Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 14 RJ 443/00
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 6 RJ 92/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 RJ 204/04 B
Datum
Kategorie
Urteil
I. Das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 27.02.2003 wird aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist der Beginn der Regelaltersrente der Klägerin und Berufungsbeklagten.
Die am ...1932 geborene Berufungsbeklagte war zuletzt als Gastwirtin in F ... selbstständig tätig und war seit 1996 in L ... wohnhaft. Ein von der Klägerin gestellter Formblattantrag auf Zahlung einer Regelaltersrente, auf dem als Datum der Antragstellung der 26.03.1998 von der Berufungsbeklagten eingetragen worden war, war laut Eingangsstempel der LVA Hessen am 26.02.1999 dort eingegangen. Die Rentenakte enthält zudem einen Bildschirmausdruck der LVA Hessen, wonach am 03.02.1999 ein formloser Antrag der Berufungsbeklagten gestellt worden war.
Die Berufungsklägerin bewilligte der Berufungsbeklagten mit Bescheid vom 18.11.1999 Regelaltersrente mit Beginn der Rente ab 01.02.1999 in Höhe von 245,12 DM.
Dagegen legte der Prozessbevollmächtigte der Berufungsbeklagten Widerspruch ein mit der Begründung, er habe für seine Mandantin per Telefax am 27.03.1998 formlos einen Rentenantrag gestellt. Dem Sendebericht vom 27.03.1998 sei zu entnehmen, dass die Übertragung von zwei Seiten an die Nr ... erfolgreich (ok) war. Es habe sich um den Antrag und die Vollmacht gehandelt. Diese Dokumente seien in seiner Handakte abgeheftet. Die Sendeberichte würden immer den übertragenen Schreiben angeheftet.
Die Berufungsklägerin erließ am 27.04.2000 einen geänderten Rentenbescheid, mit dem dem Widerspruch, der auch wegen weiterer geltend gemachter Beitragszeiten erhoben worden war, teilweise abgeholfen wurde.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12.07.2000 war der Widerspruch im Übrigen hinsichtlich des geltend gemachten Rentenbeginns zurückgewiesen worden. Der vom Bevollmächtigten vorgelegte Sendebericht vom 27.03.1998 dokumentiere lediglich, dass an diesem Tag der LVA Sachsen Daten bzw. Angaben übermittelt worden seien. Welcher konkreten Art diese Daten waren, sei dem Sendebericht jedoch nicht zu entnehmen. Der Sendebericht beinhalte keinerlei Hinweis darauf, dass als Anlage der Antrag auf Regelaltersrente sowie die dazugehörige Vollmacht übersandt worden seien, wie dies behauptet werde. Nach der bestehenden Aktenlage habe die LVA Sachsen zum behaupteten Zeitpunkt (27.03.1998) keine Kenntnis von einer sie betreffenden empfangsbedürftigen Willenserklärung in Form eines Rentenantrages erhalten. Mit Schreiben der LVA Hessen vom 05.03.1999, der bei der LVA Sachsen am 10.03.1999 eingegangen sei, sei der LVA Sachsen zuständigkeitshalber lediglich der vom Rentenberater Sack am 03.02.1999 gestellte formlose Rentenantrag mit den dazugehörigen weiteren Unterlagen übersandt worden. Die Ermittlungen bei der LVA Hessen hätten ergeben, dass durch den Bevollmächtigten bei diesem für die Antragstellung unzuständigen Leistungsträger am 03.02.1999 ein formloser Rentenantrag gestellt worden sei und nachfolgend, am 26.02.1999, der zugehörige Formblattantrag bei der LVA Hessen eingegangen sei.
Die Berufungsbeklagte hat dagegen mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten am 03.08.2000 beim Sozialgericht Leipzig Klage erhoben. Der Klägerin sei Regelaltersrente mit Rentenbeginn am 01.02.1999 gewährt worden. Dies sei nicht korrekt, da der Antrag schon früher bei der Beklagten vorgelegen habe. Durch den Bevollmächtigten der Klägerin sei mit Schriftsatz vom 26.03.1998 ein formloser Antrag auf Regelaltersrente gestellt worden. Dieses Schreiben sei vom Bevollmächtigten am selben Tag der Beklagten gefaxt worden. Aus dem Faxprotokoll sei u.a. die Fax-Nr. der Beklagten, der genaue Sendezeitpunkt und das Sendeergebnis "ok" zu erkennen. Am 04.12.1998 sei nochmals bei der Beklagten angefragt und um die Übersendung der Antragsunterlagen gebeten worden. Aus diesem Schreiben sei klar erkennbar, dass es um einen Antrag auf Altersrente gehe. Weiterhin sei am 20.01.1999 auch die LVA Hessen angeschrieben worden.
