Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 31 (29) AL 256/04
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 1 AL 56/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 20.06.2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist der Anspruch auf Insolvenzgeld (InsG).
Der Kläger war zuletzt angestellter Geschäftsführer der L Handels GmbH (L), die sich seit dem 31.10.2003 (Datum des Eröffnungsbeschlusses) in Insolvenz befindet. Seinen Antrag auf Zahlung von InsG für die Zeit vom 01.08. bis 31.10.2003 schickte der Kläger am 19.11.2003 unmittelbar an den Insolvenzverwalter (InsVerw), Rechtsanwalt C in M. Mit Schreiben vom 09.01.2004 sandte der InsVerw den Antrag mit der InsG-Bescheinigung an das Arbeitsamt N, wo er am 12.01.2004 einging. Die Beklagte lehnte den Antrag unter gleichzeitiger Ablehnung des im Widerspruchsverfahren gestellten Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ab (Bescheid vom 30.01.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.05.2004).
Mit der Klage zum Sozialgericht (SG) Dortmund hat der Kläger vorgetragen, er habe davon ausgehen dürfen, dass der InsVerw den ihm rechtzeitig zugeleiteten Antrag fristgerecht einreichen werde. Das Verschulden des InsVerw sei ihm nicht zuzurechnen.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid vom 30.01.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.05.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Insolvenzgeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die angegriffene Verwaltungsentscheidung verteidigt.
Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 20.06.2005) und zur Begründung ausgeführt, dass der Kläger den Antrag nicht innerhalb der Ausschlussfrist von zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis gestellt und dieses Fristversäumnis auch zu vertreten habe, weil ihm das Verschulden des InsVerw zuzurechnen sei.
Mit der Berufung gegen dieses Urteil hat der Kläger vorgetragen, der Antrag auf InsG sei vor Ablauf der gesetzlich bestimmten Frist vom InsVerw an das Arbeitsamt in J bzw. seine Zweigstelle in M geschickt, von dort jedoch nicht weitergeleitet, sondern an den InsVerw zurückgesandt worden.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 20.06.2005 zu ändern und nach dem erstinstanzlichen Klageantrag zu erkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des SG für zutreffend und bestreitet darüber hinaus unter Vorlage der Ergebnisse einer Recherche bei der Agentur für Arbeit in Iserlohn vor, dass dort vor Ablauf der Antragsfrist ein Antrag betreffend den Kläger eingegangen sei.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen G, L und S. Wegen des Ergebnisses wird Bezug genommen auf die Niederschriften der Erörterungstermine vom 20.12.2005 und 28.03.2006. Außerdem ist eine Auskunft des InsVerw, Rechtsanwalt C, eingeholt worden, auf deren nähere Einzelheiten verwiesen wird. Die den Insolvenzantrag des Klägers betreffende Verwaltungsakte der Beklagten ist beigezogen worden.
Die Beteiligten haben sich im Erörterungstermin vom 28.03.2006 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch den Berichterstatter einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch den Berichterstatter (§ 155 Abs. 3 und 4, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Wie das SG zutreffend entschieden hat, ist der angefochtene Bescheid nicht rechtswidrig und der Kläger daher nicht durch ihn beschwert (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Der Kläger hat keinen Anspruch auf InsG für die Zeit vom 31.07.2003 bis zum 30.10.2003.
Der Anspruch scheitert in jedem Fall daran, dass der Kläger das Insolvenzgeld nicht innerhalb der in § 324 Abs. 3 Satz 1 SGB III geregelten Frist von drei Monaten beantragt hat.
Der erforderliche Antrag ist nicht innerhalb der Ausschlussfrist von zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis (§ 324 Abs. 3 Satz 1 SGB III) gestellt worden.
Insolvenzereignis im Sinne dieser Bestimmung ist die Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 31.10.2003. Da der 31.12. kein gesetzlicher Feiertag im Sinne von § 193 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) i.V.m. § 26 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch ist, ist die Antragsfrist am 31.12.2003 abgelaufen.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hat der Kläger den Antrag auf InsG nicht bis zum 31.12.2003 gestellt.
