Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 38 KA 1385/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 12 KA 46/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 36/06 B
Datum
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung des Beklagten und der Beigeladenen zu 1) wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 22. Januar 2003 aufgehoben und die Klage gegen den Beschluss des Beklagten vom 28. März 2000 abgewiesen.
II. Der Kläger hat dem Beklagten die Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
In diesem Rechtsstreit geht es um die Entziehung einer vertragsärztlichen Zulassung.
Der 1953 geborene Kläger ist als Chirurg zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Im Mai 1995 eröffnete er in Praxisgemeinschaft mit dem Anästhesisten Dr.J. H. in M. eine chirurgische Tagesklinik ("O.klinik"). Zu diesem Zweck haben die genannten Ärzte eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts gegründet. Im Gesellschaftsvertrag vom 24. November 1994 wird der Kläger als "Dr." C. H. bezeichnet und unterschreibt auch mit diesem Titel. In § 4 Satz 2 des Vertrages heißt es wörtlich: "Leistung der postoperativen Überwachung werden ausschließlich vom Anästhesisten abgerechnet." Am 26. Juni 1997 trat der Chirurg Dr.R. in den Vertrag ein in Gemeinschaftspraxis mit dem Kläger. Die Gemeinschaftspraxis bestand bis zum 31. Oktober 2002. In den vom Kläger unterschriebenen Sammelerklärungen der Quartalsabrechnungen 1/96 bis 2/98 findet sich folgender Passus: "Falls ich Leistungen nach Nummern 63 bis 69 EBM abgerechnet habe und an der Beobachtung und Betreuung mehrere Ärzte teilgenommen haben, erkläre ich hiermit, dass ich mit den anderen Ärzten eine Vereinbarung getroffen habe, wonach nur ich allein in den jeweiligen Fällen diese Leistung abrechne."
Das Amtsgericht M. verurteilte den Kläger mit Urteil vom 15. April 1998 (Az.: Cs 230 Js 2190/98) wegen Titelmissbrauchs - unbefugten Führens des akademischen Grades "Doktor" - zu einer Geldstrafe. Der Ärztliche Kreisverband nahm dies zum Anlass, ein berufsgerichtliches Verfahren gegen den Kläger zu beantragen, das mit Urteil des Berufsgerichts für die Heilberufe beim Oberlandesgericht München vom 8. Juli 1998 endete, mit dem gegen den Kläger eine Geldstrafe von 20.000,00 DM verhängt wurde. Aus dem Urteil geht hervor, dass der Kläger den Doktortitel mindestens seit September 1990 bis 8. Juli 1998 unbefugt geführt hat. Am 5. Februar 1999 erging ein Strafbefehl des Amtsgerichts M. , mit dem eine Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten auf Bewährung ausgesprochen wurde wegen weiteren Führens des Doktortitels bis mindestens 5. Dezember 1998 in Tatmehrheit mit neun Fällen des vollendeten Betrugs und einem Fall des versuchten Betrugs durch unberechtigte Abrechnung der EBM-Nummern 63 bis 69 (ambulante postoperative und tagesklinische Betreuung je nach Dauer 900 bis 2.500 Punkte) in den Quartalen 1/96 bis 2/98. Den gegen diesen Strafbefehl zunächst erhobenen Einspruch hat der Kläger nach Anberaumung der Hauptverhandlung zurückgenommen.
Die Beigeladene zu 1) hat daraufhin mit Schriftsatz vom 27. April 1999 beim Zulassungsausschuss die Entziehung der Zulassung beantragt. Eine interne Prüfung habe ergeben, dass der Kläger über einen längeren Zeitraum (1/96 bis 2/98) eine Reihe von Abrechnungspositionen in betrügerischer Absicht abgerechnet habe. Die Beigeladene verweist auf den Strafbefehl vom 5. Februar 1999 und führte weiter aus, von der durch den Kläger zu tragenden Schadenssumme in Höhe von 34.933,10 DM habe er bisher erst eine Rate in Höhe von 11.644,37 DM zurückbezahlt, zwischenzeitlich sei die Zwangsvollstreckung beantragt worden. Der Kläger habe durch seine über Jahre fortgesetzte unrichtige Abrechnung von Leistungen und durch seine mangelnde Bereitschaft der Schadenswiedergutmachung in so gröblicher Weise gegen sei- ne vertragsärztlichen Pflichten verstoßen, dass eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen ihm und der Beigeladenen zu 1) nicht mehr möglich sei. Der Zulassungsausschuss gab dem Antrag statt und entzog in seiner Sitzung vom 2. Juni 1999 (Bescheid vom 16. Juni 1999) dem Kläger die Zulassung gemäß § 27 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV)i.V.m. § 95 Abs.6 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), wobei er sich in der Begründung im Wesentlichen dem Antrag der Beigeladenen zu 1) anschloss.
Dagegen hat der Kläger Widerspruch eingelegt mit der Begründung, er sei in der Zeit vom ersten Quartal 1996 bis zum zweiten Quartal 1998 davon ausgegangen, dass die jeweiligen Leistungen der Ziffern 63 bis 69 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM), die von ihm erbracht worden seien, auch ordnungs gemäß von ihm abgerechnet werden könnten. Ihm sei nicht bekannt gewesen, dass der Anästhesist Dr.H. diese Ziffern in den streitigen Fällen ebenfalls abgerechnet habe. Dr.H. berufe sich zu seiner Rechtfertigung auf den Gesellschaftsvertrag. Es habe allerdings interne Uneinigkeit zwischen den Gesellschaftern bestanden, zumal der Kläger für die Inanspruchnahme der Tagesklinik im erheblichen Umfang Kostenerstattungen an den Anästhesisten zu leisten hatte. Er sei davon ausgegangen, dass er diese Ziffern in den festgestellten Fällen jeweils allein abgerechnet hätte. Diese Vorgänge rechtfertigten nicht die Zulassungsentziehung. Der Kläger habe nicht etwa nicht erbrachte Leistungen abgerechnet, sondern lediglich Leistungen, die er selbst erbracht habe, die jedoch von dem Anästhesisten ebenfalls abgerechnet worden seien. Damit liege bei ihm kein Abrechnungsbetrug im rechtstechnischen Sinne vor und damit auch keine vorsätzliche gröbliche Verletzung vertragsärztlicher Pflichten. Zu berücksichtigen sei ferner, dass er von sich aus zur rückhaltlosen Aufklärung der Angelegenheit beigetragen habe und insbesondere den rechnerischen Schaden vollständig begli- chen habe.
Der Berufungsausschuss hat am 28. März 2000 den Widerspruch des Klägers zurückgewiesen (Bescheid vom 4. Mai 2000). Das betrüge- rische Abrechnungsverhalten des Klägers habe die gesetzliche Ordnung der vertragsärztlichen Versorgung im erheblichen Maße verletzt und das Vertrauensverhältnis zur Kassenärztlichen Vereinigung und zu den Krankenkassen und den Versicherten tiefgreifend und nachhaltig gestört. Der Kläger sei deshalb für die weitere Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ungeeignet. Schon kurz nach der Aufnahme seiner vertragsärztlichen Tätigkeit 1995 sei es ab dem Quartal 1/96 zu betrügerischen Abrechnungen gekommen, die sich über zehn Quartale hingezogen hätten. Der Ausschuss stütze sich insoweit auf die rechtskräftigen Feststellungen des Strafbefehls vom 5. Februar 1999, die auch für das Zulassungsentziehungsverfahren bindend seien. Ein- wendungen gegen die Rechtmäßigkeit des Strafbefehls hätte der Kläger im strafrechtlichen Rechtsmittelverfahren geltend machen müssen. Mit seinem Vorbringen, er habe den Strafbefehl akzeptiert, um öffentliches Aufsehen zu vermeiden, und dem Bestreiten seiner Verantwortlichkeit für die Falschabrechnung könne er nicht mehr gehört werden. Das Abrechnungsverhalten des Klägers lasse ihn für die weitere Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung als ungeeignet erscheinen. Auch sein sonstiges Verhalten habe das notwendige Vertrauensverhältnis untergraben. Wenn schon ein rechtswidriger Schaden verursacht worden sei, müsse erwartet werden, dass dieser freiwillig und unverzüglich ersetzt werde. Der Kläger habe von der Schadenssumme nur etwa ein Drittel in Raten zurückbezahlt und den Rest erst, nachdem Zwangsvollstreckung beantragt worden war. Auch der Missbrauch des akademischen Grades mindestens seit 1990 beeinträchtige das Vertrauensverhältnis. 1996 habe der Kläger eine gefälschte Promotionsurkunde vorgelegt, um sich einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Das Berufsgericht habe diesbezüglich in seinem Urteil vom 8. Juli 1998 eine erhebliche kriminelle Energie angenommen. Gleichwohl habe der Kläger den Doktortitel zu Unrecht weitergeführt, so dass es 1999 zu einer nochmaligen strafrecht- lichen und berufsrechtlichen Ahndung gekommen sei. Der Kläger habe bis unmittelbar vor der Verhandlung des Berufsgerichts am 12. Mai 1999 den Doktortitel zu Unrecht weiter geführt, was auf eine erhebliche rechtsfeindliche Einstellung schließen lasse. In diesem Zusammenhang sei auch bezeichnend, dass er ebenso wie bei der Schadenswidergutmachung gegenüber der Beigeladenen zu 1) auch gegenüber dem Berufsgericht seine Zahlungsverpflichtungen nicht eingehalten habe. Ein gesetzestreues Verhalten habe er also bis in die jüngste Vergangenheit hinein nicht gezeigt. Es sei davon auszugehen, dass er sich im vertragsärztlichen System nicht gesetzes- und vertragstreu verhalten werde.
Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht München (SG) erhoben. Im Zuge des Klageverfahrens wurden erhebliche Querelen innerhalb der O.klinik insbesondere zwischen dem Kläger und Dr.H. aber auch Dr.R. vorgetragen. Dr.H. habe dem Kläger zum 7. September 2001 die Zusammenarbeit aufgekündigt. Seitdem könne dieser nur noch Bagatelleeingriffe durchführen, was bei ihm auf lange Sicht zu einem empfindlichen wirtschaftlichen Schaden führen werde. In der Sitzung der 38. Kammer des SG am 22. Januar 2003 hat der Kläger ausweislich der Sitzungsniederschrift auf Vorhalt des Vorsitzenden zu § 4 Ziffer 4 des Gesellschaftsvertrags ausgeführt, zum Zeitpunkt des Abschlusses des Gesellschaftsvertrages hätten die jetzt strittigen Abrechnungsziffern 63 bis 69 EBM, ambulante postoperative Tagesklinik, nicht exsistiert; sie seien erst mit dem EBM-Ä 6 eingeführt worden. Der Gesellschaftsvertrag weise insofern eine Regelungslücke auf.