Ein von der Berufungsklägerin erklärtes Teil-Anerkenntnis, mit dem sich diese bereiterklärt hat, den Rentenbeginn auf den 01.12.1998 vorzuverlegen, hat die Berufungsbeklagte in der mündlichen Verhandlung vom 27.02.2003 angenommen und hat im Übrigen den Antrag aufrecht erhalten, die Altersrente ab 01.01.1998 zu gewähren. Das Sozialgericht hat die Mitarbeiterin des Prozessbevollmächtigten der Klägerin I. B. als Zeugin einvernommen. Sie hat u.a. ausgesagt, dass sie alle ihr übertragenen Aufgaben immer ordentlich erledigt habe, weswegen sie keine Zweifel habe, dass sie auch den Rentenantrag vom 26.03.1998 an die Beklagte abgesandt habe. Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 27.02.2003 der Klage stattgegeben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin Altersrente ab 01.01.1998 zu gewähren. Die Entscheidung wurde im Wesentlichen darauf gestützt, dass die Klägerin bereits mit Schreiben des Bevollmächtigten vom 26.03.1998 den Antrag gestellt habe. Dieses Schreiben gelte als bei der Beklagten per Fax am 27.03.1998 zugegangen, da sie diese Darlegung der Klägerin nicht widerlegen könne. Die Beklagte habe ein Journal/Protokoll über die am 27.03.1998 eingegangenen Telefaxe nicht vorlegen können. Um wirksam bestreiten zu können, hätte die Beklagte im Einzelnen vortragen und gegebenenfalls auch Beweis dafür anbieten müssen, dass alle am 27.03.1998 bei ihr eingegangenen Telefaxe ordnungsgemäß registriert wurden und das Fax der Klägerin nicht dabei gewesen sei. Die im Wirtschafts- und Rechtsverkehr allgemein übliche Nutzung derartiger moderner Kommunikationsmittel, insbesondere für die Übermittlung eiliger Nachrichten und die bekannte generelle hohe Zuverlässigkeit bei der Übermittlung von Telefaxnachrichten rechtfertigten es, demjenigen, der sich auf den Nichtzugang eines ordnungsgemäß abgesandten Faxschreibens berufe, höhere Anforderungen hinsichtlich des Bestreitens aufzuerlegen. Das vorgelegte Sendejournal zeige, dass tatsächlich zwei Seiten an die Beklagte gefaxt worden seien, was ebenfalls dafür spreche, dass tatsächlich der Rentenantrag und die Vollmacht übermittelt worden seien. Schließlich habe die Zeugin B. bekundet, dass sie damals den Rentenantrag der Klägerin ordnungsgemäß an die Beklagte gefaxt habe.
Die Beklagte und Berufungsklägerin hat gegen das ihr am 25.03.2003 zugestellte Urteil mit ihrem am 25.04.2003 beim LSG eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt. Nach ganz herrschender Meinung in der Rechtsprechung der Obersten Bundesgerichte folge der Zugang eines Schreibens beim Adressaten nicht aus dem Sendebericht eines Faxgerätes mit dem Status-Bericht "ok" beim Absender. Der Faxsendebericht habe auch nicht den Wert eines Anscheinsbeweises. Es gebe keinen allgemeinen Erfahrungssatz, dass Telefaxsendungen den Empfänger vollständig und richtig erreichen. Die Auffassung im Urteil, wonach grundsätzlich demjenigen, der sich im Geschäftsverkehr der Übermittlung von Telefaxnachrichten bediene, "höhere Anforderungen" hinsichtlich des Bestreitens des Zugangs aufzuerlegen seien, könne nicht überzeugen. Die Beklagte sei nicht verpflichtet, jedes per Fax eingehende Schriftstück unabhängig vom geregelten Geschäftsablauf, mit dem die Bearbeitung der eingehenden Post geregelt werde, dienstlich als Fax-Eingang gesondert zu registrieren, mit der Folge, dass bei Nichterfüllung dieser - unterstellten - Verpflichtung die LVA jede Behauptung, ein Fax sei (ausweislich des Sendeprotokolls beim Absender) erfolgreich an sie abgesendet worden, dieses als Postzugang bei sich gelten lasse müsse. Folgte man dieser Auffassung, würde damit eine völlige Umkehr der Beweislast für den Zugang von Willenserklärungen stattfinden, die im Widerspruch zur herrschenden Rechtsmeinung stehe. Durch diese Beweislastumkehr würden auch die im Sozialrecht herrschenden Beweislastregeln missachtet werden. Dem Sitzungsprotokoll sei nicht - wie vom Sozialgericht festgestellt - zu entnehmen, dass die Zeugin erklärt habe, sie habe damals den fraglichen Rentenantrag ordnungsgemäß an die Beklagte gefaxt. Dem Protokoll könne nur entnommen werden, dass die Zeugin jetzt glaubhaft vorgetragen hat, dass alle Umstände dafür sprechen, dass sie am fraglichen Tag im Jahr 1998 ordnungsgemäß ein Fax an die Geschäftsstelle der LVA versendete. Weitere Schlüsse, insbesondere über den Inhalt und den Zugang bei der LVA, ließen sich daraus nicht ziehen.
Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 27.02.2003 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin und Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte könne nicht wirksam den Zugang des Schreibens vom 26.03.1998 bestreiten. Sie vertrete weiterhin die Auffassung, dass sich aus dem Fax-Sendeprotokoll zumindest der Anscheinsbeweis des Zuganges ergebe. Darüber hinaus begründe sich der Anspruch auf Rentenzahlung ab 01.01.1998 auch nach den Grundsätzen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs. Es bestehe eine Hinweispflicht insbesondere für den Erstanspruch auf Regelaltersrente ohne vorherigen Rentenbezug einer anderen Rentenart. Mit dem rechtzeitigen Hinweis der Beklagten hätte die Klägerin vor der Bevollmächtigung im März 1998 selbst einen Rentenantrag gestellt. Wenn man der Auffassung der Beklagten folge, dass zum streitigen Zeitpunkt der Rentenantragstellung im Jahr 1998 die Beklagte ihrer Hinweispflicht wegen der unzureichenden Unterlagen nicht nachkommen konnte, so habe diese Verpflichtung für die damals kontoführende LVA Hessen bestanden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der gerichtlichen Verfahrensakten aus beiden Rechtszügen, die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten sowie auf die beigezogene Handakte des Prozessbevollmächtigten der Berufungsbeklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte (§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässige Berufung ist begründet. Das Urteil des Sozialgerichts war aufzuheben. Die Klage war abzuweisen.
