Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
19
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 14 RJ 192/04
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 19 R 696/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 22.10.2004 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger Rente wegen Erwerbsminderung beanspruchen kann.
Der 1964 geborene Kläger war bis 1997 als Druckereihelfer versicherungspflichtig beschäftigt. Seit dieser Zeit ist er arbeitslos.
Der Kläger beantragte am 07.07.2003 die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte lehnte nach Einholung ärztlicher Gutachten auf dem nervenärztlichen, chirurgisch-orthopädischen und allgemeinärztlichen Gebiet den Antrag ab (Bescheid vom 17.10.2003 und Widerspruchsbescheid vom 13.02.2004). Nach den ärztlichen Feststellungen sei die Erwerbsfähigkeit des Klägers durch folgende Gesundheitsstörungen beeinträchtigt: Depressive Entwicklung mit Somatisierung (Suizidversuch am 20.07.2003), Lumbalsyndrom mit Verdacht auf Bandscheibenschäden und Cervicalsyndrom. Der Kläger sei in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes leichte Arbeiten im Wechselrhythmus ohne Nachtschicht, ohne besonderen Zeitrdruck sowie ohne häufiges Überkopfarbeiten mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten.
Zur Begründung der dagegen zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhobenen Klage führte der Kläger aus, dass er nicht in der Lage sei, in absehbarer Zeit auch nur mindestens drei Stunden erwerbstätig zu sein. Sein gesundheitlicher Zustand hätte sich verschlechtert.
Das SG zog die Versichertenakten der Beklagten bei und holte Befundberichte mit Unterlagen und Fremdbefunden von den behandelnden Ärzten des Kläger ein. Es ernannte den Neurologen und Psychiater Dr.J. zum gerichtlichen Sachverständigen, der das Gutachten vom 01.08.2004 nach Untersuchung des Klägers am 09.07.2004 erstellt hat. Dr.J. kam zum Schluss, dass dem Kläger unter Berücksichtigung der bei ihm bestehenden Gesundheitsstörungen 1. Dysthymia (depressive Neurose) 2. DD: Depressive Entwicklung mit Beeinträchtigung von Vitalsymptomen 3. Autonome somatoforme Schmerzstörung 4. chronischer Alkoholabusus 5. Spannungskopfschmerz 6. Migräne ohne Aura 7. chronisch-rezidivierendes Lendenwirbelsäulensyndrom mit S 1-Symtomatik beidseits 8. Halswirbelsäulensyndrom Tätigkeiten von mindestens sechs Stunden täglich zumutbar seien. Der Kläger könne noch leichte und gelegentlich mittelschwere Arbeiten in wechselnder Stellung und vorwiegend in geschlossenen Räumen verrichten. Zu vermeiden seien Arbeitsbedingungen, die mit besonderer nervlicher Belastung und hoher Verantwortung verbunden seien, ferner Tätigkeiten an unfallgefährdeten Arbeitsplätzen sowie Arbeiten auf Leitern und Gerüsten und an laufenden Maschinen, aber auch Tätigkeiten mit besonderen Belastungen des Bewegungs- und Stützsystems sowie unter ungünstigen äußeren Einflüssen.
Der Kläger hat sich zum Gutachten dahingehend geäußert, dass es sich nach den Ausführungen des Dr.J. bei den Leistungseinschränkungen um einen Dauerzustand handele. Einen Dauerzustand könne man nicht therapieren, so dass er nach wie vor der Meinung sei, dass er auf Grund seines Gesundheitszustandes nicht mehr als drei Stunden täglich arbeiten könne. Mit Eingang beim SG am 19.10.2004 und 20.10.2004 übersandte er einen Arztbrief der Chirurgischen Klinik II des Klinikums F. vom 30.08.2004 und eine Bescheinigung des Amtes für Versorgung und Familienförderung N. (AVF) vom 18.10.2004 über die Feststellung eines Grades der Behinderung von 40.
