L 2 U 110/04

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 5 U 382/01
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 110/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vom 03.03.2004 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob die Beklagte der Klägerin über den 31.01.2001 hinaus Verletztengeld zu gewähren hat.

Die 1968 geborene Klägerin stürzte am 29.01.1999 bei ihrer Tätigkeit als Köchin. Der Durchgangsarzt, der Chirurg Prof. Dr. W. , diagnostizierte am gleichen Tag eine dislozierte mediale Schenkelhalsfraktur rechts. Noch am Unfalltag wurde eine operative Reposition und Osteosynthese durchgeführt. Nach stationärer Behandlung bis zum 15.02.1999 im Krankenhaus St. J. in R. wurde die Klägerin im orthopädischen Rehabilitationszentrum R. bis zum 01.04.1999 weiter stationär behandelt. Zum Entlassungszeitpunkt gab die Klägerin an, bis auf leichte muskuläre Probleme keinerlei Beschwerden am operierten Hüftgelenk zu haben. Die Ärzte erwarteten, sie könne ihre berufliche Tätigkeit in acht bis zehn Wochen, also im Mai 1999, wieder aufnehmen. Wegen der Notwendigkeit, noch Unterarmgehstützen zu benutzen, wurde eine Haushaltshilfe für vier Stunden täglich bis zum Erreichen der Vollbelastung ohne Gehhilfen befürwortet. Der Chirurg Dr. D. vermutete im September 1999 eine Hüftkopfnekrose; diese Vermutung wurde durch eine Skelettszintigraphie vom 08.09.1999 bestätigt.

Der Arbeitgeber kündigte der Klägerin zum 29.02.2000.

Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. berichtete am 20.09.2000, im Hinblick auf das pseudoradikuläre Syndrom der rechten unteren Extremität unklarer Ätiologie sei differential-diagnostisch an eine psychosomatische Reaktion bei depressiver Entwicklung zu denken.

Mit Schreiben vom 02.11.2000 beauftragte die Beklagte die AOK Bayern, Verletztengeld über den 12.09.2000 hinaus bis auf Widerruf zu zahlen.

Prof. Dr. N. erklärte im Schreiben vom 17.11.2000, die Beweglichkeit der Hüfte sei noch gut, Durchblutung, Motorik und Sensibilität seien intakt. Die Röntgenbilder zeigten eine zusammengesinterte Kopfnekrose und sekundär beginnende coxarthrotische Veränderungen. Empfohlen werde eine TEP-Implantation.

Der Chirurg Dr. S. äußerte im Bericht vom 21.11.2000, bei der Klägerin sei zwischenzeitlich ein Endzustand eingetreten. Der zuletzt ausgeübte Beruf sei wettbewerbsfähig nicht mehr möglich. Die Klägerin sei darauf hingewiesen worden, dass eine Arthrodese bzw. ein Hüftgelenksersatz erforderlich sei. Medizinisch könne die Heilbehandlung im Prinzip abgeschlossen werden. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) sei mit 20 v.H. einzuschätzen.

Dr. K. wies im Bericht vom 08.11.2000 darauf hin, es bestünde eine weiter zunehmende depressive Verstimmung. Die Klägerin leide unter den posttraumatischen Schmerzen.

Im Gutachten vom 14.03.2001 führte der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. zusammenfassend aus, es bestehe ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Unfall und den jetzigen Beschwerden (längerdauernde depressive Reaktion, Reizung des Nervus saphenus rechts). Die Reizung des Nervus saphenus führe zu keiner relevanten MdE. Die längerdauernde depressive Reaktionen sei mit einer MdE von 10 v.H. zu bewerten. Unter Berücksichtigung der chirurgischen Unfallfolgen sei einer MdE von insgesamt 30 v.H. anzusetzen.

Im Schreiben vom 06.03.2001 erklärte Prof. Dr. W. , die Klägerin lehne einen Hüftgelenksersatz ab; sie komme momentan gut zurecht. Die Heilbehandlung sei abgeschlossen. Die MdE betrage 20 bis 30 v.H.

Den Reha-Vorbereitungslehrgang, den sie am 02.05.2001 begonnen hatte, brach die Klägerin am 11.06.2001 ab. Sie könne nicht längere Zeit sitzen.