Die Klägerin kann nicht, wie im Urteil des Sozialgerichts unzutreffend festgestellt, bereits ab 01.01.1998 die Zahlung von Altersrente beanspruchen, sondern erst ab 01.12.1998, dem Zeitpunkt des Rentenbeginns, den die Berufungsklägerin mit Teil-Anerkenntnis vom 14.05.2001 angeboten hatte. Der Zugang eines Rentenantrages bereits am 27.03.1998 ist nicht bewiesen.
Zwar hatte die Klägerin und Berufungsbeklagte bereits ab 01.01.1998 die materiell-rechtlichen Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug einer Altersrente erfüllt. Nach § 35 SGB VI haben Versicherte Anspruch auf Altersrente, wenn sie das 65. Lebensjahr vollendet und die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Die Klägerin hatte am 01.12.1997 das 65. Lebensjahr vollendet. Damit war der Grundanspruch, das so genannte Stammrecht, zum 01.01.1998 entstanden.
Für den Rentenbeginn, d.h. also den Zeitpunkt, ab wann der Anspruch auf die aus dem Stammrecht abgeleitete erste Einzelleistung entsteht, ist jedoch der Zeitpunkt der Antragstellung maßgebend. Dies folgt aus §§ 115 Abs. 1, 99 Abs. 1 SGB VI. Danach wird eine Rente aus eigener Versicherung von dem Kalendermonat an geleistet, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen für die Rente erfüllt sind, wenn die Rente bis zum Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats beantragt wird, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Bei späterer Antragstellung wird eine Rente aus eigener Versicherung von dem Kalendermonat an geleistet, in dem die Rente beantragt wird.
Ein Rentenbeginn bereits vor dem 01.01.1998 - wie von der Berufungsbeklagten beantragt - würde voraussetzen, dass bis spätestens 31.03.1998 ein Rentenantrag gestellt worden war.
Der Rentenantrag ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, auf die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, also die Grundsätze der §§ 116 ff. BGB entsprechend anzuwenden sind. Eine Willenserklärung ist unter Abwesenden gemäß § 130 BGB zugegangen, wenn sie so in den Bereich des Empfängers gelangt ist, dass dieser unter normalen Verhältnissen die Möglichkeit hat, vom Inhalt des Schreibens Kenntnis zu nehmen. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Willenserklärung bei einer nach § 13 Abs. 1 SGB I zuständigen Stelle zugegangen ist, liegt beim Antrags- und Erklärungspflichtigen, also bei der Berufungsbeklagten.
Der Beweis des Zuganges des Rentenantrages am 27.03.1998 bei der Berufungsklägerin ist weder duch das Telefaxsendeprotokoll noch durch die Aussage der beim Sozialgericht einvernommenen Zeugin erbracht.
Entgegen der Auffassung der Berufungsbeklagten lässt sich aus dem vorgelegten Fax-Sendebericht, wonach am 27.03.1998 zwei Seiten an die Zielnummer 03415505905 - also an die Faxnummer der Berufungsklägerin - mit dem Vermerk "ok" gesendet wurden, nicht herleiten, dass zu diesem Zeitpunkt ein Rentenantrag der Berufungsbeklagten bei der Berufungsklägerin eingegangen ist. Dies folgt auch nicht aus dem vorgelegten Faxjournal des Prozessbevollmächtigten der Berufungsbeklagten. Denn daraus ergibt sich auch nur, dass am 27.03.1998 vier Faxe vom Faxgerät des Bevollmächtigten abgesandt wurden, eines davon, das in der Beschreibung der Daten mit dem Fax-Sendebericht übereinstimmt, gerichtet an die Berufungsklägerin. Einem Bericht über die Absendung eines Telefaxes mit einem "ok"-Vermerk kommt nach ganz herrschender Rechtsprechung nicht der Wert eines Anscheinsbeweises für seinen Zugang zu (so BGH, Urteil vom 07.12.1994, Az: VIII ZR 153/93; BAG, Urteil vom 14.08.2002, Az: 5 AZR 169/01; BFH, Urteil vom 08.07.1998, Az: I R 17/96). Der Beweis des ersten Anscheins ist eine Anwendung von allgemeinen Erfahrungssätzen auf einen bestimmten Geschehensablauf in dem Sinne, dass bei einem feststehenden typischen Geschehensablauf und nach den Erfahrungen des Lebens auf eine bestimmte Ursache oder einen bestimmten Kausalverlauf geschlossen werden kann. Die Regeln über den Beweis des ersten Anscheins sind nicht anwendbar, wenn für einen Geschehensablauf zwei verschiedene Möglichkeiten in Betracht zu ziehen sind, auch wenn eine davon wahrscheinlicher ist als die andere. Es gibt keinen allgemeinen Erfahrungssatz, dass Telefaxsendungen den Empfänger vollständig und richtig erreichen (BAG a.a.O.). Bei einer Übertragung mit Telefax lassen sich auf unterschiedliche Gründe zurückzuführende Störungen, die einen Eingang beim Empfänger verhindern, auch dann nicht ausschließen, wenn das Sendeprotokoll eine ordnungsgemäße Übermittlung ausweist. So besteht die Möglichkeit, dass die Datenübertragung trotz "ok"-Vermerks im Sendebericht infolge von Leitungsstörungen oder sonstigen Gründen wie z.B. dem Senden der leeren Rückseite statt der beschriebenen Vorderseite missglückt ist. Aus dem vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin vorgelegten Sendebericht ist - im Gegensatz zu den Sendeberichten neuerer Telefaxgeräte - nicht zu erkennen, ob zwei beschriftete oder zwei unbeschriftete Seiten übertragen wurden. Auch lässt sich aus dem Sendebericht nicht entnehmen, ob tatsächlich, wie von der Berufungsbeklagten vorgetragen, der Rentenantrag und eine Vollmacht gesendet wurde. Zwar weist der Sendebericht eine bestimmte Übertragungszeit auf (55 Sekunden), es gibt jedoch keinen allgemeinen Erfahrungssatz, dass die Übermittlung von zwei beschrifteten Seiten innerhalb des Ortsnetzes von L ... 55 Sekunden dauern.
