Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 4 U 325/01
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 43/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 16. Januar 2004 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Anerkennung des Ereignisses vom 6. Dezember 2000 als Arbeitsunfall sowie Gewährung von Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung.
Zwei Arbeitskollegen des Klägers transportierten am 6. Dezember 2000 einen Heizkessel mit einem Sackkarren über eine Kellerwendeltreppe. Als der Karren abkippte und einen Kollegen einklemmte, wollte der Kläger, der oberhalb stand, den Kessel (ca. 300 kg) von oben halten. Dabei verspürte er einen Riss im Bereich des Rückens. Der Durchgangsarzt Dr. G. (St. B.-Krankenhaus S.) diagnostizierte im Bericht vom 8. Dezember 2000 ein Verhebetrauma der unteren Lendenwirbelsäule (LWS) und eine Zerrung des musculus trapezius links. Die Röntgenaufnahme der LWS zeige deutlich degenerative Veränderungen. Er verwies ferner auf einen Arbeitsunfall aus dem Jahre 1998. Es erfolgte eine stationäre Behandlung vom 7. bis 16. Dezember 2000 im St. B.-Krankenhaus. Nach dem Bericht vom 18. Dezember 2000 bestand ein Verhebetrauma der unteren LWS und Zerrung des Musculus trapezius sowie der paravertebralen Muskulatur links.
Mit Bescheid vom 14. Februar 2001 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab. Ein Unfall habe nicht vorgelegen. Aus dem Durchgangsarztbericht ergäben sich vielmehr erhebliche degenerative Veränderungen der gesamten unteren LWS, die für die Beschwerden verantwortlich seien.
Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens holte die Beklagte einen Bericht des Dr. G. vom 10. April 2001 ein. Danach habe kein Verhebetrauma vorgelegen, da der Heizkessel von der Sackkarre gefallen war; das schnelle Eingreifen und Abstützen sei erfolglos geblieben. Der Kessel sei vom Kläger nicht getragen worden. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25. August 2001 nach Einholung einer Stellungnahme nach Aktenlage des beratenden Arztes Dr. S. zurück. Bereits im Gutachten des Prof. Dr. B./Dr. T. vom 17. August 1999 zu einem Arbeitsunfall vom 15. September 1998 sei auf langjährig bekannte degenerative Veränderungen im Bereich der gesamten Wirbelsäule, speziell im LWS-Bereich, hingewiesen worden. Das Ereignis vom 6. Dezember 2000 sei nicht geeignet gewesen, entsprechende Veränderungen hervorzurufen. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Ereignis und den bestehenden Beschwerden seitens der Wirbelsäule könne nicht anerkannt werden.
Dagegen hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Regensburg erhoben. Auf seinen Antrag auf Begutachtung gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das Sozialgericht ein Gutachten des Orthopäden Dr. S. eingeholt. Dieser ist in seinem Gutachten vom 10. Juli 2002 zu dem Ergebnis gelangt, ein Thorakolumbalsyndrom sei bei Zustand nach LWS-Distorsion, vorbestehender Osteochondrose und Bandscheibenoperation L 3/4 rechts mit sensorischer Restparese (als Folge eines früheren Unfalls) auf das Ereignis vom 6. Dezember 2000 zurückzuführen. Die im Vordergrund stehende schmerzhafte Bewegungseinschränkung der LWS stehe auf dem Boden der fortgeschrittenen degenerativen Veränderungen sowie des Zustands nach Bandscheibenoperation (März 1999). Lediglich eine vorübergehende zusätzliche Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) aufgrund des vorübergehend verschlechterten Lumbalsyndroms stehe in ursächlichem Zusammenhang mit dem Unfallereignis. Die Schmerzen im Bereich der rechten Schulter seien auf einen chronischen Reizzustand der schulterumgreifenden Muskulatur zurückzuführen und hätten auch bei anderen Tätigkeiten oder besonderem Anlass zum Ausbruch kommen können. Die MdE betrage bis 5. Januar 2001 100 v.H., bis 5. Februar 2001 50 v.H., bis 5. März 2001 20 v.H., bis 5. April 2001 10 v.H. und anschließend bzw. ab der 27. Woche unter 10 v.H.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 16. Januar 2004 abgewiesen. Zwar nehme Dr. S. eine vorübergehende zusätzliche MdE für die Zeit vom 6. Dezember 2000 bis 5. April 2001 als durch das Ereignis verursacht an, doch bestätige er zugleich, dass das Ereignis eine bereits erheblich vorgeschädigte Wirbelsäule betraf und die mittlerweile bestehenden Beschwerden der degenerativen, teilweise auch traumatisch bedingten Vorschädigung (Unfall vom 15. September 1998) zuzuordnen seien. Diese Feststellungen ermangelten der notwendigen Gewichtung der konkurrierenden Ursachen. Inwiefern tatsächlich die auch nur als vorübergehend angesehene MdE auf das Ereignis zurückgeführt werden könne, begründe Dr. S. nicht. Vielmehr seien die langjährig bekannten degenerativen Veränderungen im Bereich der gesamten Wirbelsäule so stark gewesen, dass es in ihrer Auslösung keiner besonderen, das Maß alltäglicher Belastung überschreitender äußerer Einwirkungen bedurfte.
