Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
23
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 7 SO 33/05 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 23 B 1065/05 SO ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 21. September 2005 und der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren werden zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe (SGB XII) in Form von Hilfen zum Lebensunterhalt und Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung für den Antragsteller.
Der am. 1950 geborene Antragsteller erhielt bis zum 31. Dezember 2004 Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) vom Amt Barnim-Oderbruch.
Mit Bescheid vom 09. November 2004 stellte das Amt Barnim-Oderbruch die laufenden Leistungen nach dem BSHG ab dem 01. Januar 2005 ein und wies den Antragsteller auf die Zuständigkeit der Agentur für Arbeit hin. Hiergegen legte der Antragsteller Widerspruch ein wegen " Unrechtmäßigkeit, Erwerbsunfähigkeit nach SGB XII sowie Antragstellung auf Grundsicherungsrente ".
Am 07. Januar 2005 beantragte der Antragsteller beim Antragsgegner Sozialhilfe gemäß SGB XII sowie Grundsicherungsrente mit der Begründung, er sei zu einer Erwerbstätigkeit außerstande, weil er erwerbsunfähig sei. Mit Schreiben vom 10. Januar 2005 forderte ihn der Antragsgegner zur Einreichung weiterer Unterlagen auf und teilte ihm mit, dass sich aus den eingereichten Unterlagen kein Anhaltspunkt für eine dauerhafte Erwerbsminderung ergebe und dass beabsichtigt sei, den Antrag zur Feststellung der Erwerbsminderung an den zuständigen Rentenversicherungsträger weiterzuleiten.
Mit Schreiben vom 11. Januar 2005 teilte der Antragsgegner dem Antragsteller mit, dass sein Widerspruch voraussichtlich keinen Erfolg haben werde, da gemäß § 21 SGB XII Personen, die nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) als Erwerbsfähige dem Grunde nach leistungsberechtigt seien, keine Leistungen für den Lebensunterhalt nach SGB XII erhielten. Mit dem Hinweis, dass weder die Agentur für Arbeit noch der Rentenversicherungsträger eine Erwerbsunfähigkeit festgestellt hätten, riet der Antragsgegner dem Antragsteller, einen Antrag auf Gewährung von Arbeitslosengeld II bei der Agentur für Arbeit in Seelow zu stellen. Dem ist der Antragsteller nicht nachgekommen. Anlässlich einer persönlichen Vorsprache beim Antragsgegner am 25. Januar 2005 erklärte er, "er gehe nicht zum Arbeitsamt".
Am 30. Juni 2001 hat der Antragsteller vor dem Sozialgericht Frankfurt (Oder) beantragt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm vorläufig Leistungen zur Hilfe zum Lebensunterhalt und Leistungen zur Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zu gewähren. Er hat zudem Unterlagen eingereicht über einen stationären Klinikaufenthalt im Jahr 2003, ärztliche Unterlagen und Berichte aus den Jahren 1991 bis 1999 und einen Bescheid des Landesamtes für Soziales und Versorgung vom 21. Dezember 2004, mit dem der bei dem Antragsteller vorliegende Grad der Behinderung auf 60 festgestellt wird. Eine Klage vor dem Sozialgericht Regensburg zur Feststellung der Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit sei 1997 abgewiesen worden.
Der Antragsgegner hat erstinstanzlich beantragt, den Antrag zurückzuweisen. Ein Nachweis für die behauptete Erwerbsminderung liege nicht vor, eigene Feststellungen des Antragsgegners seien aufgrund der fehlenden Mitwirkung des Antragstellers nicht möglich gewesen. Schließlich habe gemäß § 44 a SGB II die Agentur für Arbeit festzustellen, ob beim Antragsteller eine Erwerbsminderung vorliege und bis zur Entscheidung Leistungen der Grundsicherung zu erbringen.