Der Beweisantrag der Berufungsbeklagten war abzulehnen. Denn auf die Feststellungen, über die Beweis erhoben werden soll, kommt es nicht an. Selbst wenn zu Gunsten der Berufungsbeklagten unterstellt würde, ihr Prozessbevollmächtigter habe zum maßgeblichen Zeitpunkt wie behauptet ein Faxgerät in Betrieb gehabt, das eine Leitungsstörung angezeigt hätte, könnte mit diesem Beweisergebnis nicht der Nachweis des rechtzeitigen Zuganges des Rentenantrages beim Empfänger geführt werden. Denn damit wäre nicht bewiesen, dass am 27.03.1998 tatsächlich der Rentenantrag per Fax an die Berufungsklägerin abgesandt worden war.
Aus der Aussage der als Zeugin einvernommenen Mitarbeiterin des Prozessbevollmächtigten der Klägerin lässt sich nicht, wie das Sozialgericht festgestellt hat, ableiten, dass sie den Rentenantrag der Klägerin an die Beklagte gefaxt hat, sondern wie die Beklagte zutreffend ausgeführt hat, allenfalls, dass sie, weil sie alle ihr übertragenen Aufgaben immer ordentlich erledigt hat, "keine Zweifel hat", dass sie auch das ihr vorgelegte Schreiben, den Rentenantrag vom 26.03.1998, an die Beklagte versandt hat. Diese Aussage beweist weder die Absendung des Rentenantrages mit Fax an die Beklagte, noch den Zugang einer Erklärung mit einem bestimmten Inhalt bei der Beklagten. Ob ein entsprechendes Telefax tatsächlich bei der Beklagten eingegangen und auf dem Weg zu der aktenbearbeitenden Stelle verloren gegangen ist, lässt sich nicht mehr klären. Bei der Beklagten wird ein Faxeingang unabhängig vom geregelten Geschäftsablauf, mit dem die Bearbeitung der eingehenden Post geregelt wird, nicht gesondert registriert. Das Risiko eines fehlgeschlagenen Zuganges der Übermittlung eines Telefaxes liegt jedoch wie bei der Übersendung von Schriftstücken auf dem Postwege beim Absender. Nach den allgemeinen im Sozialrecht geltenden Beweislastregeln trägt derjenige, der aus einer behaupteten Tatsache einen Anspruch herleiten will, die Last der Beweislosigkeit (Meyer-Ladewig, SGG, 7. Auflage, § 103 Rn 19a).
Die Auferlegung höherer Anforderungen hinsichtlich des Bestreitens des Zuganges eines ordnungsgemäß abgesandten Faxschreibens, wie sie das Sozialgericht - der Entscheidung des Thüringer OLG (Beschluss vom 09.09.2002, Az.: 6 Verg. 4/02) folgend - im konkreten Fall für geboten ansieht, ist nach Auffassung des Senats nicht gerechtfertigt. Eine derartige Rechtsansicht wäre nach Auffassung des Senats dann vertretbar, wenn einem Faxbericht der Wert eines Anscheinsbeweises für seinen Zugang zukäme.
Die Verpflichtung der Beklagten, der Klägerin bereits ab 01.01.1998 Altersrente zu gewähren, ergibt sich auch nicht aus der Verletzung von Beratungs- und Auskunftspflichten mit der Folge des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs.
Zwar kommt grundsätzlich der sozialrechtliche Herstellungsanspruch auch nach einer Verletzung der aus § 115 Abs. 6 SGB VI resultierenden Hinweispflicht auf einen Rentenantrag in Betracht. Danach sollen die Träger der Rentenversicherung die Berechtigten in geeigneten Fällen darauf hinweisen, dass sie eine Leistung erhalten können, wenn sie diese beantragen. Die nach § 115 Abs. 6 Satz 1 SGB VI bestehende Hinweispflicht ist auch nicht davon abhängig, dass die Rentenversicherungsträger noch keine gemeinsamen Richtlinien nach § 115 Abs. 6 Satz 2 SGB VI erlassen hatten. Denn es kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber die Rechtswohltat des § 115 Abs. 6 Satz 1 SGB VI den Versicherten erst dann zukommen lassen wollte, sobald die Rentenversicherungsträger sich dazu entschließen, überhaupt tätig zu werden (vgl. BSG, Urteil vom 09.12.1997, Rz: 8 RKn 1/97). Selbst wenn man im vorliegenden Fall davon ausgeht, dass es sich bei dem Hinweis auf die Möglichkeit, Regelaltersrente in Anspruch zu nehmen, um einen "geeigneten Fall" im Sinne des § 115 Abs. 6 SGB VI handelt und die Verletzung der Hinweispflicht eine mögliche Pflichtverletzung im Sinne des Sozialrechtlichen Herstellungsanspruches sein kann, so fehlt es jedenfalls an der weiteren Anspruchsvoraussetzung, nämlich an der Ursächlichkeit zwischen dieser möglichen Pflichtverletzung des Sozialleistungsträgers und dem sozialrechtlichen Nachteil eines späteren Rentenbeginns. Die Klägerin hatte für die Antragstellung ihren Prozessbevollmächtigten beauftragt. Der Rentenantrag hätte von diesem jedenfalls rechtzeitig gestellt werden können. Die Vollmacht der Klägerin für diesen datiert vom 25.03.1998.
Nach alledem hat die Beklagte zu Recht erst das Erinnerungsschreiben des Prozessbevollmächtigten vom 04.12.1998, das am 09.12.1998 bei der Beklagten eingegangen war, als Rentenantrag gewertet und hat sich bereiterklärt, der Klägerin Regelaltersrente ab dem 01.12.1998 zu bewilligen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist der Beginn der Regelaltersrente der Klägerin und Berufungsbeklagten.
