Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 6 RA 5323/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 R 523/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 11. März 2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Versichertenrente wegen Erwerbsminderung (EM).
Die am 1946 geborene Klägerin ist deutsche Staatsangehörige und lebt seit Januar 1998 in den Vereinigten Staaten von Amerika (USA). In der Bundesrepublik Deutschland war die Klägerin, die keine Berufsausbildung und auch keine Anlernzeit absolviert hatte, bis zum 31. März 1994 versicherungspflichtig beschäftigt. In der Zeit vom 30. April 1994 bis zum 31. Oktober 1997 legte die Klägerin weitere Pflichtbeitragszeiten in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung wegen des Bezuges von Entgeltersatzleistungen zurück (Versicherungsverlauf vom 17. Februar 1999); in den USA liegen keine Versicherungszeiten vor (Auskunft der Social Security Administration – SSA – vom 24. Oktober 2001).
Den aufgrund eines im Oktober 1997 erlittenen Handgelenkbruches im Februar 1999 gestellten Rentenantrag lehnte die Beklagte mit bestandskräftigem Bescheid vom 17. November 1999 wegen mangelnder Mitwirkung ab. Im Oktober 2001 beantragte die Klägerin erneut die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Sie legte medizinische Unterlagen vor, darunter einen Entlassungsbericht der Klinik R Bad B vom 26. April 1995, in der die Klägerin eine stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme vom 2. März 1995 bis zum 30. März 1995 durchlaufen hatte und aus der sie mit einem vollschichtigen Leistungsvermögen "in der bisherigen Tätigkeit als Verkäuferin" entlassen worden war, ferner eine Bescheinigung des Arztes Dr. S vom 25. Oktober 2002, der auf eine Behandlung der Klägerin wegen traumatischer Verletzungen nach einem Unfall vom 21. September 2002 verwies. Die Beklagte ließ die Klägerin über die SSA untersuchen und begutachten; auf das Gutachten des Arztes M vom 5. September bzw. 8. Oktober 2002 wird Bezug genommen (Kopfschmerzen, Handgelenksfraktur links 1997, Knie-Arthralgie links). Mit Bescheid vom 6. Dezember 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. August 2003 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Teilweise bzw. volle EM liege ebenso wenig vor wie teilweise EM bei Berufsunfähigkeit (BU).
Im Klageverfahren hat das Sozialgericht (SG) Berlin ein arbeitsamtsärztliches Gutachten des ehemaligen Arbeitsamtes (AA) O vom 3. November 1995 bzw. 29. Januar 1996 (Ärztin für Anästhesiologie Dr. S) beigezogen. Die Klägerin hat noch ärztliche Unterlagen aus den Jahren 2002 und 2003 vorgelegt. Mit Urteil vom 11. März 2005 hat das SG die auf Gewährung von Rente wegen EM gerichtete Klage abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klägerin habe gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen voller bzw. teilweiser EM gemäß § 43 Abs. 1 und Abs. 2 Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI). Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung dieser Renten seien ausgehend von einem zugunsten der Klägerin unterstellten frühesten möglichen Leistungsfall am 10. Januar 2001 (Autounfall) nicht erfüllt. Die Klägerin habe im maßgebenden Rahmenzeitraum vom 10. Januar 1996 bis zum 9. Januar 2001 bzw. in dem verlängerten Rahmenzeitraum vom 30. April 1994 bis zum 9. Januar 2001 keine Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt. Auch eine Anwartschaftserhaltung gemäß § 241 Abs. 2 Satz 1 SGB VI scheide aus. Denn der Versicherungsverlauf der Klägerin enthalte seit November 1997 überhaupt keine rentenrechtlichen Zeiten mehr. Die EM sei auch nicht aufgrund eines Tatbestandes eingetreten, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt sei. Es sei auch nicht ersichtlich, dass eine EM zu einem früheren Zeitpunkt als im Januar 2001 eingetreten sei. Die Klägerin habe medizinische Unterlagen aus den Jahren 1997 bis 2000 nicht vorlegen können. In dem arbeitsamtsärztlichen Gutachten vom 29. Januar 1996 sei der Klägerin zudem noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte körperliche Tätigkeiten in allen Haltungsarten mit qualitativen Leistungseinschränkungen bescheinigt worden. Gleiches gelte für den Entlassungsbericht der Klinik Rosenhof vom 26. April 1995.
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.
Aus ihrem Vorbringen ergibt sich der Antrag,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 11. März 2005 und den Bescheid der Beklagten vom 6. Dezember 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. August 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr für die Zeit ab 1. Oktober 2001 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin, mit der sie bei verständiger Würdigung ihres Vorbringens (vgl. § 123 Sozialgerichtsgesetz – SGG -) die erstinstanzlich erhobene und statthafte kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage auf Gewährung von Rente wegen voller EM, hilfsweise wegen teilweiser EM, hilfsweise wegen teilweiser EM bei BU weiter verfolgt, ist nicht begründet. Aufgrund ihres im Oktober 2001 gestellten Rentenantrages (vgl. § 99 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB VI) war nur über die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche auf Rente wegen EM nach dem seit 01. Januar 2001 geltenden Recht zu befinden; den bereits im Februar 1999 unter Geltung der bis zum 31. Dezember 2000 maßgebenden Rechtsvorschriften der §§ 43, 44 SGB VI alter Fassung gestellten Rentenantrag wird die Beklagte noch in der Sache zu bescheiden haben, nachdem die Klägerin auf den bestandskräftigen Versagungsbescheid vom 17. November 1999 die seinerzeit angeforderten Rentenantragsformulare und Unterlagen zwischenzeitlich der Beklagten vorgelegt hat.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte weder einen Anspruch auf Rente wegen voller EM (§ 44 Abs. 2 SGB VI) noch auf Rente wegen teilweiser EM nach § 44 Abs. 1 SGB VI oder auf Rente wegen teilweiser EM bei BU gemäß § 240 SGB VI für die Zeit ab 01. Oktober 2001 (Antragsmonat). Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen hierfür sind in der Person der Klägerin nicht erfüllt.