Mit Urteil vom 22.10.2004 hat das SG die Klage abgewiesen. Es folge den Ausführungen des Sachverständigen Dr.J. zum Leistungsvermögen des Klägers. Die Beschwerden des Klägers in den Bereichen der Hals- und Lendenwirbelsäule seien zwar partiell nachvollziehbar, aber ohne Auswirkungen auf das zeitliche Leistungsvermögen. Dies gelte auch für die beim Kläger auf dem nervenärztlichen Fachgebiet vorliegenden Gesundheitsstörungen. Es seien lediglich Tätigkeiten mit besonderer nervlicher Belastung und hoher Verantwortung zu vermeiden. Das Gericht gehe davon aus, dass unter Einsatz kontinuierlicher nervenärztlicher, psychotherapeutischer und orthopädischer Maßnahmen durchaus eine Verbesserung des Gesundheitszustandes des Klägers in Betracht zu ziehen sei. Die Willensfähigkeit des Klägers im Hinblick auf die Entscheidung zu solchen Maßnahmen sei nicht beeinträchtigt.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers zum Bayer. Landessozialgericht (BayLSG). Das SG habe nicht den Arztbrief der Chirurgischen Klinik II des Klinikums F. und die Bescheinigung des AVF berücksichtigt. Aus dem Arztbrief ergebe sich, dass bei ihm am 28.08.2004 - also nach Erstellung des Gutachtens von Dr.J. - ein Bandscheibenvorfall festgestellt worden sei. Auf Grund des bisher nicht operativ versorgten Bandscheibenvorfalls sei seine körperliche Verfassung noch schlechter geworden. Er müsse sich beim Anlegen der Kleidung helfen lassen. Längeres Stehen, Sitzen und Laufen seien mit Schmerzen verbunden. Sogar im Liegen habe er Schmerzen. Auch seine psychischen Probleme hätten zugenommen. So habe er wiederholt Suizidgedanken und leide unter einem unkontrollierten Alkoholkonsum. Unter diesen Umständen sei die Teilnahme am normalen Arbeitsleben nicht möglich.
Der Senat hat im vorbereitenden Verfahren die Akten des SG, die Versichertenakten der Beklagten, die Akten des AVF und die Akten der Arbeitsgemeinschaft Landkreis F. beigezogen. Die Chirurgische Klinik II des Klinikums F. und das Klinikum E. haben die Entlassungsbriefe vom 30.08.2004 bzw. 06.08.2003 übermittelt. Befundberichte hat der Senat von den Ärzten Dr.A. (Bericht vom 19.04.2005), Dr.B. (Bericht vom 24.04.2005), Dr.N. (Eingang bei Gericht am 21.04.2005, beigefügt war der Bericht der Neurochirurgischen Klinik des Klinikums N. vom 02.09.2004) und Dr.W. (Bericht vom 21.04.2005) eingeholt.
Sodann hat der Senat den Internisten und Arbeits- und Sozialmediziner Dr.H. zum gerichtlichen Sachverständigen bestellt. Der Kläger ist der Einladung des Dr.H. zur ambulanten Untersuchung am 21.07.2005 nicht gefolgt. Er bat um Terminsverschiebung, u.a. weil er sich die Anreise finanziell nicht leisten könne. Darauf erging der Hinweis des Gerichts auf die Möglichkeit der Erlangung eines Vorschusses auf die Reiskostenentschädigung. Auf die weitere Einladung zum 20.09.2005 ist der Kläger nicht erschienen. Mit Schreiben vom 26.09.2005 kündigte das Gericht an, dass bei weiterer und untentschuldigter Nichtbefolgung die Entscheidung über die Berufung nach Aktenlage ergehe. Der erneuten Einbestellung zum 03.11.2005 ist der Kläger ebenfalls nicht gefolgt. Die Anfrage des Gerichts zu den Gründen hierfür blieb unbeantwortet.
Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des SG Nürnberg vom 22.10.2004 und den Bescheid der Beklagten vom 17.10.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.02.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 01.08.2003 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Eine Änderung in der Beurteilung der Sachlage habe sich auf Grund des Entlassungsbriefes der Chirurgischen Klinik II des Klinikums F. vom 30.08.2004 nicht ergeben.
