Land
Hessen
Sozialgericht
SG Gießen (HES)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Gießen (HES)
Aktenzeichen
S 1 U 166/05
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1) § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG ist grundsätzlich auch im Rahmen der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage anwendbar und nicht auf reine Anfechtungsklagen beschränkt (Anschluss an: LSG NRW, Urteil vom 11.05.2005 - L 8 RJ 141/04; SG Dresden, Gerichtsbescheid vom 11.08.2005 - S 18 KR 304/05; SG Landshut, Urteil vom 01.10.2004 - S 79 SB 310/04).
2) Stellt ein versicherter Unternehmer bei seiner zuständigen Berufsgenossenschaft (BG) einen Antrag auf Neuveranlagung wegen einer Änderung des Unternehmensgegenstandes nach § 160 SGB VII und begründet diesen, so genügt die BG in keinster Weise den Grundsätzen an ein geordnetes Verwaltungsverfahren unter Berücksichtigung des Amtsermittlungsprinzips (§ 20 Abs. 1 SGB X), wenn sie lediglich aufgrund eines im Internet (ohne Datum) veröffentlichten Branchenregisterausdrucks zum Telefonbuch den Antrag zurückweist. Die BG ist insoweit zu verpflichten, ein geordnetes Verwaltungsverfahren nachzuholen (§ 131 Abs. 5 Satz 1 SGG).
2) Stellt ein versicherter Unternehmer bei seiner zuständigen Berufsgenossenschaft (BG) einen Antrag auf Neuveranlagung wegen einer Änderung des Unternehmensgegenstandes nach § 160 SGB VII und begründet diesen, so genügt die BG in keinster Weise den Grundsätzen an ein geordnetes Verwaltungsverfahren unter Berücksichtigung des Amtsermittlungsprinzips (§ 20 Abs. 1 SGB X), wenn sie lediglich aufgrund eines im Internet (ohne Datum) veröffentlichten Branchenregisterausdrucks zum Telefonbuch den Antrag zurückweist. Die BG ist insoweit zu verpflichten, ein geordnetes Verwaltungsverfahren nachzuholen (§ 131 Abs. 5 Satz 1 SGG).
1. Der Bescheid vom 20.05.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.08.2005 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, über den Antrag der Klägerin vom 26.04.2005 nach eingehenden Ermittlungen von Amts wegen neu zu entscheiden.
2. Der Streitwert wird auf 5000,00 Euro festgesetzt.
3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreites zu tragen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten wegen der Höhe der Beiträge und der Einordnung zur richtigen Gefahrtarifstelle und Gefahrklasse nach dem gültigen Gefahrtarif der Beklagten.
Die Klägerin betreibt ein Werbeunternehmen mit dem Namen "A.". Zwischen den Beteiligten war die Einstufung zur Gefahrtarifstelle 34 mit der Gefahrklasse 1,41 unter dem ab 01.01.1998 geltenden Gefahrtarif der Beklagten schon einmal streitig. In dem insoweit vor dem Sozialgericht Gießen anhängig gewesenen Streitverfahren (Aktenzeichen S 1 U 1831/99) wies der Vorsitzende die Beteiligten mit Verfügung vom 24.05.2000 darauf hin, dass die Gefahrtarifstelle in den vergangenen Jahren wiederholt gewechselt habe. Grundsätzlich bestehe eine hohe Ermessensfreiheit der Beklagten bei der Aufstellung des Gefahrtarifvertrags. Dies schließe eine grundsätzliche Überprüfung aber nicht aus. Derartige Verfahren seien jedoch für alle Beteiligten, wenn sie ernsthaft betrieben würden, äußerst umfangreich und schwierig. Angesichts des "Streitwertes" regte der Vorsitzende eine vergleichsweise Regelung an. Daraufhin schlossen die Beteiligten einen außergerichtlichen Vergleich, der Rechtsstreit war am 19.09.2000 durch diesen Vergleich beendet.
Aufgrund des ab 01.01.2001 geltenden neuen Gefahrtarifvertrags veranlagte die Beklagte das klägerische Unternehmen mit Bescheid vom 27.06.2001 zur Gefahrtarifstelle 34 mit einer Gefahrklasse von 1,69 für das Jahr 2001 und von 1,88 ab dem Jahr 2002. Der Bescheid ist bestandskräftig geworden.