Das Sozialgericht Frankfurt (Oder) hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom 21. September 2005 zurückgewiesen. Die Verweisung des Antragstellers auf die Leistungsbeantragung nach dem SGB II sei nicht zu beanstanden. Da die Antragstellung beim SGB II – Träger eine zeitnahe und vorrangige Bedarfsdeckungsmöglichkeit darstelle, sei ein Anordnungsanspruch nicht zu bejahen. Anhaltspunkte für einen Ausnahmefall lägen nicht vor. Die Voraussetzungen eines Anspruchs nach § 41 Abs. 1 Nr. 2 SGB XII lägen nach summarischer Prüfung ebenfalls nicht vor. Die vorliegenden Unterlagen ergäben nicht, dass eine volle Erwerbsminderung im Sinne des Rentenrechts mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vorliegen könnte.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat. Zur Begründung trägt der Antragsteller vor: er habe einen Anspruch auf Grundsicherungsleistungen wegen dauerhafter Erwerbsminderung. Der Leistungsträger für die Grundsicherung hätte hinsichtlich der Tatbestandsvoraussetzungen, ob volle Erwerbsminderung auf Dauer vorliege, den Rententräger um Amtshilfe ersuchen können. Er sei aufgrund von Funktionsbehinderungen der Wirbelsäule, Funktionsbehinderungen des rechten Kniegelenkes, des Verlusts der linken Niere und einer Harnleitererkrankung auf Dauer nicht mehr in der Lage, mindestens 3 Stunden pro Tag erwerbstätig zu sein. Dies ergebe sich aufgrund der vorliegenden Befundberichte aus den Jahren 1999 und 1995. Inzwischen sei ihm auch mit Bescheid des Landesamtes für Soziales und Versorgung vom 12. Dezember 2005 ein Grad der Behinderung von insgesamt 70 zuerkannt worden.
Er beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 21. September 2005 aufzuheben und den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm vorläufig Leistungen zur Hilfe zum Lebensunterhalt und Leistungen zur Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zu gewähren, sowie
ihm unter Beiordnung von Rechtsanwältin S N Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt sinngemäß,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Ein Anspruch auf Gewährung von Leistungen nach Bestimmungen des SGB XII bestehe nicht. Für den Antragsteller bestehe die Möglichkeit, bis zur Feststellung der Erwerbsfähigkeit bzw. – unfähigkeit, vorrangige Leistungen nach den Vorschriften des SGB II zu erhalten. Diese Leistungen gingen der Gewährung von Leistungen der Sozialhilfe vor. Eine volle und dauerhafte Erwerbsunfähigkeit im Sinne des § 41 Abs. 1 Nr. 2 SGB XII habe der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht. Auch zum Anordnungsgrund fehle jeglicher Vortrag.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung gewesen sind.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Der Antragsteller hat weder einen Anordnungsanspruch noch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf eine streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die Notwendigkeit der vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) und der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 3 SGG i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung - ZPO -).
Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Nach § 21 Satz 1 SGB XII erhalten Personen, die nach dem SGB II leistungsberechtigt sind, - vom Ausnahmefall des § 34 SGB XII abgesehen - keine Leistungen für den Lebensunterhalt nach dem SGB XII; eine entsprechende Ausschlussregelung ist in § 5 Abs. 2 Satz 1 SGB II normiert. Leistungen nach dem SGB II erhalten gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II Personen, die u. a. das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, erwerbsfähig und hilfebedürftig sind. Nach der gesetzlichen Definition in § 8 Abs. 1 SGB II ist erwerbsfähig, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbsfähig zu sein. Dass der 1950 geborene Antragsteller weniger als drei Stunden leistungsfähig ist, vermag der Senat bei der in diesem Verfahren gebotenen summarischen Prüfung auch unter Würdigung von dessen Vorbringen mangels aussagekräftiger aktueller ärztlicher Unterlagen nicht zu bejahen. Insoweit wird im Übrigen zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts in dem angefochtenen Beschluss Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG analog). Aber selbst wenn die Darstellung des Antragstellers zuträfe, dass er voll erwerbsgemindert sei, könnte er bis zur zweifelsfreien Klärung seiner Erwerbsfähigkeit Leistungen nach dem SGB XII nicht verlangen, denn auch dann wären nach § 44a Satz 3 SGB II einstweilen Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II zu erbringen. Ob der "Arbeitsuchende" erwerbsfähig und hilfebedürftig ist, stellt gemäß § 44 a SGB II die Agentur für Arbeit fest. Teilt der kommunale Träger oder ein anderer Leistungsträger, der bei voller Erwerbsminderung zuständig wäre, die Auffassung der Agentur für Arbeit nicht, entscheidet eine Einigungsstelle. Gemäß § 44a Satz 3 SGB II erbringen bis zur Entscheidung der Einigungsstelle die Agentur für Arbeit und der kommunale Träger Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Zu diesen Leistungen gehört das Arbeitslosengeld II, das sind die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der Kosten für Unterkunft und Heizung (vgl. § 19 SGB II).