Die am ...1932 geborene Berufungsbeklagte war zuletzt als Gastwirtin in F ... selbstständig tätig und war seit 1996 in L ... wohnhaft. Ein von der Klägerin gestellter Formblattantrag auf Zahlung einer Regelaltersrente, auf dem als Datum der Antragstellung der 26.03.1998 von der Berufungsbeklagten eingetragen worden war, war laut Eingangsstempel der LVA Hessen am 26.02.1999 dort eingegangen. Die Rentenakte enthält zudem einen Bildschirmausdruck der LVA Hessen, wonach am 03.02.1999 ein formloser Antrag der Berufungsbeklagten gestellt worden war.
Die Berufungsklägerin bewilligte der Berufungsbeklagten mit Bescheid vom 18.11.1999 Regelaltersrente mit Beginn der Rente ab 01.02.1999 in Höhe von 245,12 DM.
Dagegen legte der Prozessbevollmächtigte der Berufungsbeklagten Widerspruch ein mit der Begründung, er habe für seine Mandantin per Telefax am 27.03.1998 formlos einen Rentenantrag gestellt. Dem Sendebericht vom 27.03.1998 sei zu entnehmen, dass die Übertragung von zwei Seiten an die Nr ... erfolgreich (ok) war. Es habe sich um den Antrag und die Vollmacht gehandelt. Diese Dokumente seien in seiner Handakte abgeheftet. Die Sendeberichte würden immer den übertragenen Schreiben angeheftet.
Die Berufungsklägerin erließ am 27.04.2000 einen geänderten Rentenbescheid, mit dem dem Widerspruch, der auch wegen weiterer geltend gemachter Beitragszeiten erhoben worden war, teilweise abgeholfen wurde.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12.07.2000 war der Widerspruch im Übrigen hinsichtlich des geltend gemachten Rentenbeginns zurückgewiesen worden. Der vom Bevollmächtigten vorgelegte Sendebericht vom 27.03.1998 dokumentiere lediglich, dass an diesem Tag der LVA Sachsen Daten bzw. Angaben übermittelt worden seien. Welcher konkreten Art diese Daten waren, sei dem Sendebericht jedoch nicht zu entnehmen. Der Sendebericht beinhalte keinerlei Hinweis darauf, dass als Anlage der Antrag auf Regelaltersrente sowie die dazugehörige Vollmacht übersandt worden seien, wie dies behauptet werde. Nach der bestehenden Aktenlage habe die LVA Sachsen zum behaupteten Zeitpunkt (27.03.1998) keine Kenntnis von einer sie betreffenden empfangsbedürftigen Willenserklärung in Form eines Rentenantrages erhalten. Mit Schreiben der LVA Hessen vom 05.03.1999, der bei der LVA Sachsen am 10.03.1999 eingegangen sei, sei der LVA Sachsen zuständigkeitshalber lediglich der vom Rentenberater Sack am 03.02.1999 gestellte formlose Rentenantrag mit den dazugehörigen weiteren Unterlagen übersandt worden. Die Ermittlungen bei der LVA Hessen hätten ergeben, dass durch den Bevollmächtigten bei diesem für die Antragstellung unzuständigen Leistungsträger am 03.02.1999 ein formloser Rentenantrag gestellt worden sei und nachfolgend, am 26.02.1999, der zugehörige Formblattantrag bei der LVA Hessen eingegangen sei.
Die Berufungsbeklagte hat dagegen mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten am 03.08.2000 beim Sozialgericht Leipzig Klage erhoben. Der Klägerin sei Regelaltersrente mit Rentenbeginn am 01.02.1999 gewährt worden. Dies sei nicht korrekt, da der Antrag schon früher bei der Beklagten vorgelegen habe. Durch den Bevollmächtigten der Klägerin sei mit Schriftsatz vom 26.03.1998 ein formloser Antrag auf Regelaltersrente gestellt worden. Dieses Schreiben sei vom Bevollmächtigten am selben Tag der Beklagten gefaxt worden. Aus dem Faxprotokoll sei u.a. die Fax-Nr. der Beklagten, der genaue Sendezeitpunkt und das Sendeergebnis "ok" zu erkennen. Am 04.12.1998 sei nochmals bei der Beklagten angefragt und um die Übersendung der Antragsunterlagen gebeten worden. Aus diesem Schreiben sei klar erkennbar, dass es um einen Antrag auf Altersrente gehe. Weiterhin sei am 20.01.1999 auch die LVA Hessen angeschrieben worden.