Der Kläger ist zu der zunächst am 07.12.2005 durchgeführten mündlichen Verhandlung nicht erschienen. Zu seiner Verhinderung hatte er vorgebracht, dass er aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage sei, die Wohnung zu verlassen oder öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Ein ärztliches Attest könne er nicht beibringen, da er letztmalig im Januar 2005 bei einem Arzt gewesen sei.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten sowie auf die Gerichtsakte des BayLSG Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-). In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg. Denn das SG hat im angefochtenen Urteil vom 22.10.2004 zu Recht entschieden, dass der Kläger die von ihm beantragte Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung nicht beanspruchen kann.
Der Anspruch auf Versichertenrente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung richtet sich auf Grund der Antragstellung im Juli 2002 nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung.
Rente wegen Erwerbsminderung erhalten nach § 43 SGB VI Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres, wenn sie u.a. teilweise oder voll erwerbsgemindert sind. Nach § 43 Abs 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Beim Kläger liegen die medizinischen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung nicht vor. Nach dem Gutachten des Dr.J. vom 01.08.2004 (Untersuchung am 09.07.2004) ist der Kläger für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes bei Beachtung bestimmter Funktionseinschränkungen mindestens sechs Stunden täglich einsetzbar. Die rentenrechtlich relevante Wegstrecke ist nicht eingeschränkt, die Einhaltung betriebsunüblicher Pausen ist nicht erforderlich. Der Senat hält die diesbezüglichen und auch im Übrigen die Ausführungen des SG für überzeugend und macht sich diese zu eigen (§ 153 Abs 2 SGG).
Etwas anderes ergibt sich nicht aus dem Berufungsvorbringen des Klägers. Das von Dr.J. beschriebene Leistungsbild hat weitehin Gültigkeit. Den vom Senat beigezogenen Befundberichten ist zu entnehmen, dass es seit der Entscheidung des SG zu keiner für das Leistungsvermögen des Klägers wesentlichen Befundveränderung gekommen ist. Zwar hat sich der Kläger vom 28.08.2004 bis 31.08.2004, also zeitlich nach der Untersuchung durch Dr.J. , auf Grund eines Bandscheibenprolaps im Bereich L 5/S 1 mit Nervenwurzelkompression in stationärer Behandlung befunden (Entlassungsbrief der Chirurgischen Klinik II des Klinikums F. vom 30.08.2004). Eine Operationsindikation bestand nicht (Bericht der Neurochirurgischen Klinik des Klinikums N. vom 02.09.2004). Viemehr erfolgte eine konservative Behandlung, die bereits während des stationären Aufenthalts im August 2004 zu einem deutlichen Rückgang der Scherzsymptomatik geführt hat. In der Folgezeit hat sich der Kläger bis zum 10.01.2005 in allgemeinärztlicher Behandlung befunden (Bericht Dr.N. , Eingang bei Gericht am 21.04.2005). Eine weitergehende oder auch fachärztliche Behandlung ist nicht ersichtlich. Der Kläger trägt selbst vor, dass er letztmalig im Januar 2005 in ärztlicher Behandlung war. Auf Grund des demnach komplikationslosen Verlaufes ist davon auszugehen, dass eine quantitative Leistungseinschränkung nicht auf Dauer bestanden hat oder besteht. Dies gilt auch für die vom Kläger vorgetragenen psychischen Beschwerden. Eine fachärztliche Behandlung wegen dieser Beschwerden hat der Kläger nicht nachgesucht. Der Allgemeinarzt Dr.N. hat auf die Nachfrage des Gerichts über eine Veränderung des Gesundheitszustandes des Klägers seit dem Jahr 2003 lediglich eine Verschlimmerung der Rückenbeschwerden mitgeteilt (Bericht mit Eingang bei Gericht am 21.04.2005).
