L 1 RA 6/03

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 35 RA 5547/02
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 RA 6/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 11. Dezember 2002 und der Bescheid der Beklagten vom 12. Februar 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. August 2002 werden geändert. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin vom 1. Oktober 2001 an Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nach Zulassung zur und Durchführung der Nachentrichtung von Beiträgen der Pflichtversicherung auf Antrag für die Zeit vom 1. Oktober 1995 bis zum 30. September 2001 zu zahlen. Die Beklagte hat die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt zuletzt noch eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, was die Beklagte mit der Begründung ablehnt, die so genannten besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für diese Rentenart seien nicht erfüllt.

Die Klägerin ist 1953 geboren. Sie hat einen Hauptschulabschluss erlangt und im Anschluss eine weitere Ausbildung nicht durchlaufen. Die allgemeine Wartezeit von 60 Monaten hat sie vor dem 1. Januar 1984 erfüllt. Die Monate Januar bis Juli 1984 und Januar bis März 1985 sind nicht mit rentenrechtlichen Zeiten belegt. Von diesen Monaten abgesehen sind bis zum 31. August 1995 sämtliche Monate lückenlos mit rentenrechtlichen Zeiten belegt. Nach kurzer Arbeitslosigkeit im August 1995 meldete sie zum 1. September 1995 ein selbständiges Gewerbe als Hausmeister- und Putzdienst an. Am 17. Oktober 1995 beantragte sie bei der Beklagten die Zulassung zur Zahlung von freiwilligen Rentenversicherungsbeiträgen. Der erste freiwillige Beitrag solle für den Monat Oktober 1995 gezahlt werden. Es solle stets ein Betrag von 200,00 DM gezahlt werden. Mit Bescheid vom 6. November 1995 ließ die Beklagte sie zur Zahlung von freiwilligen Beiträgen zur Rentenversicherung der Angestellten zu. In der Folge sind für die Monate Januar und Februar 1996 Pflichtbeiträge gezahlt worden, im Übrigen entrichtete die Klägerin für die Zeit ab dem 1. Oktober 1995 durchgehend für jeden Monat freiwillige Beiträge mit einem Beitragswert von 200,00 DM bzw. 102,25 EUR monatlich.

Am 24. Oktober 2001 beantragte sie bei der Beklagten Rente wegen Erwerbsminderung. Sie sei nach ihrer Auffassung seit 1997 erwerbsgemindert. Sie sei derzeit arbeitsunfähig. Die Beklagte ließ sie durch den Arzt für Chirurgie Dr. Sch untersuchen, der in seinem Gutachten vom 14. Dezember 2001 zu dem Ergebnis kam, sie könne ihren bisherigen Beruf als selbständige Hausmeisterin mit vielen handwerklichen Tätigkeiten noch 3 bis unter 6 Stunden täglich und bis zu mittelschwere Arbeiten im Wechsel der Körperhaltungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ebenfalls 3 bis unter 6 Stunden täglich ausüben. Es hätten sich jedoch Diskrepanzen zu den geklagten Beschwerden und zu dem heutigen Bewegungsablauf und auch Diskrepanzen im Befund neurophysiologischer Untersuchungen gezeigt, sodass eine neurologische/neuro-physiologische Zusatzuntersuchung erfolgen müsse. Der ärztliche Dienst der Beklagten kam nach Auswertung des Gutachtens zu dem Ergebnis, dass dieses zum Teil nicht schlüssig sei; die Beklagte lehnte den Antrag daraufhin mit Bescheid vom 12. Februar 2002 ab. Im anschließenden Widerspruchsverfahren holte die Beklagte ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von dem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H vom 15. Mai 2002 ein. Ihm gegenüber hat die Klägerin angegeben, seit 1994 Schwierigkeiten mit der Wirbelsäule zu haben. Sie arbeite derzeit noch etwa von 08:00 Uhr morgens bis 13:00 Uhr. Der Gutachter kam zu dem Ergebnis, dass von einem zumindest eingeschränkten Leistungsvermögen aufgrund der Halswirbelsäulenerkrankung ausgegangen werden müsse. Im Vergleich zur Vorbegutachtung sei ein Bandscheibenvorfall im Halswirbelsäulenbereich nebst Wurzelläsion und Sequestierung nachzuweisen gewesen. Bei sicherlich somatoformer Überlagerung der Beschwerden im Zusammenhang mit ihrer nur knapp durchschnittlichen Intelligenz und der damit verbundenen Reaktion auf Kränkungen sei von einer organisch bedingten Schmerzsymptomatik auszugehen. Es sei weiterhin darauf hinzuweisen, dass aufgrund der intellektuellen Defizite eine Verweisbarkeit lediglich auf einfache körperliche Tätigkeiten möglich sei. Sofern entsprechende medizinische Maßnahmen keine signifikante Besserung erbrächten, müsse davon ausgegangen werden, dass der Versicherten zumindest für begrenzte Zeit eine Tätigkeit von versicherungstechnischem Wert nicht mehr zumutbar sei. Derzeit sei das Leistungsvermögen in der letzten beruflichen Tätigkeit und für leichte körperliche Arbeiten auf 3 bis unter 6 Stunden vermindert.