Am 26.04.2005 stellte die Klägerin einen Überprüfungsantrag und begründete diesen mit einer Änderung des Unternehmensgegenstandes. Sie führte aus, dass sie noch zum Zeitpunkt des zuletzt geschlossenen gerichtlichen Vergleichs ein Unternehmen der Außenwerbung betrieben habe. Zwischenzeitlich hätten sich diese Verhältnisse jedoch sehr stark in Richtung Werbung innerhalb geschlossener Räume verändert. Mit Bescheid vom 20.05.2005 wies die Beklagte diesen Antrag zurück. Die Klägerin legte hiergegen am 25.05.2005 Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, sie gehöre nicht mehr zur entsprechenden Risikogemeinschaft der "Außenwerbung". Die Außenwerbung habe ein wesentlich größeres Gefahrenpotential als die hauptsächlich von ihr praktizierte Innenwerbung. Im Widerspruchsverfahren zog die Beklagte einen Branchenbucheintrag aus dem Internet von "opusforum" bei. Dort ist als sogenannte "Brancheninfo" für das klägerische Unternehmen angegeben: "Außenwerbungsunternehmen; Außen- und Lichtwerbeunternehmen; Informationstechnologie und Telekommunikation gesamt". Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 03.08.2005 zurück.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer am 11.08.2005 beim Sozialgericht Gießen eingegangenen Klage. Zur Begründung führt sie aus, dass sie etwa zehn Beschäftigte habe, wobei es sich bis auf eine Ausnahme ausschließlich um Verwaltungsmitarbeiter handele. Sie habe lediglich einen Mitarbeiter, der im Außendienst in erster Linie zur Überprüfung der Werbeobjekte vor Ort zuständig sei und gelegentlich auch bei der Montage mithelfe. Die Werbeflächen würden von Fremdunternehmen hergestellt und auch überwiegend von Fremdunternehmen an vereinbarten Werbeorten installiert. Dabei handele es sich hauptsächlich um Innenwerbung.
Einen Klageantrag hat die Klägerin nicht gestellt.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, die Klägerin sei der richtigen Gefahrtarifstelle zugeordnet.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die Klage- und die lediglich auszugsweise übersandte Verwaltungsakte der Beklagten über das klägerische Unternehmen Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 20.01.2006 gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte über den Rechtsstreit aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 20.01.2006 trotz Ausbleibens der Klägerin entscheiden, denn diese ist mit der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden (vgl. § 110 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz SGG-).
Die form- und insbesondere fristgerecht erhobene Klage ist zulässig.
Die Klage ist im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Bescheids vom 20.05.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.08.2005 ohne Entscheidung in der Sache gemäß § 131 Abs. 5 Satz 1 und 5 SGG begründet. Die Beklagte war zu verpflichten, über den Antrag der Klägerin vom 26.04.2005 nach eingehenden Ermittlungen von Amts wegen neu zu entscheiden.
Gemäß § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG kann das Gericht ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Die Voraussetzungen hierfür sind gegeben; die Vorschrift ist insoweit auch im Rahmen der vorliegenden Anfechtungs- und Verpflichtungsklage anwendbar und nicht auf reine Anfechtungsklagen beschränkt (vgl. LSG NRW, Urteil vom 11.05.2005 - L 8 RJ 141/04; SG Dresden, Gerichtsbescheid vom 11.08.2005 - S 18 KR 304/05; SG Landshut, Urteil vom 01.10.2004 - S 79 SB 310/04; andere Ansicht: Meyer-Ladewig, SGG, 8. Auflage, § 131 Rdnr. 18). Der Gesetzgeber verfolgte mit der Einfügung dieser Vorschrift nämlich das explizite Ziel, dem Gericht zeit- und kostenintensive Sachverhaltsaufklärung zu ersparen, die gemäß § 20 Abs. 1 Sozialgesetzbuch - Zehntes Buch - (SGB X) in erster Linie der Behörde im Rahmen des Verwaltungsverfahrens obliegt und deren Kosten im sozialgerichtlichen Verfahren wegen des Grundsatzes der Kostenfreiheit in der Regel nicht auf die Verfahrensbeteiligten abgewälzt werden können. Die Vorschrift soll gleichzeitig sicherstellen, dass von den jeweils zuständigen Verwaltungsbehörden ordnungsgemäße Verwaltungsverfahren durchgeführt werden.