Für die sozialmedizinische Bewertung des Leistungsvermögens ist der vom AVF mit Bescheid vom 18.10.2004 festgestellte Grad der Behinderung ohne Bedeutung. Dieser bezeichnet das Ausmaß der gesundheitlichen Beeinträchtigung des Klägers. Eine Beurteilung der Fähigkeiten, über die der Kläger unter Berücksichtigung vorhandener Funktionseinschränkungen noch verfügt, lässt sich daraus nicht entnehmen.
Im Ergebnis geht es zu Lasten des Klägers, dass sich der Eintritt des Versicherungsfalls der Erwerbsminderung nicht beweisen lässt. Der Kläger trägt die objektive Beweislast für das tatsächliche Vorliegen der von ihm behaupteten Gesundheitsstörungen (vgl Urteil des BSG vm 28.08.1991, Az 13/5 RJ 47/90, SozR 3-2200 § 1247 Nr 8). Er ist auf die objektive Beweislast zu verweisen, da der Senat im Rahmen der Amtsermittlung alle Erkenntnismöglichkeiten ausgeschöpft hat. Auf Grund der fehlenden Bereitschaft des Klägers, sich von dem Sachverständigen Dr.H. untersuchen zu lassen (Einladungen zum 21.07.2005, 20.09.2005 und 03.11.2005), konnte insbesondere die Diskrepanz zwischen den vom Kläger auch im Berufungsverfahren geschilderten Beschwerden und dem bisher festgestellten Leistungsvermögen nicht aufgeklärt werden. Gründe für eine Unzumutbarkeit einer ambulanten Untersuchung sind nicht ersichtlich. Der Kläger hat auch solche Gründe nicht mitgeteilt. Entsprechend der Ankündigung vom 26.09.2005, dass bei weiterer unentschuldigter Nichtbefolgung einer Einladung die Entscheidung über die Berufung nach Aktenlage ergeht, treffen den Kläger die Nachteile, die sich auf Grund seiner fehlenden Mitwirkung ergeben.
Die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI bleibt außer Betracht, da der Kläger nach dem 01.01.1961 geboren ist.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger Rente wegen Erwerbsminderung beanspruchen kann.
Der 1964 geborene Kläger war bis 1997 als Druckereihelfer versicherungspflichtig beschäftigt. Seit dieser Zeit ist er arbeitslos.
Der Kläger beantragte am 07.07.2003 die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte lehnte nach Einholung ärztlicher Gutachten auf dem nervenärztlichen, chirurgisch-orthopädischen und allgemeinärztlichen Gebiet den Antrag ab (Bescheid vom 17.10.2003 und Widerspruchsbescheid vom 13.02.2004). Nach den ärztlichen Feststellungen sei die Erwerbsfähigkeit des Klägers durch folgende Gesundheitsstörungen beeinträchtigt: Depressive Entwicklung mit Somatisierung (Suizidversuch am 20.07.2003), Lumbalsyndrom mit Verdacht auf Bandscheibenschäden und Cervicalsyndrom. Der Kläger sei in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes leichte Arbeiten im Wechselrhythmus ohne Nachtschicht, ohne besonderen Zeitrdruck sowie ohne häufiges Überkopfarbeiten mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten.
Zur Begründung der dagegen zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhobenen Klage führte der Kläger aus, dass er nicht in der Lage sei, in absehbarer Zeit auch nur mindestens drei Stunden erwerbstätig zu sein. Sein gesundheitlicher Zustand hätte sich verschlechtert.