Ausgehend von einem Versicherungsfall bei Antragstellung stellte die Beklagte nach Kontenklärung daraufhin fest, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Im maßgeblichen Zeitraum vom 24. Oktober 1996 bis zum 23. Oktober 2001 seien lediglich 2 Monate mit Pflichtbeitragszeiten belegt. Sie wies den Widerspruch daraufhin mit Widerspruchsbescheid vom 5. August 2002 zurück. Seit Rentenantragstellung habe zwar eine teilweise Erwerbsminderung auf unbestimmte Zeit vorgelegen. Es bestehe aber kein Anspruch auf Zahlung der Rente, da weder die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des § 43 Abs. 1 und 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) noch die der Übergangsvorschrift des § 241 Abs. 2 SGB VI erfüllt seien.

Das hiergegen angerufene Sozialgericht (SG Berlin) hat Befundberichte des behandelnden Hausarztes Dr. H und der behandelnden Psychiaterin Beingeholt und die Klage nach Anhörung der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung mit Urteil vom 11. Dezember 2002 abgewiesen. Die Beklagte habe zutreffend festgestellt, dass ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nicht bestehe, da der diesbezügliche Versicherungsschutz erloschen sei. Aus den eigenen Angaben der Klägerin in der mündlichen Verhandlung ergebe sich, dass in der Zeit von Januar 1984 bis Juli 1984 weder Beitragszeiten aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung vorlägen noch Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit oder wegen Arbeitsunfähigkeit. Sie habe vielmehr in dieser Zeit neben dem Bezug von Sozialhilfe gemeinnützige Arbeiten verrichtet und ihren Führerschein gemacht. Bei einem Arbeitsamt sei sie nicht gemeldet gewesen. Die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen seien damit nicht erfüllt.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Unter Bezugnahme auf ihre Angaben bei Antragstellung macht sie geltend, die maßgebliche Leistungsminderung habe zumindest ab September 1997 bestanden. Die von ihr ausgeführten Tätigkeiten hätten sie körperlich und seelisch überfordert, da sie insbesondere die geistigen Voraussetzungen für die Ausübung der Tätigkeit nie erfüllt habe und nur unter erhöhtem Einsatz ihrer psychischen und physischen Kräfte habe erfüllen können. Diese Überbeanspruchung habe spätestens im September 1997 zur rentenrechtlich maßgeblichen Leistungsminderung geführt. Auf entsprechenden Hinweis des Senats hat sie ausgeführt, im Jahre 1995 sei der Hinweis auf die freiwillige Beitragszahlung zur gesetzlichen Rentenversicherung vom Arbeitsamt erfolgt, da sie von der damaligen Bundesanstalt für Arbeit Übergangsgeld (gemeint ist Überbrückungsgeld) erhalten habe. Dort habe man ihr auch die Summe genannt, die sie für freiwillige Beiträge aufbringen solle, sie sei aber nicht über die Anwartschaftserhaltung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit durch Zahlung von Beiträgen zur Antragspflichtversicherung aufgeklärt worden. Auch von der Beklagten sei ein solcher Hinweis nicht erfolgt. Sie habe freiwillig Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung (mit Anspruch auf Krankengeld) und Beiträge in eine private Unfallversicherung gezahlt. Außerdem nutze sie seit ihrer Einführung die Möglichkeiten der sog. Riester-Rente. Ihr Beitragsverhalten zeige, dass es ihr immer um die Aufrechterhaltung ihres Versicherungsschutzes gegangen sei. Sie hätte sich in jedem Fall auch gegen das Risiko der Erwerbsunfähigkeit abgesichert, wenn ihr bewusst gewesen wäre, dass dies über die freiwillige Rentenversicherung nicht zu erreichen war. Auch die Antragstellung im Jahre 2001 zeige, dass ihr nicht bewusst gewesen sei, dass sie mit der Wahl der freiwilligen Versicherung den rentenversicherungsrechtlichen Schutz für den Fall der Erwerbsminderung verlieren würde. Mit dem Antrag auf Beitragszahlung zur Angestelltenversicherung habe diese Aufklärung aber erfolgen müssen (Hinweis auf BSG-Urteil vom 22. Oktober 1996 SozR 3 – 1200 § 14 Nr. 22).