Das SG hat mit Urteil vom gleichen Tag den Bescheid des Zulas- sungsausschusses vom 16. Juni 1999 in der Fassung des Bescheides des Beklagten vom 4. Mai 2000 aufgehoben. Zur Begründung führt es aus, der Beklagte stütze den Entzug der Zulassung im Wesentlichen auf die im Strafbefehl getroffenen Feststellungen, insbesondere auf den Vorwurf des Abrechnungsbetruges in neun Fällen und einen Fall des versuchten Abrechnungsbetruges. Er übernehme dabei die rechtskräftigen Feststellungen des Strafbefehls. Ohne Frage rechtfertige ein Abrechnungsbetrug, noch dazu in einem Umfang, wie er dem Kläger vorgeworfen werde, den Entzug der Zulassung. Zu bedenken sei jedoch, dass dieser nicht in einem Strafurteil, sondern in einem Strafbefehl festgestellt worden sei. Beim Strafbefehl handle es sich um ein summarisches Verfahren, das vornehmlich der Vereinfachung und Beschleunigung diene, und das deshalb regelmäßig nicht dasselbe Maß an Ergebnissicherheit bieten könne wie ein Urteil (BVerwG, Urteil vom 8. Juni 2000, Az.: 2 C 20/99). In einem (beamtenrechtlichen) Disziplinarverfahren könne deshalb ein Strafbefehl keine Bindungswirkung erzeugen. Es sei jedoch anerkannt, dass ansonsten der Strafbefehl gemäß § 410 Abs.3 Strafprozessordnung (StPO) die Wirkung eines rechtskräftigen Strafurteils erlangen könne. Deshalb gehe die obergerichtliche Rechtsprechung auch von einer Feststellungs- und Bindungswirkung für andere behördlichen und gerichtlichen Beurteilungen aus, soweit sich nicht gewichtige Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit solcher Feststellungen ergäben (BVerwG vom 26. September 2002, Az.: 3 C 37/01). Nach der Auffassung des Gerichts lägen hier gewichtige Anhaltspunkte dafür vor, dass die im rechtskräftigen Strafbefehl getroffenen Feststellungen nicht richtig seien. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses im November 1994 habe der damals geltende EBM noch keine Abrechnungsziffern für ambulante postoperative und tagesklinische Betreuungsleistungen nach Ziffern 63 bis 69 vorgesehen, deren Abrechnung dem Kläger im Strafbefehl vorgeworfen worden sei. Diese Ziffern hätten deshalb zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch gar nicht Vertragsgegenstand sein können, wenn unter § 4 Ziffer 4 des Gesellschaftsvertrages vereinbart worden sei, dass Leistungen der postoperativen Überwachung ausschließlich vom Anästhesisten abgerechnet würden. Eine Rechtsklarheit, wie sie die Staatsanwaltschaft angenommen habe, bestehe nach der Auffassung des Gerichts nicht. Vielmehr gebe es eine Regelungslücke im Vertrag mit der Folge, dass dieser nach dem 1. Januar 1996 hätte angepasst werden müssen, was aber nicht geschehen sei. Im Hinblick auf die bestehenden Unklarheiten sei es nachvollziehbar, dass sich der Kläger berechtigt geglaubt habe, die Nummern 63 bis 69 EBM in Abrechnung zu bringen. Das Gericht sei daher der Auffassung, dass der subjektive Tatbestand des § 263 Strafgesetzbuch (StGB), nämlich Vorsatz und Bereicherungsabsicht, nicht gegeben sei. Der Berufungsausschuss hätte eigene Ermittlungen anstellen müssen, anstatt sich lediglich auf die rechtskräftigen Feststellungen im Strafbefehl zu beziehen. Hinzukomme, dass zumindest für die Quartale ab 3/1997 ein weiterer Chirurg in der ab diesem Zeitpunkt bestehenden Gemeinschaftspraxis tätig war, so dass theoretisch auch diesem ab 3/1997 die Gebührenordnungspositionen 63 bis 69 zurechenbar wären. Die weiteren Gründe des Berufungsausschusses, nämlich der wiederholte Titelmissbrauch und die säumige Schadenswidergutmachung genügten nach der Auffassung des Gerichts nicht, um den Kläger als ungeeignet zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zu beurteilen. Es könne sein, dass noch vor 20 Jahren mit dem Führen eines Doktortitels in der Öffentlichkeit der Anschein besonderer Sachkenntnis verbunden war. Das Gericht sei jedoch der Auffassung, dass hier ein Anschauungswandel eingetreten sei, so dass der vom Berufungsausschuss behauptete Wettbewerbsvorteil durch das Führen des Doktortitels nicht mehr bestehe. Fraglich sei, ob hier ein Zusammenhang mit der vertragsärztlichen Tätigkeit überhaupt bestehe. Letzteres gelte auch für die Behauptung, der Kläger habe nur äußerst säumig und schleppend den Schaden wieder gutgemacht.
Gegen das Urteil haben der Beklagte und die Beigeladene zu 1) Berufung eingelegt. Die Beigeladene zu 1) hat ausgeführt, die Auffassung des SG, wonach die Feststellungen des Strafbefehls nicht bindend seien, sei nicht richtig. Gemäß § 410 Abs.3 StPO stehe ein Strafbefehl einem rechtskräftigen Urteil gleich. Ein- wendungen gegen die Rechtmäßigkeit des Strafbefehls hätten mittels des Einspruchsverfahrens geltend gemacht werden können und müssen. Da der Kläger dies nicht getan habe, müsse er die im Strafbefehl getroffenen Feststellungen, die den Tatbestand der gröblichen Pflichtverletzung auch nach Auffassung des SG erfüllten, gegen sich gelten lassen. Es gebe keine gewichtigen Anhaltpunkte für die Unrichtigkeit des Strafbefehls. Zwar habe es die Nummern 63 bis 69 EBM, deren Abrechnung dem Kläger zu Last gelegt werde, zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses im November 1994 noch nicht gegeben. Eine vom Gericht angenommene Rechtsunklarheit über deren Abrechenbarkeit habe jedoch nicht bestanden, da die Abrechnung dieses Leistungskomplexes in § 4 des Gesellschaftsvertrages eindeutig dem Anästhesisten vorbe- halten war. Sofern der Kläger dennoch im Zweifel gewesen wäre, wer berechtigt wäre, diese Leistungen abzurechnen, hätte er sich mit seinen Gesellschaftspartnern darüber verständigen und einigen müssen. Keinesfalls habe er eine etwaige Unsicherheit in der Weise lösen dürfen, dass er diese Leistung zusätzlich zum Anästhesisten abrechnete, zumal er sie gar nicht selbst erbracht habe. Erst recht hätte der Kläger nicht die Erklärung abgeben dürfen, mit anderen Ärzten eine Vereinbarung getroffen zu haben, wonach nur er diese Leistung bei Mitwirkung von meh- reren Ärzten abrechne. Denn in § 4 des Gesellschaftsvertrages sei genau das Gegenteil fixiert gewesen. Der Beklagte habe den Titelmissbrauch nicht so sehr wegen des dadurch eingetretenen Wettbewerbsvorteils - wenngleich der Doktortitel entgegen der Einschätzung des SG nach wie vor in den Augen der Öffentlichkeit viel gelte - zur Begründung der groben Pflichtverletzung herangezogen, sondern vielmehr weil es sich nicht mit der von einem Vertragsarzt zu fordernden Redlichkeit vertrage, wenn er die Öffentlichkeit über einen tatsächlich nicht vorhandenen Doktortitel täusche, und dazu sogar eine gefälschte Promotionsurkunde verwende. Diese Vorgehensweise lasse auf eine rechtsfeindliche Einstellung schließen, zumal vor dem Hintergrund, dass der Kläger sich auch durch eine berufsgerichtliche Verurteilung nicht davon habe abhalten lassen, den akademischen Grad "Dr. med." weiter zu führen. Auch die erst nach Einleitung der Zwangsvollstreckung erfolgte Rückzahlung des zu Unrecht erhaltenen Honorars spreche für Uneinsichtigkeit und nicht für Besserungswillen.
Die Beigeladenen zu 1), 2), 4), 5), 6) und 7) beantragen, das Urteil des Sozialgerichts München vom 22. Januar 2003 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er beruft sich auf die Gründe des Urteils des SG und führt darüber hinaus aus, vor Erlass des Strafbefehls seien weder der Kläger gehört worden noch Zeugen vernommen worden. Der Kläger sei davon ausgegangen, dass er zur Abrechnung der Nummern 63 bis 69 EBM berechtigt war. Ihm sei nicht bekannt gewesen, dass der Anästhesist Dr.H. , der später gegen ihn Strafanzeige erstattet habe, diese Ziffern in den streitigen Fällen ebenfalls selbst abgerechnet habe. Bei Abschluss des Partnerschaftsvertrages im Jahr 1994 habe es die Abrechnungsziffern 63 bis 69 EBM überhaupt noch nicht gegeben. Der Kläger habe die Leistungen tatsächlich erbracht. Es fehle daher am Tatbestandsmerkmal der Täuschungshandlung. Dass eine Täuschung nicht vorliege, ergebe sich auch aus einem Schreiben der Beigeladenen zu 1) vom 31. März 1998, in dem diese dem Kläger und Dr.R. mitgeteilt habe, dass die von der Gemeinschaftspraxis H./Dr.R. abgerechneten Leistungen nach EBM-Nummern 63, 64 und 65 nicht vergütet werden könnten, da sie vom Anästhesisten erbracht worden seien. Damals habe die Beigeladene zu 1) keine Veranlassung für eine Strafanzeige wegen Betruges gesehen, weil sie offenbar nur von einem Abrechnungsfehler ausgegangen sei. Zu dem Strafverfahren gegen den Kläger sei es erst nach einem Zerwürfnis zwischen ihm und Dr.H. gekommen. Dieser habe anscheinend aus Rache Strafanzeige gegen den Kläger gestellt. Konsequenterweise hätte nämlich auch ein Strafverfahren gegen Dr.R. eingeleitet werden müssen. Zur Verurteilung im Strafbefehl des Amtsgerichts M. vom 5. Februar 1999 sei es deshalb gekommen, weil der Kläger auf Anraten seiner damaligen Anwälte keinen Einspruch gegen den Strafbefehl eingelegt habe, obwohl es vermutlich bei einer Hauptverhandlung zu keiner Verurteilung wegen Betrugs gekommen wäre, da es an einer Täuschungshandlung, am Irrtum und auch am Vorsatz fehlte. Der Strafbefehl sei akzeptiert worden, um eine öffentliche Verhandlung zu vermeiden ggf. mit negativer Presse für die O.klinik. Im Übrigen sei bei der Entziehung der Zulassung auch das Zeitmoment zu berücksichtigen. Seit der Verurteilung des Klägers im Strafbefehl seien mittlerweile sieben Jahre vergangen. Eine Anfrage des Bayerischen Landessozialgerichts bei der Beigeladenen zu 1) habe ergeben, dass es bei den Abrechungen des Klägers seit dieser Zeit allenfalls zu geringen Beanstandungen im Rahmen des Üblichen gekommen sei. Unter diesen Umständen sei eine Entziehung der Zulassung nicht mehr zu rechtfertigen.