Dagegen hat der Kläger Berufung eingelegt und zur Begründung auf das Gutachten des Dr. S. verwiesen. Er leide unter erheblichen Wirbelsäulenbeschwerden und sei auf ständige Schmerzmitteleinnahme angewiesen. Beim Versuch, den Heizkessel festzuhalten und das Gewicht zu stabilisieren, habe er einen Riss im Rücken und in der Schulter verspürt. Auch der behandelnde Chirurg Dr. G. gehe in seiner Stellungnahme vom 10. April 2001 davon aus, dass insgesamt von einem Unfallereignis auszugehen sei. Dies sei lediglich nicht als Verhebetrauma zu bezeichnen. Das Ereignis habe eine nach Ansicht des Dr. S. bereits durch den Arbeitsunfall vom 15. September 1998 vorgeschädigte Wirbelsäule getroffen. Auf das hierzu laufende gerichtliche Verfahren werde verwiesen. Jedenfalls sei die Berufung im vorliegenden Verfahren begründet.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Regensburg vom 16. Januar 2004 sowie des Bescheides der Beklagten vom 14. Februar 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. September 2001 zu verurteilen, das Ereignis vom 6. Dezember 2000 als Arbeitsunfall anzuerkennen und entsprechend zu entschädigen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 16. Januar 2004 zurückzuweisen.
Im Übrigen wird gemäß § 136 Abs. 2 SGG auf den Inhalt der Akte der Beklagten sowie der Klage-, Berufungs- und Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 SGG), aber unbegründet.
Streitig ist das Vorliegen eines Arbeitsunfalls nach §§ 7 Abs. 1, 8 Abs. 1 des Siebten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VII), der vom Kläger in dem Ereignis vom 6. Dezember 2000 gesehen wird. Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit, § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII. Ein Unfall stellt gemäß § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis dar, das zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führt. Die Definition des Unfalls dient der Abgrenzung zu Gesundheitsschäden auf Grund von inneren Ursachen sowie zu vorsätzlichen Selbstschädigungen. Sie besagt nicht, dass es eines äußerlich sichtbaren Geschehens oder Vorgangs bedarf. Es genügt auch, wenn durch eine der versicherten Tätigkeit zuzurechnende außergewöhnliche Kraftanstrengung ein Vorgang im Körperinneren ausgelöst wird, der die gesundheitliche Schädigung bewirkt (BSG, Urteil v. 12. April 2005, Az.: B 2 U 27/04 R).
Unstreitig ist, dass der Kläger bei einer Verrichtung war, die in sachlichem Zusammenhang mit seiner versicherten Tätigkeit stand. Der Versicherte, der auf ausdrückliche oder stillschweigende Anordnung seines Arbeitgebers zur Ausübung seiner versicherten Tätigkeit eine besondere Kraftanstrengung unternimmt und - den Ursachenzusammenhang nach der Theorie der wesentlichen Bedingung unterstellt - dabei einen Gesundheitsschaden erleidet, steht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis ist deshalb zu bejahen.