Die Vorschriften der §§ 43, 240 SGB VI setzen zunächst die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit (vgl. §§ 50 Abs. 1, 51 Abs. 1 SGB VI) sowie das Vorhandensein von drei Jahren mit Pflichtbeiträgen für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der EM bzw. BU voraus (vgl. §§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 und 3, Abs. 2 Satz 1 Nrn. 2 und 3, 240 Abs. 1 SGB VI). Darüber hinaus muss volle bzw. teilweise EM oder BU vorliegen (vgl. §§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 240 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI).
Die besondere versicherungsrechtliche Voraussetzung der so genannten Drei-Fünftel-Belegung nach den §§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 240 Abs. 1 SGB VI wurde mit dem Haushaltsbegleitgesetz 1984 eingeführt und betrifft alle Fälle, in denen EM bzw. BU nach dem 31. Dezember 1983 eingetreten ist. Lag eine EM oder BU – wofür vorliegend keine Anhaltspunkte ersichtlich sind – bis zu diesem Zeitpunkt bereits vor, bestand und besteht ein Anspruch auf Rente wegen EM bereits ohne die Drei-Fünftel-Belegung allein durch die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit (vgl. § 241 Abs. 2 Satz 1 SGB VI). Da die Klägerin seit dem 01. November 1997 keine rentenrechtlichen Zeiten zurückgelegt hat, wäre das Erfordernis der so genannten Drei-Fünftel-Belegung mithin nur bei einem Eintritt von EM bzw. BU spätestens im November 1999 erfüllt. Dass die tatsächlichen Voraussetzungen einer EM bzw. BU der Klägerin aber bereits vor Dezember 1999 vorlagen, ist nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens im erforderlichen Vollbeweis nicht feststellbar.
Voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden (volle EM) bzw. mindestens sechs Stunden (teilweise EM) täglich erwerbstätig zu sein; erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist (vgl. § 43 Abs. 3 SGB VI). Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; auch dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (vgl. § 240 Abs. 2 Satz 4 SGB VI).
Es ist mit der erforderlichen Sicherheit nicht feststellbar, dass vor Dezember 1999 bereits die genannten tatbestandlichen Voraussetzungen einer vollen oder teilweisen EM oder auch nur einer BU der Klägerin vorgelegen hätten. Sämtliche von ihr im Verwaltungsverfahren und auf Nachfrage des SG im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten ärztlichen Unterlagen beziehen sich auf die Jahre 2002 und 2003 und lassen keinen Schluss darauf zu, ob bereits vor Dezember 1999 eine EM oder auch nur eine BU der Klägerin vorgelegen hätten. Auch eine Anfrage nach medizinischen Unterlagen aus der Zeit von 1997 bis 1999 bei der Allgemeinen Ortskrankenkasse Essen blieb ergebnislos. Die vorliegenden medizinischen Unterlagen, und zwar ein Entlassungsbericht der Klinik R B B über die von der Klägerin vom 02. März 1995 bis zum 30. März 1995 durchlaufene stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme und ein arbeitsamtsärztliches Gutachten des AA Offenbach vom 03. November 1995 bzw. 29. Januar 1996, hatten noch im Jahr 1996 ein vollschichtiges Leistungsvermögen der Klägerin für körperlich leichte Arbeiten mit geringfügigen qualitativen Leistungseinschränkungen ergeben.
Anderslautende medizinische Unterlagen liegen jedenfalls für den Zeitraum bis Dezember 1999 nicht vor.
Die Klägerin war bis Dezember 1999 auch nicht berufsunfähig. Ausgangspunkt für die Prüfung von BU ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG der "bisherige Beruf" des Versicherten (vgl. z. B. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 107, 169; BSG, Urteil vom 11. Mai 2000 – B 13 RJ 43/99 R – nicht veröffentlicht). Grundsätzlich ist dies die letzte nicht nur vorübergehend ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit (vgl. z. B. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 130, 164). Nach diesen Grundsätzen ist als bisheriger Beruf der Klägerin der Beruf der ungelernten Verkäuferin der rentenrechtlichen Beurteilung zugrunde zu legen. Diesen Beruf hatte die Klägerin zuletzt vom 1. August 1993 bis zum 31. März 1994 und damit nicht nur vorübergehend versicherungspflichtig ausgeübt. Es ist nicht ersichtlich, dass sich die Klägerin von dem zuvor ausgeübten Beruf einer ungelernten bzw. allenfalls einfach angelernten Montiererin aus gesundheitlichen Gründen gelöst hätte.