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 11. Dezember 2002 und den Bescheid der Beklagten vom 12. Februar 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. August 2002 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin vom 1. Oktober 2001 an Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nach Zulassung und Durchführung der Nachentrichtung von Beiträgen der Pflichtversicherung auf Antrag für die Zeit vom 1. Oktober 1995 bis zum 30. September 2001 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil und die Bescheide für zutreffend. Die vorgelegten medizinischen Unterlagen seien zu wenig aussagekräftig, um eine relevante Leistungsminderung bereits im September 1997 nachzuweisen. Schließlich habe die Klägerin über Jahre ihre selbständige Tätigkeit tatsächlich ausgeübt. Ein Beratungsfehler im Hinblick auf die Möglichkeit der Zulassung zur Pflichtversicherung auf Antrag habe nicht vorgelegen. Einen Beratungsanlass könne die Beklagte nur dann erkennen, wenn ein Antrag auffällig unsachgemäß erscheine. Dies sei hier nicht der Fall gewesen. Viele freiwillige Beitragszahler zahlten diese Beiträge ohne Aufrechterhaltung der Erwerbsminderungsanwartschaft, um sich eine gesetzliche Alterssicherung neben ihrer privaten Absicherung zu schaffen und zum Beispiel die Wartezeit für vorgezogene Altersrenten zu erfüllen. Die Antragspflichtversicherung sei auch nicht unbedingt die bessere Alternative zur freiwilligen Versicherung, da sie nicht kündbar sei und auch bei fehlenden Einnahmen der Antragspflichtversicherte einen Mindestbeitrag zu zahlen habe. Dieses lehnten Selbständige aber in der Regel ab, da sie diese Verpflichtung als unkalkulierbares Kostenrisiko ansähen. Die meisten nicht pflichtigen Versicherten in der gesetzlichen Rentenversicherung bevorzugten deshalb die freiwillige Versicherung. Im Übrigen habe der Antrag auf freiwillige Versicherung auch auf die Antragspflichtversicherung hingewiesen und aufgefordert, die dem Antrag beigefügten Erläuterungen zu lesen, bevor sich ein Versicherter entscheide. Die Klägerin hätte also sehr wohl, wenn sie gewollt hätte, den Unterschied zwischen Antragspflicht- und freiwilliger Versicherung zur Kenntnis nehmen und verstehen können. Für die Beratung habe sich daher kein Anlass ergeben.

Der Senat hat bei der Krankenkasse der Klägerin wegen deren Arbeitsunfähigkeitszeiten ab 1992 und der diese begründenden Diagnosen Ermittlungen angestellt und einen Befundbericht des behandelnden Arztes Dr. Meingeholt. Ihm haben die Gerichtsakten des Sozialgerichts Berlin (S 35 RA 5547/02) und die Verwaltungsakten der Beklagten vorgelegen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren. Wegen der Ermittlungsergebnisse und der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Akten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist im zuletzt noch aufrecht erhaltenen Umfang begründet.

Auf den geltend gemachten Anspruch findet das seit dem 1. Januar 2001 geltende neue Recht der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (§ 43 SGB VI neue Fassung [nF]und §§ 240, 241 SGB VI nF) Anwendung. Unabhängig davon, ob Erwerbsunfähigkeit nach altem Recht bzw. verminderte Erwerbsfähigkeit nach neuem Recht bereits vor Inkrafttreten der Neuregelungen vorgelegen hat, hat die Klägerin einen solchen Anspruch erst nach Ablauf von 3 Monaten nach Aufhebung der entsprechenden Vorschriften geltend gemacht, sodass altes Recht nicht mehr zur Anwendung kommt (§ 300 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI).

