L 16 R 263/04

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 6 RJ 651/03
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 R 263/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 5. April 2004 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig ein Anspruch auf Gewährung von Altersrente.

Mit am 05.08.2002 eingegangenem Schreiben vom 22.07.2002 beantragte der Kläger eine Altersrente aus der Deutschen Rentenversicherung. Er verweist auf ein Schreiben des Baustoffgroßhandels K. S. F. vom 05.10.1972, mit dem gegenüber dem marokkanischen Konsulat eine Beschäftigungsabsicht bekannt gegeben wird. Aus dem nachgesandten Antrag der marokkanischen Sozialversicherungsträgers (DMA 01) wird als Geburtsdatum des Klägers "1932" angegeben. Eine marokkanische Versicherungsnummer ist nicht vergeben.

Auf Anfrage teilt die LVA Hessen der Beklagten mit, dass Versicherungskarten nicht vorhanden seien. Dabei fragte die Beklagte sowohl unter der Namensschreibweise "C." als auch unter der Schreibweise "C." sowie unter dem Geburtsdatum "1932" an. Eine Anfrage bei der AOK F. unter den gleichen Personenangaben blieb ebenso wie eine Anfrage beim Einwohnermeldeamt der Stadt F. ergebnislos.

Mit Bescheid vom 23.04.2003 wurde der Rentenantrag aufgrund fehlender nachgewiesener oder glaubhaft gemachter deutscher Versicherungszeiten abgelehnt. Der Widerspruch wurde unter Hinweis auf einen mitübersandten Abrechnungsstreifen über eine Lohnzahlung an den Kläger (Schreibweise "C.") geführt. Dieser weist zwar als Zahltag den "30.06." auf, nennt jedoch keinerlei Arbeitgebernamen oder Jahreszahl. Gleichzeitig wurde ein Schreiben der Bauunternehmung J. S. GmbH, das die Angabe eines Empfänger des Schriftstücks nicht enthält, vorgelegt, in dem dieser für die Benutzung einer Wohnbaracke einen Unkostenbeitrag einfordert. Dieser werde bei der nächsten Lohnabrechnung für den Monat August 1965 einbehalten.

Die Beklagte fragte daraufhin bei der IKK F. sowie nochmals bei der AOK F. bezüglich des Zeitraumes 1965 bis 1969 nach. Die Anfragen blieben erneut erfolglos.

Daraufhin wurde der Widerspruch mit Bescheid vom 13.11.2003 zurückgewiesen.

Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Augsburg erhoben. Das Sozialgericht hat die Klage ohne weitere Ermittlungen durch Gerichtsbescheid vom 05.04.2004 abgewiesen. Die allgemeine Wartezeit sei nicht erfüllt. Es ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte für weitere Ermittlungen.

Gegen diese Entscheidung hat der Kläger Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Er trägt vor, in Deutschland beschäftigt gewesen zu sein. Er benötige nunmehr eine finanzielle Unterstützung.

Der Kläger beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 05.04.2004 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 23.04.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.11.2003 zu verurteilen, ihm Altersrente zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat zunächst beim Gewerberegister der Stadt F. a.M. Auskünfte zu den von dem Kläger genannten Arbeitgebern (Firma S. , Firma S.) eingeholt. Die Firma T. S. GmbH, Rechtsnachfolgerin der früheren Firma K. S. teilte am 24.11.2004 mit, Unterlagen aus den 60er oder 70er Jahren nicht mehr zu besitzen. Ein früherer Mitinhaber der Firma J. S. GmbH, Herr H. R. erklärte am 30.11.2004 schriftlich, dass die Firma J. S. 1973 in Konkurs gegangen sei. Er sei technischer Betriebsleiter gewesen und könne über die Beschäftigungsverhältnisse früherer Mitarbeiter keine Angaben machen. Auch besitze er keine Unterlagen mehr. Ein weiterer Mitinhaber und die Personalverwalter seien zwischenzeitlich verstorben.