Allerdings liegt kein versicherter Arbeitsunfall vor, da es an einer wesentlichen Mitursache des Unfallereignisses für die beklagten Wirbelsäulenbeschwerden im Sinne der haftungsbegründenden Kausalität fehlt. Die Gesundheitsbeeinträchtigung muss in einem notwendigen ursächlichen Zusammenhang mit der schädigenden Einwirkung stehen. Dies ist vorliegend zu verneinen. Für die haftungsbegründende Kausalität zwischen Unfallereignis und dem Erstschaden gilt die Theorie der wesentlichen Bedingung. Die Beurteilung, ob und in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch Unfallfolgen beeinträchtigt sind, liegt in erster Linie auf ärztlich-wissenschaftlichem Gebiet. Dabei ist allerdings die Beurteilung der Kausalität im Ergebnis eine Frage der richterlichen Würdigung. Verursacht sind die Gesundheitsstörungen, wenn der Unfall gegenüber sonstigen schädigungsfremden Faktoren wie z.B. Vorerkrankungen nach der medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung von überragender Bedeutung für die Entstehung der Gesundheitsstörung war oder zumindest von annähernd gleichwertiger Bedeutung (wesentliche Mitursache). Eine wesentliche Mitursache liegt dann nicht vor, wenn beim Versicherten eine Anlage so stark und leicht ansprechbar war, dass es zur Auslösung akuter Erscheinungen keiner besonderen, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern jedes andere alltäglich vorkommende ähnlich gelagerte Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinungen ausgelöst hätte.
Nach dem Ergebnis der medizinischen Sachverhaltsaufklärung lagen langjährig bekannte degenerative Veränderungen im Bereich der gesamten Wirbelsäule, speziell im LWS-Bereich, vor. Dies ergibt sich nicht nur aus dem Gutachten des Dr. T. vom 17. August 1999, das von der Beklagten im Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall vom 15. September 1998 eingeholt wurde, sondern wird nochmals durch das Gutachten des Dr. S. vom 10. Juli 2002 bestätigt. Auch Dr. S. stellte fest, dass die im Vordergrund stehende schmerzhafte Bewegungseinschränkung der LWS auf dem Boden der fortgeschrittenen degenerativen Veränderungen sowie der Bandscheibenoperation (März 1999) steht. Aus der Verwaltungsakte zum Arbeitsunfall vom September 1998, insbesondere aufgrund der bildgebenden Verfahren, sowie aus dem Durchgangsarztbericht des Dr. G. vom 8. Dezember 2000 unter Einbezug des Röntgenergebnisses ergibt sich ebenfalls, dass der Bereich der LWS zu diesem Zeitpunkt erheblich degenerativ vorgeschädigt war. Nach dem Ergebnis der medizinischen Sachverhaltsaufklärung lagen somit deutlich degenerative Veränderungen im Bereich des Segmentes L4/L5 und L5/S1 vor. Die Annahme des Dr. S. , das vorübergehend verschlechterte Lumbalsyndrom stehe in ursächlichem Zusammenhang mit dem Unfallereignis vom 6. Dezember 2000, überzeugt vor diesem Hintergrund nicht, zumal der Gutachter dies nicht näher begründet. Da bei dem Kläger eine Anlage so stark und leicht ansprechbar war, dass es zur Auslösung akuter Erscheinungen keiner besonderen, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern jedes andere alltäglich vorkommende ähnlich gelagerte Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinungen ausgelöst hätte, liegt keine wesentliche Mitursache aufgrund des Ereignisses vom 6. Dezember 2000 vor.
Dabei wird nicht angezweifelt, dass der Kläger bei dem Versuch, den Heizkessel anzuheben und das Gewicht zu stabilisieren, einen Riss im Rücken und in der Schulter verspürt hat. Insoweit besteht jedoch lediglich ein zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Ereignis und der Gesundheitsbeeinträchtigung, der allein nicht für die Gewährung von Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung ausreicht. Wie dargelegt ist entscheidend, ob das äußere Ereignis auch rechtlich eine wesentliche (Mit-)Ursache für die Gesundheitsbeeinträchtigung darstellt. Dies ist hier nicht der Fall.
Der Kläger hatte am 15. September 1998 einen anerkannten Arbeitsunfall erlitten. Der Senat hatte jedoch nicht zu prüfen, ob die Voraussetzungen einer Stützrente vorliegen, weil aus den dargelegten Gründen das Ereignis vom 6. Dezember 2000 nicht als Arbeitsunfall anzuerkennen war (BSG vom 18. März 1993 - 8 RKn U 4/92).