Das SG zog die Versichertenakten der Beklagten bei und holte Befundberichte mit Unterlagen und Fremdbefunden von den behandelnden Ärzten des Kläger ein. Es ernannte den Neurologen und Psychiater Dr.J. zum gerichtlichen Sachverständigen, der das Gutachten vom 01.08.2004 nach Untersuchung des Klägers am 09.07.2004 erstellt hat. Dr.J. kam zum Schluss, dass dem Kläger unter Berücksichtigung der bei ihm bestehenden Gesundheitsstörungen 1. Dysthymia (depressive Neurose) 2. DD: Depressive Entwicklung mit Beeinträchtigung von Vitalsymptomen 3. Autonome somatoforme Schmerzstörung 4. chronischer Alkoholabusus 5. Spannungskopfschmerz 6. Migräne ohne Aura 7. chronisch-rezidivierendes Lendenwirbelsäulensyndrom mit S 1-Symtomatik beidseits 8. Halswirbelsäulensyndrom Tätigkeiten von mindestens sechs Stunden täglich zumutbar seien. Der Kläger könne noch leichte und gelegentlich mittelschwere Arbeiten in wechselnder Stellung und vorwiegend in geschlossenen Räumen verrichten. Zu vermeiden seien Arbeitsbedingungen, die mit besonderer nervlicher Belastung und hoher Verantwortung verbunden seien, ferner Tätigkeiten an unfallgefährdeten Arbeitsplätzen sowie Arbeiten auf Leitern und Gerüsten und an laufenden Maschinen, aber auch Tätigkeiten mit besonderen Belastungen des Bewegungs- und Stützsystems sowie unter ungünstigen äußeren Einflüssen.
Der Kläger hat sich zum Gutachten dahingehend geäußert, dass es sich nach den Ausführungen des Dr.J. bei den Leistungseinschränkungen um einen Dauerzustand handele. Einen Dauerzustand könne man nicht therapieren, so dass er nach wie vor der Meinung sei, dass er auf Grund seines Gesundheitszustandes nicht mehr als drei Stunden täglich arbeiten könne. Mit Eingang beim SG am 19.10.2004 und 20.10.2004 übersandte er einen Arztbrief der Chirurgischen Klinik II des Klinikums F. vom 30.08.2004 und eine Bescheinigung des Amtes für Versorgung und Familienförderung N. (AVF) vom 18.10.2004 über die Feststellung eines Grades der Behinderung von 40.
Mit Urteil vom 22.10.2004 hat das SG die Klage abgewiesen. Es folge den Ausführungen des Sachverständigen Dr.J. zum Leistungsvermögen des Klägers. Die Beschwerden des Klägers in den Bereichen der Hals- und Lendenwirbelsäule seien zwar partiell nachvollziehbar, aber ohne Auswirkungen auf das zeitliche Leistungsvermögen. Dies gelte auch für die beim Kläger auf dem nervenärztlichen Fachgebiet vorliegenden Gesundheitsstörungen. Es seien lediglich Tätigkeiten mit besonderer nervlicher Belastung und hoher Verantwortung zu vermeiden. Das Gericht gehe davon aus, dass unter Einsatz kontinuierlicher nervenärztlicher, psychotherapeutischer und orthopädischer Maßnahmen durchaus eine Verbesserung des Gesundheitszustandes des Klägers in Betracht zu ziehen sei. Die Willensfähigkeit des Klägers im Hinblick auf die Entscheidung zu solchen Maßnahmen sei nicht beeinträchtigt.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers zum Bayer. Landessozialgericht (BayLSG). Das SG habe nicht den Arztbrief der Chirurgischen Klinik II des Klinikums F. und die Bescheinigung des AVF berücksichtigt. Aus dem Arztbrief ergebe sich, dass bei ihm am 28.08.2004 - also nach Erstellung des Gutachtens von Dr.J. - ein Bandscheibenvorfall festgestellt worden sei. Auf Grund des bisher nicht operativ versorgten Bandscheibenvorfalls sei seine körperliche Verfassung noch schlechter geworden. Er müsse sich beim Anlegen der Kleidung helfen lassen. Längeres Stehen, Sitzen und Laufen seien mit Schmerzen verbunden. Sogar im Liegen habe er Schmerzen. Auch seine psychischen Probleme hätten zugenommen. So habe er wiederholt Suizidgedanken und leide unter einem unkontrollierten Alkoholkonsum. Unter diesen Umständen sei die Teilnahme am normalen Arbeitsleben nicht möglich.
