L 8 AL 20/06 WA

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
8
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 35 AL 1630/01
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 AL 20/06 WA
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Restitutionsklage der Klägerin wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Vor dem Senat war unter dem Aktenzeichen L 8 AL 402/04 ein Berufungsverfahren anhängig, mit dem die Klägerin sich gegen die teilweise Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) durch die Beklagte wandte.

Der Klägerin war von der Beklagten ab dem 26.05.2005 Alg nach der Leistungsgruppe A bewilligt worden, weil sie im Antrag vom 14.03.2000 die Steuerklasse IV angegeben hatte. Bei der erneuten Antragstellung vom 15.03.2001 gab sie an, seit Beginn des Jahres 2001 sei die Steuerklasse V/1 eingetragen gewesen. Auf Anfrage der Beklagten gab sie an, der Wechsel von der Steuerklasse IV auf V sei 1998 erfolgt, eine Kopie der Lohnsteuerkarte sei nicht vorhanden. Die Beklagte hob daraufhin die Bewilligung des Alg teilweise auf, weil die Klägerin wegen der zu Unrecht zugrunde gelegten Steuerklasse IV teilweise zu Unrecht Alg bezogen habe. Widerspruch, Klage und Berufung blieben ohne Erfolg (Senatsurteil vom 05.08.2005).

Mit Schriftsatz vom 17.11.2005 beantragte die Klägerin, das Verfahren wieder aufzunehmen. Sie legte ein Schreiben des Ordnungsamtes der Stadt L. vor, wonach sie für die Jahre 2000 und 2001 keine Lohnsteuerkarte von der Stadt L. erhalten habe. Durch die nunmehr vorgelegte Urkunde sei eine neue Tatsache bekannt geworden bzw. bewiesen, die vorher nicht habe bewiesen werden können.

Entscheidungsgründe:

Gemäß § 179 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann ein rechtskräftig beendetes Verfahren entsprechend den Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) wieder aufgenommen werden.

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Klage deshalb unzulässig ist, weil das Verfahren wegen der noch anhängigen Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundessozialgericht noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist, der Rechtsbehelf ist jedenfalls nicht begründet.

Als Restitutionsgrund kommt vorliegend allein die Regelung des § 580 Nr. 7 Buchst. b ZPO in Betracht, wonach eine Wiederaufnahme möglich ist, wenn die Partei eine Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstige Entscheidung herbeigeführt haben würde.

Die Klägerin hat nach der Verkündung des Senatsurteils i.S.d. § 580 Nr. 7 Buchst b ZPO keine Urkunde aufgefunden, die eine Wiederaufnahme rechtfertigen könnte; denn das Schreiben der Stadt L. wurde erst am 11.11.2005 verfasst. Eine Urkunde kann aber nur "aufgefunden" werden, wenn sie zum maßgeblichen Zeitpunkt bereits existent war, nicht aber, wenn sie erst nachträglich erstellt wurde. Auch wenn dies durch den Wortlaut des § 580 ZPO nicht ausdrücklich vorgeschrieben ist, wird von der Rechtsprechung und Literatur grundsätzlich gefordert, dass die Urkunde in einem Zeitpunkt errichtet wurde, in dem sie in dem früheren Verfahren noch hätte geltend gemacht werden können (vgl. Münchner Kommentar zur ZPO, § 580 RdNr 49 m.w.N.). Nachträglich errichtete Urkunden hat der Bundesgerichtshof nur in zwei Fällen zugelassen: Geburtsurkunden und Legitimationsbeischreibungsvermerke zur Geburtsurkunde (BGH NJW 1980, 1000).

Die 2. Alternative des § 580 Nr. 7 Buchst. b ZPO "zu benutzen in Stand gesetzt" ist ebenfalls nicht erfüllt; denn dies setzt - unabhängig davon, dass die Urkunde bereits früher errichtet war - gemäß § 582 ZPO voraus, dass die Klägerin ohne ihr Verschulden außerstande war, den Restitutionsgrund im früheren Verfahren geltend zu machen. Sie wäre aber in der Lage gewesen, ein entsprechendes Schreiben bereits im Berufungsverfahren dem Senat vorzulegen; denn sie hätte die Möglichkeit gehabt, die Stadt L. bereits früher anzuschreiben. Es ist nicht nachvollziehbar, dass die Klägerin mehr als vier Jahre verstreichen ließ, obwohl während der gesamten Verfahrensdauer die Frage streitig war, welche Lohnsteuerklasse sie hatte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.

Die Revision wurde nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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