Ein solches ordnungsgemäßes Verwaltungsverfahren wurde hier von der Beklagten in keinster Weise durchgeführt. Aufgrund des Antrags der Klägerin vom 26.04.2005 ist in der - fragmentarischen - Verwaltungsakte der Beklagten lediglich ein interner Sachbearbeitervermerk dokumentiert. Die Beklagte wäre aber allein aufgrund des im vorausgegangen Klageverfahren vor dem Sozialgericht Gießen (S 1 U 1831/99) gegebenen richterlichen Hinweises und des darauf geschlossenen Vergleiches verpflichtet gewesen, insoweit umfangreiche Ermittlungen anzustellen. Auch die Ermittlungen im Widerspruchsverfahren genügen in keinster Weise dem Amtsermittlungsgrundsatz des § 20 SGB X. Der Auszug eines im Internet stehenden Brancheneintrags mit einem scheinbar redaktionellen Vermerk ohne Quellenangabe und ohne Mitteilung des zeitlichen Standes dieser Feststellungen ist schlichtweg unverwertbar und kann lediglich ein Indiz für ein daraufhin einzuleitendes Verwaltungsverfahren sein. Die Beklagte hat sich vielmehr eingehend mit dem Vortrag der Klägerin auseinanderzusetzen. Gerade in der Klageschrift hat die Klägerin hierzu deutlich darauf verwiesen, dass sie keine Außenwerbung mehr betreibe und ihre Mitarbeiter auch lediglich im Innendienst beschäftigt seien. Dies hat die Beklagte in einem ordnungsgemäßen Verwaltungsverfahren mittels einer Betriebsprüfung festzustellen. Das bisherige Verfahren genügt diesen Ansprüchen in keinster Weise, die erforderlichen Ermittlungen sind nachzuholen.
Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 63 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) in Verbindung mit § 52 Abs. 2 GKG.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
2. Der Streitwert wird auf 5000,00 Euro festgesetzt.
3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreites zu tragen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten wegen der Höhe der Beiträge und der Einordnung zur richtigen Gefahrtarifstelle und Gefahrklasse nach dem gültigen Gefahrtarif der Beklagten.
Die Klägerin betreibt ein Werbeunternehmen mit dem Namen "A.". Zwischen den Beteiligten war die Einstufung zur Gefahrtarifstelle 34 mit der Gefahrklasse 1,41 unter dem ab 01.01.1998 geltenden Gefahrtarif der Beklagten schon einmal streitig. In dem insoweit vor dem Sozialgericht Gießen anhängig gewesenen Streitverfahren (Aktenzeichen S 1 U 1831/99) wies der Vorsitzende die Beteiligten mit Verfügung vom 24.05.2000 darauf hin, dass die Gefahrtarifstelle in den vergangenen Jahren wiederholt gewechselt habe. Grundsätzlich bestehe eine hohe Ermessensfreiheit der Beklagten bei der Aufstellung des Gefahrtarifvertrags. Dies schließe eine grundsätzliche Überprüfung aber nicht aus. Derartige Verfahren seien jedoch für alle Beteiligten, wenn sie ernsthaft betrieben würden, äußerst umfangreich und schwierig. Angesichts des "Streitwertes" regte der Vorsitzende eine vergleichsweise Regelung an. Daraufhin schlossen die Beteiligten einen außergerichtlichen Vergleich, der Rechtsstreit war am 19.09.2000 durch diesen Vergleich beendet.
Aufgrund des ab 01.01.2001 geltenden neuen Gefahrtarifvertrags veranlagte die Beklagte das klägerische Unternehmen mit Bescheid vom 27.06.2001 zur Gefahrtarifstelle 34 mit einer Gefahrklasse von 1,69 für das Jahr 2001 und von 1,88 ab dem Jahr 2002. Der Bescheid ist bestandskräftig geworden.
Am 26.04.2005 stellte die Klägerin einen Überprüfungsantrag und begründete diesen mit einer Änderung des Unternehmensgegenstandes. Sie führte aus, dass sie noch zum Zeitpunkt des zuletzt geschlossenen gerichtlichen Vergleichs ein Unternehmen der Außenwerbung betrieben habe. Zwischenzeitlich hätten sich diese Verhältnisse jedoch sehr stark in Richtung Werbung innerhalb geschlossener Räume verändert. Mit Bescheid vom 20.05.2005 wies die Beklagte diesen Antrag zurück. Die Klägerin legte hiergegen am 25.05.2005 Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, sie gehöre nicht mehr zur entsprechenden Risikogemeinschaft der "Außenwerbung". Die Außenwerbung habe ein wesentlich größeres Gefahrenpotential als die hauptsächlich von ihr praktizierte Innenwerbung. Im Widerspruchsverfahren zog die Beklagte einen Branchenbucheintrag aus dem Internet von "opusforum" bei. Dort ist als sogenannte "Brancheninfo" für das klägerische Unternehmen angegeben: "Außenwerbungsunternehmen; Außen- und Lichtwerbeunternehmen; Informationstechnologie und Telekommunikation gesamt". Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 03.08.2005 zurück.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer am 11.08.2005 beim Sozialgericht Gießen eingegangenen Klage. Zur Begründung führt sie aus, dass sie etwa zehn Beschäftigte habe, wobei es sich bis auf eine Ausnahme ausschließlich um Verwaltungsmitarbeiter handele. Sie habe lediglich einen Mitarbeiter, der im Außendienst in erster Linie zur Überprüfung der Werbeobjekte vor Ort zuständig sei und gelegentlich auch bei der Montage mithelfe. Die Werbeflächen würden von Fremdunternehmen hergestellt und auch überwiegend von Fremdunternehmen an vereinbarten Werbeorten installiert. Dabei handele es sich hauptsächlich um Innenwerbung.