Der Senat hat im vorbereitenden Verfahren die Akten des SG, die Versichertenakten der Beklagten, die Akten des AVF und die Akten der Arbeitsgemeinschaft Landkreis F. beigezogen. Die Chirurgische Klinik II des Klinikums F. und das Klinikum E. haben die Entlassungsbriefe vom 30.08.2004 bzw. 06.08.2003 übermittelt. Befundberichte hat der Senat von den Ärzten Dr.A. (Bericht vom 19.04.2005), Dr.B. (Bericht vom 24.04.2005), Dr.N. (Eingang bei Gericht am 21.04.2005, beigefügt war der Bericht der Neurochirurgischen Klinik des Klinikums N. vom 02.09.2004) und Dr.W. (Bericht vom 21.04.2005) eingeholt.
Sodann hat der Senat den Internisten und Arbeits- und Sozialmediziner Dr.H. zum gerichtlichen Sachverständigen bestellt. Der Kläger ist der Einladung des Dr.H. zur ambulanten Untersuchung am 21.07.2005 nicht gefolgt. Er bat um Terminsverschiebung, u.a. weil er sich die Anreise finanziell nicht leisten könne. Darauf erging der Hinweis des Gerichts auf die Möglichkeit der Erlangung eines Vorschusses auf die Reiskostenentschädigung. Auf die weitere Einladung zum 20.09.2005 ist der Kläger nicht erschienen. Mit Schreiben vom 26.09.2005 kündigte das Gericht an, dass bei weiterer und untentschuldigter Nichtbefolgung die Entscheidung über die Berufung nach Aktenlage ergehe. Der erneuten Einbestellung zum 03.11.2005 ist der Kläger ebenfalls nicht gefolgt. Die Anfrage des Gerichts zu den Gründen hierfür blieb unbeantwortet.
Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des SG Nürnberg vom 22.10.2004 und den Bescheid der Beklagten vom 17.10.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.02.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 01.08.2003 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Eine Änderung in der Beurteilung der Sachlage habe sich auf Grund des Entlassungsbriefes der Chirurgischen Klinik II des Klinikums F. vom 30.08.2004 nicht ergeben.
Der Kläger ist zu der zunächst am 07.12.2005 durchgeführten mündlichen Verhandlung nicht erschienen. Zu seiner Verhinderung hatte er vorgebracht, dass er aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage sei, die Wohnung zu verlassen oder öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Ein ärztliches Attest könne er nicht beibringen, da er letztmalig im Januar 2005 bei einem Arzt gewesen sei.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten sowie auf die Gerichtsakte des BayLSG Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-). In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg. Denn das SG hat im angefochtenen Urteil vom 22.10.2004 zu Recht entschieden, dass der Kläger die von ihm beantragte Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung nicht beanspruchen kann.
Der Anspruch auf Versichertenrente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung richtet sich auf Grund der Antragstellung im Juli 2002 nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung.
Rente wegen Erwerbsminderung erhalten nach § 43 SGB VI Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres, wenn sie u.a. teilweise oder voll erwerbsgemindert sind. Nach § 43 Abs 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Beim Kläger liegen die medizinischen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung nicht vor. Nach dem Gutachten des Dr.J. vom 01.08.2004 (Untersuchung am 09.07.2004) ist der Kläger für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes bei Beachtung bestimmter Funktionseinschränkungen mindestens sechs Stunden täglich einsetzbar. Die rentenrechtlich relevante Wegstrecke ist nicht eingeschränkt, die Einhaltung betriebsunüblicher Pausen ist nicht erforderlich. Der Senat hält die diesbezüglichen und auch im Übrigen die Ausführungen des SG für überzeugend und macht sich diese zu eigen (§ 153 Abs 2 SGG).