Es kann dahin stehen, ob die Klägerin in der Zeit bis Dezember 1999 diesen ihren bisherigen Beruf mit dem seinerzeit verbliebenen Leistungsvermögen noch ausführen konnte. Denn BU liegt nicht schon dann vor, wenn die Versicherte ihren bisherigen Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann. Hinzukommen muss vielmehr, dass für die Versicherte auch keine sozial zumutbare Erwerbstätigkeit im Sinne des § 240 Abs. 2 Satz 2 SGB VI mehr vorhanden ist, die sie mit dem ihr verbliebenen Leistungsvermögen noch ausführen konnte. Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich dabei nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zwecks Vornahme dieser Bewertung hat die höchstrichterliche Rechtsprechung das so genannte Mehrstufenschema entwickelt; dieses Schema untergliedert die Angestelltenberufe in verschiedene Berufsgruppen und insoweit in vier Hauptgruppen (vgl. BSG, Urteil vom 24. März 1998 – B 4 RA 44/96 R – nicht veröffentlicht; Urteil vom 14. Mai 1996 – 4 RA 60/94 = BSGE 78, 207, 218). Diese Berufsgruppen werden durch die Leitberufe des Angestellten mit Vorgesetztenfunktion bzw. des spezifisch qualifizierten Angestellten, des Angestellten mit einer Regelausbildungszeit von mehr als zwei Jahren, des angelernten Angestellten (Ausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Angestellten charakterisiert (vgl. BSG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 4 RA 60/94 –).
Es bedarf keiner Entscheidung, ob der bisherige Beruf der Klägerin, die nach eigenen Angaben keine Berufsaufbildung und auch keine Anlernausbildung absolviert hatte, der untersten Gruppe des ungelernten Angestellten zuzuordnen ist, oder ob die Klägerin dem unteren Bereich der Anlerntätigkeiten (Berufsgruppe des angelernten Angestellten) hinzuzurechnen ist. Fest steht jedenfalls, dass der bisherige Beruf der Klägerin nicht als Anlerntätigkeit im oberen Bereich im Rahmen der Berufsgruppe des angelernten Angestellten zu bewerten oder gar einer höheren Berufsgruppe zuzuordnen ist. Denn hierfür wäre Voraussetzung, dass der bisherige Beruf der Klägerin eine Ausbildungszeit von mindestens einem Jahr erfordert hätte. Dies ist nicht ersichtlich und wurde auch von der Klägerin verneint. Da danach eine Bewertung des bisherigen Berufs der Klägerin als Anlerntätigkeit im oberen Bereich ausscheidet, ist sie als Angelernte im unteren Bereich ebenso wie als Ungelernte sozial zumutbar auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar, für die ihr Restleistungsvermögen noch ausreicht. Denn grundsätzlich darf der Versicherte im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf auf die nächst niedrigere Berufsgruppe verweisen werden (ständige Rechsprechung: vgl. z. B. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 143 mit weiteren Nachweisen; BSG SozR 3 – 2200 § 1246 Nr. 5; BSG, Urteil vom 11. Mai 2000 – B 13 RJ 43/99 R –). Ein Berufsschutz, der die konkrete Bezeichnung einer Verweisungstätigkeit erforderte, steht der Klägerin nicht zu.
Vor dem Hintergrund, dass jedenfalls bis Dezember 1999 ein untervollschichtiges Leistungsvermögen der Klägerin objektiv nicht feststellbar ist, können auch die tatbestandlichen Voraussetzungen einer EM bzw. von BU bis zu diesem Zeitpunkt nicht im erforderlichen Vollbeweis gesichert werden.
Die Klägerin hat für die Zeit ab 01. Januar 1984 auch nicht durchgehend Anwartschaftserhaltungszeiten im Sinne von § 241 Abs. 2 SGB VI zurückgelegt und ihren Versicherungsschutz auch nicht durch Entrichtung freiwilliger Beiträge aufrechterhalten. Nach § 241 Abs. 2 Satz 1 SGB VI sind Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vor Eintritt der EM oder BU für Versicherte nicht erforderlich, die vor dem 01. Januar 1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt haben, wenn jeder Kalendermonat vom 01. Januar 1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der EM oder BU mit Beitragszeiten, beitragsfreien Zeiten, Zeiten, die nur deshalb nicht beitragsfreie Zeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag, eine beitragsfreie Zeit oder eine der nachfolgenden Zeiten liegt, Berücksichtigungszeiten, Zeiten des Bezuges einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder Zeiten des gewöhnlichen Aufenthaltes im Beitrittsgebiet vor dem 01. Januar 1992 belegt ist. Die Klägerin hat zwar die allgemeine Wartezeit vor dem 01. Januar 1984 erfüllt, sie hat jedoch bis zum frühest möglichen Zeitpunkt des Eintritts einer EM oder BU im Februar 1996, dem Monat des Abschlusses des arbeitsamtsärztlichen Gutachtens mit dem Ergebnis eines vollschichtigen Leistungsvermögens, nicht durchgehend Anwartschaftserhaltungszeiten zurückgelegt. Eine erste Lücke im Versicherungsverlauf findet sich bereits von März bis Mai 1985, dann von Februar 1987 bis April 1990, von Juli bis August 1991, von Januar bis April 1992 und schließlich von Mai bis Juli 1993. Für diese nicht belegten Kalendermonate kann die Klägerin auch rückwirkend keine freiwilligen Beiträge zur Anwartschaftserhaltung zahlen. Denn freiwillige Beiträge sind grundsätzlich nur wirksam, wenn sie bis zum 31. März des Jahres, das dem Jahr folgt, für das sie gelten sollen, gezahlt werden (§ 197 Abs. 2 SGB VI). Zwar kann in Fällen besonderer Härte nach § 197 Abs. 3 SGB VI, insbesondere bei drohendem Verlust der Anwartschaft auf eine Rente, auf Antrag des Versicherten die Zahlung von Beiträgen für die Zeit ab 1. Januar 1992 auch nach Ablauf der genannten Frist zugelassen werden, wenn der Versicherte an der rechtzeitigen Beitragszahlung ohne Verschulden verhindert war. Dies ist jedoch vorliegend nicht der Fall. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Klägerin an der rechtzeitigen Beitragszahlung ohne Verschulden gehindert gewesen wäre. Auch Rechtsunkenntnis oder wirtschaftliche Schwierigkeiten begründen keine Schuldlosigkeit des Versicherten an der nicht erfolgten Beitragszahlung.