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der Kläger selbst gegenüber der Beklagten keinen Antrag auf InsG gestellt, sondern das Antragsformular an den InsVerw in der Annahme gesandt, dieser werde es fristgerecht an die Beklagte weiterleiten.
Der Antrag ist vom InsVerw am 07.01.2004 an die Beklagte (Arbeitsamt J) abgesandt worden und dort erst am 08.01.2004 eingegangen. Nach Rücksendung vom Arbeitsamt J ist der Antrag sodann am 09.01.2004 erneut an das Arbeitsamt N geschickt worden und dort am 12.01.2004 eingegangen.
Dies ergibt sich aus der Aussage der Zeugin L, die als Rechtsanwaltsgehilfin in der Kanzlei des InsVerw tätig ist und seinerzeit mit der Bearbeitung des Insolvenzverfahrens betreffend die L befasst gewesen ist. Es bestehen keine Bedenken, der Aussage zu folgen. Die Angaben der Zeugin sind präzise und einleuchtend. Sie gewinnen an Überzeugungskraft vor allem durch den Umstand, dass sich die Zeugin nach eigenen Angaben in zulässiger Weise durch Einsichtnahme in die Handakte auf den Termin vorbereitet hat. Sie sind zudem mit den dem Senat im Übrigen vorliegenden Unterlagen und Informationen ohne Weiteres in Einklang zu bringen. Danach stammt das Schreiben des InsVerw an das Arbeitsamt N vom 09.01.2004. Die Darstellung der Zeugin erklärt auch, warum trotz der irrtümlichen Absendung der Anträge an das Arbeitsamt J dort kein Vorgang angelegt worden ist. Nachdem offenbar annähernd zeitgleich mit dem Eingang der Anträge die telefonische Bitte um Rücksendung erfolgte, bestand hierfür keine Veranlassung. Schließlich lässt sich anhand der Schilderung der Zeugin L auch die Aussage des Zeugen G nachvollziehen, soweit dieser von einer Fehlsendung an das Arbeitsamt J oder seine Zweigstelle in M berichtet hat.
Für einen früheren Zugang des Antrags bei der Beklagten bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte.
Zwar hat der Zeuge G bekundet, die Zeugin L habe ihm bereits vor Weihnachten von der Absendung der Anträge an die Beklagte berichtet, und er habe eine entsprechende Auskunft auch von einer Mitarbeiterin des Arbeitsamtes in J erhalten. Es ist jedoch davon auszugehen, dass sich der Zeuge hinsichtlich des Zeitpunktes geirrt hat. Dafür spricht schon, dass seine Erinnerung auch hinsichtlich anderer Details ungenau ist. So hat er angegeben, seines Wissens habe Herr L1, ein ehemaliger Mitarbeiter der L, die Anträge persönlich beim InsVerw abgegeben. Tatsächlich steht aufgrund des mit der Klage in Ablichtung überreichten Rückscheins jedoch fest, dass die Übermittlung auf dem Postwege erfolgt ist. Zudem widerspricht den Bekundungen des Zeugen G die überzeugende Aussage der Zeugin L entgegen, die eine Absendung der Anträge vor dem 07.01.2004 ausdrücklich in Abrede gestellt hat. Auch die Zeugin S hat glaubhaft bestätigt, dass der Antrag des Klägers verspätet, d.h. nach dem 31.12.2003, an die Beklagte abgesandt worden ist. Der Zeuge G selbst hat zu seinen angeblichen Telefonaten mit Mitarbeitern der Beklagten keinerlei nähere Angaben machen können. Weder konnte er sich daran erinnern, mit welchem Arbeitsamt er genau telefoniert, noch, mit wem er dort gesprochen hat, obwohl es angesichts der Bedeutung, die er der Angelegenheit beigemessen hat, nahe gelegen hätte, sich den entsprechenden Namen zu merken. Bei den betroffenen Arbeitsämtern haben die Nachforschungen der Beklagten keinerlei Anhaltspunkte für den Eingang eines Antrags vor dem 08.01.2004 ergeben. Schließlich hat auch der InsVerw sowohl gegenüber der Beklagten als auch gegenüber dem Senat eine frühere Absendung in Abrede gestellt, obwohl der verspätete Antrag ihn dem Risiko eines Regresses aussetzt.