Versicherte haben nach § 43 Abs. 1 SGB VI nF bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie

1. teilweise erwerbsgemindert sind,

2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre

Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben

und

3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Bei der Klägerin, die die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren erfüllt hat, besteht eine teilweise Erwerbsminderung in diesem Sinne aufgrund einer Halswirbelsäulenerkrankung, wobei zudem eine deutliche psychosomatische Überlagerung besteht. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus den im Verwaltungsverfahren von der Beklagten eingeholten Gutachten und wird von der Beklagten nicht bestritten. Dabei geht der Senat nach kritischer Würdigung der Gutachten sowie der eingeholten Befundberichte und schließlich der Mitteilungen über entsprechende Arbeitsunfähigkeitszeiten durch die Krankenkasse der Klägerin davon aus, dass die Einschränkungen des körperlichen Leistungsvermögens auf nur noch drei bis unter sechs Stunden täglich bereits vor dem Monat der Antragstellung bestanden haben. Der Senat kann der Auffassung der Klägerin allerdings nicht folgen, die relevante Erwerbsminderung im Sinne des § 43 SGB VI nF habe bereits im September 1997 (oder November 1997) vorgelegen. Zwar hat die (zu diesem Zeitpunkt nicht rechtskundig vertretene) Klägerin bei Antragsstellung angegeben, sie halte sich seit 1997 für erwerbsgemindert. Eine Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes etwa im September 1997 lässt sich den Unterlagen auch durchaus entnehmen. Vom 8. September 1997 bis zum 14. Dezember 1997 war die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt aufgrund einer Blockierung C3, also dem 3. Halswirbel, bei Morbus Bechterew und erneut vom 29. April 1998 bis 13. September 1998 aufgrund eines Halswirbelsäulen-Syndroms. Allein längere Arbeitsunfähigkeitszeiten lassen jedoch den Schluss auf dauerhafte Erwerbsminderung nicht zu. Entscheidend für den Senat ist, dass die Klägerin ihre selbständige Tätigkeit, von Zeiten der Arbeitsunfähigkeit abgesehen, durchgehend weiter zumeist vollschichtig ausgeübt hat. Zwar ist für den Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung im Grunde nach neuem Recht unerheblich, ob und inwieweit die Klägerin ihre selbständige Tätigkeit noch ausgeübt hat. Eine dem § 44 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB VI alte Fassung entsprechende Regelung hat der Gesetzgeber nicht übernommen. Vor allem im Hinblick auf die Einbeziehung arbeitnehmerähnlicher Selbständigkeit in die Rentenversicherung soll diesem Personenkreis die Möglichkeit gegeben werden, gleiche Leistungen wie abhängig Beschäftigte in Anspruch nehmen zu können (Bundestagsdrucksache 14/4230 Seite 26). Es gilt aber auch unter Geltung neuen Rechts, dass die tatsächliche Arbeitsleistung ein Beweismittel ist, dem im Regelfall ein stärkerer Beweiswert zukommt als den medizinischen Befunden (vgl. zum bisherigen Recht nur BSG SozR 2200 § 1247 Nr. 12). Dies gilt nur dann nicht, wenn die Arbeitsleistung nicht Ausdruck eines echten Leistungsvermögens ist. Ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass ein solcher Ausnahmefall hier vorliegt, kann der Senat nicht erkennen. Insbesondere hat der Arzt für Innere Medizin Dr. M, der die Klägerin bis 1997 regelmäßig behandelt hat, auf entsprechende Nachfrage des Senats dargelegt, dass die Erwerbsfähigkeit der Klägerin durch die in den Jahren 1992 bis 1997 diagnostizierten Leiden dahingehend eingeschränkt war, dass sie nur leichte Tätigkeit habe ausführen können. Daraus ergibt sich zwar eine qualitative Einschränkung und es wird nachvollziehbar, dass die Klägerin, die eine mittelschwere bis teilweise schwere Tätigkeit ausgeübt hat, zeitweise über ihr Leistungsvermögen hinausgehende Tätigkeiten verrichtet haben mag. Eine quantitative Einschränkung des Leistungsvermögens bereits im Jahre 1997, auf die es vorliegend allein ankommt, konnte im Ergebnis des vorliegenden Verfahrens aber nicht nachgewiesen werden. Die Nichterweislichkeit dieser Tatsache geht zu Lasten der Klägerin, die sich auf das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen beruft.