Einen Klageantrag hat die Klägerin nicht gestellt.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, die Klägerin sei der richtigen Gefahrtarifstelle zugeordnet.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die Klage- und die lediglich auszugsweise übersandte Verwaltungsakte der Beklagten über das klägerische Unternehmen Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 20.01.2006 gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte über den Rechtsstreit aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 20.01.2006 trotz Ausbleibens der Klägerin entscheiden, denn diese ist mit der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden (vgl. § 110 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz SGG-).
Die form- und insbesondere fristgerecht erhobene Klage ist zulässig.
Die Klage ist im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Bescheids vom 20.05.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.08.2005 ohne Entscheidung in der Sache gemäß § 131 Abs. 5 Satz 1 und 5 SGG begründet. Die Beklagte war zu verpflichten, über den Antrag der Klägerin vom 26.04.2005 nach eingehenden Ermittlungen von Amts wegen neu zu entscheiden.
Gemäß § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG kann das Gericht ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Die Voraussetzungen hierfür sind gegeben; die Vorschrift ist insoweit auch im Rahmen der vorliegenden Anfechtungs- und Verpflichtungsklage anwendbar und nicht auf reine Anfechtungsklagen beschränkt (vgl. LSG NRW, Urteil vom 11.05.2005 - L 8 RJ 141/04; SG Dresden, Gerichtsbescheid vom 11.08.2005 - S 18 KR 304/05; SG Landshut, Urteil vom 01.10.2004 - S 79 SB 310/04; andere Ansicht: Meyer-Ladewig, SGG, 8. Auflage, § 131 Rdnr. 18). Der Gesetzgeber verfolgte mit der Einfügung dieser Vorschrift nämlich das explizite Ziel, dem Gericht zeit- und kostenintensive Sachverhaltsaufklärung zu ersparen, die gemäß § 20 Abs. 1 Sozialgesetzbuch - Zehntes Buch - (SGB X) in erster Linie der Behörde im Rahmen des Verwaltungsverfahrens obliegt und deren Kosten im sozialgerichtlichen Verfahren wegen des Grundsatzes der Kostenfreiheit in der Regel nicht auf die Verfahrensbeteiligten abgewälzt werden können. Die Vorschrift soll gleichzeitig sicherstellen, dass von den jeweils zuständigen Verwaltungsbehörden ordnungsgemäße Verwaltungsverfahren durchgeführt werden.
Ein solches ordnungsgemäßes Verwaltungsverfahren wurde hier von der Beklagten in keinster Weise durchgeführt. Aufgrund des Antrags der Klägerin vom 26.04.2005 ist in der - fragmentarischen - Verwaltungsakte der Beklagten lediglich ein interner Sachbearbeitervermerk dokumentiert. Die Beklagte wäre aber allein aufgrund des im vorausgegangen Klageverfahren vor dem Sozialgericht Gießen (S 1 U 1831/99) gegebenen richterlichen Hinweises und des darauf geschlossenen Vergleiches verpflichtet gewesen, insoweit umfangreiche Ermittlungen anzustellen. Auch die Ermittlungen im Widerspruchsverfahren genügen in keinster Weise dem Amtsermittlungsgrundsatz des § 20 SGB X. Der Auszug eines im Internet stehenden Brancheneintrags mit einem scheinbar redaktionellen Vermerk ohne Quellenangabe und ohne Mitteilung des zeitlichen Standes dieser Feststellungen ist schlichtweg unverwertbar und kann lediglich ein Indiz für ein daraufhin einzuleitendes Verwaltungsverfahren sein. Die Beklagte hat sich vielmehr eingehend mit dem Vortrag der Klägerin auseinanderzusetzen. Gerade in der Klageschrift hat die Klägerin hierzu deutlich darauf verwiesen, dass sie keine Außenwerbung mehr betreibe und ihre Mitarbeiter auch lediglich im Innendienst beschäftigt seien. Dies hat die Beklagte in einem ordnungsgemäßen Verwaltungsverfahren mittels einer Betriebsprüfung festzustellen. Das bisherige Verfahren genügt diesen Ansprüchen in keinster Weise, die erforderlichen Ermittlungen sind nachzuholen.
Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 63 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) in Verbindung mit § 52 Abs. 2 GKG.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
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