Die Voraussetzungen der Nachsichtgewährung nach § 324 Abs. 3 Satz 2 SGB III sind nicht erfüllt. Der Kläger hat die Frist des § 324 Abs. 3 Satz 1 SGB III aus Gründen versäumt, die er zu vertreten hat. Denn er hat sich nicht mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung seiner Ansprüche bemüht (§ 324 Abs. 3 Satz 3 SGB III).
An der erforderlichen Sorgfalt fehlt es, wenn der Arbeitnehmer das Insolvenzereignis infolge fahrlässiger (§ 276 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch) Unkenntnis nicht kennt (grundlegend BSG, Urteil v. 26.08.1983, 10 RAr 1/82, BSGE 55, 284, 285 f.). Ebenso lässt derjenige Arbeitnehmer die erforderliche Sorgfalt vermissen, der - wie der Kläger - vom Insolvenzereignis innerhalb der Antragsfrist Kenntnis erlangt, gleichwohl aber kein InsG beantragt.
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der Kläger am 31.10.2003 Kenntnis von der Insolvenzeröffnung und damit dem Insolvenzereignis gehabt hat. Trotzdem hat er nicht innerhalb der Frist des § 324 Abs. 3 Satz 1 SGB III InsG beantragt. Der Umstand, dass er - zumindest nach seiner Vorstellung - den InsVerw mit der Einreichung des Antrags beauftragt hat, entlastet ihn nicht. Aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalles kann dabei dahingestellt bleiben, ob der InsVerw als Bevollmächtigter des Klägers oder als sein Bote tätig werden sollte. Denn im einen wie im anderen Falle hat der Kläger seine Sorgfaltspflichten deshalb verletzt, weil er nicht in dem gebotenen Maße die rechtzeitige Antragstellung überwacht hat.
Der Kläger hat hierzu vorgetragen, er habe den InsG-Antrag an den InsVerw abgesandt. Dieser habe nicht geantwortet. Insbesondere habe er nicht mitgeteilt, dass er die Sache nicht bearbeiten werde. In der Folgezeit habe der Zeuge G bis zum Jahresende viele Male mit der Zeugin L telefoniert und dabei immer auch nach seinem, des Klägers, InsG-Antrag gefragt. Der Zeuge G selbst hat diesen Vortrag bestätigt und bekundet, er habe - nachdem er längere Zeit nichts von dem Antrag gehört habe - ab Dezember nahezu täglich mit der Zeugin L telefoniert, wobei diese ihn über Schwierigkeiten unterrichtet habe, das zuständige Arbeitsamt festzustellen. Es bestehen keine Bedenken, dem insoweit übereinstimmenden Vortrag des Klägers und der Aussage des Zeugen G zu folgen. Zwar hat die Zeugin L sich an ein konkretes Gespräch mit dem Zeugen G nicht erinnern können, es im Hinblick auf die Üblichkeit solcher Telefonate aber auch nicht in Abrede gestellt. Soweit Zweifel am Erinnerungsvermögen des Zeugen G bestehen, beziehen sich diese nur auf den konkreten Zeitpunkt, zu dem die Auskunft erteilt worden ist, dass die Anträge an das falsche Arbeitsamt abgesandt worden seien.
