Land
Rheinland-Pfalz
Sozialgericht
LSG Rheinland-Pfalz
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Mainz (RPF)
Aktenzeichen
S 7 ER 29/06 AS
Datum
2. Instanz
LSG Rheinland-Pfalz
Aktenzeichen
L 3 ER 46/06 AS
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Bei dem Aufhebungsbescheid betreffend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II handelt es sich um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 39 Nr. 1 SGB II. Der Widerspruch gegen diesen Bescheid hat keine aufschiebende Wirkung.
1. Auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Mainz vom 21.02.2006 aufgehoben und die aufschiebende Wirkung der Klage der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Beschwerdegegners vom 02.12.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.02.2006 und den Bescheid vom 17.02.2006 angeordnet.
2. Der Beschwerdegegner trägt die außergerichtlichen Kosten der Beschwerdeführerin in beiden Rechtszügen.
3. Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Die Beschwerdeführerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) über den 31.12.2005 hinaus.
Die 1952 geborene Beschwerdeführerin reiste 1992 aus Russland in die Bundesrepublik Deutschland ein. Sie machte eine Ausbildung zur medizinisch-technischen Assistentin. Von 2000 bis 2003 war die Beschwerdeführerin als Empfangsdame tätig. Seit dem 01.05.2003 ist sie arbeitslos. Sie bezog Arbeitslosengeld und dann Arbeitslosenhilfe.
Am 10.12.2004 beantragte die Beschwerdeführerin die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, die ihr auch bewilligt wurden. Auf ihren Fortzahlungsantrag vom 15.11.2005 bewilligte der Beschwerdegegner der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom 22.11.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II vom 01.12.2005 bis zum 31.05.2006 in einer monatlichen Höhe von 775,98 EUR. Der Beschwerdeführerin wurde mitgeteilt, während des Bezuges von Arbeitslosengeld II bestehe in der Kranken und Pflegeversicherung Versicherungsschutz für sie vom 01.12.2005 bis zum 31.05.2006 bei der BKK Dr. O.
In einem Gutachten vom 06.10.2005 stellte Dr. B , Internist, Sozialmediziner, Ärztlicher Dienst der Agentur für Arbeit, fest, die Beschwerdeführerin sei täglich weniger als drei Stunden in der Lage, Arbeiten zu verrichten. Sie leide an einer psychischen Störung mit Somatisierungstendenz. Die Leistungsfähigkeit sei voraussichtlich über die Dauer von sechs Monaten hinaus vermindert. Mit Bescheid vom 02.12.2005 hob der Beschwerdegegner den Bewilligungsbescheid mit Wirkung ab dem 01.01.2006 auf. Die Beschwerdeführerin sei nicht erwerbsfähig, so dass sie keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II habe. Dies ergebe sich aus dem Gutachten des Ärztlichen Dienstes.
Am 30.01.2006 hat die Beschwerdeführerin Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt und Klage erhoben.
Mit Widerspruchsbescheid vom 02.02.2006 hat der Beschwerdegegner den Widerspruch der Beschwerdeführerin zurückgewiesen und ausgeführt, aufgrund des Gutachtens vom 06.10.2005 ergebe sich, dass die Beschwerdeführerin voraussichtlich über die Dauer von sechs Monaten hinaus für den allgemeinen Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehe und damit eine Erwerbsunfähigkeit vorliege. Mit Bescheid vom 17.02.2006 hat der Beschwerdegegner den Aufhebungsbescheid vom 02.12.2005 geändert und die Bewilligung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II vom 22.11.2005 ab dem 01.01.2006 zurückgenommen. Ermächtigungsgrundlage sei § 45 Abs. 2 SGB X. Eventuell für die Vergangenheit gezahlte Leistungen müssten nicht erstattet werden. Bei der Entscheidung habe man von dem Ermessen Gebrauch gemacht und die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Beschwerdeführerin gebührend berücksichtigt.
Durch Beschluss vom 21.02.2006 hat das Sozialgericht Mainz (SG) den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Es fehle bereits an dem erforderlichen Anordnungsanspruch, da nach der nur möglichen summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage ein Anspruch der Beschwerdeführerin auf Gewährung der Regelleistung für die Zeit ab dem 01.01.2006 nicht glaubhaft gemacht sei.
