L 7 B 1032/05 KA ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
7
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 1 KA 102/05 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 7 B 1032/05 KA ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 28. September 2005 wird zurückgewiesen. Der Antragsteller trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen. Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 41.020,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere statthaft gemäß § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), sie ist in der Sache jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht Potsdam den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt, denn dem Antragsteller steht der behauptete Anspruch auf Feststellung, dass seine vertragsärztliche Zulassung kraft Gesetzes fortbesteht, nicht zu.

Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt gemäß § 86b Abs. 2 SGG unter anderem voraus, dass der Antragsteller einen Anordnungsanspruch, d. h. den seinem Rechtsschutzbegehren zugrunde liegenden materiell-rechtlichen Anspruch, glaubhaft gemacht hat. Daran fehlt es vorliegend. Der Antragsteller kann die von ihm begehrte Feststellung, dass seine vertragsärztliche Zulassung fortbesteht, nicht erlangen, denn seine vertragsärztliche Zulassung hat am 30. September 2005 geendet.

Gemäß § 95 Abs. 7 S. 3 Sozialgesetzbuch/Fünftes Buch (SGB V) endet die vertragsärztliche Zulassung am Ende des Kalendervierteljahres, in dem der Vertragsarzt sein achtundsechzigstes Lebensjahr vollendet. Der am 1937 geborene Antragsteller vollendete sein achtundsechzigstes Lebensjahr im III. Quartal des Jahres 2005, das Ende seiner Zulassung trat nach der vorgenannten Vorschrift zum 30. September 2005 ein.

Der Antragsteller kann sich auch nicht mit Erfolg auf die Vorschrift des § 95 Abs. 7 S. 4 berufen. Hiernach wird die Zulassung verlängert, wenn der Vertragsarzt zum Zeitpunkt der Vollendung des achtundsechzigsten Lebensjahres weniger als zwanzig Jahre als Vertragsarzt tätig und er vor dem 01. Januar 1993 bereits als Vertragsarzt zugelassen war. Zwar war der erst im Jahre 2000 als Vertragsarzt zugelassene Antragsteller bei Vollendung seines achtundsechzigsten Lebensjahres im Jahre 2005 weniger als zwanzig Jahre als Vertragsarzt tätig, doch er war nicht vor dem 01. Januar 1993 als Vertragsarzt zugelassen. Hieran ändert sich auch nichts dadurch, dass er nach eigenen Angaben seine vertragsärztliche Zulassung bereits im Jahre 1994 beantragt hatte, denn die Zulassung selbst erfolgte erst im Jahre 2000.

Soweit sich der Antragsteller darüber hinaus auf die Vorschrift des § 95 Abs. 4 S. 3 SGB V beruft, kann dies ihm gleichfalls nicht zum Erfolgt verhelfen. Nach dieser Vorschrift findet auf vertragsärztliche Ermächtigungen unter anderem auch die Regelung des § 95 Abs. 7 entsprechende Anwendung. Dies bedeutet, dass eine vertragsärztliche Ermächtigung grundsätzlich ebenfalls bei Erreichen der Altersgrenze des ermächtigten Arztes endet und die Übergangsregelung des § 95 Abs. 7 S. 4 SGB V gleichfalls hierauf Anwendung findet. Zwar war der Antragsteller bereits vor dem 1. Januar 1993 als im Krankenhaus tätiger Arzt im Besitz einer Ermächtigung zur Erbringung bestimmter vertragsärztlicher Leistungen und er besaß diese Ermächtigung auch weniger als zwanzig Jahre. Jedoch geht es ihm jetzt nicht mehr um den Fortbestand einer Ermächtigung, sondern vielmehr um den Fortbestand einer vertragsärztlichen Zulassung. Die Vorschriften des § 95 Abs. 4 und 7 SGB V können bei der hier nur summarischer Prüfung nicht so verstanden werden, dass Zeiten einer Ermächtigung und Zeiten einer vertragsärztlichen Zulassung beliebig kombinierbar sind und im Sinne der vorgenannten Übergangsregelungen beliebig zusammengerechnet werden können. Vielmehr sind beide Sachverhalte – die Ermächtigung einerseits, die Zulassung andererseits – jeweils gesondert zu betrachten. Eine Zusammenrechnung von Zeiten der Ermächtigung einerseits, der Zulassung andererseits sieht das Gesetz an keiner Stelle vor.

Schließlich kann die Zeit der Ermächtigung des Antragstellers nicht einer Zeit der Zulassung als Vertragsarzt gleichgestellt werden. Eine solche Gleichstellung kann nur dann erfolgen, wenn ein Arzt aufgrund einer Ermächtigung in niedergelassener Praxis mit voller Arbeitskraft Versicherte der Primär- und Ersatzkassen behandeln konnte (BSG, Urteil vom 12. September 2001, B 6 KA 45/00 R, SozR 3-5407 Art. 33 § 1 Nr. 1). Denn nur in diesem Fall gebieten es Sinn und Zweck der Regelungen des § 95 Abs. 7 S. 2 und 3 SGB V, sie in vollem Umfang auf diejenigen ermächtigten Ärzte anzuwenden, die niedergelassenen, zugelassenen Vertragsärzten gleich an der Versorgung teilgenommen haben. Daran fehlt es aber im Falle des Antragstellers, denn er hat während des Bestehens seiner Ermächtigung nicht in niedergelassener Praxis und nicht mit voller Arbeitskraft, sondern lediglich neben seiner Tätigkeit als angestellter Krankenhausarzt in den Räumlichkeiten des Krankenhauses an der Versorgung der Versicherten mitgewirkt.