Etwas anderes ergibt sich nicht aus dem Berufungsvorbringen des Klägers. Das von Dr.J. beschriebene Leistungsbild hat weitehin Gültigkeit. Den vom Senat beigezogenen Befundberichten ist zu entnehmen, dass es seit der Entscheidung des SG zu keiner für das Leistungsvermögen des Klägers wesentlichen Befundveränderung gekommen ist. Zwar hat sich der Kläger vom 28.08.2004 bis 31.08.2004, also zeitlich nach der Untersuchung durch Dr.J. , auf Grund eines Bandscheibenprolaps im Bereich L 5/S 1 mit Nervenwurzelkompression in stationärer Behandlung befunden (Entlassungsbrief der Chirurgischen Klinik II des Klinikums F. vom 30.08.2004). Eine Operationsindikation bestand nicht (Bericht der Neurochirurgischen Klinik des Klinikums N. vom 02.09.2004). Viemehr erfolgte eine konservative Behandlung, die bereits während des stationären Aufenthalts im August 2004 zu einem deutlichen Rückgang der Scherzsymptomatik geführt hat. In der Folgezeit hat sich der Kläger bis zum 10.01.2005 in allgemeinärztlicher Behandlung befunden (Bericht Dr.N. , Eingang bei Gericht am 21.04.2005). Eine weitergehende oder auch fachärztliche Behandlung ist nicht ersichtlich. Der Kläger trägt selbst vor, dass er letztmalig im Januar 2005 in ärztlicher Behandlung war. Auf Grund des demnach komplikationslosen Verlaufes ist davon auszugehen, dass eine quantitative Leistungseinschränkung nicht auf Dauer bestanden hat oder besteht. Dies gilt auch für die vom Kläger vorgetragenen psychischen Beschwerden. Eine fachärztliche Behandlung wegen dieser Beschwerden hat der Kläger nicht nachgesucht. Der Allgemeinarzt Dr.N. hat auf die Nachfrage des Gerichts über eine Veränderung des Gesundheitszustandes des Klägers seit dem Jahr 2003 lediglich eine Verschlimmerung der Rückenbeschwerden mitgeteilt (Bericht mit Eingang bei Gericht am 21.04.2005).
Für die sozialmedizinische Bewertung des Leistungsvermögens ist der vom AVF mit Bescheid vom 18.10.2004 festgestellte Grad der Behinderung ohne Bedeutung. Dieser bezeichnet das Ausmaß der gesundheitlichen Beeinträchtigung des Klägers. Eine Beurteilung der Fähigkeiten, über die der Kläger unter Berücksichtigung vorhandener Funktionseinschränkungen noch verfügt, lässt sich daraus nicht entnehmen.
Im Ergebnis geht es zu Lasten des Klägers, dass sich der Eintritt des Versicherungsfalls der Erwerbsminderung nicht beweisen lässt. Der Kläger trägt die objektive Beweislast für das tatsächliche Vorliegen der von ihm behaupteten Gesundheitsstörungen (vgl Urteil des BSG vm 28.08.1991, Az 13/5 RJ 47/90, SozR 3-2200 § 1247 Nr 8). Er ist auf die objektive Beweislast zu verweisen, da der Senat im Rahmen der Amtsermittlung alle Erkenntnismöglichkeiten ausgeschöpft hat. Auf Grund der fehlenden Bereitschaft des Klägers, sich von dem Sachverständigen Dr.H. untersuchen zu lassen (Einladungen zum 21.07.2005, 20.09.2005 und 03.11.2005), konnte insbesondere die Diskrepanz zwischen den vom Kläger auch im Berufungsverfahren geschilderten Beschwerden und dem bisher festgestellten Leistungsvermögen nicht aufgeklärt werden. Gründe für eine Unzumutbarkeit einer ambulanten Untersuchung sind nicht ersichtlich. Der Kläger hat auch solche Gründe nicht mitgeteilt. Entsprechend der Ankündigung vom 26.09.2005, dass bei weiterer unentschuldigter Nichtbefolgung einer Einladung die Entscheidung über die Berufung nach Aktenlage ergeht, treffen den Kläger die Nachteile, die sich auf Grund seiner fehlenden Mitwirkung ergeben.
Die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI bleibt außer Betracht, da der Kläger nach dem 01.01.1961 geboren ist.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG).
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