Im Übrigen ist die Vorschrift des § 197 Abs. 3 SGB VI auf Beitragsentrichtungen, für die noch die Fristen des bis zum 31. Dezember 1991 maßgeblichen Rechts des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) galten, nicht anwendbar. Denn eine erweiternde Auslegung des § 197 Abs. 3 SGB VI auf Beitragsentrichtungen, die nach dem früheren Recht bereits nicht mehr möglich waren, hätten zum Ergebnis, dass bereits versäumte Beitragsentrichtungsfristen wieder eröffnet werden könnten, was einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung bedürft hätte (vgl. BSG, Urteil vom 23. August 2001 – B 13 RJ 73/99 R = SozR 3 – 2600 § 197 Nr. 4 mit weiteren Nachweisen). Die Rentenversicherungsträger waren ohne besonderen Anlass auch nicht verpflichtet, im Laufe des Jahres 1984 die möglicherweise durch das Haushaltsbegleitgesetz 1984 betroffenen Versicherten zu ermitteln und diese individuell über die geänderten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu informieren (vgl. BSG a. a. O.). Eine Beitragsentrichtung ab 01. Januar 1992 könnte die aufgetretenen Lücken zwischen dem 01. Januar 1984 und dem 31. Dezember 1991 aber ohnehin nicht mehr schließen. Die Klägerin ist auch nach US-amerikanischen Rechtsvorschriften nicht berechtigt, alle im Versicherungsverlauf bestehenden Lücken durch Zahlung von freiwilligen Beiträgen zu füllen. Grundsätzlich kann zwar die Zahlung von freiwilligen Beiträgen zu einem vom Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika über Soziale Sicherheit vom 07. Januar 1976 (BGBl. 1976 II, S. 1358) in der Fassung des Zusatzabkommens vom 02. Oktober 1986 (BGB. 1988 II, S. 83) und des zweiten Zusatzabkommens vom 06. März 1995 (BGBl. 1996 II, S. 302) erfassten ausländischen Rentenversicherungssystem ebenfalls zur Erfüllung der Voraussetzungen des § 241 SGB VI ausreichen (vgl. BSG a. a. O. mit weiteren Nachweisen). Um auf diese Weise zur lückenlosen Belegung zu kommen, müsste der Klägerin nach US-amerikanischem Recht noch eine Belegung der nach 1984 bestehenden Lücken durch eine Beitragsentrichtung möglich sein. Dies ist indes nicht der Fall. Nach der in das Verfahren eingeführten Internet-Auskunft der SSA können für die Zeit ab 01. Januar 1984 zur Lückenfüllung nicht nachträglich freiwillige Beiträge gezahlt werden. In den USA ist es einzig durch eine entgeltliche Beschäftigung möglich, Beitragszeiten zu erwerben. Die Klägerin ist einer derartigen entgeltlichen Beschäftigung in den USA zu keiner Zeit nachgegangen.
Die so genannte Drei-Fünftel-Belegung ist auch dann entbehrlich, wenn eine EM bzw. BU aufgrund eines Tatbestandes eingetreten wäre, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist (vgl. § 43 Abs. 5 SGB VI). Auch ein derartiger Tatbestand liegt bei der Klägerin nicht vor, weil sie jedenfalls nicht wegen eines Arbeitsunfalls oder eine Berufskrankheit, einer Wehr- oder Zivildienstbeschädigung oder eines Gewahrsams vermindert erwerbsfähig geworden ist und volle EM auch nicht vor Ablauf von sechs Jahren nach Beendigung einer Ausbildung eingetreten ist (vgl. § 53 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 SGB VI). Bei den von der Klägerin genannten Autounfällen in den Jahren 1997 bzw. 2001 kann es sich schon deshalb nicht um Arbeitsunfälle gehandelt haben, weil die Klägerin in den USA gar nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stand, das geeignet gewesen wäre, einen Unfallversicherungsschutz zu vermitteln.
Wie bereits dargelegt, ist auch unter dem Gesichtspunkt eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches eine Zulassung der Klägerin zur Zahlung freiwilliger Beiträge für die Zeiten ihrer Lücken im Versicherungsverlauf nicht möglich. Ob ein Herstellungsanspruch auf eine unzureichende oder falsche Beratung anderer Behörden als der Beklagten gestützt werden könnte, bedarf schon deshalb keiner Beurteilung, weil ein derartiger Beratungsfehler weder von der Klägerin vorgetragen worden noch im Übrigen ersichtlich ist, dass die Versicherte um eine entsprechende Beratung bei anderen Stellen nachgesucht hatte.
Da somit ein Eintritt von EM bzw. BU vor Dezember 1999 nicht feststellbar ist und die Klägerin ab 01. Januar 1984 bis zum frühesten möglichen Eintritt einer EM bzw. BU nicht durchgehend Anwartschaftserhaltungszeiten zurückgelegt hat, hätte es der vorliegend für jeden Leistungsfall ab dem 01. Dezember 1999 jedenfalls nicht erfüllten Drei-Fünftel-Belegung bedürft.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Versichertenrente wegen Erwerbsminderung (EM).