Den für Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende erforderlichen Antrag (§ 37 Abs. 1 SGB II) hat der Antragsteller indes trotz wiederholter Aufforderungen – zuletzt durch das JobCenter Märkisch-Oderland - sowie gerichtlicher Verfügungen des Sozialgerichts und des Senats nicht gestellt. Dass er das nicht getan hat, begründet indes keine Zuständigkeit der Antragsgegnerin. Es liegt nicht in der Hand des Hilfebedürftigen, durch Verweigerung der Mitwirkung (vgl. § 60 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch – SGB I) das Eintreten des Trägers der Sozialhilfe zu erzwingen (so auch Beschlüsse des Landessozialgerichts Hamburg vom 28. Januar 2005 - L 3 B 16/05 ER SO - und vom 22. März 2005 - L 3 B 46/05 ER SO -, Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 1. Juni 2005 – L 7 SO 1840/05 ER-B - (jeweils veröffentlicht in JURIS)
Darüber hinaus hat der Antragsteller auch einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Der Antragsteller bezieht seit 1. Januar 2005 keine Hilfe zum Lebensunterhalt mehr. Dennoch kommt er seinen Mitwirkungspflichten nicht nach, obwohl er seit Monaten ohne Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums ist. Seine im Oktober 2005 eingelegte Beschwerde hat er erstmals unter dem 15. Dezember 2005 begründet. Eine die Dringlichkeit einstweiligen Rechtsschutzes gebietende Notlage lässt sich unter diesen Umständen nicht erkennen. Im Übrigen besteht für die beantragte vorläufige Regelung durch das Gericht auch deswegen keine Notwendigkeit, weil es der Antragsteller in der Hand hat, eine etwaige Notlage durch die Beantragung von Leistungen nach dem SGB II bei der für ihn zuständigen Arbeitsgemeinschaft Job Center Märkisch-Oderland zu beseitigen.
Mangels Erfolgsaussichten war auch der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abzulehnen (vgl. § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 114 ZPO).
Die Kostenentscheidung findet ihre Grundlage in § 193 SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe (SGB XII) in Form von Hilfen zum Lebensunterhalt und Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung für den Antragsteller.
Der am. 1950 geborene Antragsteller erhielt bis zum 31. Dezember 2004 Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) vom Amt Barnim-Oderbruch.
Mit Bescheid vom 09. November 2004 stellte das Amt Barnim-Oderbruch die laufenden Leistungen nach dem BSHG ab dem 01. Januar 2005 ein und wies den Antragsteller auf die Zuständigkeit der Agentur für Arbeit hin. Hiergegen legte der Antragsteller Widerspruch ein wegen " Unrechtmäßigkeit, Erwerbsunfähigkeit nach SGB XII sowie Antragstellung auf Grundsicherungsrente ".
Am 07. Januar 2005 beantragte der Antragsteller beim Antragsgegner Sozialhilfe gemäß SGB XII sowie Grundsicherungsrente mit der Begründung, er sei zu einer Erwerbstätigkeit außerstande, weil er erwerbsunfähig sei. Mit Schreiben vom 10. Januar 2005 forderte ihn der Antragsgegner zur Einreichung weiterer Unterlagen auf und teilte ihm mit, dass sich aus den eingereichten Unterlagen kein Anhaltspunkt für eine dauerhafte Erwerbsminderung ergebe und dass beabsichtigt sei, den Antrag zur Feststellung der Erwerbsminderung an den zuständigen Rentenversicherungsträger weiterzuleiten.
Mit Schreiben vom 11. Januar 2005 teilte der Antragsgegner dem Antragsteller mit, dass sein Widerspruch voraussichtlich keinen Erfolg haben werde, da gemäß § 21 SGB XII Personen, die nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) als Erwerbsfähige dem Grunde nach leistungsberechtigt seien, keine Leistungen für den Lebensunterhalt nach SGB XII erhielten. Mit dem Hinweis, dass weder die Agentur für Arbeit noch der Rentenversicherungsträger eine Erwerbsunfähigkeit festgestellt hätten, riet der Antragsgegner dem Antragsteller, einen Antrag auf Gewährung von Arbeitslosengeld II bei der Agentur für Arbeit in Seelow zu stellen. Dem ist der Antragsteller nicht nachgekommen. Anlässlich einer persönlichen Vorsprache beim Antragsgegner am 25. Januar 2005 erklärte er, "er gehe nicht zum Arbeitsamt".