Dem Senat liegen die Akten des Zulassungsausschusses, des Berufungsausschusses, des SG München mit dem Az.: S 38 KA 1385/00, des Berufsgerichts für Heilberufe beim OLG München mit dem Az.: BG-Ä 5/1998 und die Akte der Staatsanwaltschaft beim Landgericht T. mit dem Az.: 201 Js 21085/98a vor, auf deren Inhalt ergänzend Bezug genommen wird.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaften, form- und fristgerecht (§ 151 Abs.1 SGG) eingelegten Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen zu 1) sind zulässig und begründet.
Der beklagte Berufungsausschuss, dessen Entscheidung allein Ge- genstand der gerichtlichen Überprüfung ist (vgl. BSG, SozR 3-2500 § 96 Nr.1) hat den Widerspruch des Klägers gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses vom 2./16. Juni 1999, mit dem diesem die vertragsärztliche Zulassung entzogen wurde, zu Recht zurückgewiesen. Nach § 95 Abs.6 SGB V ist einem Vertragsarzt die Zulassung zu entziehen, wenn er seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt. Eine Pflichtverletzung ist gröblich, wenn sie so schwer wiegt, dass ihretwegen die Entziehung zur Sicherung der vertragsärztlichen Versorgung notwendig ist. Davon ist auszugehen, wenn durch das Verhalten des Vertragsarztes das Vertrauen der vertragsärztlichen Institutionen in die ordnungsgemäße Behandlung der Versicherten und in die Rechtmäßigkeit der Abrechnung so gestört ist, dass ihnen eine weitere Zusammenarbeit mit dem Vertragsarzt nicht mehr zugemutet werden kann (BSG in SozR 2200 § 368a Nr.24 S.82; SozR 3-2500 § 95 Nr.4 S.12; 4/2500 § 95 Nr.9; BVerwGE 96, 243, 244 = SozR 2200 § 368a Nr.12 S.30). Insbesondere können wiederholte unkorrekte Abrechnungen die Entziehung der Zulassung rechtfertigen (vgl. BSG in SozR 3-2500 § 95 Nr.4 S.18; SozR 4-2500 § 95 Nr.9 Rdnr.17). Für den Tatbestand einer gröblichen Pflichtverletzung im Sinne von § 95 Abs.6 SGB V ist nicht erforderlich, dass den Vertragsarzt ein Verschulden trifft; auch unverschuldetes Fehlverhalten kann zur Zulassungsentziehung führen (BSG in SozR 2200 § 368a Nr.24; SozR 4-2500 § 95 Nr.9 Rdnr.17; BVerfGE 69, 233, 244).
Im vorliegenden Fall werden dem Kläger im Wesentlichen drei Komplexe zu Last gelegt: 1. wiederholte Falschabrechnung der EBM-Nummern 63 bis 69 in den Quartalen 1/96 bis 2/98, 2. unbefugtes Führen des Doktortitels nach Vorlage einer ge- fälschten Promotionsurkunde, 3. zögerliche Rückzahlung des festgestellten Schadens erst nach Zwangsvollstreckung.
Zu 1.
Die Nummern 63 bis 69 EBM finden sich im Kapitel B IV. unter der Überschrift "Ambulante postoperative und tagesklinische Betreuung". Danach werden die Beobachtung und Betreuung eines Kranken während der Aufwach- und/oder Erholungszeit bis zum Eintritt der Transportfähigkeit, - nach zuschlagsberechtigten Operationen (Nr.81 bis 87, 188, 198) oder bei Eingriffen nach Nummern 96 bis 98 bei Durchführung unter zuschlagsberechtigten ambulanten Anästhesi en/Narkosen (Nr.90, 186, 194) - unter Schmerztherapie nach Nr.443 oder 449 - nach PTCA nach Nr.645 - nach ESWL nach Nr.1860 oder Beobachtung und Betreuung eines Kranken mit konsumierender Erkrankung (z.B. inkurables Malignom, AIDS) in der Praxis unter parenteraler Behandlung mittels Kathetersystem (peridural, zentralnervös, arteriell, Port) mehr als zwei Stunden (Nr.63) mit 900 Punkten, mehr als vier Stunden (Nr.64) mit 1.400 Punkten, mehr als sechs Stunden (Nr.65) mit 1.900 Punkten sowie mehr als zwölf Stunden (Nr.66) mit 2.500 Punkten vergütet. Die Nummern 67 bis 69 betreffen die enterale Ernährung eines kachektischen Patienten mit konsumierender Erkrankung (z.B. inkurables Malignom, AIDS) in einer tagesklinischen Einrichtung über eine Magensonde oder Gastrostomie (PEG), die bei einer Dauer von mehr als zwei Stunden mit 600 Punkten, mehr als vier Stunden mit 1.000 Punkten und mehr als sechs Stunden mit 1.400 Punkten vergütet werden.
Der Kläger betrieb in der entscheidungserheblichen Zeit vom ersten Quartal 1996 bis zweiten Quartal 1998 in T. eine chirurgische Tagesklinik zusammen mit dem Anästhesisten Dr.H. (in Praxisgemeinschaft) und (ab dem dritten Quartal 1997) dem Chirurgen Dr.R. , mit dem er bis Oktober 2002 eine Gemeinschaftspraxis bildete. Damit waren die vorgenannten EBM-Nummern grundsätzlich abrechenbar. Wenn wie im vorliegenden Fall eine Tagesklinik von mehreren Ärzten gemeinsam betrieben wird, ist es für die Abrechnung der EBM-Nummern 63 bis 69 unerheblich, wer von diesen Ärzten die Überwachung vornimmt. In der Regel wird dies nach der Kenntnis des fachkundigen Senats Sache des Anästhesisten sein. Im vorliegenden Fall hat der Kläger behauptet, er habe die Leistungen erbracht. Andererseits hat Dr.H. gegenüber der Staatsanwaltschaft angegeben, die Leistungen könnten nur in den zu seiner Anästhesiepraxis gehörenden Aufwachräumen angemessen erbracht werden. Davon geht auch die Beigeladene zu 1) aus. Letztlich kann dies dahingestellt bleiben, denn entscheidend ist, dass im Behandlungszusammenhang nur einer der an der Leistungserbringung (Operation, Narkose usw.) beteiligten Ärzte die für eine anschließende Beobachtung und Betreuung zeitbezogen bewerteten Nummern 63 bis 69 berechnen darf (vgl. Kölner Kommentar zum EBM, 2. Auflage, Nummern 67 bis 69 Anm.1, S.220). Um dies sicherzustellen, haben die Parteien der Bundesmantelverträge, und damit auch des EBM, eine verbindliche Abrechnungsbestimmung geschaffen. Danach muss, wenn an der Erbringung der Leistungen, die nachfolgend eine Be- obachtung und Betreuung nach Nummern 63 bis 69 erforderlich machen, oder an der Beobachtung und Betreuung selbst mehrere Ärzte mitgewirkt haben, der die Leistungen abrechnende Arzt in einer der Quartalsabrechnung beizufügenden und von ihm unterzeichneten Erklärung bestätigen, dass er mit den anderen Ärzten eine Vereinbarung darüber getroffen hat, wonach nur er allein in den jeweiligen Fällen diese Leistung abrechnet. Eine solche Erklärung hat der Kläger in den streitgegenständlichen Quartalen jeweils unterschrieben. Diese Erklärungen waren jedoch falsch.
Der Anästhesist Dr.H. und der Kläger hatten nämlich mit Vertrag vom 24. November 1994 eine Gesellschaft des bürgerli- chen Rechts zum Zweck des Betriebs einer gemeinsamen Tageskli- nik gegründet. In § 4 Nr.4 dieses Vertrages war ausdrücklich geregelt, dass Leistungen der postoperativen Überwachung aus- schließlich vom Anästhesisten abgerechnet werden. Die Betreiber der Tagesklinik hatten also gerade nicht vereinbart, dass der Kläger die Leistungen der postoperativen Betreuung abrechnen sollte, wie er in seinen Sammelerklärungen angegeben hat. Der Kläger hat nicht nur diese inhaltlich falsche Erklärung abgege ben, sondern darüber hinaus auch die entsprechenden Ziffern - neben Dr.H. - ein weiteres Mal abgerechnet. Die Leistungen wurden auf seine Abrechnung hin auch von der Beigeladenen zu 1) vergütet. Mit diesem Verhalten hat der Kläger über einen länge- ren Zeitraum hinweg (zehn Quartale) gegen seine vertragsärztliche Pflicht zur peinlich genauen Abrechnung verstoßen. Allein dies rechtfertigt die Zulassungsentziehung (vgl. BSG vom 24.11.1993, Az.: 6 RKa 70/91 = SozR 3-2500 § 96 SGB V Nr.4).
Dieser Tatbestand steht nach den vorliegenden Unterlagen und auch nach dem eigenen Vorbringen des Klägers fest, so dass nicht verständlich ist, wie das SG zu dem Ergebnis kommen konn- te, der Beklagte hätte insoweit weitere Ermittlungen anstellen müssen. Aufgrund dieses Tatbestandes hat der Kläger zudem einen Strafbefehl wegen neunfachen Betruges (Quartale 1/96 bis 1/98) und versuchten Betruges (2/98) erhalten, der durch Rücknahme des zunächst erhobenen Einspruches rechtskräftig geworden ist und gemäß § 410 Abs.3 StPO einem Strafurteil gleichsteht. Die nunmehr vom Klägerbevollmächtigten vorgebrachten Einwendungen gegen den Strafbefehl, insbesondere die Behauptung, es fehle am erforderlichen Vorsatz des Klägers sowie am Irrtum auf Seiten der Beigeladenen zu 1), hätten im Einspruchsverfahren geltend gemacht werden müssen. Sie sind darüber hinaus von der Sache her nicht überzeugend. Wenn von Seiten des Klägerbevollmächtigten auf den Bescheid der Beigeladenen zu 1) vom 31. März 1998 verwiesen wird, mit dem die Nummern 63 bis 66 EBM in einer Vielzahl von Fällen im Wege der sachlich-rechnerischen Berichtigung für das Quartal 4/97 beanstandet wurden, dann ergibt sich daraus keinesfalls, dass der Beigeladenen zu 1) die Falschabrechnung bei Zahlung der Honorare bekannt gewesen wäre. Vielmehr folgt daraus nur, dass sie im März 1998 erstmals die unberechtigte Abrechnung bemerkt hat, während bis dahin die Leistungen unbeanstandet vergütet worden waren. Hier ist zu berücksichtigen, dass zwischen dem Kläger und Dr. H. nur eine Praxisgemeinschaft bestand, mit der Folge getrennter Abrechnungen.
Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass es bei Abschluss des Gesellschaftsvertrages die zu Unrecht abgerechneten Gebührenordnungsnummern 63 bis 69 des erst am 1. Januar 1996 in Kraft getretenen EBM 6 noch nicht gegeben habe. Denn zum einen gab es auch vor dem 1. Januar 1996 im EBM Gebührenordnungsziffern (Nrn.93, 94), nach denen die postoperative Betreuung gestaffelt nach der Zeitdauer vergütet wurde. Die damalige Regelung ist sogar weitgehend wörtlich identisch mit der des EBM 6. Auch dort ging es um die Beobachtung und Be- treuung eines Kranken während der Aufwachphase und/oder Erholungszeit bis zum Eintritt der Transportfähigkeit nach ambulanten operativen Eingriffen bei Durchführung unter Anästhesie. Außerdem nimmt § 4 Abs.4 Satz 2 des Gesellschaftsvertrages nicht auf bestimmte Gebührenordnungsnummern Bezug, sondern betrifft ganz allgemein die postoperative Überwachung in dem Sinne, dass diese Leistungen nicht vom Kläger, sondern vom Anästhesisten abzurechnen waren. Selbst wenn es zwischen den Partnern des Gesellschaftsvertrages Meinungsverschiedenheiten bzw. Streit darüber gegeben haben sollte, wem diese Leistungen zustanden, wie der Vertrag zu verstehen sei, oder ob er ggf. zu ändern oder zu beenden sei, hätte der Kläger keinesfalls diese Leistungen gegenüber der Beigeladenen zu 1) einfach abrechnen dürfen, ohne dass vorher eine Regelung dieser Frage mit seinem Partner zu Stande gekommen wäre und vor allem ohne sicherzustellen, dass nicht auch Dr.H. diese Leistungen abrechnete.
Auf jeden Fall waren die vom Kläger bei seinen Abrechnung der Quartale 1/96 bis 2/98 unterschriebene Erklärungen, wonach er mit seinen Partnern eine Vereinbarung getroffen habe, dass nur er allein die Leistungen nach EBM-Nrn. 63 bis 69 abrechne, auch nach seinem eigenen Vorbringen ganz offensichtlich falsch, denn danach gab es hierüber Meinungsverschiedenheiten. Eine Vereinbarung im Sinne des Klägers hatten die Vertragsparteien nach dessen eigenen Vortrag gerade nicht getroffen. Auf die vom SG in den Mittelpunkt seiner Entscheidung gestellte Frage des Umfangs der Ergebnissicherheit eines Strafbefehls kommt es bei dieser Sachlage nicht an, denn die entscheidenden Fakten sind zwischen den Beteiligten unstreitig. Auch wenn der Kläger der Meinung gewesen sein sollte, dass von Rechts wegen entgegen der vertraglichen Regelung er und nicht Dr.H. berechtigt sein sollte, die Leistungen nach EBM-Nummern 63 ff. abzurechnen, und wenn er darüber hinaus nicht gewusst haben sollte, dass Dr.H. diese Leistungen abrechnete, ist ihm doch der Vorwurf zu machen, dass seine Bekräftigung, mit diesem eine Vereinbarung dieses Inhalts getroffen zu haben, in der Abrechnungssammelerklärung falsch war. Damit steht fest, dass der Kläger seine vertragsärztliche Pflicht zur peinlich genauen Abrechnung über mindestens zehn Quartale hinweg verletzt hat, dadurch Honorare erhalten hat, auf die er keinen Anspruch hatte, und dadurch einen nicht unerheblichen Schaden bei der Beigeladenen zu 1) hervorgerufen hat.
Zu 2.
Als weitere gröbliche Pflichtverletzung ist zu bewerten, dass der Kläger über Jahre hinweg zu Unrecht den Doktortitel geführt hat, insbesondere auch gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung, den Zulassungsinstanzen und den Krankenkassen. Das steht auf Grund des rechtskräftigen Urteils des Amtsgerichts M. vom 15. April 1998 (Az.: Cs 230 Js 2190/98), mit dem der Kläger wegen Urkundenfälschung in Tatmehrheit mit Titelmissbrauch zu 160 Tagessätzen verurteilt wurde, auf Grund des schon wiederholt genannten rechtskräftigen Strafbefehls vom 5. Februar 1999 (Az.: Cs 201 Js 21085) und des Urteils des Berufsgerichts für die Heilberufe beim Oberlandesgericht München vom 8. Juli 1998 (Az.: BG - Ä 5/98) fest, und wird vom Kläger auch nicht bestritten. In den vom Senat beigezogenen Akten der Staatsanwaltschaft findet sich die Kopie einer erkennbar gefälschten Promotionsurkunde, in die handschriftlich an Stelle des ursprünglichen Namens der Name des Klägers eingefügt war. Dieses strafrechtlich und berufsrechtlich relevante Verhalten des Klägers ist auch für die Eignung als Vertragsarzt nicht ohne Bedeutung. Denn das ärztliche Standesrecht gilt auch für die ärztliche Berufsausübung im Gewande der vertragsärztlichen Tätigkeit. Die Grenzen des Strafrechts gelten in allen Lebensbereichen. Von besonderem Gewicht ist dabei für den Senat, dass der Kläger auch noch nach der ersten strafrechtlichen Verurteilung und der Entscheidung des Berufsgerichts weiter mit dem Doktortitel firmiert hat und dieses Verhalten erst nach dem Strafbefehl eingestellt hat. Auf die Frage, ob er sich damit tatsächlich einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Ärzten verschafft hat, was vom SG bezweifelt wird, kommt es nicht entscheidend an, auch wenn der Senat durchaus der Meinung ist, dass gerade für einen Arzt ein Doktortitel auch heute noch nicht ohne Bedeutung ist. Denn der Kläger zeigt durch sein Verhalten, dass er zumindest bis zum Zeitpunkt der Entscheidung des Berufungsausschusses, auf den es für die Frage der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides primär ankommt (vgl. BSG vom 20. Oktober 2004, Az.: B 6 KA 67/03 R = SozR 4-2500 § 95 Nr.9 Rdnr.20), nicht willens oder in der Lage war, insbesondere auch die für ihn in seiner Eigenschaft als Vertragsarzt geltenden gesetzlichen und vertraglichen Regeln einzuhalten. Die Funktion des Systems der vertragsärztlichen Versorgung und damit der gesetzlichen Kranken- versicherung, zumindest soweit sie die ambulante Versorgung der Versicherten betrifft, ist aber wegen des dort geltenden Naturalleistungssystems (§ 2 Abs.2 SGB V) und der Abrechnung über Krankenschein bzw. Chipkarte in besonderer Weise darauf ange- wiesen, dass die daran teilnehmenden Ärzte die dort geltenden Regeln gewissenhaft beachten. Dazu gehört neben der Pflicht zur peinlich genauen Abrechung auch die Einhaltung der auch im Rahmen des Vertragsarztrechtes geltenden allgemeinen Regeln des ärztlichen Berufsrechts. Das Verhalten des Klägers ist auch insoweit geeignet, das Vertrauen der Krankenkassen und der Kassenärztlichen Vereinigung zu untergraben.
Zu 3.
Auch die Tatsache, dass der Kläger nur sehr zögerlich, nämlich erst nach Einleitung der Zwangsvollstreckung bereit war, den angerichteten Schaden wieder gutzumachen durch Rückzahlung des zu viel erhaltenen Honorars, zeigt eine gewisse Unwilligkeit oder Unfähigkeit zum regelkonformen Verhalten. Von einer kooperativen Mitarbeit, wie vom Klägerbevollmächtigten behauptet, kann jedenfalls nicht die Rede sein.
Damit kommt der Senat zu dem Ergebnis, dass die Zulassungsentziehung vom Beklagten zu Recht bestätigt wurde. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass der Kläger, der weiterhin in der O.klinik seine Praxis hat, diese aber zwischenzeitlich als Einzelpraxis führt und nach eigenen Angaben nicht mehr mit Dr.H. zusammenarbeitet, nach Auskunft der Beigeladenen zu 1) zwischenzeitlich im Wesentlichen korrekt abrechnet. Zwar kann nach der Rechtsprechung des BSG (a.a.O.) gerade wenn am Niederlassungsort eine Zulassungssperre besteht, im Lichte des Art.12 Grundgesetz bei lang dauernden Verfahren, während deren der Vertragsarzt infolge der aufschiebenden Wirkung seiner Rechtsmittel weiterhin tätig ist, der Gesichtspunkt einer möglicherweise eingetretenen Bewährung nicht gänzlich unberücksichtigt bleiben. Dabei ist jedoch zu bedenken, dass dem Wohlverhalten eines Arztes während des Prozesses weniger Gewicht zukommt als seinem vorwerfbaren Verhalten in der Zeit vor der Zulassungsentziehung (vgl. BSGE 43,250,253; SozR 3-2500, Nr.4, S.19; SozR 4-2500, § 95 Nr.9). Die Vermeidung weiterer Falschabrechungen und der Verzicht auf die weitere Führung des Dr.-Titels reicht deshalb nach der Auffassung des Senats zur Bewährung nicht aus. Sonstige Gesichtspunkte sind hierfür nicht erkennbar. Im Gegenteil hat der Senat gerade im Hinblick auf das klägerische Vorbringen im Klage- und Berufungsverfahren den Eindruck gewonnen, dass der Kläger weiterhin den Unrechtsgehalt seines Verhaltens (mit Ausnahme des zu Unrecht geführten Doktortitels) nicht recht einzusehen vermag. Vielmehr ist er offenbar weiterhin der Auffassung, dass eigentlich ihm die Nachsorgeleistungen zugestanden hätten und nicht Dr.H ... Außerdem sieht er sich offenbar als ein Opfer des Dr.H ... In dieser Opferrolle sieht er sich zudem dadurch bestätigt, dass offenbar gegen Dr.R. , seinen zeitweiligen Gemeinschaftspraxispartner kein Entziehungsverfahren eingeleitet wurde, anstatt sein Fehlverhalten unumwunden anzuerkennen. Der Senat bezweifelt deshalb die Einsichtsfähigkeit des Klägers und ist von einer Wiedererlangung der Eignung als Vertragsarzt nicht überzeugt.
Auf die Berufung des Beklagten und der Beigeladenen zu 1) war deshalb das Urteil des SG aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid des Berufungsausschusses abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs.1 und 4 SGG in der vor dem 2. Januar 2002 geltenden und hier noch anzuwendenden Fassung (vgl. BSG SozR 3-2500 § 116 Nr.24 S.115 ff.).