Hat der Kläger jedoch, was nach den Gesamtumständen naheliegt, von den Schwierigkeiten des InsVerw gewusst, den Antrag fristgerecht abzusenden, so hätte er seinerseits tätig werden müssen, um einen fristgerechten Zugang bei der Beklagten zu bewerkstelligen. Die Beauftragung des InsVerw - gleichgültig, ob als Bevollmächtigten oder Boten - entbindet nicht von der Verpflichtung, sich um eine rechtzeitige Antragstellung zu bemühen, wenn ernsthafte Zweifel bestehen, ob der InsVerw bzw. sein Personal hierzu bereit oder in der Lage ist. Notfalls hätte der Kläger daher entweder darauf hinwirken müssen, dass Rechtsanwalt Brüßler sich selbst um die Angelegenheit kümmert, oder aber den InsG-Antrag bei ihm abholen und selbst der Beklagten zukommen lassen müssen.
Nichts anders gilt, wenn der Kläger von den Telefonaten des Zeugen G mit den Mitarbeiterinnen des InsVerw keine Kenntnis gehabt oder aber diese Telefonate - entgegen der Erinnerung des Zeugen G - sämtlich nach Verstreichen der Antragsfrist am 31.12.2003 stattgefunden haben sollten. Allein aufgrund der Übersendung des Antragsformulars an den InsVerw durfte der Kläger nicht davon ausgehen, dieser werde für die rechtzeitige Weiterleitung Sorge tragen. Das gilt umso mehr, als der InsVerw nach der Vorstellung des Klägers nicht nur die bloße Absendung des Antrags übernehmen, sondern noch vor Fristablauf offenbar auch die InsG-Bescheinigung beifügen sollte. Nicht anders kann die im Begleitschreiben ausgesprochene Bitte um Bearbeitung verstanden werden. Angesichts dessen hätte der Kläger sich jedoch zumindest nach dem Fortgang der Angelegenheit erkundigen müssen. Spätestens dann hätte er erfahren, dass sich die rechtzeitige Absendung verzögerte, und gegebenenfalls die bereits beschriebenen Gegenmaßnahmen ergreifen müssen.
Im Hinblick darauf, dass der Antrag nicht rechtzeitig gestellt worden ist, kann dahingestellt bleiben, ob überhaupt ein Anspruch auf InsG bestanden hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) bestehen nicht.
Tatbestand:
Streitig ist der Anspruch auf Insolvenzgeld (InsG).
Der Kläger war zuletzt angestellter Geschäftsführer der L Handels GmbH (L), die sich seit dem 31.10.2003 (Datum des Eröffnungsbeschlusses) in Insolvenz befindet. Seinen Antrag auf Zahlung von InsG für die Zeit vom 01.08. bis 31.10.2003 schickte der Kläger am 19.11.2003 unmittelbar an den Insolvenzverwalter (InsVerw), Rechtsanwalt C in M. Mit Schreiben vom 09.01.2004 sandte der InsVerw den Antrag mit der InsG-Bescheinigung an das Arbeitsamt N, wo er am 12.01.2004 einging. Die Beklagte lehnte den Antrag unter gleichzeitiger Ablehnung des im Widerspruchsverfahren gestellten Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ab (Bescheid vom 30.01.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.05.2004).
Mit der Klage zum Sozialgericht (SG) Dortmund hat der Kläger vorgetragen, er habe davon ausgehen dürfen, dass der InsVerw den ihm rechtzeitig zugeleiteten Antrag fristgerecht einreichen werde. Das Verschulden des InsVerw sei ihm nicht zuzurechnen.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid vom 30.01.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.05.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Insolvenzgeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die angegriffene Verwaltungsentscheidung verteidigt.
Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 20.06.2005) und zur Begründung ausgeführt, dass der Kläger den Antrag nicht innerhalb der Ausschlussfrist von zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis gestellt und dieses Fristversäumnis auch zu vertreten habe, weil ihm das Verschulden des InsVerw zuzurechnen sei.