Von den Voraussetzungen des § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI nF hat die Klägerin damit am 30. September 2001 nur die nach Nr 1 und 3 erfüllt. Sie hat in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit, die frühestens für diesen Zeitpunkt nachgewiesen ist, nicht drei Jahre mit Pflichtbeitragszeiten belegt. Der maßgebliche Fünf-Jahres-Zeitraum vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit lässt sich auch nicht durch Zeiten iS des § 43 Abs. 3 SGB VI nF erweitern. Schließlich ist die Erwerbsunfähigkeit nicht auf Grund eines Tatbestandes eingetreten, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig als erfüllt gilt (§ 43 Abs. 5, § 53 SGB VI). Die Voraussetzungen des § 241 Abs. 2 Satz 1 SGB VI nF sind ebenfalls nicht erfüllt. Zwar hat die Klägerin die allgemeine Wartezeit vor dem 1. Januar 1984 erfüllt. Die Monate Januar bis Juli 1984 und Januar bis März 1985 sind jedoch nicht mit Zeiten belegt, die in § 241 Abs. 2 SGB VI nF als Anwartschaftserhaltungszeiten genannt sind, so dass nicht zu prüfen war, ob die Klägerin noch für den Monat September 1995 zur Zahlung von freiwilligen Beiträgen zuzulassen gewesen wäre. Die Klägerin war nach ihren eigenen Angaben gegenüber dem SG und dem Senat in dieser Zeit arbeitslos, ohne bei einem Arbeitsamt gemeldet gewesen zu sein. Zeiten der Arbeitslosigkeit ohne Meldung beim Arbeitsamt scheiden als Anwartschaftserhaltungszeiten im Rahmen des § 241 Abs. 2 Nr. SGB VI nF aber aus.

Es kommt daher hier allein darauf an, ob die Klägerin die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI dadurch erfüllen kann, dass sie noch Pflichtbeiträge nachzahlt. Dies setzt an sich voraus, dass in der Zeit, für die die Pflichtbeiträge gezahlt werden sollen, Versicherungspflicht bestanden hat, was hier nicht der Fall war.

Versicherungspflicht im streitigen Zeitraum kam für die Klägerin nur in Form der Pflichtversicherung auf Antrag nach § 4 Abs. 2 SGB VI in Betracht. Danach sind Personen, die nicht nur vorübergehend selbstständig tätig sind, versicherungspflichtig, wenn sie die Versicherungspflicht innerhalb von fünf Jahren nach der Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit oder dem Ende einer Versicherungspflicht auf Grund dieser Tätigkeit beantragen.

Die Voraussetzungen für eine Antragspflichtversicherung sind gemäß § 4 Abs. 2 SGB VI für die Klägerin dem Grunde nach gegeben: Die Klägerin war vom 1. September 1995 an nicht nur vorübergehend selbstständig tätig. Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Tätigkeit nur geringfügig war. Sie hat jedoch den erforderlichen Antrag nicht gestellt. Der Antrag kann nicht mehr nachgeholt werden; denn er ist für diese Art von Versicherung konstitutiv: Nach § 4 Abs. 4 SGB VI beginnt die Versicherungspflicht auf Antrag mit dem Tag, der dem Eingang des Antrags folgt, frühestens jedoch mit dem Tag, an dem die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 SGB VI eingetreten sind. Ein erst nach Beendigung der selbstständigen Tätigkeit gestellter Antrag kann mithin nicht mehr zu einer Versicherungspflicht für die selbstständige Tätigkeit führen.

Die Verpflichtung der Beklagten, die Klägerin nachträglich zur Antragspflichtversicherung zuzulassen, ergibt sich jedoch auf Grund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs. Dieses von der Rechtsprechung des BSG ergänzend zu den vorhandenen Korrekturmöglichkeiten bei fehlerhaftem Verwaltungshandeln entwickelte Rechtsinstitut tritt - iS des öffentlich-rechtlichen Nachteilsausgleichs - ein, wenn ein Leistungsträger durch Verletzung einer ihm aus dem Sozialleistungsverhältnis obliegenden Haupt- oder Nebenpflicht, insbesondere zur Auskunft und Beratung, nachteilige Folgen für die Rechtsposition des Betroffenen herbeigeführt hat und diese Rechtsfolgen durch ein rechtmäßiges Verwaltungshandeln wieder beseitigt werden können (stRspr vgl nur BSG SozR 3-1200 § 14 Nr. 29 mwN). Demgemäß ist ein Herstellungsanspruch von der Rechtsprechung des BSG bejaht worden, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

(1) Vorliegen einer Pflichtverletzung, die sich der Sozialleistungsträger im Verhältnis zum Berechtigten zurechnen lassen muss,

(2) Eintritt eines rechtlichen Schadens beim Berechtigten,

(3) Kausalzusammenhang zwischen der Pflichtverletzung und dem Schadenseintritt und

(4) Möglichkeit der Herstellung des Zustands, der ohne die Pflichtverletzung eingetreten wäre

Dass eine Antragspflichtversicherung im Wege des Herstellungsanspruchs herbeigeführt werden kann, ist durch die Rechtsprechung des BSG geklärt (vgl. BSG Urteil vom 16. Juni 1994 SozR 3-1200 § 14 Nr. 15 und Urteil vom 26. April 2005, Az: B 5 RJ 6/04 R zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen).