Die Beklagte wies im Schreiben vom 12.06.2001 darauf hin, mit Abbruch der Maßnahme ende der Anspruch auf Übergangsgeld. Wenn die Klägerin seit dem 11.06.2001 wieder arbeitsunfähig sei, werde um Vorlage entsprechender ärztlicher Bescheinigungen gebeten.

Mit Bescheid vom 11.07.2001 wurde der Verwaltungsakt vom 23.11.2000 über die Gewährung von Maßnahmen der Berufshilfe widerrufen, da die Maßnahme abgebrochen worden sei. Da sich der gesundheitliche Zustand der Klägerin weder vor, noch während, noch nach der Maßnahme gebessert habe, seien weitere Maßnahmen nicht erfolgversprechend.

Mit Schreiben vom 11.07.2001 wurde der Verwaltungsakt über die Gewährung des Übergangsgeldes vom 02.05.2001 gemäß § 44 Abs. 1 SGB X zurückgenommen. Das zum 01.05.2001 eingestellte Verletztengeld werde unter Anrechnung des bereits ausgezahlten Übergangsgeldes weiter gezahlt. Da mit dem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit für die vor dem Unfall ausgeübte Tätigkeit als Köchin nicht mehr zu rechnen sei und berufsfördernde Leistungen nicht mehr zu erbringen seien, ende das Verletztengeld mit dem Ablauf der 78. Woche, gerechnet vom Tag des Beginns der Arbeitsunfähigkeit (§ 46 Abs. 3 S. 2 des Siebten Sozialgesetbuchs - SGB VII). Obwohl dieser Tag bereits am 27.07.2000 verstrichen sei, sei die Weiterzahlung des Verletztengeldes gemäß § 45 Abs. 2 SGB VII erfolgt, wonach Verletztengeld bis zum Beginn der berufsfördernden Leistungen zur Rehabilitation zu erbringen sei. Es sei jedoch keine berufliche Rehabilitation mehr vorgesehen, so dass dieser Zahlungsgrund entfalle. Die Verletztengeldzahlung werde mit Ablauf des 31.07.2001 enden. Die Klägerin habe Gelegenheit, sich binnen zwei Wochen zum Sachverhalt zu äußern.

Mit Bescheid vom 26.07.2001 teilte die Beklagte der Klägerin mit, da mit dem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit nicht zu rechnen sei und berufsfördernde Leistungen nicht zu erbringen seien, ende das Verletztengeld gemäß § 46 Abs. 3 S. 2 SGB VII mit Ablauf des 31.07.2001.

Den Widerspruch der Klägerin vom 31.07.2001 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22.11.2001 zurück.

Der Chirurg Prof. Dr. B. führte im von der Beklagten zur Feststellung von Unfallfolgen und der MdE in Auftrag gegebenen Gutachten vom 15.10.2001 zusammenfassend aus, die Klägerin habe sich eine mediale Oberschenkelhalsfraktur mit posttraumatischem Absterben des Hüftkopfes zugezogen. Die Fraktur sei knöchern stabil verheilt. Es sei jedoch zu einer Hüftkopfnekrose gekommen. Die MdE betrage bis zum 30.09.2002 30 v.H., dann solle eine Nachuntersuchung erfolgen. Mit Bescheid vom 15.01.2002 gewährte die Beklagte der Klägerin ab 01.08.2001 Rente auf unbestimmte Zeit in Höhe von 30 v.H ...

Mit der Klage zum Sozialgericht Regensburg (SG) hat die Klägerin die Zahlung von Verletztengeld über den 31.07.2001 hinaus begehrt. Weder die medizinische noch die berufliche Rehabilitation seien abgeschlossen.

Nach Beiziehung von ärztlichen Unterlagen des Orthopäden Dr. H. und des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. hat das SG den Chirurgen Dr. K. zum ärztlichen Sachverständigen ernannt. Im Gutachten vom 18.05.2003 hat Dr. K. zusammenfassend ausgeführt, die MdE sei ab dem Wegfall des Verletztengeldes, 31.07.2001, mit 30 v.H. einzuschätzen. Zum 31.07.2001 sei ein Endzustand erreicht gewesen. Ohne weitere operative Maßnahmen werde es allerdings mittel- bis langfristig zu einer Verschlimmerung kommen.