Mit der Berufung gegen dieses Urteil hat der Kläger vorgetragen, der Antrag auf InsG sei vor Ablauf der gesetzlich bestimmten Frist vom InsVerw an das Arbeitsamt in J bzw. seine Zweigstelle in M geschickt, von dort jedoch nicht weitergeleitet, sondern an den InsVerw zurückgesandt worden.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 20.06.2005 zu ändern und nach dem erstinstanzlichen Klageantrag zu erkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des SG für zutreffend und bestreitet darüber hinaus unter Vorlage der Ergebnisse einer Recherche bei der Agentur für Arbeit in Iserlohn vor, dass dort vor Ablauf der Antragsfrist ein Antrag betreffend den Kläger eingegangen sei.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen G, L und S. Wegen des Ergebnisses wird Bezug genommen auf die Niederschriften der Erörterungstermine vom 20.12.2005 und 28.03.2006. Außerdem ist eine Auskunft des InsVerw, Rechtsanwalt C, eingeholt worden, auf deren nähere Einzelheiten verwiesen wird. Die den Insolvenzantrag des Klägers betreffende Verwaltungsakte der Beklagten ist beigezogen worden.
Die Beteiligten haben sich im Erörterungstermin vom 28.03.2006 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch den Berichterstatter einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch den Berichterstatter (§ 155 Abs. 3 und 4, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Wie das SG zutreffend entschieden hat, ist der angefochtene Bescheid nicht rechtswidrig und der Kläger daher nicht durch ihn beschwert (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Der Kläger hat keinen Anspruch auf InsG für die Zeit vom 31.07.2003 bis zum 30.10.2003.
Der Anspruch scheitert in jedem Fall daran, dass der Kläger das Insolvenzgeld nicht innerhalb der in § 324 Abs. 3 Satz 1 SGB III geregelten Frist von drei Monaten beantragt hat.
Der erforderliche Antrag ist nicht innerhalb der Ausschlussfrist von zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis (§ 324 Abs. 3 Satz 1 SGB III) gestellt worden.
Insolvenzereignis im Sinne dieser Bestimmung ist die Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 31.10.2003. Da der 31.12. kein gesetzlicher Feiertag im Sinne von § 193 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) i.V.m. § 26 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch ist, ist die Antragsfrist am 31.12.2003 abgelaufen.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hat der Kläger den Antrag auf InsG nicht bis zum 31.12.2003 gestellt.
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der Kläger selbst gegenüber der Beklagten keinen Antrag auf InsG gestellt, sondern das Antragsformular an den InsVerw in der Annahme gesandt, dieser werde es fristgerecht an die Beklagte weiterleiten.
Der Antrag ist vom InsVerw am 07.01.2004 an die Beklagte (Arbeitsamt J) abgesandt worden und dort erst am 08.01.2004 eingegangen. Nach Rücksendung vom Arbeitsamt J ist der Antrag sodann am 09.01.2004 erneut an das Arbeitsamt N geschickt worden und dort am 12.01.2004 eingegangen.
Dies ergibt sich aus der Aussage der Zeugin L, die als Rechtsanwaltsgehilfin in der Kanzlei des InsVerw tätig ist und seinerzeit mit der Bearbeitung des Insolvenzverfahrens betreffend die L befasst gewesen ist. Es bestehen keine Bedenken, der Aussage zu folgen. Die Angaben der Zeugin sind präzise und einleuchtend. Sie gewinnen an Überzeugungskraft vor allem durch den Umstand, dass sich die Zeugin nach eigenen Angaben in zulässiger Weise durch Einsichtnahme in die Handakte auf den Termin vorbereitet hat. Sie sind zudem mit den dem Senat im Übrigen vorliegenden Unterlagen und Informationen ohne Weiteres in Einklang zu bringen. Danach stammt das Schreiben des InsVerw an das Arbeitsamt N vom 09.01.2004. Die Darstellung der Zeugin erklärt auch, warum trotz der irrtümlichen Absendung der Anträge an das Arbeitsamt J dort kein Vorgang angelegt worden ist. Nachdem offenbar annähernd zeitgleich mit dem Eingang der Anträge die telefonische Bitte um Rücksendung erfolgte, bestand hierfür keine Veranlassung. Schließlich lässt sich anhand der Schilderung der Zeugin L auch die Aussage des Zeugen G nachvollziehen, soweit dieser von einer Fehlsendung an das Arbeitsamt J oder seine Zweigstelle in M berichtet hat.