Die Kostenfolge stützt sich auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil Gründe nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Anerkennung des Ereignisses vom 6. Dezember 2000 als Arbeitsunfall sowie Gewährung von Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung.
Zwei Arbeitskollegen des Klägers transportierten am 6. Dezember 2000 einen Heizkessel mit einem Sackkarren über eine Kellerwendeltreppe. Als der Karren abkippte und einen Kollegen einklemmte, wollte der Kläger, der oberhalb stand, den Kessel (ca. 300 kg) von oben halten. Dabei verspürte er einen Riss im Bereich des Rückens. Der Durchgangsarzt Dr. G. (St. B.-Krankenhaus S.) diagnostizierte im Bericht vom 8. Dezember 2000 ein Verhebetrauma der unteren Lendenwirbelsäule (LWS) und eine Zerrung des musculus trapezius links. Die Röntgenaufnahme der LWS zeige deutlich degenerative Veränderungen. Er verwies ferner auf einen Arbeitsunfall aus dem Jahre 1998. Es erfolgte eine stationäre Behandlung vom 7. bis 16. Dezember 2000 im St. B.-Krankenhaus. Nach dem Bericht vom 18. Dezember 2000 bestand ein Verhebetrauma der unteren LWS und Zerrung des Musculus trapezius sowie der paravertebralen Muskulatur links.
Mit Bescheid vom 14. Februar 2001 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab. Ein Unfall habe nicht vorgelegen. Aus dem Durchgangsarztbericht ergäben sich vielmehr erhebliche degenerative Veränderungen der gesamten unteren LWS, die für die Beschwerden verantwortlich seien.
Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens holte die Beklagte einen Bericht des Dr. G. vom 10. April 2001 ein. Danach habe kein Verhebetrauma vorgelegen, da der Heizkessel von der Sackkarre gefallen war; das schnelle Eingreifen und Abstützen sei erfolglos geblieben. Der Kessel sei vom Kläger nicht getragen worden. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25. August 2001 nach Einholung einer Stellungnahme nach Aktenlage des beratenden Arztes Dr. S. zurück. Bereits im Gutachten des Prof. Dr. B./Dr. T. vom 17. August 1999 zu einem Arbeitsunfall vom 15. September 1998 sei auf langjährig bekannte degenerative Veränderungen im Bereich der gesamten Wirbelsäule, speziell im LWS-Bereich, hingewiesen worden. Das Ereignis vom 6. Dezember 2000 sei nicht geeignet gewesen, entsprechende Veränderungen hervorzurufen. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Ereignis und den bestehenden Beschwerden seitens der Wirbelsäule könne nicht anerkannt werden.
Dagegen hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Regensburg erhoben. Auf seinen Antrag auf Begutachtung gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das Sozialgericht ein Gutachten des Orthopäden Dr. S. eingeholt. Dieser ist in seinem Gutachten vom 10. Juli 2002 zu dem Ergebnis gelangt, ein Thorakolumbalsyndrom sei bei Zustand nach LWS-Distorsion, vorbestehender Osteochondrose und Bandscheibenoperation L 3/4 rechts mit sensorischer Restparese (als Folge eines früheren Unfalls) auf das Ereignis vom 6. Dezember 2000 zurückzuführen. Die im Vordergrund stehende schmerzhafte Bewegungseinschränkung der LWS stehe auf dem Boden der fortgeschrittenen degenerativen Veränderungen sowie des Zustands nach Bandscheibenoperation (März 1999). Lediglich eine vorübergehende zusätzliche Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) aufgrund des vorübergehend verschlechterten Lumbalsyndroms stehe in ursächlichem Zusammenhang mit dem Unfallereignis. Die Schmerzen im Bereich der rechten Schulter seien auf einen chronischen Reizzustand der schulterumgreifenden Muskulatur zurückzuführen und hätten auch bei anderen Tätigkeiten oder besonderem Anlass zum Ausbruch kommen können. Die MdE betrage bis 5. Januar 2001 100 v.H., bis 5. Februar 2001 50 v.H., bis 5. März 2001 20 v.H., bis 5. April 2001 10 v.H. und anschließend bzw. ab der 27. Woche unter 10 v.H.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 16. Januar 2004 abgewiesen. Zwar nehme Dr. S. eine vorübergehende zusätzliche MdE für die Zeit vom 6. Dezember 2000 bis 5. April 2001 als durch das Ereignis verursacht an, doch bestätige er zugleich, dass das Ereignis eine bereits erheblich vorgeschädigte Wirbelsäule betraf und die mittlerweile bestehenden Beschwerden der degenerativen, teilweise auch traumatisch bedingten Vorschädigung (Unfall vom 15. September 1998) zuzuordnen seien. Diese Feststellungen ermangelten der notwendigen Gewichtung der konkurrierenden Ursachen. Inwiefern tatsächlich die auch nur als vorübergehend angesehene MdE auf das Ereignis zurückgeführt werden könne, begründe Dr. S. nicht. Vielmehr seien die langjährig bekannten degenerativen Veränderungen im Bereich der gesamten Wirbelsäule so stark gewesen, dass es in ihrer Auslösung keiner besonderen, das Maß alltäglicher Belastung überschreitender äußerer Einwirkungen bedurfte.