Die am 1946 geborene Klägerin ist deutsche Staatsangehörige und lebt seit Januar 1998 in den Vereinigten Staaten von Amerika (USA). In der Bundesrepublik Deutschland war die Klägerin, die keine Berufsausbildung und auch keine Anlernzeit absolviert hatte, bis zum 31. März 1994 versicherungspflichtig beschäftigt. In der Zeit vom 30. April 1994 bis zum 31. Oktober 1997 legte die Klägerin weitere Pflichtbeitragszeiten in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung wegen des Bezuges von Entgeltersatzleistungen zurück (Versicherungsverlauf vom 17. Februar 1999); in den USA liegen keine Versicherungszeiten vor (Auskunft der Social Security Administration – SSA – vom 24. Oktober 2001).
Den aufgrund eines im Oktober 1997 erlittenen Handgelenkbruches im Februar 1999 gestellten Rentenantrag lehnte die Beklagte mit bestandskräftigem Bescheid vom 17. November 1999 wegen mangelnder Mitwirkung ab. Im Oktober 2001 beantragte die Klägerin erneut die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Sie legte medizinische Unterlagen vor, darunter einen Entlassungsbericht der Klinik R Bad B vom 26. April 1995, in der die Klägerin eine stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme vom 2. März 1995 bis zum 30. März 1995 durchlaufen hatte und aus der sie mit einem vollschichtigen Leistungsvermögen "in der bisherigen Tätigkeit als Verkäuferin" entlassen worden war, ferner eine Bescheinigung des Arztes Dr. S vom 25. Oktober 2002, der auf eine Behandlung der Klägerin wegen traumatischer Verletzungen nach einem Unfall vom 21. September 2002 verwies. Die Beklagte ließ die Klägerin über die SSA untersuchen und begutachten; auf das Gutachten des Arztes M vom 5. September bzw. 8. Oktober 2002 wird Bezug genommen (Kopfschmerzen, Handgelenksfraktur links 1997, Knie-Arthralgie links). Mit Bescheid vom 6. Dezember 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. August 2003 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Teilweise bzw. volle EM liege ebenso wenig vor wie teilweise EM bei Berufsunfähigkeit (BU).
Im Klageverfahren hat das Sozialgericht (SG) Berlin ein arbeitsamtsärztliches Gutachten des ehemaligen Arbeitsamtes (AA) O vom 3. November 1995 bzw. 29. Januar 1996 (Ärztin für Anästhesiologie Dr. S) beigezogen. Die Klägerin hat noch ärztliche Unterlagen aus den Jahren 2002 und 2003 vorgelegt. Mit Urteil vom 11. März 2005 hat das SG die auf Gewährung von Rente wegen EM gerichtete Klage abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klägerin habe gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen voller bzw. teilweiser EM gemäß § 43 Abs. 1 und Abs. 2 Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI). Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung dieser Renten seien ausgehend von einem zugunsten der Klägerin unterstellten frühesten möglichen Leistungsfall am 10. Januar 2001 (Autounfall) nicht erfüllt. Die Klägerin habe im maßgebenden Rahmenzeitraum vom 10. Januar 1996 bis zum 9. Januar 2001 bzw. in dem verlängerten Rahmenzeitraum vom 30. April 1994 bis zum 9. Januar 2001 keine Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt. Auch eine Anwartschaftserhaltung gemäß § 241 Abs. 2 Satz 1 SGB VI scheide aus. Denn der Versicherungsverlauf der Klägerin enthalte seit November 1997 überhaupt keine rentenrechtlichen Zeiten mehr. Die EM sei auch nicht aufgrund eines Tatbestandes eingetreten, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt sei. Es sei auch nicht ersichtlich, dass eine EM zu einem früheren Zeitpunkt als im Januar 2001 eingetreten sei. Die Klägerin habe medizinische Unterlagen aus den Jahren 1997 bis 2000 nicht vorlegen können. In dem arbeitsamtsärztlichen Gutachten vom 29. Januar 1996 sei der Klägerin zudem noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte körperliche Tätigkeiten in allen Haltungsarten mit qualitativen Leistungseinschränkungen bescheinigt worden. Gleiches gelte für den Entlassungsbericht der Klinik Rosenhof vom 26. April 1995.
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.
Aus ihrem Vorbringen ergibt sich der Antrag,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 11. März 2005 und den Bescheid der Beklagten vom 6. Dezember 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. August 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr für die Zeit ab 1. Oktober 2001 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin, mit der sie bei verständiger Würdigung ihres Vorbringens (vgl. § 123 Sozialgerichtsgesetz – SGG -) die erstinstanzlich erhobene und statthafte kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage auf Gewährung von Rente wegen voller EM, hilfsweise wegen teilweiser EM, hilfsweise wegen teilweiser EM bei BU weiter verfolgt, ist nicht begründet. Aufgrund ihres im Oktober 2001 gestellten Rentenantrages (vgl. § 99 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB VI) war nur über die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche auf Rente wegen EM nach dem seit 01. Januar 2001 geltenden Recht zu befinden; den bereits im Februar 1999 unter Geltung der bis zum 31. Dezember 2000 maßgebenden Rechtsvorschriften der §§ 43, 44 SGB VI alter Fassung gestellten Rentenantrag wird die Beklagte noch in der Sache zu bescheiden haben, nachdem die Klägerin auf den bestandskräftigen Versagungsbescheid vom 17. November 1999 die seinerzeit angeforderten Rentenantragsformulare und Unterlagen zwischenzeitlich der Beklagten vorgelegt hat.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte weder einen Anspruch auf Rente wegen voller EM (§ 44 Abs. 2 SGB VI) noch auf Rente wegen teilweiser EM nach § 44 Abs. 1 SGB VI oder auf Rente wegen teilweiser EM bei BU gemäß § 240 SGB VI für die Zeit ab 01. Oktober 2001 (Antragsmonat). Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen hierfür sind in der Person der Klägerin nicht erfüllt.