Auch die übrigen genannten Voraussetzungen des Herstellungsanspruchs liegen – entgegen der Auffassung der Beklagten – vor.

Die Pflichtverletzung der beteiligten Sozialleistungsträger liegt vorliegend darin, dass die Klägerin, die sich wegen der Fortführung ihres Versicherungsschutzes durch eine freiwillige Versicherung auf Hinweis des Arbeitsamtes an die Beklagte gewandt hatte, weder vom Arbeitsamt noch von der Beklagten auf die Möglichkeiten einer Antragspflichtversicherung hingewiesen worden ist.

Die Beratungspflicht nach § 14 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) bezieht sich auf die Rechte und Pflichten des Bürgers nach dem SGB, wobei der Gegenstand der Beratung durch die Zuständigkeit des Leistungsträgers begrenzt ist. Damit beschränkt sich die Beratungspflicht der Arbeitsämter im Grundsatz auf die Angelegenheiten des Sozialgesetzbuchs Drittes Buch (SGB III) bzw. im streitigen Zeitraum auf Angelegenheiten nach dem Arbeitsförderungsgesetz (AFG). Die Rechtsprechung des BSG zum Herstellungsanspruch hat vom Grundsatz der Verantwortlichkeit nur für die eigenen Fehler eines Sozialleistungsträgers allerdings Ausnahmen für Fallgestaltungen zugelassen, bei denen der fehlerhaft handelnde Leistungsträger mit dem zur Leistung verpflichteten Träger zur gemeinsamen Erfüllung einer Verwaltungsaufgabe verbunden ist, bei denen eine Mitwirkung und Zusammenarbeit erfordernde Verknüpfung verschiedener Leistungsbereiche oder eine arbeitsteilige Aufteilung einer Aufgabenerfüllung auf mehrere Verwaltungsträger im Sinne einer Funktionseinheit gegeben ist oder bei denen sich aus einem konkreten Verwaltungskontakt zwischen dem Bürger und einem Leistungsträger ein Beratungsbedarf für einen Leistungsbereich außerhalb der Zuständigkeit dieses Leistungsträgers ergibt (vgl. zuletzt BSG Urteil vom 26. 4. 2005 aaO RdNr. 29 mit umfangreichen Nachweisen aus Rechtssprechung und Literatur).

Nach diesen Grundsätzen lag vorliegend zum einen ein Beratungsfehler des Arbeitsamtes vor, der der Beklagten zuzurechnen ist: Das Arbeitsamt hat die Klägerin anlässlich der Aufnahme ihrer Selbständigkeit zur weiteren Absicherung beraten. Der Beratungsbedarf ergab sich aus der Gewährung von Überbrückungsgeld und den entsprechenden Zuschüssen zu den Aufwendungen der Klägerin für eine Versicherung für den Fall der Krankheit und Pflegebedürftigkeit sowie eine Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung (Altersversorgung) nach § 55a Abs. 1 und 3 AFG in der bei Aufnahme der Selbständigkeit im September 1995 geltenden Fassung. Die Beratung ist nach den Angaben der Klägerin dahin erfolgt, Beiträge zur freiwilligen gesetzlichen Rentenversicherung in bestimmter Höhe zu entrichten. Die Antragsformulare dazu hat die Klägerin nach ihren Angaben dort erhalten, sie sind mit ihr gemeinsam dort ausgefüllt worden, ohne dass die Klägerin darüber aufgeklärt worden ist, dass eine Absicherung für den Fall der Erwerbsminderung mit der gewählten Versicherung nicht erfasst war. Im Falle der Gewährung von Zuschüssen nach § 55a Abs. 3 AFG ergibt sich aber ein Beratungsbedarf für die Antragspflichtversicherung, denn die Zuschüsse sollen schon nach dem Wortlaut der Vorschrift auch der Absicherung gegen das Risiko der Invalidität dienen. Zu einer Beratung über die Möglichkeit der Antragspflichtversicherung besteht in den Fällen, in denen Versicherte offenbar mit Hilfe des Arbeitsamtes ihre weitere Absicherung durch die gesetzliche Rentenversicherung planen, besondere Veranlassung, weil selbst bei denjenigen, denen die Möglichkeit einer Antragspflichtversicherung bekannt war, nicht vorausgesetzt werden kann, dass sie deren besondere Bedeutung für die Aufrechterhaltung der besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für Renten wegen Erwerbsminderung überschauen. Mehr als zehn Jahre nach Einführung des erschwerten Zugangs zur Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit muss von den Behörden, die mit der Beratung über die weitere Absicherung dieser Risiken beteiligt sind, erwartet werden, dass Versicherte, die zunächst beschäftigt sind und sich dann selbstständig machen und dies mitteilen, von Amts wegen und ohne gezielte Nachfrage Informationen über die Möglichkeiten zur Aufrechterhaltung des Rentenanwartschaftsrechts bei Erwerbsunfähigkeit erhalten (vgl. BSG Urteil vom 26. April 2005 aaO, RdNr. 27). Es liegt also eine Fallgestaltung vor, bei der sich aus einem konkreten Verwaltungskontakt zwischen dem Bürger und einem Leistungsträger ein Beratungsbedarf für einen Leistungsbereich außerhalb der Zuständigkeit dieses Leistungsträgers ergibt. Eine solche Beratung ist nach dem glaubhaften Vortrag der Klägerin nicht erfolgt.