Dagegen hat der Kläger Berufung eingelegt und zur Begründung auf das Gutachten des Dr. S. verwiesen. Er leide unter erheblichen Wirbelsäulenbeschwerden und sei auf ständige Schmerzmitteleinnahme angewiesen. Beim Versuch, den Heizkessel festzuhalten und das Gewicht zu stabilisieren, habe er einen Riss im Rücken und in der Schulter verspürt. Auch der behandelnde Chirurg Dr. G. gehe in seiner Stellungnahme vom 10. April 2001 davon aus, dass insgesamt von einem Unfallereignis auszugehen sei. Dies sei lediglich nicht als Verhebetrauma zu bezeichnen. Das Ereignis habe eine nach Ansicht des Dr. S. bereits durch den Arbeitsunfall vom 15. September 1998 vorgeschädigte Wirbelsäule getroffen. Auf das hierzu laufende gerichtliche Verfahren werde verwiesen. Jedenfalls sei die Berufung im vorliegenden Verfahren begründet.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Regensburg vom 16. Januar 2004 sowie des Bescheides der Beklagten vom 14. Februar 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. September 2001 zu verurteilen, das Ereignis vom 6. Dezember 2000 als Arbeitsunfall anzuerkennen und entsprechend zu entschädigen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 16. Januar 2004 zurückzuweisen.
Im Übrigen wird gemäß § 136 Abs. 2 SGG auf den Inhalt der Akte der Beklagten sowie der Klage-, Berufungs- und Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 SGG), aber unbegründet.
Streitig ist das Vorliegen eines Arbeitsunfalls nach §§ 7 Abs. 1, 8 Abs. 1 des Siebten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VII), der vom Kläger in dem Ereignis vom 6. Dezember 2000 gesehen wird. Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit, § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII. Ein Unfall stellt gemäß § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis dar, das zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führt. Die Definition des Unfalls dient der Abgrenzung zu Gesundheitsschäden auf Grund von inneren Ursachen sowie zu vorsätzlichen Selbstschädigungen. Sie besagt nicht, dass es eines äußerlich sichtbaren Geschehens oder Vorgangs bedarf. Es genügt auch, wenn durch eine der versicherten Tätigkeit zuzurechnende außergewöhnliche Kraftanstrengung ein Vorgang im Körperinneren ausgelöst wird, der die gesundheitliche Schädigung bewirkt (BSG, Urteil v. 12. April 2005, Az.: B 2 U 27/04 R).
Unstreitig ist, dass der Kläger bei einer Verrichtung war, die in sachlichem Zusammenhang mit seiner versicherten Tätigkeit stand. Der Versicherte, der auf ausdrückliche oder stillschweigende Anordnung seines Arbeitgebers zur Ausübung seiner versicherten Tätigkeit eine besondere Kraftanstrengung unternimmt und - den Ursachenzusammenhang nach der Theorie der wesentlichen Bedingung unterstellt - dabei einen Gesundheitsschaden erleidet, steht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis ist deshalb zu bejahen.