Die Vorschriften der §§ 43, 240 SGB VI setzen zunächst die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit (vgl. §§ 50 Abs. 1, 51 Abs. 1 SGB VI) sowie das Vorhandensein von drei Jahren mit Pflichtbeiträgen für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der EM bzw. BU voraus (vgl. §§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 und 3, Abs. 2 Satz 1 Nrn. 2 und 3, 240 Abs. 1 SGB VI). Darüber hinaus muss volle bzw. teilweise EM oder BU vorliegen (vgl. §§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 240 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI).
Die besondere versicherungsrechtliche Voraussetzung der so genannten Drei-Fünftel-Belegung nach den §§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 240 Abs. 1 SGB VI wurde mit dem Haushaltsbegleitgesetz 1984 eingeführt und betrifft alle Fälle, in denen EM bzw. BU nach dem 31. Dezember 1983 eingetreten ist. Lag eine EM oder BU – wofür vorliegend keine Anhaltspunkte ersichtlich sind – bis zu diesem Zeitpunkt bereits vor, bestand und besteht ein Anspruch auf Rente wegen EM bereits ohne die Drei-Fünftel-Belegung allein durch die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit (vgl. § 241 Abs. 2 Satz 1 SGB VI). Da die Klägerin seit dem 01. November 1997 keine rentenrechtlichen Zeiten zurückgelegt hat, wäre das Erfordernis der so genannten Drei-Fünftel-Belegung mithin nur bei einem Eintritt von EM bzw. BU spätestens im November 1999 erfüllt. Dass die tatsächlichen Voraussetzungen einer EM bzw. BU der Klägerin aber bereits vor Dezember 1999 vorlagen, ist nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens im erforderlichen Vollbeweis nicht feststellbar.
Voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden (volle EM) bzw. mindestens sechs Stunden (teilweise EM) täglich erwerbstätig zu sein; erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist (vgl. § 43 Abs. 3 SGB VI). Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; auch dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (vgl. § 240 Abs. 2 Satz 4 SGB VI).
Es ist mit der erforderlichen Sicherheit nicht feststellbar, dass vor Dezember 1999 bereits die genannten tatbestandlichen Voraussetzungen einer vollen oder teilweisen EM oder auch nur einer BU der Klägerin vorgelegen hätten. Sämtliche von ihr im Verwaltungsverfahren und auf Nachfrage des SG im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten ärztlichen Unterlagen beziehen sich auf die Jahre 2002 und 2003 und lassen keinen Schluss darauf zu, ob bereits vor Dezember 1999 eine EM oder auch nur eine BU der Klägerin vorgelegen hätten. Auch eine Anfrage nach medizinischen Unterlagen aus der Zeit von 1997 bis 1999 bei der Allgemeinen Ortskrankenkasse Essen blieb ergebnislos. Die vorliegenden medizinischen Unterlagen, und zwar ein Entlassungsbericht der Klinik R B B über die von der Klägerin vom 02. März 1995 bis zum 30. März 1995 durchlaufene stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme und ein arbeitsamtsärztliches Gutachten des AA Offenbach vom 03. November 1995 bzw. 29. Januar 1996, hatten noch im Jahr 1996 ein vollschichtiges Leistungsvermögen der Klägerin für körperlich leichte Arbeiten mit geringfügigen qualitativen Leistungseinschränkungen ergeben.
Anderslautende medizinische Unterlagen liegen jedenfalls für den Zeitraum bis Dezember 1999 nicht vor.
Die Klägerin war bis Dezember 1999 auch nicht berufsunfähig. Ausgangspunkt für die Prüfung von BU ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG der "bisherige Beruf" des Versicherten (vgl. z. B. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 107, 169; BSG, Urteil vom 11. Mai 2000 – B 13 RJ 43/99 R – nicht veröffentlicht). Grundsätzlich ist dies die letzte nicht nur vorübergehend ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit (vgl. z. B. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 130, 164). Nach diesen Grundsätzen ist als bisheriger Beruf der Klägerin der Beruf der ungelernten Verkäuferin der rentenrechtlichen Beurteilung zugrunde zu legen. Diesen Beruf hatte die Klägerin zuletzt vom 1. August 1993 bis zum 31. März 1994 und damit nicht nur vorübergehend versicherungspflichtig ausgeübt. Es ist nicht ersichtlich, dass sich die Klägerin von dem zuvor ausgeübten Beruf einer ungelernten bzw. allenfalls einfach angelernten Montiererin aus gesundheitlichen Gründen gelöst hätte.