Das Beratungsbedürfnis der Klägerin in allen versicherungsrechtlichen Fragen war zum anderen auch gegenüber der Beklagten mit Stellung des Antrages auf Zulassung zur freiwilligen Beitragszahlung wegen Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit klar zu Tage getreten und hätte (auch) die Beklagte zu einer spontanen Beratung hinsichtlich versicherungsrechtlicher Aspekte in der gesetzlichen Rentenversicherung veranlassen müssen. Zwar beruft sich die Beklagte darauf, dass den Versicherten vor ihrer Entscheidung die entsprechenden Merkblätter übersandt werden. Nach dem Vortrag der Klägerin hat diese weitere Informationen von der Beklagten aber nicht erhalten. Der Akteninhalt lässt nur erkennen, dass die Beklagte selbst wegen des möglichen Eintritts einer Pflichtversicherung nach allgemeinen Grundsätzen bei der Klägerin nachgefragt hat. Es kann dagegen nicht nachvollzogen werden, dass dem beim Arbeitsamt ausgehändigten Antragsformular die entsprechenden Merkblätter tatsächlich beigelegen haben oder diese Merkblätter nach Stellung des Antrags nochmals übersandt worden sind. Die Klägerin bestreitet auch dies glaubhaft.

Die Klägerin hat keine Pflichtbeiträge mehr gezahlt, zu deren Entrichtung sie aber berechtigt gewesen wäre. Deshalb besteht im Zeitpunkt des Eintritts einer Leistungsminderung kein rentenversicherungsrechtlicher Schutz gegen das Risiko der verminderten Erwerbsfähigkeit mehr. Ein rechtlicher Schaden ist damit bei der Klägerin durch die fehlende Beitragsentrichtung eingetreten.

Der Senat ist schließlich zu der Überzeugung gelangt, dass auch der notwendige Kausalzusammenhang zwischen der Pflichtverletzung und dem Schadenseintritt besteht. Die Kausalität muss beim Herstellungsanspruch nach der im Sozialrecht herrschenden Kausaltheorie der wesentlichen Bedingung unter Abwägung der vom Sozialleistungsträger und dem Versicherten selbst gesetzten Ursachen geprüft werden (vgl. etwa BSG SozR 4-2600 § 115 Nr. 1 RdNr. 61). Selbst wenn die von der Beklagten vorgetragenen Umstände seinerzeit allgemein die Bereitschaft zur Antragspflichtversicherung negativ beeinflusst haben sollten, so kommt es doch für den Kausalzusammenhang im vorliegenden Fall allein darauf an, ob sie auch die Klägerin davon abgehalten hätten, die ihr einzig verbliebene Möglichkeit zu nutzen, ihren Versicherungsschutz für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit aufrechtzuerhalten. Vom Gegenteil ist der Senat aufgrund des persönlichen Eindrucks der Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 10. Februar 2006 überzeugt: Sie hat ausführlich geschildert, dass sie überdurchschnittliche Aufwendungen gemacht hat, um eine umfassende Absicherung gegen die Wechselfälle des Lebens zu erhalten. Sie hat erhöhte Krankenversicherungsbeiträge gezahlt, um nicht nur Leistungen zur Behandlung von Krankheiten erhalten zu können, sondern auch das Risiko von Einnahmeverlusten durch den Bezug von Krankengeld zu verringern. Sie hat einen Unfallversicherungsschutz durch eine private Unfallversicherung aufrechterhalten. Sie hat damit ein Verhalten an den Tag gelegt, das auf ein umfassendes subjektives Sicherungsbedürfnis schließen lässt und das den Rückschluss zulässt, dass auch ein Versicherungsschutz im Hinblick auf das Risiko der verminderten Erwerbsfähigkeit angestrebt worden wäre. Dieses Sicherungsbedürfnis ist dem Senat auch nachvollziehbar. Die Klägerin ist und war damals allein stehend, Unterhalt oder sonstige Zuwendungen Dritter für den Fall der Erwerbsunfähigkeit sind nicht zu erwarten gewesen. Eine private Berufsunfähigkeitsversicherung hat die Klägerin nicht abgeschlossen, was sich aus Sicht des Senats nur vor dem Hintergrund erklären lässt, dass die Klägerin geglaubt hat, sie sei bereits gegen dieses Risiko gesetzlich versichert.