Für einen früheren Zugang des Antrags bei der Beklagten bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte.
Zwar hat der Zeuge G bekundet, die Zeugin L habe ihm bereits vor Weihnachten von der Absendung der Anträge an die Beklagte berichtet, und er habe eine entsprechende Auskunft auch von einer Mitarbeiterin des Arbeitsamtes in J erhalten. Es ist jedoch davon auszugehen, dass sich der Zeuge hinsichtlich des Zeitpunktes geirrt hat. Dafür spricht schon, dass seine Erinnerung auch hinsichtlich anderer Details ungenau ist. So hat er angegeben, seines Wissens habe Herr L1, ein ehemaliger Mitarbeiter der L, die Anträge persönlich beim InsVerw abgegeben. Tatsächlich steht aufgrund des mit der Klage in Ablichtung überreichten Rückscheins jedoch fest, dass die Übermittlung auf dem Postwege erfolgt ist. Zudem widerspricht den Bekundungen des Zeugen G die überzeugende Aussage der Zeugin L entgegen, die eine Absendung der Anträge vor dem 07.01.2004 ausdrücklich in Abrede gestellt hat. Auch die Zeugin S hat glaubhaft bestätigt, dass der Antrag des Klägers verspätet, d.h. nach dem 31.12.2003, an die Beklagte abgesandt worden ist. Der Zeuge G selbst hat zu seinen angeblichen Telefonaten mit Mitarbeitern der Beklagten keinerlei nähere Angaben machen können. Weder konnte er sich daran erinnern, mit welchem Arbeitsamt er genau telefoniert, noch, mit wem er dort gesprochen hat, obwohl es angesichts der Bedeutung, die er der Angelegenheit beigemessen hat, nahe gelegen hätte, sich den entsprechenden Namen zu merken. Bei den betroffenen Arbeitsämtern haben die Nachforschungen der Beklagten keinerlei Anhaltspunkte für den Eingang eines Antrags vor dem 08.01.2004 ergeben. Schließlich hat auch der InsVerw sowohl gegenüber der Beklagten als auch gegenüber dem Senat eine frühere Absendung in Abrede gestellt, obwohl der verspätete Antrag ihn dem Risiko eines Regresses aussetzt.
Die Voraussetzungen der Nachsichtgewährung nach § 324 Abs. 3 Satz 2 SGB III sind nicht erfüllt. Der Kläger hat die Frist des § 324 Abs. 3 Satz 1 SGB III aus Gründen versäumt, die er zu vertreten hat. Denn er hat sich nicht mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung seiner Ansprüche bemüht (§ 324 Abs. 3 Satz 3 SGB III).
An der erforderlichen Sorgfalt fehlt es, wenn der Arbeitnehmer das Insolvenzereignis infolge fahrlässiger (§ 276 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch) Unkenntnis nicht kennt (grundlegend BSG, Urteil v. 26.08.1983, 10 RAr 1/82, BSGE 55, 284, 285 f.). Ebenso lässt derjenige Arbeitnehmer die erforderliche Sorgfalt vermissen, der - wie der Kläger - vom Insolvenzereignis innerhalb der Antragsfrist Kenntnis erlangt, gleichwohl aber kein InsG beantragt.
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der Kläger am 31.10.2003 Kenntnis von der Insolvenzeröffnung und damit dem Insolvenzereignis gehabt hat. Trotzdem hat er nicht innerhalb der Frist des § 324 Abs. 3 Satz 1 SGB III InsG beantragt. Der Umstand, dass er - zumindest nach seiner Vorstellung - den InsVerw mit der Einreichung des Antrags beauftragt hat, entlastet ihn nicht. Aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalles kann dabei dahingestellt bleiben, ob der InsVerw als Bevollmächtigter des Klägers oder als sein Bote tätig werden sollte. Denn im einen wie im anderen Falle hat der Kläger seine Sorgfaltspflichten deshalb verletzt, weil er nicht in dem gebotenen Maße die rechtzeitige Antragstellung überwacht hat.