Es kann dahin stehen, ob die Klägerin in der Zeit bis Dezember 1999 diesen ihren bisherigen Beruf mit dem seinerzeit verbliebenen Leistungsvermögen noch ausführen konnte. Denn BU liegt nicht schon dann vor, wenn die Versicherte ihren bisherigen Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann. Hinzukommen muss vielmehr, dass für die Versicherte auch keine sozial zumutbare Erwerbstätigkeit im Sinne des § 240 Abs. 2 Satz 2 SGB VI mehr vorhanden ist, die sie mit dem ihr verbliebenen Leistungsvermögen noch ausführen konnte. Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich dabei nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zwecks Vornahme dieser Bewertung hat die höchstrichterliche Rechtsprechung das so genannte Mehrstufenschema entwickelt; dieses Schema untergliedert die Angestelltenberufe in verschiedene Berufsgruppen und insoweit in vier Hauptgruppen (vgl. BSG, Urteil vom 24. März 1998 – B 4 RA 44/96 R – nicht veröffentlicht; Urteil vom 14. Mai 1996 – 4 RA 60/94 = BSGE 78, 207, 218). Diese Berufsgruppen werden durch die Leitberufe des Angestellten mit Vorgesetztenfunktion bzw. des spezifisch qualifizierten Angestellten, des Angestellten mit einer Regelausbildungszeit von mehr als zwei Jahren, des angelernten Angestellten (Ausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Angestellten charakterisiert (vgl. BSG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 4 RA 60/94 –).
Es bedarf keiner Entscheidung, ob der bisherige Beruf der Klägerin, die nach eigenen Angaben keine Berufsaufbildung und auch keine Anlernausbildung absolviert hatte, der untersten Gruppe des ungelernten Angestellten zuzuordnen ist, oder ob die Klägerin dem unteren Bereich der Anlerntätigkeiten (Berufsgruppe des angelernten Angestellten) hinzuzurechnen ist. Fest steht jedenfalls, dass der bisherige Beruf der Klägerin nicht als Anlerntätigkeit im oberen Bereich im Rahmen der Berufsgruppe des angelernten Angestellten zu bewerten oder gar einer höheren Berufsgruppe zuzuordnen ist. Denn hierfür wäre Voraussetzung, dass der bisherige Beruf der Klägerin eine Ausbildungszeit von mindestens einem Jahr erfordert hätte. Dies ist nicht ersichtlich und wurde auch von der Klägerin verneint. Da danach eine Bewertung des bisherigen Berufs der Klägerin als Anlerntätigkeit im oberen Bereich ausscheidet, ist sie als Angelernte im unteren Bereich ebenso wie als Ungelernte sozial zumutbar auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar, für die ihr Restleistungsvermögen noch ausreicht. Denn grundsätzlich darf der Versicherte im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf auf die nächst niedrigere Berufsgruppe verweisen werden (ständige Rechsprechung: vgl. z. B. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 143 mit weiteren Nachweisen; BSG SozR 3 – 2200 § 1246 Nr. 5; BSG, Urteil vom 11. Mai 2000 – B 13 RJ 43/99 R –). Ein Berufsschutz, der die konkrete Bezeichnung einer Verweisungstätigkeit erforderte, steht der Klägerin nicht zu.
Vor dem Hintergrund, dass jedenfalls bis Dezember 1999 ein untervollschichtiges Leistungsvermögen der Klägerin objektiv nicht feststellbar ist, können auch die tatbestandlichen Voraussetzungen einer EM bzw. von BU bis zu diesem Zeitpunkt nicht im erforderlichen Vollbeweis gesichert werden.
Die Klägerin hat für die Zeit ab 01. Januar 1984 auch nicht durchgehend Anwartschaftserhaltungszeiten im Sinne von § 241 Abs. 2 SGB VI zurückgelegt und ihren Versicherungsschutz auch nicht durch Entrichtung freiwilliger Beiträge aufrechterhalten. Nach § 241 Abs. 2 Satz 1 SGB VI sind Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vor Eintritt der EM oder BU für Versicherte nicht erforderlich, die vor dem 01. Januar 1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt haben, wenn jeder Kalendermonat vom 01. Januar 1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der EM oder BU mit Beitragszeiten, beitragsfreien Zeiten, Zeiten, die nur deshalb nicht beitragsfreie Zeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag, eine beitragsfreie Zeit oder eine der nachfolgenden Zeiten liegt, Berücksichtigungszeiten, Zeiten des Bezuges einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder Zeiten des gewöhnlichen Aufenthaltes im Beitrittsgebiet vor dem 01. Januar 1992 belegt ist. Die Klägerin hat zwar die allgemeine Wartezeit vor dem 01. Januar 1984 erfüllt, sie hat jedoch bis zum frühest möglichen Zeitpunkt des Eintritts einer EM oder BU im Februar 1996, dem Monat des Abschlusses des arbeitsamtsärztlichen Gutachtens mit dem Ergebnis eines vollschichtigen Leistungsvermögens, nicht durchgehend Anwartschaftserhaltungszeiten zurückgelegt. Eine erste Lücke im Versicherungsverlauf findet sich bereits von März bis Mai 1985, dann von Februar 1987 bis April 1990, von Juli bis August 1991, von Januar bis April 1992 und schließlich von Mai bis Juli 1993. Für diese nicht belegten Kalendermonate kann die Klägerin auch rückwirkend keine freiwilligen Beiträge zur Anwartschaftserhaltung zahlen. Denn freiwillige Beiträge sind grundsätzlich nur wirksam, wenn sie bis zum 31. März des Jahres, das dem Jahr folgt, für das sie gelten sollen, gezahlt werden (§ 197 Abs. 2 SGB VI). Zwar kann in Fällen besonderer Härte nach § 197 Abs. 3 SGB VI, insbesondere bei drohendem Verlust der Anwartschaft auf eine Rente, auf Antrag des Versicherten die Zahlung von Beiträgen für die Zeit ab 1. Januar 1992 auch nach Ablauf der genannten Frist zugelassen werden, wenn der Versicherte an der rechtzeitigen Beitragszahlung ohne Verschulden verhindert war. Dies ist jedoch vorliegend nicht der Fall. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Klägerin an der rechtzeitigen Beitragszahlung ohne Verschulden gehindert gewesen wäre. Auch Rechtsunkenntnis oder wirtschaftliche Schwierigkeiten begründen keine Schuldlosigkeit des Versicherten an der nicht erfolgten Beitragszahlung.