Auch die Belastung mit zusätzlichen Beiträgen hätte die Klägerin auf eine Beratung hin zur Überzeugung des Senats nicht von entsprechenden Dispositionen abgehalten. Nach § 165 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI in der im Zeitpunkt der fiktiven Entscheidung der Klägerin geltenden Fassung sind beitragspflichtige Einnahmen bei selbständig Tätigen ein Arbeitseinkommen in Höhe der Bezugsgröße, bei Nachweis eines niedrigeren oder höheren Arbeitseinkommens jedoch dieses Arbeitseinkommen. Abweichend von Satz 1 Nr. 1 sind beitragspflichtige Einnahmen bei selbständig Tätigen bis zum Ablauf von drei Kalenderjahren nach dem Jahr der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit ein Arbeitseinkommen in Höhe von 50 vom Hundert der Bezugsgröße, wenn die Versicherten dies beim Träger der Rentenversicherung beantragen. Die Klägerin hat sich freiwillig bereit erklärt 200,- DM monatlich zu zahlen, das entspricht etwa den Beiträgen, die bei einem beitragspflichtigen Einkommen von 1075,- DM angefallen wären. Die Verdienstvorstellungen, die sie sich gemacht hatte, waren zwar sicherlich höher, so dass höhere Beiträge als für die freiwillige Versicherung angefallen wären. Vor dem Hintergrund des hohen Anteils an ihrem Einkommen, den die Klägerin für eine soziale Absicherung aufzubringen bereit war, ist der Senat aber gleichwohl davon überzeugt, dass sie auch für die Absicherung gegen das Risiko der Erwerbsunfähigkeit entsprechend hohe Beiträge aufgebracht hätte. Im Zeitpunkt der Entscheidung galten Regelungen über ein Mindesteinkommen für selbständig Tätige nicht, so dass entsprechende Überlegungen auch keine Rolle hätten spielen können. Die Verdienste der Klägerin waren zwar nicht hoch, ihr ist es jedoch durchgehend gelungen, die bereits recht hohen Beiträge für soziale Sicherung zu zahlen, sie hat diese sogar noch erhöht, nachdem der Gesetzgeber zum 1. Januar 2002 durch entsprechende Förderungen weitere Anreize für eine privaten Altersvorsorge eingeführt hat.

Sind damit die Voraussetzungen für die Begründung der Antragspflichtversicherung im Wege des Herstellungsanspruchs erfüllt, folgt daraus, dass nach Durchführung der entsprechenden Nachentrichtung von Pflichtbeiträgen auch die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI erfüllt sein werden. Durch den Herstellungsanspruch wird die Versicherungspflicht und damit die rechtliche Basis für die Zahlung von Pflichtbeiträgen überhaupt erst begründet, so dass die Beiträge nicht vor Zuerkennung dieses Anspruchs in der Vergangenheit fällig geworden sein und verjähren konnten. Hängt das Entstehen des Rentenanspruchs von noch nachzuentrichtenden Beiträgen ab, kann mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage der Erlass eines Grundurteils begehrt werden, in dem der Rentenversicherungsträger zur Gewährung der Rente unter der aufschiebenden Bedingung der Nachentrichtung der erforderlichen Beiträge verurteilt werden soll (BSG SozR 5750 Art 2 § 6 Nr. 4 und BSG SozR 3-1500 § 54 Nr. 3). Entsprechend war die Beklagte zu verurteilen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und berücksichtigt, dass die Klägerin im Klage- und Berufungsverfahren zunächst auch einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung verfolgt hatte und insoweit erfolglos geblieben ist.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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