Der Kläger hat hierzu vorgetragen, er habe den InsG-Antrag an den InsVerw abgesandt. Dieser habe nicht geantwortet. Insbesondere habe er nicht mitgeteilt, dass er die Sache nicht bearbeiten werde. In der Folgezeit habe der Zeuge G bis zum Jahresende viele Male mit der Zeugin L telefoniert und dabei immer auch nach seinem, des Klägers, InsG-Antrag gefragt. Der Zeuge G selbst hat diesen Vortrag bestätigt und bekundet, er habe - nachdem er längere Zeit nichts von dem Antrag gehört habe - ab Dezember nahezu täglich mit der Zeugin L telefoniert, wobei diese ihn über Schwierigkeiten unterrichtet habe, das zuständige Arbeitsamt festzustellen. Es bestehen keine Bedenken, dem insoweit übereinstimmenden Vortrag des Klägers und der Aussage des Zeugen G zu folgen. Zwar hat die Zeugin L sich an ein konkretes Gespräch mit dem Zeugen G nicht erinnern können, es im Hinblick auf die Üblichkeit solcher Telefonate aber auch nicht in Abrede gestellt. Soweit Zweifel am Erinnerungsvermögen des Zeugen G bestehen, beziehen sich diese nur auf den konkreten Zeitpunkt, zu dem die Auskunft erteilt worden ist, dass die Anträge an das falsche Arbeitsamt abgesandt worden seien.
Hat der Kläger jedoch, was nach den Gesamtumständen naheliegt, von den Schwierigkeiten des InsVerw gewusst, den Antrag fristgerecht abzusenden, so hätte er seinerseits tätig werden müssen, um einen fristgerechten Zugang bei der Beklagten zu bewerkstelligen. Die Beauftragung des InsVerw - gleichgültig, ob als Bevollmächtigten oder Boten - entbindet nicht von der Verpflichtung, sich um eine rechtzeitige Antragstellung zu bemühen, wenn ernsthafte Zweifel bestehen, ob der InsVerw bzw. sein Personal hierzu bereit oder in der Lage ist. Notfalls hätte der Kläger daher entweder darauf hinwirken müssen, dass Rechtsanwalt Brüßler sich selbst um die Angelegenheit kümmert, oder aber den InsG-Antrag bei ihm abholen und selbst der Beklagten zukommen lassen müssen.
Nichts anders gilt, wenn der Kläger von den Telefonaten des Zeugen G mit den Mitarbeiterinnen des InsVerw keine Kenntnis gehabt oder aber diese Telefonate - entgegen der Erinnerung des Zeugen G - sämtlich nach Verstreichen der Antragsfrist am 31.12.2003 stattgefunden haben sollten. Allein aufgrund der Übersendung des Antragsformulars an den InsVerw durfte der Kläger nicht davon ausgehen, dieser werde für die rechtzeitige Weiterleitung Sorge tragen. Das gilt umso mehr, als der InsVerw nach der Vorstellung des Klägers nicht nur die bloße Absendung des Antrags übernehmen, sondern noch vor Fristablauf offenbar auch die InsG-Bescheinigung beifügen sollte. Nicht anders kann die im Begleitschreiben ausgesprochene Bitte um Bearbeitung verstanden werden. Angesichts dessen hätte der Kläger sich jedoch zumindest nach dem Fortgang der Angelegenheit erkundigen müssen. Spätestens dann hätte er erfahren, dass sich die rechtzeitige Absendung verzögerte, und gegebenenfalls die bereits beschriebenen Gegenmaßnahmen ergreifen müssen.
Im Hinblick darauf, dass der Antrag nicht rechtzeitig gestellt worden ist, kann dahingestellt bleiben, ob überhaupt ein Anspruch auf InsG bestanden hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) bestehen nicht.
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