Im Übrigen ist die Vorschrift des § 197 Abs. 3 SGB VI auf Beitragsentrichtungen, für die noch die Fristen des bis zum 31. Dezember 1991 maßgeblichen Rechts des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) galten, nicht anwendbar. Denn eine erweiternde Auslegung des § 197 Abs. 3 SGB VI auf Beitragsentrichtungen, die nach dem früheren Recht bereits nicht mehr möglich waren, hätten zum Ergebnis, dass bereits versäumte Beitragsentrichtungsfristen wieder eröffnet werden könnten, was einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung bedürft hätte (vgl. BSG, Urteil vom 23. August 2001 – B 13 RJ 73/99 R = SozR 3 – 2600 § 197 Nr. 4 mit weiteren Nachweisen). Die Rentenversicherungsträger waren ohne besonderen Anlass auch nicht verpflichtet, im Laufe des Jahres 1984 die möglicherweise durch das Haushaltsbegleitgesetz 1984 betroffenen Versicherten zu ermitteln und diese individuell über die geänderten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu informieren (vgl. BSG a. a. O.). Eine Beitragsentrichtung ab 01. Januar 1992 könnte die aufgetretenen Lücken zwischen dem 01. Januar 1984 und dem 31. Dezember 1991 aber ohnehin nicht mehr schließen. Die Klägerin ist auch nach US-amerikanischen Rechtsvorschriften nicht berechtigt, alle im Versicherungsverlauf bestehenden Lücken durch Zahlung von freiwilligen Beiträgen zu füllen. Grundsätzlich kann zwar die Zahlung von freiwilligen Beiträgen zu einem vom Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika über Soziale Sicherheit vom 07. Januar 1976 (BGBl. 1976 II, S. 1358) in der Fassung des Zusatzabkommens vom 02. Oktober 1986 (BGB. 1988 II, S. 83) und des zweiten Zusatzabkommens vom 06. März 1995 (BGBl. 1996 II, S. 302) erfassten ausländischen Rentenversicherungssystem ebenfalls zur Erfüllung der Voraussetzungen des § 241 SGB VI ausreichen (vgl. BSG a. a. O. mit weiteren Nachweisen). Um auf diese Weise zur lückenlosen Belegung zu kommen, müsste der Klägerin nach US-amerikanischem Recht noch eine Belegung der nach 1984 bestehenden Lücken durch eine Beitragsentrichtung möglich sein. Dies ist indes nicht der Fall. Nach der in das Verfahren eingeführten Internet-Auskunft der SSA können für die Zeit ab 01. Januar 1984 zur Lückenfüllung nicht nachträglich freiwillige Beiträge gezahlt werden. In den USA ist es einzig durch eine entgeltliche Beschäftigung möglich, Beitragszeiten zu erwerben. Die Klägerin ist einer derartigen entgeltlichen Beschäftigung in den USA zu keiner Zeit nachgegangen.
Die so genannte Drei-Fünftel-Belegung ist auch dann entbehrlich, wenn eine EM bzw. BU aufgrund eines Tatbestandes eingetreten wäre, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist (vgl. § 43 Abs. 5 SGB VI). Auch ein derartiger Tatbestand liegt bei der Klägerin nicht vor, weil sie jedenfalls nicht wegen eines Arbeitsunfalls oder eine Berufskrankheit, einer Wehr- oder Zivildienstbeschädigung oder eines Gewahrsams vermindert erwerbsfähig geworden ist und volle EM auch nicht vor Ablauf von sechs Jahren nach Beendigung einer Ausbildung eingetreten ist (vgl. § 53 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 SGB VI). Bei den von der Klägerin genannten Autounfällen in den Jahren 1997 bzw. 2001 kann es sich schon deshalb nicht um Arbeitsunfälle gehandelt haben, weil die Klägerin in den USA gar nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stand, das geeignet gewesen wäre, einen Unfallversicherungsschutz zu vermitteln.
Wie bereits dargelegt, ist auch unter dem Gesichtspunkt eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches eine Zulassung der Klägerin zur Zahlung freiwilliger Beiträge für die Zeiten ihrer Lücken im Versicherungsverlauf nicht möglich. Ob ein Herstellungsanspruch auf eine unzureichende oder falsche Beratung anderer Behörden als der Beklagten gestützt werden könnte, bedarf schon deshalb keiner Beurteilung, weil ein derartiger Beratungsfehler weder von der Klägerin vorgetragen worden noch im Übrigen ersichtlich ist, dass die Versicherte um eine entsprechende Beratung bei anderen Stellen nachgesucht hatte.
Da somit ein Eintritt von EM bzw. BU vor Dezember 1999 nicht feststellbar ist und die Klägerin ab 01. Januar 1984 bis zum frühesten möglichen Eintritt einer EM bzw. BU nicht durchgehend Anwartschaftserhaltungszeiten zurückgelegt hat, hätte es der vorliegend für jeden Leistungsfall ab dem 01. Dezember 1999 jedenfalls nicht erfüllten Drei-Fünftel-Belegung bedürft.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
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