Gegen den am 24.02.2006 zugestellten Beschluss hat die Beschwerdeführerin am 03.03.2006 Beschwerde eingelegt, der das SG nicht abgeholfen hat.
Die Beschwerdeführerin ist der Auffassung, das Gutachten sei nicht zutreffend. Die Entscheidungen des Beschwerdegegners seien ebenfalls nicht korrekt. Bei ihr gehe es nicht um eine Amalgamvergiftung, sondern um eine Fluoridbelastung. Die Stadt Mainz habe ihren Antrag auf Hilfe zum Lebensunterhalt abgelehnt.
Der Beschwerdegegner hält an seinen Entscheidungen fest. Die Zahnproblematik sei nicht das Hauptproblem. Vielmehr führten die psychischen Störungen zu einer Erwerbsunfähigkeit.
Der Beschwerdegegner hat eine ärztliche Stellungnahme nach Aktenlage von R. T , Agentur für Arbeit Mainz, Ärztlicher Dienst, vom 16.03.2006 vorgelegt. Darin wird ausgeführt, es lasse sich auf jeden Fall feststellen, dass die Beschwerdeführerin längerfristig, voraussichtlich dauerhaft, leistungsunfähig sei. Grundsätzlich werde zur Klärung der Dauerhaftigkeit der Leistungsunfähigkeit dazu geraten, ein psychiatrisches Zusatzgutachten einzuholen.
Der Senat hat den Bescheid der Stadt Mainz vom 25.01.2006 beigezogen. Darin hat die Stadt Mainz als zuständige Sozialhilfeträgerin einen Antrag der Beschwerdeführerin auf die Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII ab dem 01.01.2006 abgelehnt, weil die Beschwerdeführerin nicht bedürftig sei. Abzüglich des zustehenden Freibetrages in Höhe von 1.600, EUR bleibe einzusetzendes Vermögen in Höhe von 7.493,19 EUR. Der monatliche Hilfeanspruch betrage 760,60 EUR. Das einzusetzende Vermögen reiche damit für ca neun Monate.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Prozessakte und der Verwaltungsakte des Beschwerdegegners. Er ist Gegenstand der Beratung gewesen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet.
Die Beschwerdeführerin hat einen Anspruch auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage, da die vorzunehmende Interessenabwägung ergibt, dass ihr Interesse an der Nichtvollziehung des Aufhebungsbescheides des Beschwerdegegners höher zu bewerten ist als das Interesse des Beschwerdegegners an dessen Vollzug.
Der Senat entnimmt dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, dass ihr Begehren auf die Feststellung des Senats gerichtet ist, dass die Entscheidung, mit der der Beschwerdegegner die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II aufgehoben hat, nach Erhebung ihrer Klage von dem Beschwerdegegner nicht vollzogen werden darf. Das Begehren ist letztlich darauf gerichtet, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage herzustellen.
Rechtsgrundlage für das Antragsbegehren ist § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG. Danach kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.
Grundsätzlich haben Widerspruch und Anfechtungsklage gemäß § 86 a Abs. 1 SGG aufschiebende Wirkung. Diese entfällt nach § 86 a Abs. 2 Nr. 4 SGG in durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen. Nach § 39 Nr. 1 SGB II haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, der über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende entscheidet, keine aufschiebende Wirkung. Bei dem Aufhebungsbescheid betreffend Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende handelt es sich um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 39 Nr. 1 SGB II. Zwar ist die Rechtsgrundlage für die Entscheidung dem SGB X und nicht dem SGB II zu entnehmen und es kommen weitere Tatbestandsmerkmale hinzu, es geht aber auch bei der Aufhebung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II im Wesentlichen um die materiell-rechtliche Frage, ob ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II besteht (vgl. hierzu Hengelhaupt, in: Hauck/Noftz, SGB II, Kommentar, § 39, RdNr. 11, 44, Eicher, in: Eicher/Spellbrink, SGB II, Kommentar, § 39, RdNr. 3, 12, anderer Ansicht SG Dresden, Beschluss vom 23.01.2006 S 6 AS 1393/05 ER m.w.N.).
Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Beschwerdeführerin bereits am 30.01.2006 noch vor Erlass und Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides Klage erhoben hat. Der Widerspruchsbescheid datiert vom 02.02.2006. Vor Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides ist dieser nicht wirksam gewesen, so dass die Klage unzulässig gewesen ist. Die Beschwerdeführerin hat jedoch, nachdem ihr der Widerspruchsbescheid vom 02.02.2006 übersandt worden ist, mit Schriftsatz vom 06.02.2006 eingegangen beim SG am 07.02.2006 deutlich gemacht, dass sie an ihrem Klagebegehren festhält und sich gegen die Entscheidung des Beschwerdegegners wendet.
Voraussetzung für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist, dass bei der Interessenabwägung zwischen dem Interesse der Beschwerdeführerin, dass der Bescheid nicht vollzogen wird, ihr Interesse höher zu bewerten ist, als das des Beschwerdegegners am Vollzug der Aufhebungsentscheidung. Im Rahmen der Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des eingelegten Rechtsbehelfs zu berücksichtigen. An der Vollziehung offensichtlich rechtswidriger Verwaltungsakte kann kein öffentliches Interesse bestehen. Umgekehrt liegt ein überwiegendes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung vor, wenn sich ohne Weiteres erkennen lässt, dass der Verwaltungsakt rechtmäßig ist. Da es sich bei dem Verfahren gerichtet auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs um ein Eilverfahren zur vorläufigen Regelung handelt, ist bei der Beurteilung der Frage der Rechtmäßigkeit lediglich eine summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage vorzunehmen.
Vorliegend ist nach summarischer Prüfung der Rechtmäßigkeit der Entscheidungen des Beschwerdegegners der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen. Im Hauptsacheverfahren ist entsprechend den Ausführungen von R. T ein Gutachten zur Leistungsfähigkeit der Beschwerdeführerin einzuholen. Das Gutachten von Dr. B enthält keine Befunde, aufgrund derer es für den Senat nachvollziehbar ist, dass bei der Beschwerdeführerin eine psychische Störung vorliegt, die eine Erwerbsfähigkeit für die Dauer von mehr als sechs Monaten ausschließt. Das Gutachten enthält keine Anamneseerhebung und auch keinen psychopathologischen Befund. Zu berücksichtigen ist auch, dass es wohl einen Befundbericht von einem Nervenarzt Dr. H nicht gibt. Allein die Tatsache, dass sich die Beschwerdeführerin aufgrund ihrer Zahnplomben vergiftet fühlt und ein "Spuckglas" mitführt, rechtfertigt nicht die Annahme, dass sie voraussichtlich über sechs Monate hinaus weniger als drei Stunden täglich arbeiten kann.
Dass zwischen dem zuständigen Sozialhilfeträger, der Stadt Mainz, und dem Beschwerdegegner Einvernehmen darüber besteht, dass die Beschwerdeführerin erwerbsunfähig ist, führt nicht zu einer anderen Entscheidung. Zur Klärung dieser Frage bedarf es einer psychiatrisch-neurologischen Begutachtung der Beschwerdeführerin. Diese kann jedoch nicht im einstweiligen Rechtsschutzverfahren vorgenommen werden. Insoweit kommt es allein auf eine summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage an.
Das Suspensivinteresse der Beschwerdeführerin überwiegt das Interesse der Beschwerdegegnerin an einer Vollziehung des Aufhebungsbescheides. Für die Beschwerdeführerin ist wesentlich, dass ein Krankenversicherungsschutz über den Beschwerdegegner besteht. Im Übrigen drohen ihr auch deshalb Nachteile, weil sie verpflichtet ist, ihre Geldanlagen aufzulösen, was für sie wirtschaftliche und finanziell unzumutbare Nachteile bedeuten würde. Die Vermögenswerte der Beschwerdeführerin liegen unter den Freigrenzen nach dem § 12 Abs. 2 Nr. 1 SGB II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Gewährung von Prozesskostenhilfe nach § 73 a SGG i.V.m. §§ 114 ff Zivilprozessordnung (ZPO) war abzulehnen. Die Beschwerdeführerin hat keinen Rechtsanwalt benannt und die Beiordnung war vorliegend auch nicht erforderlich.
