauszügen dokumentiert. Ein Großteil der monatlichen Kosten werde refinanziert durch Freunde, die die Domain-Gebühren sowie weitere anteilige Kosten für die eigene Internet-Seite an ihn zahlten. Des Weiteren würden anteilige Kosten für die von ihm gehosteten Domains des Herrn C (www.com und www.de) getragen. Seit 2005 seien weitere Kunden hinzugekommen. Für das Jahr 2004 habe er sicherlich keinerlei Gewinne aus dem Serverbetrieb erzielt haben. Es sei aber ein guter Start in einen selbstständigen Nebenerwerb gewesen. Aus den von ihm als Administrator betreuten Internetseiten www.de, www.de etc. habe er keine Einkünfte. Er habe seinen Lebensunterhalt u. a. dadurch bestritten, dass seine Schwester B T aus H ihn regelmäßig zum Mittagsessen eingeladen und ihm auch Geld geliehen habe. Er seinerseits habe seine Schwester mit seinem Fahrzeug zu Einkäufen und Ärzten gefahren. Das hierfür für Betankungen verauslagte Geld habe er von seiner Schwester in bar zurückerhalten. Er habe dies nur bei Bedarf aus sein Konto eingezahlt, wenn der Überziehungsrahmen für weitere Zahlvorgänge nicht mehr ausreichte. Weitere Einzahlungen oder Geldbewegungen auf seinem Konto erklärten sich durch von seiner Schwester B T geliehenes Bargeld.

Das VG Gelsenkirchen hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 12.04.2005 an das Sozialgericht (SG) Gelsenkirchen verwiesen.

Nachdem der Kläger Kontoauszüge für den Zeitraum 01.06. bis 31.12.2004 übersandt hatte, hat das SG nach Beiziehung von Akten der Staatsanwaltschaft F (000) den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 02.08.2005 abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, aus der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft F ergebe sich, dass der Kläger unter seinem Künstlernamen D U eine Internet-Firma "I IT-Service web-design and hosting" betreibe. Laut Angaben auf der Internetseite seien im Monat März 2004 über 500 Besucher auf der Seite registriert gewesen. Diese Seite enthalte Preislisten für verschiedene Tätigkeiten. Unter seinem Künstlernamen sei er auch bei der E eG gemeldet. Der Kläger habe bei seiner verantwortlichen Vernehmung angegeben, dass er sich dessen bewusst sei, dass er eine gewerbliche Tätigkeit ausübe. Diese Tätigkeit habe er beim Arbeitsamt nicht angegeben. Außerdem seien in der Ermittlungsakte Rechnungen aus dem Jahre 2004 enthalten, die er unter seinem Künstlernamen seinen Kunden in Rechnung gestellt habe. Zudem existiere eine Vereinbarung zwischen Frau I X und dem Kläger unter seinem Künstlernamen vom 30.07.2001 über eine Zusammenarbeit ihrer beiden Internetfirmen. Nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft sei dieser Vertrag bislang ungekündigt. Diese Feststellungen sowie die bereits von der Beklagten vorgetragenen Gründe ließen es hinreichend wahrscheinlich erscheinen, dass der Kläger über bislang nicht angegebenes Einkommen und Vermögen verfügte.

Gegen den ihm am 12.08.2005 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 12.09.2005 Beschwerde eingelegt. Zur Begründung hat er vorgetragen, aus seiner Internettätigkeit keinerlei Gewinne erzielt zu haben. Vielmehr müsse er monatlich ca. 10,- Euro aus eigenen Mitteln aufbringen, um den Betrieb aufrecht zu erhalten. Von ihm erstellte Rechnungen aus dem Jahre 2004 seien bisher teilweise nicht bezahlt worden; ein Gewinn sei im Jahre 2004 nicht erzielt worden. Auch aus einer Zusammenarbeit mit der Internetfirma seiner Schwester resultierten keine Einkünfte. Zwar existierten keine schriftlichen Kündigungen, die Parteien seien sich seit langem jedoch einig, keine weitere Zusammenarbeit mehr auszuüben. Der Sohn der Schwester habe ein Zivilverfahren vor dem Amtsgericht Gelsenkirchen (000) gegen den Kläger geführt. Nebenverdienste des Klägers aus einer Tätigkeit bei der Fa. C seien mitgeteilt worden. Die Beklagte habe ohne Bescheidung die Leistungen zunächst einfach eingestellt und erst zwei Monate später einen Bescheid erlassen.

Auf Veranlassung des Senats hat der Kläger eine Aufstellung über Einnahmen und Ausgaben der von ihm betriebenen Firma I für die Jahre 2004 und 2005 vorgelegt. Nach dieser Aufstellung ergibt sich für das Jahr 2004 ein Verlust von 653,64 Euro, der daraus resultiert, dass den Serverkosten (Rechnungen der Fa. J GmbH) lediglich Einnahmen aus drei Rechnungen der Kunden B und (zweimal) F gegenüberstünden. Kopien dieser Rechnungen hat der Kläger zu den Akten gereicht. Die Abrechung für das Jahr 2005 weist einen Verlust von 289,76 Euro aus. Die Aufstellung über Einnahmen und Verluste wurde erstellt, nachdem der Kläger die von der Staatsanwaltschaft in Essen beschlagnahmten Computer bzw. Festplatten zum Teil zurückerhalten hatte.