Nach der Aufforderung durch den Senat, sämtliche noch vorhandenen Unterlagen, die eine Beitragszahlung für ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis nachweisen könnten, vorzulegen, übersandte der Kläger einen Arbeitsvertrag zwischen ihm und der Firma J. S. vom 02.11.1971 über eine Beschäftigung als Maurer vom 01.02.1972 bis zum 31.01.1973. Hierin wird das Geburtsdataum mit "1922" angegeben. Des Weiteren wurde übersandt eine Arbeitsbescheinigung zum Zwecke der Ausstellung einer Berufswochenkarte der Nahverkehrsbetriebe F ... Darin bestätigte die Firma S. am 23.03.1966 das Bestehen eines lohnsteuerpflichtigen Arbeiterverhältnisses.

Im Übrigen teilte der Kläger mit, dass durch ein marokkanisches Standesamtsgesetz es in der Vergangenheit zu einer Namensänderung gekommen sei. Früher sei er unter dem Namen "D. M. " bekannt gewesen. Beigelegt wird eine Bestätigung der örtlichen Meldebehörde vom 04.07.2005. Aus dieser Urkunde geht auch hervor, dass das bisherige Geburtsdatum "1922" in "1932" geändert wurde.

Die LVA Rheinprovinz teilte auf Anfrage des Senates, die unter den verschiedenen Namen, Schreibweisen und Geburtsdaten geführt wurde, mit, dass Versicherungskarten nicht übersandt werden können, da Karten von Versicherten die das 80. Lebensjahr vollendet haben, entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen vernichtet würden. Unter dem Geburtsdatum "1932" haben keine Versicherungszeiten gefunden werden können.

Unter Angabe der verschiedenen Namen und der beiden Geburtsjahre und ihrer Schreibweisen und der bisher ermittelten Arbeitsbeziehungen hat der Senat nochmals bei der AOK Hessen nachgefragt. Diese übersandte die Fotokopie einer Mitgliedskarte über einen "D. C., geboren 1922 in B. , Marokko" (übereinstimmende deutsche Anschrift). Darin sind versicherungspflichtige Versicherungsverhältnisse bei der Firma S. im Zeitraum 29.11.1967 bis zum 20.09.1972, jeweils unterbrochen in den Frühjahrmonaten, aufgelistet. Die Mitgliedskarte trägt die Kartennummer 1.

Die angeführten 43 Pflichtbeitragsmonate wurden durch die Beklagte nachfolgend als glaubhaft gemacht anerkannt.

Mit Schreiben vom 14.11.2005 teilte der Kläger sinngemäß mit, rentenrechtliche marokkanische Zeiten nicht zurückgelegt zu haben.

Für die weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigeogenen Verwaltungsakten, der beigezogenen Streitakte des Sozialgerichts Augsburg sowie der Verfahrensakte des Bayer. Landessozialgerichts Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage erweist sich als nicht begründet. Der Kläger erfüllt die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Altersrente nicht.

Daher hat das Sozialgericht die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

Versicherte haben Anspruch auf Altersrente nur dann, wenn sie das 65. Lebensjahr vollendet und die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (§ 35 SGB VI). Der Kläger erfüllt jedoch die allgemeine Wartezeit von 60 Monaten Beitragszeit nicht (§§ 50, 51 SGB VI). Beitragszeiten sind dabei insbesondere Zeiten, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind (§ 55 Abs.1 SGB VI). Freiwillige Beiträge wurden nicht entrichtet.

Die Entrichtung von Pflichtbeiträgen setzt den Nachweis der Zahlung voraus (§ 197 Abs.1 SGB VI). Der Nachweis eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses genügt nicht. Wurden Beschäftigungszeiten den Trägern der Rentenversicherung ordnungsgemäß gemeldet, ist die Beitragszahlung zu vermuten (§ 199 Abs.1 Satz 1 SGB VI). Ferner ist eine Beschäftigungszeit ab dem 01.01.1973 als Beitragszeit anzuerkennen, wenn Versicherte glaubhaft machen können, eine versicherungspflichtige Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt ausgeübt zu haben, für die entsprechende Beiträge gezahlt worden sind oder der Arbeitnehmeranteil vom Arbeitsentgelt abgezogen worden ist (§ 203 SGB VI). Machen Versicherte für Zeiten vor dem 01.01.1973 die Ausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt glaubhaft, die vor dem Ausstellungstag einer Versicherungskarte liegt oder nicht auf der Versicherungskarte bescheinigt ist und für die entsprechende Beiträge gezahlt worden sind, ist die Beschäftigungszeit als Beitragszeit ebenfalls anzuerkennen. Für die Anwendung des § 203 Abs.2 SGB VI bedarf es einer Eintragung in die Versicherungskarte nicht (§ 286 Abs.5, Abs.6).