2. Der Beschwerdegegner trägt die außergerichtlichen Kosten der Beschwerdeführerin in beiden Rechtszügen.
3. Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Die Beschwerdeführerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) über den 31.12.2005 hinaus.
Die 1952 geborene Beschwerdeführerin reiste 1992 aus Russland in die Bundesrepublik Deutschland ein. Sie machte eine Ausbildung zur medizinisch-technischen Assistentin. Von 2000 bis 2003 war die Beschwerdeführerin als Empfangsdame tätig. Seit dem 01.05.2003 ist sie arbeitslos. Sie bezog Arbeitslosengeld und dann Arbeitslosenhilfe.
Am 10.12.2004 beantragte die Beschwerdeführerin die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, die ihr auch bewilligt wurden. Auf ihren Fortzahlungsantrag vom 15.11.2005 bewilligte der Beschwerdegegner der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom 22.11.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II vom 01.12.2005 bis zum 31.05.2006 in einer monatlichen Höhe von 775,98 EUR. Der Beschwerdeführerin wurde mitgeteilt, während des Bezuges von Arbeitslosengeld II bestehe in der Kranken und Pflegeversicherung Versicherungsschutz für sie vom 01.12.2005 bis zum 31.05.2006 bei der BKK Dr. O.
In einem Gutachten vom 06.10.2005 stellte Dr. B , Internist, Sozialmediziner, Ärztlicher Dienst der Agentur für Arbeit, fest, die Beschwerdeführerin sei täglich weniger als drei Stunden in der Lage, Arbeiten zu verrichten. Sie leide an einer psychischen Störung mit Somatisierungstendenz. Die Leistungsfähigkeit sei voraussichtlich über die Dauer von sechs Monaten hinaus vermindert. Mit Bescheid vom 02.12.2005 hob der Beschwerdegegner den Bewilligungsbescheid mit Wirkung ab dem 01.01.2006 auf. Die Beschwerdeführerin sei nicht erwerbsfähig, so dass sie keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II habe. Dies ergebe sich aus dem Gutachten des Ärztlichen Dienstes.
Am 30.01.2006 hat die Beschwerdeführerin Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt und Klage erhoben.
Mit Widerspruchsbescheid vom 02.02.2006 hat der Beschwerdegegner den Widerspruch der Beschwerdeführerin zurückgewiesen und ausgeführt, aufgrund des Gutachtens vom 06.10.2005 ergebe sich, dass die Beschwerdeführerin voraussichtlich über die Dauer von sechs Monaten hinaus für den allgemeinen Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehe und damit eine Erwerbsunfähigkeit vorliege. Mit Bescheid vom 17.02.2006 hat der Beschwerdegegner den Aufhebungsbescheid vom 02.12.2005 geändert und die Bewilligung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II vom 22.11.2005 ab dem 01.01.2006 zurückgenommen. Ermächtigungsgrundlage sei § 45 Abs. 2 SGB X. Eventuell für die Vergangenheit gezahlte Leistungen müssten nicht erstattet werden. Bei der Entscheidung habe man von dem Ermessen Gebrauch gemacht und die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Beschwerdeführerin gebührend berücksichtigt.
Durch Beschluss vom 21.02.2006 hat das Sozialgericht Mainz (SG) den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Es fehle bereits an dem erforderlichen Anordnungsanspruch, da nach der nur möglichen summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage ein Anspruch der Beschwerdeführerin auf Gewährung der Regelleistung für die Zeit ab dem 01.01.2006 nicht glaubhaft gemacht sei.
Gegen den am 24.02.2006 zugestellten Beschluss hat die Beschwerdeführerin am 03.03.2006 Beschwerde eingelegt, der das SG nicht abgeholfen hat.