Allerdings liegt kein versicherter Arbeitsunfall vor, da es an einer wesentlichen Mitursache des Unfallereignisses für die beklagten Wirbelsäulenbeschwerden im Sinne der haftungsbegründenden Kausalität fehlt. Die Gesundheitsbeeinträchtigung muss in einem notwendigen ursächlichen Zusammenhang mit der schädigenden Einwirkung stehen. Dies ist vorliegend zu verneinen. Für die haftungsbegründende Kausalität zwischen Unfallereignis und dem Erstschaden gilt die Theorie der wesentlichen Bedingung. Die Beurteilung, ob und in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch Unfallfolgen beeinträchtigt sind, liegt in erster Linie auf ärztlich-wissenschaftlichem Gebiet. Dabei ist allerdings die Beurteilung der Kausalität im Ergebnis eine Frage der richterlichen Würdigung. Verursacht sind die Gesundheitsstörungen, wenn der Unfall gegenüber sonstigen schädigungsfremden Faktoren wie z.B. Vorerkrankungen nach der medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung von überragender Bedeutung für die Entstehung der Gesundheitsstörung war oder zumindest von annähernd gleichwertiger Bedeutung (wesentliche Mitursache). Eine wesentliche Mitursache liegt dann nicht vor, wenn beim Versicherten eine Anlage so stark und leicht ansprechbar war, dass es zur Auslösung akuter Erscheinungen keiner besonderen, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern jedes andere alltäglich vorkommende ähnlich gelagerte Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinungen ausgelöst hätte.
Nach dem Ergebnis der medizinischen Sachverhaltsaufklärung lagen langjährig bekannte degenerative Veränderungen im Bereich der gesamten Wirbelsäule, speziell im LWS-Bereich, vor. Dies ergibt sich nicht nur aus dem Gutachten des Dr. T. vom 17. August 1999, das von der Beklagten im Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall vom 15. September 1998 eingeholt wurde, sondern wird nochmals durch das Gutachten des Dr. S. vom 10. Juli 2002 bestätigt. Auch Dr. S. stellte fest, dass die im Vordergrund stehende schmerzhafte Bewegungseinschränkung der LWS auf dem Boden der fortgeschrittenen degenerativen Veränderungen sowie der Bandscheibenoperation (März 1999) steht. Aus der Verwaltungsakte zum Arbeitsunfall vom September 1998, insbesondere aufgrund der bildgebenden Verfahren, sowie aus dem Durchgangsarztbericht des Dr. G. vom 8. Dezember 2000 unter Einbezug des Röntgenergebnisses ergibt sich ebenfalls, dass der Bereich der LWS zu diesem Zeitpunkt erheblich degenerativ vorgeschädigt war. Nach dem Ergebnis der medizinischen Sachverhaltsaufklärung lagen somit deutlich degenerative Veränderungen im Bereich des Segmentes L4/L5 und L5/S1 vor. Die Annahme des Dr. S. , das vorübergehend verschlechterte Lumbalsyndrom stehe in ursächlichem Zusammenhang mit dem Unfallereignis vom 6. Dezember 2000, überzeugt vor diesem Hintergrund nicht, zumal der Gutachter dies nicht näher begründet. Da bei dem Kläger eine Anlage so stark und leicht ansprechbar war, dass es zur Auslösung akuter Erscheinungen keiner besonderen, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern jedes andere alltäglich vorkommende ähnlich gelagerte Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinungen ausgelöst hätte, liegt keine wesentliche Mitursache aufgrund des Ereignisses vom 6. Dezember 2000 vor.
Dabei wird nicht angezweifelt, dass der Kläger bei dem Versuch, den Heizkessel anzuheben und das Gewicht zu stabilisieren, einen Riss im Rücken und in der Schulter verspürt hat. Insoweit besteht jedoch lediglich ein zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Ereignis und der Gesundheitsbeeinträchtigung, der allein nicht für die Gewährung von Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung ausreicht. Wie dargelegt ist entscheidend, ob das äußere Ereignis auch rechtlich eine wesentliche (Mit-)Ursache für die Gesundheitsbeeinträchtigung darstellt. Dies ist hier nicht der Fall.
Der Kläger hatte am 15. September 1998 einen anerkannten Arbeitsunfall erlitten. Der Senat hatte jedoch nicht zu prüfen, ob die Voraussetzungen einer Stützrente vorliegen, weil aus den dargelegten Gründen das Ereignis vom 6. Dezember 2000 nicht als Arbeitsunfall anzuerkennen war (BSG vom 18. März 1993 - 8 RKn U 4/92).
Die Kostenfolge stützt sich auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil Gründe nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
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