Vor allem aber setzt die Vorschrift des § 95 Abs. 7 S. 4 SGB V voraus, dass der Vertragsarzt seit einem Zeitpunkt, der vor dem 01. Januar 1993 liegen muss, durchgehend an der Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung mitgewirkt hat. Dieses Erfordernis folgt daraus, dass die Vorschrift des § 95 Abs. 7 S. 4 SGB V als Übergangs- und Vertrauensschutzregelung vor allem zugunsten der Ärzte aus dem Beitrittsgebiet dienen sollte, die sich in bereits fortgeschrittenem Alter nach Herstellung der deutschen Einheit zur Gründung einer vertragsärztlichen Praxis entschlossen hatten (Hess, Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Stand August 2004, § 95 SGB V RdNr. 97). Dieser Zweck wird durch die Regelung aber nur dann erfüllt, wenn sie in der Weise ausgelegt wird, dass Vertragsärzte ihre bereits vor dem 01. Januar 1993 bestehende Zulassung (oder gleichgestellte Ermächtigung) durchgehend genutzt haben, um einerseits der Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung zu dienen und andererseits sich selbst eine angemessene Altersversorgung aufzubauen. Unterbricht ein Arzt hingegen diese Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung, so verzichtet er selbst darauf, einen einmal eingeleiteten Vertrauensschutztatbestand fortzuführen, und ist nicht mehr schutzbedürftig. Darüber hinaus dient die Übergangsregelung des § 95 Abs. 7 S. 4 SGB V nur dem Schutz der Ärzte, die sich vor dem Jahre 1993 niedergelassen haben, d. h. zu einem Zeitpunkt, zu dem noch keine Zulassungsbeschränkungen und erst recht noch keine Altersgrenzen existierten; Letztere wurden erst im Jahre 1999 eingeführt. Der Antragsteller indessen hat seine vertragsärztliche Zulassung erst im Jahre 2000 und damit nach Einführung von Zulassungsbeschränkungen und auch erst nach Einführung der Altersgrenze von Vertragsärzten erlangt.

Keine Regelungen zugunsten des Antragstellers finden sich im Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands vom 31. August 1990 (Einigungsvertrag). Der Einigungsvertrag enthält zwar zahlreiche Regelungen auf vertragsärztlichem Gebiet, jedoch keine Regelung zur Altersgrenze von Vertragsärzten. Dies ist bereits darauf zurückzuführen, dass im Jahre 1990 bei Abschluss des Einigungsvertrags solche Altersgrenzen noch nicht bestanden, sie vielmehr erst im Jahre 1999 eingeführt wurden. Der Antragsteller weist zwar im Grundsatz zu Recht darauf hin, dass für Ärzte aus dem Beitrittsgebiet eine besondere Schutzbedürftigkeit bestehen kann, doch dieser Schutzbedürftigkeit ist – wie bereits ausgeführt – durch die Regelung des § 95 Abs. 7 S. 4 SGB V abschließend Rechnung getragen worden.

Soweit der Antragsteller sich auf Zusagen der Zulassungsgremien über eine mindestens fünfzehnjährige Tätigkeit als Vertragsarzt beruft, kommt solchen Zusagen – selbst wenn sie erteilt worden sein sollten – schon deswegen keine rechtliche Bedeutung zu, weil sie nicht schriftlich erteilt wurden (§ 34 Abs. 1 S. 1 Sozialgesetzbuch/Zehntes Buch). Eine mögliche Fehlberatung des Antragstellers durch Dritte – etwa durch seinen Verfahrensbevollmächtigten zu 2) – kann im Rechtsverhältnis zum Antragsgegner ebenfalls keine Rechtswirkungen entfalten.

Das Argument des Antragstellers, durch den Wegfall seiner Zulassung entstehe örtlich eine schwerwiegende Versorgungslücke für die Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung, kann nicht zu einer anderen Entscheidung führen. Solche Versorgungslücken können gegebenenfalls durch eine Ermächtigung nach § 31 a Abs. 1 Zulassungsverordnung für Ärzte geschlossen werden. Ein diesbezügliches Verwaltungsverfahren für den Antragsteller ist derzeit noch bei den Zulassungsgremien anhängig und nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG in Verbindung mit §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 3 in Verbindung mit § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz und folgt den Erwägungen, die bereits für die Streitwertfestsetzung für das Verfahren vor dem Sozialgericht maßgeblich waren.

Dieser Beschluss kann gemäß § 177 SGG nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.
Rechtskraft
Aus
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