Im Befundbericht vom 13.08.2003 hat Dr. K. ausgeführt, die Klägerin sei seit dem Unfall arbeitsunfähig. Sie sei in ihrem erlernten Beruf als Köchin und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt wegen der Hüftkopfnekrose und der depressiven Restsymptomatik nur unter drei Stunden einsetzbar. Ein erneuter Versuch der Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt mache erst Sinn, wenn sich die Klägerin der unvermeidlichen Hüftgelenksoperation unterzogen habe. Der Orthopäde Dr. R. hat im Befundbericht vom 14.08.2003 erklärt, die Beschwerden hätten im Laufe der letzten zwei Jahre eher zugenommen.

Der vom SG zum ärztlichen Sachverständigen ernannte Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. G. hat im Gutachten vom 10.10.2003 ausgeführt, psychische Begleitreaktionen wie sie bei der Klägerin vorliegen, seien abhängig von den charakterlichen Primärgegebenheiten und könnten nicht als objektive Unfallfolgen angesehen werden.

Die Klägerin übergab ein Attest des Dr. K. vom 28.11.2003: sie leide weiterhin unter den bekannten psychisch und physisch belastenden traumatischen Folgezuständen.

Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 03.03.2004 abgewiesen. Zum 31.07.2001 sei in den unfallbedingten gesundheitlichen Verhältnissen ein Endzustand eingetreten. Dr. K. habe überzeugend dargelegt, dass es der Klägerin zum damaligen Zeitpunkt durchaus möglich gewesen wäre, wieder leichtere Arbeiten auszuüben. Die Beklagte habe die Klägerin im Bescheid vom 26.07.2001 umfassend über die Voraussetzungen für die Gewährung von Verletztengeld informiert. Wie die Beklagte zu Recht ausgeführt habe, sei der Grund für die Weiterzahlung des Verletztengeldes über den 27.07.2000 hinaus die zu diesem Zeitpunkt noch im Raum stehende Berufsförderung gewesen. Da diese aber gescheitert sei und die Klägerin, wie sich aus dem gesamten Akteninhalt ergebe, an einer weiteren beruflichen Förderung nicht interessiert sei, sei der Wegfallzeitpunkt des Verletztengeldes auf den 31.07.2001 festzusetzen, da zu diesem Zeitpunkt die Heilbehandlung abgeschlossen gewesen sei und es der Klägerin, so Dr. K. , möglich gewesen wäre, eine zumutbare Tätigkeit aufzunehmen. Im Übrigen habe die Beklagte die Klägerin darauf hingewiesen, dass die Zahlung von Verletztengeld dann wieder in Betracht komme, wenn sich die Klägerin zur Durchführung berufsfördernder Maßnahmen entschließe oder sich einer stationären Behandlung unterziehen müsse.

Mit der hiergegen gerichteten Berufung vertritt die Klägerin die Auffassung, dass ihr aufgrund der Unfallfolgen Verletztengeld über den 31.07.2001 hinaus zu gewähren sei.

Die Klägerin stellt sinngemäß den Antrag, den Gerichtsbescheid des SG Regensburg vom 03.03.2004 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 26.07.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.11.2001 zu verurteilen, ihr Verletztengeld über den 31.07.2001 hinaus zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten sowie der Klage- und Gerichtsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, sachlich aber nicht begründet.

Zu Recht hat das Sozialgericht die Entscheidung der Beklagten, die Weitergewährung des Verletztengeldes über den 31.07.2001 hinaus abzulehnen, für rechtens erklärt. Ein begründeter Anspruch der Klägerin auf die Gewährung dieser Leistung gemäß § 46 SGB VII besteht insbesondere im Hinblick auf die vorliegenden ärztlichen Unterlagen und Gutachten nicht. Dabei kann dahinstehen, ob der Wegfall des Anspruch auf Verletztengeld auf § 46 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 oder Nr. 3 SGB VII zu stützen ist, denn in jedem Fall waren 78 Wochen nach dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit verstrichen. Zudem erhielt die Klägerin ab 01.02.2001 bereits Rente, was voraussetzt, dass kein Verletztengeld mehr gezahlt wird (§ 72 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII). Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe wird abgesehen, da die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidungen als unbegründet zurückgewiesen wird (§ 153 Abs. 2 SGG).

Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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