Ein von der Berufungsklägerin erklärtes Teil-Anerkenntnis, mit dem sich diese bereiterklärt hat, den Rentenbeginn auf den 01.12.1998 vorzuverlegen, hat die Berufungsbeklagte in der mündlichen Verhandlung vom 27.02.2003 angenommen und hat im Übrigen den Antrag aufrecht erhalten, die Altersrente ab 01.01.1998 zu gewähren. Das Sozialgericht hat die Mitarbeiterin des Prozessbevollmächtigten der Klägerin I. B. als Zeugin einvernommen. Sie hat u.a. ausgesagt, dass sie alle ihr übertragenen Aufgaben immer ordentlich erledigt habe, weswegen sie keine Zweifel habe, dass sie auch den Rentenantrag vom 26.03.1998 an die Beklagte abgesandt habe. Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 27.02.2003 der Klage stattgegeben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin Altersrente ab 01.01.1998 zu gewähren. Die Entscheidung wurde im Wesentlichen darauf gestützt, dass die Klägerin bereits mit Schreiben des Bevollmächtigten vom 26.03.1998 den Antrag gestellt habe. Dieses Schreiben gelte als bei der Beklagten per Fax am 27.03.1998 zugegangen, da sie diese Darlegung der Klägerin nicht widerlegen könne. Die Beklagte habe ein Journal/Protokoll über die am 27.03.1998 eingegangenen Telefaxe nicht vorlegen können. Um wirksam bestreiten zu können, hätte die Beklagte im Einzelnen vortragen und gegebenenfalls auch Beweis dafür anbieten müssen, dass alle am 27.03.1998 bei ihr eingegangenen Telefaxe ordnungsgemäß registriert wurden und das Fax der Klägerin nicht dabei gewesen sei. Die im Wirtschafts- und Rechtsverkehr allgemein übliche Nutzung derartiger moderner Kommunikationsmittel, insbesondere für die Übermittlung eiliger Nachrichten und die bekannte generelle hohe Zuverlässigkeit bei der Übermittlung von Telefaxnachrichten rechtfertigten es, demjenigen, der sich auf den Nichtzugang eines ordnungsgemäß abgesandten Faxschreibens berufe, höhere Anforderungen hinsichtlich des Bestreitens aufzuerlegen. Das vorgelegte Sendejournal zeige, dass tatsächlich zwei Seiten an die Beklagte gefaxt worden seien, was ebenfalls dafür spreche, dass tatsächlich der Rentenantrag und die Vollmacht übermittelt worden seien. Schließlich habe die Zeugin B. bekundet, dass sie damals den Rentenantrag der Klägerin ordnungsgemäß an die Beklagte gefaxt habe.
Die Beklagte und Berufungsklägerin hat gegen das ihr am 25.03.2003 zugestellte Urteil mit ihrem am 25.04.2003 beim LSG eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt. Nach ganz herrschender Meinung in der Rechtsprechung der Obersten Bundesgerichte folge der Zugang eines Schreibens beim Adressaten nicht aus dem Sendebericht eines Faxgerätes mit dem Status-Bericht "ok" beim Absender. Der Faxsendebericht habe auch nicht den Wert eines Anscheinsbeweises. Es gebe keinen allgemeinen Erfahrungssatz, dass Telefaxsendungen den Empfänger vollständig und richtig erreichen. Die Auffassung im Urteil, wonach grundsätzlich demjenigen, der sich im Geschäftsverkehr der Übermittlung von Telefaxnachrichten bediene, "höhere Anforderungen" hinsichtlich des Bestreitens des Zugangs aufzuerlegen seien, könne nicht überzeugen. Die Beklagte sei nicht verpflichtet, jedes per Fax eingehende Schriftstück unabhängig vom geregelten Geschäftsablauf, mit dem die Bearbeitung der eingehenden Post geregelt werde, dienstlich als Fax-Eingang gesondert zu registrieren, mit der Folge, dass bei Nichterfüllung dieser - unterstellten - Verpflichtung die LVA jede Behauptung, ein Fax sei (ausweislich des Sendeprotokolls beim Absender) erfolgreich an sie abgesendet worden, dieses als Postzugang bei sich gelten lasse müsse. Folgte man dieser Auffassung, würde damit eine völlige Umkehr der Beweislast für den Zugang von Willenserklärungen stattfinden, die im Widerspruch zur herrschenden Rechtsmeinung stehe. Durch diese Beweislastumkehr würden auch die im Sozialrecht herrschenden Beweislastregeln missachtet werden. Dem Sitzungsprotokoll sei nicht - wie vom Sozialgericht festgestellt - zu entnehmen, dass die Zeugin erklärt habe, sie habe damals den fraglichen Rentenantrag ordnungsgemäß an die Beklagte gefaxt. Dem Protokoll könne nur entnommen werden, dass die Zeugin jetzt glaubhaft vorgetragen hat, dass alle Umstände dafür sprechen, dass sie am fraglichen Tag im Jahr 1998 ordnungsgemäß ein Fax an die Geschäftsstelle der LVA versendete. Weitere Schlüsse, insbesondere über den Inhalt und den Zugang bei der LVA, ließen sich daraus nicht ziehen.
Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 27.02.2003 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin und Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte könne nicht wirksam den Zugang des Schreibens vom 26.03.1998 bestreiten. Sie vertrete weiterhin die Auffassung, dass sich aus dem Fax-Sendeprotokoll zumindest der Anscheinsbeweis des Zuganges ergebe. Darüber hinaus begründe sich der Anspruch auf Rentenzahlung ab 01.01.1998 auch nach den Grundsätzen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs. Es bestehe eine Hinweispflicht insbesondere für den Erstanspruch auf Regelaltersrente ohne vorherigen Rentenbezug einer anderen Rentenart. Mit dem rechtzeitigen Hinweis der Beklagten hätte die Klägerin vor der Bevollmächtigung im März 1998 selbst einen Rentenantrag gestellt. Wenn man der Auffassung der Beklagten folge, dass zum streitigen Zeitpunkt der Rentenantragstellung im Jahr 1998 die Beklagte ihrer Hinweispflicht wegen der unzureichenden Unterlagen nicht nachkommen konnte, so habe diese Verpflichtung für die damals kontoführende LVA Hessen bestanden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der gerichtlichen Verfahrensakten aus beiden Rechtszügen, die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten sowie auf die beigezogene Handakte des Prozessbevollmächtigten der Berufungsbeklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte (§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässige Berufung ist begründet. Das Urteil des Sozialgerichts war aufzuheben. Die Klage war abzuweisen.
Die Klägerin kann nicht, wie im Urteil des Sozialgerichts unzutreffend festgestellt, bereits ab 01.01.1998 die Zahlung von Altersrente beanspruchen, sondern erst ab 01.12.1998, dem Zeitpunkt des Rentenbeginns, den die Berufungsklägerin mit Teil-Anerkenntnis vom 14.05.2001 angeboten hatte. Der Zugang eines Rentenantrages bereits am 27.03.1998 ist nicht bewiesen.