Die Beklagte hat darauf hingewiesen, der Umfang der Rechnung sowie die Höhe der ausgestellten Rechnungen sei nicht bekannt. Der Kläger habe auch lediglich angegeben, dass Rechnungen "teilweise" bis heute nicht bezahlt seien; dies spreche dafür, dass der andere Teil der Rechnungen bezahlt worden sei und er somit über Einkommen verfügt haben ...

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Verwaltungsakte der Beklagten sowie der beigezogenen Akten des Amtsgerichts Gelsenkirchen (000) sowie des Finanzamts für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung, C (000) und Auszüge aus den Akten der Staatsanwaltschaft F (000) Bezug genommen, der der Entscheidung des Senats zugrunde liegt.

II.

Die zulässige Beschwerde des Antragstellers, der das SG nicht abgeholfen hat (Nichtabhilfebeschluss vom 15.09.2005), ist begründet.

Die Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) gemäß den §§ 73 a Sozialgerichtsgesetz (SGG), 114 ff. Zivilprozessordnung (ZPO) liegen vor. Der Klage können nach dem Ergebnis der gebotenen summarischen Prüfung Erfolgsaussichten nicht abgesprochen werden.

Gemäß der hier noch anzuwendenden Vorschrift des § 11 Abs. 1 S. 1 BSHG war Hilfe zum Lebensunterhalt dem zu gewähren, der seinen notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem aus seinem Einkommen und Vermögen, beschaffen konnte.

Diese Voraussetzungen könnte bei dem Kläger nicht ohne weitere Ermittlungen verneint werden. Zwar ist das Nichtvorhandensein eigener Mittel gemäß § 11 Abs. 1 S. 1 BSHG negatives Tatbestandsmerkmal für den Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt. Auch trägt der Hilfesuchende hierfür die (objektive) Beweislast. Wenn - nach Durchführung der im Einzelfall gebotenen Tatsachenfeststellungen - Zweifel daran verbleiben, dass der Hilfesuchende seinen notwendigen Lebensunterhalt tatsächlich nicht aus eigenen Mitteln beschaffen kann, geht dies zu Lasten des Hilfesuchenden mit der Folge, dass kein Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt besteht.

Der Senat sieht insoweit keinerlei Veranlassung, von der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) insoweit abzuweichen (vgl. etwa Urteil vom 02.06.1965, Az.: V C 63.64 BVerwGE 21, 208 = FEVS 13, 201; Urteil vom 28.03.1974, Az.: V C 27.73 BVerwGE 45, 131 = FEVS 22, 301, 303; vgl. auch OVG NRW, Urteil vom 28.02.1998 - 8 A 5181/95, NVwZ-RR 199, 125). Hieraus hat das OVG NRW abgeleitet, dass aus der Beweislast auch die Darlegungslast des Hilfesuchenden folge. Es sei dessen Aufgabe, dem Sozialamt die den Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt begründenden Umstände zur Kenntnis zu geben und auf Verlangen in geeigneter Weise zu belegen. Dies folge aus § 60 Abs. 1 Nr. 1 und 3 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I). Bestünden im Einzelfall aus konkretem Anlass Zweifel daran, dass der Hilfesuchende tatsächlich hilfebedürftig im Sinne von § 11 Abs. 1 BSHG sei, gehöre es deshalb auch zu seinen Obliegenheiten, diese Zweifel durch Darlegung geeigneter Tatsachen auszuräumen. Fehle es bereits an einem ausreichenden Sachvortrag, sei es nicht Aufgabe des Verwaltungsgerichts, den Anspruch durch eine Beweisaufnahme schlüssig zu machen.