Am 30. Juni 2001 hat der Antragsteller vor dem Sozialgericht Frankfurt (Oder) beantragt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm vorläufig Leistungen zur Hilfe zum Lebensunterhalt und Leistungen zur Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zu gewähren. Er hat zudem Unterlagen eingereicht über einen stationären Klinikaufenthalt im Jahr 2003, ärztliche Unterlagen und Berichte aus den Jahren 1991 bis 1999 und einen Bescheid des Landesamtes für Soziales und Versorgung vom 21. Dezember 2004, mit dem der bei dem Antragsteller vorliegende Grad der Behinderung auf 60 festgestellt wird. Eine Klage vor dem Sozialgericht Regensburg zur Feststellung der Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit sei 1997 abgewiesen worden.
Der Antragsgegner hat erstinstanzlich beantragt, den Antrag zurückzuweisen. Ein Nachweis für die behauptete Erwerbsminderung liege nicht vor, eigene Feststellungen des Antragsgegners seien aufgrund der fehlenden Mitwirkung des Antragstellers nicht möglich gewesen. Schließlich habe gemäß § 44 a SGB II die Agentur für Arbeit festzustellen, ob beim Antragsteller eine Erwerbsminderung vorliege und bis zur Entscheidung Leistungen der Grundsicherung zu erbringen.
Das Sozialgericht Frankfurt (Oder) hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom 21. September 2005 zurückgewiesen. Die Verweisung des Antragstellers auf die Leistungsbeantragung nach dem SGB II sei nicht zu beanstanden. Da die Antragstellung beim SGB II – Träger eine zeitnahe und vorrangige Bedarfsdeckungsmöglichkeit darstelle, sei ein Anordnungsanspruch nicht zu bejahen. Anhaltspunkte für einen Ausnahmefall lägen nicht vor. Die Voraussetzungen eines Anspruchs nach § 41 Abs. 1 Nr. 2 SGB XII lägen nach summarischer Prüfung ebenfalls nicht vor. Die vorliegenden Unterlagen ergäben nicht, dass eine volle Erwerbsminderung im Sinne des Rentenrechts mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vorliegen könnte.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat. Zur Begründung trägt der Antragsteller vor: er habe einen Anspruch auf Grundsicherungsleistungen wegen dauerhafter Erwerbsminderung. Der Leistungsträger für die Grundsicherung hätte hinsichtlich der Tatbestandsvoraussetzungen, ob volle Erwerbsminderung auf Dauer vorliege, den Rententräger um Amtshilfe ersuchen können. Er sei aufgrund von Funktionsbehinderungen der Wirbelsäule, Funktionsbehinderungen des rechten Kniegelenkes, des Verlusts der linken Niere und einer Harnleitererkrankung auf Dauer nicht mehr in der Lage, mindestens 3 Stunden pro Tag erwerbstätig zu sein. Dies ergebe sich aufgrund der vorliegenden Befundberichte aus den Jahren 1999 und 1995. Inzwischen sei ihm auch mit Bescheid des Landesamtes für Soziales und Versorgung vom 12. Dezember 2005 ein Grad der Behinderung von insgesamt 70 zuerkannt worden.
Er beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 21. September 2005 aufzuheben und den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm vorläufig Leistungen zur Hilfe zum Lebensunterhalt und Leistungen zur Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zu gewähren, sowie
ihm unter Beiordnung von Rechtsanwältin S N Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt sinngemäß,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Ein Anspruch auf Gewährung von Leistungen nach Bestimmungen des SGB XII bestehe nicht. Für den Antragsteller bestehe die Möglichkeit, bis zur Feststellung der Erwerbsfähigkeit bzw. – unfähigkeit, vorrangige Leistungen nach den Vorschriften des SGB II zu erhalten. Diese Leistungen gingen der Gewährung von Leistungen der Sozialhilfe vor. Eine volle und dauerhafte Erwerbsunfähigkeit im Sinne des § 41 Abs. 1 Nr. 2 SGB XII habe der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht. Auch zum Anordnungsgrund fehle jeglicher Vortrag.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung gewesen sind.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Der Antragsteller hat weder einen Anordnungsanspruch noch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf eine streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die Notwendigkeit der vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) und der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 3 SGG i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung - ZPO -).
Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Nach § 21 Satz 1 SGB XII erhalten Personen, die nach dem SGB II leistungsberechtigt sind, - vom Ausnahmefall des § 34 SGB XII abgesehen - keine Leistungen für den Lebensunterhalt nach dem SGB XII; eine entsprechende Ausschlussregelung ist in § 5 Abs. 2 Satz 1 SGB II normiert. Leistungen nach dem SGB II erhalten gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II Personen, die u. a. das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, erwerbsfähig und hilfebedürftig sind. Nach der gesetzlichen Definition in § 8 Abs. 1 SGB II ist erwerbsfähig, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbsfähig zu sein. Dass der 1950 geborene Antragsteller weniger als drei Stunden leistungsfähig ist, vermag der Senat bei der in diesem Verfahren gebotenen summarischen Prüfung auch unter Würdigung von dessen Vorbringen mangels aussagekräftiger aktueller ärztlicher Unterlagen nicht zu bejahen. Insoweit wird im Übrigen zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts in dem angefochtenen Beschluss Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG analog). Aber selbst wenn die Darstellung des Antragstellers zuträfe, dass er voll erwerbsgemindert sei, könnte er bis zur zweifelsfreien Klärung seiner Erwerbsfähigkeit Leistungen nach dem SGB XII nicht verlangen, denn auch dann wären nach § 44a Satz 3 SGB II einstweilen Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II zu erbringen. Ob der "Arbeitsuchende" erwerbsfähig und hilfebedürftig ist, stellt gemäß § 44 a SGB II die Agentur für Arbeit fest. Teilt der kommunale Träger oder ein anderer Leistungsträger, der bei voller Erwerbsminderung zuständig wäre, die Auffassung der Agentur für Arbeit nicht, entscheidet eine Einigungsstelle. Gemäß § 44a Satz 3 SGB II erbringen bis zur Entscheidung der Einigungsstelle die Agentur für Arbeit und der kommunale Träger Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Zu diesen Leistungen gehört das Arbeitslosengeld II, das sind die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der Kosten für Unterkunft und Heizung (vgl. § 19 SGB II).
Den für Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende erforderlichen Antrag (§ 37 Abs. 1 SGB II) hat der Antragsteller indes trotz wiederholter Aufforderungen – zuletzt durch das JobCenter Märkisch-Oderland - sowie gerichtlicher Verfügungen des Sozialgerichts und des Senats nicht gestellt. Dass er das nicht getan hat, begründet indes keine Zuständigkeit der Antragsgegnerin. Es liegt nicht in der Hand des Hilfebedürftigen, durch Verweigerung der Mitwirkung (vgl. § 60 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch – SGB I) das Eintreten des Trägers der Sozialhilfe zu erzwingen (so auch Beschlüsse des Landessozialgerichts Hamburg vom 28. Januar 2005 - L 3 B 16/05 ER SO - und vom 22. März 2005 - L 3 B 46/05 ER SO -, Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 1. Juni 2005 – L 7 SO 1840/05 ER-B - (jeweils veröffentlicht in JURIS)
Darüber hinaus hat der Antragsteller auch einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Der Antragsteller bezieht seit 1. Januar 2005 keine Hilfe zum Lebensunterhalt mehr. Dennoch kommt er seinen Mitwirkungspflichten nicht nach, obwohl er seit Monaten ohne Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums ist. Seine im Oktober 2005 eingelegte Beschwerde hat er erstmals unter dem 15. Dezember 2005 begründet. Eine die Dringlichkeit einstweiligen Rechtsschutzes gebietende Notlage lässt sich unter diesen Umständen nicht erkennen. Im Übrigen besteht für die beantragte vorläufige Regelung durch das Gericht auch deswegen keine Notwendigkeit, weil es der Antragsteller in der Hand hat, eine etwaige Notlage durch die Beantragung von Leistungen nach dem SGB II bei der für ihn zuständigen Arbeitsgemeinschaft Job Center Märkisch-Oderland zu beseitigen.
Mangels Erfolgsaussichten war auch der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abzulehnen (vgl. § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 114 ZPO).
Die Kostenentscheidung findet ihre Grundlage in § 193 SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
BRB
Saved