Zwar hatte die Klägerin und Berufungsbeklagte bereits ab 01.01.1998 die materiell-rechtlichen Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug einer Altersrente erfüllt. Nach § 35 SGB VI haben Versicherte Anspruch auf Altersrente, wenn sie das 65. Lebensjahr vollendet und die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Die Klägerin hatte am 01.12.1997 das 65. Lebensjahr vollendet. Damit war der Grundanspruch, das so genannte Stammrecht, zum 01.01.1998 entstanden.
Für den Rentenbeginn, d.h. also den Zeitpunkt, ab wann der Anspruch auf die aus dem Stammrecht abgeleitete erste Einzelleistung entsteht, ist jedoch der Zeitpunkt der Antragstellung maßgebend. Dies folgt aus §§ 115 Abs. 1, 99 Abs. 1 SGB VI. Danach wird eine Rente aus eigener Versicherung von dem Kalendermonat an geleistet, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen für die Rente erfüllt sind, wenn die Rente bis zum Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats beantragt wird, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Bei späterer Antragstellung wird eine Rente aus eigener Versicherung von dem Kalendermonat an geleistet, in dem die Rente beantragt wird.
Ein Rentenbeginn bereits vor dem 01.01.1998 - wie von der Berufungsbeklagten beantragt - würde voraussetzen, dass bis spätestens 31.03.1998 ein Rentenantrag gestellt worden war.
Der Rentenantrag ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, auf die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, also die Grundsätze der §§ 116 ff. BGB entsprechend anzuwenden sind. Eine Willenserklärung ist unter Abwesenden gemäß § 130 BGB zugegangen, wenn sie so in den Bereich des Empfängers gelangt ist, dass dieser unter normalen Verhältnissen die Möglichkeit hat, vom Inhalt des Schreibens Kenntnis zu nehmen. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Willenserklärung bei einer nach § 13 Abs. 1 SGB I zuständigen Stelle zugegangen ist, liegt beim Antrags- und Erklärungspflichtigen, also bei der Berufungsbeklagten.
Der Beweis des Zuganges des Rentenantrages am 27.03.1998 bei der Berufungsklägerin ist weder duch das Telefaxsendeprotokoll noch durch die Aussage der beim Sozialgericht einvernommenen Zeugin erbracht.
Entgegen der Auffassung der Berufungsbeklagten lässt sich aus dem vorgelegten Fax-Sendebericht, wonach am 27.03.1998 zwei Seiten an die Zielnummer 03415505905 - also an die Faxnummer der Berufungsklägerin - mit dem Vermerk "ok" gesendet wurden, nicht herleiten, dass zu diesem Zeitpunkt ein Rentenantrag der Berufungsbeklagten bei der Berufungsklägerin eingegangen ist. Dies folgt auch nicht aus dem vorgelegten Faxjournal des Prozessbevollmächtigten der Berufungsbeklagten. Denn daraus ergibt sich auch nur, dass am 27.03.1998 vier Faxe vom Faxgerät des Bevollmächtigten abgesandt wurden, eines davon, das in der Beschreibung der Daten mit dem Fax-Sendebericht übereinstimmt, gerichtet an die Berufungsklägerin. Einem Bericht über die Absendung eines Telefaxes mit einem "ok"-Vermerk kommt nach ganz herrschender Rechtsprechung nicht der Wert eines Anscheinsbeweises für seinen Zugang zu (so BGH, Urteil vom 07.12.1994, Az: VIII ZR 153/93; BAG, Urteil vom 14.08.2002, Az: 5 AZR 169/01; BFH, Urteil vom 08.07.1998, Az: I R 17/96). Der Beweis des ersten Anscheins ist eine Anwendung von allgemeinen Erfahrungssätzen auf einen bestimmten Geschehensablauf in dem Sinne, dass bei einem feststehenden typischen Geschehensablauf und nach den Erfahrungen des Lebens auf eine bestimmte Ursache oder einen bestimmten Kausalverlauf geschlossen werden kann. Die Regeln über den Beweis des ersten Anscheins sind nicht anwendbar, wenn für einen Geschehensablauf zwei verschiedene Möglichkeiten in Betracht zu ziehen sind, auch wenn eine davon wahrscheinlicher ist als die andere. Es gibt keinen allgemeinen Erfahrungssatz, dass Telefaxsendungen den Empfänger vollständig und richtig erreichen (BAG a.a.O.). Bei einer Übertragung mit Telefax lassen sich auf unterschiedliche Gründe zurückzuführende Störungen, die einen Eingang beim Empfänger verhindern, auch dann nicht ausschließen, wenn das Sendeprotokoll eine ordnungsgemäße Übermittlung ausweist. So besteht die Möglichkeit, dass die Datenübertragung trotz "ok"-Vermerks im Sendebericht infolge von Leitungsstörungen oder sonstigen Gründen wie z.B. dem Senden der leeren Rückseite statt der beschriebenen Vorderseite missglückt ist. Aus dem vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin vorgelegten Sendebericht ist - im Gegensatz zu den Sendeberichten neuerer Telefaxgeräte - nicht zu erkennen, ob zwei beschriftete oder zwei unbeschriftete Seiten übertragen wurden. Auch lässt sich aus dem Sendebericht nicht entnehmen, ob tatsächlich, wie von der Berufungsbeklagten vorgetragen, der Rentenantrag und eine Vollmacht gesendet wurde. Zwar weist der Sendebericht eine bestimmte Übertragungszeit auf (55 Sekunden), es gibt jedoch keinen allgemeinen Erfahrungssatz, dass die Übermittlung von zwei beschrifteten Seiten innerhalb des Ortsnetzes von L ... 55 Sekunden dauern.