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.
II. Der Kläger hat dem Beklagten die Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
In diesem Rechtsstreit geht es um die Entziehung einer vertragsärztlichen Zulassung.
Der 1953 geborene Kläger ist als Chirurg zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Im Mai 1995 eröffnete er in Praxisgemeinschaft mit dem Anästhesisten Dr.J. H. in M. eine chirurgische Tagesklinik ("O.klinik"). Zu diesem Zweck haben die genannten Ärzte eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts gegründet. Im Gesellschaftsvertrag vom 24. November 1994 wird der Kläger als "Dr." C. H. bezeichnet und unterschreibt auch mit diesem Titel. In § 4 Satz 2 des Vertrages heißt es wörtlich: "Leistung der postoperativen Überwachung werden ausschließlich vom Anästhesisten abgerechnet." Am 26. Juni 1997 trat der Chirurg Dr.R. in den Vertrag ein in Gemeinschaftspraxis mit dem Kläger. Die Gemeinschaftspraxis bestand bis zum 31. Oktober 2002. In den vom Kläger unterschriebenen Sammelerklärungen der Quartalsabrechnungen 1/96 bis 2/98 findet sich folgender Passus: "Falls ich Leistungen nach Nummern 63 bis 69 EBM abgerechnet habe und an der Beobachtung und Betreuung mehrere Ärzte teilgenommen haben, erkläre ich hiermit, dass ich mit den anderen Ärzten eine Vereinbarung getroffen habe, wonach nur ich allein in den jeweiligen Fällen diese Leistung abrechne."
Das Amtsgericht M. verurteilte den Kläger mit Urteil vom 15. April 1998 (Az.: Cs 230 Js 2190/98) wegen Titelmissbrauchs - unbefugten Führens des akademischen Grades "Doktor" - zu einer Geldstrafe. Der Ärztliche Kreisverband nahm dies zum Anlass, ein berufsgerichtliches Verfahren gegen den Kläger zu beantragen, das mit Urteil des Berufsgerichts für die Heilberufe beim Oberlandesgericht München vom 8. Juli 1998 endete, mit dem gegen den Kläger eine Geldstrafe von 20.000,00 DM verhängt wurde. Aus dem Urteil geht hervor, dass der Kläger den Doktortitel mindestens seit September 1990 bis 8. Juli 1998 unbefugt geführt hat. Am 5. Februar 1999 erging ein Strafbefehl des Amtsgerichts M. , mit dem eine Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten auf Bewährung ausgesprochen wurde wegen weiteren Führens des Doktortitels bis mindestens 5. Dezember 1998 in Tatmehrheit mit neun Fällen des vollendeten Betrugs und einem Fall des versuchten Betrugs durch unberechtigte Abrechnung der EBM-Nummern 63 bis 69 (ambulante postoperative und tagesklinische Betreuung je nach Dauer 900 bis 2.500 Punkte) in den Quartalen 1/96 bis 2/98. Den gegen diesen Strafbefehl zunächst erhobenen Einspruch hat der Kläger nach Anberaumung der Hauptverhandlung zurückgenommen.
Die Beigeladene zu 1) hat daraufhin mit Schriftsatz vom 27. April 1999 beim Zulassungsausschuss die Entziehung der Zulassung beantragt. Eine interne Prüfung habe ergeben, dass der Kläger über einen längeren Zeitraum (1/96 bis 2/98) eine Reihe von Abrechnungspositionen in betrügerischer Absicht abgerechnet habe. Die Beigeladene verweist auf den Strafbefehl vom 5. Februar 1999 und führte weiter aus, von der durch den Kläger zu tragenden Schadenssumme in Höhe von 34.933,10 DM habe er bisher erst eine Rate in Höhe von 11.644,37 DM zurückbezahlt, zwischenzeitlich sei die Zwangsvollstreckung beantragt worden. Der Kläger habe durch seine über Jahre fortgesetzte unrichtige Abrechnung von Leistungen und durch seine mangelnde Bereitschaft der Schadenswiedergutmachung in so gröblicher Weise gegen sei- ne vertragsärztlichen Pflichten verstoßen, dass eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen ihm und der Beigeladenen zu 1) nicht mehr möglich sei. Der Zulassungsausschuss gab dem Antrag statt und entzog in seiner Sitzung vom 2. Juni 1999 (Bescheid vom 16. Juni 1999) dem Kläger die Zulassung gemäß § 27 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV)i.V.m. § 95 Abs.6 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), wobei er sich in der Begründung im Wesentlichen dem Antrag der Beigeladenen zu 1) anschloss.
Dagegen hat der Kläger Widerspruch eingelegt mit der Begründung, er sei in der Zeit vom ersten Quartal 1996 bis zum zweiten Quartal 1998 davon ausgegangen, dass die jeweiligen Leistungen der Ziffern 63 bis 69 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM), die von ihm erbracht worden seien, auch ordnungs gemäß von ihm abgerechnet werden könnten. Ihm sei nicht bekannt gewesen, dass der Anästhesist Dr.H. diese Ziffern in den streitigen Fällen ebenfalls abgerechnet habe. Dr.H. berufe sich zu seiner Rechtfertigung auf den Gesellschaftsvertrag. Es habe allerdings interne Uneinigkeit zwischen den Gesellschaftern bestanden, zumal der Kläger für die Inanspruchnahme der Tagesklinik im erheblichen Umfang Kostenerstattungen an den Anästhesisten zu leisten hatte. Er sei davon ausgegangen, dass er diese Ziffern in den festgestellten Fällen jeweils allein abgerechnet hätte. Diese Vorgänge rechtfertigten nicht die Zulassungsentziehung. Der Kläger habe nicht etwa nicht erbrachte Leistungen abgerechnet, sondern lediglich Leistungen, die er selbst erbracht habe, die jedoch von dem Anästhesisten ebenfalls abgerechnet worden seien. Damit liege bei ihm kein Abrechnungsbetrug im rechtstechnischen Sinne vor und damit auch keine vorsätzliche gröbliche Verletzung vertragsärztlicher Pflichten. Zu berücksichtigen sei ferner, dass er von sich aus zur rückhaltlosen Aufklärung der Angelegenheit beigetragen habe und insbesondere den rechnerischen Schaden vollständig begli- chen habe.
Der Berufungsausschuss hat am 28. März 2000 den Widerspruch des Klägers zurückgewiesen (Bescheid vom 4. Mai 2000). Das betrüge- rische Abrechnungsverhalten des Klägers habe die gesetzliche Ordnung der vertragsärztlichen Versorgung im erheblichen Maße verletzt und das Vertrauensverhältnis zur Kassenärztlichen Vereinigung und zu den Krankenkassen und den Versicherten tiefgreifend und nachhaltig gestört. Der Kläger sei deshalb für die weitere Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ungeeignet. Schon kurz nach der Aufnahme seiner vertragsärztlichen Tätigkeit 1995 sei es ab dem Quartal 1/96 zu betrügerischen Abrechnungen gekommen, die sich über zehn Quartale hingezogen hätten. Der Ausschuss stütze sich insoweit auf die rechtskräftigen Feststellungen des Strafbefehls vom 5. Februar 1999, die auch für das Zulassungsentziehungsverfahren bindend seien. Ein- wendungen gegen die Rechtmäßigkeit des Strafbefehls hätte der Kläger im strafrechtlichen Rechtsmittelverfahren geltend machen müssen. Mit seinem Vorbringen, er habe den Strafbefehl akzeptiert, um öffentliches Aufsehen zu vermeiden, und dem Bestreiten seiner Verantwortlichkeit für die Falschabrechnung könne er nicht mehr gehört werden. Das Abrechnungsverhalten des Klägers lasse ihn für die weitere Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung als ungeeignet erscheinen. Auch sein sonstiges Verhalten habe das notwendige Vertrauensverhältnis untergraben. Wenn schon ein rechtswidriger Schaden verursacht worden sei, müsse erwartet werden, dass dieser freiwillig und unverzüglich ersetzt werde. Der Kläger habe von der Schadenssumme nur etwa ein Drittel in Raten zurückbezahlt und den Rest erst, nachdem Zwangsvollstreckung beantragt worden war. Auch der Missbrauch des akademischen Grades mindestens seit 1990 beeinträchtige das Vertrauensverhältnis. 1996 habe der Kläger eine gefälschte Promotionsurkunde vorgelegt, um sich einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Das Berufsgericht habe diesbezüglich in seinem Urteil vom 8. Juli 1998 eine erhebliche kriminelle Energie angenommen. Gleichwohl habe der Kläger den Doktortitel zu Unrecht weitergeführt, so dass es 1999 zu einer nochmaligen strafrecht- lichen und berufsrechtlichen Ahndung gekommen sei. Der Kläger habe bis unmittelbar vor der Verhandlung des Berufsgerichts am 12. Mai 1999 den Doktortitel zu Unrecht weiter geführt, was auf eine erhebliche rechtsfeindliche Einstellung schließen lasse. In diesem Zusammenhang sei auch bezeichnend, dass er ebenso wie bei der Schadenswidergutmachung gegenüber der Beigeladenen zu 1) auch gegenüber dem Berufsgericht seine Zahlungsverpflichtungen nicht eingehalten habe. Ein gesetzestreues Verhalten habe er also bis in die jüngste Vergangenheit hinein nicht gezeigt. Es sei davon auszugehen, dass er sich im vertragsärztlichen System nicht gesetzes- und vertragstreu verhalten werde.
Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht München (SG) erhoben. Im Zuge des Klageverfahrens wurden erhebliche Querelen innerhalb der O.klinik insbesondere zwischen dem Kläger und Dr.H. aber auch Dr.R. vorgetragen. Dr.H. habe dem Kläger zum 7. September 2001 die Zusammenarbeit aufgekündigt. Seitdem könne dieser nur noch Bagatelleeingriffe durchführen, was bei ihm auf lange Sicht zu einem empfindlichen wirtschaftlichen Schaden führen werde. In der Sitzung der 38. Kammer des SG am 22. Januar 2003 hat der Kläger ausweislich der Sitzungsniederschrift auf Vorhalt des Vorsitzenden zu § 4 Ziffer 4 des Gesellschaftsvertrags ausgeführt, zum Zeitpunkt des Abschlusses des Gesellschaftsvertrages hätten die jetzt strittigen Abrechnungsziffern 63 bis 69 EBM, ambulante postoperative Tagesklinik, nicht exsistiert; sie seien erst mit dem EBM-Ä 6 eingeführt worden. Der Gesellschaftsvertrag weise insofern eine Regelungslücke auf.