In Anwendung dieser Grundsätze sind, wie dies zwischenzeitlich auch die Beklagte anerkannt hat, die in der Mitgliedskarte der AOK Hessen aufgeführten Mitgliedszeiten aufgrund versicherungspflichtiger Beschäftigung zwischen dem 29.11.1967 und dem 20.09.1972, die durch mehrmonatige Unterbrechung gekennzeichnet sind, als glaubhaft gemachte Beitragszeiten anzuerkennen (43 Beitragsmonate).

Die weiteren vom Kläger vorgelegten Unterlagen, soweit sie den Zeitraum vor dem 29.11.1967 betreffen, stellen starke Indizien in Richtung eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses gegen Arbeitsentgelt dar, machen jedoch in keiner Weise die Entrichtung darauf bezogener Rentenversicherungsbeiträge überwiegend wahrscheinlich. Der vorgelegte einzelne Lohnstreifen enthält zwar Angaben über die Lohnhöhe sowie die Entrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen, jedoch, über die Angabe "Juni" hinaus, keine zeitliche Bestimmung. Aus diesem Grund kann nicht als glaubhaft angesehen werden, dass es sich um eine Lohnzahlung bezüglich eines vor dem 29.11.1967 bestehenden Arbeitsverhältnis bei Beitragsentrichtung handelt.

Der vorgelegte Arbeitsvertrag vom 02.11.1971 zwischen dem Kläger und dem Bauunternehmen J. S. , F. , über eine befristete Beschäftigung als Maurer vom 01.02.1972 bis zum 31.01.1973, ist, was die Zeit bis zum 20.09.1972 angeht, im Versicherungsverlauf erfasst. Bezüglich des Zeitraums 21.09.1972 bis 31.01.1973, steht der Annahme eines fortbestehenden Arbeitsverhältnisses, das angegebene Austrittsdatum zum 20.09.1972 aufgrund einer Abmeldung am 05.10.1972 nach Marokko, entgegen. Die Ausreise nach Marokko mag dabei im Zusammenhang mit dem Beginn einer Arbeitsunfähigkeit vom 18.09.1971 gestanden haben, die ebenfalls auf der Mitgliedskarte vermerkt ist (Quetschung linke Großzehe).

Nachdem die Mitgliedskarte der AOK die laufende Nummer "1" trägt, was gegen das frühere Bestehen einer Gesamtsozialversicherungsbeitragsentrichtung spricht, kann weder ein vorangegangenes Beschäftigungsverhältnis mit Beitragsentrichtung noch ein durchgehendes versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis als glaubhaft gemacht angesehen werden.

Auch das Schreiben der Firma K. S. an das marokkanische Konsulat vom 05.10.1972, das eine Bitte um Verlängerung des Reisepasses des Klägers aufgrund in Aussicht genommener Beschäftigung enthält, kann eine Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses bei Beitragsentrichtung nicht glaubhaft machen.

Eine Nachentrichtung der fehlenden Beiträge ist nicht möglich. Eine wirksame Beitragszahlung im Sinne des § 197 Abs.1 SGB VI ist ebenfalls unmöglich, da der Anspruch auf ihre Zahlung verjährt ist (§ 25 SGB IV).

Davon abgesehen ist dem Kläger die Entrichtung freiwilliger Beiträge nicht gestattet (Art.4 Abs.1 Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Marokko über soziale Sicherheit vom 25.03.1981 i.V.m. Nr.2 Buchstabe d des Schlussprotokolls).

Der Senat sieht keinen Anhaltspunkt für weitere Ermittlungen, zumal für Versicherungsverhältnisse marokkanischer Arbeitnehmer eine besondere Zuständigkeit der LVA Rheinprovinz bestand.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe dafür, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs.2 Nrn. 1 und 2 SGG) sind nicht erkennbar.
Rechtskraft
Aus
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