Der Beweisantrag der Berufungsbeklagten war abzulehnen. Denn auf die Feststellungen, über die Beweis erhoben werden soll, kommt es nicht an. Selbst wenn zu Gunsten der Berufungsbeklagten unterstellt würde, ihr Prozessbevollmächtigter habe zum maßgeblichen Zeitpunkt wie behauptet ein Faxgerät in Betrieb gehabt, das eine Leitungsstörung angezeigt hätte, könnte mit diesem Beweisergebnis nicht der Nachweis des rechtzeitigen Zuganges des Rentenantrages beim Empfänger geführt werden. Denn damit wäre nicht bewiesen, dass am 27.03.1998 tatsächlich der Rentenantrag per Fax an die Berufungsklägerin abgesandt worden war.
Aus der Aussage der als Zeugin einvernommenen Mitarbeiterin des Prozessbevollmächtigten der Klägerin lässt sich nicht, wie das Sozialgericht festgestellt hat, ableiten, dass sie den Rentenantrag der Klägerin an die Beklagte gefaxt hat, sondern wie die Beklagte zutreffend ausgeführt hat, allenfalls, dass sie, weil sie alle ihr übertragenen Aufgaben immer ordentlich erledigt hat, "keine Zweifel hat", dass sie auch das ihr vorgelegte Schreiben, den Rentenantrag vom 26.03.1998, an die Beklagte versandt hat. Diese Aussage beweist weder die Absendung des Rentenantrages mit Fax an die Beklagte, noch den Zugang einer Erklärung mit einem bestimmten Inhalt bei der Beklagten. Ob ein entsprechendes Telefax tatsächlich bei der Beklagten eingegangen und auf dem Weg zu der aktenbearbeitenden Stelle verloren gegangen ist, lässt sich nicht mehr klären. Bei der Beklagten wird ein Faxeingang unabhängig vom geregelten Geschäftsablauf, mit dem die Bearbeitung der eingehenden Post geregelt wird, nicht gesondert registriert. Das Risiko eines fehlgeschlagenen Zuganges der Übermittlung eines Telefaxes liegt jedoch wie bei der Übersendung von Schriftstücken auf dem Postwege beim Absender. Nach den allgemeinen im Sozialrecht geltenden Beweislastregeln trägt derjenige, der aus einer behaupteten Tatsache einen Anspruch herleiten will, die Last der Beweislosigkeit (Meyer-Ladewig, SGG, 7. Auflage, § 103 Rn 19a).
Die Auferlegung höherer Anforderungen hinsichtlich des Bestreitens des Zuganges eines ordnungsgemäß abgesandten Faxschreibens, wie sie das Sozialgericht - der Entscheidung des Thüringer OLG (Beschluss vom 09.09.2002, Az.: 6 Verg. 4/02) folgend - im konkreten Fall für geboten ansieht, ist nach Auffassung des Senats nicht gerechtfertigt. Eine derartige Rechtsansicht wäre nach Auffassung des Senats dann vertretbar, wenn einem Faxbericht der Wert eines Anscheinsbeweises für seinen Zugang zukäme.
Die Verpflichtung der Beklagten, der Klägerin bereits ab 01.01.1998 Altersrente zu gewähren, ergibt sich auch nicht aus der Verletzung von Beratungs- und Auskunftspflichten mit der Folge des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs.
Zwar kommt grundsätzlich der sozialrechtliche Herstellungsanspruch auch nach einer Verletzung der aus § 115 Abs. 6 SGB VI resultierenden Hinweispflicht auf einen Rentenantrag in Betracht. Danach sollen die Träger der Rentenversicherung die Berechtigten in geeigneten Fällen darauf hinweisen, dass sie eine Leistung erhalten können, wenn sie diese beantragen. Die nach § 115 Abs. 6 Satz 1 SGB VI bestehende Hinweispflicht ist auch nicht davon abhängig, dass die Rentenversicherungsträger noch keine gemeinsamen Richtlinien nach § 115 Abs. 6 Satz 2 SGB VI erlassen hatten. Denn es kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber die Rechtswohltat des § 115 Abs. 6 Satz 1 SGB VI den Versicherten erst dann zukommen lassen wollte, sobald die Rentenversicherungsträger sich dazu entschließen, überhaupt tätig zu werden (vgl. BSG, Urteil vom 09.12.1997, Rz: 8 RKn 1/97). Selbst wenn man im vorliegenden Fall davon ausgeht, dass es sich bei dem Hinweis auf die Möglichkeit, Regelaltersrente in Anspruch zu nehmen, um einen "geeigneten Fall" im Sinne des § 115 Abs. 6 SGB VI handelt und die Verletzung der Hinweispflicht eine mögliche Pflichtverletzung im Sinne des Sozialrechtlichen Herstellungsanspruches sein kann, so fehlt es jedenfalls an der weiteren Anspruchsvoraussetzung, nämlich an der Ursächlichkeit zwischen dieser möglichen Pflichtverletzung des Sozialleistungsträgers und dem sozialrechtlichen Nachteil eines späteren Rentenbeginns. Die Klägerin hatte für die Antragstellung ihren Prozessbevollmächtigten beauftragt. Der Rentenantrag hätte von diesem jedenfalls rechtzeitig gestellt werden können. Die Vollmacht der Klägerin für diesen datiert vom 25.03.1998.
Nach alledem hat die Beklagte zu Recht erst das Erinnerungsschreiben des Prozessbevollmächtigten vom 04.12.1998, das am 09.12.1998 bei der Beklagten eingegangen war, als Rentenantrag gewertet und hat sich bereiterklärt, der Klägerin Regelaltersrente ab dem 01.12.1998 zu bewilligen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
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