Welche Bedeutung diesen Ausführungen des OVG NRW im Hinblick auf die Amtsermittlungspflichten der Behörden und auch der Sozialgerichte im Einzelfall zukommt, bedarf hier letztlich keiner Entscheidung. Der Kläger ist den Vorwürfen der Beklagten weitestgehend schlüssig entgegen getreten. Ohne weitere Ermittlungen sind hinreichende Feststellungen zu den Tatbestandsvoraussetzungen des § 11 BSHG und insbesondere der Hilfebedürftigkeit des Klägers nicht möglich. Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass sich - insbesondere auch aus den beigezogenen Akten der Staatsanwaltschaft F sowie des Finanzamts für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung C - keine konkreten Angaben zu Einkünften des Klägers im streitigen Zeitraum entnehmen lassen, die über die Leistungen der Bundesagentur sowie Einkünfte aus einer geringfügigen Beschäftigung hinausgingen. Der Kläger hat hierzu in Ergänzung seines bisherigen Vortrages, wonach er Gewinne aus - zugegebenermaßen nicht gemeldeten Gewerbebetrieb - der Fa. I nicht habe erzielen können, eine detaillierte Aufstellung über Einnahmen und Ausgaben vorgelegt. Die von ihm vorgelegten Rechnungen finden sich auch in den beigezogenen Ermittlungsakten der Strafverfolgungsbehörden. Zu der darin darüber hinaus vorgefundenen, an einen Herrn D G gerichteten Rechnung vom 23.02.2004 hatte der Klägers bereits zuvor dargelegt, dass Leistungen durch Herrn G nicht erbracht worden seien. Hinsichtlich der Ausführungen des SG zu etwaigen Einkünften aus der Zusammenarbeit mit einer Firma seiner Schwester I T ist den Akten der Staatsanwaltschaft zu entnehmen, dass zwischen dem Kläger und seiner Schwester im Zusammenhang mit den Auseinandersetzungen des Klägers mit seinem Neffen erhebliche Verstimmungen dokumentiert sind und keinerlei Anzeichen für eine weitere Zusammenarbeit auch im hier streitigen Zeitraum bestehen. Der vom SG hervorgehobene Umstand , dass die Internetseite www.de (Stand: März 2004) von 500 Personen besucht worden war, lässt Rückschlüsse auf Einnahmen nicht ohne weiteres zu, auch wenn der Kläger auf dieser Internetseite seine Dienste grundsätzlich gegen Bezahlung anbietet. Insbesondere sind den vorgelegten Kontoauszügen des Klägers wesentliche Einnahmen, die der Kläger nicht zu erklären vermag, nicht zu entnehmen. Weder die Verwaltung noch das SG ist den diesbezüglichen Angaben des Klägers im Einzelnen nachgegangen. Dies gilt auch für seine Angaben, er habe seinen Lebensunterhalt u. a. dadurch bestritten, dass er bei seiner (anderen) Schwester in H gegessen und von dieser auch Barmittel erhalten habe. Die Vorwürfe im Widerspruchsbescheid zum Lotto-Spiel des Klägers (einmalig in Höhe von 10 EUR) erlauben keine substantiierten Rückschlüsse auf eine ggf. nicht vorhandene Hilfebedürftigkeit des Klägers. Zu dem Vorwurf, er habe Computerzubehör gekauft, hat der Kläger seinerseits vorgetragen, er habe Verbindlichkeiten bei seiner Schwester getilgt. Auch diesen Angaben des Klägers wird im Zuge weiterer Ermittlungen ggf. nachzugehen sein.

Insbesondere die Beklagte macht es sich zu einfach, wenn sie, ohne dem Kläger konkret aufzugeben, welche Zweifel er ausräumen soll, aus der verschwiegenen Mitteilung über eine (selbstständige und gewerbliche) Tätigkeit in der IT-Branche auf Einnahmen in einer Hilfebedürftigkeit ausschließenden Höhe zu schließen. Weiteren Ermittlungen wird auch vorbehalten bleiben, zu klären, ob der Kläger verwertbares Einkommen in Gestalt technischer Geräte zur Verfügung gehabt hätte. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass seit April 2004 sämtliche Computer, auch über den 31.12.2004 hinaus infolge der Beschlagnahme dem Zugriff des Klägers entzogen waren. Dem Vortrag des Klägers, insoweit habe nur ein Teil der Computer in seinem Eigentum gestanden (dies erscheint nach seinen Äußerungen im Ermittlungsverfahren zweifelhaft), wird weiter nachzugehen sein; ebenso den Angaben des Antragstellers zum Alter der seinerzeit beschlagnahmten Hardware. Insoweit dürften Zweifel an der materiellen Verwertbarkeit auszuräumen sein. Hinsichtlich etwaigen, ggf. verwertbaren Vermögens in Gestalt von Equipment zur Durchführung seines (gemeldeten) Gewerbes als Discjockey liegen konkrete Feststellungen nicht vor. Der Vortrag des Klägers, sein Equipment sei gestohlen worden, ist bisher nicht zu widerlegen. Einkünfte aus seiner Tätigkeit als Discjockey im streitbefangenen Zeitraum sind nicht ersichtlich und schon gar nicht dokumentiert. Den vorliegenden Unterlagen ist lediglich zu entnehmen, dass der Kläger sich in der Vergangenheit durch seine Tätigkeit als Discjockey ein gewisses Renommee hat sichern können. Selbst die Internetrecherche der Beklagten belegt Tätigkeiten insbesondere in zumindest zeitlicher Nähe zum streitigen Zeitraum nicht.

Da der Kläger erst ab dem 01.07.2004 monatliche Einkünfte in Höhe von 165,- Euro aus einer geringfügigen Beschäftigung bei der Fa. C hatte, kann auch dahin stehen, in welchem Umfang ab diesem Zeitpunkt bei Anrechnung als Einkommen im Sinne des § 76 Abs. 1 BSHG überhaupt noch einen Anspruch auf ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt zugelassen hat. Hierzu hat sich die Beklagte bisher nicht geäußert. Im Rahmen der Gewährung von Prozesskostenhilfe (und der Abrechnung nach Rahmengebühren durch den Rechtsanwalt) reicht es jedenfalls aus, dass hinreichende Aussicht auf zumindest einen Teilerfolg besteht.

Kosten sind nicht zu erstatten, § 127 Abs. 4 ZPO.

Die Beschluss ist für die Beteiligten unanfechtbar, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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