Das SG hat mit Urteil vom gleichen Tag den Bescheid des Zulas- sungsausschusses vom 16. Juni 1999 in der Fassung des Bescheides des Beklagten vom 4. Mai 2000 aufgehoben. Zur Begründung führt es aus, der Beklagte stütze den Entzug der Zulassung im Wesentlichen auf die im Strafbefehl getroffenen Feststellungen, insbesondere auf den Vorwurf des Abrechnungsbetruges in neun Fällen und einen Fall des versuchten Abrechnungsbetruges. Er übernehme dabei die rechtskräftigen Feststellungen des Strafbefehls. Ohne Frage rechtfertige ein Abrechnungsbetrug, noch dazu in einem Umfang, wie er dem Kläger vorgeworfen werde, den Entzug der Zulassung. Zu bedenken sei jedoch, dass dieser nicht in einem Strafurteil, sondern in einem Strafbefehl festgestellt worden sei. Beim Strafbefehl handle es sich um ein summarisches Verfahren, das vornehmlich der Vereinfachung und Beschleunigung diene, und das deshalb regelmäßig nicht dasselbe Maß an Ergebnissicherheit bieten könne wie ein Urteil (BVerwG, Urteil vom 8. Juni 2000, Az.: 2 C 20/99). In einem (beamtenrechtlichen) Disziplinarverfahren könne deshalb ein Strafbefehl keine Bindungswirkung erzeugen. Es sei jedoch anerkannt, dass ansonsten der Strafbefehl gemäß § 410 Abs.3 Strafprozessordnung (StPO) die Wirkung eines rechtskräftigen Strafurteils erlangen könne. Deshalb gehe die obergerichtliche Rechtsprechung auch von einer Feststellungs- und Bindungswirkung für andere behördlichen und gerichtlichen Beurteilungen aus, soweit sich nicht gewichtige Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit solcher Feststellungen ergäben (BVerwG vom 26. September 2002, Az.: 3 C 37/01). Nach der Auffassung des Gerichts lägen hier gewichtige Anhaltspunkte dafür vor, dass die im rechtskräftigen Strafbefehl getroffenen Feststellungen nicht richtig seien. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses im November 1994 habe der damals geltende EBM noch keine Abrechnungsziffern für ambulante postoperative und tagesklinische Betreuungsleistungen nach Ziffern 63 bis 69 vorgesehen, deren Abrechnung dem Kläger im Strafbefehl vorgeworfen worden sei. Diese Ziffern hätten deshalb zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch gar nicht Vertragsgegenstand sein können, wenn unter § 4 Ziffer 4 des Gesellschaftsvertrages vereinbart worden sei, dass Leistungen der postoperativen Überwachung ausschließlich vom Anästhesisten abgerechnet würden. Eine Rechtsklarheit, wie sie die Staatsanwaltschaft angenommen habe, bestehe nach der Auffassung des Gerichts nicht. Vielmehr gebe es eine Regelungslücke im Vertrag mit der Folge, dass dieser nach dem 1. Januar 1996 hätte angepasst werden müssen, was aber nicht geschehen sei. Im Hinblick auf die bestehenden Unklarheiten sei es nachvollziehbar, dass sich der Kläger berechtigt geglaubt habe, die Nummern 63 bis 69 EBM in Abrechnung zu bringen. Das Gericht sei daher der Auffassung, dass der subjektive Tatbestand des § 263 Strafgesetzbuch (StGB), nämlich Vorsatz und Bereicherungsabsicht, nicht gegeben sei. Der Berufungsausschuss hätte eigene Ermittlungen anstellen müssen, anstatt sich lediglich auf die rechtskräftigen Feststellungen im Strafbefehl zu beziehen. Hinzukomme, dass zumindest für die Quartale ab 3/1997 ein weiterer Chirurg in der ab diesem Zeitpunkt bestehenden Gemeinschaftspraxis tätig war, so dass theoretisch auch diesem ab 3/1997 die Gebührenordnungspositionen 63 bis 69 zurechenbar wären. Die weiteren Gründe des Berufungsausschusses, nämlich der wiederholte Titelmissbrauch und die säumige Schadenswidergutmachung genügten nach der Auffassung des Gerichts nicht, um den Kläger als ungeeignet zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zu beurteilen. Es könne sein, dass noch vor 20 Jahren mit dem Führen eines Doktortitels in der Öffentlichkeit der Anschein besonderer Sachkenntnis verbunden war. Das Gericht sei jedoch der Auffassung, dass hier ein Anschauungswandel eingetreten sei, so dass der vom Berufungsausschuss behauptete Wettbewerbsvorteil durch das Führen des Doktortitels nicht mehr bestehe. Fraglich sei, ob hier ein Zusammenhang mit der vertragsärztlichen Tätigkeit überhaupt bestehe. Letzteres gelte auch für die Behauptung, der Kläger habe nur äußerst säumig und schleppend den Schaden wieder gutgemacht.
Gegen das Urteil haben der Beklagte und die Beigeladene zu 1) Berufung eingelegt. Die Beigeladene zu 1) hat ausgeführt, die Auffassung des SG, wonach die Feststellungen des Strafbefehls nicht bindend seien, sei nicht richtig. Gemäß § 410 Abs.3 StPO stehe ein Strafbefehl einem rechtskräftigen Urteil gleich. Ein- wendungen gegen die Rechtmäßigkeit des Strafbefehls hätten mittels des Einspruchsverfahrens geltend gemacht werden können und müssen. Da der Kläger dies nicht getan habe, müsse er die im Strafbefehl getroffenen Feststellungen, die den Tatbestand der gröblichen Pflichtverletzung auch nach Auffassung des SG erfüllten, gegen sich gelten lassen. Es gebe keine gewichtigen Anhaltpunkte für die Unrichtigkeit des Strafbefehls. Zwar habe es die Nummern 63 bis 69 EBM, deren Abrechnung dem Kläger zu Last gelegt werde, zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses im November 1994 noch nicht gegeben. Eine vom Gericht angenommene Rechtsunklarheit über deren Abrechenbarkeit habe jedoch nicht bestanden, da die Abrechnung dieses Leistungskomplexes in § 4 des Gesellschaftsvertrages eindeutig dem Anästhesisten vorbe- halten war. Sofern der Kläger dennoch im Zweifel gewesen wäre, wer berechtigt wäre, diese Leistungen abzurechnen, hätte er sich mit seinen Gesellschaftspartnern darüber verständigen und einigen müssen. Keinesfalls habe er eine etwaige Unsicherheit in der Weise lösen dürfen, dass er diese Leistung zusätzlich zum Anästhesisten abrechnete, zumal er sie gar nicht selbst erbracht habe. Erst recht hätte der Kläger nicht die Erklärung abgeben dürfen, mit anderen Ärzten eine Vereinbarung getroffen zu haben, wonach nur er diese Leistung bei Mitwirkung von meh- reren Ärzten abrechne. Denn in § 4 des Gesellschaftsvertrages sei genau das Gegenteil fixiert gewesen. Der Beklagte habe den Titelmissbrauch nicht so sehr wegen des dadurch eingetretenen Wettbewerbsvorteils - wenngleich der Doktortitel entgegen der Einschätzung des SG nach wie vor in den Augen der Öffentlichkeit viel gelte - zur Begründung der groben Pflichtverletzung herangezogen, sondern vielmehr weil es sich nicht mit der von einem Vertragsarzt zu fordernden Redlichkeit vertrage, wenn er die Öffentlichkeit über einen tatsächlich nicht vorhandenen Doktortitel täusche, und dazu sogar eine gefälschte Promotionsurkunde verwende. Diese Vorgehensweise lasse auf eine rechtsfeindliche Einstellung schließen, zumal vor dem Hintergrund, dass der Kläger sich auch durch eine berufsgerichtliche Verurteilung nicht davon habe abhalten lassen, den akademischen Grad "Dr. med." weiter zu führen. Auch die erst nach Einleitung der Zwangsvollstreckung erfolgte Rückzahlung des zu Unrecht erhaltenen Honorars spreche für Uneinsichtigkeit und nicht für Besserungswillen.
Die Beigeladenen zu 1), 2), 4), 5), 6) und 7) beantragen, das Urteil des Sozialgerichts München vom 22. Januar 2003 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er beruft sich auf die Gründe des Urteils des SG und führt darüber hinaus aus, vor Erlass des Strafbefehls seien weder der Kläger gehört worden noch Zeugen vernommen worden. Der Kläger sei davon ausgegangen, dass er zur Abrechnung der Nummern 63 bis 69 EBM berechtigt war. Ihm sei nicht bekannt gewesen, dass der Anästhesist Dr.H. , der später gegen ihn Strafanzeige erstattet habe, diese Ziffern in den streitigen Fällen ebenfalls selbst abgerechnet habe. Bei Abschluss des Partnerschaftsvertrages im Jahr 1994 habe es die Abrechnungsziffern 63 bis 69 EBM überhaupt noch nicht gegeben. Der Kläger habe die Leistungen tatsächlich erbracht. Es fehle daher am Tatbestandsmerkmal der Täuschungshandlung. Dass eine Täuschung nicht vorliege, ergebe sich auch aus einem Schreiben der Beigeladenen zu 1) vom 31. März 1998, in dem diese dem Kläger und Dr.R. mitgeteilt habe, dass die von der Gemeinschaftspraxis H./Dr.R. abgerechneten Leistungen nach EBM-Nummern 63, 64 und 65 nicht vergütet werden könnten, da sie vom Anästhesisten erbracht worden seien. Damals habe die Beigeladene zu 1) keine Veranlassung für eine Strafanzeige wegen Betruges gesehen, weil sie offenbar nur von einem Abrechnungsfehler ausgegangen sei. Zu dem Strafverfahren gegen den Kläger sei es erst nach einem Zerwürfnis zwischen ihm und Dr.H. gekommen. Dieser habe anscheinend aus Rache Strafanzeige gegen den Kläger gestellt. Konsequenterweise hätte nämlich auch ein Strafverfahren gegen Dr.R. eingeleitet werden müssen. Zur Verurteilung im Strafbefehl des Amtsgerichts M. vom 5. Februar 1999 sei es deshalb gekommen, weil der Kläger auf Anraten seiner damaligen Anwälte keinen Einspruch gegen den Strafbefehl eingelegt habe, obwohl es vermutlich bei einer Hauptverhandlung zu keiner Verurteilung wegen Betrugs gekommen wäre, da es an einer Täuschungshandlung, am Irrtum und auch am Vorsatz fehlte. Der Strafbefehl sei akzeptiert worden, um eine öffentliche Verhandlung zu vermeiden ggf. mit negativer Presse für die O.klinik. Im Übrigen sei bei der Entziehung der Zulassung auch das Zeitmoment zu berücksichtigen. Seit der Verurteilung des Klägers im Strafbefehl seien mittlerweile sieben Jahre vergangen. Eine Anfrage des Bayerischen Landessozialgerichts bei der Beigeladenen zu 1) habe ergeben, dass es bei den Abrechungen des Klägers seit dieser Zeit allenfalls zu geringen Beanstandungen im Rahmen des Üblichen gekommen sei. Unter diesen Umständen sei eine Entziehung der Zulassung nicht mehr zu rechtfertigen.