Die Beschwerdeführerin ist der Auffassung, das Gutachten sei nicht zutreffend. Die Entscheidungen des Beschwerdegegners seien ebenfalls nicht korrekt. Bei ihr gehe es nicht um eine Amalgamvergiftung, sondern um eine Fluoridbelastung. Die Stadt Mainz habe ihren Antrag auf Hilfe zum Lebensunterhalt abgelehnt.
Der Beschwerdegegner hält an seinen Entscheidungen fest. Die Zahnproblematik sei nicht das Hauptproblem. Vielmehr führten die psychischen Störungen zu einer Erwerbsunfähigkeit.
Der Beschwerdegegner hat eine ärztliche Stellungnahme nach Aktenlage von R. T , Agentur für Arbeit Mainz, Ärztlicher Dienst, vom 16.03.2006 vorgelegt. Darin wird ausgeführt, es lasse sich auf jeden Fall feststellen, dass die Beschwerdeführerin längerfristig, voraussichtlich dauerhaft, leistungsunfähig sei. Grundsätzlich werde zur Klärung der Dauerhaftigkeit der Leistungsunfähigkeit dazu geraten, ein psychiatrisches Zusatzgutachten einzuholen.
Der Senat hat den Bescheid der Stadt Mainz vom 25.01.2006 beigezogen. Darin hat die Stadt Mainz als zuständige Sozialhilfeträgerin einen Antrag der Beschwerdeführerin auf die Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII ab dem 01.01.2006 abgelehnt, weil die Beschwerdeführerin nicht bedürftig sei. Abzüglich des zustehenden Freibetrages in Höhe von 1.600, EUR bleibe einzusetzendes Vermögen in Höhe von 7.493,19 EUR. Der monatliche Hilfeanspruch betrage 760,60 EUR. Das einzusetzende Vermögen reiche damit für ca neun Monate.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Prozessakte und der Verwaltungsakte des Beschwerdegegners. Er ist Gegenstand der Beratung gewesen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet.
Die Beschwerdeführerin hat einen Anspruch auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage, da die vorzunehmende Interessenabwägung ergibt, dass ihr Interesse an der Nichtvollziehung des Aufhebungsbescheides des Beschwerdegegners höher zu bewerten ist als das Interesse des Beschwerdegegners an dessen Vollzug.
Der Senat entnimmt dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, dass ihr Begehren auf die Feststellung des Senats gerichtet ist, dass die Entscheidung, mit der der Beschwerdegegner die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II aufgehoben hat, nach Erhebung ihrer Klage von dem Beschwerdegegner nicht vollzogen werden darf. Das Begehren ist letztlich darauf gerichtet, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage herzustellen.
Rechtsgrundlage für das Antragsbegehren ist § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG. Danach kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.
Grundsätzlich haben Widerspruch und Anfechtungsklage gemäß § 86 a Abs. 1 SGG aufschiebende Wirkung. Diese entfällt nach § 86 a Abs. 2 Nr. 4 SGG in durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen. Nach § 39 Nr. 1 SGB II haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, der über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende entscheidet, keine aufschiebende Wirkung. Bei dem Aufhebungsbescheid betreffend Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende handelt es sich um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 39 Nr. 1 SGB II. Zwar ist die Rechtsgrundlage für die Entscheidung dem SGB X und nicht dem SGB II zu entnehmen und es kommen weitere Tatbestandsmerkmale hinzu, es geht aber auch bei der Aufhebung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II im Wesentlichen um die materiell-rechtliche Frage, ob ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II besteht (vgl. hierzu Hengelhaupt, in: Hauck/Noftz, SGB II, Kommentar, § 39, RdNr. 11, 44, Eicher, in: Eicher/Spellbrink, SGB II, Kommentar, § 39, RdNr. 3, 12, anderer Ansicht SG Dresden, Beschluss vom 23.01.2006 S 6 AS 1393/05 ER m.w.N.).
Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Beschwerdeführerin bereits am 30.01.2006 noch vor Erlass und Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides Klage erhoben hat. Der Widerspruchsbescheid datiert vom 02.02.2006. Vor Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides ist dieser nicht wirksam gewesen, so dass die Klage unzulässig gewesen ist. Die Beschwerdeführerin hat jedoch, nachdem ihr der Widerspruchsbescheid vom 02.02.2006 übersandt worden ist, mit Schriftsatz vom 06.02.2006 eingegangen beim SG am 07.02.2006 deutlich gemacht, dass sie an ihrem Klagebegehren festhält und sich gegen die Entscheidung des Beschwerdegegners wendet.
Voraussetzung für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist, dass bei der Interessenabwägung zwischen dem Interesse der Beschwerdeführerin, dass der Bescheid nicht vollzogen wird, ihr Interesse höher zu bewerten ist, als das des Beschwerdegegners am Vollzug der Aufhebungsentscheidung. Im Rahmen der Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des eingelegten Rechtsbehelfs zu berücksichtigen. An der Vollziehung offensichtlich rechtswidriger Verwaltungsakte kann kein öffentliches Interesse bestehen. Umgekehrt liegt ein überwiegendes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung vor, wenn sich ohne Weiteres erkennen lässt, dass der Verwaltungsakt rechtmäßig ist. Da es sich bei dem Verfahren gerichtet auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs um ein Eilverfahren zur vorläufigen Regelung handelt, ist bei der Beurteilung der Frage der Rechtmäßigkeit lediglich eine summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage vorzunehmen.
Vorliegend ist nach summarischer Prüfung der Rechtmäßigkeit der Entscheidungen des Beschwerdegegners der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen. Im Hauptsacheverfahren ist entsprechend den Ausführungen von R. T ein Gutachten zur Leistungsfähigkeit der Beschwerdeführerin einzuholen. Das Gutachten von Dr. B enthält keine Befunde, aufgrund derer es für den Senat nachvollziehbar ist, dass bei der Beschwerdeführerin eine psychische Störung vorliegt, die eine Erwerbsfähigkeit für die Dauer von mehr als sechs Monaten ausschließt. Das Gutachten enthält keine Anamneseerhebung und auch keinen psychopathologischen Befund. Zu berücksichtigen ist auch, dass es wohl einen Befundbericht von einem Nervenarzt Dr. H nicht gibt. Allein die Tatsache, dass sich die Beschwerdeführerin aufgrund ihrer Zahnplomben vergiftet fühlt und ein "Spuckglas" mitführt, rechtfertigt nicht die Annahme, dass sie voraussichtlich über sechs Monate hinaus weniger als drei Stunden täglich arbeiten kann.
Dass zwischen dem zuständigen Sozialhilfeträger, der Stadt Mainz, und dem Beschwerdegegner Einvernehmen darüber besteht, dass die Beschwerdeführerin erwerbsunfähig ist, führt nicht zu einer anderen Entscheidung. Zur Klärung dieser Frage bedarf es einer psychiatrisch-neurologischen Begutachtung der Beschwerdeführerin. Diese kann jedoch nicht im einstweiligen Rechtsschutzverfahren vorgenommen werden. Insoweit kommt es allein auf eine summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage an.
Das Suspensivinteresse der Beschwerdeführerin überwiegt das Interesse der Beschwerdegegnerin an einer Vollziehung des Aufhebungsbescheides. Für die Beschwerdeführerin ist wesentlich, dass ein Krankenversicherungsschutz über den Beschwerdegegner besteht. Im Übrigen drohen ihr auch deshalb Nachteile, weil sie verpflichtet ist, ihre Geldanlagen aufzulösen, was für sie wirtschaftliche und finanziell unzumutbare Nachteile bedeuten würde. Die Vermögenswerte der Beschwerdeführerin liegen unter den Freigrenzen nach dem § 12 Abs. 2 Nr. 1 SGB II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Gewährung von Prozesskostenhilfe nach § 73 a SGG i.V.m. §§ 114 ff Zivilprozessordnung (ZPO) war abzulehnen. Die Beschwerdeführerin hat keinen Rechtsanwalt benannt und die Beiordnung war vorliegend auch nicht erforderlich.
Rechtskraft
Aus
Login
RPF
Saved