Dem Senat liegen die Akten des Zulassungsausschusses, des Berufungsausschusses, des SG München mit dem Az.: S 38 KA 1385/00, des Berufsgerichts für Heilberufe beim OLG München mit dem Az.: BG-Ä 5/1998 und die Akte der Staatsanwaltschaft beim Landgericht T. mit dem Az.: 201 Js 21085/98a vor, auf deren Inhalt ergänzend Bezug genommen wird.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaften, form- und fristgerecht (§ 151 Abs.1 SGG) eingelegten Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen zu 1) sind zulässig und begründet.
Der beklagte Berufungsausschuss, dessen Entscheidung allein Ge- genstand der gerichtlichen Überprüfung ist (vgl. BSG, SozR 3-2500 § 96 Nr.1) hat den Widerspruch des Klägers gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses vom 2./16. Juni 1999, mit dem diesem die vertragsärztliche Zulassung entzogen wurde, zu Recht zurückgewiesen. Nach § 95 Abs.6 SGB V ist einem Vertragsarzt die Zulassung zu entziehen, wenn er seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt. Eine Pflichtverletzung ist gröblich, wenn sie so schwer wiegt, dass ihretwegen die Entziehung zur Sicherung der vertragsärztlichen Versorgung notwendig ist. Davon ist auszugehen, wenn durch das Verhalten des Vertragsarztes das Vertrauen der vertragsärztlichen Institutionen in die ordnungsgemäße Behandlung der Versicherten und in die Rechtmäßigkeit der Abrechnung so gestört ist, dass ihnen eine weitere Zusammenarbeit mit dem Vertragsarzt nicht mehr zugemutet werden kann (BSG in SozR 2200 § 368a Nr.24 S.82; SozR 3-2500 § 95 Nr.4 S.12; 4/2500 § 95 Nr.9; BVerwGE 96, 243, 244 = SozR 2200 § 368a Nr.12 S.30). Insbesondere können wiederholte unkorrekte Abrechnungen die Entziehung der Zulassung rechtfertigen (vgl. BSG in SozR 3-2500 § 95 Nr.4 S.18; SozR 4-2500 § 95 Nr.9 Rdnr.17). Für den Tatbestand einer gröblichen Pflichtverletzung im Sinne von § 95 Abs.6 SGB V ist nicht erforderlich, dass den Vertragsarzt ein Verschulden trifft; auch unverschuldetes Fehlverhalten kann zur Zulassungsentziehung führen (BSG in SozR 2200 § 368a Nr.24; SozR 4-2500 § 95 Nr.9 Rdnr.17; BVerfGE 69, 233, 244).
Im vorliegenden Fall werden dem Kläger im Wesentlichen drei Komplexe zu Last gelegt: 1. wiederholte Falschabrechnung der EBM-Nummern 63 bis 69 in den Quartalen 1/96 bis 2/98, 2. unbefugtes Führen des Doktortitels nach Vorlage einer ge- fälschten Promotionsurkunde, 3. zögerliche Rückzahlung des festgestellten Schadens erst nach Zwangsvollstreckung.
Zu 1.
Die Nummern 63 bis 69 EBM finden sich im Kapitel B IV. unter der Überschrift "Ambulante postoperative und tagesklinische Betreuung". Danach werden die Beobachtung und Betreuung eines Kranken während der Aufwach- und/oder Erholungszeit bis zum Eintritt der Transportfähigkeit, - nach zuschlagsberechtigten Operationen (Nr.81 bis 87, 188, 198) oder bei Eingriffen nach Nummern 96 bis 98 bei Durchführung unter zuschlagsberechtigten ambulanten Anästhesi en/Narkosen (Nr.90, 186, 194) - unter Schmerztherapie nach Nr.443 oder 449 - nach PTCA nach Nr.645 - nach ESWL nach Nr.1860 oder Beobachtung und Betreuung eines Kranken mit konsumierender Erkrankung (z.B. inkurables Malignom, AIDS) in der Praxis unter parenteraler Behandlung mittels Kathetersystem (peridural, zentralnervös, arteriell, Port) mehr als zwei Stunden (Nr.63) mit 900 Punkten, mehr als vier Stunden (Nr.64) mit 1.400 Punkten, mehr als sechs Stunden (Nr.65) mit 1.900 Punkten sowie mehr als zwölf Stunden (Nr.66) mit 2.500 Punkten vergütet. Die Nummern 67 bis 69 betreffen die enterale Ernährung eines kachektischen Patienten mit konsumierender Erkrankung (z.B. inkurables Malignom, AIDS) in einer tagesklinischen Einrichtung über eine Magensonde oder Gastrostomie (PEG), die bei einer Dauer von mehr als zwei Stunden mit 600 Punkten, mehr als vier Stunden mit 1.000 Punkten und mehr als sechs Stunden mit 1.400 Punkten vergütet werden.
Der Kläger betrieb in der entscheidungserheblichen Zeit vom ersten Quartal 1996 bis zweiten Quartal 1998 in T. eine chirurgische Tagesklinik zusammen mit dem Anästhesisten Dr.H. (in Praxisgemeinschaft) und (ab dem dritten Quartal 1997) dem Chirurgen Dr.R. , mit dem er bis Oktober 2002 eine Gemeinschaftspraxis bildete. Damit waren die vorgenannten EBM-Nummern grundsätzlich abrechenbar. Wenn wie im vorliegenden Fall eine Tagesklinik von mehreren Ärzten gemeinsam betrieben wird, ist es für die Abrechnung der EBM-Nummern 63 bis 69 unerheblich, wer von diesen Ärzten die Überwachung vornimmt. In der Regel wird dies nach der Kenntnis des fachkundigen Senats Sache des Anästhesisten sein. Im vorliegenden Fall hat der Kläger behauptet, er habe die Leistungen erbracht. Andererseits hat Dr.H. gegenüber der Staatsanwaltschaft angegeben, die Leistungen könnten nur in den zu seiner Anästhesiepraxis gehörenden Aufwachräumen angemessen erbracht werden. Davon geht auch die Beigeladene zu 1) aus. Letztlich kann dies dahingestellt bleiben, denn entscheidend ist, dass im Behandlungszusammenhang nur einer der an der Leistungserbringung (Operation, Narkose usw.) beteiligten Ärzte die für eine anschließende Beobachtung und Betreuung zeitbezogen bewerteten Nummern 63 bis 69 berechnen darf (vgl. Kölner Kommentar zum EBM, 2. Auflage, Nummern 67 bis 69 Anm.1, S.220). Um dies sicherzustellen, haben die Parteien der Bundesmantelverträge, und damit auch des EBM, eine verbindliche Abrechnungsbestimmung geschaffen. Danach muss, wenn an der Erbringung der Leistungen, die nachfolgend eine Be- obachtung und Betreuung nach Nummern 63 bis 69 erforderlich machen, oder an der Beobachtung und Betreuung selbst mehrere Ärzte mitgewirkt haben, der die Leistungen abrechnende Arzt in einer der Quartalsabrechnung beizufügenden und von ihm unterzeichneten Erklärung bestätigen, dass er mit den anderen Ärzten eine Vereinbarung darüber getroffen hat, wonach nur er allein in den jeweiligen Fällen diese Leistung abrechnet. Eine solche Erklärung hat der Kläger in den streitgegenständlichen Quartalen jeweils unterschrieben. Diese Erklärungen waren jedoch falsch.
Der Anästhesist Dr.H. und der Kläger hatten nämlich mit Vertrag vom 24. November 1994 eine Gesellschaft des bürgerli- chen Rechts zum Zweck des Betriebs einer gemeinsamen Tageskli- nik gegründet. In § 4 Nr.4 dieses Vertrages war ausdrücklich geregelt, dass Leistungen der postoperativen Überwachung aus- schließlich vom Anästhesisten abgerechnet werden. Die Betreiber der Tagesklinik hatten also gerade nicht vereinbart, dass der Kläger die Leistungen der postoperativen Betreuung abrechnen sollte, wie er in seinen Sammelerklärungen angegeben hat. Der Kläger hat nicht nur diese inhaltlich falsche Erklärung abgege ben, sondern darüber hinaus auch die entsprechenden Ziffern - neben Dr.H. - ein weiteres Mal abgerechnet. Die Leistungen wurden auf seine Abrechnung hin auch von der Beigeladenen zu 1) vergütet. Mit diesem Verhalten hat der Kläger über einen länge- ren Zeitraum hinweg (zehn Quartale) gegen seine vertragsärztliche Pflicht zur peinlich genauen Abrechnung verstoßen. Allein dies rechtfertigt die Zulassungsentziehung (vgl. BSG vom 24.11.1993, Az.: 6 RKa 70/91 = SozR 3-2500 § 96 SGB V Nr.4).
Dieser Tatbestand steht nach den vorliegenden Unterlagen und auch nach dem eigenen Vorbringen des Klägers fest, so dass nicht verständlich ist, wie das SG zu dem Ergebnis kommen konn- te, der Beklagte hätte insoweit weitere Ermittlungen anstellen müssen. Aufgrund dieses Tatbestandes hat der Kläger zudem einen Strafbefehl wegen neunfachen Betruges (Quartale 1/96 bis 1/98) und versuchten Betruges (2/98) erhalten, der durch Rücknahme des zunächst erhobenen Einspruches rechtskräftig geworden ist und gemäß § 410 Abs.3 StPO einem Strafurteil gleichsteht. Die nunmehr vom Klägerbevollmächtigten vorgebrachten Einwendungen gegen den Strafbefehl, insbesondere die Behauptung, es fehle am erforderlichen Vorsatz des Klägers sowie am Irrtum auf Seiten der Beigeladenen zu 1), hätten im Einspruchsverfahren geltend gemacht werden müssen. Sie sind darüber hinaus von der Sache her nicht überzeugend. Wenn von Seiten des Klägerbevollmächtigten auf den Bescheid der Beigeladenen zu 1) vom 31. März 1998 verwiesen wird, mit dem die Nummern 63 bis 66 EBM in einer Vielzahl von Fällen im Wege der sachlich-rechnerischen Berichtigung für das Quartal 4/97 beanstandet wurden, dann ergibt sich daraus keinesfalls, dass der Beigeladenen zu 1) die Falschabrechnung bei Zahlung der Honorare bekannt gewesen wäre. Vielmehr folgt daraus nur, dass sie im März 1998 erstmals die unberechtigte Abrechnung bemerkt hat, während bis dahin die Leistungen unbeanstandet vergütet worden waren. Hier ist zu berücksichtigen, dass zwischen dem Kläger und Dr. H. nur eine Praxisgemeinschaft bestand, mit der Folge getrennter Abrechnungen.
Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass es bei Abschluss des Gesellschaftsvertrages die zu Unrecht abgerechneten Gebührenordnungsnummern 63 bis 69 des erst am 1. Januar 1996 in Kraft getretenen EBM 6 noch nicht gegeben habe. Denn zum einen gab es auch vor dem 1. Januar 1996 im EBM Gebührenordnungsziffern (Nrn.93, 94), nach denen die postoperative Betreuung gestaffelt nach der Zeitdauer vergütet wurde. Die damalige Regelung ist sogar weitgehend wörtlich identisch mit der des EBM 6. Auch dort ging es um die Beobachtung und Be- treuung eines Kranken während der Aufwachphase und/oder Erholungszeit bis zum Eintritt der Transportfähigkeit nach ambulanten operativen Eingriffen bei Durchführung unter Anästhesie. Außerdem nimmt § 4 Abs.4 Satz 2 des Gesellschaftsvertrages nicht auf bestimmte Gebührenordnungsnummern Bezug, sondern betrifft ganz allgemein die postoperative Überwachung in dem Sinne, dass diese Leistungen nicht vom Kläger, sondern vom Anästhesisten abzurechnen waren. Selbst wenn es zwischen den Partnern des Gesellschaftsvertrages Meinungsverschiedenheiten bzw. Streit darüber gegeben haben sollte, wem diese Leistungen zustanden, wie der Vertrag zu verstehen sei, oder ob er ggf. zu ändern oder zu beenden sei, hätte der Kläger keinesfalls diese Leistungen gegenüber der Beigeladenen zu 1) einfach abrechnen dürfen, ohne dass vorher eine Regelung dieser Frage mit seinem Partner zu Stande gekommen wäre und vor allem ohne sicherzustellen, dass nicht auch Dr.H. diese Leistungen abrechnete.
Auf jeden Fall waren die vom Kläger bei seinen Abrechnung der Quartale 1/96 bis 2/98 unterschriebene Erklärungen, wonach er mit seinen Partnern eine Vereinbarung getroffen habe, dass nur er allein die Leistungen nach EBM-Nrn. 63 bis 69 abrechne, auch nach seinem eigenen Vorbringen ganz offensichtlich falsch, denn danach gab es hierüber Meinungsverschiedenheiten. Eine Vereinbarung im Sinne des Klägers hatten die Vertragsparteien nach dessen eigenen Vortrag gerade nicht getroffen. Auf die vom SG in den Mittelpunkt seiner Entscheidung gestellte Frage des Umfangs der Ergebnissicherheit eines Strafbefehls kommt es bei dieser Sachlage nicht an, denn die entscheidenden Fakten sind zwischen den Beteiligten unstreitig. Auch wenn der Kläger der Meinung gewesen sein sollte, dass von Rechts wegen entgegen der vertraglichen Regelung er und nicht Dr.H. berechtigt sein sollte, die Leistungen nach EBM-Nummern 63 ff. abzurechnen, und wenn er darüber hinaus nicht gewusst haben sollte, dass Dr.H. diese Leistungen abrechnete, ist ihm doch der Vorwurf zu machen, dass seine Bekräftigung, mit diesem eine Vereinbarung dieses Inhalts getroffen zu haben, in der Abrechnungssammelerklärung falsch war. Damit steht fest, dass der Kläger seine vertragsärztliche Pflicht zur peinlich genauen Abrechnung über mindestens zehn Quartale hinweg verletzt hat, dadurch Honorare erhalten hat, auf die er keinen Anspruch hatte, und dadurch einen nicht unerheblichen Schaden bei der Beigeladenen zu 1) hervorgerufen hat.
Zu 2.
Als weitere gröbliche Pflichtverletzung ist zu bewerten, dass der Kläger über Jahre hinweg zu Unrecht den Doktortitel geführt hat, insbesondere auch gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung, den Zulassungsinstanzen und den Krankenkassen. Das steht auf Grund des rechtskräftigen Urteils des Amtsgerichts M. vom 15. April 1998 (Az.: Cs 230 Js 2190/98), mit dem der Kläger wegen Urkundenfälschung in Tatmehrheit mit Titelmissbrauch zu 160 Tagessätzen verurteilt wurde, auf Grund des schon wiederholt genannten rechtskräftigen Strafbefehls vom 5. Februar 1999 (Az.: Cs 201 Js 21085) und des Urteils des Berufsgerichts für die Heilberufe beim Oberlandesgericht München vom 8. Juli 1998 (Az.: BG - Ä 5/98) fest, und wird vom Kläger auch nicht bestritten. In den vom Senat beigezogenen Akten der Staatsanwaltschaft findet sich die Kopie einer erkennbar gefälschten Promotionsurkunde, in die handschriftlich an Stelle des ursprünglichen Namens der Name des Klägers eingefügt war. Dieses strafrechtlich und berufsrechtlich relevante Verhalten des Klägers ist auch für die Eignung als Vertragsarzt nicht ohne Bedeutung. Denn das ärztliche Standesrecht gilt auch für die ärztliche Berufsausübung im Gewande der vertragsärztlichen Tätigkeit. Die Grenzen des Strafrechts gelten in allen Lebensbereichen. Von besonderem Gewicht ist dabei für den Senat, dass der Kläger auch noch nach der ersten strafrechtlichen Verurteilung und der Entscheidung des Berufsgerichts weiter mit dem Doktortitel firmiert hat und dieses Verhalten erst nach dem Strafbefehl eingestellt hat. Auf die Frage, ob er sich damit tatsächlich einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Ärzten verschafft hat, was vom SG bezweifelt wird, kommt es nicht entscheidend an, auch wenn der Senat durchaus der Meinung ist, dass gerade für einen Arzt ein Doktortitel auch heute noch nicht ohne Bedeutung ist. Denn der Kläger zeigt durch sein Verhalten, dass er zumindest bis zum Zeitpunkt der Entscheidung des Berufungsausschusses, auf den es für die Frage der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides primär ankommt (vgl. BSG vom 20. Oktober 2004, Az.: B 6 KA 67/03 R = SozR 4-2500 § 95 Nr.9 Rdnr.20), nicht willens oder in der Lage war, insbesondere auch die für ihn in seiner Eigenschaft als Vertragsarzt geltenden gesetzlichen und vertraglichen Regeln einzuhalten. Die Funktion des Systems der vertragsärztlichen Versorgung und damit der gesetzlichen Kranken- versicherung, zumindest soweit sie die ambulante Versorgung der Versicherten betrifft, ist aber wegen des dort geltenden Naturalleistungssystems (§ 2 Abs.2 SGB V) und der Abrechnung über Krankenschein bzw. Chipkarte in besonderer Weise darauf ange- wiesen, dass die daran teilnehmenden Ärzte die dort geltenden Regeln gewissenhaft beachten. Dazu gehört neben der Pflicht zur peinlich genauen Abrechung auch die Einhaltung der auch im Rahmen des Vertragsarztrechtes geltenden allgemeinen Regeln des ärztlichen Berufsrechts. Das Verhalten des Klägers ist auch insoweit geeignet, das Vertrauen der Krankenkassen und der Kassenärztlichen Vereinigung zu untergraben.
Zu 3.
Auch die Tatsache, dass der Kläger nur sehr zögerlich, nämlich erst nach Einleitung der Zwangsvollstreckung bereit war, den angerichteten Schaden wieder gutzumachen durch Rückzahlung des zu viel erhaltenen Honorars, zeigt eine gewisse Unwilligkeit oder Unfähigkeit zum regelkonformen Verhalten. Von einer kooperativen Mitarbeit, wie vom Klägerbevollmächtigten behauptet, kann jedenfalls nicht die Rede sein.
Damit kommt der Senat zu dem Ergebnis, dass die Zulassungsentziehung vom Beklagten zu Recht bestätigt wurde. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass der Kläger, der weiterhin in der O.klinik seine Praxis hat, diese aber zwischenzeitlich als Einzelpraxis führt und nach eigenen Angaben nicht mehr mit Dr.H. zusammenarbeitet, nach Auskunft der Beigeladenen zu 1) zwischenzeitlich im Wesentlichen korrekt abrechnet. Zwar kann nach der Rechtsprechung des BSG (a.a.O.) gerade wenn am Niederlassungsort eine Zulassungssperre besteht, im Lichte des Art.12 Grundgesetz bei lang dauernden Verfahren, während deren der Vertragsarzt infolge der aufschiebenden Wirkung seiner Rechtsmittel weiterhin tätig ist, der Gesichtspunkt einer möglicherweise eingetretenen Bewährung nicht gänzlich unberücksichtigt bleiben. Dabei ist jedoch zu bedenken, dass dem Wohlverhalten eines Arztes während des Prozesses weniger Gewicht zukommt als seinem vorwerfbaren Verhalten in der Zeit vor der Zulassungsentziehung (vgl. BSGE 43,250,253; SozR 3-2500, Nr.4, S.19; SozR 4-2500, § 95 Nr.9). Die Vermeidung weiterer Falschabrechungen und der Verzicht auf die weitere Führung des Dr.-Titels reicht deshalb nach der Auffassung des Senats zur Bewährung nicht aus. Sonstige Gesichtspunkte sind hierfür nicht erkennbar. Im Gegenteil hat der Senat gerade im Hinblick auf das klägerische Vorbringen im Klage- und Berufungsverfahren den Eindruck gewonnen, dass der Kläger weiterhin den Unrechtsgehalt seines Verhaltens (mit Ausnahme des zu Unrecht geführten Doktortitels) nicht recht einzusehen vermag. Vielmehr ist er offenbar weiterhin der Auffassung, dass eigentlich ihm die Nachsorgeleistungen zugestanden hätten und nicht Dr.H ... Außerdem sieht er sich offenbar als ein Opfer des Dr.H ... In dieser Opferrolle sieht er sich zudem dadurch bestätigt, dass offenbar gegen Dr.R. , seinen zeitweiligen Gemeinschaftspraxispartner kein Entziehungsverfahren eingeleitet wurde, anstatt sein Fehlverhalten unumwunden anzuerkennen. Der Senat bezweifelt deshalb die Einsichtsfähigkeit des Klägers und ist von einer Wiedererlangung der Eignung als Vertragsarzt nicht überzeugt.
Auf die Berufung des Beklagten und der Beigeladenen zu 1) war deshalb das Urteil des SG aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid des Berufungsausschusses abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs.1 und 4 SGG in der vor dem 2. Januar 2002 geltenden und hier noch anzuwendenden Fassung (vgl. BSG SozR 3-2500 § 116 Nr.24 S.115 ff.).
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.
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